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Full text of "Der Kriegsblinde : Zeitschrift für Verständnis und Verständigung"

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ZEITSCHRIFT  FÜR  VERSTÄNDNIS    UND  VE  R  STX  N  D  I  O  UN  0 

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3.  Jahrgang  1951/1952 


American  Foundation 

ForTHEBUND  inc. 


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ZEITSCHRIFT    FÜR    VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 


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ORGAN    DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  V. 


3.  Jahrgang  1951/1952 


HERAUSGEBER:    BUND    DER   KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.V. 
GESCHÄFTSSTELLE:    B  O  N  N  ,  S  C  H  U  MAN  N  STRAS  S  E    35 


/  / 


„Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung 

Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V. 

Verantwortlicher    Schriftleiter  :    Friedr.    Wilh.  H  y  m  m  e  n  ,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138 

Anzeigenverwaltung:  Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands   e.  V.,   Selbstverlag,   Wiesbaden,   Rheinstraße  73 

Herstellung:  Presse-Druck  GmbH.,   Bielefeld 


AUS  DEM  INHALT 


Heft/Seite 
1.  Gesetzgebung 
(Versorgurigsrecht,  Fürsorge,  Organisationen  usw.) 

Entziehung  der  Angesteliten-  oder  Invalidenrente?  Von 

Axel  Bischoff     .;  .     ..'.;,.     . 1/3 

„Arbeitsgemeinschaft  Deutscher  Versehrtensport"      .     .  1/8 
Einweihung  einer  Biindensi'eülung  in  Lübeck      .     .    '.     .  1/16 
Landesversorgjungsamt  Schleswig-Holstein  eröffnet    .     .  2/2 
Erstes  Veirsehrtensportheirri  der  Bundesrepublik  in  Süd- 
deutschland   .     . )   ;     ..■.''.     .     .  '  . 2/15 

Tagung  der  Deutschen  Blindenarbeit 3/8 

Wiener  Armbinden,  mit  Eisernem  Kreuz 3/8 

Gegen 'd^h  BtindenWarenschwindel / Ein  richtungweisen- 
der'Erlaß  in  Wüfttemberg-Baden.  Von  Norbert  Mahler  4/5 
Erfolgreiche    Siedlungsfürsorge    in    Oberfranken.    Von 

J.  Lukas 4/8 

Zur   Klarstellung    (Pflegegeldfrage    Kriegs-    und    Zivil- 
blinde). Von  Dr.  Plein 5/4 

Gesetzlicher  Blindenwarenschutz 5/11 

Neuwahl  im  Bundesausschuß  für  Kb.-  und  Kh. -Fürsorge  5/16 

Allgemeine  Privat-Haftpflichtversicherung 6/3 

Der  Kündigungsschutz  für  Schwerbeschädigte.  Von  Lan- 
desoberinspektor Sielker 6/6 

Was  erwarten  wir  von  der  Sonderfürsorge?  (Zehn  Grund- 
forderungen). Von  Christian  Wilhelm 6/7 

Die  Sonderfürsorgevorschriften  für  Kriegsblinde    ...  .6/8 
Mein  Heim  -  meine  Welt,/  Beispiele  ans  Unterfranken. 

Von  J.  F 6/11 

Subvention  des  Blindenhandwerks  in  der  DDR  .     .     .     .  6/13 
Die  Frage  der  Soforthilfe-Abgabe  der  Kriegsblinden  .     .  7/5 
Etwas  über  unsere  Kameraden  im  Osten.  Von  Lux     .     .  7/9 
Das  Gesetz  über  die  Beschäftigung  Schwerbeschädigter  / 
Entschließung  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands e.  V 8/3 

Die  Kapitalabfindung.  Von  Oberverwaltungsrat  Seuferle  8/5 

Steuererleichterungen  für  Blinde.  Von  R.   Langermann  9/3 

„Haus  deT  Kriegsopferversorgung"  in  Berlin      ....  9/8 

Eine  wichtige  DBA-Vorstandssitzung 10/2 

Krankenscheine  für  Kriegsblinde 10/2 

Das  Bundesversehrtensportfest       .• 10  /  12 

Wichtige  Konferenzen  in  Bonn 11/2 

Der  Weg  zum  Eigenheim.  Von  Christian  Wilhelm      .     .  11/3 

Errichtung  einer  Bundesanstalt  für  Arbeitsvermittlung  .  11/6 

Die  Sparguthaben  Vertriebener    ' 11/6 

Berliner  Bankkonten .11/6 

Was  sind  Vertreibungs-'und  was  sind  Kriegssachschäden?  11/6 

Westfälische  Blindenbücherei  in  Münster 11/8 

Kriegsblinden-Siedlung  in  Nürnberg .12/9 

Versehrtensport  als  Heilmaßnahme  anerkannt  .     .     .     .  12/11 

Akten  früherer  Versorgungsämter     .     .     .     .    \     .     .     .  12/12 

Heimatortskarteien 12/12 

2.  Der  Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands 

Zum  Tode  von  Frau  Erna  Plein 1/1 

Das    Bundesversorgungsgesetz    —     „Unsinn    und   Ver- 
brechen"? Von  H 2/5 

Bezirksleiterkonferenz  des  LV  Westfalen 2/9 

Kriegsblindenjahrbuch  1952  .  * 2/15 


Heft/Seite 
Eindrücke   aus   dem  Kriegsblindenkurheim   in   Borkum. 

Von  Dr.  Dubitscher 2/18 

Gruß  aus  Borkum.  Von  Bernhard  Thurow 2/18 

Kriegsblindentreffen  in  München  (Delegiertenversamm- 
lung). Von  J.  F 3/9 

Unser  neues  Jahrbuch 3/11 

Die    Weihnachtsfamilie   aller  Kriegsblinden.   Vo   P.   PI.  4/1 
Beispielhafte  Werbeveranstaltung  in  Berlin.  Von  Paul 

Pöhlsen 4/2 

Vorstandssitzung  des  LV  Schleswig-Holstein      ....  4/7 

Rückschau  und  Ausblick  /  I.  Teil.  Von  Dr.  Peter  Plein    .  5/1 

Erholungs-  und  Badekuren  1952 5/5 

„Erna-Plein-Kriegsblindenkurheim"  in  Bad  Münster  am 

Stein 5/10 

Weihnachten  in  der  Viersektorenstadt.  Von  P.  Pöhlsen  5/12 

Aus  der  Arbeit  des  Landesverbandes  Bayern.  Von  J.  F.  5  /  18 

Der  Hörspielpreis  der  Kriegsblinden  (Vorbereitung)  .    ..  5/19 

Rückschau  und  Ausblick  /  IL  Teil  Von  Dr.  Peter  Plein    .  6/1 

Vom  Echo  des  Jahrbuches 6/2 

Kritische  Betrachtung  eines  Lesers.  Von  F.  Mezger     .     .  6/16 

„Hörspielpreis  der  Kriegsblinden"  vergeben 7/1 

Die  Beratungen  bei  der  Bundesbeiratssitzung  in  Wies-  - 

baden 8/1 

Christian  Hutschreuther  gestorben .  8/11 

Erste  Begegnung  mit  den  österreichischen  Kameraden    .  9/1 
25   Jahre   Kriegsblindenkurheim   Bad   Salzhausen.   Von 

Albert  Bierwerth ..'...  9/6 

Axel  Bischoff  65  Jahre  alt.  Von  Dr.  Peter  Plein  ....  9/6 
Rund  um  die  Berolina  /  Aus  der  Tätigkeit  des  LV  Berlin. 

Von  Axel  Bischoff 9/7 

Neugliederung  des  LV  Schleswig-Holstein 9/8 

Bezirksleitertagung  in  Frankfurt 11/8 

Wir  gehören  zusammen.  Von  F.  W.  H '    .     .  12/1 

Die  saarländisch-deutsche  Kameradschaft 12/2 

Unsere  Heime  brauchen  Bücher.  Von  Kuno  Höfken    .     .  12/7 
Landesverbandstag  Schleswig-Holstein  1952.  Von  H.  K.  12/8 
Kriegsblindentreffen    mit    Dichterlesung    in    Rheinland- 
Pfalz .     .  12/9 

Franz  Buchholz  gestorben ' 12/10 

Die  besten  kriegsblinden  Sportler  gesucht 12/11 

3.  Der  Kriegsblinde  im  Beruf 

Die  schuldige  Achtung 1/2 

Faserstoffe  für  den  Bürstenmacher.  Von  egf 1/10 

Telefonistenausbildung  sei  keine  Spielerei!  Von  Adolf 

Fischer ;    .     .  2/4 

Kriegsblinde  bei  der  Bundesbahn 2/6 

Handwebersiedlung  in  Hannover 2/11 

Wir  weben  für   dich!   Die   Arbeitsgemeinschaft   kriegs- 
blinder Weber 3/5 

Perlondraht  statt  Metalldraht  (Versuche  in  Mecklenburg)  3/13 

Kriegsblinder  Keramiker.  Von  Konrad  Kotz 3/15 

Masseure  auf  der  Schulbank.  Von  W.  A 5/6 

Kriegsblinde  Organisten.  Von  Theo  Volk  ......  5/20 

Kriegsblinde   in   der   Telegrammaufnahme.    Von   Ober- 
postsekretär Schild 6/5 


Heft/Seite 
Die  Arbeit  der  blinden  Abhörer  in  der  technischen  Pro- 
grammüberwachung des  NWDR.  Von  Prof.   Werner 

Nestel  und  Obering.  Heinz  Ehlers  .........  7/15 

Der  Kriegsblinde  im  Rechtsstudium.  Von  Wolfg.  Schmidt  7/18 

Umfrage  nach  neuen  Blindenberufen 9/2 

Neues   Patent   eines   kriegsblinden   Bürstenmachers  — 

Mathias  Schumacher 9/13 

Sorgen  des  Blindenhandwerks 10/1 

Er  baut  Maschinen  -  für  sich  und  für  andere  (Dr.  Meyer- 

Auhausen).  Von  Erich  Büchner 10/8 

Telefonistentagung  in  Kempten 11/2 

Ein  Ohnhänder-Telefon.  Von  Günter  Schirmer  .     .     .     .  11/5 
Als  selbständiger  Kaufmann.  Von  Kurt  Benske       .     .     .  12/6 
Neuer    Industrieberuf    („Wieger"    in    einer   Margarine- 
fabrik)      .  12 / 12 

Neuer  Industrieberuf  (Demontage  von  Stromzählern)     .  12/15 

4.  Kriegsblinde  über  ihr  Schicksal 

Wir  sind  Schauende.  Gedicht  von  Friedrich  Mezger    .     .  2/13 

Bergfreuden  —  auch  für  uns!  Von  Friedrich  Mezger   .     .  2/20 
„überwunden"   /  Eine  Schrift  über  einen  heldenhaften 

Kameraden 3/15 

Warum  sind  Kriegsblindenehen  glücklicher?  Von  P.  PI.  4/7 

Kriegsblinde  erleben  Weihnachten.  Von  Harry  Barthel  .  4/10 

Kameradentreue  im  Lager.  Von  Adalbert  Wattenbach  .  4/11 

Ausgewandert,  aber  treu 5/2 

Kriegsblinder  am  Postschalter  /  Neun  Jahre  lang  erfolg- 
reich im  Briefmarkenverkauf.  Von  Erich  Theil     .     .     .  5/9 

Heroisierung?  Von  F.  W.  H 67  1 

Haben  wir  eine  Sonderstellung?  Von  Haule 7/13 

War  es  ein  Zufall?  Von  F.  W.  H 8/1 

Ist   Jagen   und   Fischen   für   Kriegsblinde   waidgerecht? 

Von  K.  Schulz - 8/15 

Hast  du  keine  Aufgäbe  mehr?  Von  Günther  Ebert      .     .  9/1 

Kriegsblinder  erhielt  Großes  Verdienstkreuz      ....  9/3 
„Hast  du  keine  Aufgabe  mehr?"  /  Der  Mut  zur  kritischen 

Selbstkontrolle.  Von  Franz  Sonntag 10/11 

„Haben   Sie    sich  vorher   schon   gekannt?"    Von   Harry 

Barthel       11/16 

5.  Hilfen  für  Blinde 
Ratschläge  —  Medizin  '■ —  Technik 

Die    menschliche    Stimme    als    Ausdruck    menschlichen 

Wesens.  Von  Dr.  Max  Simoneit 1/6 

Einige  wichtige  Stimmtypen.  Von  Franz  Feistner  ...  1/7 

Die  Blindenskale.  Von  Herbert  Häring  . 1/20 

Dein  bestes  Hilfsmittel.  Von  F.  W.  H 2/1 

Habt  Geduld  mit  der  Technik.  Von  H 2/1 

Ein   Dank    an   Oskar    Picht.    (Erfinder   der   Punktschrift: 

maschine) 2/2 

Ein  neues  Modell  des  „Sprechenden  Buches"  (Das  Filmo- 

phon).  Von  Günter  Böttcher  und  Willi  Lüdecke  ...  2/3 
Das  Blindenleitgerät  der  Zukunft?  (über  das  „Optar"). 

Von  Dr.  F.  L 2/3 

Den  Bürstenmachern  empfohlen  (Die  Aufnagelmaschine)  2/10 

Sprich,  daß  ich  dich  sehe!  Von.  Prof  Christian  Winkler  .  3/3 

Stimme  oder  Sprechweise?  Von  Dr.  W.  Mühlensiepen  3/4 
Vibration    und    Schallwellen    als    Orientierungsmittel. 

Von  Dr.  Kurt  Wintterlin 3/5 

Eine  Zeitschrift  für  Masseure .  3/13 

Unsere  Zeitschrift  im  Lautsprecher?  Von  Dr.  Fischer  .     .  3/14 

Bedenken  gegen  Spezialbesteck.  Von  Franz  Feistner  .     .  3/14 

Wir  basteln  zum  Weihnachtsfest.  Von  Franz  Feistner     .  3/20 

Väterliches  Patent  zum  Vorlesen.  Von  Kurt  Krauss    .     .  3/20 

Unser  Blindensekretär  ist  da.  Von  Alfons  Schramm  .     .  4/3 
Die  Erleichterungen  für  blinde  Funkamateure.  Von  Paul 

Grywatz 4/4 

Ein   hervorragendes    Werk   über   den   Führhund.    Von 

Konrad  Most -  .     .  4/5 

Nochmals  Spezialbesteck.  Von  Lotte  Schütz 4/17 

Hat  uns  der  Erfinder  der  Punktschrift  auch  heute  noch 

etwas  zu  sagen?  Von  Otto  Althauser    ......  5/5 

Neuer  Reliefglobus ' 6/3 

„Doch  das  Gehör  verleiht  den  rechten  Glauben  mir" 

(Zur  Deutung  der  menschlichen  Stimme).  Von  Thea 

von  Beckerath '. 7/3 


Heft/Seite 

Verrät  die  Stimme  den  Körperbau?  Von  Franz  Feistner  7/4 

Politische  Wochenschrift  in  Blindenschrift 7/5 

Dr.  Blums  Lesegerät .7/5 

Zur    Verständigung   zwischen   Mensch    und   Hund    (Ein 

Ratgeber).  Von  Dr.  H.  Haupt 7/12 

Ein  Vorschlag  zur  Führhundbelieferung.  Von  F.  Lewin  7/12 
Ein  neues   Zeichengerät  —  auch  für  Blinde.   Von   Dr. 

Johannes    Hille 8/6 

Wir  dürfen  nicht  blind  sein.  Von  Franz  Feistner  ...  8/7 
Selbstorientieren  -  aber  wie?  Von  Dr.  Kurt  Wintterlein  8/20 
Zehntausend  Blinden-Tastzeichen.   Von   Friedrich   Wil- 
helm  Gust 9/5 

Kleiner    Speisezettel    über    Turn-    und    Sportarten    für 

Blinde.  Von  Dr.  K.  Wintterlin 9/12 

Eine  Stenografiermaschine 9/15 

Die  Kunst,  sich  helfen  zu  lassen.  Von  F.  W.  H.     .     .     .  10/1 
Gegen    die      Unsicherheit   im   Großstadtverkehr!    (Töd- 
licher Unfall  eines  Hamburger  Kameraden)   .     .     .     .  10/3 
Ist  Selbständigkeit  selbstverständlich?  Von  H.  Lehmann  10  /  14 
Der  verräterische  Händedruck  /  Eine  ausdruckspsycho- 
logische Studie  von  Dr.  Ernst  Dorner 11/3 

Vom  „Sehen"  der  Kriegsblinden.  Von  Bodo  Schütz  .     .  11/13 

Der  kriegsblinde  Stenotypist  und  das  Dimafon  .     .     .     .  11/14 
Vor    einer    Umwälzung    des    Blindendruckverfahrens? 

(Der  „Festpunktdrucker").  Von  Otto  H.  Allen  .     .     .  12/3 
Menschenbeurteilung  durch  Nichtsehende.  Von  Dr.  Otto 

Meyer-Anhausen ,     .     .  12  /  3 

Kleine   Tips,   die   leider  keine   Selbstverständlichkeiten 

betreffen.  Von  Hans  Lehmann 12/4 

Privater  Austausch  von  Tonbändern?  Von  Ursula  Sesink  12/7 

6.  Internationales  Blindenwesen 

„Welt-Kriegsteilnehmertag"        1/2 

Ergebnis  der  Pariser  Konferenz   (Weltrat  für  Blinden- 

wohlfahrt) 1/8 

überholtes   englisches   Gesetz  verbietet   Hornhautüber- 
pflanzung       4/23 

Amerikanisches  Sprechgerät  „Vocoder"  für  Stumme  und 

Taubblinde       .  • ' 4/23 

Südtiroler  Kriegsblinde  ohne  Rente.  Von  Alfons  Schramm  5/3 

Blindennot  in  Afrika 5/19 

Blindenführhunde    in    Frankreich    im    18.    Jahrhundert. 

Von  Dr.  Hans  Haupt 7/10 

Amerikas    Organisation    „Das    sehende    Auge"    (Führ- 
hunde)          7/16 

Kriegsblinden-Lotterie  in  Österreich 7/16 

Weiße  Leuchtstöcke  in  England 8/16 

Englische  Kriegsblinde  betreiben  eigenes  Ladengeschäft  8/16 
Die  Kriegsblinden  der  USA  und  ihre  Ziele.  Von  Peter 

J.  McKenna 10/3 

Neuartige  Augenoperation  in  England  (Künstliche  Linse)  10  /  10 
Eine    außergewöhnliche    Ehrung    für    einen    Blinden    / 
Die  Gebeine  des  Erfinders  der  Blindenschrift  in  das 

Pantheon  überführt.  —  Deutsche  Delegation  in  Paris  11/1 

Blindenstatistik  in  England  und  Wales 11/12 

Landwirtschaftsschule  für  Blinde  in  den  USA  .     .         .     .  12/13 

Ein  Gruß  aus  Österreich  /  Die  Kriegsblinden  Vorarlbergs  12  /  13 

Interessantes  aus  Kanada.  Von  J.  J.  Friesen      .     .     .     .  12  /  16 

7.  Reportagen,  Unterhaltung,  Dichtung 

Sieg    über    das    Dunkel    /    Ein    amerikanischer    Kriegs- 

bUndenfilm  vor  der  deutschen  Uraufführung  ....  1/5 

An  den  Gräbern  der  gefallenen  Brüder.  Von  F.  K 3/1 

Der  Film  „Sieg  über  das  Dunkel"  läuft  an 3/1 

Deutsche   Soldatenfriedhöfe   im  Ausland 3/10 

So  kam  der  Mensch  auf  den  Hund   (Buchbesprechung). 

Von  Dr.  Walter  Wüst 3/16 

Der  Mensch  und  sein  Hund.  Gedicht  von  Kurt  Schulz     .  3/16 

Der  befreite  Blick.  Von  Hans  Haule 4/13 

Nütze  die  einsame  Stunde.  Von  Karl  Kirchner   ....  4/13 

Josef  in  Verlegenheit.  Von  Friedr.  Wilh.  Hymmen  .     .  4/14 

Der  erste  Gast  an  der  Krippe.  Von  Reinhard  Rebensburg  4/14 

Blindenfilme  —  die  große  Mode 4/19 

Zum  Jahreswechsel.  Gedicht  von  C.  J.  H.  Burmester  .     .  4/19 

Der  Weihnachtsabend.  Von  Lotte  Schütz 4/28 

Sehr  guter  Rat.  Gedicht  von  Gottfried  Schwendy  ...  5/2 


Heft/Seite 

Auch  so  etwas  soll's  geben.  Von  Claus  Faß 5/20 

Du.  Gedicht  von  Rudolf  Ferbers -.     .  7/1 

Darfst  du  die  Stunde  rufen?  Von  Dr.  Lotz     .....  7/2 

Vom  Sichgehenlassen.  Von  Hans  Lehmann  .     .     .     .     .  7/17 

Das  Billet  der  Königin.  Von  Stefan  Andres  .     .    •.     .     .  '  7/20 

„Sieg  über  das  Dunkel"  (Premiere  in  Berlin) 8/11 

Vorfrühling.  Gedicht  von  Hans  Schmalfuß 8/16 

Aus  der  Ansprache  des  Dichters  Erwin  Wickert  bei  der 

Verleihung  des  Hörspielpreises 8/19 


Heft/Seite 
Ostergedanken  um  den  Galgenberg.  Von  K.  Schulz  .  .  8/20 
Er  wollte  sich  doch  bessern.  Von  Heinz  C.  Schwarze  .  .  9/12 
Ein  sehr  armseliger  Blinder  (Zu  dem  Buch  „Der  Blinde" 

von  Walter  Jens).  Von  F.  W.  H 9/20 

Ein   Kriegsblindenroman    („Weg   ins   Licht"   von   Maxi- 
milian Narbeshuber).  Von  Hans  Schmalfuß     .     .     .     .     10/14 
Ist  Blindsein  ein  Glück?  (Zu  Eichs  Hörspiel  „Blick  auf 

Venedig").  Von  F.  W.  H 10/15 

Mit   Tandem   und   Zelt   an   die   Ostsee.    Von   Berthold 

Schulze .12/15 


Register 

Heft-Nr. 

A.  W.       . 5 

Allen,  Otto  H 12 

Althauser,  Otto •    ....  5 

Andreas,  Stefan t     .  1 

Barthel,  Harry .     .  '  4,  11 

Beckerath,  Thea  von 7 

Benske,  Kurt 12 

Bierwerth,    Albert . '  .     .  5,  9 

Bischoff,   Axel      .........  1,  9 

Bloch,  Franz 6 

Böttcher,  Günter       ........  2 

Brues,   Otto 3 

Büchner,  Erich 10 

Burmester,  C.  J.  H.  . 4,9 

Dorner,  Ernst,  Dr 11 

Dubitscher,  Dr 2 

Ebert,  Günther 9 

egf 1 

Ehlers,  Heinz,  Obering. 7 

F.,  J. • 5,  6 

Fass,  Claus 5 

Feistner,    Franz 1,  3,  7,  8 

Ferbers,  Rudolf 7 

Fischer,  Dr 3 

Fischer,  Adolf 2 

Friesen,  J.  J.  .     . 12 

GM.,  Th 8 

Groß,  Emil .  9 

Gust,  Friedr.  Wilh 9 

H 1 

H,  F.  W 1,  6,  6,  9,  10,  10,  12 

Häring,  Herbert 1 

Halm,   Konrad 10 

Haule,   Hans 4,  7 

Haupt,  H.,  Dr 7,  7 

Hille,  Joh.,  Dr. 8 

Hillmann 5 

Höfken,  Kuno .  12 

Hymmen,  Friedrich  Wilhelm  ....  4 

K.,    F. 3 

Kirchner,   Karl 4 

Kotz,  Konrad 3 

L„  F.,  Dr 2 

Langermann,  Rudolf 9 

Lehmann,  Hans 7,  10,  12 

Lewin,  Franz  .     .     . 7 


der  Autoren 


Lotz,    Dr 7 

Ludwig,  Dr 6 

Lüdecke,  Willi 2 

Lukas,  J .4 

Lux ,7 

Mahler,  Norbert      ........  4 

Martens,  Heyko 12 

McKenna,  Peter  J .10 

Mezger,  Friedrich    .     .     .     .     .     .     .     .  2,  2,  6 

Meyer-Auhausen,  Otto,  Dr 12 

Most,  Konrad 4 

Mühlensiepen,  Wilfried,  Dr 3 

Nestel,  Werner,  Prof.  Dr.      .....  7 

PL,  P. 4,  4 

Plein,  Peter,  Dr.  .     .     . ' 5,  5,  6,  9 

Pöhlsen,  Paul 4,  5 

Prager,  Gerhard .11 

R.,  R 3 

Rebensburg,  Reinhard      ......  4 

S.,  H 3 

Sesink,  Ursula 12 

Seuferle,  Oberverw.-Rat 8 

Sielker,  Landesoberinspektor  ....  6 

Simoneit,  Max,  Dr 1 

Sonntag,  Franz 1,10 

Schild 6 

Schindel,  Georg 2 

Schirmer,  Günther .11 

Schmalfuß,  Hans      .     .     . 8,  10 

Schmidt,  Wolfgang 7 

Schmitgen,  Franz 8 

Schramm,  Alfons 4 

Schütz,  Bodo   .....'...,.  5,  10,  11 

Schütz,  Lotte 4 

Schulz,  K 8,  8 

Schulz,  Kurt 3 

Schulze,  Berthold '.     .     .  12 

Theil,  Erich 5 

Thurow,  Bernhard 2 

Volk,  Theo 5 

Wattenbach,  Adalbert 4 

Wickert,   Erwin 8 

Wilhelm,  Christian       .     .     .     .     .     .     .  6,  11 

Winkler,  Christian,  Prof       ..'...  3 

Wintterlin,  Kurt,  Dr 3,  8,  9 

Wust,  Walter,  Dr 3 

Zellmer,  Emil 2 


Heft-Nr. 


V 


* 


I 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 

NR.  1    .  3.  JAHRGANG  S  E  PTE  M  B  E  R  1951  VERLAGSORT  BIELEFELD 


Laß  der  Sonne  Glanz  verschwinden, 

wenn  es  in  der  Seele  tagt, 

wir  im  eig'nen  Herzen  finden, 

was  die  ganze  Welt  versagt 


Seelenleiden  zu  heilen 
vermag  der  Verstand  nichts,  die  Vernunft  wenig,  die  Zeit  viel, 

entschlossene  Tätigkeit  alles 


GOETHE 


AUS     DEM 

Seite 

Zum  Tode  von  Frau  Erna  Plein 

Nachruf  —  Die  Beisetzung  —  Ein  Leben  des  Dienens  .     .  1 

Die    schuldige    Achtung 2 

„Welt-Kriegsteilnehmertag" 2 

Entziehung  der  Angestellten-  oder  Invalidenrente?  Von  Axel 

Bischoff 3 

„Sieg  über  das  Dunkel"  —  Ein  amerikanischer  Kriegsblinden- 

film  vor  der  deutschen  Uraufführung 5 

Die  menschliche  Stimme  als  Ausdruck  menschlichen  Wesens. 

Von  Dr.  Max  Simoneit  .- 6 

Einige  wichtige  Stimmtypen.  Von  Franz  Feistner 7 

Ergebnisse  der  Pariser  Konferenz   (Weltrat  für  die  Blinden- 

wohlfahrt) 8 

„Arbeitsgemeinschaft  Deutscher  Versehrtensport"       ....  8 


INHALT 

Seite 

Faserstoffe  für  den  Bürstenmacher  —  Herkunft  und  Verwen- 
dung. Von  egf 10 

Aus  den  Landesverbänden 13 

Rheinländer  unterwegs 

Kleine  Festlichkeiten  —  Jubiläum  —  Persönliches  ....  15 

Kleine  Neuigkeiten 16 

Für  unsere  Schachfreunde 17 

Der  Kritiker  am  Lautsprecher 18 

Programmvorschau  für  Hörspiele 19 

Ernst  Lindenbauer  —  unser  Senior  des  Schachs 19 

Lesermeinung 20 

Wer  will  nach  Amerika? 

Die  Blindenskala 


Das  Foto  a  u  1  der  Titelseite  zeigt  eine  Szene  aus  dem  amerikanischen  Kriegsblindentilm  „Sieg   über  das  Dunkel"   (Universal- 
International):     Der    Kriegsblinde    tastet    das    Gesicht    der    neugewonnenen    Freundin    ab.    —    Das    Foto    auf   der    Umschlagrückseite 

—  „W  asserrose"  —  stammt  von  Kurt  Hege. 


37  —  81 


10- 


45  —  57  —  31—56  —  19  —  4 


.Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 
Mürlenbach-Eifel.)  Verantwortlicher  Schriftleiter:  Friedr.  Wilh.  Hymmen,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138.  „Der  Kriegsblinde"  erscheint  monatlich.  Anzeigenverwaltung: 
Bund   der   Kriegsblinden    Deutschlands   e.    V.,    Selbstverlag,    Wiesbaden,   Rheinstraße  73.   Die   Zeitschrift   ist  der   IVW   angeschossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BVNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  V. 


Nr.  1  .  3.  Jahrgang  .  September  1951  .  Verlagsort  Bielefeld 


Zum  Tode  von  Frau  Erna  Plein 


Frau  Erna  Plein,  die  verehrte  und  geliebte 
Bundesmutter  der  Kriegsblinden,  ist  am 
Sonnabend,  dem  18.  August  1951,  im  Alter 
von  71  Jahren  entschlafen.  Mit  tiefster 
Erschütterung  vernahmen  wir  Kriegsblinden 
in  Nord  und  Süd  diese  bestürzende  Trauer- 
kunde. Jeder  von  uns,  der  Frau  Erna  Plein 
gekannt  hat  oder  der  ihr  auch  nur  ein  ein- 
ziges Mal  begegnet  ist,  war  von  ihrem  so 
gütigen,  feinen  und  klugen  Wesen  tief  be- 
eindruckt. Aber  auch  alle  Kriegsblinden,  die 
nicht  das  Glück  einer  persönlichen  Begegnung 
mit  der  Verstorbenen  hatten,  sind  ihr  in 
großer  Dankbarkeit  für  immer  verbunden, 
denn  ihr  Leben  und  Wirkexi  war  nichts  als 
ein  selbstloses  Dienen  und  Helfen  für  die 
Gemeinschaft  aller  Kriegsblinden.  Frau  Erna 
Plein,  unsere  liebe  Verstorbene,  war  es,  die 
unserem  Bundesvorsitzenden  und  Kameraden 
Dr.  Plein  immer  wieder  die  Kraft  gab,  in  den 
schweren  Kämpfen  um  die  Sicherung  unserer 
Daseinsrechte  so  unbeirrbar  durchzuhalten, 
in  den  Jahren  bis  1936  nicht  weniger  als  in 
den  besonders  zermürbenden  und  schweren 
letzten  Jahren.  Auch  ihr  kundiger  Rat,  ihr 
Wissen  und  ihre  Menschenkenntnis  haben 
immer  wieder  fruchtbarste  Wirkungen  für 
das  Gesamtgeschick  der  deutschen  Kriegs- 
blinden gehabt,  ohne  daß  diese  so  beschei- 
dene, in  ihrem  innersten  Wesen  so  vornehme 
Frau  jemals  ihre  eigene  Person  in  den  Vor- 
dergrund gestellt  hätte. 

Nur  zu  dienen,  das  war  ihr  Bestreben, 
und  zwar  mit  einer  Unermüdlichkeit  und 
Energie,  die  wir  besonders  in  den  letzten 
Jahren  immer  wieder  bewundern  mußten. 
Die  übermäßige  Beanspruchung  unseres  Bun- 
desvorsitzenden wurde  von  der  Verstorbenen 
in  einer  Weise  geteilt,  die  eigentlich  die 
Kräfte  einer  Frau,  und  zumal  einer  siebzig- 
jährigen, weit  übersteigen  mußten.  Allein 
die  Reisen,  die  sie  an  der  Seite  ihres  Gatten 
machte,  meistens— am  Steuer  eines  Kraft- 
wagens, waren  außerordentliche  Leistungen. 

Das  Mütterlich-Gütige  ihres  Wesens  haben 
schon  jene  Kriegsblinden  im  ersten  Welt- 
krieg mit  steter  Dankbarkeit  empfunden,  die 
unter  der  kraftspendenden  Obhut  der  Ver- 
storbenen im  Umschulungsheim  von  Frau 
v.  Ihne  in  Berlin  waren.  Hier  lernte  sie 
auch  ihren  späteren  Gatten,  unseren  Kamera- 
den Dr.  Plein,  kennen,  dem  sie  1925  die 
Hand  zum  Lebensbund  reichte.  Wenig  später 
wurde  Dr.  Plein  der  Bundesvorsitzende,  und 
seine  Gattin  stand  als  „Bundesmutter"  bald 
mitten  in  unserer  Schicksalsgemeinschaft. 
Auch  für  sie  galt  es,  viel  Schweres  zu  tragen, 
vor  allem  bei  Ende  des  letzten  Krieges.  Die 
Gutsherrin  von  Neudorf  am  Gröditzberg  in 
Schlesien  verlor  nicht  nur  dort  und  in  Berlin 
ihren  gesamten  Besitz  —  sie  mußte  auch  zu- 
sehen, wie  ihre  Mutter  bei  lebendigem  Leibe 
verbrannte.  Der  Fluchtweg  mit  einem  Hand- 
wagen führte  sie  und  ihren  Gatten  nach  Burg 
Mürlenbach  in  der  Eifel,  dem  Heimatort  Dr. 
Pleins,  wo  die  Verstorbene  nun  auch  ihre 
letzte  Ruhe  fand. 


Ein  gesegnetes  und  segenspendendes  Le- 
ben fand  einen  für  uns  alle,  die  wir  zurück- 
bleiben, allzu  frühen  Abschluß.  Mit  nie  ver- 
siegender Dankbarkeit  werden  die  deutschen 
Kriegsblinden  der  Verstorbenen  gedenken. 
Im  Namen  aller  Kameraden  sei  aber  auch  an 


Frau   Erna   Plein,   geb.    von   Rosen,   unsere 
„Bunclesmutter" ,  ist  am  18.  August  gestorben 


dieser  Stelle  unserem  lieben  Kameraden 
Dr.  Peter  Plein  die  innigste  Teilnahme  ver- 
sichert. 

Der  Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands 
wird  die  unvergeßliche  Verstorbene,  von  der 
wir  so  viel  Liebe  und  Treue  erfahren  haben, 
stets  in  gleicher  Treue  zu  den  ihrigen  zählen. 

Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V. 

/.  A.:  Philipp  Neil 
Stellvertr.  Bundesvorsitzender 


Die  Beisetzung 


Wohl  180  Kriegsblinde  nahmen  an  der 
feierlichen  Beisetzung  ihrer  Bundesmutter  am 
22.  August  von  der  Burg  Mürlenbach  in  der 
Eifel  teil,  darunter  fast  alle  Landesverbands- 
vorsitzenden —  ein  schönes  Zeichen  für  den 
kameradschaftlichen  Zusammenhalt  des  Bun- 
des und  für  die  Dankbarkeit,  die  der  Ver- 
storbenen entgegengebracht  wird.  Unge- 
wöhnlich zahlreich  war  auch  die  Teilnahme 
seitens  der  Mürlenbacher  Bevölkerung.  Die 
Trauerfeier  auf  Burg  Mürlenbach,  umrahmt 
von  Blas-  und  Orgelmusik,  schloß  mit  dem 


gemeinsames  Lied  „Wenn  ich  einmal  soll 
scheiden".  Dann  setzte  sich  ein  Leichenzug 
durch  das  Dorf  zum  Friedhof  auf  der  gegen- 
überliegenden Anhöhe  in  Bewegung,  wie 
ihn  Mürlenbach  noch  selten  gesehen  hat. 
Schulkinder  mit  prächtigen  Blumensträußen 
in  den  Händen  umstanden  das  Grab.  In  sei- 
ner Trauerrede  rühmte  der  Pfarrer  den  vor- 
bildlichen Opfersinn  der  Verstorbenen.  Für 
die  Kriegsblinden  sei  ihr  keine  Mühe  und 
Arbeit  zu  schwer  gewesen.  Während  der 
Sarg  ins  Grab  gelassen  wurde,  spielten  die 
Bläser  das  Lied  vom  guten  Kameraden,  ge- 
wiß eine  seltene  Ehrung  für  eine  Frau,  und 
drunten  aus  dem  Tal  iäuteten  die  Trauer- 
glocken. 

Frau  Regierungsrätin  Schulte  (Trier)  sprach 
im  Auftrage  der  Landesregierung  von  Rhein- 
land-Pfalz und  auch  namens  des  zur  Beerdi- 
gung erschienenen  Landrats  Rudel  einen  letz- 
ten Gruß.  Sodann  widmete  der  Vorsitzende 
6,?s  Landesverbandes  Westfalen  unserer 
Schicksalsgemeinschaft,  Kam.  Heinrich  Schütz 
aus  Dortmund,  der  „Schwester  Erna",  wie 
die  Verstorbene  von  den  Kriegsblinden  des 
ersten  Weltkrieges  allgemein  genannt  wurde, 
einen  herzlichen  Nachruf.  Er  gedachte  ihres 
segensreichen  Wirkens  in  den  Jahren  1916 
bis  1920  und  besonders  seit  der  Zeit  von 
1925  an,  in  der  sie  als  Gattin  unseres  Bundes- 
vorsitzenden neben  ihren  Hausfrauenpflich- 
ten auch  noch  die  Aufgaben  einer  Bundes- 
mutter übernommen  hatte. 

„Herr,  gib  ihr  die  ewige  Ruhe",  mit  diesem 
Lied,  das  der  Mürlenbacher  Kirchenchor  zum 
Schluß  der  Feier  sang,  wandten  sich  noch 
einmal  die  Herzen  all  der  vielen  Trauernden 
dieser  unvergeßlichen  Frau  zu,  die  zu  den 
Unseren  rechnen  zu  dürfen  uns  immer  mit 
Stolz  erfüllt  hat. 

Ein  Leben  des  Dienens 

Frau  Erna  Plein,  geb.  von  Rosen,  stammt 
aus  einer  für  uns  Lebende  fast  ins  Märchen- 
hafte versunkenen  Zeit.  Geboren  wurde  sie 
am  17.  Februar  1880,  also  in  der  Glanzzeit 
des  preußisch-deutschen  Kaisertums,  in  Pots-x 
dam  als  zweite  Tochter  des  damaligen  Ritt- 
meisters bei  den  3.  Garde-Ulanen,  Otto  von 
Rosen,  Herr  der  Rittergüter  Neudorf  am 
Gröditzberg  und  Ulbersdorf,  Kreis  Goldberg 
(Schlesien).  Ihre  Kinder-  und  Jugendjahre 
verlebte  sie  infolge  der  glänzenden  militä- 
rischen Laufbahn  ihres  Vaters  bis  zum 
Generalleutnant  der  Kavallerie  in  den 
Garnisonsstädten  Potsdam,  Berlin,  Königs- 
berg, Insterburg  und  Posen.  Ihr  Großvater 
mütterlicherseits  lebte  als  General  der  In- 
fanterie in  Potsdam.  Sie  war  eng  befreundet 
mit  den  Simsonschen  Kindern  in  Georgen- 
burg, und  ihrer  Eltern  ist  auch  in  dem  be- 
kannten Buch  „Die  Barrings"  Erwähnung  ge- 
schehen. Die  Ferien  verlebte  sie  mit  ihren 
Geschwistern  auf  den  schönen  schlesischen 
Gütern.  Vorfahren  väterlicherseits  waren  so- 
wohl   die   Freiheitskämpfer    aus    der   Schill- 


sehen  Familie  wie  auch  aus  der  Familie  der 
Grafen  Nostiz,  dem  Adjutanten  von  Blücher 
und  späteren  Generaladjutanten  von  Fried- 
rich Wilhelm  III.  Trotz  dieses  Wohlstandes 
wurde  sie  schlicht  und  einfach  erzogen  im 
alten  Potsdamer  Geist  der  Pflichterfüllung, 
der  Sparsamkeit  und  des  Dienstes  am  Volk 
und  Vaterland.  Aus  diesem  Geiste  heraus 
wurde  sie  auch  als  Röte-Kreuz- 
Schwester  ausgebildet  und  widmete  sich 
sofort  nach  Beginn  des  1.  Weltkrieges  der 
Pflege  von  Verwundeten  im  Cecilienkran- 
kenhaus  in  Berlin. 

Auf  Grund  ihrer  besonderen  Eignung 
wurde  sie  zur  Leiterin  des  im  Jahre  1915 
von  Frau  von  Ihne  in  Berlin,  Bellevuestiaße, 
gegründeten  Kriegsblindenaüsbil- 
dungsheimes  bestellt.  Als  Oberin  die- 
ses Heimes  erwarb  sie  sieb  besonders  infolge 
ihrer  restlosen  Hingabe,  ihrer  Liebe  und 
Güte  und  ihrer  unbestechlichen  Gerechtigkeit 
die  Liebe  aller  ihrer  kriegsblinden  Schütz- 
linge. Schwester  Erna  war  für  alle  Kriegs- 
blinden der  Begriff  des  einfachen,  schlichten 
Menschen,  der  ohne  Unterschied  sich  allen 
mit  derselben  Liebe  widmete  und  überall 
den  Ausgleich  gab,  wo  Spannungen  auftraten. 
Für  ihre  Mitschwestern  war  sie  das  Vorbild 
der  Hingabe  und  des  besten  Einfühlungs- 
vermögens in  die  besondere  Lage  der  Kriegs- 
blinden. Bis  zur  Auflösung  1920  leitete  sie 
dieses  Kriegsblindenheim.  Sie  widmete  sich 
dann  der  Pflege  ihres  alten,  kranken  Vaters, 


nD'ie  öcliuldige  \J\ciiiung 

Mit  Behörden  umzugehen  ist  keine  so  ein- 
fache Sache.  Da  schickte  der  Sachbearbeiter 
der  „Deutschen  Blindenarbeit  e.  V.",  Landes- 
verband Württemberg-Baden,  an  alle  Land- 
ratsämter seines  Gebietes  ein  Rundschreiben, 
in  dem  höflich  darum  gebeten  wurde,  die 
Landratsämter  möchten  doch  grundsätzlich 
niemand  mehr  Wandergewerbepapiere  für 
Blindenwären  geben,  es  sei  denn,  der  An- 
tragsteller lege  den  Ausweis  der  „Deutschen 
Blindenarbeit"  vor.  Ein  vernünftiger  Vor- 
schlag, der  allen  Schwindlern  höchst  -pein- 
lich ist! 

Als  von  51  Landratsämtern  49  positiv  ge- 
antwortet hatten,  fand  man  vom  Landrats- 
amt in  Tettnang  eine  Ablehnung  vor:  eine 
solche  Maßnahme  sei  „nach  hiesiger  Auf- 
fassung gesetzlich  unzulässig".  Der  Sach- 
bearbeiter der  Blindenarbeit  legt  sich  noch- 
mals ins  Zeug,  begründet  und  beweist  die 
Richtigkeit  des  Wunsches.  —  ohne  Erfolg! 
„Aus  Rechtsgründen",  so  heißt  es  wiederum. 
Nun  platzt  —  so  berichtet  die  „Stuttgarter 
Zeitung"  —  dem  Sachbearbeiter  der  be- 
rühmte Kragen.  Es  sei,  so  schreibt  er  zurück, 
seines  Erachtens  ein  Zeichen  von  Büro- 
kratismus, wenn  staatliche  Stellen  dem 
Schwindel  Vorschub  leisten.  Auch  im  Kreise 
Tettnang  seien  genügend  Schwindler  unter- 
wegs. 

Nun  hätte  man  im  Landratsamt  sich ,  ja 
'sagen  können:  reden  wir  mit  dem  Mann  mal 
in  Ruhe,  denn  sein  Anliegen  ist  wichtig. 
Aber  statt  dessen  hält  man  sich  an  einen 
Paragraphen  aus  dem  Jahre  1879  und  gibt 
dem  eifrigen  Sachbearbeiter  eins  aufs  Dach: 
„.  .  .  dadurch  hat  er  die  einer  Behörde 
schuldige  Achtung  verletzt.  Es  ergeht  daher 
Beschluß:  Gegen  den  Beschuldigten  wird 
wegen  Ungebühr  auf  Grund  des  Art.  3  des 
Gesetzes  vom  12.  August  1879,  betreffend 
Änderungen  des  Landespolizeistrafgesetzesv 
eine  Geldstrafe  von  20  DM  festgesetzt,  an 
deren  Stelle  für  den  Fall,  daß  die  Geld- 
strafe nicht  beigetrieben  werden  kann,  der 
Beschuldigte  mit  der  Festsetzung  einer  Haft- 
strafe zu  rechnen  hat." 

Ob  die  Blindenwarenschwindler  des  Krei- 
ses Tettnang  ihrem  Landratsamt  inzwischen 
ein  Ständchen  gebracht  haben? 


von  dem  sie  auch  im  Dezember  1920  das 
Rittergut  Neudorf  am  Gröditzberg  erbte.  Mit 
der  gleichen  Verantwortung  und  mit  Plicht- 
bewußtsein  widmete  sie  sich  der  Bewirt- 
schaftung dieses  Gutes,  das  durch  Krieg  und 
Verpachtung  und  die  schwierigen  Nachkriegs- 
verhältnisse  außerordentlich  heruntergewirt- 
schaftet war. 

Trotzdem  fand  sie  noch  Zeit,  einem  Rufe 
nach  Oberschlesien  zu  folgen,  um  dort  die 
Pflege  für  die  verwundeten  Oberschlesien- 
kämpfer einzurichten. 

Mit  ihren  kriegsblinden  Freunden  hatte  sie 
nie  die  Verbindung  aufgegeben  und  viele 
von  ihnen,  darunter  auch  ihr  späterer  Ehe- 
mann, Amtsgerichtsrat  Dr.  Plein,  waren 
Gäste  im  landschaftlich  schön  gelegenen  Neu- 
dorf. Im  Jahre  1925  heiratete  sie,  und  von 
diesem  Zeitpunkte  an  war  sie  ihrem  kriegs- 
blinden Ehemann  nicht  nur  die  beste  Lebens- 
kameradin, sondern  auch,  die  unermüdlich 
tätige  Mitarbeiterin  sowohl  in  seiner  Berufs- 
arbeit als  Kursusleiter  von  Referendarkursen 
wie  auch  in  seiner  Tätigkeit  für  die  blinden 
Akademiker  und  als  Leiter  des  Bundes  er- 
blindeter Krieger  Deutschlands.  Freud  und 
Leid  sowohl  persönlicher  wie  beruflicher  Art 
und  auch  in  der  Kriegsblindenarbeit  teilte  sie 
mit   ihrem   Gatten   und    gab    ihm   überhaupt 


Ein    riesiger    Trauerzug    bewegte   sich    durch    das 
lieblich  gelegene   Mürlenbach. 

erst  die  Kräfte  und  den  Ausgleich  für  seine 
Tätigkeit.  Als  dieser  im  Jahre  1936  gezwun- 
gen wurde,  den  Vorsitz  des  Kriegsblinden- 
bundes  aufzugeben,  half  sie  ihm  auch  hier 
über  die  schweren  'seelischen  Enttäuschungen 
hinweg. 

Aber  die  wahre  seelische  Größe  zeigte  sich 
erst,  als  sie  im  Jahre  1945,  nach  dem 
Einmarsch  der  Russen  in  Schlesien,  frei- 
willig und  in  sicherer  Erwartung  der  Auf- 
opferung des  eigenen  Lebens,  mit  ihrem 
Ehemann  den  Weg  indie.  Verschlep- 
pung nach  Sibirien  antrat.  Ihrer  aufopfe- 
rungsvollen Liebe  gelang  es  allein,  unseren 
Kameraden  Dr.  Plein,  den  die  Russen  trotz 
seiner  Blindheit  (weil  er  nun  einmal  zuletzt 
noch  Leiter  des  Amtsgerichtes  in  Goldberg 
und  Großgrundbesitzer  gewesen  war)  mit  so 
vielen  Tausenden  Deutscher  in  den  sicheren 
Tod  nach  dem  Osten  verschleppten,  zu  retten 
und  lebend  zurückzubringen.  Von  all  denen, 
die  mit  verschleppt  wurden,  ist  kaum  einer 
lebend  zurückgekommen.  Mit  ihm  teilte  Sie 
Hunger  und  Zwangsarbeit  in  der  russischen 
Kolchose.  Sie  mußte  noch  erleben,  wie  ihre 
Mutter,    kurz    vor    ihrem   118.    Geburtstage, 


von  plündernden  Russen  lebendig  verbrannt 
wurde,  wie  ihr  Besitz  mit  all  den  Familien- 
traditionen von  Jahrhunderten  zerstört  und 
die  gesamten  Einrichtungs-  und  Erinnerungs- 
stücke verbrannt  wurden,  darunter  wertvolle 
Andenken  an  Ferdinand  von  Schill,  eine 
Bücherei  und  ein  Archiv  mit  wertvollen 
Urkunden  und  fast  20  000  Büchern  aus  dem 
18.  Jahrhundert.  Aber  auch  dadurch  ließ  sie 
sich  nicht  niederbeugen,  sondern  gab  sogar 
ihrem  oft  am  Leben  verzweifelnden  Ehe- 
mann neuen.  Lebensmut  und  baute  mit  ihm 
auf  einer  alten  Burgruine  in  der  Eifel  ein 
neues  Leben  auf,  das  wiederum  der  ehren- 
amtlichen Kriegsblindenarbeit  gewidmet  war, 
obgleich  sie  selbst  "unter  größter  materieller 
Not  litten.  Dr.  Plein  erhielt  ja  bis  1947  nicht 
einmal  die  kleinste  Kriegsblindenrente  und 
keinerlei  Ruhegehalt  oder  sonstige  Vergü- 
tung für  seine  Beamtentätigkeit. 

Für  sich  selbst  verbrauchte  sie  fast  kaum  ■ 
etwas,  aber  für  wohltätige  Zwecke  hatte  sie 
immer  eine  offene  Hand.  Mit  ihrer  uner- 
schütterlichen Gesundheit  und  ihrer  ans 
Wunderbare  grenzenden  Lei- 
stungsfähigkeit ermöglichte  sie  es 
überhaupt,  daß  ihr  Ehemann  besonders  in 
den  ersten  Jahren,  als  kaum  noch  irgend- 
welche Mittel  für  die  Bundesarbeit  der 
Kriegsblinden  zur  Verfügung  standen,  diese 
Arbeit  durchführen  konnte.  Trotz  ihres 
Alters  ertrug  sie  alle  Strapazen  und  Entbeh- 
rungen, wie  sie  mit  den  Reisen  in  der  Nach- 
kriegszeit verbunden  waren.  Ganze  Nächte 
saß  sie  in  den  überfüllten  Gängen  der  Züge 
auf  einem  kleinen  Köfferchen,  um  mit  ihrem 
Mann  zu  den  Kriegsblindentagungen  und 
-beratungen  zu  fahren.  Manche  durchwachte 
Nacht  auf  zertrümmerten  Bahnhöfen,  kalten 
Notunterkünften,  hungernd  und  frierend, 
verbrachte  sie,  um  den  Dienst  an  den  Kriegs- 
blinden durchzuführen. 

Um  so  unerwarteter  und  unfaßbarer  war 
es  nun  für  ihren  Ehemann  und  für  alle,  daß 
diese  so  gesunde  Frau,  der  ein  hohes  Alter 
sicher  in  Aussicht  ~zu  stehen  schien,  durch 
eine  tückische  Drüsenerkrankung  am  Halse 
aus  der  geliebten  Kriegsblindenarbeit  inner- 
halb weniger  Wochen  dahingerafft  wurde. 
Von  einer  Kriegsblindentagungsfahrt  durch 
ganz  Deutschland,  bei  der  sie,  allein  am 
Steuer  sitzend,  innerhalb  von  8  Tagen 
20  0  0  km  zurückgelegt  hatte,  begab  sie  sich 
zur  Untersuchung  einer  kleinen  Drüsen- 
schwellung am  Halse  in  die  Universitäts- 
klinik nach  Heidelberg,  wo  ihr  aber  trotz  der 
sofort  einsetzenden  besten  Behandlung  keine 
Hilfe  mehr  gebracht  werden  konnte.  Ein 
Trost  ist  es  nur,  daß  sie  ohne  Schmerzen 
.  friedlich  zur  ewigen  Ruhehinüberschlummerte. 

Wer  die  Ergriffenheit,  ja,  die  tiefgreifende 
Erschütterung  miterlebt  hat,  mit  der  die 
Kriegsblinden  nun  ihre  Bundesmutter  zu 
Grabe  getragen  haben,  der  konnte  ahnen, 
wie  groß  der  Verlust  für  uns  ist. 

„  Welt- Kriegsteilnehmertag1' 

Das  Exekutivkomitee  der  Internationalen 
Föderation  der  Kriegsteilnehmerorganisatio- 
nen (IFWVO)  hat  den  27.  11.  als  den  Welt- 
kriegsteilnehmertag bestimmt,  der  jährlich  in 
allen  Ländern  gefeiert  werden  soll  und  auf 
dem  die  Kriegsteilnehmer  ihrem  Wunsch 
nach  Frieden  Ausdruck  verleihen  sollen. 

Diese  Bestimmung  wurde  von  dem  aus 
7  Personen  bestehenden  Exekutivkomitee  an- 
läßlich ihres  Treffens  in  Paris  getroffen  und 
basiert  auf  einer  Resolution,  die  von  dem 
amerikanischen  Kriegsblindenbund  der  Kon- 
ferenz zur  Beratung  vorgelegt  wurde.  Das 
Exekutivkomitee  der  IFWVO  besteht  aus 
Delegierten  aus  Belgien,  Frankreich,  Grie- 
chenland, Italien,  der  Türkei,  den  USA  und 
Jugoslawien. 

Im  Sinne  des  Hauptzieles  der  IFWVO  — 
nämlich  der  Erhaltung  des  Weltfriedens  durch 
die  Unterstützung  der  UNO  und  die  Verbes- 
serung der  Lebensbedingungen  der  Kriegs- 
teiteehmer  und  Kriegsopfer  —  wurden  ver- 


schiedene  bedeutsame  Resolutionen  bei  dem 
Treffen  angenommen.  So  schlug  u.  a.  der 
amerikanische  Delegierte  bei  der  Konferenz 
die  Schaffung  eines  internationalen  Tribunals 
für  Kriegsverbrechen  innerhalb  des  Rahmens 
der  UNO  vor.  Der  Vorschlag  wurde  von 
dem  Komitee  angenommen.  Auch  eine  jugo- 
slawische Resolution,  die  rasche  Maßnah- 
men in  der  Belieferung  von  Prothesen  an 
solche  Länder  fordert,  die  nicht  in-der  Lage 
sind,  die  Bedürfnisse  ihrer  Kriegsteilnehmer 
selbst  zu  befriedigen,  wurde  einstimmig 
angenommen. 

In  einer  Presseerklärung,  die  nach  dem 
Treffen  abgegeben  wurde,  diskutierte  der 
Generalsekretär  Newcomb  das  Anwachsen 
der  IFWVO  seit  ihrer  Gründung  im  Novem- 
ber letzten  Jahres.  Er  betonte,  daß  die  Föde- 


ration jetzt  Organisationen  umfasse,  die  eine 
Gesamtzahl  von  fast  11  Millionen 
Kriegsteilnehmern  darstellten,  und 
er  betonte,  daß  diese  Zahl  ständig  anwachse. 
Holländische  Organisationen  haben 
sich  kürzlich  angeschlossen;  und  in  den  Län- 
dern, die  bereits  in  der  Föderation  vertreten 
sind,  haben  sich  noch  viele  bedeutsame 
Organisationen,  die  ursprünglich  keine  Mit- 
glieder waren,  angeschlossen.  Dies  gilt  be- 
sonders für  Italien.  Darüber  hinaus  fin- 
den jetzt  Diskussionen  mit  kanadischen,  dä- 
nischen, luxemburgischen,  norwegischen  und 
portugiesischen  Gruppen  statt.  Spanische 
und  deutsche  Kriegsversehrtenverbände  so- 
wie tschechische  Exilgruppen  haben  ebenfalls 
beantragt,  der  Föderation  beitreten  zu 
können. 


Entziehung  der  Angestellten-  oder  Invalidenrente? 

Ist  der  erwerbstätige  Kriegsblinde  erwerbsunfähig  im  Sinne  der  RVO? 


In  neuerer  Zeit  mehren  sich  die  Fälle,  in 
denen  einzelne  Landesversicherungsanstalten 
und  auch  die  Versicherungsanstalt  Berlin 
dazu  übergehen,  erwerbstätigen  Kriegsblin- 
den die  Invalidenrenten  zu  entziehen  oder 
die  Gewährung  der  I-Rente  oder  der  Ange- 
stellten-Versicherungsrente abzulehnen.  In 
der  Begründung  zu  solchen  Bescheiden  wird 
regelmäßig  auf  die  Bestimmung  des  §  1254 
der  Reichsversicherungsordnung  (RVO)  hin- 
gewiesen, nach  der  nur  derjenige  als  Invalide 
gilt,  „der  infolge  von  Krankheit  oder  ande- 
ren Gebrechen  oder  Schwäche  seiner  körper- 
lichen oder  geistigen  Kräite  nicht  imstande 
ist,  durch  eine  Tätigkeit,  die  seinen  Kräiten 
und  Fähigkeiten  entspricht  und  ihm  unter 
billiger  Berücksichtigung  seiner  Ausbildung 
und  seines  bisherigen  Berufs  zugemutet 
v/erden  kann,  die  Hälfte  dessen  zu  erwer- 
ben, was  körperlich  und  geistig  gesunde 
Personen  derselben  Art  mit  ähnlicher  Aus- 
bildung in  derselben  Gegend  durch  Arbeit 
zu  verdienen  pflegen." 

Diese  Praxis  ist  nicht  neu,  es  ist  alles 
schon  einmal  dagewesen.  Bereits  nach  dem 
1.  Weltkrieg,  und  zwar  in  den  Jahren  von 
1921  ab,  gingen  die  Landesversicherungsan- 
stalten dazu  über,  gewährte  Invalidenrenten 
wieder  zu  entziehen,  wenn  der  Blinde 
erwerbstätig  war  und  ein  bestimmtes  Ein- 
kommen erzielte.  Wir  haben  uns  auch  schon 
damals  sehr  entschieden  gegen  diese  Praxis 
wehren  müssen  und  zahlreiche  Berufungs- 
fälle wurden  durch  die  Instanzen  bis  zum 
Reichsversicherungsamt  durchgeführt.  Damals 
wurde  in  den  Entziehungsbescheiden  viel- 
fach als  Begründung  angeführt,  „daß  eine 
Gewöhnung  an  den  Zustand  eingetreten  sei, 
weil  er  seit  längerer  Zeit  Lohnarbeiten  ver- 
richtet, durch  die  er  ebensoviel  verdient  wie 
andere  gleichartige  Arbeiter".  Diese  Praxis 
der  Rentenentziehung  war  auch  damals  schon 
bekannt,  im  Volksmund  war  sie  allgemein 
als  „Rentenquetsche"  bezeichnet  und  berüch- 
tigt. Zwar  hoben  die  Oberversicherungsämter 
und  auch  das  Reichsversicherungsamt  in  zahl- 
reichen Fällen  die  ergangenen  Entziehungs- 
bescheide wieder  auf  und  sprachen  unseren 
erwerbstätigen  Kameraden  die  Invaliden- 
rente wieder  zu,  aber  in  einzelnen  Fällen 
hat  das  Reichsversicherungsamt  eine  gegen- 
teilige Haltung  eingenommen,  so  daß  also  eine 
einheitliche  Rechtsprechung  nicht  besteht. 
Übereinstimmung  in  dieser  Frage  besteht 
offenbar  zwischen  der  früheren  und  der  jetzi- 
gen Auffassung  bei  den  Landesversicherungs- 
anstalten dahin,  daß  sie  die  Frage,  ob  der 
erwerbstätige  Blinde  noch  als  erwerbsunfähig 
gelten  kann,  nur  von  fiskalisch-materiellen 
Gesichtspunkten  aus  betrachtet. 

Daß  es  eine  „Gewöhnung"  an  den  Zu- 
stand der  Blindheit  überhaupt  nicht  geben 
kann,  dürfte  einem  sehr  großen  Kreis  unserer 
sehenden  Mitmenschen  während  des  2.  Welt- 


krieges verständlich  geworden  sein,  wenn 
sie  während  eines  Fliegerangriffs  bei  völliger 
Verdunkelung  in  den  Straßen  der  Großstadt 
zum  Luftschutzkeller  wanderten  und  es  dank- 
bar begrüßten,  wenn  in  mondhellen  Nächten 
das  silberne  Mondlicht  ihren  Weg  schwach 
erhellte.  Eine  Vergleichsmöglichkeit  zwischen 
dem  Verlust  des  wichtigsten  Sinnes,  des 
Gesichtssinnes  und  dem  Verlust  eines  größe- 
ren Gliedes  (z.  B.  Arm  oder  Bein)  ist  nicht 
möglich.  Im  letzteren  Falle  ist  nach  dem 
heutigen  Stand  der  Technik  ein  weitreichen- 
der Ersatz  eines  fehlenden  Gliedes  möglich. 
Auch  das  Auge  als  solches  kann  ersetzt 
werden,  aber  hier  bedeutet  das  künstliche 
Auge  niemals  mehr  als  bestenfalls  ein  Schön- 
heitsmittel oder  einen  Schutz  der  Augen- 
höhle. Das  künstliche  Auge  vermittelt  keinen 
Lichtstrahl  und  gibt  dem  Blinden  keine  Mög- 
lichkeit, sich  frei  zu  bewegen.  Auch  bei  der 
Ausübung  eines  neu  erlernten  Berufes  ist 
der  Blinde  mehr  oder  weniger  auf  sehende 
Hilfe  angewiesen,  und  selbst  die  Erreichung 
seiner    Arbeitsstätte    bedeutet    für    ihn    vor 


allem  im  Getriebe  der  Großstadt  eine  beson- 
dere nervliche  Belastung.  Die  Gewöhnung 
an  den  Zustand  scheidet  bei  einem  Blinden 
also  von  vornherein  aus.  Es  bleibt 
die  Frage  übrig,  ob  der  erwerbstätige  Blinde 
nach  den  Bestimmungen  der  RVO  weiterhin 
als  „erwerbsunfähig"  gelten  muß  und  da- 
mit einen  Anspruch  auf  Weiterzahlung  oder 
Neugewährung  einer  Invalidenrente  hat. 

Die  Tatsache  allein,  daß  der  Kriegsblinde 
nach  einer  erneuten  Umschulung,  die  noch 
dazu  unter  ganz  besonderen  Voraussetzun- 
gen und  Verhältnissen  in  besonderen  Lehr- 
gängen und  besonderen  Schulen,  also  nicht 
mit  Sehenden  zusammen,  durchgeführt  wird, 
wieder  einen  Beruf  ausübt  und  damit 
einen  Verdienst  erzielen  kann,  wie  auch  der 
Sehende  im  gleichen  Beruf,  kann  unter  gar 
keinen  Umständen  als  ausreichende  Begrün- 
dung für  die  Entziehung  einer  infolge  der 
Erblindung  gewährten  Invalidenrente  ange- 
sehen werden.  Die  Praxis  hat  gezeigt,  daß 
auch  die  Unterbringung  eines  umgeschulten 
Blinden  auf  einen  für  ihn  geeigneten  Arbeits- 
platz nur  mit  Hilfe  eines  besonderen  Ge- 
setzes (Schwerbeschädigtengesetz)  möglich 
ist,  in  vielen  Fällen  aber  sind  auch  diese 
gesetzlichen  Vorschriften  nicht  einmal  aus- 
reichend, sondern  es  muß  von  den  Berufs- 
fürsorgestellen für  Blinde  oft  genug  noch 
ein  besonderer  Druck  ausgeübt  werden. 
Daraus  allein  ergibt  sich  schon,  daß  die 
wiedererlangte  Erwerbstätigkeit  bei  Blinden 
nur  sehr  bedingt  zutrifft.  Es  kann  gar 
keine  Rede  davon  sein,  daß  der  Blinde  etwa 
auf  dem  allgemeinen  Arbeits- 
markt wettbewerbsfähig  ist,  und  nur 
daraufkommtes  an.  Wenn  der  Blinde 
auf  dem  allgemeinen  Arbeitsmarkt  vermit- 
telt werden  sollte  oder  sich  selbst  um  eine 
Stellung  bemüht,  so  wird  sich  sofort  zeigen, 
daß  nur  die  Blindheit  der  Hinderungsgrund 
dafür  ist,  daß  er  überhaupt  einen  Arbeits- 
platz erhalten  kann.  Die  Oberversicherungs- 
ämter und  auch  das  Reichsversicherungsamt 
haben  in  wiederholten  Entscheidungen  die- 
sen unseren  Standpunkt  durchaus  bestätigt. 
Sie  haben  auch  anerkannt,  daß  nicht  nur  die 
Tatsache  der  Wettbewerbsunfähig- 


Aul  einer  der  Bertiadaburg    gegenüber  hegenden  Höhe  tand  die  feierliche  Beisetzung  von  Frau  Erna 
Plein    statt.    Ein    Leben    stets    gebender    Liebe    fand    seinen    Abschluß    in    einer    Kundgebung    von 

Dankbarkeit  und  Kameradschaft. 


k  e  i  t  auf  dem  allgemeinen  Arbeitsmarkt  für 
die  Beurteilung  der  Frage,  ob  der  erwerbs- 
tätige Blinde  noch  als  erwerbsunfähig  anzu- 
sehen ist,  ausschlaggebend  sein  muß,  sondern 
daß  darüber  hinaus  nicht  außer  acht  gelassen 
werden  darf,  daß  der  Blinde  schon  bei  der 
Erreichung  seiner  Arbeitsstätte  einer  frem- 
den Führung  bedarf  und  daß  er  bei  der  Aus- 
übung seines  Berufes  in  mehr  oder  minder 
hohem  Maße  auf  die  Mitwirkung 
sehender  Berufskollegen  angewie- 
sen ist.  Dies  gilt  auch  für  alle  Berufszweige 
und  auch  dies  schließt  die  Wettbewerbsfähig- 
keit auf  dem  allgemeinen  Arbeitsmarkt  aus. 

Es  soll  noch  weiter  darauf  hingewiesen 
werden,  daß  in  den  Entziehungsbescheiden 
sehr  häufig  die  §§  1294  und  1296  RVO  zur 
Begründung  der  Entziehung  herangezogen 
werden.  Diese  §§  sprechen  von  einer  wesent- 
lichen Änderung  in  den  Verhältnissen, 
die  zur  Gewährung  der  Invalidenrente  führ- 
ten. Eine  solche  Begründung  ist  nicht  halt- 
bar, denn  in  dem  Zustand  der  Blindheit  kann 
niemals  eine  wesentliche  Änderung  eintreten. 
Diese  unsere  Auffassung  stützt  sich  nicht 
nur  auf  unsere  Erfahrungen,  sie  findet  auch 
eine  Stütze  in  der  höchstrichterlichen  Ent- 
scheidung des  1.  Revisionssenats  vom 
19.  Februar  1932  —  IIa  5576/31.  7.  —/Es 
handelt  sich  hierbei  um  die  Aufhebung  einer 
Entscheidung  eines  Oberversicherungsamtes, 
welches  den  Entziehungsbescheid  eines  Lan- 
desversicherungsamtes bestätigte.  In  den 
Entscheidungsgründen  heißt  es  wörtlich:  Der 
Revison  mußte  der  Erfolg  versagt  werden, 
weil  keiner  der  gesetzlich  zugelassenen  Re- 
visionsgründe vorliegt  (§  1697  der  Reichs- 
versicherungsordnung). Die  Feststellung  des 
Oberversicherungsamtes,  daß  eine  wesent- . 
liehe  Änderung  in  den  Verhältnissen  des 
Klägers  im  Sinne  des  §  1304  der  RVO  nicht 
eingetreten  sei,  ist  nicht  zu  beanstanden. 
Wie  das  Reichsversicherungsamt  in  ständiger 
Rechtsprechung  angenommen  hat,  genügt 
zur  Begründung  einer  solchen 
Änderung  .nicht  die  bloße  Tat- 
sache einer  Arbeitsleistung  oder 
der  Erzielung  eines  gewissen 
Verdienstes.  Es  mußte  vielmehr 
stets  ausdrücklich  eine  wesent- 
liche Änderung  im  geistigen 
oder  körperlichen  Zustand  des 
Rentenempfängers  festgestellt 
sein,    die    die    bisherige    Invalidität    des 


Klägers  beseitigt  hat.  Eine  wesentliche  Än- 
derung kann  zwar  bei  schweren  Kriegsver- 
letzungen der  Art,  wie  sie  der  Kläger  erlitten 
hat,  auch  in  einer  Anpassung  oder  Um- 
lernung (sogenannter  Gewöhnung)  gesehen 
werden.  Das  bedarf  aber  immer  eines  über- 
zeugenden und  die  Verhältnisse  des  Einzel- 
falles eingehend  berücksichtigenden  Nach- 
weises. Denn,  selbst  wenn  bei  so 
schweren  Verletzungen  der  höchste 
Grad  der  Anpassung  erreicht 
ist,  kann  der  Verletzte  doch 
dauernd  in  seiner  Erwerbsfähig- 
keit erheblich  beschränkt  und 
von  der  Grenze  der  Invalidität 
nicht  weit  entfernt  bleiben  (zu  vergl.  E.  3647 
II,  II  AN  1921  S.  334  =  E.  u.  M.  Bd.  13, 
S.  264  Nr.  123)  .  .  . 

In  einer  anderen  Entscheidung  des  Reichs- 
versicherungsamtes vom  22.  10.  1932  —  IIa 
6746/31/9  — ,  in  der  der  Entziehungsbescheid 
des  Landesversicherungsamtes  aufgehoben 
wurde,  heißt  es  in  den  Entscheidungsgründen 
unter  anderem:  „.  .  .  .  Diese  Voraus- 
setzung hat  das  Oberversiche- 
rungsamt im  votliegenden  Falle 
als  erfüllt  angesehen,  jedoch 
mit  Unrecht,  wobei  es  insbesondere  den 
in  der  Entscheidung  2647  II  (AN  1921  S.  334 
—  E.  u.  M.  Bd.  13  S.  264  Nr.  123)  für  die 
Fälle  schwerer  Kriegsverletzungen  nieder- 
gelegten Grundsatz  nicht  genügend  beach- 
tet hat." 

Mit  aller  Entschiedenheit  wenden  wir  uns 
aber  auch  dagegen,  daß  man  dieses  Problem 
nur  von  der  rein  materiellen  Seite 
aus  betrachtet  und  dabei  ganz  außer  acht 
läßt,  daß  für  den  Blinden  selbst  die  Frage 
der  Erwerbstätigkeit  keineswegs  nur  eine 
materielle  Frage,  sondern  in  weit  höherem 
Maße  eine  seelische  Notwendigkeit  ist.  Die 
angestrengten  Bemühungen  unserer  Organi- 
sation und  auch  der  amtlichen  Fürsorge  hin- 
sichtlich der  Überführung  der  Kriegsblinden 
in  das  Erwerbsleben  haben  in  erster  Linie 
den  Zweck,  diese  vom  Schicksal  so  hart  Be- 
troffenen gerade  durch  die  Arbeit  von  ihrem 
harten  Geschick  abzulenken,  damit  sie  nicht 
der  Grübelei  verfallen  und  daß  vor  allem 
Minderwertigkeitsgefühle  von  ihnen  genom- 
men werden.  Sie  werden  durch  die  Aus- 
übung einer  Beschäftigung  wieder  zu  frohen 
und  zufriedenen  Menschen  und  sie  haben 
das  Gefühl,  daß  auch  sie  wieder  als  nütz- 


Soviel  lürsorgliche  Hüte  wie  in  Amerika  stand  den  deutschen  Kriegsblinden  beim  Zurechtfinden  in 
ihrem  neuen  Dasein  nicht  zur  Verfügung.  Der  amerikanische  Film  „Sieg  über  das  Dunkel"  spielt 
überwiegend  in  einem  Kriegsblinden-Umschulungsheim.  Unser  Bild  zeigt,  wie  das  Tastgeiühl  des 
Kriegsblinden  entwickelt  wird.  Nach  Stoppuhr  setzt  er  verschieden  geformte,  Hache  Bausteine  in  die 
jeweils   passende  ötinung   einer   Tatet,   ein   Zusammensetzspiel,  das  anfangs  nicht  einlach  ist. 


liehe  Glieder  der  menschlichen  Gesellschaft 
gelten.  Die  Arbeitsfreude  und  den  Arbeits- 
willen dieser  Menschen  zu  fördern,  sollte 
nicht  zuletzt  vornehmste  Aufgabe  einer  sozia- 
len Gesetzgebung  sein  und  als  soziales 
Gesetz  wird  doch  die  Reichsversicherungs- 
ordnung immer  wieder  hingestellt.  Wie  will 
man  es  dann  aber  mit  dem  sozialen  Ge- 
danken der  RVO  vereinbaren,  wenn  man 
durch  Entziehung  oder  Nichtgewährung  der 
I-Rente  einem  arbeitswilligen  und  arbeits- 
freudigen Kriegsblinden  diese  Arbeitsfreude 
einfach  nimmt  und  seinen  Arbeitswillen 
lähmt? 

Man  komme  uns  nicht  mit  dem  Einwand, 
daß  bei  einer  sozialeren  Auslegung  des 
§  1254  RVO  andere  Personenkreise  die 
gleiche  Forderung  erheben  könnten.  Wir 
haben  hier  bereits  Vergleichsmöglichkeiten 
nach  dieser  Richtung  hin  und  ich  verweise 
auf  die  Erfahrungen  in  der  Versorgungs- 
gesetzgebung für .  Kriegsbeschädigte.  Das 
Reichsversorgungsgesetz  (RVG)  enthielt  in 
§  27  die  Bestimmung  „Blinde  erhalten 
die  Vollrente"  und  diese  Vollrente 
wurde  ihnen  gewährt  ohne  Rücksicht  auf 
sonstiges  Einkommen.  Dies  war  nicht  immer 
so,  denn  beim  Inkrafttreten  des  RVG  im  Mai 
1920  fanden  zunächst  die  Ruhensvorschriften 
des.  §  63  RVG  auch  auf  berufstätige  Kriegs- 
blinde Anwendung,  wenn  sie  ein  bestimmtes 
Einkommen  überschritten.  Aber  der  Gesetz- 
geber hat  damals  sehr  schnell  erkannt,  daß 
sich  diese  Ruhensvorschriften  auf  die  Ar- 
beitsfreude und  den  Arbeitswillen  der  Kriegs- 
blinden lähmend  auswirkten,  und  bereits  bei 
der  ersten  Novellierung  zum  RVG  im  Jahre 
1923  wurden  diese  Ruhensvorschriften  nicht 
nur  für  die  Kriegsblinden,  sondern  allgemein 
für  die  Empfänger  einer  Pflegezulage  außer 
Kraft   gesetzt. 

Auch  im  Bundesversorgungsgesetz  (BVG) 
ist  in  §  31  die  Bestimmung  enthalten,  daß 
Blinde  stets  die  Vollrente  beziehen  müssen, 
und  auch  in  diesem  Gesetz  finden  die  Ruhens- 
vorschriften für  die  Empfänger  einer  Pflege- 
zulage von  100  DM  und  darüber  keine 
Anwendung.  Dies  alles  geschah  nicht  etwa 
um  unserer  schönen  Kunstaugen  willen  oder 
aus  dem  Grunde,  weil  man  in  der  Renten- 
versorgung einen  Renommierrentenempfän- 
ger schaffen  wollte,  mit  dem  man  nach  außen 
hin  prahlen  konnte,  sondern  es  geschah  in 
der  richtigen  Erkenntnis,  daß  es  sich  hier 
um  einen  Personenkreis  handelt,  der  infolge 
der  Art  und  Schwere  seiner  Beschädigung 
sich  nicht  in  den  allgemeinen  Rahmen  des 
Gesetzes  einzwängen  ließ,  sondern  für  den 
gerechterweise  Sondervorschriften  im  Gesetz 
selbst  oder  in  den  Ausführungsvorschriften 
dazu  aufgenommen  werden  mußten.  Nur  so 
konnte  den  besonderen  Verhältnissen  Rech- 
nung getragen  werden,  und  niemand  aus  den 
Kreisen  der  Beschädigten  sonst  hat  sich  auf 
diese  Sonderregelung  berufen.  Ist  es  eigent-. 
lieh  für  den  Träger  der  Sozialversicherung 
so  schwer,  ähnliche  Vorschriften  auch  in  der 
Reichsversicherungsordnung  zur  Geltung  zu 
bringen  und  damit  wohltuend  abzuweichen 
von  der  Auffassung  der  Landesversicherungs- 
ärnter,  wie  sie  in  den  Entziehungsbescheiden 
zum  Ausdruck  kommt? 

Daß  die  Gewährung  der  Invalidenrente  an 
erwerbstätige  Kriegsblinde  durchaus  im  Rah- 
men auch  der  gesetzlichen  Vorschriften  der 
RVO  möglich  ist,  wird  bewiesen  durch  die 
Tatsache,  daß  zahlreiche  Kriegsblinde  nach 
dem  1.  Weltkrieg  die  Invalidenrente  neben 
einem  Erwerbseinkommen  bis  zum  Zusam- 
menbruch im  Jahre  1945  bezogen  haben  und 
daß  sich  auch  die  Spruchinstanzen  bis  hinauf 
zum  Reichsversicherungsamt  in  wiederholten 
Entscheidungen  unserer  Auffassung  ange- 
schlossen haben,  nach  der  ein  Kriegsblinder 
keineswegs  infolge  der  Ausübung  einer  Be- 
rufstätigkeit wieder  erwerbsfähig  wird. 

Ich  frage  weiter:  Ist  es  eigentlich  für  den 
Träger  der  Sozialversicherung  so  ehrenvoll 


4 


„£teq  übet  ?as  T)unkel" 

Ein  amerikanischer  Kriegsblinderifilm  vor  der  deutschen  Uraufführung 


Fotos   (3):    Universal-International. 

Zum  erstenmal  hat  sich  der  junge  Kriegsblinde 
von  seinem  Krankenlager  erhoben.  Er  ist  allein 
im  Saal,  noch  ungeübt  im  Orientieren.  Ein  Leben 
ohne  Licht  scheint  ihm  unerträglich.  Er  will  den 
Tod  suchen. 


und  so  lohnend,  in  einigen  hundert  Fällen 
den  Schwerbetroffenen  die  Invalidenrente 
zu  entziehen,  wenn  diese  Menschen  unter 
Aufbietung  äußerster  Energie  und  Tatkraft 
bestrebt  sind,  wieder  zu  nützlichen  Gliedern 
der  menschlichen  Gesellschaft  zu  werden? 
Wird  hier  nicht  viel  mehr  Schaden  ange-  . 
richtet  und  nur  der  Nachweis  geführt,  daß 
auch  ein  soziales  Gesetz  durchaus  unsozial 
ausgelegt  werden  kann?  Wir  hoffen,  daß 
dieser  Hinweis  schon  genügen  wird,  um  ent- 
weder eine  Änderung  der  gesetzlichen  Vor- 
schriften in  unserem  Sinne  herbeizuführen, 
wenn  sich  dies  als  notwendig  erweisen 
sollte,  oder  zumindest  die  bestehenden  ge- 
setzlichen Vorschriften  so  auszulegen,  daß 
sie  auch  den  besonders  gearteten  Verhält- 
nissen, wie  sie  nun  einmal  durch  die  Blind- 
heit bedingt  sind,  Rechnung  tragen. 

In  diesem  Zusammenhang  verweise  ich 
noch  auf  einen  Erlaß  des  Reichsarbeits- 
ministers vom  15.  2.  1934  —  Aktenzeichen 
IIa  Nr.  1168/34  —  betreffend  Entziehung 
von  Renten  der  Invaliden-,  der  Angestellten- 
und  der  knappschaftlichen  Versicherung  nach 
dem  Gesetz  vom  7.  Dezember  1933.  In  diesem 
Erlaß  wird  zwar  eine  strenge  Nachprüfung 
der  Renten  aus  der  Invaliden-  und  anderen 
Versicherungen  angeordnet,  aber  es  werden 
auch  hier  Blinde  ausdrücklich  ausgenom- 
men. Sie  gelten  auch  nach  diesem  Erlaß  als 
dauernd  erwerbsunfähig. 

Eine  andere  Frage  sei  hier  noch  kurz  an- 
geschnitten: Hinsichtlich  der  Anrechnung  der 
Wartezeiten  ergibt  sich  jetzt  eine  unter- 
schiedliche Behandlung  zwischen  den  Kriegs- 
blinden des  1.  und  2.  Weltkrieges '.insofern, 
als  bei  der  Berechnung  der  Wartezeit  bei 
den  Kriegsblinden  des  1.  Weltkrieges  eine 
Invalidenrente  gar  nicht  gewährt  werden 
konnte,  wenn  diese  Wartezeit  nicht  erfüllt 
war.  Es  besteht  zwar  jetzt  nach  der  Ände- 
rung des  §  1263a  RVO  die  Möglichkeit,  auch 
diese  Kameraden  in  den  Genuß  der  Inva- 
lidenrente zu  bringen,  merkwürdigerweise 
aber  findet  der  abgeänderte  §  1263a  RVO 
.  nur  Anwendung  auf  Personen,  die  nach  dem 
1.  9.  1939  infolge  Kriegseinwirkung  invalide 
geworden  sind.  Hier  muß  unbedingt  auf  eine 
Anwendbarkeit  dieser  Bestimmung  auch  auf 
die  Kriegsblinden  des  1.  Weltkrieges  hinge- 
wirkt werden.  Axel  Bischoff '■' 


-  Es  dürfte  bisher  wohl  ein  einzigartiger 
Fall  sein,  daß  das  Drehbuch  zu  einem  Film 
auch  in  Blindenschrift  hergestellt  wurde.  Das 
war  bei  dem  Film  „Sieg' über  das  Dunkel" 
(amerikanischer  Titel:  „Bright  Victory")  nö- 
tig, weil  amerikanische  Kriegsblinde  bei  die- 
sem Film .  beratend  und  mitwirkend  tätig 
waren.  Es  handelt  sich  um  einen  auch  nach 
den  ersten  deutschen  Presseurteilen  ganz 
hervorragenden,  künstlerisch  einzigartigen 
Spielfilm  im  „Universal" -Filmverleih,  „wohl 
der  bedeutendste  unter  den  amerikanischen 
Filmen,  die  auf  den  Berliner  Filmfestspielen 
gezeigt  wurden",  wie  einer  der  angesehend- 
sten  Filmkritiker,  Friedrich  Luft,  feststellte. 
Der  Film  stellt  dar,  wie  ein  junger  amerika- 
nischer Kriegsblinder  in  seiner  Lazarett-  und 
Umschulungszeit  durch  bittere  Konflikte  und 
Nöte  hindurch  wieder  den  Mut  zum  Leben 
gewinnt  und  wie  er  sein  Schicksal,  das  ihn 
anfangs  zu  überwältigen  droht,  schließlich  mit 
einer  mutigen  Bejahung  anpackt  und  zu 
meistern  sucht. 

All  das,  was  auch  jeder  deutsche  Kriegs- 
blinde erlebt  und  erfahren  hat,  kommt  in 
diesem  Film  zu  ergreifendem  Ausdruck,  etwa 
wenn  der  junge  Kriegsblinde,  der  als  Ser- 
geant in  Afrika  durch  eine  schwere  Verwun: 
düng  das  Augenlicht  verloren  hat,  in  ein 
Umschulungslazarett  kommt  und  dort  nicht 
verstehen  kann,  wie  die  anderen  Kriegsblin- 
den um  ihn  her  fröhlich  sein  und  lachen 
können.  Es  verläßt  ihn  der  Lebenswille  und 
er  versucht,  diesem  Dasein  der  Qual  ein 
Ende  zu  bereiten.  Aber  die  Kameradschaft 
der  anderen  hilft  ihm  über  diese  Verzweif- 
lung hinweg  und  er  lernt,  Vertrauen  in  die- 
ses gewandelte  Leben  zu  gewinnen.  Er  lernt, 
alle  verbliebenen  Sinne  zu  äußerster  Fein- 
heit zu  steigern,  er  lernt  all  diese  so  einfach 
scheinenden  Dinge,  bis  hin  zum  sicheren 
Gehen  und  Essen.  Aber  er  erlernt  auch  die 
Punktschrift  und  andere  Fertigkeiten. 

Schwer  lastet  auf  ihm  noch  die  Sorge,  wie 
er  seinen  Eltern  und  seiner  Braut  die  Wahr- 
heit über  sein  Schicksal  mitteilen  soll.  Eine 
bezeichnende  Szene  für  den  Geist  dieses 
Films  ist  es,  als  der  Leutnant  im  Lazarett 
den  Kriegsblinden  auffordert,  seiner  Mutter 
jetzt,  da  er  mit  ihr  telefoniert,  mitzuteilen, 
daß  er  blind  ist.  Er  weigert  sich.  Da  greift 
der  Leutnant  zum  Hörer:  „Dann  werde  ich 
es  ihr  sagen!"  Da  spricht 
Larry,  der  Kriegsblinde, 
selbst.  Dann  aber  wirft 
er  dem  Leutnant  Gefühl- 
losigkeit vor  und  wendet 
sich  schließlich  mit  einem 
Schimpfwort  ab.  In  der 
Tür  stehend  sagt  er:  „Was 
versteht  ihr  von  uns?"  Da 
erhebt  sich  der  Leutnant 
hinter  dem  Schreibtisch: 
„Was  ich  noch  sagen 
wollte,  Sergeant!  —  ich 
bin  übrigens  auch  blind!" 
Larry  läßt  die  Türklinke 
los,  starrt  in  die  Richtung 
des  Schreibtisches  und 
sagt  nach  langer  Pause 
mit  leiser  Stimme:  „Ver-, 
zeihung!" 

Diese  Szene  zeugt  von 
der  Schlichtheit  und  inne- 
ren Echtheit  des  Films. 
Auch  Enttäuschungen  ge- 
hören dazu,  etwa  jene, 
daß  nämlich  die  Braut  des 
Kriegsblinden,  dem  Rat 
ihres  Vaters  nachgebend, 
die  Verlobung  auflöst. 
Auch  jene  Enttäuschung, 
daß  er  in  der  Heimat  zwar 
viel    Liebe    erfährt    aber 


auch  jene  unerträgliche  Last,  die  sich  Mitleid 
nennt.  Larry  gewinnt  schließlich  die  Liebe 
eines  anderen  jungen  Mädchens  und  ent- 
schließt sich,  zu  heiraten  und  Jura  zu 
studieren. 

Wenn  auch  dieser  Film  in  manchen 
äußeren  Dingen  nicht  den  deutschen  Ver- 
hältnissen, entspricht  —  in  unseren  Umschu- 
lungslazaretten hatten  wir  >  weit  weniger 
Möglichkeiten  der  Hilfe  und  der  praktischen 
Einführung  in  das  neue  Leben  — ,  so  zeugt 
er  doch  mit  großer  Wahrhaftigkeit  von  den 
menschlichen  Nöten  und  Wandlungen  jedes 
Kriegsblindenschicksals. 

Die  Hauptrolle  des  Films  spielt  der  junge 
Schauspieler  Arthur  Kennedy,  der  in  den 
letzten  Jahren  vor  allem  auf  der  Bühne  große 
Erfolge  hatte  und  der  übrigens  auch  selber 
Soldat  war.  Um  sich  in  die  Welt  eines 
Kriegsblinden  ganz  einfühlen  zu  können, 
wurden  ihm  während  der  Aufnahmen 
schwarze  Gläser  vor  die  Pupillen  gesetzt. 
Ein  Kriegsblinder,  Howard  Burton,  der  in 
einem  Umschulungslazarett  all  das  erlebt 
und  an  Ausbildung  erfahren  hat,  was  der 
Film  zeigt,  wurde  nach  Hollywood  engagiert, 
um  als  Berater  für  diesen  Film  zu  wirken, 
besonders  als  Beispiel  für  den  Hauptdar- 
steller Kennedy,  dem  er  inzwischen  zum 
engsten  Freund  wurde. 

Sehr  interessant  ist  es,  was  wir  vom 
amerikanischen  Kriegsblinden- 
b  u  n  d  über  dessen  Einstellung  zu  dem  Film 
erfahren.  Der  Film  läuft  in  den  Vereinigten 
Staten  erst  seit  dem  1.  August  1951,  so  daß 
in  einem  Schreiben  vom  22.  August  noch 
nicht  ausreichende  Erfahrungen  über  die 
Publikumswirkung  vorliegen.  Die  Filmkri- 
tiken seien  jedenfalls  überaus  günstig  ge- 
wesen. Es  heißt  in  dem  Schreiben  dann 
weiter: 

„Beamte  des  Kriegsversehrten-Hilfswerks 
haben  überall  Vorschauen  dieses  Films  ge- 
sehen und  haben  ihn  überaus  gelobt.  Am 
17.  August  wurde  der  Film  bei  einer  Tagung 
des  Komitees  der  Volksbeauftragten  der 
Körperbeschädigten  einer  großen  Anzahl  von 
Kriegsversehrten  vorgeführt.  Am  10.  August 
wurde  der  Film  einer  Anzahl  Kriegsblinder 
vorgeführt,  anläßlich  des  6.  Jahrestages  des 
Bestehens  der  Kriegsblindenvereinigung.  Hier 


Allmählich  lernt  der  .Kriegsblinde,  daß  man  auch  ohne  die  Augen 

eine  Menge  Dinge  selbständig  fertigbringen  Tcann.   Aber  alles  will 

gelernt  sein,  auch   das  Essen  mit  Messer  und  Gabel. 


"3^1l0P&g8S  S0HNE 

I    KLEIDE  RFABR 

HERFORD 


war     die      Wirkung     eine     besonders 
starke." 

übrigens  ist  der  Regisseur  des  Films, 
Mark  Robson,  erst  37  Jahre  alt  und  einer 
der  ersten  Regisseure,  der  sich  gegen  die 
süßliche  Traumfabrikation  stellte  und  dem 
Realismus  zum'  Durchbruch  verhalf.  Aller- 
dings —  in.  einer  Hinsicht  scheint  auch,  er 
sich  der  Hollywood-Tradition  nicht  ganz  ent- 
ziehen zu  können:  die  weiblichen  Mitwir- 
kenden in  seinem  Film  sind  für  unseren 
Geschmack    ein   wenig   zu   verzuckert.    Aber 


nun  —  das  ist  Amerika!  überhaupt  gibt  uns 
ja  dieser  Film  einen  realistischen,  höchst 
interessanten  Einblick  in  die  Welt,  in  die 
Lebensweise  und  die  Möglichkeiten  amerika- 
nischer Menschen. 

Der  Film,  der  in  sehr  versöhnlicher  Weise 
auch  die  Rassengegnerschaft  zwischen  Wei- 
ßen und  Schwarzen  anrührt,  hatte  letzthin 
auf  den  -  Filmfestspielen  in  Cannes  und  in 
Berlin  überragende  Erfolge  zu  verzeichnen, 
und  mit  Genugtuung  können  wir  Kriegsblin- 
den feststellen,  daß  hier  endlich  ein  Film 
entstanden  ist,  der  auch  in  künstlerischer 
Hinsicht  auf  sehr  hohem  Niveau  steht.  Zur 
Zeit  wird  der  Film  synchronisiert,  also  mit 
deutscher  Sprache  versehen.  Es  ist  zu  hoffen, 
daß  die  Uraufführung  noch  im  Novem- 
ber dieses  Jahres  stattfinden  kann.  Er  wird 
dann   in   allen   deutschen   Städten   zu   sehen 


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Die  menschlische  Stimme  als  Ausdruck  menschlichen  Wesens 


Angeregt  durch  die  Möglichkeiten  der  modernen 
Schallaufnahmen  (Magnetoionband)  wendet  sich 
das  Interesse  der  Psychologen  neben  der  Analyse 
der  Handschrift  mehr  und  mehr  auch  der  mensch- 
lichen Stimme  zu.  Den  Charakter  des  Mitmenschen 
an  der  Stimme  zu  erkennen,  ist  gerade  für  den 
Kriegsblinden  sehr  wichtig.  Leider  steckt  die 
Wissenschaft  der  Stimmanalyse  noch  sehr  in  den 
Anfängen.  Außerdem  ist  es  schwer,  ohne  aku- 
stische Beispiele  allein  durch  gedruckten  Text 
aus  diesem  Themenkreis  zu  berichten.  So  waren 
zwei  Rundfunksendungen  gerade  für  Blinde  hoch- 
interessant und  wertvoll.  Die  eine  Sendung  war 
im  Frühjahr  über  den  Bayerischen  Rundtunk  zu 
hören,  der  den  Psychologen  Dr.  Gotthard  Fliegner 
dazu  gewonnen  hatte.  Die  andere  Sendung  ver- 
anstaltete der  NWDR  im  UKW-  und  letzthin  auch 
im  Hauptprogramm,  gestaltet  von  dem  bekannten 
Psychologen  Dr.  Max  Simoneit.  Wenn  es  auch  so 
scheint,  daß  man  zunächst  über  eine  Art  von 
Stimmkatalog  noch  nicht  hinausgekommen  ist, 
und  wenn  auch  die  Beispiele  in  der  Sendung  von 
Dr.  Simoneit  nicht  gerade  glücklich  gewählt  waren, 
so  läßt  sich  doch  schon  ermessen,  daß  diese  neue 
Wissenschaft  ein  gerade  für  uns  Kriegsblinde 
sehr  fruchtbares  Arbeitsfeld  bietet.  Die  folgenden 
Ausführungen,  die  uns  Herr  Dr.  Simoneit  freund- 
licherweise zur  Verfügung  stellte,  werden  zwar 
vor  allem  für  jene  Kameraden  aufschlußreich  sein, 
die  seine  Sendung  gehört  haben,  aber  auch  für 
den  Neuling  bietet  der  Text  viel  Anregung.  Wir 
hoffen,  zu  diesem  Thema  weiterhin  Beiträge  brin- 
gen zu  können.  Die  Schriftleitung. 

Die  Tragik  des  Blindseins  kann  etwas  aus- 
geglichen werden  durch  die  Verfeinerung 
des  Lauschens,  Das  Ohr  ist  das  Organ  der 
Urgefühle  und  der  Innerlichkeit.  Der  den 
Vollsinnigen  immer  wieder  überraschende 
vornehme  und  starke  Charakter  der  meisten 
Blinden  hat  eine  Mit-Ursache  im  feiner 
hörenden  Ohr. 

Für  den  Blinden  sind  seine  Mitmenschen 
am  deutlichsten  durch  deren  Stimmen  ge- 
geben. In  der  menschlichen  Stimme  liegt 
viel  vom  menschlichen  Wesen,  weil  sie  ja 
unmittelbar  aus  den  lebendigen  seelischen 
Zuständen  kommt,  weil  die  Veränderung  die- 
ser Zustände  j —  insbesondere  der  Stimmun- 
gen —  sich  schnell  in  Stimmänderungen 
kundtut,  weil  der  Mensch  auch  bei  der  Be- 
mühung um  den  sozialen  Kontakt  mit  dem 
Mitmenschen  am  stärksten  mit  der  Stimme 
wirbt  und  weil  er  seine  geistigen  Erlebnisse, 
seine  Absichten,  sein  Hoffen  und  Glauben 
und   seine  Hingabe   durch   die   Stimme   an- 


schaulich —  oder  besser  anlauschig  —  machen 
kann.  Das  Angewiesensein  des  Blinden  auf 
die  Stimme  des  Menschen  als  auf  dessen 
deutlichstes  Erkennungszeichen  gibt  ihm  den 
Vorzug,  sich  in  der  Deutung  des  mitmensch- 
lichen Wesens  besonders   üben  zu   können. 

Die  wissenschaftliche  Sprechanalyse,  die 
eine  von  vielen  in  Deutschland  entwickelte 
charakterologische  Methode  ist,  vermag  da- 
für einige  Anregungen  zu  geben. 

Das  Eigenartige  einer  menschlichen  Stimme 
liegt  im  Klang,  in  der  Tonlage,  der  Melodie, 
der  Lautheit,  der  Artikulation,  der  Akzen- 
tuierung, im  Tempo  und  im  Rhythmus.  Jedes 
dieser  Merkmale  kann  für  sich  allein  beachtet 
werden,  —  alle  wirken  zusammen  und  lassen 
so  ein  individuelles  Sprechbild  entstehen, 
das  in  -uns  Gefühle  der  Sympathie,  der 
Gleichgültigkeit  und  der  Antipathie  erregt. 

Der  Klang  kann  vollsonor,  halbsonor, 
unsonor  und  dazu  metallen,  hölzern,  seidig 
oder  silbrig  sein;  es  können  in  ihm  die 
Vokalgruppen  „a,  o,  u"  oder  „e,  i,"  oder  „ei, 
eu,  au"  oder  „ä"  besonders  hervortreten. 
Eine  Fülle  weiterer  Klangfärbungen  macht 
die  Stimme  noch  persönlicher. 

Die  Tonlage  steht  mit  dem  Klang  in 
Wechselwirkung,  —  eine  vollsonore  Stimme 
—  beispielsweise  —  wird  nicht  hoch  liegen 
können.  Aber  bei  den  halbsonoren  und  den 
unsonoren  Stimmen  kann  es  wesentlich  sein, 
die  Tonlage  für  sich  zu  charakterisieren. 

Die  Melodie  entsteht  durch  die  Ände- 
rung der  Tonhöhe.  Kinderstiifimen  zeigen 
ein  vielfaches  Auf  und  Ab  der  Tonhöhe.  Die 
Gefühlserregung  zeigt  sich  in  einer  bewegten 
Sprechmelodie.  Aber  auch  unabhängig  von 
solchen  alle  Menschen  betreffenden  Ursachen 
gibt  es  Sprechmelodien  als  individuelle  Zei- 
chen, also  als  Eigenarten,  die  dem  Menschen 
immer  zugehören. 

Die  L  a  u  t  h  e  i  t  des  Sprechens  ist  als  Aus- 
druck des  menschlichen  Wesens  vor  allem 
hinsichtlich  ihrer  Angemessenheit  interessant. 
Es  gibt  Menschen,  die  immer  und  überall 
unangepaßt  laut  reden  müssen  und  andere, 
die  nur  zu  flüstern  wagen.  Auch  sind  die 
Reize  wichtig,  unter  deren  Wirkung  eine 
Stimme  lauter  oder  leiser  wird. 


Die  Artikulation  fügt  markante  Züge 
in  das  Sprechbild  ein.  Es  kennzeichnet  den 
Menschen  wesentlich,  ob  er  Laute  rollen  und 
„explodieren"  läßt  oder  ob  die  Laute  —  ver- 
wischt, verwaschen,  zerdrückt  oder  ver- 
schluckt —  zu  keinem  besonderen  Leben 
kommen.  Artikulations  -  Eigenarten  hängen 
auch  vom  Stammesdialekt  ab,  —  im  Osten 
Deutschlands  wird  stärker  artikuliert  als  im 
Westen.  Der  Dialekt  ist  keine  Fehlerquelle 
für  die  Sprechdeutung,  sondern  der  Grad  der 
Dialektfärbung  gehört  zu  den  individuellen 
Merkmalen  der  Stimme. 


In! 

ins  Orllieb  &  Cie. 

Werkzeug-  und 

Maschinenfabrik 

Eßl 

ingen  -  Meningen 

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fabrik  für  Spann-  und  Verschubzangen 

Akzente  kann  eine  Sprechweise  durch 
Lautheitsstöße  oder  durch  melodische  Ver- 
änderungen erhalten.  Ob  das  eine  oder  das 
andere  geschieht,  ist  in  hohem  Grade  wesens- 
abhängig. Die  Soldatensprache  akzentuiert 
mit  Lautheitsstößen,  die  Dichtersprache  mehr 
durch  Melodie-Änderungen. 

Was  das  Tempo  für  die  Redewirkung  be- 
deutet, ist  dem  praktischen  Menschenkenner 
bekannt. 

Der  Rhythmus  aber  ist  weniger  leicht 
zu  erkennen.  Er  entsteht  durch  die  Wieder- 
kehr  ähnlicher    Sprechgestalten   nach    einer 


Regel  und  kennzeichnet  nur  selten  die 
Sprechweise.  Aber  die  Art  des  Unrhythmi- 
schen  kann  wesentliche  Eigenarten  andeuten. 

Bei   der  Sprechdeutung   kommt   es, 
weniger   darauf  an,   Regeln   der  Merkmals- 1 
bedeutung  einzuprägen,  als  so-  fein  und  so ' 
genau    wie    nur    möglich    hinhören    zu 
lernen.  Mit  dem  Gehörten  ist  die  Bedeutung 
unmittelbar  gegeben.  Insofern  ist  die  Sprech- , 
deutung    natürlicher    als    die    Deutung    des 
Schreibens. 

Bei  folgendem  Sprechbild  kann  man  das 
Wesen  des  Sprechers  unmittelbar  ahnen: 

Der  Klang  ist  vollsonor  und  hart,  er 
dröhnt,  als  ob  der  Sprecher  einen  Laut- 
sprecher in  sich  trüge.  Das  Dröhnen  ist  vom 
Sprechinhalt  unabhängig.  Dieses  Dröhnen 
kommt  nicht  aus  Leere,  sondern  aus  Tiefe. 
Es  dominiert  der  Vokal  a.  Diese  Stimme 
kann  nicht  situationsgemäß  leise  sein.  Die 
v  Möglichkeiten  zu  melodischen  Veränderun- 
gen sind  gering. 

Eine  harte  Artikulation  bringt  in  den 
stimmhaften  Konsonanten  klirrende-  Härte 
hervor.  Akzentuierungen  werden  durch  Laut- 
heitsstöße hervorgebracht. 

Besonders  charakteristisch  ist  die  auffal- 
lende Regelmäßigkeit  des  Tempos.  Diese 
Regelmäßigkeit  fließt  und  strömt  nicht,  son- 


dern sie  tönt  in  abgepreßten  regelmäßigen 
Kraftmengen,  dabei  stößt,  schlägt  und  häm- 
mert sie,  tut  dieses  aber  mit  einem  so  hohen 
Grad  von  Regelmäßigkeit,  dajß  ein  seltener 
Sprechrhythmus  dabei  zustande  kommt. 

Störungen  dieser  Stimme  äußern  sich  in 
gelegentlicher  Gepreßtheit  des  Klanges  und 
in  einer  grollenden  Übersteigerung  der  Arti- 
kulation. 

Selbstverständlich  müßten  diese  Merkmale 
in  ihrem  lebendigen  Nuancen-  und  Vari- 
ationsreichtum gehört  werden,  wenn  sie  das 
Wesensbild  ahnen  lassen  sollen.  In  dem  vor- 
liegenden Falle  würde  die  klirrende  Härte 
des  Sprechens  unmittelbar  als  klirrende 
Härte  des  Menschen  erlebt  werden,  er 
würde  als  Kämpfer  erahnt  werden,  der  uner- 
müdlich und  unversöhnlich  —  auch  ohne  Zeit 
für  Humor  —  seinen  Zielen  zustrebt  und 
dabei  unerbittlich  in  seiner  Sache  bleibt.  Die 
Echtheit  würde  dabei  besonders  imponieren. 

Sie  ist  eine  Haltung  des  Menschen,  die 
durch  kein  anderes  charakterologisches  Zei- 
chen so  sicher  angezeigt  werden  kann  wie 
durch  das  Sprechen.  In  dieser  Tatsache  liegt 
auch  die  hohe  Bedeutung  begründet,  die  eine 
erfolgreiche  Sprechdeutung  auch  für  die  Be- 
wertung politischer  Redner  hat. 

Dr.   Max   Simoneit 


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Einige  wichtige  Stimmtypen 

Eine  interessante  Ergänzung  zu  den  Ausführungen  von  Dr.  Simoneit  bildet  die  nachstehende- 
Betrachtung  eines  kriegsblinden  Psychologiestudenten,  unseres  Kameraden  Feistner  aus  Moers. 
Es  wäre  sehr  wünschenswert,  wenn  unsere  kriegsblinden  Leser  zu  diesem  Thema  Stellung  nähmen. 


Kann  man  aus  der  Stimme  den  Charakter 
bestimmen?  Will  man  diese  Frage  mit  ja 
oder  nein  beantworten,  so  muß  man  sich  erst 
im  klaren  sein,  was  die  Stimme  für  den 
Menschen  bedeutet.  Jedem  von  uns  hat  die 
Natur  außer  dem  Wort  auch  andere  Mittel 
gegeben,  sich  dem  anderen  verständlich  zu 
machen  oder  sein  Wesen  kundzutun  —  sei 
es  durch  Mimik,  Gesamtkörperhaltung,  Gestik 
oder  durch  die  Handschrift.  Die  Mittel  sind 
jeweils  körperliche  Funktionen,  deren  sich 
unsere  Seele  bedient,  um  sich  auszudrücken. 
Jede  dieser  Ausdrucksformen  trägt  bewußt 
oder  unbewußt  den'  Charakter  des  sich 
ausdrückenden  Menschen  in  sich.  Aus  der 
Vielzahl  dieser  Ausdrucksformen  tritt  als 
primäre  Form  die  menschliche  Stimme 
hervor.  Sie  ist  es,  die  uns  eine  Verstän- 
digung im  vollen  Umfange  erst  möglich 
macht.  Sie  steht  keineswegs  gesondert,  son- 
dern ist  unsere  höchste  Ausdrucksform,  in 
der  sich  die  Seele  ausdrückt  und  die  uns  im 
besonderen  das  Gepräge  „Mensch"  gibt. 

Ich  will  nun  versuchen,  in  das  Gewirr  von 
Stimmen  etwas  Ordnung  zu  bringen,  um 
diese  für  uns  zur  Charakterdeutung  einiger- 
maßen zugänglich  zu-  machen.  Die  Stimme 
gibt  uns  Blinden  dazu  fast  die  einzige  Mög- 
lichkeit, da  die  wichtigsten  anderen  Aus- 
drucksformen nur  für  Sehende  wahrnehmbar 
sind.  Leider  ist  die  Stimmdeutung  noch  so 
unentwickelt,  daß  ich  nur  einige  leicht  er- 
kennbare Typen  herausstellen  kann.  Durch 
Übung  und  Erfahrung,  wird  aber  mancher 
von  uns  dadurch  ein  ziemlich  sicheres  Urteil 
erhalten  können.  Bedenken  wir  doch,  daß 
wir  auf  Gedeih  und  Verderb  auf  unsere  Mit- 
menschen angewiesen  sind  und  durch  recht- 
zeitiges Erkennen  des  Gegenübers  mancher 
Enttäuschung  ausweichen  können.  Von  einer 
schematischen  Einteilung  der  Stimmen  möchte 
ich  absehen,  da  diese  leicht  verwirrt.  Einige 
wichtige  Typen,  von  denen  sich  andere 
ableiten  lassen,  mögen  daher  beschrieben 
sein: 

Nehmen  wir  zuerst  den  Gemütsmenschen. 
Der  ist  gutmütig,  kann  nicht  „böse"  sein, 
verträgt  sich  mit  jedem  und  ist  daher  gern 
gesehen.  Seine  Stimme  ist  melodisch,  un- 
gekünstelt, meist  tief  und  strahlt  eine  herz- 
liche Wärme  aus.  Sein  Sprechen  ist  gleich- 
mäßig,   ohne    Stockungen,   sozusagen    „frei- 


weg".  In  der  Erregung  wird  er  selten  un- 
beherrscht. Die  Lautstärke  ist  mittelmäßig 
bis  laut. 

Diesem  Typ  steht  nun  folgender  sehr  nahe: 
Eine  meist  sehr  tiefe  Stimme,  behäbig,  kaum 
noch  melodisch,  aber  warm.  Die  Sprechweise 
ist  schleppend,  aber  nicht  stockend  und  oft 
sehr  schwerfällig.  In  der  Erregung  donnert 
die  Stimme,  ist  aber  nicht  hastig.  Es  sind 
Menschen,  die  die  Ruhe  weg  haben.  Sie 
kann  nichts  erschüttern,  begreifen  aber  oft 
schwer,  behalten  jedoch  gut,  wenn  sie  be- 
griffen haben.  Außerdem  sind  sie  treu.  Zwar 
langsam,  aber  zuverlässig. 

Auf  der  anderen  Seite  stehen  nun  die 
„Hitzigen".  Sie  sprechen  bewegt,  mit  star- 
kem Auf  und  Ab  der  Tonunterschiede,  kön- 
nen sich  beim  Erzählen  nicht  genug  wichtig 
tun,  wechseln  schnell,  oft  und  unvermittelt 
das  Thema,  und  man  kann  bei  ihnen  schwer 
zu  Wort  kommen.  Die  Lautstärke  wechselt 
zwischen  ganz  leise  und  überlaut.  Diese 
Menschen  sind  ebenfalls  nicht  zu  fürchten. 
Sie  sind  auch  gutmütig,  fast  zu  offen  und 
können  meist  nicht  dichthalten.  Geheimnisse 
kann  man  ihnen  nicht  anvertrauen.  Übel 
nehmen  sie  so  leicht  nichts  und  sind  stets 
freundlich.  Sie  scheuen  sich  vor  keiner  Ar- 
beit. Von  allzu  großem  Geist  werden  sie 
allerdings  meist  nicht  geplagt. 

Alle  diese  drei  Typen  legen  den  Schwer- 
punkt der  Betonung  auf  die  Vokale.  Sie 
verschlucken  sogar  gern  die  harten  Kon- 
sonanten, weil  sie  ihnen  unangenehm  sind. 
Die  Höhenunterschiede  der  Töne  werden 
fließend  überwunden,  nicht  sprunghaft!  Eben- 
so ist  es  mit  der  Lautstärke. 

Die  nun  folgenden  Stimmtypen  sind  in 
ihrer  Eigenart  weitaus  schwerer  zu  erkennen, 
als  die  vorangegangenen.  Bei  ihnen  treten 
die  Vokale  in  der  Betonung  zurück.  Die 
Konsonanten  werden  stärker  ausgesprochen. 
Nicht  mehr  die  Melodik  der  Stimme  ist  herr- 
schend, sondern  der  Rhythmus.  Sie  sind  die 
Gegenseiten  der  bisher  behandelten  Stim- 
men. In  ihrer  Mitte  steht  der  nüchterne, 
sachliche  Mensch.  Gefühlsduseleien  sind  ihm 
fremd.  Für  ihn  ist  die  Nützlichkeit  vernünf-: 
tig.  Seine  Stimme  ist  daher  auch  ruhig, 
gelassen  und  ohne  Hast.  Diese  Menschen 
sprechen  nicht  viel  und  überlegen  sich  jedes 
Wort.    Die  Klangfarbe  der  Summe,  ist  hell 


und  fast  hart.  Die  Lautstärke  mittelmäßig. 
Dieser  Typ  ist  zielbewußt,  meist  energisch 
und  läßt  mit  sich  nicht  handeln.  Sie  bestim- 
men alles  mit  dem  Verstände  und  nicht  mit 
dem  Gefühl. 

Verwandt  mit  diesem  Typ  ist  auf  der  einen 
Seite  folgender:  Eine  sehr  harte  Stimme  mit 
starker  Konsonantenbetonung.  Sie  klingt 
kalt,  gefühllos  und  leer.  Die  Sprechweise  ist 
kurz  und  knapp.  Kein  Wort  zuviel.  In  der 
Erregung  kurz  zischend  und  heiser.  Die 
Worte  kommen  stoßweise.  Höhenunterschiede 
der  Töne  werden  ruckartig,  nicht  fließend 
überwunden.  Diese  Menschen  sind  schwer 
zu  behandeln.  Meist  jähzornig,  hart  im  Füh- 
len und  Denken  bis  zur  Brutalität.  Sie  haben 
oft  keine  oder  wenig  Freunde. 

Auf  der  anderen  Seite  stehen  die  Sensiblen. 
Sie  sind  sehr  empfindlich  und  oft  Schwär- 
mer. Sie  haben  ein  reiches  Innenleben,  kön- 
nen sich  aber  nicht  offenbaren.  Sie  tragen 
alles  mit  sich  herum  und  quälen  sich  oft  mit 
Dingen,  die  bei  einer  Aussprache  sofort 
geklärt  werden  könnten.  Fast  immer  sind 
sie  gehemmt  und  können  nie  aus  sich  her- 
aus. Ihre  Stimme  ist  zaghaft  und  sehr  ver- 
halten. Ein  feines  Zittern  liegt  meistens  dar- 
in. Der  Rhythmus  der  Stimme  tritt  etwas 
zurück,  aber  auch  die  Vokale  wagen  sich 
nicht  hervor.  Selbst  im  größten  Schmerz 
versucht  die  Stimme  heiter  zu  wirken  Nie- 
mand soll  ihr  wahres  Gesicht  sehen.  Diese 
Menschen  sprechen  deshalb  auch  sehr  wenig. 
Lieber  reden  sie  gar  nicht.  Ihre  Unterhaltung 
fährt  sich  schnell  fest.  Sie  sprechen  meist 
stockend  und  versprechen  sich  sehr  oft.  Bei 
kritischen  Fragen  weichen  sie  gern  aus,  weil 
sie  sich  nicht  blamieren  oder  eröffnen  wollen. 
Im  Streit  verstummen  sie  und  gehen  weg. 
Dieser  Typ  muß  sehr  vorsichtig  behandelt 
werden.  Er  ist  leicht  beleidigt,  oft  durch  die 
geringste  Kleinigkeit.  Besitzt  aber  meist  viel 
Fähigkeit,  ergeben  zu  lieben.  Kunstsinn  und 
Intelligenz  sind  meist  stark  vorhanden. 

Zum  Schluß  möchte  ich  noch  einige  Beson- 
derheiten in  der  Stimme,  genauer  gesagt:  in 
der  Sprechweise  aufzeigen.  Stottern,  Ver- 
sprechen und  das  Suchen  nach  Worten  sind 
fast  immer  Zeichen  von  Hemmungen.  Hinter 
schnellem  Sprechen,  Verschlucken  von  Silben 
und  Buchstaben,  ungeduldigem  Spielen  mit 
den  Worten,  verworrenen  Zusammenhängen 
und  auffallend  schnellem  Atmen  beim  Spre- 
chen verbirgt  sich  Nervosität.  Hohe  Fistel- 
stimmen deuten  oft  auf  Menschen  hin,  denen 
man  am  besten  nicht  zuviel  zutraut,  über- 
mäßiges Geziere  in  der  Aussprache,  kind- 
liches Spielen  mit  den  Höhenunterschieden  der 
Töne,  manchmal  sogar  Anstoßen  mit  der 
Zunge  oder  sonstige  lächerliche  Eigenarten 
machen  sich  gern  Modepüppchen  oder  hyste- 
rische Frauen  zu  eigen.  Egoisten  beziehen 
in  der  Unterhaltung  alles  auf  sich  und  stellen 
sich  immer  in  den  Mittelpunkt.'  Despoten 
geben  nie  einem  anderen  Recht;  sie  vertre- 
ten hartnäckig  ihre  oft  falsche  Meinung. 

Um  nun.  bei  der  praktischen  Anwendung 
der  Stimmdeutung  Erfolge  zu  erzielen,  muß 
man  sich  die  angeführten  Merkmale  genau- 
estens einprägen  und  durch  aufmerksames 
Hinhören  allmählich  die  Unterschiede  her- 
ausfinden. Dies  braucht  einige  Geduld  und. 
geht  nicht  von  heute  auf  morgen.  Die  Mühe 
wird  sich  aber  lohnen.  .     _      .  Franz  Feistnet 


7 


Ergebnisse  der  Pariser  Konferenz 

Unter  Zugrundelegung  eines  vorläufigen  Kurzberichtes  von  Herrn  Prof.  Carl  Strehl  über  die 
Mitgliederversammlung  1951  des  Weltrates  für  die  Blindenwohlfahrt  geben  wir  hier  die  interessan- 
testen Vorgänge  und  Ergebnisse  der  Sitzungen  in  Paris  wieder,  über  die  wir  im  Augusthett  kurz 
berichtet  haben. 


Am  18.  7.  1951  fand  in  Paris  in  der  Euro- 
päischen Geschäftsstelle  der  American  Foun- 
dation for  Overseas  Blind  die  4.  Tagung  des 
Internationalen  Ausschusses  für  die  Blinden- 
wohlfahrt statt.  Der  Vorsitzer,  Mr.  Eagar, 
berichtete  über  die  inzwischen  unternomme- 
nen Schritte  zur  Eintragung  der  Satzungen 
des  Weltrates  für  die  Blindenwohlfahrt  ins 
Vereinsregister. 

Die  erste  formelle  Mitgliederver- 
sammlung des  Weltrates  für  die 
Blindenwohlfahrt,  zu  der  neben  den  Mitglie- 
dern des  Internationalen  Ausschusses  für  die 
Blindenwohlfahrt  auch  eine  Anzahl  der  übri- 
gen Delegierten  der  Oxforder  Konferenz  vom 
Jahre  1949  (aus  Deutschland  unser  Kamerad 
Ing.  Alfons  Schramm,  Freiburg  i.  Br.)  erschie- 
nen waren,  wurde  am  gleichen  Tag  von  Mr. 
Iiagar  als  Vorsitzer  eröffnet.  Er  begrüßte  die 
Anwesenden  und  insbesondere  Mr. M.Robert 
Barnett,  New  York,  den  neuen  geschäfts- 
führenden Direktor  der  American  Founda- 
tion for  the  Blind  und  der  American  Foun- 
dation for  Overseas  Blind,  sowie  Herrn 
Stevan  Uzelac,  den  Vertreter  des  neuauf- 
genommenen Landes  Jugoslawien.  Spanien, 
das  ebenfalls  seinen  Beitritt  zum  Weltrat 
erklärt  hat,  hatte  noch  keinen  Vertreter  ent- 
sandt. 

i 

Zur  Tagesordnung  übergehend  verlas  der 
Vorsitzer  die  Liste  der  Anwesenden  mit  den 
schriftlich  eingereichten  Stimmenübertragun- 
gen der  nicht  erschienenen  Mitglieder  der 
Mitgliederversammlung.  Für  Deutschland 
stimmten  ab:  Ing.  Alfons  Schramm  mit  einer 
Stimme  und  Prof.  Dr.  Carl  Strehl  mit  vier 
Stimmen  (Stimmenübertragung  der  Herren 
Pothmann,  Hans  F.  W.  Voigt  und  Winter). 
—  Zunächst  wurde  der  Satzungsentwurf  Ar- 
tikel für  Artikel  erörtert.  Während  der  Dis- 
kussion über  den  Artikel  III  bezweifelten  die 
drei  Vertreter  der  französischen  Zivilblinden 
die  Legalität  der  Versammlung.  Ein  von 
ihnen  diesbezüglich  eingebrachter  Antrag 
wurde  von  allen  übrigen  Anwesenden  zu 
ihren  Ungunsten  entschieden.  Sie  verließen 
die  Versammlung.  Zu  Artikel  VI  schlug  Prof. 
Strehl  vor,  vorzusehen,  daß  bei  der  Ämter- 
verteilung Vertreter  aus'  ebensoviel  Natio- 
nen gewählt  werden,  als  Ämter  vorhanden 
sind.  Der  Vorschlag  fand  allgemein  Zustim- 
mung. Die  En-bloc-Abstimmung  führte  zur 
einstimmigen  Annahme  des  neuen  Satzungs- 
entwurfes, der  in  absehbarer  Zeit  im  Ver- 
einsregister eingetragen  werden  wird. 

Am  19.  7.  trat  die  Mitgliederversammlung 
nochmals  zusammen  und  wählte  zunächst 
den  neuen  Arbeitsausschuß,  der  sich 
nunmehr  wie  folgt  zusammensetzt: 

Frankreich:  M.  Henri  Jean  Juste  A  m  - 
blard ; 

Deutschland:  Prof.  Dr.  Carl  Strehl; 

Großbritannien:  Mr.  Waldo  McG.  Eagar; 

Italien:  Signor  Paolo  Bentivoglio  ; 

USA:  Mr.  Eric  Thomas  Boulter; 

Skandinavien  und  Finnland:  Herr  C,  Hed- 
k  v  i  s  t  (für  die  Dauer  der  Tätigkeit  Herrn 
Jorgensens  bei  den  Vereinten  Nationen); 

Benelux-  und  kleinere  Staaten:  M.  Gerard 

ßorre; 

Jugoslawien:  Herr  Stevan  Uzelac. 

Dazu  kamen  noch  auf  Grund  der  neuen 
Bestimmung  des  Artikels  V,  Abschnitt  1,  als 
zusätzliche  Arbeitsausschußmitglieder  auf 
Vorschlag  Prof.  Strehls  Colonel  E.  A.  Ba- 
ker als  Vertreter  Kanadas  und  auf  Vor- 
schlag M.  Borres  Mr.  M.  Robert  B  a  r  n  e  1 1 
als  Nachfolger  des  bei  der  Gründung  der 
internationalen      Blindenwohlfahrtsorganisa- 


tion   so   maßgeblich   beteiligten   Dr.    Robert 
B.  Irwin. 

Auf  Anregung  Mr.  Boulters  und  Mr.  Bar- 
netts  wurde  beschlossen,  die  Mitgliedsländer 
des  Weltrates  nach  der  Eintragung  der 
Satzungen  in  einem  Rundschreiben  zu  er- 
suchen, Dr.  Irwin,  Mr.  Eagar,  Mr.  George 
L.  Raverat  und  Dr.  Helen  Keller  zuEhren- 
mitgliedern zu  ernennen. 

Bei  der  Wahl  des  neuen  Vorstandes  setzte 
sich  die  Meinung  durch,  daß  der  Vorsitz 
einem  Blinden  zu  übertragen  ist,  und  die 
Wahl  fiel  einstimmig  auf  den  von  M.  Borre 
vorgeschlagenen  Kriegsblinden  Colonel  Ba- 
ker, Kanada.  Als  stellvertretende  Vor- 
sitzer wurden  ebenfalls  einstimmig  gewählt: 
Mr.  Eagar  auf  Vorschlag  Mr.  Boulters  und 
Prof.  Strehl  auf  Vorschlag  M.  Borres.  Zum 
Generalsekretär  wurde  auf  Vorschlag 
M.  Borres  Mr.  Boulter  und  zum  Schatz- 
meister auf  Vorschlag  Mr.  Barnetts  der 
Kriegsblinde  M.  Amblard  (Paris)  einstimmig 
ernannt. 

Die  in  Paris  anwesenden  Mitglieder  des 
neugewählten  Arbeitsausschusses  des  Welt- 
rates für  die  Blindenwohlfahrt  traten  am 
19.  7.,  nachmittags,  zur  ersten  Sitzung  zu- 
sammen. In  Abwesenheit  Colonel  Bakers 
führte  Mr.  Eagar  den  Vorsitz. 

Mr.  E.  H.  Getliff,  Bristol,  wurde  zu  den 
Beratungen  ohne  Stimmrecht  hinzugezogen, 
um  über  die  bislang  getroffenen  Vorberei- 
tungen für  die  geplante  internationale 
Blindenerzieherkonferenz  zu  be- 
richten. Ein  kleiner  Unterausschuß  wurde 
eingesetzt,  der  nach  Bestätigung  durch  den 
Arbeitsausschuß  des  Weltrates  voraussicht- 
lich im  September  dieses  Jahres  zusammen- 
kommen wird.  Das  „National  Institute  for 
the  Blind"  in  London  hat  es  übernommen, 
die  Sekretariatsarbeiten  des  Unterausschus- 
ses durchzuführen. 

Der  in  Oxford  eingesetzte  vorbereitende 
Ausschuß  für  die  Erzieherkonferenz  änderte 
sich  in  seiner  Zusammensetzung  dadurch,  daß 
Signor  Bentivoglio  bat,  an  seiner  Stelle  Frau 
Romagnoli,  Rom,  aufzunehmen,  und  auf  An- 
trag Prof.  Strehls  Herr  Dir.  W.  H  e  i  m  e  r  s  , 
Hannover-Kirchrode,  als  Vertreter  Deutsch- 
lands hinzugewählt  wurde. 

Mr.  Eagar  und  Mr.  Boulter  gaben  einen 
Überblick  über  die  mit  den  Vereinten 
Nationen  und  deren  Fachausschüssen 
bislang  geführten  Verhandlungen.  In  die  von 
den  Vereinten  Nationen  errichtete  besondere 
Sektion  für  Körperbehinderte  wurde  als 
Sachbearbeiter  für  die  Fragen 
des  Blindenwesens  Herr  Ernst  Jor- 
gensen,  Kopenhagen,  berufen.  Seitens  dieser 
Sektion  wurde  in  einem  Rundschreiben  an 
die  in  den  Vereinten  Nationen  vertretenen 
Länder  zugesichert,  daß  mit  allen  maßgeb- 
lichen Organisationen  im  Interesse  der- Kör- 
perbehinderten zusammengearbeitet  werden 
wird,  im  Falle  der  Blinden  mit  dem  Weltrat 
für  die  Blindenwohlfahrt.  Wahrscheinlich  i  m 
Oktober  d.  J.  wird  eine  Tagung  der  Ver- 
einten Nationen  in  Genf  oder  in  Paris  statt- 
finden, bei  der  ein  ganzer  Tag  für  die  Be- 
sprechung eines  geeigneten  Programms  für 
die  Ausbildung  und  Umschulung 
der  Blinden  verwandt  werden  soll. 

Mit  Bezug  auf  den  Beschluß  der  UNESCO 
über  die  zollfreie  Ein-  und  Aus- 
fuhr von  Blindenhilfsmitteln  erklärte  Mr. 
Boulter,  daß  er  wohl  schon  von  den  Vertre- 
tern von  22  Nationen  gezeichnet  ist,  aber 
erst  rechtskräftig  werden  kann,  nachdem  ihn 
10  Parlamente  ratifiziert  haben.  Da  die  Rati- 
fizierung bisher  our  in  Thailand  und  Jugo- 
slawien erfolgte,  bat  Mr.  Boulter  die  Arbeits- 


ausschußmitglieder,    die    Angelegenheit    in 
ihren  Ländern  zu  fördern. 

Im  Namen  des  Weltrates  für  die  Blinden- 
wohlfahrt wurde  ein  Schreiben  an  den  Gene- 
ralsekretär der  UNESCO  gerichtet,  in  wel- 
chem um  die  Fortsetzung  der  Arbeiten  der 
Sektion  für  Punktschriftfragen  in- 
nerhalb der  UNESCO  im  Jahre  1952  gebeten 
wurde. 

Die  zur  Auswanderung  nach  Kanada  aus- 
gewählten blinden  DPs  konnten  inzwi- 
schen, nicht  zuletzt  auf  Betreiben  Colonel 
Bakers,  ihre  neuen  Wohnsitze  beziehen  und 
werden  dort  für  einen  geeigneten  Beruf  um- 
geschult. 

Herr  Hedkvist  beantragte  die  Einsetzung 
eines  Unterausschusses  für  technische 
Fragen  (sprechendes  Buch,  Blindenschrift- 
maschinen und  sonstige  Blindenhilfsmittel). 
Nach  eingehender  Diskussion  wurden  die 
Herren  Prof.  Strehl  (federführend),  Barnett 
und  Colligan  gewählt,  die  in  ständiger 
schriftlicher  Fühlungnahme  für  die  Förderung 
der  technischen  Entwicklung  der  Blinden- 
hilfsmittel arbeiten  sollen. 

Mr.  Boulter  teilte  auf  Anfrage  Herrn  Hed- 
kvists  mit,  daß  die  Vereinten  Nationen  über 
einen  Fonds  verfügen,  aus  dem  Auslands- 
studienreisen  von  Sachbearbei- 
tern des  Blindenwesens  finanziert  werden 
können.  Anträge  sind  über  die  Regierung 
des  eigenen  Landes  an  die  Technical 
Assistance  Administration  der  UNO  in  New 
'   York  zu  stellen. 

Mit  einem  herzlichen  Dank  an  die  Ameri- 
can Foundation  for  Overseas  Blind  für  die 
nach  wie  vor  großzügig  gewährte  finanzielle 
Hilfe  mit  der  Feststellung,  daß  an  den  bei- 
den Verhandlungstagen  in  Paris  wertvolle 
Arbeit  geleistet  wurde,,  schloß  Mr.  Eagar  die 
Sitzung. 

„Arbeitsgemeinschaft 
Deutscher  Versehrtensport" 

In  Ergänzung  zu  unserer  Nachricht  im 
Augustheft  über  die  Gründung  der  „Ar- 
beitsgemeinschaft Deutscher 
Versehrtensport"  (Sitz:  Bonn,  Ge- 
schäftsstelle: Bad  Godesberg,  Wurzerstraße  4) 
nennen  wir  die  Zusammensetzung  des  vor- 
läufigen Arbeitsgremiums:  Herr  Min.-Rat 
a.  D.  Dr.  Mallwitz  (Deutscher  Sportärztebund) 
wurde  zum  Vorsitzenden  gewählt,  Herr  Ober- 
medizinalrat Dr.  Lettenbaur  zum  ärztlichen 
Berater,  ferner  die  Herren  Weinmann,  Lo- 
-renzen,  Mende  und  Brinkmann,  dem  zunächst 
die  vorläufige  Geschäftsführung  übertragen 
wurde.  Als  Publikationsorgan  für  die  rein 
sportlichen  Belange  wurde  die  Monatsschrift 
„Der  Versehrtensportler"  (Düsseldorf,  La- 
kronstraße 72),  Organ  des  bisherigen  deut- 
schen Versehrtensportverbandes,  gewählt, 
die  interessierten  Versehrten  Sportlern  nach 
Möglichkeit  kostenlos  zugestellt  werden  soll. 
Die  erste  Ausgabe  der  Zeitschrift  ist  vor 
etwa  einem  Vierteljahr  erschienen.  Fach- 
wissenschaftliche Fragen  sollen  in  der  Zeit- 
schrift „Leibesübungen,  Sportärzte,  Erzie- 
hung" (Herausgeber:  Dr.  Mallwitz  und  Dr. 
Wildt)  erörtert  werden.  Der  bisherige 
Deutsche  Versehrtensportverband  sieht  seine 
Aufgabe  nunmehr  als  erfüllt  an.  Als  Haupt- 
aufgaben der  Arbeitsgemeinschaft  wurden 
u.  a.  außer  der  Förderung  der  Breitenarbeit 
und  der  Ausbildung  geeigneter  Versehrten- 
sportlehrer auch  die  Errichtung  von  Ver- 
sehrtensportheimen herausgestellt, 
denen  das  Bundesministerium  für  Arbeit  die 
Anerkennung  als  Kuranstalt  unter  ärztlicher 
Leitung  zugesichert  hat.  Besonders  dieses 
letztere  Vorhaben  ist  vor  einigen  Monaten 
auch  von  unserer  Zeitschrift  vorgeschlagen 
worden,  wobei  zu  hoffen  ist,  daß  in  diesen 
Sportheimen  regelmäßig  auch  Kurse  für 
Kriegsblinde  durchgeführt  werden. 


8 


K  A  MM  GARNSPINNEREI 

HARDT  POCORNY  &  CO. 

DAHLHAUSEN-WUPPER 


Hersfeiler  der  bekannten 


Handstrickgarne  -  Sporfwojlen  -  Stopfgarne  -  Kammgarne  für  die  Wirk-  und  Strickwaren-Industrie 


Oriro-  Maschinenbau 

Peter  Orth  jun. 

Speztalfabrik 
fUr  Automobilteile 


Opladen-Neucronenberg 

,  Telefon:  102  Opladen 


Bergfeld  &  Heider 

Burseheid,   Bezirk  Düsseldorf 

Schmiedeeiserne  Heizkessel  —  Boiler  und  Druck- 
kessel nach  DIN  —  Ofenrohre  und  Otenrobrknie 

Bergheid-Fahrikatesind  ein  Begriff  für  Qualitätsarbeit 


Es  ist  Ehrensache 


Achten  Sie  auf  das  Schulzzeichen 
.Deutsche  Blindenarbeit".  das  zwei 
zur  Sonne  erhobene  Hände  zeigt. 
Auch  der  Ausweis  unserer  Vertreter 
trägt  dieses  Zeichen! 


Bürsten- ;  ßesenwaren 

nur  zu  kaufen  bei 

kriegsblinden  Handwerkern! 


Hugo  u.  0.  Förster 


WALZENMÜHLE 


Immigrath  (Ndrh.| 

Telefon :  6  und  72,  Amt  Langenfeld 


Bezugsquellen  können  Sie  bei  ied. 
örtl.  Stelle  des  „Bundes  der  Kriegs- 
blinden Deutschlands  e.V."  erlragen 
oder  durch:  „Der  Kriegsbtinde", 
Bielefeld,  Stapenhorststrahe  138 


Sdtusterinsel 

Aktiengesellschaft 

Färberei  -  Druckerei 
Appretur 

OPLADEN 


M 

i  n  j?~*  —^ 

% 

i 

3a 

1 

m 

GEGRÜNDET  1869 

EUMUCO  AKTIENGESELLSCHAFT 

für  Maschinenbau 

Speziälfabrik  für  Hydraulik  und  Schmiedetechnik 

LEVERKUSEN -SCHLEBUSCH 

Becker  &  Bernhard 

WEBEREI 

Langenfeld  (Rh!d) 

Futterstoffe 
Steppdeckenstoffe 


^Papierfabrik  QViil^eLmMaL 


WILHELM   ERNST 


Werk  Krebsöge/Rhld,  •   Werk  Achern/Baden 


GEGRON  DET    1  795 

DAHLHAUSEN/WUPPER,  Vogelsmühle 


"DölUuchfiabtik 


Fertigung   feiner  Kammgarn-  u.  Streichgarn- 
Tuche   für  Damen  u.  Herre-n   .   Behördentuche 


Die  ersten   Faserabfälle   der  Irisch   gepilückten   Kokosnüsse   werden   zu   einem   riesigen   Faserberg 

zusammengetragen,  auf  den  die  Arbeiterinnen  hinaufsteigen,  auf  dem  Kopf  die  großen  Körbe  mit 

Kokosfasern.  Der  Berg  wird  dann  später  „im  ganzen"  verkauft.  Fotos  (3):  DV-Bild. 

/ 


Wer  als  Bürstenmacher  mit  Lust  und 
Liebe  bei  der  Arbeit  ist  und  nicht  nur  als 
„Bürstenzieher"  einen  möglichst  hohen  Ver- 
dienst bei  seiner  Tätigkeit  herauszuschlagen 
versucht,  der  macht  sich  auch  Gedanken 
darüber,  woher  die  Stoffe  kommen,  die  er 
täglich  verarbeitet  und  wie  die  Fasern  zu- 
bereitet werden  Es  ist  auch  gut,  zu  wissen, 
für  welchen  Zweck  sich  diese  und  jene  Faser 
gut  eignet,  und  umgekehrt:  welche  Bürsten- 
waren aus  diesem  oder  jenem  Material  nicht 
hergestellt  werden  können.  In  dem  nach- 
stehenden Aufsatz  wollen  wir  die  bekann- 
testen Stoffe  behandeln. 

Was  ist  „Fibre"? 

F  i  b  r  e  ist  wohl  die  bekannteste  und  am 
meisten  verwendete  Pflanzenfaser.  Fibre  ist 
ein  Wort  lateinischen  Ursprungs  und  heißt 
auf  deutsch  Faser.  Was  ist  nun  Fibre?  Wäh- 
rend der  Umschulung  lautete  die  Antwort 
auf  diese  Frage  des  Lehrers  immer:  „Fieber 
ist  eine  erhöhte  Körpertemperatur!"  Das 
hatte  zwar  immer  einen  Verweis  des  Lehr- 
herrn zur  Folge,  was  uns  aber  nicht  daran 
hinderte,  beim  Abfragen  die  Antwort  zu 
wiederholen.  Die  Fragerei  war  uns  übrigens 
verhaßt.  Sie  geschah  immer  wieder  in  der 
gleichen  Weise  und  unser  Lehrer  vermochte 
es  nicht,  uns  diese  an  sich  so  trockene 
Wissenschaft  in  einer  geschmackvollen  Ver- 
packung anzubieten.  Doch  nun  Scherz  bei- 
seite! Was  ist  Fibre?  Fibre  ist  eine  Pflanzen- 
faser, und  zwar  eine  Faser  der  Agave  und 
der  Ananaspflanze.  Agave  und  Ananas 
wachsen  in  Mexiko  auf  nicht  zu  feuchtem 
Boden  und  in  der  Hauptsache  da,  wo  der 
Boden  für  andere  Gewächse  zu  karg  ist.- 
Die  Agave  wächst  wild.  Der  steigende  Be- 
darf hat  aber  dazu  geführt,  sie  nun  auch  in 
Plantagen  anzubauen.  Vom  dritten  Jahre 
an  ist  die  Agave  ertragfähig.  Die  Blätter  der 
Pflanze  werden  zwei-  bis  viermal  im  Jahr 
geerntet.  Sie  werden  unter  reichlicher  Was- 
serzufuhr  zwischen  zwei  Steinen  zerrieben 
oder  nach  moderner  Art  und  Weise  durch 
Maschinen  zerquetscht.  Zwölf  Agavenblätter 


sind  notwendig,  um  ein  Kilogramm  Fibre 
zu  erhalten.  Die  gewonnene  Faser  wird  an 
dei  Sonne  getrocknet  und  kommt  dann  zum 
Versand.  Die  Zurichtereien  liefern  Fibre 
doppelt  gezogen  im  Schweif  oder  auf  Län- 
gen geschnitten. 

Die  Ananaspflanze  kommt  uns  schon 
etwas  bekannter  vor.  Beim  Klang  des 
Namens  Ananas  kommt  einem  unwillkür- 
lich die  bekannte  Ananas-Bowle  in  den 
Sinn.  Die  Ananaspflanze  liefert  eine  etwas 
sprödere  Faser,  die  in  der  Hauptsache  zu 
Stricken  und  Tauwerk  verarbeitet  wird.  Die 
feineren  und  kürzeren  Fasern  finden  Ver- 
wendung zur  Herstellung  von  Segeltuch, 
Teppichen  und  Packtüchern.  Gekräuselte 
Fasern  erhält  der  Polsterer.  Die  mittellangen 
Fasern  werden  zu  Bürsten  und  Besen  ver- 
arbeitet. 

Die  gute  Fibre  ist  zäh  und  wasserbestän- 
dig. Fibre  ist  aber  auch  die  hitzebeständigste 
Faser  und  sie  eignet  sich  daher  gut  zur  An- 
fertigung von  Schleifbürsten,  sowie  für  alle 
technischen  Bürsten,  die  im  Gebrauch  der 
Hitze  ausgesetzt  sind.  Fibre  auf  50  mm 
Länge  geschnitten,  in  Teerschrubber  einge- 
zogen, begeistert  die  Bedachungsfachleute. 
Es  gibt  kaum  eine  Bürsten-  oder  Besenart, 
die  nicht  aus  Fibre  gefertigt  werden  könnte. 
Glanznbre  wird  im  Gelatine-  oder  Schmier- 
seifebad hergestellt.  Die  Faser  wird  dann 
auf  maschinellem  Wege  poliert,  wodurch 
die  Faseroberfläche  einen  borsten-  oder 
haarähnlichen  Glanz  erhält.  Graue  Fibre 
erhält  man  durch  die  Mischung  von  wei- 
ßer und  schwarzer  Fibre. 

Bassine 

In  der  ersten  Zeit  nach  der  Währungs- 
reform kam  uns  die  Bassine-Faser  oft 
in  die  Finger.  Bassine  ist  eine  Palmblatt- 
faser und  kommt  aus  Ost-Indien  und  von 
der  Insel  Ceylon.  Sie  legt  also  eine  weite 
Reise  zurück,  ehe  sie  in  unsere  Hände  ge- 
langt. Die  Palmblätter  werden  nach  der 
Ernte   getrocknet.   Durch   Klopfen   oder  Rei- 


ben wird  das  dürre  Fleisch  entfernt,  so  daß 
die  Fasern  zurückbleiben.  Bassine  sollte  nur 
zu  solchen  Bürsten  verarbeitet  werden,  die 
feucht  gebraucht  werden.  Schrubber  und 
kräftige  Scheuerbürsten  aus  Bassine  herge- 
stellt, haben  allerdings  nicht  das  Aussehen 
der  Ware,  die  aus  Fibre  gefertigt  worden 
ist.  Auch  in  der  Haltbarkeit  reicht  Bassine 
nicht  an  Fibre.  Bürsten  aus  Bassine,  die  nur 
in  trockenem  Zustand  gebraucht  werden, 
haben  keine  allzu  lange  Lebensdauer,  weil 
die  Faser  dann  leicht  bricht.  Die  Bassine- 
faser allein  wird  kaum  noch  verarbeitet. 
Mit  Fibre  gemischt  begegnet  sie  aber  dem 
Bürstenmacher  noch  oft  unter  der  Bezeich- 
nung „Union".  Wenn  die  Fibrefaser  für 
eine  Bürstenart  als  zu  weich  befunden  wird, 
greift  man  zu  Union. 

Die  Kokosfaser 

Ein  weiteres  Verwendungsgebiet  hat  auch 
die  Kokos-Faser.  Die  Kokos-Faser  ist 
eine  Fruchtfaser.  Wir  alle  haben  schon  ein- 
mal eine  Kokosnuß  in  der  Hand  gehalten. 
Bevor  wir  die  harte  Schale  der  Kokosnuß 
knacken  konnten,  mußten  wir  eine  bis  zu 
zwei  Finger  dicke  Umhüllung  der  Kokosnuß 
entfernen  und  hier  haben  wir  die  Kokos- 
faser in  den  Händen  gehabt.  Die  Kokos- 
palme wächst  an  den  Küsten  des  Kontinents 
Afrika  und  auf  den  Inseln  in  den  Tropen. 
Sie  liefert  den  Eingeborenen  fast  alles,  was 
sie  in  ihrer  primitiven  Weise  zum  täglichen 
Leben  benötigen.  Aber  nicht  nur  für  die 
Eingeborenen  ist  die  Kokospalme  wichtig. 
Denken  wir  nur  an  das  weiße  Fleisch«  der 
Kokosnuß,  aus  dem  die  Kopra  gewonnen 
wird.  Ohne  Kopra  wäre  die  Fettversorgung 
Europas  nicht  mehr  denkbar. 

Doch  kommen  wir  zurück  zur  Kokosfaser! 
1000  Kokosnüsse  liefern  etwa  60  kg  Kokos- 
fasern. Die  Faser  kann  zu  fast  allen  Bürsten- 
und  Besenwaren  verwandt  werden.  Doch 
soll  man  darauf  achten,  daß  die  Schnittlänge 
im  allgemeinen  70  bis  80  mm  nicht  über- 
steigt, weil  die  Faser  in  größerer  Schnitt- 
länge leicht  verfilzt. 

Die   Piassava-Sorten 

P  i  a  s  s  a  v  a  ist  eine  lange,  zähe  Faser 
von  verschiedenen  Palmarten.  Die  bekann- 
testen Sorten  sind:  Bahia-,  Para-  und  Afrika- 
Piassava.  Diese  Namen  erzählen  uns  sofort 
von  dem  Herkunftsland  der  betreffenden 
Piassava-Faser.  Aus  der  brasilianischen  Pro- 
vinz Bahia  kommt  nicht  nur  die  Samba- 
Maria,  sondern  auch  die  beste  Piassava- 
Sorte.  Para-Piassava  kommt  aus  der  Provinz 
Para  in  Venezuela.  Afrika-Piassava  ist  die 
am  wenigsten  zu  verwendende  Sorte  und 
kommt  aus  Liberia,  Sierra-Leone,  Benim 
und  Kamerun.  Para-P'assava  ist  von  hell- 
bis  dunkelrotbrauner  Farbe.  Die  Faser  wird 
bis  zu  1,5  m  lang.  Sie  hat  einen  rechteckigen 
Querschnitt  bis  zu  3  mm  Breite.  Die  Faser 
ist  elastisch  und  von  großer  Zähigkeit.  Die 
■  Umhüllung  der  jungen  Palmblätter  ver- 
wittert zum  Teil.  Die  Fasern  bleiben  als 
meterlange  verflochtene  Stränge  hängen. 
Man  reißt  die  Fasern  ab,  trocknet  und 
klopft  sie,  um  sie  dann  anschließend  zu 
wässern  und  wieder  zu  trocknen.  Bahia- 
Piassava  ist  schokoladenbraun.  Die  Fasern 
erreichen  eine  Länge  bis  zu  vier  Metern. 
Afrika-Piassava  ist  hell-  bis  dunkelbraun 
und  die  Fasern  erreichen  eine  Länge  von 
0,70  bis  1,5  m.  Afrika-Piassava  ist  eine 
Blattstengel-Faser  von  verschiedenen  Palm- 
arten. Die  Palmwedel  werden  abgeschnitten 
und  in  Wasser  so  lange  eingeweicht,  bis 
das  Fleisch  und  die  Haut  sich  lösen.  Die 
übrigbleibenden  Fasern  werden  dann  ge- 
trocknet, geklopft  und  gehechelt.  Je  dunkler 
die  Farbe  der  Faser,  um  so  höher  ist  die 
Güte  zu  bewerten.  Je  heller  und  fleischiger 
die  Faser,  um  so  geringer  ist  die  Qualität. 

Die  Piassava-Faser  wird  eigentlich  nur  zur 
Herstellung  von  Straßenbesen,  Stra- 
ßehkehrwalzen  und  Kaminkatzen  verwandt. 
Lagert    man    die    Faser    allzu    lange,    dann 


10 


Die  Kokoslasern  werden,  wie  auch  das  größere 
Bild  zeigt,  von  Arbeiterinnen  gebündelt  und 
sortiert,  nachdem  die  Fasern  mittels  einer  Art 
von  Harke,  deren  sehr  lange  Zinken  mit  den 
Spitzen  nach  oben  am  Tisch  befestigt  sind,  gleich- 
sam gekämmt  worden  sind.  Die  Spitzen  der  Harke 
müssen  immer  wieder  mit  öl  bestrichen  werden. 


wird  sie  brüchig  und  spröde.  Vor  der  Ver- 
arbeitung muß  sie  gut  eingeweicht  werden. 

Madagaskar 

Wenn  einer  unserer  lieben  Mitmenschen 
uns  einmal  unliebsam  auf  die  Nerven  fällt, 
dann  wünschen  wir  ihn  dahin,  wo  der  Pfef- 
fer wächst.  In  eben  dieser  Gegend  wächst 
die  Palmblattfaser,  die  ihren  Namen  nach 
ihrem  Ursprungsland  erhalten  hat,  der  Insel 
Madagaskar  an  der  Ostküste  Afrikas. 
Die  Palme,  aus  deren  Blättern  die  Madagas- 
kar-Faser gewonnen  wird,  wächst  also  in 
einer  der  heißesten  Gegenden  unserer 
Erde.  Keinen  besseren  Ort  für  ihre  Schwer- 
verbrecher wußte  die  französische  Republik 
als  die  Insel  Madagaskar.  Wir  wollen  es 
uns  daher  für  die  Folge  überlegen,  wenn 
wir  einem  guten  Freund  diesen  Aufenthalts- 
ort wünschen.  Doch  zurück  zu  unserer  Faser! 
Madagaskar-Fasern  kann  man  zu  Möbel- 
und  Teppichbürsten  verarbeiten.  Ja.  sogar 
zu  Kleiderbürsten  ist  sie  brauchbar  und 
man  kann  auch  Staubbesen  und  Handfeger 
daraus  machen.  Der  Bürstenmacher  muß 
aber  bedenken,  daß  die  Madagaskar-Faser 
schon  bei  50  Grad  Hitze  spröde  und  brüchig 
wird.  Dagegen  verändern  Wasser  und 
Feuchtigkeit  nicht  ihre  Form. 

Die  Madagaskar-Faser  ist  in  verhältnis- 
mäßig knappen  Mengen  zu  haben,  und 
Waren,  die  nur  in  beschränktem  Maße  er- 
hältlich sind,  pflegen  teuer  zu  sein.  Daher 
stellt  man  eine  sogenannte  Madagaskar- 
Imitation  aus  feinen  Bassine-,  Kokos-  und 
Para-Piassava-Faser  her. 

Arenka 

Die  Arenka-Faser  ist  ebenfalls  eine 
Palmblattfaser.  Die  Blätter  der  Palmen  wer- 
den abgeschnitten  und  getrocknet.  Durch 
Reiben  und  Klopfen  wird  das  dürre  Fleisch 
der  Palmblätter  entfernt  und  die  Faser 
bleibt  zurück.  Arenka  hat  eine  dunkelgraue 
bis  blauschwarze  Farbe  und  ist  glanzlos.  Je 
kürzer  die  Faser  ist,  um  so  feiner  ist  sie, 
und  sie  hat  in  ihrer  kürzesten  Länge  etwa 
die  Stärke  von  Roßhaar.  Je  länger  die  Faser 
angeboten  wird,  um  so  gröber  wird  sie  und 
gleicht  dann  in  ihrer  Struktur  der  Bassine- 
Faser.  Verarbeitet  man  die  Arenka-Faser 
unveredelt,  dann  l»t  sie.  zumal  in  grober 
Struktur,  spröde  und  brüchig,  und  ihre 
spitzen  Splitter  machen  sich  den  Fingern 
des  Handwerkers  unangenehm  bemerkbar. 
Man  kann  die  Arenka-Faser  aber  auch  ver- 
edeln, indem  man  sie  in  Ol  kocht.  Diese  Be- 
handlung   erhöht    die    Geschmeidigkeit    der 


Faser  und  verleiht  ihr  ein  glänzendes  Aus- 
sehen. Arenka  ist  wie  Madagaskar  nicht 
hitzebeständig. 

Siam 

Auch  die  Siam-Faser  erzählt  uns 
schon  in  ihrem  Namen  ihre  Herkunft.  Die 
Siam-Faser  ist  eine  Blattscheidenfaser  und 
die  Palme,  von  der  die  Siam-Faser  gewon- 
nen wird,  wächst  in  Siam  (Thailand),  also 
in  einem  Gebiet,  das  an  Indochina  grenzt, 
sowie  auf  der  Insel  Ceylon. 

Die  Siam-Faser  hat  in  rohem  Zustand  eine 
hellbraune  Farbe.  Ist  sie  veredelt,  das  heißt 
geölt,  dann  wird  sie  dunkelbraun  bis 
schwarz.  50  bis  70  cm  lang  wird  die  Siam- 
Faser  und  sie  ist  in  rohem  Zustand  spröde 
und  brüchig.  Man  veredelt  sie  daher  durch 
mehrstündiges  Kochen  in  öl.  Wie  die 
Arenka-Faser  wird  Siam  dann  geschmeidig 
und  wasserabweisend.  Gebraucht  man  Bür- 
sten in  der  Stärke  von  Union,  an  die  be- 
sondere Anforderungen  an  Haltbarkeit  und 
Geschmeidigkeit  gestellt  werden  —  grobe 
Waschbürsten,  Faßbürsten,  gedrehte  Bürsten- 
waren — ,  dann  verwendet  man  Siam.  Die 
Verwendbarkeit  der  Faser  geht  aber  noch 
weiter:  man  fertigt  daraus  Körbe,  Matten, 
laue  und  Hüte. 

Reiswurzel 

Die  Reiswurzel  kommt  aus  Mexiko  und 
Italien.  Die  beste  Reiswurzel  kommt  aus 
Italien,  und  „Grenelle"-Reiswurzel  ist  die 
feinste  Güte  ihrer  Art.  Leicht  ist  Reiswurzel 
stark  verholzt  und  dabei  doch  elastisch. 
Immerhin  sollte  man  die  leicht  gewellte 
Wurzelfaser  nur  für  solche  Bürsten  ver- 
wenden, die  naß  oder  wenigstens  feucht 
gebraucht  werden.  Es  empfiehlt  sich,  Reis- 
wurzel vor  der  Verarbeitung  in  warmem 
Seifenwasser,  etwa  gebrauchter  Wäsche- 
lauge,  einzuweichen. 


Reisstroh,  so  glaube  ich,  ist  uns  allen 
noch  in  der  Erinnerung  aus  den  sogenann- 
ten Reichsmark-Zeiten.  Alle  Handwerker 
haben  sich  schon  über  diesen  Einzugsstoff 
geärgert  und  die  Hausfrau,  die  den  Schrub- 
ber und  die  Scheuerbürste  aus  Reisstroh 
kaufte,  singt  dieser  Faser  ganz  gewiß  kein 
Loblied.  Reisstroh,  auch  Sago-  oder  Moor- 
hirse-Stroh genannt,  wird  20  bis  100  cm 
lang  und  trägt  am  oberen  Ende  noch  die 
Rispe,  den  Fruchtträger.  Die  Faser  wird  in 
gespaltenem  und  ungespaltenem  Zustand 
verarbeitet.  Sie  ist,  vielleicht  können  wir 
uns  darüber  freuen,  fast  ganz  vom  Markt 
der   Einzugsstoffe   verschwunden. 

Fasern  von  damals 

Die  Alfa-Faser  wird  aus  den  Blättern 
des  Pfriemengrases  gewonnen,  das  in  den 
Ländern  rund  um  das  Mittelmeer  wächst. 
Die  beste  Sorte  kommt  aus  Spanien  und  bat 
eine  hellgrüne  Färbung.  Auch  die  Alfa-Faser 
ist  fast  ganz  vom  Werktisch  des  Bürsten-' 
machers  verschwunden.  Alfa  bereitete  dem 
Handwerker  keine  reine  Freude.  Die  Faser 
war  nur  für  Bürsten  verwendbar,  die  naß 
oder  feucht  gebraucht  werden.  Nach  zwei- 
stündigem Gebrauch  sollten  die  Bürsten  gut 
getrocknet  werden,  bevor  sie  weiter  ver- 
wendet wurden.  Das  war  die  graue  Theorie. 
Und  der  Verbraucher?  Wer  arbeitet  schon 
mit  einer  Bürste  und  legt  gleichzeitig  seine 
Taschenuhr  daneben,  um  nach  einer  ge- 
wissen Zeit  die  Bürste  zu  wechseln?!  Nein, 
auch  der  Alfa-Faser  wollen  wir  keine  Träne 
nachweinen. 

Im  Reigen  der  Pflanzenfasern  wollen  wir 
die  Quecken-Wurzel  nicht  vergessen. 
Die  Faser  ist  die  Wurzel  eines  Unkrautes, 
über  das  sich  der  Bauer  auf  seinem  Felde 
oft  ärgern  muß.  Die  Quecke  wächst  nicht 
auf  jedem  Feld.  Hat  sie  aber  von  einem 
Acker    Besitz    ergriffen,    dann   überzieht    sie 


Hochbetrieb  in  einer  Kokosiaserlabrik  auf  der  Insel  Ceylon  im  Indischen  Ozean.  An  langen 
Tischen  stehen  die  singhalesischen  Arbeiterinnen  und  säubern  und  sortieren  die  Fasern  zu  kleinen 
Bündeln,  die  dfinn  schließlich  der  kriegsblinde  Bürstenmacher  in  Deutschland  in  die  Hand  bekommt. 


11 


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dje  gesamte  Ackerfläche  und  wird  dadurch 
zur  Plage.  Als  noch  keine  ausländischen 
Faserstoffe  für  Geld  und  gute  Worte  zu 
haben  waren,  hat  uns  die  Quecke  oft  aus 
d£r  Not  geholfen.  Die  Wurzel  braucht  im 
Frühjahr,  wenn  der  Bauer  seine  Felder  für 
die  Aussaat  herrichtet,  nur  aufgesammelt  zu 
Werden,  und  der  Landmann  wird  uns  dafür 
noch  dankbar  sein.  Die  Quecke  ist  noch 
lange  nicht  die  schlechteste  Faser,  weil  sie 
„nur"  aus  dem  Inland  stammt.  Jedenfalls 
kann  sie  in  ihrer  Güte  getrost  dem  Reis- 
stroh zur  Seite  gestellt  werden. 

Die  Quecken-Wurzel  wird  gut  getrocknet 
und  gebündelt,  um  dann  auf  die  Gebrauchs- 
länge geschnitten  zu  werden.  Es  können 
natürlich  nur  Bürsten  daraus  gefertigt  wer- 
den, die  naß  oder  doch  wenigstens  feucht 
gebraucht  werden. 


Dann  wären  noch  das  Zittergras  und 
die  Wurzel  einer  Binsenart  zu  nennen.  Beide 
Fasern  stammen  auch  noch  aus  der  Reichs- 
mark-Zeit und  wir  wollen  sie  gut  und  gerne 
vergessen. 

Wir  sehen:  Durch  die  Hände  des  Bürsten- 
machers gehen  die  Faserstoffe  aus  beinahe 
allen  Teilen  unserer  runden  und  oft  so 
buckligen  Weltkugel,  und  mit  etwas  Phan- 
tasie sieht  der  Bürstenmacher  vor  seinem 
geistigen  Auge  die  schwarzen  und  braunen 
und  roten  Menschen,  die  für  ihn  beschäftigt 
sind,  er  hört  ihr  fröhliches  oder  ärgerliches 
Geschnatter  bei  der  Arbeit  und  schwitzt  mit 
ihnen  in  der  glühenden  Sonnenhitze  in  Siam. 
und  Marokko,  in  Spanien  und  auf  Madagas- 
kar und  Ceylon,  und  ein  klein  wenig  von 
dem  Ruch  ferner  Länder.  Meere  und  Küsten 
zieht  mit  den  Faserstoffen  in  unsere  stille 
Werkstatt.  egt. 


C^UJ 


^^^z^ti^^^erp^^^ny 


Rheinländer  unterwegs 

Der  Mensch  möchte  mal  heraus  aus  dem 
immer  gleichen  Milieu  des  Alltags,  er  sucht 
immer  wieder  Freude  und  Erbauung  Einen 
solchen  besonders  für  Kriegsblinde  be- 
gehrenswerten Ausgleich  bieten  immer  wie- 
der die  Veranstaltungen  unseres  Bundes.  Be- 
zeichnend dafür  war  eine  besonders  gelun- 
gene Sommerfahrt  des  Bezirks  Geldern- 
Kleve-Moers,  die  unsere  Kameraden 
mit  ihren  Ehefrauen  und  auch  die  Kameraden- 
witwen an  einem  schönen  Sonnentag  in 
einem  bequemen  Reiseomnibus  über  den 
Rhein  hinüber  ins  Bergische  Land  und  nach 
Wuppertal  führte.  Es  war  wie  ein  großes, 
schönes  Familienfest,  als  an  den  einzelnen 
Haltepunkten  des  weiträumigen  Bezirks 
immer  aufs  neue  Kameraden  hinzustiegen. 
Die  frohen  Schilderungen  der  Frauen  ließsn 
jeden  Kameraden  miterleben,  was  die  wech- 
selnde Landschaft  dem  Auge  bot.  Selbst  im 
schwerzerstörten  Wuppertal  fand  sich  viel 
Schönes  zu  berichten,  nicht  zuletzt  von  der 
Schwebebahn,  die  sich  in  anmutiger  Weise 
rnter  einem  eisernen  Gerüst  über  dem  Lauf 
( .jr  Wupper  dahinschlängelt.  Das  erste  Ziel 
war  der  Bergbahnhof  in  Barmen,  von  wo  es 
mit  der  Zahnradbahn  hinauf  zum  Toelle- 
Turm  ging.  Nach  einem  unterhaltsamen 
Frühstück  und  einem  Spaziergang  auf  der 
tannenbewaldeten  Höhe  kletterte  man  die 
vielen  Stufen  zur  Plattform  des  Turmes 
empor.  Es  war  eine  prächtige  Heiterkeit 
turmauf-  und'  turmabwärts. 

Besonders  reizvoll  war  eine  Fahrt  mit  der 
Schwebebahn.  Und  wenn  auch  ein  trost- 
loses Bild  von  Ruinen  links  und  rechts  zu 
finden  war,  so  konnten  wir  doch  auch  immer 
wieder  vernehmen,  wie  fleißige  Hände  an 
Aufbau  und  Neugestaltung  wirkten.  So 
trümmerreich  war  einst  auch  wohl  das  per- 
sönliche Ich,  als  die  sehende  Welt  über  uns 
zusammenbrach.  Mit  eigener  Kraft  und  mit 
hilfsbereiten  Händen  lieber  Mitmenschen 
hatten  auch  wir  unser  Dasein  wieder  aufzu- 
bauen .  .  . 

Nach  dem  Mittagessen,  das  mit  Hilfe  einer 
Pianistin  auch  dem  Ohr  eine  Erquickung 
bo;t,  wurde  als  Hauptziel  der  Reise  der  Zoo 
besucht.  Wiederum  waren  es  die  Worte 
unserer  Frauen,  die  uns  anschaulich  mach- 
ten, was  zu  sehen  war.  Aber  es  drang  auch 
das  Rufen,  Kreischen  oder  Brüllen  der  Tiere 
an  das  Ohr  der  Kameraden,  und  an  ihre 
Nasen  die  mehr  oder  minder  angenehmen 
Gerüche.  Interessant  war  es,  welche  Tiere 
den  einzelnen  Kameraden  ganz  besonders 
zusagten.  So  standen  einige  dauernd  bei 
den  Ochsen  und  Mauleseln,  und  ein  anderer 
konnte  sich  nicht  von  den  Störchen  trennen. 
Ob  ihm  nur  das  Geklapper  der  Schnäbel  so 
gut  gefiel?  Immer  wieder  gab  es  viel  herz- 


am 
Es 


haftes  Gelächter,  erst  recht,  als  wir 
Abend  noch  gemütlich  zusammensaßen 
war  eine  familiäre  Geselligkeit  mit  Tanz  und 
mit  manchen  Spaßen,  bei  denen  oft  alle  mit- 
machen mußten.  Auch  erfreuten  einige  im- 
provisierte Darbietungen  von  einzelnen  Ka- 
meraden. Einige  hatten  auch  ihr  Akkordeon 
mitgebracht. 

Noch  auf  der  Heimfahrt  herrschte  eine 
großartige  Stimmung,  und  mit  gemeinsamem 
Gesang  fuhren  wir  gegen  Mitternacht  über 
den  Rhein.  Es  war  fast  3  Uhr  in  der  Frühe, 
als  die  letzten  Kameraden  in  ihren  Heimat- 
orten an  der  holländischen  Grenze  ankamen. 
Das  goldene  Buch  der  frohen  Erinnerungen 
ist  um  ein  weiteres  Blatt  bereichert  worden, 
und  sicherlich  werden  wir  noch  oft  darin 
blättern.  H.  Sehr. 

# 

Gleich  für  zwei  Tage  hatte  der  Bezirk 
Aachen  seine  Mitglieder  zu  einer  Rhein- 
fahrt  eingeladen.  Auch  hier  war  das 
Wetter  dazu  angetan,  schon  zu  Beginn  eine 
gute  Reisestimmung  hervorzuzaubern,  als 
man  die  Autobusse  bestieg.  Bei  Neuenahr 
erreichten  wir  das  Ahrtal,  und  in  den  schö- 
nen Kuranlagen  machten  wir  die  erste  Rast. 
Bald  ging  es  rheinaufwärts  auf  Koblenz  zu. 
Kaum  ist  all  die  vielfältige  Schönheit  der 
Landschaft  zu  erfassen  und  zu  schildern.  Ein 
seltenes  Naturschauspiel  krönt  dieses  Er- 
leben: die  Hitze  wird  immer  drückender  und 
über  den  Bergen  ziehen  schwere  Gewitter- 
wolken herauf.  Grelle  Blitze  durchschneiden 
die  Luft,  und  vielfach  hallt  der  Donner  in 
den  Bergen  wider.  Als  der  Regen  auf  das 
Dach  unserer  Wagen  prasselt,  nähern  wir 
uns  der  alten  Feste  Ehrenbreitstein,  doch 
bald  wieder  begleitet  uns  strahlender  Son- 
nenschein, als  wir,  vorbei  an  Burg  Stolzen- 
fels  und  an  Braubach  mit  der  Marksburg, 
unserem  Tagesziel,  Kamp, 
entgegenfahren.  Bei  Mu- 
sik, Sang  und  Tanz  beschlie- 
ßen wir  den  ersten  Abend 
am  Rhein. 

Am  zweiten  Tage  bleibt 
jedem  beliebig  Gelegenheit, 
sich  auf  eigene  Weise  zu  ver- 
gnügen. Manche  suchen  die 
benachbarten  Rheinorte  auf, 
einige  Unentwegte  steigen 
sogar  hoch  zu  den  Ruinen 
der  „feindlichen  Brüder". 
Nachmittags  bringt  uns  ein 
Schnelldampfer  rheinabwärts 
bis  Koblenz,  wo  uns  die 
Wagen  erwarten  und  weiter 
nordwärts  tragen.  In  Unkel 
nehmen  wir  bei  einem  Glase 
Wein  Abschied  vom  Sieben- 
gebirge, über  Königswinter, 
Bonn  geht  es  der  Heimat  zu. 


Wenn  uns  auch  das  Schicksal  versagt  hat, 
die  Schönheiten  der  Rheinlandschaft  mit  den 
eigenen  Augen  wahrzunehmen,  so  war  es 
für  uns  alle  doch  ein  großes  Erlebnis,  das 
uns  Entspannung  und  Freude  brachte  Durch 
den  Mund  unserer  Frauen  auf  jede  Besonder- 
heit aufmerksam  gemacht,  zog  auch  an  un- 
serem geistigen  Auge  das  herrlich  wech- 
selnde Bild  vorüber.  Der  Alltag  aber,  der 
uns  nun  wieder  in  seinen  Bann  genommen 
hat,  wird  durch  die  Erinnerung  belebt  und 
durch  die  Hoffnung,  im  kommenden  Jahr 
noch  einmal  eine  solche  Fahrt  erleben  zu 
dürfen.  J   D. 

* 

Mit  ca.  50  Kraftwagen  fuhren  die  Kamera- 
den des  Bezirks  München-Gladbach  / 
R  h  e  y  d  t ,  eingeladen  vom  ADAC,  in  das 
niederrheinische  Gebiet.  Zwei  „Weiße 
Mäuse"  führten  und  begleiteten  unseren 
Zug.  Das  Ziel  unserer  Fahrt  blieb  unbekannt. 
Vor  der  Abfahrt  erhielt  jeder  einen  Zettel 
mit  der  Frage:  „Wo  geht  es  hin?"  Während 
einer  ersten  Rast  in  Waldniel  wurden  die 
Zettel  in  fröhlicher  Stimmung  ausgefüllt  und 
eingesammelt.  Nach  zweistündiger  Fahrt 
wurde  das  Ziel,  die  Gaststätte  auf  der  Glad- 
bacher Rennbahn  in  Neersen,  erreicht.  Fünf 
Kameraden,  die  das  Ziel  erraten  hatten,  er- 
hielten Preise  für  ihre  gute  Spionage. 

Bei  der  Ankunft  am  Ziel  wurde  mit  lau- 
tem Hallo  unser  Landesverbandsvorsitzender, 
Kam.  Otto  Jansen,  begrüßt.  Auch  seine 
Gattin  und  sein  Neffe  Hans  waren  der  Ein- 
ladung gefolgt.  Die  Hauskapelle  empfing  uns 
mit  dem  Lied  „Alle  Vögel  sind  schon  da", 
und  Bezirksleiter  Kam.  Lambert  Hütten 
dankte  allen,  die  zum  Gelingen  dieser  Reise 
und  den  noch  folgenden  Überraschungen  bei- 
getragen hatten,  nicht  zuletzt  dem  Ge- 
schäftsführer des  ADAC,  Herrn  Franzen. 
Nach  dem  Kaffee  erhielt  jede  Frau  ein  süßes 
Geschenk.  Dann  wandte  sich  Kam.  Otto 
Jansen  mit  herzlichen  Worten  an  alle  An- 
wesenden. 

Bei  Tanz  und  froher  Unterhaltung  ver- 
gingen die  Stunden,  wobei  sich  vor  allem 
der  junge  Hans  Jansen  immer  wieder  be- 
währte, der  für  seine  humoristischen  Dar- 
bietungen freudigen  Beifall  fand.  Er  war  es 
auch,  der  in  humorvoller  Weise  die  große 
Überraschung  des  Tages  gelingen  ließ:  mit 
unermüdlichem  Fleiß  hatte  unser  Kam.  Hütten 
eine  Verlosung  zusammengebracht.  Wie 
gern  hätten  wir  die  Gesichter  der  Frauen  und 
der  Kameradenwitwen  gesehen,  als  sie  ihre 
schönen  Gewinne  empfingen.  Herzliche  Worte 
für  uns  fand  der  Vorsitzende  des  ADAC, 
Herr  Dr.  Meyers,  der  unter  stürmischem 
Beifall  der  Kriegsblinden  versprach,  im  näch- 
sten Jahr  wieder  eine  solche  Fahrt  zu  ver- 
anstalten. Nach  Stunden  frühester  Stimmung 
wurde  jeder  Kamerad  von  seinem  Auto- 
fahrer nach  Hause  gebracht.  Herzlichen  Dank 
all  denen,  die  uns  diese  Fahrt  so  schön 
gestaltet  haben! 


Zu    einem    originellen    Vergnügen    wurden    unsere  -Kameraden 
aus  Böblingen  eingeladen  —  zu  einer  Fahrt  mit  .Wasser-Velos". 


13 


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14 


Im  Schöneberger  „Prälaten" 

i  Unsere  Berliner  Kameraden  können  ja  lei- 
der nicht  Fahrten  ins  Blaue  oder  Fahrten  ins 
Grüne  unternehmen.  Die  Bewegungsfreiheit 
ist  sehr  eingeschränkt.  Aber  trotzdem  konnte 
ein  Sommerfest  veranstaltet  werden,  das 
nicht  weniger  fröhlich  verlief,  als  ob  man 
eine  große  Reise  gemacht  hätte.  Man  traf 
sich  im  „Prälaten",  in  Berlin-Schöneberg,  zu 
heiterem  Zusammensein  und  Tanz,  und  der 
unerwartet  starke  Besuch  bewies,  wie  aktiv 
d,er  Zusammenhalt  der  Kameraden  in  Berlin 
ist. 

Ein  Samstagnachmittag  in  Frankfurt 

;  Die  Brauerei  Henninger  hatte  uns  einen 
riektoliter  Bier  gestiftet.  Zu  einem  Um- 
trunk reichte  es,  und  so  lud  der  Bezirk 
Frankfurt  a.  M.  seine  Mitglieder  zu  einem 
gjemütlichen  Samstagnachmittag  ein.  Es 
waren  fast  80  Kameraden  mit  ihren  Ehe- 
frauen oder  Begleitpersonen,  die  der  Ein- 
ladung Folge  leisteten.  Der  kleine  Saal  des 
„Frankfurter  Hof"  in  Frankfurt-Schwanheim 
faßte  gerade  noch  diesen  Kreis,  der  von 
Kamerad  Cyrus,  dem  Bezirksleiter,  herzlich 
begrüßt  wurde.  Bei  Bier,  Apfelwein  und 
einem  kleinen  Imbiß  kam  bald  die  ge- 
wünschte gemütliche  Stimmung  auf  Zwei 
Kameraden  meisterten  die  Quetschkom- 
mode, lustige  Vorträge  und  die  Versteige- 
rung einer  ebenfalls  gestifteten  Flasche 
Weinbrand  brachten  Heiterkeit  und  frohe 
Laune.  Alle  Kameraden  waren  frohgestimmt 
bei  der  Sache.  Ihre  Zufriedenheit  fand  auch 
darin  ihren  Niederschlag,  daß  eine  große 
Anzahl  von  ihnen  die  Vierteljahres-Beilräge 
bei  dieser  Gelegenheit  unserem  stets  emp- 
fangsbereiten Kassierer  Kamerad  Degenhardt 
ablieferte.  Auch  wurden,  wie  immer  bei  Zu- 
sammenkünften, vielen  Kameraden  erbetene 
Auskünfte  erteilt. 

Eine  fröhliche  Wasser-Velo-Fahrt 

Die  kriegsblinden  Kameraden  des  Kreises 
Böblingen  in  Württemberg  waren  an 
einem  sonnigen  Julisonntag  Gäste  des  Boots- 
verleihers am  Unteren  See  der  Kreisstadt. 
Die  Fahrt  in  diesen  neuartigen  Wasserfahr- 
zeugen machte  allen  Kameraden  viel  Spaß 
und  so  entwickelte  sich  bald  ein  lustiges 
Treiben  auf  dem  feuchten  Element.  Es  wurde 
iri  die  Pedale  der  Wasser  -  Velos  getreten, 
als  gelte  es,  Rekorde  aufzustellen.  Dann 
aber  machten  sich  die  „Eckstein-Lungen"  leicht 
bemerkbar,  und  man  ließ  sich  eine  Weile 
treiben,    plauderte    dabei    mit    den    anderen, 


Bootsinsassen  und  bekam  dann  und  wann, 
wenn  die  bessere  Ehehälfte  am  „Steuer- 
knüppel" nicht  recht  aufpaßte,  eine  er- 
frischende Dusche  von  dem  inmitten  des 
Sees  aufgestellten  Springbrunnen. 

Als  der  freundliche  Stifter  dieser  Fahrt  er- 
kannte, eine  wie  unerwartet  große  Freude 
er  uns  gemacht  hatte,  lud  er  uns  für  einen 
Augustsonntag  nochmals  zu  einer  Freifahrt 
ein.  Dagegen  erhob  sich  natürlich  kein  Ein- 
spruch .  .  . 

50jähriges  Berufsjubiläum 

Der  Kriegsblinde  Wilhelm  Kerls  aus 
Wattenscheid,  Freiligrathstraße  12,  konnte 
am  28.  Juli  sein  50jähriges  Berufsjubiläum 
bei  den  Rheinischen  Stahlwerken  (Schacht- 
anläge Centrum)  feiern.  Kamerad  Kerls  hat 
vor  50  Jahren  als  Bergmann  seine  erste 
Schicht  auf  der  Schachtanlage  Centrum  ver- 


ES    STARBEN 

LANDESVERBAND  HESSEN 
Ohnesorg,     Hermann,     Darmstadt-Eber- 
stadt, Weingartenstraße  33,  geb.  am  10.  5. 
1882,  gest.  am  8.  8.  1951. 

LANDESVERBAND  NORDRHEIN 
Zimmermann,      Ernst,      Wuppertal-Ro., 

Talsperrenstraße  26,  gest.  am  20.  7.  1951. 
Witwe  Maria  Katharina  Hennesen,  Wal- 
sum  a.  Niederrhein,  Römerstraße  368,  gest. 
am  9.  8.  1951. 

MÖGEN  SIE  IN  FRIEDEN  RUHN! 


fahren  und  schlug,  nach  Erfüllung  seiner 
Wehrpflicht  als  Pionier  von  1909  bis  1911, 
die  Steigerlaufbahn  ein  und  besuchte  neben 
der  schweren  Grubenarbeit  die  Bergschule. 
Da  karn  der  Weltkrieg  und  unterbrach  den 
Berufsweg.  Im  Oktober  1916  verlor  Kam. 
Kerls  bei  den  Kämpfen  vor  V.erdun  sein 
Augenlicht.  Wenn  auch  seinem  Wollen  und 
Können  seitdem  Grenzen  gesetzt  sind,  so 
ließ  sich  Kam.  Kerls  doch  nicht  unter- 
kriegen und  ist  nun  seit  mehr  als  30  Janren 
in  der  Verwaltungsabteilung  des  gleichen 
Betriebes  tätig  und  erfreut  sich  größter  Hoch- 
achtung seitens  seiner  Kollegen  und  Vor- 
gesetzten. Auch  der  Bund  der  Kriegsblinden 
spricht  diesem  tüchtigen  Kameraden  die 
herzlichsten  Glückwünsche  zu  seinem  Ehren- 
tage aus,  und  wir  rufen  ihm  ein  frohes 
„Glückauf!"  zu. 


Gas  und  Strom 


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Wärme  -  Licht  -  Kraft 


liefern 


in  Goslar 


die 


Nordharzer  Kraftwerke  ° ": 
GOSLAR 


PERSÖNLICHES 

Unser  Kamerad  Wilhelm  Christmann 
und  seine  Ehefrau  Emma,  geb.  Bolz,  wohn- 
haft in  Remscheid-Lennep,  Kölner  Straße  97, 
konnten  am  30.  Juli  1951  das  Fest  der  sil- 
bernen Hochzeit  feiern.  —  Auch  unser  Ka- 
merad Josef  Schmitt  und  seine  Ehe- 
frau, Rheinhausen,  Krefelder  Straße  40, 
konnten  am  5.  6.  1951  das  25jährige  Ehe- 
jubiläum begehen. 

Beiden  Ehepaaren  gelten  unsere  herz- 
lichsten Glückwünsche. 


Aus  dem  Bezirk  Geldern-Kleve-Moers  ver- 
mählten sich  die  Kameraden  Hermann  van 
B  e  s  e  1 ,  Wetten  über  rKevelaer,  Marien- 
straße 77b,  am  6.  4.,  sowie  Anton  S  c  h  o  u  - 
t  e  n  ,  Asperden  bei  Goch  (Rhld.),  Am  Bahn- 
hof 87b,  am  4.  6.  1951.  Wir  wünschen  den 
Kameraden  und  ihren  lieben  Frauen  von 
Herzen  alles  Gute. 

* 

Unser  Kamerad  Willi  Riedel,  Offenbach 
a    M.,   Kraftstraße    12,   und   Frau   Anneliese, 
geb.  Sielaff,  geben  ihre  Vermählung  bekannt. 
Wir  wünschen  Glück  und  Segen. 
* 

Ebenfalls  heiratete  unser  Kamerad  Emil 
Hippler,  z.  Z.  Marbach  (Hunsrück).  Wir 
gratulieren  herzlich! 


ra 


Mit  dankbarem  Herzen  empfing  ich  die  vielen  Zeichen  wärmster  Anteil- 
nahme, die  mir  ein  Beweis  dafür  sind,  wie  es  meiner  Frau  gelungen 
war,  sich  durch  ihre  restlos  aufopfernde  Liebe  alle  Herzen  zu  gewinnen. 
Ich  bitte  zu  entschuldigen,  daß  ich  bei  der  Überfülle  der  Kranz-  und 
Blumenspenden,  aus  meiner  unsäglichen  Vereinsamung  heraus,  auf 
diesem  Wege  meinen  Dank  zum  Ausdruck  bringe 

Dr.  P.  PLE1N 
\rlenbach,  28    August   1951  Amtsgerichtsrat 


Ungar-Deutsche 

kalh.,  Hausangestellte,  28  Jahre, 
sucht  die  Bekanntschaft  eines 
kath.  soliden  Kriegsblinden  zw. 
späterer  Heirat.  Zuschriften  unt. 
W.  G.  an  die  Schriftleitung,  Biele- 
feld, Stapenhorststr.  138,  erbeten. 


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Endvierzigerin,  sucht  Verbindung 
mit  gebildetem  Kriegsblinden 
gleichen  Alters,  evtl.  zwecks 
späterer  Heirat.  Zuschriften  unt. 
J.  D.  an  die  Schriftleitung,  Biele- 
feld, Stapenhorststr.  138,  erbeten. 


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wird  nur  bei  Kamerad  Meister 
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8  Pf  sowie  Kopfzigarren  zu  10, 
12  15  und  20  Pf.  Versand  er- 
folgt direkt.  Anschrift:  Emil 
Meister,  Kriegsblinder,  Wei- 
her bei  Bruchsal  (Baden),  Brun- 
nenslraße  27.  Liefere  auch  am 
Wiederverkaufet. 


15 


<~S\iewtc  Jxcicuffcecicsi, 


Der  Krieg  in  Korea  hat,  wie  wir  aus  den 

Vereinigten  Staaten  hören,  bereits  über  40 
amerikanischen  Soldaten  das  Augenlicht 
gekostet.  -       . 

* 

Ein  über  40jähriger  Kriegsblinder  aus 
Frankenthal  erwarb  mit  erstaunlichen  Lei- 
stungen das  Goldene  Sportabzei- 
chen, nachdem  er  im  vorigen  Jahr  das 
Versehrtensportabzeichen  erworben  hatte. 
Schon. für  einen  Sehenden  gehört  erhebliche 
Energie  und  ein  intensives  Training  dazu, 
das  Goldene  Sportabzeichen  als  höchste  sport- 
liche Auszeichnung  zu  erringen.  Dabei  blieb 
unser  Kamerad  durchweg  erheblich  über  den 
geforderten  Mindestleistungen.  So  schwamm 
er  die  300  Meter  in  6.45f  wo  9  Minuten  ge- 
nügt hätten.  Die  400  Meter  lief  er  in  der 
hervorragenden  Zeit  von  62,5  (Mindestfor- 
derung: 72  Sek.).  Besonders  bemerkenswert 
ist  seine  Leistung  im  3000-m-Lauf  mit  11  Min. 
35  Sek.  (statt  15  Minuten).  Das  scheint  die 
Spezialstrecke  unseres  Kameraden  zu  sein, 
der  beim  Hanns-Braun-Gedächtnislauf  seiner 
Heimatstadt  in  diesem  Frühjahr  trotz  seiner 
Erblindung  bei  einem  10  Mann  starken  Feld 
als  Vierter  das  Ziel  erreichte. 


Mit  dem  von  unserem  Kameraden  Möbius 
(Leipzig)  entwickelten  Stenosystem-  der  sie- 
ben Punkte  hat  nunmehr  als  erster  Blin- 
der der  Stenötypist  Fritz  Hübsch  aus  Chem- 
nitz bei  einem  Leistungsschreiben  eine  Ge- 
schwindigkeit von  300  Silben  je  Mi- 
nute erreicht.  Seine  Leistung  wurde  mit 
der  Note  „Gut"  bewertet.  Möbius  selbst 
schreibt  zur  Zeit  mit  einer  Geschwindigkeit 
von  280  Silben  je"  Minute.  Beide  Stenoty- 
pisten  glauben,  daß  es  sich  hierbei  nicht  um 
einzelne  Höchstleistungen  handelt,  sondern 
daß  es  auch  vielen  anderen  blinden  Steno- 
typisten  gelingen  kann,  ähnlich  hohe  Ge- 
schwindigkeiten zu  erreichen. 

Wir  möchten  aus  diesem  Anlaß  erneut  an 
unsere  Stenotypisten  die  Frage 
richten,  ob  sie  an  der  Einführung  des 
7-Punkte-Systems  interessiert  sind.  Bei  ge- 
nügender  Beteiligung  könnte  man  sicherlich 
die  Beschaffung  von  Lehrbüchern  und  Ma- 
schinen in  die  Wege  leiten:  Nachrichten 
gehen  am  besten  direkt  an  die  Schräftleitung 
„Der  Kriegsblinde",  Bielefeld,  Stapenhorst- 
straße  138. 


Auch  der  Bund  der  Hirnverletzten 
verfügt  nunmehr  über  ein  bundeseigenes 
Erholungsheim  mit  50  Betten,  und  zwar  im 
Luftkurort  Braunfels  zwischen  Taunus  und 
Westerwald,  auf  den  Höhen  der  Lahn. 


Der  Leiter  der  ärztlichen  Abteilung  des 
Bundesministeriums  für  Arbeit,  Prof.  Dr.  med. 
Dr.  phil.  Michael  Bauer,  der  in  vieler 
Hinsicht  unserer  Arbeit  verbunden  ist,  er- 
hielt einen  Lehrauftrag  für  das  Fach  der 
Arbeits-  und  Versicherungsmedizin  an  der 
Universität  Bonn. 

* 

Im  Alter  von  fast  65  Jahren  verstarb  am 
15.  August  überraschend  der  Direktor  der 
Stuttgarter  Blindenanstalt  „Nikolauspflege", 
Gottlob  S  a  i  1  e  r.  Der  Verstorbene  hat  sich 
im  Blindenwesen  in  vieler  Hinsicht  sehr 
verdient  gemacht  und  war  auch  innerhalb 
des  Vereins  „Deutsche  Blindenarbeit"  maß- 
geblich tätig. 

* 

Vierzig    blinde     Esperantisten     aus 
14  Ländern  nahmen  an  dem  21.  internatioria- 
len   Kongreß  blinder  Esperantisten  im  Rah- 
men des  Welt-Esperanto-Kongresses  teil. 
* 

Der  Pforzheimer  Handharmonika-Solist 
Willi  Blank,  ein  nach  Wurmberg  eva- 
kuierter Kriegsblinder, -wurde  vom  Süddeut- 
schen Rundfunk  erneut  zu  Tonaufnahmen 
verpflichtet.  Die  in  Kürze  vom  Sender  Stutt- 
gart zu  erwartenden  Übertragungen  werden 
auch  eigene  Kompositionen  unseres 
Kameraden  enthalten,  darunter  einen  Marsch 
-  „Auf  zum  Sommerberg",  der  als  Gruß  für 
unser  Erholungsheim  in  Wildbad  gedacht  ist 
und  auch  dort  während  einer  Erholungskur 
komponiert  wurde.  Unter  den  ebenfalls  vom 
Rundfunk  übernommenen  Kompositionen  be- 
findet sich  auch  ^ein  Walzer  „Goldstadt- 
perlen", seiner  Heimatstadt  gewidmet.  Kam. 
Blank  hat  für  den  Rundfunk  in  diesem  Jahr 
nun  schon  zum  viertenmal  das  Tanzinter- 
mezzo „Der  lustige  Hamburger"  auf  Tonband 
gespielt.  Wir  beglückwünschen  unseren  Ka- 
meraden herzlich  zu  seinen  Erfolgen. 


Opfer  eines  Betruges  wurde  ein 
kriegsblinder  Kamerad,  der  ein  Eigenheim 
bauen  wollte.  Er  fiel  einem  neunmal  vor- 
bestraften Bauingenieur  in  dier  Hände,  ^er 
ihn  um  einen  erheblichen  Baukostenzuschuß 
prellte.  Das  Baugeschäft  machte  Konkurs 
und  der  Kriegsblinde  geriet  in  bitterste  Not, 
weil  er  die  Zinsen  für  das  verlorene  Geld 
weiterzahlen  mußte.  Die  Strafkammer  in 
Hagen  verurteilte  den  Betrüger  zu  14  Mona-, 
ten  Zuchthaus  und  vier  Jahren  Ehrverlust. 
Dieses  Beispiel  lehrt  erneut,  mit  wieviel  Um- 
sicht und  Vorsicht  heutzutage  ein  Bauvor- 
haben betrieben  werden  muß. 

* 
In  Anwesenheit  zahlreicher  Vertreter  der 
Kirchen  und  der  Behörden  wurde  am  5.  Au- 


Greve  &  Uhl 

OSTERODE 


gust  das  Blindenheim  bei  Nüm- 
brecht  (Bezirk  Köln),  das  von  der  Christ- 
lichen Blindenmission  im  Orient  e.V.  erbaut 
wurde,  feierlich  eingeweiht.  Die  Festpredigty 
hielt  ein  erblindeter  Pfarrer,  die  Weiherede 
der  Biindeswart  vom  Jugendbund  für  ent- 
schiedenes Christentum.  Das  Heim,  über  das 
wir  in  unserer  Zeitschrift  mehrfach  berichtet 
haben,  bietet  35  bis  40  durch  zusätzliche 
Leiden  behinderten  Blinden  einen  Dauer- 
aufenthalt, übrigens  feiert  der  Gründer  und 
Leiter  der  Christlichen  Blind  e  n  m  i  s  s  i  o  n 
i  nvO  r  i  e  n  t  (Sitz:  Geroldsgrün  i.  Oberfran- 
ken), Pastor  Ernst  J.  Christoffel,,  am  4.  Sep- 
tember in  Isfahan  (Iran)  seinen  75.  Geburts- 
tag. Im  Januar  1951  ging  er  wieder  aufs 
Missionsfeld,  um  die  von  ihm  1907  gegrün- 
dete Arbeit  wieder  aufzunehmen.  1926  wurde 
das  erste  Blindenheim  in  Tähris  und  zwei 
Jahre  später  ein  zweites  in  Isfahan  gegrün- 
det. Der  Islam,  der  in  diesen  Gebieten  vor- 
herrscht, kennt  den  Blinden  gegenüber  weder 
Liebe  noch  Erbarmen. 

* 
In  L  ü  b  e  c  k  wurde  eine  Blindensied- 
1  u  n  g  eingeweiht,  die  außer  einenv Ledigen- 
heim mit  Werkstätte  16  Einfamilienhäuser 
umfaßt.  Das  Bauvorhaben  wurde  vor  allem 
mit  Hilfe  sogenannter  „Bausteine",  die  u.a. 
von  den  Schulkindern  Schleswig-Holsteins 
vertrieben  wurden,  finanziert.  Auch  Mittel 
der  Soforthilfe  fanden  Verwendung,  die 
ebenfalls  für  den  Wiederaufbau  und  die 
Erweiterung  des  Landes-Blindenheims  in 
Kiel  bewilligt  wurden.    Dieses  Heim  soll 


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16 


njach  der  Fertigstellung  100  Blinde  äufneh- 
rijen.  —  Auch  in  Hannover  wurde  der 
GJrundstein  zu  einem  Blindenwohnheim  ge- 
legt, dessen  Bau  210  000  DM  erfordert. 

* 
i  Ein  Kriegsblinder  bestieg  in  Begleitung 
zweier  Freunde  den  Jennergipfel  bei 
Berchtesgaden,  wobei  er  sich  aus  dem  Ge- 
dächtnis so  präzise  orientieren  konnte,  daß 
eine  Hilfeleistung  kaum  nötig  war. 

* 
Nach  einiger  Vorbereitungszeit  wurde  ein 
Film  über  die  Arbeit  des  VdK,  „Die 
große  Gemeinschaft" ,  fertiggestellt.  Die  Spiel- 
dauer beträgt  23  Minuten.  Der  Film  gibt 
einen  Querschnitt  durch  die  Arbeit  des  Ver- 
bandes. Ein  Mitglied  des  VdK,  Inhauser, 
zeichnet  für  die  Gesamtleitung  und  das  Dreh- 
buch verantwortlich.  Als  Sprecher  stellte  sich 
Paul  Hartmann  zur  Verfügung.  Der  Film 
soll  in  Kürze  in  allen  Landesverbänden  des 
VdK  zum  Einsatz  kommen. 

* 
Im  Grunde,  wenn  auch  indirekt,  ist  die 
Metallarbeiterfrau  Anne  Blaine,  die  in  die- 
sen Tagen  gestorben  ist,  durch  den  Krieg 
erblindet.  Sie  lebte  in  einer  kleinen  ameri- 
kanischen Stadt  des  Mittelwestens  und.  las 
während  des  Krieges  mit  Erschütterung  die 
Berichte  von  den  Bombardierungen  deutscher 
Städte.  Sehr  bald  beschloß  sie,  mitzuhelfen 
die  Wunden  zu  heilen.  Aber  da  sie  als  arme 
Frau  kein  Geld  hatte,  ging  sie  daran,  Tag 
für  Tag  in  allen  Schlachtereien  Abfälle  zu 
sammeln  und  Seife  zu  kochen.  Als  die 
Nachricht  vom  Waffenstillstand  kam,  konnte 
sie  den  amerikanischen  Quäkern  nicht  weni- 
ger als  800  kg  selbstgekochter  Seife  zur 
Verfügung  stellen,  die  sie  auf  dem  Dach- 
boden gestapelt  hatte.  Die  Dünste  bei  der 
Seifenherstellung  hatten  jedoch  schon  sehr 
früh  ein  schweres  Augenleiden  hervorgeru- 
fen. Entgegen  den  Anweisungen  des  Augen- 


arztes hörte  Anne  Blaine  mit  der  Seifen- 
kocherei  nicht  auf,  bis  eine  zunehmende  Er- 
blindung ihrer  Hilfstätigkeit  ein  Ende  setzte. 
'  SoIange"sie  lebte,  blieb  diese  Wohltäterin 
anonym  und  unbekannt. 

3&i  .un>ieke  SdkackfiiieutteLe 

Partie  aus  dem  Slukenbrocker  Schachturnier 
iür  Blinde  1951 

Holländisch 
Weiß:  Uekermann  (Herford)  — 
Schwarz:   Unverdroß   (Berlin)- 

1.  d4  e6  2.  c4  f5  3.  Sc3  (g3  nebst  Lg2  ist 
hier  unbedingt  vorzuziehen)  3.  —  Sf6  4.  Lg5 
Lb4  (folgerichtiger  wäre  Le7)  5.  Dc2  O — O  6. 
e3  b6  7.  Ld3  Lb7  8.  f3  (erzwungen!  Jetzt  zeigt 
sich,  daß  Weiß  seinen  Königsläufer  besser 
über  g2  entwickelt  hätte;  allerdings  kann  der 
Textzug  einem  evtl.  Bauernvorstoß  nach  e4 
zugute  kommen)  8.  —  h6  9.  Lh4  d5?  (schwächt 
den  Bauern  e6;  stärker  ist  sofortiges  c5)  10. 
Sge2  c5  11.  O— O  (Weiß  hat  sich  eine  gün- 
stige Basis  für  das  Mittelspiel  geschaffen)  11. 
—  c:d4  12.  S:d4  Dd7  13.  c:d5  S:d5  14.  S:d5 
D:d5?  (L:d5  mußte  geschehen)  15.  Lc4!  De5 
16.  L:e6+  (nach  16.  S:e6ü  droht  ein  gefähr- 
liches Abzugsschach,  und  Weiß  gewinnt 
zwangsläufig  die  Qualität,  z.  B.:  16.  S:e6 
Tc8  17.  Db3!  a5  (La5)  18.  Sc7+  usw.)  16.  — 
Kh8  17.  Lf2  Lc5  18.  Tadl??  (nun  verliert 
Weiß  eine  ganze  Figur!  Nach  18.  Tel  hat 
Weiß  noch  nichts  zu  befürchten)  18.  —  Lrd4! 
(Le6  verliert  seinen  Beschützer.  Schwarz 
nimmt  nun  das  Spielgeschehen  fest  in  seine 
Hand  und  gewinnt  leicht.) 

(Anmerkungen  von  G.  Mertens  nach  An- 
gaben beider  Spieler.) 

Das   Seekadettenmatt 
Auf  dieses   Matt   fällt   fast   jeder   herein, 
der   es  nicht  kennt.   Seinen   Namen   hat   es 
nach  der  Operette   „Der  Seekadett",  in  der 


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17 


in  einer  lebenden  Schachpartie  das  in  der 
folgenden  Partie  gezeigte  Mattbild  entstand. 
Nach  langem  Warten  fand  auch  ich  kürzlich 
ein  Opfer,  dem  ich  auf  diese  schöne  Weise 
den  Garaus  machen  konnte. 

Königsgambit 
Weiß:  Mertens  —  Schwarz:  Greven 

1.  e4  e5  2.  f4  d6  3.  Sf3  Sc6  4.  Lc4  Lg4  5. 
Sc3  h6  6.  d3  Sd4  7.  Se5!  L:dl??  (warum  so 
habgierig?  7.  —  d:e5  ist  doch  auch  nicht  zu 
verachten)  8.  L:f7+   Ke7  9.  Sd5++. 

Der  Schwarze  soll  recht  dumm  aus  der 
Wäsche  geguckt  haben.  Ein  müheloser 
Damengewinn  hat  zweifellos  manches  für 
sich;  man  sollte  sich  aber  doch  vorhei  reif- 
lich überlegen,  ob  man  dadurch  nicht  in  die 
„letzten  Züge"  gerät! 

Reinfall   in  der   italienischen   Partie 

Im  Vereinsturnier  (A-Klasse)  des  ESV 
Turm  Köln  errang  ich  mit  10:2  Punkten  den 
1.  Platz  und  stieg  in  die  Meisterklasse  auf. 
In  einer  italienischen  Partie  fiel  ich  auf  eine 
mir  bis  dahin  unbekannte  Variante  herein 
und   verlor   bereits    in    der    Eröffnung    eine 


Figur.  Verfolgen  wir  einmal  das  Spiel  bis 
zu  dem  Punkt,  wo  die  Reihe  an  mir  war,  ein 
nicht  gerade  klug  zu  nennendes  Gesicht  zu 
machen. 

Weiß:  Gratzfeld  —  Schwarz:  Mertens 
1.  e4  e5  2.  Sf3  Sc6  3.  Lc4  Lc5  4.  c3  d6  5. 
d4  e:d4  6.  c:d4  Lb4+  7.  Kfl?  (ich  war  recht 
verwundert  über  diesen  schlechten  Zug, 
ahnte  ich  doch  keine  hinterlistige  Absicht!) 
7.  —  Sf6?  (La5  wäre  angebrarcht  gewesen)  8. 
d5!  Se5  9.  S:e5  d:e5  10.  Da4+L(o.weh!  Nun 
ist-  der  gute  Läufer  futsch!  Enttäuscht  und 
verärgert  über  meine  Kurzsichtigkeit  gab  ich 
bald  auf.  Beim  Nachspielen  zeigte  sich,  daß 
der  Zug  7.  Kfl  sehr  riskant  ist.  Geht  Schwarz 
nicht  auf  den  Leim,  so  kommt  Weiß  in  Nach- 
teil. Ich  würde  es  als  Weißer  in  einer  Turnie- 
partie  nicht  darauf  ankommen  lassen). 

Zwei  Schachaulgaben 
Aufgabe      1,     von     Kam.     F.      Steidele 
(Bockum-Hövel): 

Weiß:  Kh5,  Se6,  Ld6;  f5.  (4) 

Schwarz:  Kh8;  g7,  f6  (3) 

Matt  in  fünf  Zügen. 


er 


6U44 


Auf  gäbe  2,  G.  M.: 

Weiß:  Kd8,  La5,  Se5;  d4.  (4) 
Schwarz:    Kb8,   La8,   Sc5;   b7,   c6,   dS, 

e6.  (7) 
Matt  in  zwei  Zügen. 

Lösungen 
zu   den  Aufgaben  im  Augustheft: 
Aufgabe   1:    1.   Tg7  Kf4  2.    Kf2   K:f5   3.   Ke3 
Ke6  4.  Kf4  Matt. 

Aufgabe  2:  1.  Ld6  g6  (g5)  2.  Lf8+  + 

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Ecce  poeta! 

Exuperys  „Kleiner  Prinz"  im  Hessenlunk 
Da  kommt  einer  und  zeigt  den  Leuten  vom 
Hörspiel,  wie  viel  und  wie  wenig  dazu  ge- 
hört, die  ganze  Zauberkraft  des  Instruments 
Rundfunk  zu  entfesseln!  Dabei  ist  er  längst 
tot  und  zu  den  patentierten  Funkautoren  hat 
ei  ohnehin  nie  gehört.  Nichts  als  ein  Dichter 
war  er  —  aber  wer  das  ist,  hat  offenbar 
den  Routiniers  viel  voraus.  Antoine  de 
Saint-Exuperys  „Kleiner  Prinz",  jenes  nach- 
denklich-ironisch-rührende Märchenbuch  für 
diejenigen  unter  den  großen  Leuten,  die 
nicht  vergessen  haben,  daß  sie  einmal  Kinder 
waren,  brauchte  so  gut  wie  gar  nicht  verän- 
dert zu  werden,  um  sich  vor  dem  Mikrofon 
(des  Hessischen  Rundfunks)  als  eines  der 
schönsten  und  thematisch  reizvollsten  Hör- 
spiele der  letzten  Zeit  zu  repräsentieren.  Die 
besinnlich-verträumten  Gespräche  zwischen 
dem  in  der  Sahara  notgelandeten  Flieger  und 
jenem  von  einem  anderen  Planeten  her- 
gewehten Märchenwesen,  eben  dem  „kle.inen 
Prinzen",  gewannen  beim  Hören  fast  noch 
stärkere  Leuchtkraft  als  beim  Lesen  Und 
das  will  viel  heißen  angesichts  der  Eindring- 
lichkeit dieses  Buches,  das  einem  umfassen- 
den Wissen  um  die  Höhen  und  Tiefen 
menschlicher  Seelenlandschaft  sein  Entstehen 
verdankt.  —  Harro  Umbehrs  vorsichtige,  ja 
ehrfürchtige  Bearbeitung  wahrte  überall  den 
Zauber  des  Originals.  Mit  ihren  kaum  merk- 
lichen Überleitungen  und  Streichungen  und 
ihrem  Verzicht  auf  eigenmächtiges  Hinzu- 
fügen gelang  es  ihr,  den  Kern  der  Dichtung 
klar  herauszuschälen,  wozu  Heinz  Schröters 
einfühlsame  Zwischenmusik  wesentlich  half. 
Ein  guter  Gedanke  des  Regisseurs  Rudolf 
Rieth  war  es,  die  Rolle  des  kleinen  Prinzen 
einer  Frauenstimme  (Ruth  Hellberg)  anzu- 
vertrauen. Es  wäre  lohnend,  etwas  über  das 
Echo  dieser  schönen  und  verdienstlichen  Erst- 
sendung zu  erfahren. 

.  .  Des  Bischofs  Bettler 

Hörspiel  im  Süddeutschen  Rundfunk 

Nicht  immer  muß  ein  Mensch  des  anderen 
Wolf  sein.  Der  Ziegenhirt,  der  vom  Wagen 
des  spazierenfahrenden  Bischofs  überfahren 
und  dadurch  in  die  Versuchung  des  Hasses  ge- 
bracht wird,  wächst  stattdessen  für  den  Rest 
seines  Lebens  in  die  Rolle  von  „des  Bischofs 
Bettler"  hinein:  ein  ständiges  Menetekel  für 
den  Hochmut  des  mächtigen..  Mannes  und 
eine  lebendige  Warnung  vor  den  Fallstricken 
geistlicher  Selbstgefälligkeit.  Der  Bischof, 
dem  zuvor  Anblick  und  Gesuch  der  Bettler 


ein  Ärgernis  waren,  hat  es  ihm  zu  verdan- 
ken, daß  er  zum  Schirmherrn  der  Armen 
wird,  daß  er  an  seiner  Seele  nicht  Schaden 
leidet.  —  Mit  solidem,  handwerklichem  Kön- 
nen hat  Werner  Eiche  diese,  im  Italien  der 
Aufklärungszeit  spielende  Erzählung  von 
Stephan  Vincent  Benet  in  ein  Hörspiel  ver- 
wandelt. Das  Stück  besitzt  hinreichend  äußere 
Handlung,  um  die  gespannte  Aufmerksam- 
keit wachzuhalten,  versäumt  jedoch  auch 
nicht,  zugleich  den  Hörer  von  Anfang  an 
auf  die  eigentliche  innere  Aussage  des  Gan- 
zen hinzulenken:  darauf,  daß  der  Mensch 
dem  Menschen  zur  Demut  verhelfen  soll, 
weil  er  ihm  dadurch  zur  Liebe  verhilft.  Es 
blieb  der  Eindruck  einer  handfesten  Ge- 
brauchsarbeit, deren  Sendung  lohnend  war, 
wenn  sie  auch  im  dichterischen  Schwung 
keinen  Höhenflug  nahm. 

Gartenlaube  mit  Psychoanalyse 

Tennessee  Williams  „Steinerner  Engel"  im  NWDR 

Es  war  zweifellos  die  bisher  eindrucks- 
vollste Inszenierung,  des  Hamburger  Regis- 
seurs Burmester,  dem  man  so  viel  diffizile 
Töne  gar  nicht  zugetraut  hätte,  und  zugleich 
eine  der  großartigsten  Menschendarstellun- 
gen durch  Gisela  von  Collande,  welcher 
Tennessee  Williams  „Steinerner  Engel"  seine 
intensive  Mikrofonwirkung  über  90  Minu- 
ten hin  verdankt.  Nimmt  man  noch  Gerda 
von  Uslars  gescheite  Bearbeitung  hinzu,  so 
könnte  man  auf  den  Gedanken  kommen,  daß 
das  Hörspiel,  dessen  Reize  jeden  reprodu- 
zierenden Künstler  bezaubern  mußten,  nur 
Zustimmung  herausfordern  könne.  Indessen 
darf  man  wohl,  wenn  man  ein  lebendiges 
Gefühl  für  das  Bedürfnis  des  breiten  Rund- 
funk-Publikums nach  menschlicher  Führung 
besitzt,  nicht  nach  der  Aussage  des 
Stückes  zu  fragen   vergessen  —  und  die  ist 


dürftig  genug.  Vor  jenem  Hintergrund  ver- 
sponnener oder  verschrobener  Kleinstadt- 
stimmung, deren  Schilderung  aus  Gartenlaube 
und  Psychoanalyse  gemischt  zu  sein  scheint 
und  die  gänzlich  unberührt  von  den  Ge- 
schehnissen und  Nöten  unserer  Welt  ist, 
erlebt  man,  wie  ein  unwiderstehlich  lieder- 
licher junger  Mann  mit  zunehmendem  Alter 
solide  wird,  während  die  süß-kokette  mora- 
lische Hysterie  einer  jungen  Pfarrerstochter 
sich  —  umgekehrt  —  im  Laufe  der  Zeit  aus 
Torschlußpanik  zum  Bedürfnis  nach  Prosti- 
tution verwandelt.  Nach  solchen  Offenbarun- 
gen ist  man  versucht  zu  bedauern,  daß  so 
viel  Kunst  auf  so  wenig  Substanz  verschwen- 
det wird  und  daß  man  das  deutsche  Pu- 
blikum, in  welchem  fast  jeder  einzelne  tiefere 
Schicksalsblicke  getan  hat,  mit  so  Oberfläch- 
lichem geistig  zu  nähren  sucht.  Im  übrigen 
ist  nach  Aussage  der  Ärzte  in  Deutschland 
durch  die  existentiellen  Erfahrungen  des 
letzten  Jahrzehnts  die  Hysterie,  sogar  pro- 
zentual nachweisbar,  im  Abnehmen  begrif- 
fen, und  die  moralische  Lockerung  nach  dem 
zweiten  Weltkrieg  hat  .wenigstens  den  Vor- 
teil gebracht,  daß  das  Sexualproblem  etwas 
aus  dem  Schwerpunkt  unserer  Angst-Diskus- 
sionen herausgerückt  ist.  In  Amerika  scheint 
man  darin  noch  auf  dem  Standpunkt  von 
1920  zu  verharren. 

Kolportage  und  Edelkolportage 

Zu  Sendungen   in  München  und  im  NWDR 

Das  Bedürfnis  nach  Hingabe  an  die  Krimi- 
nalspannung muß  zweifellos  in  der  Natur 
des  Menschen  liegen. .  Wenn  wir  nicht  irren, 
sagt  Schiller  irgendwo  in  seiner  Pitaval- 
übersetzung  einmal:  wer  sich  nicht  bemühe 
den  Teufel  im  Menschen  zu  entdecken,  werde 
auch  den  Engel  in  ihm  niemals  auffinden. 
Die  von  Traute  Wach  übersetzten  halbstün- 


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18 


digen  Hörfolgen  des  NWDR  „Aus  den  Ge- 
heimakten von  Scotland  Yard"  gehen  oft  in 
ihrer  für-  dieses  Genre  wohltuenden  Einfach- 
heit und  ohne  krampfhafte  Sucht  nach  Sen- 
sation in  die  Richtung  eines  solchen  Bemü- 
hens. Auch  die  Filme  und  Hörspiele  R.  A. 
:  Stemmles  mit  ihrer  eleganten  Glätte  der 
technischen  Macbart  bedienen  sich  oft  mit 
Erfolg,  und  ohne  daß  etwas  dagegen  einzu- 
wenden wäre,  der  Kriminal-Spannung  — 
wenn  auch  in  seinem  letzten,  der  „Geheim- 
akte CB  200"  vom  NWDR  Berlin,  leider  ein 
kleiner  Schönheitsfehler  unterlief,  weil  nicht 
glaubwürdig  wurde,  wie  die  für  den  fran- 
zösischen Kriminalfall  zuständigen  Behörden 
von  der  Beichte  des  Verurteilten  in  jener 
deutschen  Zuchthauszelle  erfahren  haben 
konnten.  Auch  der  altbekannte  Stoff  vom 
i  „Wasser  für  Canitoga"  ist  eine  Art  Stemmle- 
I  Stoff.  Allerdings  wurde  er  in  München  von 
I  Heinz  Günther  Stamm  mit  erheblich  mehr 
!  (überflüssigem)  Lärm  inszeniert,  als  der  über- 
;  aus  effektsichere  Stemmle  eingelegt  hätte.  — 
1  Alle  solche  Stoffe  sind  von  jener  sogenann- 
ten „todsicheren"  Wirkung,  die  außerkünstle- 
risch ist  und  mit  zunehmendem  Bemühen  um 
das  Todsichere  schließlich  in  Gefahr  kommt, 
außermenschlich  oder  -  gar  unmenschlich  zu 
werden.  Die  Grenze,  bis  zu  welcher  man  sich 
in  dieser  Hinsicht  zu  gehen  gestattet,  gibt 
ein  genaues  Kriterium  über  die  Qualität  der 
Verantwortlichen  ab  —  und  leider,  auch  im 
deutschen  Rundfunk,  nicht  immer  durchaus 
ein  positives.  So  hätte  man  z.  B.  auf  das 
amerikanische  Sensations-Hörspiel  „Fernamt 
bitte!"  (nach  der  Münchener  Inszenierung 
nun  auch  im  Programm  des  NWDR  an- 
gezeigt) lieber  verzichten  sollen. 

Unser  Senior  des  Schachs 

Der  Vereinsvorstand  vom  S  c  h  a  c  h  v  er- 
ein  Reutlingen  übermittelt  uns  den 
folgenden  ehrenden  Gruß  für  einen  kriegs- 
blinden Meisterschachspieler,  den  jüngeren 
Kameraden  zur  Ermutigung  und  zum  Vorbild: 

„Was  bei  allen  "Lurnierteilnehmern  und 
Gästen  bei  unseren  Städtevergleichskämpfen 
am  meisten  Staunen  und  Hochachtung  aus- 
löst, ist  immer  wieder  das  Spiel  unseres 
•  biTnden  Vereinskameraden  Ernst  Linden- 
i  b.a  u  e  r.  Wenn  er  in  stoischer  Ruhe  an  sei- 
nem etwas  verkleinerten  Tastbrett  sitzend 
den  schwitzenden  Gegner  mehr  und  mehr  in 
die  Enge  treibt,  dann  folgen  ihm  viele  be- 
wundernde Blicke. 

Dabei' ist  der  heute  Sechzigjährige  immer 
im  ersten  Drittel  zu  finden.  Sein  Sieg  ist 
für  uns  schon  fast  etwas  Selbstverständliches. 
Unsere  sicherste  Nummer! 

Hier  hilft  kein  Deuten  und  Winken  der 
Kiebitze.  Und  wenn  — wie  es  einmal  in 
einer  Nachbarstadt  vorkam  —  sechs  Augen- 


■jDrogrammvorscItau  für  j^rörspiele 

Durch  die  freundliche  Mitwirkung  der  deutschen  Rundfunksender  können  wir  künftig-unseren 

Lesern  eine  Programmvorschau  für  den  Hörspielplan  geben.    Wir  hoffen,  daß  unsere  Leser 

von  diesen  Tips  eifrig  Gebrauch  machen. 

NWDR/UKW-Nord:  „Ein  klassischer  Fall",  Kurzhörspiel  von  Volker  Weller 
Frankfurt:   „Clarissa",  nach  Lessings  Trauerspiel   „Miss  Sara  Sampton",  be- 
arbeitet von  Friedrich  Karl  Kobbe 
München:  „Der  Windhund",  von  Klaus  Brill 

Frankfurt/UKW:  „Das  Gerücht",  Hörspiel  von  Josef  Martin  Bauer 
NWDR  Hamburg:   „Europa  —  Traum  oder  Wirklichkeit",  von  Axel  Eggebrecht 
Südwestfunk:    „Europa  —  Traum  oder  Wirklichkeit",  von  Axel  Eggebrecht 
München  und  Bremen:  „Der  Träumer  und  die  Puppen",  von  Jonquille 
NWDR:  „Wenn  wir  alle  Engel  wären",  Hörspiel  von  Heinrich  Spoerl 
NWDR/UKW-Nord:  „Flüchtlinge",  Hörspiel  von  Hermann  Roßmann 
NWDR/UKW-Nord:  „Der  alte  Roboter",  Hörspiel  von  Christian  Bock 
Frankfurt:  „Unser  Herr  Vater",  Hörspiel  nach  Clarence  Day,  von  Just  Scheu 
Frankfurt/UKW:    „Der  kleine  Prinz",  von  Antoine  de  Saint-Exupery,  Funk- 
bearbeitung: Harro  Umbehr 

Bremen:  „Defiaudanten",  nach  A.  Polgar,  von  R.  A.  Stemmle 
Südwestfunk:   „Das  große  Messer",  von  Clifford  Odets 

Stuttgart:    „Johanna  von   Piennes",  von  Romain  Rolland;   Funkbearbeitung: 
Hans  Sattler 

RIAS:  „Proteus",  Satirspiel  von  Paul  Claudel 
NWDR:  „Ein  Phönix  zuviel",  von  Christopher  Fry 
München:   „Der  Tod  des  Empedokles",  von  Hölderlin 
Frankfurt:  „Kirschen  für  Rom",  Funkkomödie  von  Hans  Hömberg 
Frankfurt/UKW:  „Unterm  Birnbaum",  nach  der  Erzählung  von  Theodor  Fon- 
tane, bearbeitet  von  Günther  Eich 

Südwestfunk:  „Der  Kampf  der  Tertia",  von  Wilhelm  Speyer 
NWDR:    „Aucassin   und  Nicolette",   von  Dr.   Walter  Teich,  nach   einer  alt- 
französischen Fabel 

Frankfurt:  „Hero  und  Leander",  von  Egon  Jameson 

Frankfurt/UKW:  „Unser  Herr  Vater",  Hörspiel  nach  Clarence  Day,  von  Just 
Scheu 

Südwestfunk:  „Unter  den  Brücken",  Hörspiel  von  Walter  Ulbrich 
NWDR:  „Ich  bin  45  Jahre  alt",  von  Heinz  Vollmer 

Frankfurt:   „Zwei  Nächte  und  ein  Leben",  von  Hermann  Stahl,  nach  einem 
Kapitel  des  Romans  „Traum  der  Erde" 

Frankfurt/UKW:  „Clarissa",  nach  Lessings  Trauerspiel  „Miss  Sara  Sampson", 
bearbeitet  von  Friedrich  Karl  Kobbe 
Stuttgart:  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen",  von  Walter  Bauer. 


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paare  sich?  um  das  Problem  bemühen:  die 
kalte  Dusche  ist  ihnen  gewiß. 

Ist  es  nicht  erstaunlich,  daß  der  im  ersten 
Weltkrieg  Erblindete,  dem  kein  Schachbuch, 
geschweige  denn  moderne  Meisterwerke  zu 
Gebote  stehen,  sich  noch  immer  mit  unseren 
starken  Gegnern  messen  kann?  Wie  muß  es 
ihn  gefreut  haben,  als  er  beim  Simultanspiel 
dem  Großmeister  Bogoljubow.  ein 
Unentschieden  abtrotzen  konnte! 

Dem  heute  pensionierten  Justizobersekre- 
tär, der  lange  Jahre  das  Protokoll  beim 
Amtsgericht  führte,  ist  früher  das  „könig- 
liche Spiel"  die  nötige  Erholung  und  Ablen- 
kung gewesen.  Darüber  hinaus  aber  half  es 
ihm,  das  visuelle  Denkvermögen  zu  erhalten. 


Leider  gibt  es  in  Deutschland  wenige  quali- 
fizierte Schachspieler.  Wie  mancher  Kriegs- 
blinde des  zweiten  Weltkrieges  könnte  hier 
neue  Lebensfreude  schöpfen! 

Fast  drei  Jahrzehnte  konnte  Ernst  Linden- 
bauer die  Geschicke  des  Reutlinger  Schach- 
vereins miterleben.  Dabei  erwarb  er  sich 
viele  Freunde.  Auch  er  freut  sich  über  das 
neue  Aufblühen  des  Vereins,  über  das  Er- 
starken unserer  jungen  Spitzengruppe  und 
den  Elan  unseres  Nachwuchses.  Und  wenn 
bei  uns  Abend  für  Abend  verschiedene 
Senioren  ihre  geistige  Spannkraft  beweisen, 
so  wünschen  wir  auch  unserem  Ernst  Linden- 
bauer noch  viele  Jahre  der  Freude  im  Kreise 
seiner  Vereinskameraden."  ß. 


Wer  will  nach  Amerika? 

Nachstehend  meine  Meinung  zu  dem  von 
Hans  Tilly  im  Augustheft  unserer  Zeitschrift 
zur  Diskussion  gestellten  Artikel:  „Wer  will 
nach  Amerika  reisen?" 

Wer  den  zweiten  Schritt  vor  dem  ersten 
tut,  gerät  leicht  ins  Stolpern!  Mit  dieser 
Binsenweisheit  soll  keineswegs  der  groß- 
artige Einfall  des  Kameraden  Tilly  herab- 
gemindert werden,  der  uns  einen  von  For- 
tuna bewilligten  und  bezahlten  Kuraufent- 
halt im  Ausland  in  Aussicht  stellt.  Bevor 
wir  daran  gehen,  neben  dem  üblichen  Kur- 
aufenthalt noch  die  Möglichkeit  eines  zu- 
sätzlichen Kuraufenthaltes  zu  schaffen,  der 
—  o  Glück  —  ins  Ausland  führt  und  — 
o  noch  größeres  Glück  —  nicht  einen  Pfen- 
nig kostet,  zuvor  sollten  wir  anstreben, 
daß  jeder  Kamerad  seinen  obligatorischen 
Kuraufenthalt  in  einem  ausländischen  Blin- 
den-Kurheim  verbringen   kann. 

Dies  wäre,  so  meine  ich,  dann  möglich, 
wenn  zwei  Staaten  —  sagen  wir  Frankreich 
und  Deutschland  —  in  einem  Verwaltungs- 


abkommen sich  verpflichten  würden,  die 
gleiche  Anzahl  Kriegsblinder  in  den  inlän- 
dischen Kurheimen  aufzunehmen,  die  gleiche 
Anzahl,  die  in  ausländischen  Kurheimen  un- 
tergebracht werden  kann.  Dieser  Weg  hat 
den  Vorzug,  daß  er  jedem  an  einem  auslän- 
dischen Kuraufenthalt  interessierten  Kamera- 
den gangbar  ist  und  nicht  nur  einigen  Glücks- 
pilzen vorbehalten  bleibt;  dieser  Weg  kann, 
wenn  wir  uns  nur  mit  dem  nötigen  Nach- 
druck für  ihn  verwenden,  durchaus  erschlos- 
sen   werden. 

Dies  wäre  wohl  der  erste  Schritt,  um  mit 
Kamerad  Tilly  nach  Amerika  zu  reisen.  Der 
zweite  Schritt  könnte  dann  ein  durch  Aus- 
spielung gewonnener  zusätzlicher 
Kuraufenthalt  sein,  insbesondere  für 
solche  Reisen,  die  einen  hohen  Aufwand 
allem  für  die  Fahrtkosten,  z.  B.  nach  den 
USA,  voraussetzen. 

Dem  Kameraden  Tilly  sei  Dank  für  seinen 
wahrhaft  großartigen  Einfall,  der  nicht  nur 
der  Beachtung,  sondern  der  Verwirklichung 
würdig  ist!  Franz  Sonntag 


Die  Blindenskala 

Zur  Zuschrift  des  Kameraden  Kraus  (Stutt- 
gart) im  Juliheft  bezüglich  des  selbständigen 
Zurechtfindens  auf  der  Rundfunkskala  möchte 
auch  ich  meine  Erfahrungen  den  Kameraden 
nicht  vorenthalten  Sie  sind  so  einfach  und 
ohne  Unkosten  für  jeden  leicht  anwendbar 
und  bestehen  lediglich  darin,  daß  ich  mir 
von  einem  Elektriker  einfach  eine  etwas 
verlängerte  Rundkopfschraube  am 
Skalenknopf  (gleichzeitig  zum  Festschrauben 
des  Skalenknopfes)  habe  anbringen  lassen. 
Diesen  Skalenknopf  läßt  sich  am  besten 
jeder  so  anbringen,  daß  sie  bei  dem  von 
ihm  am  meisten  gehörten  Sender  nach 
oben  steht,  und  von  da  aus  ist  jeder  leicht 
in  der  Lage,  durch  eine  Teildrehung  oder 
auch  eine  ganze  oder  mehrere  Umdrehungen 
nach  rechts  oder  links  sich  jeden  gewünsch- 
ten Sender  selbst  und  ohne  jede  fremde 
Hilfe  zu  wählen.  Wo  diese,  einzelnen  Sender 
liegen,  wird  jeder  schon  nach  wenigen  Tagen 
herausgefunden  haben,  und  wenn  er  sich 
dann  noch  die  einzelnen  Umdrehungen  merkt, 
kann  ihm  auch  ein  Sehender  nichts  mehr 
vormachen. 

Ich  für  meine  Person  arbeite  damit  schon, 
seit  ich  im  August  1947  wieder  im  Besitz 
eines  Rundfunkgerätes  bin,  und  ich  bin  so 
in  der  Lage,  mir  mit  Leichtigkeit  alle  deut- 
schen Sender  einschl.  die  der  Ostzone  sowie 
auch  Wien,  Saarbrücken,  London  usw  ohne 
jede  fremde  Hilfe  einzustellen.  Das  Ent- 
scheidende hierbei  ist,  daß  der  Apparat  un- 
verändert bleibt  und  daß  (abgesehen  von 
der  Rundkopfschraube,  die  natürlich  über 
dem  Skalenknopf  fühlbar  sein  muß)  die  Vor- 
richtung kaum  etwas  kostet.     Herbert  Häring 


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ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS   UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 

NR.  2  .  3.  JAHRGANG  OKTOBER  1951  VERLAGSORT  BIELEFELD 


In  dieser  Werkeltagswelt 

kann  man  freilich  nicht  alles  beisammen  haben, 

und  jeder  muß  schon  mit  seinem  Los  zufrieden  sein, 

denn  mit  Murren  und  Knurren  bringt's  niemand  um  ein  Haar  weiter, 

und  das  Schicksal  dreht  seine  Maschine,  ob  wir  lachen  oder  greinen. 


* 


Es  gibt  doch  viele  Freuden  in  unseres  Herr  Gotts  seiner  Welt! 

Nur  muß  man  sich  aufs  Suchen  verstehen 

-  sie  finden  sich  gewiß  - 

und  das  Kleine  ja  nicht  verschmähen. 

FRAU  AJA,  GOETHES  MUTTER 


AUS     DEM     INHALT 


Dein  bestes  Hilfsmittel.    Von  F.  W.  H 

Habt  Geduld  mit  der  Technik.  Von  H 

Ein  Dank  an  Oskar  Picht 

Landesversorgungsamt   Schleswig-Holstein   eröffnet 
Sportwettkampf  unter  Schülern 

Ein  neues  Modell  des  „Sprechenden  Buches"; 
von  Günter  Böttcher  und  Willi  Lüdecke     . 

Das  Blindenleitgerät  der  Zukunft?    Von  Dr.  F.  L.     . 

Telefonistenausbildung  sei  keine  Spielerei! 

Von  Adolf  Fischer 

Das  Bundesversorgungsgesetz  ■ 

Von  H 


Seite 
1 
1 
2 
2 
2 


„Unsinn  und  Verbrechen?" 


Kriegsblinde  bei  der  Bundesbahn 

Aus  den  Landesverbänden 

Bezirksleiter-Konferenz    des    Landesverbandes    Westfalen 

Feste  der  Kameradschaft 

Vorbildliche  Kreisversammlungen 
Die  neue  Bürsten-Aufnagelmaschine 


10 


Handwebersiedlung   in  Hannover 

Neue  Umschulungslehrgänge  in  Tegernsee   .... 
Einbanddecken  und  Sammelmappen  für  die  Zeitschrift 

(Preisangebot) 

Lesermeinung 

Nach  Amerika  reisen? 

Zum  Thema  „Radio-Skala" 

Das  Los  eines  heimatvertriebenen,   kriegsblinden  Bauer 
Wir  sind  Schauende.  Gedicht  von  Friedrich  Mezger  . 

Für  unsere  Schachfreunde 

Englands  Blinde  und  die  Fußballreportagen  . 

Kleine   Neuigkeiten 

Der  Kritiker  am  Lautsprecher 

Programmvorschau   für  Hörspiele       .... 
Der  Rundfunk  unterstützt  unseren  Hörspiel-Preis 
Eindrücke  aus  dem  Kriegsblindenkurheim  in  Borkum. 

Von  Obermedizinalrat  Dr.  Dubitscher  (Köln) 
Gruß  an  Borkum.    Von  Bernhard  Thurow 
Bergfreuden  —  auch  für  uns!    Von  Friedrich  Mezger 


Seite 
II 
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Unser  Foto  auf  der   Titelseite   ergänzt   den  Aulsatz   aul    Seite  6:  „Kriegsblindebei    d  er    Bundesbah  n" .  Es  zeigt 
den   Hamburger   Kameraden    Wilfried    Schwarz,    dessen   feinfühlige    Fingerspilzen    die    winzigste    Unregelmäßigkeit    bei    Kupferstäben 
von  Elektromotoren  zuverlässiger  linden  als  es  ein  Sehender  vermag.  (Foto:  dpa-Wieselmann).  -  Das  Foto  auf  der  Umschlagrück- 
seite- „Herbststimmung"  -  stammt  von  Erich  Bauer  (Karlsruhe). 


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.Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.   (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 

Mürlenbach-Eifel.)   Verantwortlicher   Schriftleiter:   Friedr.   Wilh.   Hymmen,    Bielefeld,    Stapenhorststraße    138.     „Der   Kriegsblinde"  erscheint     monatlich.       Anzeigenverwaltung: 
Bund   der   Kriegsblinden    Deutschlands   e.    V.,    Selbstverlag,    Wiesbaden,   Rheinstraße  73.   Die   Zeitschrift  ist  der  IVW  angeschlossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.V. 

Nr.  2  .  3.  Jahrgang  .  Oktober  1951   .  Verlagsort  Bielefeld 


Dein  bestes  Hilfsmittel 


Da  fand  sich  kürzlich  unter  den  Briefen  an 
die   Schriftleitung   der   Notruf   eines  Kriegs- 
blinden:   Wenn    nicht    bald    jene    in    Tages- 
zeitungen   beschriebenen    Geräte    zur    Ver- 
fügung ständen,  mit  denen  nicht  nur  Druck- 
schrift, sondern  auch  technische  Zeichnungen 
auf  irgendeine  Weise  für  den  Blinden  wahr- 
nehmbar gemacht  werden  könnten,  so  sei  er 
am  Ende  und  wisse  nicht  mehr  weiter.  Mit 
Eifer  war  dieser  Kamerad  den  verschieden- 
sten   Hinweisen    nachgegangen,    bis    hin    zu 
jenen  Berichten  aus  Amerika,   wonach  man 
versucht,    unmittelbar     im    Sehzentrum    'des 
Gehirns,    also   unter   Umgehung   des   Auges 
(das   ja   nur    ein   untergeordneter   Übermitt- 
lungsapparat   ist),    Seheindrücke    mit    einer 
~  Art  Fernsehübertragung  zu  erreichen.  Dieser 
_•  Kamerad  hatte  sich  also  innerlich  völlig  ab- 
'"  hängig  gemacht  von  der  Hilfe  der  Technik, 
er  glaubte,  nur  noch  mit  Hilfe  komplizierter 
■Maschinen  sein  Dasein  meistern  zu  können. 
1  Auf  den  Gedanken,  nicht  die  verlorenen,  son- 
K dem  die  verbliebenen  Kräfte  zu   akti- 
vieren, kam  er  nicht.  Er  erwartete  sein  gan- 
zes Heil  von  toten  Geräten. 

Niemand  darf  über  ihn  lächeln!  Ist  nicht 
jeder  von  uns  abhängig  geworden  von  der 
Technik?  Längst  nehmen  wir  beispielsweise 
den  Rundfunk  als  etwas  Selbstverständliches 
hin,  ja,  als  etwas  Lebensnotwendiges,  und 
wenn  unser  Empfänger  zur  Reparatur  weg 
ist,  fühlen  wir  uns  unglücklich  und  wissen 
nichts  mehr  mit  uns  anzufangen.  Unsere 
Schreibmaschine,  selbst  wenn  wir  sie  im 
Beruf  nicht  benötigen,  scheint  uns  neben 
dem  Telefon  die  unentbehrlichste  Brücke  zur 

•  Welt  zu  sein,  und  mancher  Stenotypist,  der 
Äseit  einem  Jahr  mit  dem  Dimafon  arbeitet, 

"■  kann  sich  überhaupt  nicht  mehr  vorstellen, 

•  v/ic  er  früher  jemals  tätig  sein  konnte. 

Wir  müssen  dankbar  sein  für  diese  Gaben 

■'  der  Technik,  und  wir  sollen  alle  Hilfsmittel, 

»die    uns    zu    Gebote    stehen,    nach    Kräften 

»nutzen,  aber  wir  müssen  dabei  doch  immer 

wissen,   daß   es   auch  gefährlich  ist,   sich  im 

'Zentrum  des  eigenen  Lebens  so.  eng  mit  der 

Technik    einzulassen..  .  Allzu    leicht    nämlich 

kann  es  geschehen,  daß  wir  mit  der  steigen- 

'  den    Abhängigkeit     von    Geräten     innerlich 

•  ärmer  werden,  sozusagen  ein  Anhängsel  von 
■  Geräten.  Es  wird  uns  ja  eine  Aufgabe  nach 

der  anderen  abgenommen,  die  wir  sonst  zu 

'lösen  hätten   und   in   deren  Meisterung  wir 

•  J  uns    zu    bewähren    hätten.    Was    bequemer 

«und  angenehmer  ist,  ist  ja  nur  selten  auch 

•  im  tieferen  Sinne  heilsam.  Es  wäre  nun 
"  gewiß  zu  billig,  hier  darauf  hinzuweisen, 
■'  daß   die   Blinden   vor  hundert  Jahren   auch 

mit  ihrem  Leben  fertig  werden  mußten  und 

•  daß  sie  vielleicht  nicht  unglücklicher  waren 
«als  wir  verwöhnten  Menschen  der  Gegen- 

i  wart;  aber  besinnen  sollten  wir  uns  bis- 
*'  weilen  doch  darauf,  daß  alles,  was  wir 
\  „Glück"  nennen,  gerade  bei  einem  Erblinde- 
.  ten  nicht  von  Maschinen  herrühren  kann, 
und  daß  jeder  einzelne  selbst,  ganz  aus  der 
Kraft     des     eigenen    Wesens    heraus,    sein 


Leben  gestalten  muß,  wenn  er  ein  echtes 
Selbstbewußtsein,  echte  Selbstachtung  er- 
werben und  behalten  will. 

Die  Technik  ist  jedenfalls  ein  tückischer 
Freund;  sie  gibt  uns  vieles  und  Verlocken- 
des, aber  sie  nimmt  uns  auch  etwas.  Um 
ein  Beispiel  zu  nennen:  manche  Ehepaare, 
und  das  gilt  auch  für  Sehende,  sitzen  des 
abends  stumm  und  träge  beieinander.  Der 
Rundfunk  enthebt  sie  jeden  Gesprächs,  jeder 
aktiveren  Gemeinsamkeit,,  sei  es  auch  nur, 
daß  man  zusammen  etwas  liest.  Man  hat 
sich  nichts  mehr  zu  sagen  und  läßt  sich 
darüber  hinwegtäuschen.  Musik  selbst  zu 
treiben  oder  wenigstens  in  ein  Konzert  zu 
gehen,  —  es  ist  überflüssig  geworden. 

Die  Technik  enthebt  uns  der  Aufgabe, 
unsere  eigenen  Anlagen  und  Möglichkeiten 
voll  zu  entfalten.  Das  ist  angenehm,  aber_ 
es  wird  aus  unserem  Wesen  nicht  das,  was 
hätte  werden  können,  hätte  werden  müssen. 
Das  kann  eine  Schuld  werden.  Wer  sich  also 
der  Technik  bedient,  der  sehe  zu,  daß  er 
der  überlegene  Herr  bleibt,  der  aus  seinem 
Leben     und     aus     seinem    Schicksal     etwas 


machen  will,  und  der  weiß,  daß  er  auch 
ohne  die  Hilfen  der  Technik  etwas  aus 
seinem  Leben  machen  würde. 

Die  Sucht,  nur  ja  der  neuesten  Wunder 
der  Technik  teilhaftig  zu  werden,  ist  immer 
verdächtig.  Wärst  du  ohne  dieses  oder 
jenes  Gerät  wirklich  nicht  in  der  Lage,  dein 
Leben  oder  im  besonderen  deinen  Feier- 
abend reich  zu  füllen?  Dann  wird  es  dir 
auch  nicht  m  i  t  diesem  Gerät  möglich  sein, 
oder  höchstens  nur  zum  Schein.  Gerade  der 
Blinde  sollte  nicht  sein  Heil  von  der  Tech- 
nik erwarten,  denn  gerade  er  kann  echtes 
Glück  nur  daraus  schöpfen,  daß  er  von  dem, 
was  er  als  Mensch  darstellt,  sich  nichts  hat 
schenken  lassen,  auch  von  der  Technik  nicht. 
Nur  diese  Selbstachtung  gibt  ihm  dann  auch 
die  Freiheit,  die  Dienste  der  Technik  zu 
nutzen,  wann  es  ihm  gefällt,  und  die 
Technik  auch  wiederum  beiseitezu- 
stellen, wann  es  ihm  gefällt.  So  allein 
bleibt,  er  wirklich  Mensch. 

Anders  gesagt,:  Dein  bestes  Hilfsmittel  bist 
du  selbst,  dein  zuverlässigster  Helfer  sei 
deine    Selbständigkeit.  F.W.  H. 


Habt  Geduld  mit  der  Technik! 


Bevor  der  Leser  sich  der  Lektüre  jener 
Aufsätze  dieses  Heftes  zuwendet,  die  von 
neuen  Modellen  des  „Sprechenden  Buches" 
oder  des  „Leitgerätes"  berichten,  möge  er 
mir  kurz  zuhören.  Erfahrungsgemäß  ist  es 
nämlich  so,  daß  viele  Kriegsblinde  allzu 
optimistisch  sind  und  daß  sie  nach  Ver- 
öffentlichungen dieser  Art  der  Schriftleitung 
sogleich  mit  Anfragen  und  regelrechten  Be- 
stellungen auf  den  Pelz  rücken.  In  den 
meisten  Fällen  handelt  es  sich  bei  solchen 
Erfindungen,  die  einem  Kriegsblinden  dienen 
könnten,  nur  um  Versuchsmodelle,  deren 
Serienanfertigung  noch  eine  Kapital-  und 
Organisationsfrage  ist,  wenn  die  Erfindun- 
gen überhaupt  für  eine  Serienproduktion 
schon  ausgereift  genug  sind.  Drei  Hauptauf- 
gaben befinden  sich  aber  immerhin  in  einer 
Entwicklung,  die  langsam  zu  Hoffnungen 
berechtigt.  Diese  Hauptaufgaben  der  Erfinder 
sind:  Schaffung  eines  Leitgerätes,  das  den 
Führhund  ersetzen  könnte,  Schaffung  eines 
billigen  Wiedergabegerätes  für  Schallauf- 
nahmen, also  des  „Sprechenden  Buches",  und 
schließlich  —  noch  am  weitesten  in  der  Ferne 
—  Schaffung  eines  Gerätes,  mit  dem  der 
Blinde  auch  schwarzgedruckten  Text  unmit- 
telbar lesen  kann. 

Zur  Frage  „Blindenleitgerät"  fol- 
gendes: alle  in  der  deutschen  und  auch  in 
der  ausländischen  Presse  immer  wieder  ver- 
breiteten Schilderungen  sind  um  der  Sensa- 
tion willen  übertrieben.  Wir  hatten  unseren 
Lesern  versprochen,  bei  ausländischen  In- 
stanzen Erkundigungen  über  den  Wert  der 
Leitgeräte  einzuziehen."  Es  kann  zwar  kein 
Zweifel  daran  bestehen,  daß  Versuche  in 
vielerlei  Richtungen  angestellt  sind  und  hof- 


fentlich auch  mit  Eifer  weiterhin  angestellt 
werden.  An  Teilerfolgen  fehlt  es  nicht  und 
offenbar  auch  nicht  an  Mitteln  —  z.  B.  stellte 
der  amerikanische  Kongreß  jährlich  eine 
Million  Dollar  für  Forschungsarbeiten  auf 
dem  gesamten  Gebiet  der  Prothesentechnik 
zur  Verfügung  —  aber  die  Aufgaben  der 
Technik  sind  gerade  bei  den  wichtigsten 
Blindenhilfsmitteln  ungemein  schwierig. 

So  fragten  wir  z.  B.  beim  britischen 
Kriegsblindenbund  „St.  Dunstan's" 
an,  über  dessen  Versuche  mit  dem  Leitgerät 
„Klicker"  im  Januarheft  1951  der  Zeitschrift 
„Electronic  Engineering"  ausführlich  be- 
richtet wurde.  Im  Antwortschreiben 
von  „St.  Dunstan's"  an  die  Schrift- 
leitung heißt  es:  „Ich  bedauere,  Ihnen  sagen 
zu  müssen,  daß  die  Berichte  über  Leitgeräte 
für  Blinde  ziemlich  optimistisch  gehalten 
wurden.  Tatsache  ist,  daß  wir  mit  Instru- 
menten verschiedener  Art  experimentiert 
haben.  Doch  gelang  es  uns  noch  nicht,  eine 
Vorrichtung  zu  finden,  die  von  irgendwel- 
chem praktischen  Wert  für  Blinde  sein 
würde.  Viele  Schwierigkeiten,  die  sich  er- 
gaben, müssen  durch  einige  technische  Neu- 
entwicklungen verringert  werden."  Eine 
Nachricht  vom  „Nationalinstitut  für  Blinde" 
in  London  besagte  das  gleiche.  Hier  heißt 
es  sogar,  „einige  radikal  neue  Erfindungen" 
könnten  allein  weiterhelfen.  Nach  einer  uns 
zugegangenen  Mitteilung  der  „American 
Foundation  for  the  Blind"  (New  York)  ist 
•  man  auch  dort  trotz  bereits  jahrelanger  Ver- 
suche noch  nicht  soweit,  den  Serienbau  eines 
Gerätes  empfehlen  zu  können. 

Trotzdem:  man  ist  in  England  und  Ame- 
rika, wie  auch  unser  «heutiger  Bericht  über 


das  „Optar"  zeigt,  unablässig  und  mit  großer 
Einfallskraft  bemüht,  und  es  kann  keinem 
Zweifel  unterliegen,  daß  wir  eines  Tages  ein 
Gerät  in  der  Hand  halten,  das  als 
Orientierungshilfe  gute  Dienste  leisten  wird.' 
Es  wird  uns  in  Deutschland  wahrscheinlich 
nichts  anderes  übrig  bleiben,  als  in  Geduld 
zu  warten,  bis  man  in  den  anderen,  wohl- 
habenderen Ländern  zu  einem  Enderfolg 
gekommen  ist. 

Weit  günstiger  steht  es  mit  dem 
„Sprechenden  Buch",  wenn  wir 
hierunter  ein  Gerät  verstehen  wollen,  das 
mittels  eines  Tonträgers,  der  günstiger"  als 
die  Schallplatte  ist,  allerlei  geistige  Nahrung 
im  Lautsprecher  zu  Gehör  bringen  kann. 
Hier  kommt  es  vor  allem  auf  die  lange 
Spieldauer  an,  auf  eine  hohe  Tonqualität, 
eine  einfache  Handhabung  und  möglichst 
billige  Unterhaltskosten,  selbstverständlich 
auch  Anschaffungskosten.  Es  stehen  z.  Z. 
mehrere  Modelle  von  Geräten  zur  Diskus- 
sion, die  als  Tonträger  das  Magnetonphon- 
band  benutzen  und  die  von  Firmen  pro- 
duktionsfertig angeboten  werden.  Besonders 
glücklich  scheint  uns  dabei  das  Gerät  unse- 
res Kameraden  Ing.  Alfons  Schramm  zu 
sein,  der  „Blindensekretär",  über  den  wir 
bereits  mehrfach  berichteten.  Dieses  Gerät 
hat  den  Vorzug  einer  erstaunlich  hohen  Ton- 
qualität und  ermöglicht  ferner,  mittels  eines 
Mikrophons  auch  selbst  Bänder  zu  be- 
sprechen. Man  kann  sich  also  mit  Hilfe  einer 
Vorlesekraft  eine  eigene  Bibliothek  von 
Fachliteratur   anlegen,   kann  sich   aber  auch, 


Gin   tJank  an  Oskar  jDicld 

Wer  eine  Punktschriftmaschine  zur  Hand 
nimmt,  der  sollte  einmal  im  stillen  dankbar 
des  Mannes  gedenken,  dem  er  diese  Maschine 
verdankt:  Oskar  Picht.  Picht  wäre  in  diesem 
Jahre  80  Jahre  alt  jeworden,  wenn  ihn  nicht 
im  August  1945  der  Tod  im  Blindenaltersheim 
in  Rehbrück,  wo  der  Erfinder  und  Lehrer  nach 
schweren  Bombenschäden  ein  Unterkommen 
gefunden  hatte,  abgerufen  hätte. 

Nicht  weniger  als  zehn  Patente  hat  Oskar 
Picht  auf  dem  Gebiet  des  Blindenwesens  er- 
worben, von  der  sogenannten  Pichtmaschine 
angefangen  bis  hin  zu  einem  Verständigungs- 
Taschengerät  für  den  Umgang  mit  Taub- 
blinden.  Seine  bedeutendste  und  erfolgreichste 
Erfindung  ist  ohne  Zweifel  die  erste  brauch- 
bare Punktschrift-B  ogenmaschine,  die 
er  im  Jahre  1899  zum  ersten  Male  vorführte. 
Zwar  waren  in  den  voraufgegangenen  Jahren 
schon  Maschinen  des  blinden  Dänen  Wulff 
und  —  wesentlich  verbessert  —  von  Hall  ent- 
wickelt worden,  aber  erst  das' Modell  von 
Oskar  Picht  konnte  den  vielfältigen  An- 
sprüchen genügen  und  fand,  wenigstens  bis 
1945,  die  weiteste  Verbreitung  in  Deutsch- 
land und  in  der  ganzen  Welt. 

Oskar  Picht  wurde  1871  in  Pasewalk  (Vor- 
pommern) geboren,  wurde  Lehrer  und  trat 
frühzeitig  in  den  Dienst  der  Blinden,  zunächst 
als  Lehrer  an  der  Blindenanstalt  Steglitz, 
sodann,  von  1912  bis  1920,  als  Leiter'  der 
Provinzialblindenanstalt  Bromberg,  später  als 
Leiter  in  Steglitz  (1920  bis  1333).  Mit  Hilfe 
seiner  neuen  Bogenmaschine  ließ  Picht  nach 
1900  durch  400  freiwillige  Helfer  viele  Bücher" 
zum  Ausbau  der  Steglitzer  Bücherei  über- 
tragen, die  bald  die  damals  größte  Blinden- 
bücherei  in  Preußen  wurde.  Die  1901  nach 
einigen  Verbesserungen  patentierte  Bogen- 
maschine begann  ihren  großen  Siegeslauf  vor 
allem  nach  der  Internationalen  Schreib- 
maschinenausstellung in  Venedig  1907,  wo 
Picht  die  höchste  Auszeichnung  errang. 

Jahrzehnte  hindurch  bedurfte  die  Picht- 
maschine kaum  einer  Verbesserung,  und  alle 
auch  gegenwärtig  gebauten  Bogenmaschinen 
sind  ohne  die  Leistung  Pichts  nicht  denkbar. 
Wir  wollen  ihn  nicht  vergessen. 


während  man  noch  auf  der  Arbeitsstätte  ist, 
die  Zeitung  vorlesen  lassen,  die  man  dann 
zu  einer  beliebigen  Stunde  genießt.  Das  in 
unserem  heutigen  Heft  beschriebene  Gerät 
„Filmophon"  ist  dagegen  ein  reines  Abspiel- 
gerät und  kann  nicht  zu  eigenen  Aufnahmen 
dienen.  Bedauerlicher  ist  zur  Zeit  der  Nach- 
teil, daß  dieses  Gerät  noch  keine  Firma  (bzw. 
Kapital)  gefunden  hat,  um  die  serienmäßige 
Herstellung  vorzubereiten.  Bei  allem  Für  und 
Wider  wird  in  der  Beurteilung  dieses  neuen 
Gerätes  allerdings  der  erstaunlich  niedrige 
Preis  zu  beachten  sein,  und  zwar  sowohl  der 
Preis  der  Anschaffung  als  auch  der  Preis  der  - 
einzelnen  Schallbänder.  Hier  ist  nicht  der 
Ort,  für  dieses  oder  jenes  Gerät  zu 
plädieren,  aber  eins  muß  endlich  ein- 
mal gesagt  werden:  man  schiebe  die 
Entscheidung  über  das  zu  wählende  Ton- 
gerät nicht  mehr  länger  hinaus! 
Schon  mehrfach  hat  ein  Ausschuß  deswegen 
getagt  und  beraten,  die  Blinden  warten  mit 
Ungeduld,  —  und  immer  wieder  werden  sie 
enttäuscht.  Sachlich  und  sicherlich  auch 
finanziell  muß  eben  etwas  gewagt  werden! 

Und  die  „Lesemaschine"?  Hier 
steckt  noch  alles  in  den  Anfängen,  aber 
immerhin  in  verheißungsvollen  Anfängen. 
Die  gerade  in  letzter  Zeit  so  häufig  in  der 
Tagespresse  zu  findenden  Schlagzeilen 
„Blinde  können  Zeitung  lesen"  oder  „Blinde 
können  mit  den  Ohren  lesen"  greifen  natür- 
lich den  Tatsachen  weit  voraus,  aber  immer- 
hin besteht  die  Hoffnung,  daß  der  Ingenieur 

'  Walter  Blum  ein  Gerät  entwickelt,  mit  dem 
Schwarzschrift  in  der  Weise  hörbar  gemacht 
wird,  daß  man  "nicht  -—  wie  bei  ameri- 
kanischen Versuchsgeräten  — 'verschiedene 
Musiktöne  für  jeden  Buchstaben  hört,  son- 
dern tatsächlich  Sprechlaute,  wenn  auch 
monoton  und  ohne  klangmäßige  Zusammen- 

.  fassung  von  Wortkomplexen.  Immerhin  aber 
würde  diese  Maschine  klar  verständlich 
sein,  —  eine  fast  unheimliche  Aussicht.  Da 
sich  ein  Mann  vom  Range  Professor  Strehls 
für  diese  Erfindung  einsetzt,  darf  man  wohl 
annehmen,  daß  sie  Erfolg  verspricht.  Aber 
hier  werden  wir  noch  Jahre  warten  müssen, 
selbst  wenn  die  Mittel  —  hunderttausend 
Mark  wären  nach  einer  Mitteilung  Dr.  Blums 
das  mindeste  —  beschafft  werden  können. 
Und  das  fertige  Einzelgerät  wird  einen 
Preis  von  ^weit  über  tausend  Mark  haben. 
Diese  Hoffnungen  sind  also  noch  sehr  zwie- 

-  spältiger  Natur,  aber  es  ist  schon  viel  wert, 
zu  wissen,  daß  die  Lösung  wenigstens  in 
der  Theorie  schon  sehr  weit  entwickelt  ist. 

Es  bleibt  uns  also,  soweit  uns  nicht  Beruf 
oder  Auftrag  aktiv  mitwirken  lassen,  nur  Ge- 
duld übrig.  Die  Technik  wird  uns  noch 
mancherlei  schenken  können,  —  vertrauen 
wir  dem  Genie  unserer  Erfinder  und  der 
tätigen  Bemühung  aller  im  Blindenwesen 
Beauftragten.  H. 

Landesversorgungsamt 
Schleswig- Holstein  eröffnet 

Nach  umfangreichen  Vorarbeiten  konnte 
das  Landesversorgungsamt  Schleswig-Hol- 
stein in  Neumünster  am  19.  September 
1951  feierlich  eröffnet  werden.  Unter  den 
zahlreichen  Gästen  sah  man  den  Landes- 
minister für  Arbeit,  Soziales  und  Vertrie- 
bene, Vertreter  des  Bundesarbeitsministe- 
riums, den  Leiter  der  Landesversicherungs- 
anstalt Schleswig-Holstein,  Vertreter  der 
Kriegsopferverbände,  Behörden,  Parteien, 
Gewerkschaften  sowie  der  Wirtschaft.  Als 
Beauftragter  der  Kriegsblinden  war  der  So- 
zialreferent  des  Landesverbandes,  Kamerad 
Koebcke,  erschienen. 

Landesminister  Asbach  begrüßte  die  Gäste. 
Nach  einer  kurzen  Darstellung  des  bisheri-" 
gen  Werdeganges  eröffnete  er  das  Landes- 
versorgungsaint  und  führte  den  Oberpräsi- 
denten der  früheren  Provinz  Schleswig-Hol- 
stein,  Dr.  Hoevermann,   als  Leiter  der 


neuen.  Dienststelle  in  sein  Amt  ein.  Von 
vielen  Seiten  wurden  sodann  Grüße  und  gute 
Wünsche  übermittelt.  Zuletzt  dankte  Präsi- 
dent Dr.  Hoevermann  für  das  ihm  von  den 
Behörden  und  Kriegsopferverbänden  ge- 
zeigte Vertrauen.  Er  und  seine  Mitarbeiter 
wollten,  so  versicherte  er,  stets  im  Geiste 
wahren  Christentums  und  wahrer  brüder- 
licher Liebe  die  Aufgaben  für  die  Kriegs- 
opferversorgung anfassen  und  durchzuführen 
versuchen.  Für  die  im  Lande  zu  versorgen- 
den 227  000  Kriegsopfer  müssen  jähr- 
lich 137  Millionen  Mark  für  Bärleistungen 
und  weitere  6  Millionen  Mark  für  orthopä- 
dische  Hilfsmittel  aufgebracht  werden.  Je  ein 
Versorgungsamt  in  Kiel,  Flensburg,  Lübeck, 
Schleswig  und  Heide  in  erster  Instanz  und 
das  Landesversorgungsamt  in  Neumünster 
in  zweiter  Instanz  werden  mit  etwa  660  .Be- 
amten und  Angestellten  —  darunter.  33 
Aerzten  —  für  die  gerechte  Verteilung  die- 
ser Mittel  Sorge  tragen.  Schließlich  betont  e 
Dr.  Hoevermann,  daß  von  den  in  seiner  . 
Dienststelle  neu  geschaffenen  Arbeitsplätzen 
12,5  Prozent  mit  Schwerkriegsbeschädigten 
und  weit  mehr  als  die  Hälfte  mit  Heimat- 
vertriebenen besetzt  werden  konnten. 

Sportwettkampf  unter  Schülern 

Die    Schüler    der    Blindenschule    Warstein  J 
(Westf.),   unter  ihnen  auch   eine  ganze  An-', 
zahl  jugendlicher  Kriegsblinder,  hatten  sich 
zum  Abschluß  des  Sommersportes  etwas  Be-  I 
sonderes     vorgenommen.     Sie    wagten    den 
Versuch,  sich  mit  den  sehenden  Kameraden 
der  Oberschule  Warstein  unter  gleichen  Be-  - 
dingungen  in  einem  leichtathletischen  Wett- 
kampf zu  messen.  Mit  heißem  Eifer  und  gro- 
ßem   Ehrgeiz    versuchte    jeder    Teilnehmer, 
seine  Leistung  zu  steigern,   und  die   sehen- 
den Jungen  mußten  erkennen,  daß  ihnen  die  | 
Erfolge  gegen  dieNichtsehenden  keineswegs  - 
in    den    Schoß   fielen.    In    manchen    Wettbe- 
werben blieben  sie  geschlagen. 

Die  beiden  besten  Sportler  der  Blinden, 
darunter  der  17jährige  Ramsbrock,  der  kürz- 
lieh  bei  einem  Sportfest  im  Weitsprung 
6,10  m  erreichte,  waren  zwar  als  praktisch 
Blinde  ein  wenig  besser  dran  als  ihre  Ka- 
meraden, aber  auch  unter  den  Vollblinden 
gab  es  erstaunliche  Leistungen.  Z.  B.  ist  es 
schon  allerhand,  wenn  bei  den  13-  und  14- 
jährigen  unser  Kamerad  Schönwälder 
im  Weitsprung  mit  Anlauf  eine  Weite  von 
4,85  m  erreichte,  oder  im  75-m-Lauf  mit 
10,1  Sek.  als  erster  durchs  Ziel  ging.  In  der 
gleichen  Altersgruppe  —  und  vielleicht  war  . 
das  die  relativ  beste  Leistung  des  Tages  — 
erreichte  unser  junger  Kamerad  Midasch 
im  Weitsprung  aus  dem  Stand  2,55  m.  Zum 
Vergleich:  Bei  einem  Sportfest  der  4  Lan- 
desblindenschulen der  Ostzone  wurde  in  der  I 
gleichen  Altersgruppe  als  beste  Leistung  die-, 
ser  Übung  ein  Sprung  von  2,14  m  genannt, 
im  Jahr  zuvor  unter  Beteiligung  älterer 
Schüler  in  Halle'  eine  Leistung  von  2,46  m. 
(Den  Rekord  hält  nach  unseren  Feststel- 
lungen nach  wie  vor  unser  Kamerad  Willi 
Hänsch  mit  einer  Weite  von  2,92  m.)  Der 
beste  der  sehenden  Oberschüler  erreichte 
jetzt  in  Warstein  beim  Weitsprung  aus  dem  I 
Stand  2,75  m.  An  weiteren  Übungen  wurde 
Hochsprung,  Kugelstoßen  und  „Ballschocken"  I 
ausgetragen.  Unter  den  Siegern  im  Mehr- 
kampf schnitten  bei  den  Vollblinden  zwei 
kriegsblinde  Schüler  besonders  gut  ab:  Mit 
507  Punkten  lag  unser  Kamerad  Schön- 
wälder  nur  um  3  Punkte  hinter  dem  Sie- 
ger, einem  sehenden  Oberschüler,  während 
bei  den  11-  und  12jährigen  unser  Kamerad 
Er  w  i  n  ebenfalls  zweiter  hinter  einem 
Oberschüler  wurde. 

Die  Blindenschule  Warstein  hat  mit  die- 
sem Wettkampf  ihren  Schülern  sicherlich, 
nicht  nur  eine  große  Freude  gemacht,  son- 
dern hat  ihnen  auch  neues  Selbstvertrauen 
gegeben,  das  sie  später  im  Zusammenleben 
mit  Sehenden  täglich  brauchen. 


Ein  neues  Modell  des  , 

Das  „Filmophon"  —  das 

Durch  Presse-  und  Rundfunkreportagen 
(siehe  auch  Juliheft,  Seite  14)  interessiert 
und  neugierig  gemacht,  beschlossen  wir,  uns 
persönlich  davon  zu  überzeugen,  ob  die 
Hoffnungen,  die  wir  uns  machen  durften, 
sich  tatsächlich  erfüllen  lassen  würden.  Wir, 
das  sind  zwei  Kriegsblinde,  und  das,  worum 
es  ging,  war  das  von  Denes  von  M  i  - 
haly  konstruierte  „Filmophon"  und 
das  als  Tonträger  erfundene  „Ozaphan"- 
Band.  Also  riefen  wir  den  Erfinder  an  und 
baten,  ihm  einen  Besuch  machen  zu  dürfen. 
Man  war  sofort  bereit,  uns  zu  empfangen, 
und  zwei  Tage  später  saßen  wir  einem  lie- 
benswürdigen, älteren  Herrn,  eben  dem  Er- 
finder, und  einigen  seiner  engsten  Mitarbei- 
ter gegenüber,  und  wurden  erst  einmal 
theoretisch  in  die  Erfindung  eingeführt. 
Dann  geleitete  man  uns  in  das  Laboratorium 
und  setzte  uns  vor  zwei  Geräte;  dem  ersten, 
das  als  Versuchsobjekt  gebaut  worden  war, 
und  dem  anderen,  dem  modernen  und  für 
die  Serienproduktion  gefertigten  Muster. 

Wir  ertasteten  ein  Band,  das  sich  wie 
Cellophan  anfühlte  und  das  von  einer  Spule 
über  mehrere  Rollen  horizontal  an  einem 
würfelförmigen  metallenen  kleinen  Aufbau 
vorbeibewegt  wurde.  Ein  Druckknopt  ließ 
das  Band  anlaufen,  und  wunderbar  klar  kam 
aus  einem  Lautsprecher  eine  Ansage.  Es 
folgte  eine  Orchestermusik,  ohne  jedes  Ne- 
bengeräusch, wie  wir  es  so  oft  beim  Rund- 
funkempfang und  besonders  beim  Platten- 
spielen gewöhnt  sind.  Höchste  Töne  wie 
tiefste  Bässe  so  sauber,  wie  man  es  kaum 
für  möglich  gehalten  hätte.  Eine  Skala  von 
Geräuschen  des  täglichen  Lebens  um  uns, 
und  weitere  künstlerische  Darbietungen 
rissen  uns  zur  Begeisterung  hin.  Das  kann 
das  Instrument  werden,  das  uns,  unabhängig 
von  vorlesenden  oder  berichtenden  Sehen- 
den, an  der  schönen  Literatur,  an  anderen 
künstlerischen  Genüssen  und  am  Zeit- 
geschehen teilnehmen  lassen  wird.  Ein  In- 
strument, das  uns  Blinde  unser  Schicksal 
vergessen  machen  kann. 

Und  wodurch?  Ein  Mann  hat  einen  denk- 
bar billigen  Stoff  gefunden,  in  den  man 
mittels  Quarzlampe  Tonspuren  „hineinger- 
ben" kann:  Das  „Ozaphan",  einen  Zwil- 
lingsbruder des  uns  allen  als  Verpackungs- 
material bekannten  Cellophans.  Ein  Mate- 
rial, das  unendlich  lang  gehalten  werden 
kann,  und  das  in  einer  Breite  von  16  mm 
bisher  bis  zu  40  Tonspuren  aufzunehmen  ver- 
mag, das  praktisch  unzerstörbar  ist  und  von 
einer  Billigkeit  wie  vorher  kein  an- 
derer Stoff,  der  als  Tonträger  gebraucht 
wird. 

Das  dazu  notwendige  Abspielgerät  wird 
tatsächlich  mit  etwa  150  DM  billiger  als 
ein  Koffergrammophon  und  ist 
noch  einfacher  zu  bedienen  als  dieses. 

„Ich  möchte  den  14  Millionen  Blinden  der 
Erde  mit  meinem  Apparat  die  Möglichkeit 
geben,  ohne  fremde  Hilfe  nach  Wunsch  sich 
durch  künstlerische  oder  wissenschaftliche 
Darbietungen  unterhalten  zu  lassen",  so  sagt 
Herr  v.  Mihäly.  Da  sich  auch  die  laufende 
Unterhaltung  dieses  Gerätes  sehr  gering  be- 
messen wird,  könnte  in  der  Tat  jeder  Blinde 
sich  ein  Filmophongerät  halten.  Ein  400  Seiten 
starkes  Buch  würde  auf  einem  Tonband 
aufgenommen  weit  weniger  kosten,  als  das 
gleiche  Werk  im   Schwarzdruck. 

Das  Filmophon  ist  ein  lichtelektrischer 
Tonbandspieler,  der  mit  fotografisch  aufge- 
nommenen Tonspuren  arbeitet,  ähnlich  wie 
die  üblichen  Tonfilmapparate,  jedoch  mit 
anderen  Dimensionen.  Das  Filmophon  bietet 
l  mit  einem  1000-m-Tonband  eine  anhal- 
tende Spieldauer  von  60  Stunden.  Nicht 
zuletzt  hieraus  ergibt  sich  ein  geringerer 
Kostenaufwand.  Auch  ist  es  möglich,  belie- 


,Sprechenden  Buches" 

billigste  Abspielgerät 

big  viele  Abzüge  ähnlich  wie  bei  der  foto- 
grafischen   Platte    anzufertigen. 

Während  das  Magnetophongerät  für  die 
Industrie  unentbehrlich  sein  wird,  weil  man 
zu  jeder  Zeit  Aufnahmen  machen  kann  und 
diese  wieder  löschbar  sind,  handelt  es  sich 
beim  Filmophon  nur  um  ein  A  b  s  p  i  e  1  - 
gerät.  Eine  kleine  Rolle  Ozaphanfilmband 
von  nur  30  m  Länge  würde  dem  Umfang 
unserer  Bundeszeitung  einschließlich  An- 
zeigenteil entsprechen,  und  würde  in  ihrem 
Herstellungspreis  erheblich  niedriger  liegen 
als  der  Druck.  Ein  fremdsprachiger  Unter- 
richt, aufgenommen  auf  Filmophonband,  bie- 
tet ein  Unterrichtsmaterial  von  nur  wenigen 
Pfennigen  und  kann  beliebig  oft  abgehört 
werden.  Wissenschaftliche  Vorlesungen  von 


bekannten  Professoren  würden  dem  Studie- 
renden helfen  können. 

Wenn  auch  von  der  Entwicklung  im  Labo- 
ratorium bis  zur  Serienproduktion  noch  ein 
mühevoller  Weg  überwunden  werden  muß, 
so  meinen  wir  doch,  daß  wir  nicht  aus  die- 
sem Grunde  gleichgültig  abwarten  sollten, 
wie  sich  der  weitere  Gang  der  Dinge  ge- 
staltet, sondern  daß  wir  helfen  sollten,  die- 
sen Weg  abzukürzen.  Das  größte  Hin- 
dernis bedeutet  das  mangelnde  Kapital  und 
außerdem  eine  Konkurrenz,  die  in  der  Bil- 
ligkeit des  Filmophons  den  Absatz  der 
bisher  üblichen  Tonwiedergabegeräte  schwin- 
den sehen.  Sollte  es  nicht  im  Interesse  aller 
Blinden  der  Welt  liegen,  durch  maßgebende 
Instanzen  das  Gerät  des  Herrn  v.  Mihaly, 
der  seit  Jahrzehnten  zu  den  führenden  Köp- 
fen in  der  Entwicklung  der  Fernseh-  und 
Rundfunktechnik  gehört,  einer  eingehenden 
Prüfung  und  Begutachtung  zu  unterziehen? 
Günter  Böttcher  und  Willi  Lüdecke  (Berlin) 


Das  Blindenleitgerät  der  Zukunft? 

über  das  „Optar"  nach  H.  E.  Kallman,   ein  Leitgerät  auf  optisch-akustischer  Grundlage 


Den  Blindenführhund  durch  ein  mechani- 
sches Gerät  zu  ersetzen,  möchte  vielleicht 
dem  Freund  von  Tieren  abwegig  erscheinen. 
Wenn  man  aber  bedenkt,  daß  der  Blinde 
nur  auf  das  Gehör  und  Tastgefühl  auch  dem 
Hunde  gegenüber  angewiesen  ist,  wenn 
man  die  hohen  Anschaffungs-  und  Unter- 
haltungskosten eines  guten  Tieres  in  Rech- 
nung setzt,  wenn  man  ferner  die  Möglich- 
keit des  Ausfalles  eines  Hundes  durch  vor- 
zeitigen Tod  oder  durch  Krankheit  berück- 
sichtigt, und  endlich  auch  bei  der  heutigen 
Wohnungsnot  die  mit  der  Unterbringung 
eines  Tieres  verknüpften  Unbequemlich- 
keiten und  überhaupt  die  Pflege  ins  Auge 
faßt,  dann  verdient  jeder  ernsthafte  Versuch 
Beachtung,  der  darauf  abzielt,  das  Tier  durch 
ein  sicher,  einfach  und  zuverlässig  arbeiten- 
des mechanisches  Gerät  zu  ersetzen. 

Selbstverständlich  darf  man  im  Hinblick 
auf  die  erst  seit  wenigen   Jahren   anlaufen- 


den Entwicklungsarbeiten  an  verschiedenen 
Stellen  im  Ausland,  besonders  in  den 
Staaten,  die  Anforderungen  an  ein  der- 
artiges Gerät  nicht  überspannen  und  von. 
vornherein  verlangen,  der  Blinde  müsse 
sich  damit  auch  in  der  Untergrundbahn  oder 
in  ausgesprochen  stark  belebten  Strißen 
zurechtfinden  können;  man  wird  im  Gegen- 
teil die  Einführung  eines  BKndenleilgerätes 
dadurch  fördern  und  erleichtern,  daß  man 
das  Gerät  Blinden  in  die  Hand  gibt,  die 
täglich  ein  und  denselben  Weg,  z.  B.  von 
der  Wohnung  zur  Arbeitsstätte,  zurückzu- 
legen haben.  Man  wird  eine  derartige  Neu- 
rung  auch  nicht  schwerfälligen  Leuten  über- 
geben, die  am  Hergebrachten  kleben,  son- 
dern die  Erprobung  des  Gerätes  mit  Hilfe 
von  Blinden  durchführen,  die  technischen 
Dingen  aufgeschlossen  gegenüberstehen  und 
von  Hause  aus  auch  die  nötige  Anpassungs- 
fähigkeit   und     die     erforderliche     Geschick- 


In  Kurze  muß  sich  entscheiden,  welches  Gerät  als  „Sprechendes  Buch"  iür  die  deutschen  Blinden 
eingeführt  wird.  Neu  zur  Debatte  steht  das  hier  abgebildete  „Filmophon",  das  den  Vorzug 
großer  Billigkeit  und  erstaunlich  langer  Spieldauer  hat.  Man  lese  zum  Thema  „Optai"  und 
„F ilmophor."  auch  die-  Erläuterungen  in  unserem  Aulsatz  „Habt  Geduld  mit  der  Technik!" 


lichkeit  mitbringen.  Systematische  Unter- 
suchungen mit  verschiedenen  Geräten,  d.  h. 
solchen,  die  ein  Hindernis  nach  dem  Padar- 
prinzip  anpeilen  oder  nach  dem  „Optar"- 
prinzip  anvisieren  und  mit  Blinden 
verschiedenen  Intelligenzgrades  sind  schon 
während  des  Krieges  in  den  USA  und  in 
jüngster  Vergangenheit  in  England  gemacht 
worden,  doch  steckte  die  Konstruktion 
dieser  Geräte  noch  zu  sehr  im  Anfangs- 
stadium. Das  darf  uns  aber  nicht  hindern, 
unser  Augenmerk  auf  diese  höchst  sinn- 
vollen und  kühnen  Neuerungen  auf  radio- 
technischem und  optischem  Gebiet  zu  rich- 
ten, insbesondere  uns  dann  nicht  abseits 
stehen  lassen,  wenn,  wie  im  vorliegenden 
Fall  beim  „Optar",  ganz  neue  Wege 
beschritten  werden. 

Alt  ist  die  Idee,  es  den  Fledermäusen 
nachzumachen,  die  sich  mit  Hilfe  kurzer,  in 
regelmäßiger  Folge  ausgesandter  Ultra- 
schalltöne orientieren.  Auf  dieser  Grundlage 
sind  in  USA  in  den  letzten  Jahren  ver- 
schiedene Typen  von  Ultraschall-Blinden- 
leitgeräten  konstruiert  worden.")  Neuesten 
Datums  und  wenig  bekannt  ist  ein  auf 
optisch-akustischem  Prinzip  aufgebautes 
Blindenführgerät,  das  „Optar"").  „Optar" 
ist  die  Abkürzung  für  optical  automatic 
ranging  —  optischer  automatischer  Distanz- 
messer. 

Das  Gerät  ist  nach  der  amerikanischen 
Beschreibung,  seinen  Maßen  entsprechend 
(rund  7,5X10X12,5  cm)  so  handlich  wie  eine 
gewöhnliche  Photokamera  und  wiegt  nur 
etwa  1  kg.  Eine  weitere  Reduktion  von 
Größe  (und  Gewicht)  auf  fast  Westen- 
taschenformat ist  technisch  möglich.  Die 
Stirnseite  mit  dem  Linsensystem  gleicht 
völlig  einer  sogenannten  Box.  Der  radio- 
technische Teil  mit  der  Photozelle  und  der 
Gleichstrom-Verstärkeranordnung  und  einer 
höchst  sinnreichen  Vorrichtung  zur  Modu- 
lation des  Photostromes  dient  zur  Erzeugung 
von  8  verschieden  hohen  Tönen  als 
Warnzeichen.  Jeder  Ton  ist  einer  be- 
stimmten Entfernung,  in  welcher  sich  das 
anvisierte  Hindernis  befindet,  zugeordnet. 
Das  „Optar"  bedarf  keinerlei  weiterer  Be- 
dienung im  Unterschied  zu  den  älteren 
Ultraschallblindenleitgeräten,  bei  welchen 
an  einem  Hebel  die  jeweilige  Entfernung 
des  Hindernisses  mit  Hilfe  des  Fingers  ab- 
getastet werden  mußte,  es  kann  vielmehr 
wie  eine  Kamera  bedient  werden  und  funk- 
tioniert nach  Druck  auf  einen  Knopf  auto- 
matisch. Der  Blinde  hantiert  mit  dem 
„Optar"  genau  so  wie  der  Sehende  mit 
einer  Taschenlampe. 

Das  „Optar"-Prinzip  läßt  sich  mit  wenigen 
Worten  umreißen:  Bekanntlich  bildet  ein 
Linsensystem  jeden  Gegenstand  des  Objekt- 
raumes an  einer  ganz  bestimmten  Stelle  des 
Bildraumes  scharf  ab,  entfernte  Objekte 
nahe  dem  Brennpunkt,  nahe  Gegenstände 
in  größerem  Abstand  vom  Scheitelpunkt  der 
Linse.  Es  kommt  also  nur  darauf  an,  eine 
Vorrichtung  zu  erfinden,  mit  deren  Hilfe 
man  den  Bildraum  abtasten  kann  in  der 
Weise,  daß  jedesmal  dann,  wenn  die 
tastende  Sonde  das  scharfe  Bild  eines 
Gegenstandes  -tangiert,  ein  verschieden 
hoher  Ton  als  Warnzeichen  im  Kopfhörer 
erzeugt  wird  je  nach  der  Bildweite,  was 
auch  heißt  je  nach  dem  Abstand  des  Hinder- 
nisses vom  Blinden.  Der  besondere  Vorzug 
der  Optargeräte  gegenüber  den  Radar- 
geräten besteht  daiin,  daß  sie  auf  kurze 
Distanzen,  was  auch  „zunehmende  Ge- 
fahr" für  den  Blinden  bedeutet,  präziser 
arbeiten    in    dem    Sinne,    daß    z.   B.    bei    der 


Annäherung  eines  Fußgängers  die  Töne 
um  so  schneller  schrill  in  die  Höhe  klettern, 
je  näher  der  Passant .  dem  Blinden  kommt, 
also  gerade  so,  wie  der  Blinde  es  sich 
wünscht,  wenn  er  etwa  die  Lebhaftigkeit 
des  Verkehrs  in  einer  Straße  kontrollieien 
will. 

Die  besondere  Aufgabe  des  Blinden  be- 
steht darin,  die  Töne  richtig  zu  identifi- 
zieren und  sozusagen  akustisch  denken  zu 
lernen,  d.  h.  jedem  Ton  unwillkürlich  die 
richtige  Entfernung  zuzuordnen.  In  Anleh- 
nung an  die  Tonleiter  wird  man  sich  zweck- 
mäßigerweise mit  den  8  Tönen  begnügen. 
Den  weniger  musikalischen  Blinden  wird 
man  dadurch  entgegenkommen,  daß  man 
den  Hörbereich  z.  B.  auf  zwei  Oktaven  aus- 
dehnt; dann  kann  man  in  Terzen  voran- 
schreiten und  dem  Blinden  die  Arbeit  des 
Zurechtfindens  unter  den  8  Tönen  erleich- 
tern, vgl.  das  folgende  Schema: 
CDEFGAHcdefgahc  =  Tonhöhe 
876       54321=  Entfernungen 

in  Metern 
Das  alles  ist  technisch  gar  nicht  so  schwierig 
wie  es  aussieht.  Es  ist  dazu  nur  nötig,  das 
auf  die  Photozelle  fallende  Licht  in  bestimm- 
ter, berechneter  Weise  zu  zerhacken.  Man 
kann  das  mit  Hilfe  eines  rotierenden  Gitters 
besorgen-,  der  amerikanische  Autor  spricht 
sehr  anschaulich  von  einem  Kamm.  Beim 
„Optar"  sind  8  Gitter  verschiedenen  Strich- 
abstandes (verschiedenen  Abstandes  der 
Zähne  beim  Kamm)  auf  einer  Scheibe  ange- 
ordnet. Die  Scheibe  läßt  man  aber  nicht 
als  plane  Fläche,  sondern  sozusagen  als 
Wendeltreppe  rotieren,  d.  h.  man  macht 
einen  Einschnitt  in  die  Scheibe  vorn  Rande 
her  zum  Mittelpunkt  und  zieht  die  so  ent- 
standenen Ecken  auseinander,  dann  hat  man 
ein   Gebilde   vor    sich,    das   etwa   einer   Ser- 


pentine gleicht.  Läßt  man  das  so  herge- 
richtete Gitter  rotieren,  so  erreicht  man,  daß 
jedes  Teilgitter  die  optische  Achse  an  einer 
ganz  bestimmten  Stelle  schneidet.  Das  an 
definierter  Stelle  liegende  Bild  wird  also 
jeweils  nur  von  einem  ganz  bestimmten 
Teilgitter  tangiert,  wie  es  sein  muß,  damit 
die  verlangte  Zuordnung  der  Töne  zu  den 
Entfernungen  der  Hindernisse  resultiert. 

Keine  Modulation  liegt  vor  bzw.  kein 
Ton  wird  gehört,  wenn  eine  einheitlich  be- 
leuchtete Fläche  anvisiert  wird.  Ein  Bild  mit 
stark  kontrastierenden  Details  gibt  einen 
lauteren  Ton  als  ein  kontrastarmes  Bild.  Bei 
starkem  Nebel  ist  das  „Optar"  weniger 
leistungsfähig  als  bei  dunstfreier  Luft.  Für 
die  Dämmerung  kommt  das  Ultrarot-„Optar" 
in  Frage.  In  der  Nacht  fällt  das  „Optar" 
natürlich  aus.  Das  tierische  Auge  mit 
seinem  beispiellos  dastehenden  Adaptations- 
vermögen ist  dem   „Optar"   weit  -überlegen. 

Ein  abschließendes  Urteil  über  die  Lei- 
stungsfähigkeit des  Optargerätes  können 
wir  zur  Zeit  noch  nicht  abgeben,  Dazu  wären 
praktische  Erprobungen  nötig  an  einem  uns 
auszuhändigenden  Gerät.  Es  lohnt  sich  des- 
halb auch  nicht,  jetzt  schon  hier  auf  die 
minutiösen  technischen  Einzelheiten  und 
Feinheiten  ausführlich  einzugehen.  Wir 
können  an  Hand  der  mit  technischen  Zeich- 
nungen und  Abbildungen  reich  illustrierten 
Veröffentlichung  in  der  führenden  ameri- 
kanischen Zeitschrift  „electronics"  nur  be- 
tonen, daß  es  sich  beim  „Optar"  um  eine 
beachtenswerte  Neuerung  handelt,  und  zwar 
.  nicht  nur  im  Hinblick  auf  seine  Anwendbar- 
keit als  Blindenleitgerät,  sondern  auch  noch 
in  mehrfacher  anderer  Hinsicht.         Dt.  F.  L. 

Man  vergleiche  hierzu  das  Ergebnis  unserer 
Erkundigungen  im  Ausland  im  Beitrag  „Habt  Ge- 
duld mit  der  Technik!"  Die  Schrittleitung. 


Telefonistenausbildung  sei  keine  Spielerei! 


*)  vgl.  L.  Bergmann,  Der  Ultrasehall  und  seine  An- 
wendung in  Wissenschaft  und  Technik,  S.  Hirzel,  Stutt- 
gart 1949,  pg.  510—513;  ebenso  die  Ausführungen  von 
Prof   Bergmann    in    „Der    Kriegsblinde"    (Januar    1950). 

**)  Optar,  A  New  System  of  Optical  Ranging;  (Das 
Optar,  ein  neues  Gerät  zur  optischen  Distanzmessung); 
,, electronics"  23,  102—105,  1950,  'Der  Verfasser  des 
Artikels  ist  nicht  näher  bezeichnet  als  mit  den 
Initialen-   D.  G.  F. 


Beim  Kongreß  der  deutschen  Blindenlehrer,  der 
im  August  in  Hannover  stattfand,  hielt  Blinden* 
Oberlehrer  Adolf  Fischer,  der  auch  sehr  viele 
Kriegsblinde  unterrichtet  hat,  einen  Vortrag  über 
die  Telelonistenausbildung  Erblindeter.  Es  wurde 
in  Hannover  sodann  eine  Arbeitsgemeinschaft  der 
Telefonistenausbilder  gegründet.  Blindenoberlehrer 
Fischer  setzt  sich  mit  dem  folgenden  Aufsalz  für 
eine  gründlichere  Ausbildung  blinder  Telefonisten 
ein. 

Der  blinde  Betriebstelefonist  hat  sich 
durch  seine  zuverlässige  Arbeit  heute  schon 
gut  durchsetzen  können.  Manche  Behörde 
oder  Firma  hat  erkannt,  daß  die  Beschäfti- 
gung eines  Blinden  an  diesem  Platz  sehr 
wohl  möglich  ist.  In  vielen  Fällen  sogar  hat 
der  blinde  Betriebstelefonist  so  überzeugen 
können,  daß  er  vom  Betrieb  als  hervor- 
ragende Arbeitskraft  besonders  geschätzt 
und  anerkannt  wird.  So  erfreulich  diese 
Tatsache  ist,  so  dürfen  wir  jedoch  nicht 
vergessen,  daß  sich  noch  sehr  viele  Betriebe 
und  vor  allem  Behörden  nicht  dazu  ent- 
schließen können,  einen  Blinden  in  ihrer 
Vermittlungszentrale    zu    beschäftigen.    Un- 


Eine  Bitte  an  unsere  Frauen! 

Wir  haben  verschiedentlich  feststellen 
müssen,  daß  einzelne  Kameraden  nichts  oder 
nur  wenig  von  dem  Inhalt  unserer  Zeitschrift 
erfahren.  Wir  wissen,  wie  belastet  gerade 
die  Ehefrauen  von  Kriegsblinden  sind  und  wie 
schwer  es  oft  fällt,  auch  nur  die  Zeit  für  das 
Vorlesen  der  wichtigsten  Neuigkeiten  aus 
der  Tageszeitung  zu  finden.  Dennoch  bitten 
wir  die  Angehörigen  unserer  Kriegsblinden 
herzlich,  den  Inhalt  unserer  Zeitschrift  unse- 
ren Kameraden  bekanntzugeben.  Die  Zeit- 
schrift ist  das  stetigste  Band  der  Kamerad- 
schaft unter  den  Kriegsblinden,  und  es  ist 
immer  wieder  das  Schicksal  jedes  einzelnen, 
das  hier  berührt  wird.  ■ 


kenntnis  der  Leistungsfähigkeit  Blinder, 
Scheu  vor  dem  Schwerbeschädigten,  Be- 
quemlichkeit usw.  mögen  die  Gründe  dafür 
sein.  Bedauerlich  ist  diese  Haltung  aber  im 
Hinblick  darauf,  daß  eine  Anzahl  blinder 
Telefonisten  auf  einen  Berufseinsatz  wartet 
und  so  mancher  den  Wunsch  hat,  diesen 
Beruf  zu  erwählen.  Die  Schwierigkeiten  die- 
ser Sachlage  sind  in  den  einzelnen  Ländern 
sehr  verschieden,  je  nach  der  Aufgeschlos- 
senheit, die  erreicht  werden  konnte. 

Da  in  den  meisten  Blindenberufen  das  • 
Angebot  von  Arbeitskräften  größer  is.t  als 
die  Nachfrage,  werden  die  Umschulungs- 
wünsche als  Telefonist  immer  zahlreicher. 
Allerdings  glauben  wir  der  Sache  der  Blin- 
den im  allgemeinen  (und  auch  persönlich  für 
den  einzelnen)  nur  dann  zu  dienen,  wenn 
wir  eine  sorgfältige  Auswahl  und  eine 
grundlegende,  vielseitige  Ausbildung 
fordern.  Genau  so,  wie  nicht  jeder  Sehende 
das  Zeug  in  sich  hat,  ein  guter  Betriebs- 
telefonist zu  werden,  ebenso  bringt  auch 
nicht  jeder  Nichtsehende  die  Voraussetzun- 
gen für  diesen  Dienst  mit.  Die  Arbeit  eines 
Betriebstelefonisten  ist  äußerst  wichtig  und 
kann  positiv  oder  negativ  sehr  kennzeich- 
nend für  einen  Betrieb  sein.  Der  Blinde  will 
auch  in  seinem  Betrieb  eine  vollwertige 
Arbeitskraft  sein  und  nicht  nur  ein  „mit- 
gezogenes" Betriebsmitglied.  Als  Telefonist 
muß  er  daher  die  nötige  geistige  und  kör- 
perliche Wendigkeit  haben  und  so  sorgfältig 
und  vielfach  ausgebildet  sein,  wie  es  eben 
möglich  ist.  Rasche  Aufzeichnungen  von 
Notizen,  Nachrichten,  Ferngesprächsanmel- 
dungen, Telegrammen  usw.,  Anlegen  von 
Ruf  nummernverzeichnissen,  selbständige  Füh- 
rung von  Ferngesprächslisten  und  Abrech- 
nungen erfordern  mindestens  sichere  Be- 
herrschung der  Blindenkurz- 
schrift  und  zuverlässige  Geläufigkeit  im 
Maschinenschreiben.  Die  weitere  Vermitt- 
lungsarbeit und  die  damit  oft  gekoppelten 


Nebenaufgaben  (Auskunfterteilen,  Pförtner- 
dienst u.  a.)  verlangen  auch  gewisse  tech- 
nische und  betriebswirtschaftliche  Kenntnisse, 
Sicher  gibt  es  Ausnahmefälle  mit  kürze- 
ster Ausbildungszeit,  doch  können  diese 
Ausnahmen  nicht  für  die  Allgemeinheit 
richtunggebend  sein.  Der  Vermittlungs- 
bereich ist  dann  meist  gering  und  der 
Apparat  klein,  schriftliche  Aufzeichnungen 
sind  kaum  notwendig.  Es  ist  oft  auch  ein 
bereits  früher  erworbenes  Wissen  und  Kön- 
nen in  Punktschrift,  Maschinenschreiben  und 
in  technischer  sowie  betriebswirtschaftlicher 
Hinsicht  vorhanden,  und  nicht  zuletzt  garan- 
tiert die  Persönlichkeit  des  Blinden  selbst 
für  gute  Haltung,  tadellose  Dienstauffassung 
und  korrekte  Arbeit. 


Auf  Grund  langjähriger  Erfahrungen  so- 
wohl in  der  Ausbildung  als  auch  in  der 
Unterbringung  und  nachgehenden  Betreuung 
von  zivil-  und  kriegsblinden  Betriebs- 
telefonisten  in  den  Ländern  Nordrhein- 
Westfalen  und  Niedersachsen  halte  ich  eine 
gründliche  und  vielseitige  Schulung  in 
praktischer  und  theoretischer  Vermittlungs- 
technik (an  mehreren  Vermittlungsschrän- 
ken),  Blindenstenografie  (60  bis  80  Minuten- 
silben), Maschinenschreiben  (150  bis  200  Mi- 
nuten-Reinanschläge), Deutsch  und  Betriebs- 
lehre für  außerordentlich  notwendig.  Man 
kann  zwar  in  sechs  Wochen  oder  sogar 
14  Tagen  die  praktischen  Handgriffe  an 
einem  einzigen  Gerät  beherrschen,  vielleicht 
sogar  spielend  erlernen,  doch  genügt 
das  nicht!  Die   heute  verwendeten  Ver- 


mittlungsgeräte sind  sehr  verschieden  von- 
einander, und  die  erlernten  praktischen 
Handgriffe  können  oft  nicht  angewendet 
werden.  Der  Einsatz  kann  dann  nur  an 
einem  gleichen  oder  ganz  ähnlichen  Gerät 
erfolgen,  größere  Vermittlungsschränke 
scheiden   ganz   aus. 

Um  die  Arbeitsmöglichkeiten  für  jeden 
Betriebstelefonisten  zu  erweitern  und  die 
mittleren  und  größeren  Vermittlungsgeräte 
für  den  Einsatz  Blinder  zugänglich  zu 
machen  (in  der  Praxis  jetzt  erprobt:  zwölf 
Amtsleitungen  mit  700  Nebenstellen  und  30 
Amtsleitungen  mit  300  Nebenstellen),  wird 
von  uns  eine  neunmonatige  Aus- 
bildung mit  den  genannten  Fächern  und 
eine  Abschlußprüfung  vor  der  zuständigen 
Oberpostdirektion  für  erforderlich  gehalten. 

AclolS  Fischer 


Das  Bundesversorgungsgesetz  —  „Unsinn  und  Verbrechen 


//, 


Seit  Monaten  und  besonders  in  den  letzten 
Wochen  drängen  unsere  kriegsblinden  Leser, 
daß  endlich  einmal  Einspruch  erhoben  werde 
gegen  die  unerquicklichen  und  zunehmend 
unfairen  Propagandamethoden  der 
Zivilblinden.  Vor  allem  hat  es  in 
letzter  Zeit  viel  Erbitterung  hervorgerufen, 
daß  die  Zivilblinden  in  Rundfunk  und  Presse 
mit  Eifer  den  genauen  Betrag  der  Versor- 
gungsbezüge eines  Kriegsblinden  bekannt- 
geben. Ganz  abgesehen  davon,  daß  solche 
Angaben  sehr  nach  Mißgunst  riechen,  und 
davon,  daß  die  meisten  Kriegsblinden  (im 
Gegensatz  zu  den  Zivilblinden)  vor  ihrer 
Erblindung  über  ein  weit  höheres  Einkom- 
men verfügten  als  jetzt,  abgesehen  auch 
davon,  daß  die  öffentliche  Bekanntgabe  die- 
ser Bezüge  besonders  unseren  auf  dem 
Lande  wohnenden  Kameraden  einen  unbe- 
schreiblichen sozialen  Schaden  zufügt,  ver- 
gessen die  Zivilblinden,  daß  es  sich  beim 
Bundesversorgungsgesetz  nicht  um  eine  all- 
gemeine Versorgung  hilfsbedürftiger  oder 
gebrechlicher  Personen  handelt,  sondern  um 
ein  Gesetz  für  Kriegsopf.er,  die  an  den 
Staat  unanfechtbare  Rechtsansprüche  stellen 
können,  beruhend  auf  einem  gegenseitigen 
Pflichtenverhältnis:  Der  Gehorsamspflicht 
des  eingezogenen  Soldaten  entspricht  die 
Leistungspflicht  des  Staates  in  Schadens- 
fällen. Kriegserblindungen  rühren  ja  aus 
einem  Unternehmen  her,  das  der  Staat 
durchführte  und  für  das  der  Staat  die  Ver- 
antwortung zu  tragen  hat.  Es  kann  also  die 
Versorgung  von  Kriegsopfern  rein  rechtlich 
überhaupt  nicht  in  Vergleich  gesetzt  werden 
mit  den  Wünschen  nach  Hilfe  für  Menschen, 
die  auf  Grund  privater  Schicksalsschläge 
pflegebedürftig  sind.  Bei  der  Schaffung  des 
Versorgungsgesetzes  stand  nicht  das  Thema 
„Blindenhilfe"  sondern  das  Thema  „Kriegs- 
opfer" zur  Debatte.  Wir  hatten  die  Hoffnung, 
daß  die  Zivilblinden  das  eingesehen  hätten, 
denn  seit  einiger  Zeit  versicherte  ihr  Vor- 
sitzender Dr.  Gottwald  ausdrücklich,  daß 
die  Versorgung  der  Kriegsblinden  nicht 
auch  von  den  Zivilblinden  zu  beanspruchen 
sei.  Es  gehe  nur  darum,  auch  den  Zivilblin- 
den ein  Pflegegeld  zuzubilligen  wie  es  der 
Kriegsblinde  erhalte. 

Keine  Frage,  daß  wir  diese  Forderung 
nicht  nur  verstehen  sondern  auch  unter- 
stützen !  Wir  haben  das  immer  wieder 
betont.  Ob  für  die  Erfüllung  dieser  Forde- 
rung die  Länder  oder  der  Bund  zuständig 
sind  und  ob  es  sich,  der  rechtlichen  Lage 
entsprechend,  um  Fürsorgeleistungen  oder 
um  einen  einklagbaren  Rechtsanspruch  han- 
delt, das  sind  Fragen  zweiter  Ordnung,  über 
die  hier  nicht  diskutiert  werden  soll. 

Aber  diese  unsere  aufrichtige  Zustimmung, 
diese  Unterstützung  der  Zivilblindenwünsche 
wird  uns  zunehmend  schwer  gemacht,  weil 
die  Zivilblinden  immer  wieder  unsere  Ver- 
sorgungsbasis, die  ja  schmal  genug  ist, 
attackieren  und  mindestens  moralisch  anfech- 


ten, ganz  zu  schweigen  von  den  unaufhör- 
lichen und  so  irreführenden  Vergleichen. 
Wie  weit  man  in  der  Tonart  darin  bereits 
geht,  beweist  uns  ein  Aufsatz  im  offiziellen 
Organ  des  Deutschen  Blindenverbandes,  „Die 
Blinden  weit"  (Heft  9/1951).  Da  schreibt  ein 
Herr  Heinrich  Wolnik  unter  dem  —  als 
Alternative  gänzlich  unhaltbaren  —  Titel 
„Humanität  oder  Kausalität?"  nicht  mehr 
und  nicht  weniger  als  dies:  das  „unsin- 
nige" und  „veraltete"  Bundesversorgungs- 
gesetz sei  im  Grunde  ein  „Verbrechen 
gegen  die  Menschlichkeit",  es 
sei  ein  „sonderbares  Gesetz,  welches  aus 
dem  Schutt  des  Dritten  Reiches  ausgegraben 
und  restauriert  wurde",  eben  weil  es  nach 
der  Ursache  (der  Kausalität)  der  Erblindung 
frage,  „nach  dem  Stempel  des  Mars",  nicht 
aber  nach  der  „Humanität",  wie  wir  Deut- 
.schen  sie  z.  B.  von  den  Alliierten  nach  1945 
so  segensreich  erfahren  hätten.  Herr  Wolnik 
spart  nicht  mit  Vorwürfen  gegen  die  Bun- 
desregierung, zieht  sogar  Parallelen  zur 
Judenverfolgung  im  Dritten 
Reich,  zitiert  Hitler,  nach  dem  man  sich 
heute  offensichtlich  noch  richte,  kurz,  er  be- 
schimpft die  gleichen  Männer,  denen  die 
Bitten  der  Zivilblinden  gleichzeitig  vorge- 
tragen werden  (es  sind  ja  Bitten  und  keine 
Rechtsansprüche)  —  ob  ein  solches  Verfahren 
diplomatisch  gerade  geschickt  ist,  bleibe 
dahingestellt.  Auch  ist  es  nicht  unsere  Sache, 
hier  die  Bundesregierung  in  Schutz  zu  neh- 
men. 

Aber  einige  dieser  wunderlichen  Töne 
dürfen  nicht  unerwidert  bleiben,  denn  es 
wird  ja  schließlich  uns  Kriegsblinden  vor- 
geworfen, daß  wir  Nutznießer  eines  Ver- 
brechens gegen  die  Menschlichkeit  seien. 
Infolge  unserer  Mitwirkung  bei  der  Gesetzes- 
schaffung wären  wir  auch  Miturheber  dieses 
Verbrechens.  Wir  wollen  dem  Verfasser 
zubilligen,  daß  er  im  Ansturm  seiner  ver- 
ständlichen Verzweiflung  nicht  recht  bedacht 
und  abgewogen  hat,  daß  es  sich  hier  immer- 
hin —  genau  genommen  —  um  den  Anteil 
an  einer  gemeinen  Straftat  handelt.  Also 
sehen  wir  lieber  von  Einzelheiten  ab!  Es 
geht  ja  vor  allem  um  den  konstruierten 
Gegensatz  von  „Kausalität  und  Humanität". 
Wolnik  behauptet,  daß  die  Bundesregierung 
den  Standpunkt  der  Humanität  ablehne 
und  zum  „Altertum"  zurückkehre,  indem  sie 
nach  der  Ursache  der  Erblindung  frage,  im 
Gegensatz  zu  anderen  Staaten. 

Aber  wie  steht  es  in  anderen  Staaten? 
Ein  Versorgungsgesetz  für  Zivilblinde  be- 
steht nicht  einmal  in  der  wohlhabenden 
Schweiz,  und  wo  immer  es  Kriegsblinde 
gibt,  erhalten  diese  mit  ganz  geringen  Aus- 
nahmen eine  Sonderversorgung  nach  der 
„Kausalität",  auch  in  den  von  Wolnik  als 
Vorbild  zitierten  Staaten  England,  Austra- 
lien und  Frankreich.  Der  Vergleich  hinkt 
also.  Sogar  in  der  Sowjetzonenrepublik,  die 
auf  kommunistische  Art  eine  Gleichmacherei 


betreibt,  wird  die  Kausalität  bei  Unfall- 
blinden  anerkannt,  wenn  eine  Unfallver- 
sicherung einzutreten  hatte.  (Es  ist  nun  mal 
eben  so,  daß  Renten  nur  nach  vorangegan- 
genen Leistungen  gewährt  werden!)  Und 
selbst  in  Rußland  gibt  es  eine  Kriegsblinden- 
versorgung.  Also:  Auch  in  den  gepriesenen 
humaneren  Staaten  bleibt  das  Prinzip  der 
Kausalität  anerkannt.  Und  umgekehrt: 
Allein  humanitäre  Gesichtspunkte  ergeben 
keinen  Rechtsanspruch  gegen  bestimmte 
Rechtspersönlichkeiten  (wie  gegen  Ver- 
ursacher von  unerlaubten  Handlungen,  die 
zum  Schadensersatz  verpflichten,  oder  gegen 
den  Staat  bei  Schäden  aus  einem  Dienst- 
verhältnis). Kein  Jurist  kann,  wie  es  Wolnik 
vorschlägt,  „vom  Standpunkt  der  allgemeinen 
Menschenrechte"  eine  „Anklage  gegen  die 
Regierung  vorbereiten"  oder  einen  „Rechts- 
streit", mit  dem  der  Regierung  der  „Vorwurf 
einer  unmenschlichen  Handlung"  gemacht 
werden  soll.  Da  ist  es  fast  drollig,  zu  hören, 
daß  der  Chef  dieser  satanischen  Regierung, 
nämlich  Dr.  Adenauer,  jetzt  dem  Deutschen 
Blindenverband  als  förderndes  Mitglied  bei- 
trat . . . 

Es  ist  eben  so,  -daß  die  Humanitas  eine 
Gesinnung  ist,  eine  Sache  des  Geistes, 
nicht    aber    eine    Paragraphennorm.    Es    ist 


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Wilh elm  Schöpf! in 
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selbstverständlich,  daß  wir  uns  der  Forde- 
rung anschließen,  wonach  die  Humanitas 
auch  im  Staatsleben  sich  auswirken  muß. 
Aber  die  Leistungen  des  Staates  müssen 
sich,  und  sei  die  Gesinnung  noch  so  ideal, 
nach  den  vorhandenen  Mitteln  richten,  und 
wo  die  Kassen  leer  sind,  ist  guter  Rat  be- 
sonders teuer.  Wer  wollte  es  Verbrechen 
nennen,  wenn  jemand  nichts  gibt,  weil  er 
nichts  hat!  Da  helfen  die  geschmeidigsten 
Zahlenreihen  nichts  —  20  oder  30  Millionen 
Mark  müssen  erst  einmal  bereitgestellt  wer- 
den können,  ehe  man  sie  auszahlt.  Am  guten 
Willen  fehlt  es  nirgends.  Wir  sind  nun 
einmal  nicht  so  glücklich  dran,  wie  das  von 
Wolnik  gepriesene  Australien.  Aber  trotz- 
dem, wir  hoffen  dringlichst,  daß  Wege  ge- 
funden werden,  um  die  Existenz  der  Zivil- 
blinden in  würdiger  Weise  zu  sichern,  und 
wir  meinen,  daß  das  möglich  sein  sollte, 
ohne  die  Rechte  und  Ansprüche  der  Kriegs- 
blinden im  geringsten  —  auch  nur  in  der 
Propaganda  —  zu  berühren.  Mit  Recht  weist 
Wolnik  dabei  auf  die  Verpflichtung  zur 
„christlichen  Barmherzigkeit"''  hin.  Hier  allein 
liegt  der  richtige  Weg  für  seine  Wünsche. 
Noch  eins  muß  aber  gegen  den  Aufsatz 
Wolniks  gesagt  werden:  Wir  schämen 
uns,  daß  unter  deutschen  Blinden  so  üble 
und  törichte  Anspielungen  in  politischer 
Hinsicht  verbreitet  werden,  wie  es  hier  ge- 
schieht. Der  Kampf  der  Zivilblinden,  so  heißt 
es,  sei  eine  Pflicht,  „damit  die  Redensart  von 
der  deutschen  Barbarei  endlich  in 
der  Welt  verschwindet".  (Gleichzeitig  wärmt 
Wolnik  diese  Redensart  aber  aufs  neue  auf.) 


Oder:  Die  verantwortlichen  Persönlichkeiten 
der  Regierung  trügen  die  , Verantwortung 
dafür,  wenn  es  —  wegen  der  mangelnden 
Humanität  —  im  Ausland  wieder  heiße:  „O 
diese  Deutschen  — !"  Oder:  „Gerade  Deutsch- 
land hat  es  dringend  nötig,  schon  wegen 
der  Greuel  der  jüngsten  Vergangenheit .  .  ." 
usw  usw.  Es  klingt  fast  wie  eine  Drohung, 
aber  gleichzeitig  wird  das  eigene 
Nest  in  geradezu  unverfrorener  Weise 
beschmutzt,  und  es  wird  das  deutsche 
Staatswesen  auf  eine  Art  beschimpft,  die 
man  schon  als  nationale  Würdelosigkeit 
bezeichnen  muß.  Immerhin  ist  das  „ver- 
brecherische" Bundesversorgungsgesetz  ja 
vom  gesamten  Bundestag  angenom- 
men worden.  Hoffen  wir,  daß  dieser  Auf- 
satz des  um  das  deutsche  Ansehen  in  so 
sonderbarer  Weise  besorgten  Herrn  Wolnik 
im  Ausland  ungelesen  bleibt.  Und  wünschen 
wir  ihm,  daß  man  in  Bonn  seine  Tonart 
(und  die  mancher  seiner  Gesinnungsgenossen) 
mit  jener  „christlichen  Barmherzigkeit"  über- 
hört, die  den  Bonner  Stellen  hier  abgespro- 
chen wird. 

Den  Deutschen  Blindenverband  aber  bitten 
wir  im  Namen  unserer  kriegsblinden  Leser, 
bei  seinem  zweifellos  berechtigten  und  not- 
wendigen Kampf  um  die  Existenzsicherung 
seiner  Mitglieder  uns  Kriegsblinde 
endlich  aus  dem  Spiel  zu  lassen. 
Es  können  beide  Blindengruppen  in  frucht- 
barer Eintracht  nebeneinander  leben,  so,  wie 
wir  es  wünschen.  Man  mache  uns  das  doch 
nicht  allzu  schwer!  H. 


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Kriegsblinde  bei  der  Bundesbahn 


Wo  immer  die  Möglichkeit  gegeben  ist, 
werden  Schwerbeschädigte  bei  der  Deutschen 
Bundesbahn  beschäftigt.  Was  man  aber  nicht, 
für  möglich  gehalten  hätte,  nämlich,  daß 
auch  kriegsblinde  Kameraden  wertvolle 
Arbeit  bei  der  Bundesbahn  leisten  könnten, 
ist  Tatsache  geworden.  Man  findet  sie  als 
Stenotypisten  und  Protokollführer  bei 
Direktionssitzungen,  in  der  Fernsprechver- 
mittlung, in  den  Werkstätten,  z.  B.  als  Satt- 
ler, Tischler  und  Glaser,  in  der  Lagerverwal- 
tung und  Werkzeugausgabe  sowie  auf  vielen 
anderen  Posten,  nicht  zuletzt  auch  als  Aus- 
kunftsbeamte. Die  Eisenbahndirektion  Ham- 
burg hat  in  der  Schaffung  von  Arbeits- 
plätzen für  Kriegsblinde  völlig  neue  Wege 
beschritten,  und  der  Erfolg  ist  nicht  aus- 
geblieben. Heute  sind  40  Prozent  aller  bei 
der  Deutschen  Bundesbahn  beschäftigten 
Kriegsblinden  allein  im  Bezirk  der  Eisen- 
bahndirektion Hamburg  tätig.  Der  Haupt- 
vertrauensmann für  die  Kriegsblinden,  Berg- 
hold, und  der  Leiter  der  Berufsfürsorge, 
Schreuers,  bei  der  Eisenbahndirektion 
Hamburg  können  stolz  darauf  sein,  denn  es 
ist  ihr  Werk.  „Die  Kriegsblinden  sind  ein 
munteres  Völkchen",  sagen  sie  immer  wie- 
der, „sie  stehen  alle  ihren  Mann,  und  manch 
ein  gesunder  Mensch  kann  sich  an  ihnen 
ein  Beispiel  nehmen."  Aber  einer  von  ihnen 
wurde  besonders  hart  vom  Schicksal  ge- 
troffen. Es  ist  der  Kamerad  Heinrich  R  i  e  - 
d  e  m  a  n  n  aus  Hamburg,  der  völlig  erblindet 
und  ohne  Unterarme  aus  dem  zweiten  Welt- 
krieg heimgekehrt  ist. 

Kamerad  Riedemann  ist  jetzt  37  Jahre 
alt  und  steht  bereits  mehr  als  14  Jahre  im 
Dienst  der  Deutschen  Bundesbahn.  Seit  sei- 
ner Ernennung  zum  techn.  Reichsbahn- 
inspektor im  Jahre  1939  war  er  ständig  im 
Außendienst  tätig.  1942  wurde  er  zum  Leiter 
einer  Bahnmeisterei  im  Osten  berufen.  Hier 
entrann  er  einmal  nur  knapp  dem  Tode, 
als  auf  dem  allgemeinen  Rückzug  sein 
Dienstwagen  von  einer  Zahnradmine  in  die 
Luft  gesprengt  wurde  und  er  "Selbst  aus  dem 
zertrümmerten  und  brennenden  Wagen  ge- 
borgen werden  konnte.  Als  ein  Jahr  später 
die  Reichsbahn  alle   Bediensteten   des  Jahr- 


gangs 1914  für  die  Wehrmacht  freistellte, 
mußte  auch  Kamerad  Riedemann  noch  kurz 
vor  Kriegsende  den  grauen  Rock  anziehen. 
Schon  nach  wenigen  Wochen  Frontdienst 
ereilte  ihn  dicht  vor  dem  feindlichen  Graben 
sein  Schicksal.  Nach  langer  Lazarettzeit  trat 
nun  die  Berufsfrage  an  ihn  heran,  denn  ein 
kriegsblinder  Ohnhänder  kann  nur  in  weni- 
gen Berufen  beschäftigt  werden.  Seine 
frühere  Tätigkeit  konnte  er  infolge  der  er- 
littenen Verwundungen  nicht  mehr  ausüben. 
Im    Frühjahr    1946    wurde    Kamerad    Riede- 


mann beauftragt,  sich  auf  den  Unter- 
richt als  Werkschullehrer  der 
Bundesbahnlehrlinge  im  Eisenbahndirek- 
tionsbezirk Hamburg  vorzubereiten.  Mit 
zäher  Energie  und  unterstützt  von  seiner 
Gattin,  eignete  er  sich  das  für  einen  Werk- 
schullehrer erforderliche  Wissen  an,  sc  daß 
er  bereits  im  Herbst  1946  seinen  Unterricht 
aufnehmen  konnte.  Kamerad  Riedemann 
unterrichtet  in  Verwaltungs-,  Berufs-, 
Rechts-  und  Staatsbürgerkunde.  Er  ist  mit 
seinem  neuen  Beruf,  den  er  nunmehr  fünf 
Jahre  ausübt,  bereits  völlig  verwachsen. 
Man  könnte  der  Meinung  sein,  daß  der 
Unterricht  unter  der  Beschädigung  des 
Kameraden  zu  leiden  hätte.  Aber  im  Gegen- 
teil, mit  wunderbarem  Gedächtnis  weiß  die- 
ser blinde  Werkschullehrer,  der  trotz  seines 
schweren  Schicksalsschlages  ein  aufgeschlos- 
sener, humorvoller  Mensch  ist,  den  Unter- 
richt staunenswert  interessant  und  wendig 
zu  gestalten  Die  Lehrlinge  bringen  ihm 
große  Hochachtung  entgegen,  und  die 
Prüfungen  beweisen,  daß  die  Unterrichts- 
leistungen gut  sind. 

(Siehe   auch  unser   Titelbild!) 


40  Prozent  aller  im  Bundesgebiet  bei  der  Bundesbahn  Beschäftigten  sind  im  Gebiet  der  Eisenbahn- 
direktion Hamburg  tätig,  darunter  auch  der  Kriegsblinde  Ohnhänder  Heinrich  Riedemann,  der 
vor  dem  Kriege  bereits  techn.  Reichsbahninspeklor  war  und  der  sich  jetzt  als  Werkschullehrer 
Sür  die  Bundesbalmlehrlinge  bewährt.  F°t°:  Lomont/APB 


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Hauptziel:  die  Berufsfürsorge 

Bezirksleiter-Konferenz  des  LV  Westfalen 

In  Münster  trafen  am  15.  und  16.  Septem- 
^  ber   die    Bezirksleiter    des    Landesverbandes 
/Westfalen  zu  einer  Konferenz  zusammen,  an 
-  der  auch  maßgebende  Behördenvertreter  teil- 
nahmen. Der  Vorsitzende  des  Landesverband 
■des,  Kam.  Schütz,  konnte  den  Leiter  der 
."  Hauptfürsorgestelle,   Landesrat   Dr.    Wolters, 
nebst     Landesinspektor     Dölling     begrüßen, 
den     Leiter     des     Landesversorgungsamtes, 
Oberverwaltungsrat   Winter,   sowie   Medizi- 
nalrat   Dr.    Schweistal    und    Reg.-Amtmann 
\  Schlamännn.    Zunächst    wurde    das    Thema 
„Berufsfürsorge"  erörtert,  wobei  Lan- 
desrat  Dr.   Wolters  äußerte,  daß  der  Haupt- 
fürsorgestelle   zwar   Grenzen    gesetzt    seien, 
daß  man  jedoch  bestrebt  sei,  noch  mehr  zu 
"erreichen.  Die  Mittel  der  Hauptfürsorgestelle 
»  ständen  nur  für  produktive  Zwecke  bereit, 
doch  sei  zu  hoffen,  daß  auch  hinsichtlich  der 
Wohnungsbeschaffung    in    Kürze    günstigere 
Wege    gefunden    würden    als    gegenwärtig. 
Kam.  Schütz  wies  darauf  hin,  daß  einige  Be-, 
zirke  in  Westfalen  schon  bis  zu  95  Prozent 
.   der  arbeitsuchenden  Kriegsblinden  in  Berufe 
^vermittelt    haben.    Günstige    Möglichkeiten 
'  bestehen      für      Stenotypisten       und 
T  e  I  e  f  o  n  i  s  t  e  n.  Es  sei  an  der  Zeit,  Hand- 
werker, die  nicht  voll  beschäftigt  sind,  und 
'  die  für  solche  Berufstätigkeiten  die  Voraus- 
setzungen    mitbringen,     umzuschulen. 
Auch  den  Zivilblinden  müßten  diese  Berufe 
noch  mehr   erschlossen   werden,_.aber   nicht 
nach  der  These  „Blind  ist  b  1  i  n  d".  Ähn- 
lich wie  es  an  anderer  Stelle  in  dieser  Aus- 
gabe   unserer    Zeitschrift    geschieht,    erhob 
Kam.   Schütz   unter   einmütiger  Zustimmung 
seiner  Kameraden  Einspruch  gegen  die  ge- 
genwärtigen Propagandamethoden  des  Deut- 
schen Blindenverbandes. 

Bei    der    Aussprache    unter    den    Bezirks- 
leitern   ergab    sich,    daß    die   Unterbringung 
im  Industriegebiet  und  in  den  Städten  gut 
'  vonstatten     geht,     daß     dagegen     auf     dem 
■'■  Lande  kaum  andere  Möglichkeiten  als  in  .den 
handwerklichen   Berufen  bestehen.  Oberver- 
waltungsrat Winter  erklärte  dabei  dankens- 
werterweise, daß  er  gewillt  sei,  zumindest 
-bei    jedem    Versorgungsamt    einen    Kriegs- 
blinden   zu    beschäftigen.     In    den    meisten 
Fällen  sei  die  Einstellung  bereits  erfolgt. 

Auch  Kam.  Scharra  als  Geschäftsführer 
der  Kriegsblinden-Handwerkerfürsorge  be- 
tonte, daß  weiterhin  danach  gestrebt  werden 
müsse,  die  Anzahl  der  Handwerker 
auf  ein  Mindestmaß  herabzudrücken.  Nur  so 
könne  man  eine  ausreichende  Beschäftigung 
für  die  verbleibenden  Handwerker  erreichen. 
Daneben  müsse  alles  geschehen,  den  Ab- 
satz zu  steigern.  Landesinspektor  Dölling 
erklärte,  daß  hinsichtlich  der  Berufsfürsorge 
erst  in  letzterZeit  das  unbedingt  not- 
wendige Verständnis  bei  den  maßgebenden 
Stellen  geweckt  worden  sei.  Für  die  Förde- 
rung der  Umschulung  sei  seit  1945  sehr  viel 
geleistet  worden.  Bei  der  Berufsünterbrin- 
gung  sei  die  gute  Zusammenarbeit  zwischen 
Hauptfürsorgestelle  und  Kriegsblindenbund 
besonders  fruchtbar  gewesen.  „Helfen  Sie 
uns  bei  der  Arbeit,  und  wir  werden  Sie 
nicht  im  Stich  lassen." 

Anschließend  wurden  Erfahrungen  und 
wichtige  Grundsätze  in  der  Versorgung 
zur  Sprache  gebracht.  Im  großen  und  ganzen 
ist  die  Umanerkennung  vollzogen,  nicht  zu- 
setzt dank  des  Verständnisses  von  Ober- 
verwaltungsrat Winter  und  seiner  Mit- 
arbeiter, Nur  einige  Wünsche  ständen  noch 
offen,  so  z.  B.  hinsichtlich  der  Abwicklung 
;von  Anträgen  auf  Beihilfe  an  Stelle  derUnter- 
haltskosten  für  den  Führhund..  Hier  möge 
man    Rückfragen    nicht    bei    der    Für- 


sorge stellen,  sondern  allein  bei  der 
Hauptfürsorgestelle  halten.  Auch  hinsichtlich 
der  Witwenbeihilfe  müsse  anders  verfahren 
werden,  und  zwar  unter  Einreihung  in-  die 
Dringlichkeitsstufe.  Oberverw.-Rat  Winter, 
der  alle  vorgetragenen  Wünsche  als  sach- 
lich begründet  und  berechtigt  anerkannte, 
stellte    deren   Berücksichtigung    in    Aussicht. 

Vielerlei  Einzelfragen,  u.  a,  auch  aus  dem 
Gebiet  der  Handwerkerfürsorge, 
wurden  erörtert.  So  wurde  auf  Antrag  be- 
schlossen, ein  Sachgebiet  für  selbständige 
Handwerker  unter  Kam.  Schütz  beim  Landes- 
verband  einzurichten. 

Dem  2.  Landesverbandvorsitzenden,  Kam. 
Schaudienst,  wurde  einmütig  das  Ver- 
trauen  der   Versammelten  ausgesprochen. 

Feste  der  Kameradschaft 

Die  Essener  auf  Schloß  Burg 

Der  Autohushalter  Nierfeld  aus  Essen-Bor- 
beck hatte  die  Essener  Kriegsblinden  einge- 
laden, in  zwei  Omnibussen  kostenfrei  einen 
großen  Ausflug  zu  machen.  Mit  Dankbarkeit 
und  Freude  wurde  diese  schöne  Einladung 
angenommen,  und  eines  Morgens  ging  es  los 
zu  einer  Fahrt  ins  Blaue.  Unter  viel  Heiter- 
keit und  Gesang  fuhr  man  zunächst  dem 
Neandertal  entgegen  und  von  da  nach  einer 
Rast  in  Richtung  Bergisches  Land.  Bald  war 
es  allen  klar:  das  Ziel  konnte  nur  Schloß 
Burg  an  der  Wupper  sein.  Hier  erwartete 
die  Ausflügler  eine  kleine  Musikkapelle  und 
ein  gutes  Mittagsmahl.  Nach  einem  behag- 
lichen Verweilen  in  der  schönen  Landschaft 
oder  bei  den  Sehenswürdigkeiten  des  Schlos- 
ses führten  festliche  Stunden  zu  Spiel  und 
Tanz  die  Kameraden  wieder  zusammen.  Erst 
in  später  Abendstunde  konnte  man  sich  zur 
Heimfahrt  entschließen. 

Die  Bielefelder  im  Wesertal 

Einen  prächtigen  Verlauf  nahm  die  dies- 
jährige „Fahrt  ins  Blaue"  unserer  Bielefelder 
Kameraden.  Im  Omnibus  ging  es  über  Bad 
Salzuflen  nach   Vlotho.  Schon  während  der 


ES    STARBEN 

LANDESVERBAND  HESSEN 
Oesterlein,  Willy,  Mühlheim  a.  M.,  Mo- 
zartstraße 2,  gest.  am  15.  9.  1951. 
Frau  Auguste  Schmuck,  Ehefrau  unseres 
Kameraden  Otto  Schmuck,  Frankfurt  a.  M., 
Kaulbachstr.  65,  gest.  am  5.  9.  1951  im  Alter 
von  42  Jahren. 

LANDESVERBAND  NIEDERSACHSEN 
Meißner,    Ernst,    Braunschweig-Querum, 
Eitelbrodstr.  2  (früher  wohnhaft  in  Waiden- 
burg/Schlesien),  geb.  am  24.  1.  1895,  gest. 
am  9. 9. 1951, 

Müller,  Anton,  Helmstedt,  Rosstr.  12,  geb. 
am  1.  4.  1892,  gest.  am  17.  9.  1351. 

LANDESVERBAND  WESTFALEN 
Frau   Martha   Buna,    geb.   Hätzel,   Ehefrau 
unseres  Kameraden  Paul  Buna,  Brackwede, 
Niederer.  15,  gest.  am  25.  9.  1951  im  Alter 
von  69  Jähren. 

A  1  b  r  e  c  h  t ,  Jakob,  Detmold,  Elisabethstr.  5, 
gest.  am  18.7. 1951. 

R  a  g  e  r  t ,  Heinrich,  Recklinghausen,  Dort- 
munder Straße  81,  gest.  am  17.8.1951  im 
Alter  von  55  Jahren. 

AUS,  DER  OSTZONE 
J  u  h  r  i  g  ,  Arthur,  Bürstenmacher,  Freital  3, 
Saalhausener  Str.  7,  geb.  am  21. 7.  1910,  gest. 
am  27.8.1951. 

MÖGEN  SIE  IN  FRIEDEN  RUHN! 


Fahrt  steigerte  sich  die  fröhliche  Stimmung, 
als  durch  ein  im  Wagen  angebrachtes  Mikro- 
fon „Fräulein  Susi"  mit  ihrem  Akkordeon 
und  ihrer  glänzenden  Stimme  alte  und  neue 
Lieder  hören  ließ  und  der  Reiseleiter  immer 
wieder  das  Landschaftsbild  beschrieb.  In 
Vlotho  wurden  die  Teilnehmer  vom  Amts- 
bürgermeister empfangen.  Während  des  Bei- 
sammenseins an  gedeckten  Tischen  erfreute 
als  Gast  aus  Wanne-Eickel  unser  Kamerad 
Willi  Segarrek,  wohl  der  erfolgreichste 
kriegsblinde  Tenor,  mit  dem  Vortrag  einiger 
Arien,  überhaupt  gab  es  neben  den  leib- 
lichen Genüssen  auch  die  anregendsten  gei- 
stigen Genüsse,  so  z.  B.  kurze  Vorträge  über 
die  Entstehung  der  Stadt  Vlotho  und  ihrer 
Umgegend,  eine  Besichtigung  der  Sehens- 
würdigkeiten, vor  allem  des  berühmten 
Jugendhofes  und  des  Burghofes,  der  einen 
schönen  Ausblick  bis  zur  Porta  bot.  Kein 
Wunder,  daß  die  Kameraden  nach  der  Rück- 
kehr noch  in  ihren  Heimatorten  Bielefeld 
und  Gütersloh  bis  zu  später  Stunde  gemüt- 
lich und  angeregt  beisammensaßen! 

Die  Ulmer  in  Urach 

Wie  nach  dem  1.  Weltkrieg,  so  hat  die 
Ulmer-Neu-Ulmer  Ortsgruppe  des  ADAC 
ihre  Ausfahrten  für  Schwerbeschädigte 
wieder  aufgenommen.  Es  ging  mit  70  Privat- 
kraftwagen und  drei  Omnibussen  empor  zu 
den  herrlichen  Höhen  der  Ulmer  Alp,  eine 
drei  Kilometer  lange  Autokara- 
wane, die  300  Fahrtteilnehmer  und  dar- 
unter auch  die  Ulmer  Kriegsblinden  über 
Blaubeuren  in  das  idyllisch  gelegene  Kur- 
städrchen  Urach  brachte.  Hier  war  für  Mittag- 
essen und  vielerlei  beste  Unterhaltung  ge^ 

.  sorgt. 

Der  Vorsitzende  des  ADAC,  Herr  Dr. 
Oehmt,  begrüßte  die  Teilnehmer.  Den 
Dank  sprach  außer  dem  Kreisvorsitzenden 
des  VdK  auch  Bezirksobmann  Kam.  Naegele 
für  die  Kriegsblinden  aus.  Während  am 
Nachmittag  ein  Teil  der  Gäste  Spaziergänge 
durch  die  Stadt  oder  die  Umgebung  machte, 
wurden  die  zurückgebliebenen  mit  musikali- 
schen Vorträgen  verschiedenster  Art  unter- 
halten, ein  reiches  Programm,  dem  sich  ein 
allgemeiner  Tanz  anschloß.  Bei  der  Heimfahrt 
die  Serpentinen  hinab  war  es  ein  reizvolles 
Bild,  wie  eine  Glühwürmchenkette  die 
Schlußlichter  der  langen  Autokolonne  zu 
sehen.  Auch  an  dieser  Stelle  sei  dem  ADAC 
noch  einmal  herzlich  Dank  gesagt! 

Wenige  Tage,  später,  am  15.  September, 
fanden  sich  dann  die  Ulmer  und  Neu-Ulmer 
Kameraden  noch  einmal  zu  einigen  frohen 
Stunden  zusammen.  Gerade  bei  solchen  Zu- 

,  sammenkünften,  wo  der  private  Gedanken- 
austausch im  Vordergrund  steht,  was  ja  lei- 
der in  den  Versammlungen  naturgemäß  er- 
schwert ist,  findet  die  Kameradschaft  ihre 
glücklichste  Pflege. 

Die  Lüneburger  an  der  Ostsee 

Auch  unsere  Lüneburger  Kameraden  folg- 
.  ten  einer  Einladung  des  ADAC,  der  mit  ins- 
gesamt 260  Schwerbeschädigten  in  die  Heide 
fuhr,  die  gerade  in  Blüte  stand.  Alle  Gäste 
wurden  am  Nachmittag  dieses  Tages  vom 
NWDR  glänzend  unterhalten.  Kurz  vorher 
waren  unsere  Lüneburger  Kameraden,  wie 
im  Vorjahr,  zu  einer  besonders  reizvollen 
Fahrt  an  die  Ostsee  gestartet,  und  zwar  nach 
Bad  Niendorf  an  der  Lübecker  Bucht.  So  fand 
,^der  Sommer  auch  hier  einen  Höhenunkt  im 
Kreise  der  Kameraden  und  einen  festlichen 
Ausklang. 

Vorbildliche  Kreisversammluiigen 

In  Rheinland-Pfalz  finden  die  Kreisver- 
sammlungen eine  besonders  intensive  Pflege. 
Am  22.  September  hielten  die  Kreise 
Mayen  und  Ahrweiler  in  Mayen 
unter  reger  Beteiligung  der  Kameraden  ihre 
diesjährige  zweite  Kreisversammlung  ab.  Bei 
der  Eröffnung  konnten  auch  unsere  im  Kreis 


Mayen  wohnhaften  Landesverbandsvorsit- 
zenden Kam.  Neil,  Bezirksleiter  Pung  sowie 
unser  erstmalig  in  unserem  kleinen  Kreis 
weilender  Kamerad  Pfarrer  Kreutz  begrüßt 
werden.  Als  Gäste  waren  erschienen  der 
Leiter  des  Kreisfürsorgeamtes  als  Vertreter 
des  Landrats,  der  Bürgermeister  der  Stadt 
Mayen  und  der  Leiter  des  städtischen  Für- 
sorgeamtes. Außerdem  war  noch  der  Archi- 
var des  Eifelvereinsmuseums  von  Mayen 
anwesend,  der  uns  einen  sehr  interessanten 
und  lehrreichen  Vortrag  über  die  G  e  - 
schichte  der  Stadt  und  Landschaft 
von  Mayen  hielt.  Kamerad  Neil  sprach  über 
Sinn  und  Zweck  der  Kreisversammlung.  Er 
hob  unter  anderem  hervor:  „Die  Kreisver- 
sammlungen dienen  neben  der  geistigen  Be- 
treuung vor  allem  der  Pflege  der  Kamerad- 
schaft im  kleinen  Kreis,  wo  man  sich 
untereinander  aussprechen  kann 
wie  kaum  sonst."  Kamerad  Pfarrer  Kreutz 
hob  im  besonderen  die  Bedeutung  unseres 
Jahrbuches  hervor.  Es  diene  in  glück- 
lichster Weise  der  volkstümlichen  Unterrich- 
tung über  Leben'  und  Arbeit  der  Kriegs- 
blinden und  unseres  Bundes.  —  Am  Nach- 
mittag verlebten  alle  ein  paar  schöne  Stun- 
den im  gemütlichen  Beisammensein.  Die 
Kameraden  Diensberg  und  Huth  sorgten  für 
die  musikalische  Unterhaltung  und  Stimmung. 

H.  L. 

Die  Cuxhavener  in  Altenbruch 

Unsere  Kameraden  aus  Cuxhaven  und 
Land  Hadeln  kamen  zu  einer  hervorragend 
verlaufenen  Tagung  auf  Einladung  der  Ge- 
meindeverwaltung in  der  größten  Gemeinde 
des  Kreises,  in  Altenbruch,  zusammen.  Die 
gesamte  Einwohnerschaft  bemühte  sich  mit 
großer  Gastfreundschaft  um  die  Kriegsblin- 
den, vor  allem  das  DRK  unter  Leitung  von 
Frau  von  Rocheid.  Zu  Beginn  der  Tagung  um 
9  Uhr  ehrten  die  Kriegsblinden  ihre  gefal- 
lenen Kameraden  durch  eine  Kranznieder- 
legung am  Ehrenmal.  Im  Tagungsraum  sang 
ein  Schulchor  zur  Begrüßung  mehrstimmige 
Lieder.  Bürgermeister  und  Pfarrer  begrüßten 
die  Versammelten,  und  es  wurden  sodann 
zunächst  in  geschlossener  Tagung  die  wich- 
tigsten aktuellen  Fragen  erörtert.  Zur  öffent- 
lichen Tagung  am  Nachmittag  fanden  sich 
neben  dem  Gemeinderat  auch  Vertreter  der 
Stadtverwaltung  Cuxhaven  ein.  Außer-  dem 
Kreisvorsitzenden,  Kam.  Bahr,  sprach  auch 
der    Bezirksvorsitzende,    Kam.     Koppe    aus 


Buxtehude,    der    mit    Entschiedenheit    jedes 
unangemessene  Mitleid  ablehnte. 

„Wir  hängen  am  Leben,  weil  wir  es  aus 
der  Tiefe  heraus  kennen,  wie  es  wohl  kein 
Sehender  kennen  kann."  Noch  manche 
Stunden  bei  Musik  und  Unterhaltung  konn- 
ten die  Kriegsblinden  die  Liebe  und  Gast- 
freundschaft der  Einwohner  genießen. 

Den  Bürstenmachern  empfohlen 

Die  Aufnagelmaschine  bewährte  sich 

So  verständlich  auch  das  Mißtrauen  gegen 
ein  bis  dahin  unbekanntes  Arbeitsgerät  sein 
mag  —  im  Falle  der  neuen  Bürstenaufnagel- 
maschine  „RT  48"  ist  dieses  Mißtrauen  über- 
flüssig geworden.  Hier  ist  dem  blinden 
Handwerker  endlich  ein  Gerät  in  die  Hand 
gegeben,  mit  dem  er  selbständig  und  dazu 
verblüffend  sauber  und  schnell  die  Bürsten- 
hölzer selbst  nageln  kann.  Der  Konstrukteur 
dieser  „Universal-Bürsten-Anfnagelmaschine 
RT  48",  Herr  Rudolf  Thommessen,  hat  letzt- 
hin verschiedenen  Fachleuten,  u.  a.  auch  auf 
maßgeblichen  Tagungen,  die  Maschine  mit 
größtem  Erfolg  vorgeführt  und  besuchte 
auch  uns  in  der  Geschäftsstelle  unserer 
Bundeszeitschrift.  Man  kann  nur  in  Überein- 
stimmung mit  jenen  Bürstenmachern,  die  be- 
reits glückliche  Besitzer  des  Gerätes  sind, 
sagen,  daß  man  sich  den  glänzenden  Gut- 
achten der  angesehensten  Fachkenner  an- 
schließen muß,  wie  sie  uns  Von  der  „Deut- 
schen Blindenarbeit"  und  von  den  Fachver- 
bänden des  Bürstenmacherhandwerks  vor- 
liegen. 

Es  wird  nicht  mehr  lange  dauern,  bis 
dieses  vorzügliche  Blindenhilfsmittel  aus  der 
Werkstatt  unserer  Kameraden  nicht  mehr 
fortzudenken. ist  und  daß  es  so  unentbehr- 
lich sein  wird  wie  die  Bankschere.  Man  kann 
der  Versicherung  eines  Bürstenmachers 
schon  Glauben  schenken,  der  kürzlich 
schrieb:  „Wer  einen  Tag  damit  genagelt  hat, 
der  faßt  dazu  keinen  Hammer  mehr  an." 

Die  Maschine  nagelt  alle  Besen-  und 
Bürstensorten,  unabhängig  von  deren  Form 
und  Größe,  mit  35  bis  50  Prozent  Zeiterspar- 
nis. Krumme  Nägel  gibt  es  auch  nicht  mehr. 
Kein  Bündel  kann  durch  Nägel  verletzt  wer- 
den. Man  kann  von  unten  und  auch  von 
oben  nageln.  Selbst  bei  lackierten  Hölzern 
gibt's  keine  Druckstellen.  Durch  einen  leich- 
ten Druck  am  Handhebel  sitzt  jeder 


Nagel  einwandfrei  und  genau  an  der  ge- 
wünschten Stelle,  und  die  Ware  wird  be- 
sonders schön  und  einwandfrei. 

Der  Preis  der  Maschine,  die  übrigens  nur 
wenig  Raum  einnimmt,  beträgt  zur  Zeit 
78  DM  frei  Empfängerstation.  Die  Anschaf- 
fung können  wir  jedem  unserer  Bürsten- 
macher bestens  empfehlen,  zumal  er  dadurch 
von  fremder  Hilfe  unabhängig  wird.  Pro- 
spekte können  vom  Hersteller  angefordert 
werden.  Anschrift:  R.  Thommessen, 
M.  -Gladbach-Rheindahlen. 


PERSÖNLICHES 

Die  glückliche  Geburt  eines  gesunden 
Stammhalters  melden  unser  Kamerad  Max 
Wagner  und  Frau  Ilse,  geb.  Schönebaum, 
Braunschweig,  Spinnerstr.  5 1.  Wir  alle 
wünschen  viel  Glück! 


Unserem  Kameraden  Alois  Schab  und 
seiner  Ehefrau  Waltraud,  geb.  Hampe,  Gü- 
tersloh, Surenhofs  Weg  103,  wurde  am 
17.  September  eine  gesunde  Tochter,  Ingrid; 
geboren.  Wir  gratulieren  auf  das  herzlichste. 


Am  29.  August  1951  wurde  unserem  Kame- 
raden Heinz  Gunkel,;  Groß-Auheim, 
Rausch  34,  ein  Jungej  Horst,  geboren.  Wir 
wünschen  alles  Gute! 
* 

Unser  Kamerad  Studienrat  Gerhard  Meiß- 
ner und  Frau  in  H  i  t  z  a  ck'e.r,  Grünewald- 
straße 44,  melden  die  glückliche  Geburt  eines 
gesunden  Stammhalters.  Möge  der  kleine 
Eckart  zur  Freude  seiner  Eltern  heranwachsen. 


Unser  Kamerad  Josef  Brüs'er  und  Frau, 
Hillmicke  über  Olpe,  melden  die  Geburt 
ihrer  Tochter  Renate  (2.  Oktober  1951).  Die 
Kameraden  des  Bezirks  Siegen-Olpe  lassen 
herzlich  gratulieren. 

* 

Der  kleine  Manfred  unseres  Kameraden 
Lüdtke  und  seiner  Frau  Margrit,  geb.  Ihr- 
lich,  Mülheim  b;  Koblenz,  Bahnhofstr  36, 
hat  sein  gewünschtes  Schwesterchen  —  Ange- 
lika Anne  —  bekommen.  Wir  freuen  uns  von 
Herzen  mit. 


Die 

Umversdl-Bürsten-MMgelmdsc^äne  BT  48 

Das    unentbehrliche    Blindenhilfsmittel 

Zur  Zeit  ab  Lager  lieferbar  —  Gutachten  lesen  Sie  im  Textteil  dieser  Ausgabe 
Fordern  Sie  Prospekt  B  vom  Alleinhersteller 

R.  Thommessen  ■  M.  Gladbach  -  Rheindahlen 


Kriegsblinder 

42  J.,  ev.,  Ostflüchtling,  sucht 
Bekanntschaft  einer  verständigen 
u.  guten  Frau  im  Alter  bis  zu 
40  J.  zw.  späterer  Heirat.  Zu- 
schriften erbeten  unter  K.  M.  an 
die  Schriftleitung,  Bielefeld,  Sta- 
penhorststraße  138. 


BemtO   Bartels,    Bremer  Kaffeehandel 

Bremen,  Hegelsircsße  78 

Bartels    Kaffee    direkt  vom  Einfuhrhafen  Bremen    1925  1 )  1950 

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Bartels  Jubiläums-Kaffee  „  15,50  Bartels  Tee,  osifr.  Mischung  „  18,— 
Bartels  Spezial-Kaffee         „    16,60  I    Bartels  Schokoladenpulver       „      4.— 

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Wer  einmal  Barieis  Sorten  nimmt,  nie  wieder  etwas   anderes  trinkt 


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29  J.,  1,73  gr..  dunkel,  schlank, 
ev.,  mit  Wohnung,  sucht  ein 
ehrenhaftes  ev.  Mädchen  zwisch. 
22  u.  30  J.  zwecks  sofortiger 
Heirat.  Zuschriften  unt.  Seh.  W. 
an  die  Schriftleitung,  Bielefeld, 
Stapenhorststraße    138,    erbeten. 


Kriegsbl.  Bürstenmacher 

ev.,  29  J.,  nicht  entstellt,  in 
Eigenheim  a.  d.  Bahnlinie  ländl. 
in  Württ.  wohnend,  sucht  Part- 
nerin zwecks  Heirat.  Zuschr.  unt. 
Seh.  J.  a.  d.  Schriftl.,  Bielefeld, 
Stapenhorststraße    138. 


Ariitung,  Raucher! 

Wer  billig  und  gut  will  rauchen, 
wird  nur  bei  Kamerad  Meister 
kauk-n.  Biete  große  Zigarillos  zu 
8  Pf  sowie  Kopfzigarren  zu  10, 
12  15  und  20  Pf.  Versand  er- 
folgt direkt.  Anschrift:  Emil 
Meister,  Kriegsblinder,  Wei- 
her bei  Bruchsal  (Badenl,  Brun- 
nenstraße 27,  Liefere  auch  an 
Wieder  Verkäufer. 


10 


Handwebersiedlung  in  Hannover 


Die  Kameraden  der  Arbeitsgemeinschaft 
kriegsblinderWeber  sehen  mit  Freude,  daß  seit 
einigen  Wochen  in  Langenhagen,  einem  nörd- 
lichen Vorort  Hannovers,  eine  Häusergruppe 
förmlich  aus  dem  Boden  schießt.  Langwierig 
und  mühevoll  waren  die  Vorbereitungen  zu 
diesem  Werk.  Es  entsteht  nun  eine  Siedlung, 
wie  sie  in  der  Geschichte  des  Blindenhand- 
werks  wohl  einmalig  sein  dürfte:  In  zehn 
Doppelhäusern  werden  20  Wohnein- 
heiten für  kriegsblinde  Handweber  errichtet, 
die  in  der  Mitte  der  Siedlung,  in  einem  gro- 
ßen Werkstat.tgebäude,  künftig  ihrer 
Arbeit  nachgehen  werden.  Die  Siedler,  aus- 
schließlich  Ostvertriebene,    werden   im   Erd- 


Bei  der  Grundsteinlegung  zur  Siedlung  unserer 
kriegsblinden  Handweber  in  Langenhagen  bei 
Hannover.  In  der  hier  versenkten  Kassette  be- 
findet sich  auch  das  August-Heft  der  Kriegsblinden- 
Zeiischriit.  Inzwischen  konnte  am  29.  September 
bereits  das  Richtfest  begangen  werden. 

geschoß  über  einen  großen  Wohnraum, 
Küche  und  Bad  verfügen  und  im  Obergeschoß 
über  zwei  Schlafzimmer.  Die  Häuser  sind 
vollständig  .  unterkellert.  Die  Gesamtanord- 
nung der  Siedlung  stellt  einen  an  einer  Seite 
offenen  Ring  dar.  Da  das  Werkstattgebäude 
in  der  Mitte  liegt,  ist  es  von  allen  Häusern 
durch  einen  Gartenpfad  ohne  Überschrei- 
tung öffentlicher  Wege  erreichbar.  Die  Häu- 
ser sollen  in  das  Eigentum  der  Siedler  über- 
gehen. 

Vor  einigen  Wochen,  am  25.  August  1951, 
konnte  der  Landesverbandsleiter  der  nieder- 
sächsischen Kriegsblinden,  Albert  Bier- 
w  e  r  t  h  ,  neben  den  zukünftigen  Bewohnern 

Neue  Umschulungslehrgänge 

Die  Leitung  des  Staatl.  Umschulungsheimes 
in  Tegernsee  teilt  mit,  daß  die  folgenden 
neuen  Blindenlehrgänge  angesetzt  sind: 

1.  Voll-Lehrgang    für    Masseure, 
mit  Staatsprüfung. 

Dauer:  1  Jahr. 

Beginn:  voraussichtlich  November  d.  J. 

2.  Voll-Lehrgang      für      Bürsten- 
macher. 

Dauer:  6  Monate.    \ 
Beginn:  Januar  1952. 

Meldungen  über  die  zuständigen  Haupt- 
fürsorgestellen an  die  Bayer.  Haupjiürsorge- 
stelle  München, BriennerStraße  55. 


dieser  Siedlung  alle  diejenigen,  die  in  erheb- 
licher und  dankenswerter  Weise  zum  Gelin- 
gen des  Planes  beigetragen  haben,  zu  der 
feierlichen  Grundstein  1  e.g  u  n  g 
für  den  gemeinsamen  Werkbau  einladen. 

Während  auf  dem  etwa  fünf  Morgen  gro- 
ßen Gelände  an  diesem  sonnenüberstrahlten 
Tage  die  Wohnhäuser  z.  T.  schon  in  Geschoß- 
höhe aufragten,  versammelten  sich  die  Teil- 
nehmer auf  dem  Platze  des  Werkbaues,  wo 
die  Bauleitung  alles  zum  Einbau  des  Grund- 
steines vorbereitet  hatte.  Nachdem  Kam. 
Bierwerth  herzliche  Worte  der  Begrüßung 
und  des  Dankes  gesprochen  hatte,  gab  Herr 
Oberregierungsrat  Dr.  Schultz  von  der 
Hauptfürsorgestelle  Hannover  einen  Über- 
blick über  die  Entstehung  des  Planes  und 
seine  Durchführung.  Herr  Regierungsdirektor 
A  h  r  e  n  s  ,  der  Leiter  des  Landes-Sozial- 
amtes,  schloß  sich  mit  herzlichen  Wünschen 
für  das  Gelingen  und  die  Zukunft  der  Be- 
wohner der  Siedlung  diesen  Ausführungen 
an.  Herr  Gemeindedirektor  Schwarz  er- 
klärte im  Namen  der  Gemeinde  Langen- 
hagen, daß  ereineEhrenpflicht  darin 
gesehen  habe,  den  Wunsch  des  Bundes  der 
Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.,  gerade  in 
dem  verkehrstechnisch  günstig  gelegenen 
Orte  diese   Siedlung  für  seine  Handwerker 


zu  erstellen,  in  jeder  Weise  zu  unterstützen 
und  zu  fördern. 

Kam.  H.  K  n  a  a  c  k  ,  der  Vorsitzende  der 
Arbeitsgemeinschaft  kriegsblinder  Weber, 
als  zukünftiger  „Bürgermeister"  des  kleinen 
Dorfes,  drückte  in  bewegten  Worten  seinen 
Dank  gegenüber  allen  denen  aus,  die  gehol- 
fen haben,  einer  Gruppe  von  kriegsblinden 
Ostvertriebenen  wieder  eine  Heimstatt  und 
einen  Arbeitsplatz  zu  geben.  Dieser  Dank 
soll  sich  in  dem  kameradschaftlichen  Zusam- 
menleben in  Frieden  und  Eintracht  kundtun. 

Der  Sachbearbeiter  für  Siedlungswesen  im 
Landesverband,  Kam.  W.  B  o  d  e  ,  legte  den 
Grundstein  und  übergab  eine  Kassette, 
die  neben  den  Bauzeichnungen  die  Satzun- 
gen des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands e.  V.,  die  Satzungen  der  Arbeits- 
gemeinschaft kriegsblinder  Weber,  die  Ent- 
stehungsgeschichte der  Siedlung  sowie  das 
August-Heft  des  „Kriegsblinden"  enthielt. 
Er  schloß  mit  den  Worten:  „Möge  dieses  ein- 
malige Werk  ein  Mahnmal  des  Friedens  sein. 
Möge  es  ein  Denkmal  sein  für  alle  Deut- 
schen, die  in  zwei  Weltkriegen  das  teuerste 
Gut,  ihr  Augenlicht,  im  Dienste  für  das 
Vaterland  dahingegeben  haben!" 

Inzwischen  ist  am  29.  September  1951  das 
Richtfest  nach  altem  Zunftbrauch  begangen 
worden,  und  die  beteiligten  Kameraden  hof- 
fen, daß  sie  Anfang  nächsten  Jahres  unter 
dem  eigenen  Dach  wohnen  können'. 


Einbanddecken  unb  ^antHtclntapfian 

Mit  der  September-Ausgabe  unserer  Zeitschrift  hat  ein  neuer  Jahrgang  begonnen.  Manche 
Kameraden  und  auch  manche  unserer  Bezieher  aus  Behörden  und  Industrie  möchten  gern  den 
vergangenen  Jahrgang  1950/51  einbinden  lassen.  Wir  bieten  zu  diesem  Zweck  hübsche  und  krallige 
Einbanddecken  in  Halbleinen  an,  mit  Auldruck  auf  dem  Rücken  und  dem  Vorderdeckel. 
Ebenso  Hefern'wir  dazu  ein  gedrucktes  Inhaltsverzeichnis  für  den  nun  abgeschlossenen 
Jahrgang.  Um  künftig  jedem  Leser  das  Aulbewahren  der  Zeitschrift  zu  erleichtern,  können  auch 
hübsche  Sammelmappen  mit  Aufdruck  und  Klappen  geliefert  werden.  Bei  den  Preisen  ergibt 
sich  ein  ganz  erheblicher  Kostenanteil  durch  Verpackung,  Versand  und  Porto.  Es  ist  daher  zu 
empfehlen,  wenn- sich  Leser  in  einzelnen  Orten  zu  einer  Sammelbestellung  entschließen,  da  sich 
dann  der  Preis  naturgemäß  erheblich  verbilligt.  Die  Preise  sind  die  folgenden: 

Inhaltsverzeichnis  mit  Deckblatt.        .         .         .         ,        .        .  0,80  DM 

Einbanddecke  und  Inhaltsverzeichnis       .        .         ;        .        ,  3,20  DM 

Sammelmappe  mit  Klappen 2,90  DM 

Einbanddecke,   Sammelmappe   und  Inhaltsverzeichnis  4,60  DM 

letztere  Bestellung  über  j  e  2  S  tu  c  k 8,00  DM 

letztere  Bestellung  über  j  e  3  S  i  üc  k .         .         .  10,50  DM 

AllePreise    einschließlich    Verpackung    und   Porto! 

Bei  Einzelbestellungen  gemäß  den  vorstehenden  Preisen  bitten  wir  um  Überweisung  des 
Betrages  auf  das  Postscheckkonto:  Zeitschrift  „Der  Kriegsblinde",  Postscheckamt  Hannover  Nr.  199  19 
(mit  entsprechendem  Bestellungshinweis  auf  dem  Zahlkartenabschnitt).  Die  Lieferung  erfolgt  nach 
spätestens  drei  Wochen. 

Bei  Bestellungen  für  mehrere  Sammelmappen  (oder  mehrere  Einbanddecken)  oder  bei  sonstigen 
Sammelbestellungen,  für  die  Ermäßigungen  oben  nicht  aufgeführt  sind,  erbitten  wir  Bestellung  per 
Postkarte.  Dem  Besteller  geht  dann  mit  der  Lieferung  eine  Rechnung  zu. 

Einzelne  fehlende  Hefte  können  auf  Wunsch  nachgeliefert  werden,  solange  der 
Vorrat   reicht.   Preis   0,50   DM. 


Nach  Amerika  reisen? 

In  der  Lesermeinung  der  Augustausgabe 
wurde  von  einem  Kameraden  der  Vorschlag 
gemacht,  auch  für  uns  Kriegsblinde  einen 
Aufenthalt  im  Ausland  zu  ermöglichen.  Als 
Privatlehrer  für  Englisch  bin  ich  an  diesem 
Vorschlag  sehr  interessiert  und  möchte  ihn 
im  Prinzip  unterstützen,  doch  bin  ich  anderer 
Ansicht  über  die  Ausführung  dieses  Vor- 
habens. So  möchte  ich  eine  Lotterie,  die  den 
glücklichen  Gewinnern  eine  Reise  ins  Aus- 
land ermöglicht,  entschieden  ablehnen. 
Sie  würde  bei  der  Öffentlichkeit  doch  nur 
als  verschleierte  Bettelei  aufgefaßt  werden 
(meiner  Meinung  nach  auch  mit  Recht!)  und 
unserem  Ansehen  bestimmt  nicht  förderlich 
sein.  Andererseits  würde  es  aber  nicht  mög- 
lich sein,  10  000  Lose  an  etwa  7000  Kame- 
raden im  Bundesgebiet  abzusetzen,  zumal 
ja  die   allerwenigsten   an   dem   eventuellen 


Gewinn  —  einem  Auslandsaufenthalt  — 
interessiert  sein  werden.  Schließlich  hat 
dieser  ja  für  einen  Blinden  auch  nur  dann 
einen  Sinn,  wenn  er  die  Sprache  des  be- 
treffenden Landes  wenigstens  leidlich  gut 
beherrscht.  —  Und  selbst  wenn  der  Absatz 
der  Lose  unter  den  Kameraden  möglich  sein 
sollte,  so  würde  doch  die  Glücksgöttin  For- 
tuna sicher  nicht  gerade  diejenigen  gewin- 
nen lassen,  die  sich  eine  Auslandsreise 
wünschen. 

So  bin  ich  der  Meinung,  daß  jeder  seine 
Auslandsreise  auch  selber  finanzieren  sollte. 
Es  ist  ja  auch  gar  nicht  nötig,  daß  man 
gleich  nach  Amerika  fährt!  Vorschlagen 
aber  möchte  ich,  daß  unser  Verband  bei  den 
Nachbarländern  England,  Frankreich  und 
Italien  einen  Austausch  von  kriegs- 
blinden Urlaubern  anregt.  Ich  denke  mir 
dies  in  der  Weise,  daß  z.  B.  drei  von  unse- 


11 


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12 


^rerjt  Kameraden  in  ein  englisches  Blinden- 
heim gehen  und  dafür  drei  kriegsblinde 
Engländer  in  einem  unserer  Heime  Auf- 
nahme   finden.    Auf    diese    Weise    könnten 

•  auch  die  Devisenschwierigkeiten  vermieden 
werden.  Und  sicher  würden  es  auch  viele 
Kameraden  begrüßen,  wenn  sie  während 
ihres  Urlaubs  in  einem  unserer  Heime  von 

-  einem  Ausländer  etwas  über  die  Lebens- 
gewohnheiten und  Verhältnisse  in  einem 
anderen  Land  erfahren  könnten! 

G.   M.   (Heidelberg) 

Zum  Thema   „Radio-Skala" 

Schon  mehrfach  sind  in  Ihrer  Zeitschrift 
Vorschläge  für  eine  Radio-Skala  für  Blinde 
veröffentlicht  worden.  Ich  glaube,  daß  die 
beste  und  dabei  einfachste  Vorrichtung  für 
diesen  Zweck  eine  kleine  Kurbel  ist, 
die  man  an  dem  Knopf  für  die  Senderein- 
stellung anbringen  läßt.  Mit  ihrer  Hilfe 
kann  man  leicht  und  genau  die  einzelnen 
Stationen  finden,  indem  man  die  bestimmte 
Zahl  von  Umdrehungen  nach  rechts  oder 
links  ausführt,  z.  B.  von  Stuttgart  nach 
Frankfurt  nicht  ganz  eine  Umdrehung  (bei 
meinem  Empfänger  von  Frankfurt  bis  zum 
Südwestfunk  12  Umdrehungen)  usw.  Natür- 
lich muß  man  zuerst  die  Abstände  bzw.  die 
Zahl  der  Umdrehungen  auf  seinem  Gerät 
herausfinden,  doch  ist  dies  eine  einmalige 
Mühe,  und  auch  das  Behalten  der  Abstände 
erfordert  keine  Gedächtnisakrobatik.  Außer- 
dem kann  das  Gerät  mit  dieser  kleinen 
Vorrichtung  auch  von  einem  Einhänder 
genau  so  leicht  bedient  werden. 

G.   M.   (Heidelberg) 

Und  dazu  noch  ein  Hinweis 

Als  alter  Rundfunkbastler  möchte  ich  mich 
zu  dem  Thema  „Blinden-Skala"  auch  noch 
kurz  zu  Wort  melden.  Seit  ca.  zwei  Jahren 
habe  ich  an  meinem  Rundfunkgerät  eine 
Skala  mit  einer  Punktleiste  und  einem  mit- 
bewegten Tastzeiger,  die  nach  dem  gleichen 
Prinzip  arbeitet,  wie  es  seinerzeit  im 
„Kriegsblinden"  beschrieben  wurde,  wenn 
auch  die  Ausführung  etwas  davon  abweicht. 
Ich  bin  damit  recht  zufrieden  und  möchte 
sie  nicht  wieder  missen.  Jedoch  erscheint 
die  im  Septemberheft  von  einem  Kameraden 
angegebene  Lösung,  bei  der'  einfach  die 
Madenschrauhe  des  Skalenknopfes  durch 
eipe  lange  Rundkopfschraube  ersetzt  wird, 
durchaus  brauchbar.  Allerdings  haben 
manche  Skalenzüge  die  Eigenschaft,  zu 
rutschen,  wenn  der  Knopf  mal  ein  wenig 
überdreht  wird,  wodurch  sich  die  ganze  Ge- 
buchte verschieben  kann.  Ich  möchte  hier 
jrdoch  eine  Warnung  aussprechen:  Diese 
einfache  Vorrichtung  darf  nur  bei  reinen 
V/echselstromgeräten  angebracht  werden, 
keinesfalls  bei  Allstromgeräten.  Es  liegt  in 
der  Natur  der  Allstromschaltung  (auch  der 
reinen  Gleichstromschaltung),  daß  das 
Metallchassis,  auf  dem  das  Gerät  montiert 
ist,  mit  einem  Netzpol  in  leitender  Verbin- 
düng  steht.  Daher  führt  auch  die  Achse  des 
Skalenknopfes  Strom,  und  man  kann  an 
einer  verlängerten  Schraube  dieses  Knopfes, 
joj  nachdem,  wie  der  Netzstecker  gerade  ein- 
gesteckt ist,  einen  ganz  schönen  Schlag  be- 
kommen. Dasselbe  trifft  aber  auch  für  Weeh- 
scjlstromgeräte  zu,  die  mit  einem  sogenann- 
tejn  Spartransformator  oder  Autoduktor 
arbeiten.  Solche  Geräte  sind  aber  von  der 
Industrie  nur  in  der  Zeit  nach  dem  2.  Welt- 
krieg bis  kurz  nach  der  Währungsreform 
gebaut  worden.  Jedenfalls  rate  ich  jedem 
Kameraden,  sein  Gerät  in  dieser  Hinsicht 
überprüfen  zu  lassen,  bevor  er  die  ver- 
längerte   Schraube    anbringt. 

Karl  Tröster  (Erlhof) 

Kreuzworträtsel 

II  ch  hätte  zu  Ihrer  Zeitschrift  einen  Wunsch, 
d£r  vielleicht  auch  eine  größere  Kameraden- 
?(fhar  freuen  würde.  Wäre  es  wohl  möglich, 
ii'i  unserer  Zeitschrift  eine  Ecke  für  Kreuz- 
worträtsel einzurichten?  Ich  habe  mir  gedacht, 


was  den  Schachfreunden  gut  ist,  müßte  den 
Rätselfreunden  recht  und  billig  sein  —  natür- 
lich nur,  wenn  sich  genügend  Kameraden 
dafür  finden.  Ich  könnte  mir  denken,  daß 
diese  Art  Rätsel  unser  Gedächtnis  übt  und 
daß  man  dabei  auch  was  lernen  kann. 

Paul  Grywatz  (Schwarzenhek) 
Was  meint  ihr  dazu? 

Das  Los  eines  heimatvertriebenen, 
kriegsblinden  Bauern 

Das  Los  eines  Heimatvertriebenen  ist  hart 
und  in  vielen  Fällen  schier  unerträglich.  In 
weit  höherem  Maße  aber  leidet  der  Hei- 
matvertriebene, der  noch  dazu  kriegsblind 
ist  und  aus  seiner  altgewohnten  und  be- 
kannten Umgebung  herausgerissen  wurde. 
Aus  den  Tagen,  da  er  noch  sein  Augenlicht 
hatte,  ist  ihm  jeder  Winkel  und  jeder 
Mensch  seiner  engeren  Heimat  bekannt,  und 
er  konnte  sich  als  Blinder  viel  leichter  in 
die  gewohnte  Umgebung  einleben.  Mittel- 
los und  heimatvertrieben  steht  er  nun  in 
einer  ihm  völlig  fremden  Umwelt,  die  er 
vorher  nie  gesehen,  deren  Menschen  er  in 
guten  Tagen  nie  gekannt  und  die  ihn  nicht 
kennen  »und  daher  heute  achtlos  an  seinem 
schweren  Schicksal  vorübergehen.  Gerade 
darum  leidet  der  kriegsblinde  Heimat- 
vertriebene doppelt  schwer  unter  sei- 
nem Los,  und  seine  seelische  Belastung  ist 
weit  größer.  Dazu  kommt  aber:  er  hat,  wenn 
er  Bauer  war,  auch  Beruf  und  Arbeit  ver- 
loren. 

Der  einheimische  kriegsblinde  Bauer 
kann  in  seinem  eigenen  Betrieb,  in  dem  er 
aufgewachsen  ist  und  den  er  jahrelang 
sehend  geleitet  hat,  weiterarbeiten  und  ihn 
leiten.  Ich  hatte  früher  auch  einen  Hof,  den 
ich  auch  dann  noch  leitete,  als  ich  kriegs- 
blind wurde.  Heute  sitze  ich  in  'einem  klei- 
nen südbayerischen  Städtchen,  untätig,  ohne 
Arbeits-  und  Verdienstmöglichkeit.  Der  Ein- 
heimische kann  mit  dem  Blindenführhund 
umhergehen,  weil  er  Ortskenntnisse  hat; 
der  Heimatvertriebene,  so  er  vollblind  ist, 
kann  das  weit  schlechter,  da  er  keine  Orts- 
kenntnisse hat. 

Darum  ist  das  Los  der  kriegsblinden  Hei- 
matvertriebenen doppelt  schwer  und 
bedarf  einer  besonderen  liebevollen  Be- 
treuung und  Interessenvertretung.  Und 
darum  gehört  auch  in  alle  maßgebenden 
Ausschüsse  ein  heimatvertriebener  Kriegs- 
blinder. 

Eine  besondere  Härte  liegt  auch  noch  in 
folgender  Tatsache:  Ich  bin  kriegsblinder 
Landwirt,  hatte  einen  Hof  von  150  Morgen 
und  beziehe  nun  die  KB-Rente,  doch  die 
Soforthilfe  wird  mir  nicht  in  voller 
Höhe  ausgezahlt,  sondern  wesentlich  ge- 
kürzt. Warum  nimmt  man  nur  in  diesem 
einen  Falle  eine  Kürzung  vor  und  in  ande- 
ren Fällen  nicht? 

Hier  einige  Beispiele:  Ein  kriegsblinder 
Kamerad,  der  Beamter  war,  bekommt 
seine  Pension,  die  KB-Rente  und  ist  noch  in 
einer  Beschäftigung,  deren  Verdienst  nicht 
angerechnet  wird.  Ein  heimatvertriebener 
Beamter  mit  demselben  Leiden  bekommt 
wenigstens  das  Überbrückungsgeld,  das 
nicht  auf  die  KB-Rente  angerechnet  wird.  — 
Ein  einheimischer  Bauer  hat  sein  eigenes 
Grundstück'  mit  40  Tagwerk  Grund  und  lei- 
tet es,  bezieht  KB-Rente  und  arbeitet  noch 
nebenbei  Bürsten. 

Wäre  ich  Hilfsarbeiter  auf 
meinem  Hof  gewesen,  so  bekäme  ich 
außer  der  KB-Rente  noch  die  Invaliden- 
rente in  voller  Höhe.  So  aber  bin  ich  „nur" 
heimatvertriebener  Bauer,  der  einst  ein 
monatliches  Einkommen  aus  seinem  Hofe 
von  1000  RM  bezog,  und  habe  nur  die  KB- 
Rente;  die  Soforthilfe  wird  mir  bis  auf 
15  DM  gestrichen.  Das  ist  eine  Härte, 
die  in  keiner  Weise  gerechtfertigt  ist. 
Mögen  die  verantwortlichen  Stellen  hier 
einen  Ausgleich  schaffen,  denn  Gerechtigkeit 
soll  ja  in  der  Demokratie  für  alle  gelten. 
Georg  Schindel  (Wasserburg/Inn) 


HJir  sind  Schattende 

Verzage  nicht,  weil  dich  die  Nacht 
in  ihre  dunklen  Schleier  hüllte. 
Die  Finsternis  hat  keine  Macht. 
Wir  sind  vom  Licht  Eriüllte! 

Ist  auch  die  bunte  Welt  verhangen, 
uns  blieb  ihr  heller   Widerschein. 
Was  je  das  Aug'  an  Licht  empfangen, 
es  ist  doch  dein  und  mein! 

FRIEDRICH  MEZGER 

Der  Deutsche  Blinden-Schachbund  ruft! 

Der  anläßlich  des  Schachturniers  für  Blinde 
1951  in  Stukenbrock  von  den  17  Turnierteil- 
nehmern (darunter  fünf  Kriegsblinde)  am 
2.  Mai  1951  gegründete  Blinden-Schachbund 
bittet  alle  nichtsehenden  Schachfreunde,  als 
Mitglieder  einzutreten.  Der  Beitrag  beläuft 
sich  auf  6  DM  jährlich.  In  diesem  Betrag  ist 
der  Bezugspreis  (4  DM  im  Jahr)  für  die 
Marburger  Schachzeitung  für 
Blinde,  die  jedes  Mitglied  erhält,  bereits 
enthalten.  Ab  Januar  1952  bringt  diese  Zei- 
tung auch  Beiträge  aus  dem  Schach  unter 
den  Blinden.  Wer  Mitglied  werden  und  sich 
an  künftigen  Turnieren  beteiligen  möchte, 
wende  sich  möglichst  bald  an  H.  ückermann, 
Herford,  Johannisstraße  27,  oder  an  den  Be- 
arbeiter dieser  Schachspalte,  der  ebenfalls 
dem  Vorstand  unserer  jungen  Schach- 
organisation angehört.  In  Kürze  beginnt  ein 
neues  Fernschachturnier  für  Blinde. 
Das  nächste  Schachturnier  für  Blinde  (April- 
Mai  1952)  wird  in  zwei  Klassen  (Meister- 
und  Hauptturnier)  zur  Durchführung  ge- 
langen. Auch  an  die  noch  abseits  stehenden 
kriegsblinden  Schachfreunde  ergeht  die 
herzliche  Bitte,  bald  die  Mitgliedschaft  im 
Deutschen  Blinden-Schachbund  zu  erwerben 
und  seine  Bestrebungen  nach  besten  Kräften 
zu  unterstützen,  das  königliche  Spiel  seinem 
hohen  kulturellen  Wert  gerade  für  Blinde 
entsprechend  zu  pflegen,  auf  seine  ange- 
messene Förderung  durch  alle  in  Frage  kom- 
menden Stellen  stets  bedacht  zu 'sein  und 
es  weitestgehend  in  den  Kreisen  aller  Blin- 
den zu  verbreiten. 

2  Partien  aus  Simultanvorstellungen 
Der  Spitzenspieler  des  ESV  Turm  Köln 
maß  am  19.  7.  und  13.  9.  1951  seine  Kräfte 
mit  20  bzw.  14  Gegnern  gleichzeitig.  In 
diesen  Wettkämpfen  gewann  der  Betreuer 
dieser  Schachspalte  beide  nachstehenden 
Partien.  Die  2.  Partie  zeigt,  daß  es  sich 
schon  lohnt,  bei  anfänglich  schlechter  Stel- 
lung nicht  gleich  die  Flinte  ins  Korn  zu 
werfen.  Wegen  Raummangels  wird  für  dies- 
mal  auf  Anmerkungen   verzichtet. 

Caro-Kann 
Weiß:  G.  Mertens 
Schwarz:   P:  Guttenberger 

1.  e4  c6  2.  d4  d5  3.  Sc3  d:e4  4.  S:e4  Sd7 
5.  Sf3  Sgf6  6.  S:f6  S:f6  7.  c3  e6  8.  Ld3  Le7 
9.  0-0  0-0  10.  Se5  c5  11.  Le3  Dc7  12.  Dc2  b6 

13.  Tael  Lb7  14.  Lg5  h6  15.  Le3  Tc8  16.  f4 
Sd5  17.  f5  S:e3  18.  T:e3  c:d4  19.  f:e6  d:e3? 
20.  e:f7+  T:f7  21.  Lh7+  Kf8  22.  T:f7+  Ke8 
23.  Lg6!  Dc5  24.  Tf5+  Kd8  25.  Sf7+  Kd7 
26.  T:c5  T:c5  27.  Da4+  Kc7  28.  Df4+  Kd7 
29.  Se5+  Kd8  30.  D:e3  Td5  31..  Sf7+  Kd7 
32.  Dh3+  Kc7  33.  Dg3+  Kd7  34.  Dg4+  Kc7 
35.  Dm4+  Kd7  36.  Se5+  Kd8  37.  Sc6+  L:c6 
38.  Db8+  Kd7  39.  Le8+  Ke6  40.  L:c6  Lc5  + 
41.  Kfl,  und  Schwarz  gab  auf. 

Albins  Gegengambit 
Weiß:   Mertens 
Schwarz  :  Guttenberger 

1.  d4  d5  2.  c4  e5  3.  d:e5  d4  4.  Sf3  Sc6 
5  e3?  Lb4+  6.  Ld2  d:e3  7.  f:e3  Lg4 
8  L:b4  D:dl+  9.  K.dl  S:b4  10.  Sa3  00—0  + 
11.    Ke2    Sc6     12.'Kf2    L:f3     13.    g:f3    S:e5 

14.  Lh3+  Kb8  15.  Thdl  Sf6  16.  b3  c6  17.  Lfl 


13 


T:dl  18.  T:dl  Kc7  19.  h3  g6  20.  Sc2  Se8 
2.  f4  Sd7  22.  b4  Sg7  23.  c5  Sf6  24.  Lc4  Tf8 
25.  Kf3  Sf5  26.  a4  h5  27.  e4  Se7  28.  Se3  Sd7 
29.  e5  b6  30.  c:b6+  S:b6  31.  Lb3  f6  32.  e6 
Td8  33.  a5  T:dl??  34.  a:b6+!  a:b6  35.  S:dl 
Kd6  36.  Sc3  Sd5?  37.  S:d5!  c:d5  38.  L:d5!, 
und  Schwarz  gab  auf:  denn  auf  K:d5  folgt 
e7!  usw. 

2  Schachaufgaben 
von  Heinrich  Theiß,  Hannover 

1.  Weiß:   Kel,    Thl,   La4,   Se6,    Sg6    (5). 
Schwarz:  Ke8,  Tb6,  Td8,  Lf8,  Bd7,  e7  (6). 

Matt   in   2   Zügen! 

2.  Weiß:    Kf7,    Te8,    Tf6,    Lh8,    Be7    (5) 
Schwarz  :  Kh7  (1). 

Matt   in   2    Zügen! 


Lösungen 
zu  den  Aufgaben  im  Septemberheft: 

Aufg.  1:  1.  Kg6  Kg8  2.  Sf8  Kh8  3.  Kf7 
g6  (g5)  4.  f:  g6  (f:g6  e.  p.)  f5  5.  g7++  oder 
Le5+  + 

Aufg.  2:   1.  Lb6;   Schwarz  muß   den  Sc5 

ziehen,   und  Weiß  setzt  durch  2.   Sd7  matt. 

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Blinde  wollen  Sportreportagen 

In  England  streiten  sich  zur  Zeit  die  Fuß- 
ballvereine mit  dem  Rundfunk.  Die  Fußball- 
vereine haben  es  abgelehnt,  in  Zukunft 
Rundfunkübertragungen  von  den 
Fußball-Liga-Spielen  vornehmen  zu  lassen. 
Gegen  diese  Entscheidung  haben  die  Blinden 


in  England  energisch  protestiert,  da  ihnen 
dadurch  eins  der  beliebtesten  Wochenend- 
vergnügen entgehe. 

Inzwischen  hat  die  Vereinsleitung  von 
Brentford  beschlossen,  auf  ihrem  Spielfeld 
eine  „Blindenanlage"  einzurichten.  Der  Ver- 
ein lädt  zu  jedem  Spiel  12  Blinde  kostenlos 
ein,  die  auf  die  12  Ehrenplätze  geführt  wer- 
den. Die  Vereinsleitung  hat  für  jedes  Spiel 
einen  sachkundigen  Reporter  engagiert,  der 
das  Spiel  auf  diese  Blindenanlage  überträgt, 
so  daß  die  Blinden  mit  Hilfe  der  Kopfhörer 
dem  Spielverlauf  genau  folgen  können.  In- 
zwischen haben  sich  auch  andere  Vereine 
entschlossen,  dem  Beispiel  von  Brentford  zu 
folgen. 


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Oberingenieur  Friedrich  Wilhelm  Gust,  der 
Erfinder  der  Blinden-Tastzeichen 
am  Fernsprechvermittlungsgerät,  feierte  in 
Speyer  seinen  50.  Geburtstag.  Wir  Kriegs- 
blinden gedenken  dieses  hervorragenden 
Mannes  mit  besonderer  Dankbarkeit,  denn 
ihm  vor  allem  ist  es  zu  verdanken,  wenn 
seit  einigen  Jahren  der  Beruf  des  Tele- 
fonisten Hunderten  von  Kriegsblinden  neuen 
Lebensinhalt  gegeben  hat.  „Machen  Sie  aus 
diesen  Dingen  nicht  ein  Geschäft.  Aber  ver- 
suchen Sie  um  so  energischer,  den  Blinden 
so  gut  und  so  schnell  zu  helfen  als  irgend 
möglich",  so  sagte  der  verstorbene  Senior- 
Chef  der  Berliner  Siemensstadt,  Carl-Fried- 
rich von  Siemens,  während  des  zweiten 
Weltkrieges  zu  Oberingenieur  Gust.  In  der 
Tat  haben  die  Siemenswerke  dieses  Prinzip 
befolgt:  sie  ließen  die  Tastzeichen,  die  ohne 
Patentanmeldung  liefen,  von  aller  Welt 
nachahmen,  und  liefern  sie  im  Inland  bei- 
nahe zum  Selbstkostenpreis  an  die  eigene 
Konkurrenz.  Den  Erfinder  hatte  die  Aufgabe 
schon  lange  beschäftigt,  bis  er  gegen  Ende 
des  zweiten  Weltkrieges  die  endgültige 
Lösung  fand.  Die  einrückenden  Russen 
na  gelten  in  Berlin-Siemensstadt  seinen 
Schrank  kurzerhand  zu  und  transportierten 
ihn  mit  allen  technischen  Unterlagen  auf 
Nimmerwiedersehen  nach  dem  Osten  ab.  So 
dauerte  es  eine  Weile,  bis  die  Tastzeichen 
wieder  serienmäßig  herausgebracht  werden 
konnten,  und  zwar  vom  Wernerwerk  Speyer 
der  Siemens-A.G.  Oberingenieur  Gust  hat 
nun  die  Niederschrift  eines  Lehrbuches 
über  Ausbildung  und  Beruf  des  blinden 
Telefonisten  abgeschlossen,  das  in  Kürze  im 
Druck  erscheinen  soll.  Wir  hoffen  sehr,  daß 
F.  W.  Gust  seine  Erfindergabe  auch  weiter- 
hin den  Blinden  widmet. 


Das  ersteVersehrtensportheim 
der  Bundesrepublik  entsteht  nunmehr  in 
Süddeutschland.  Es  handelt  sich  um  ein  Dop- 
pelheim, dessen  Entstehungsgeschichte  recht 
originell  ist.  Der  bayerische  Landtag  hatte 
200  000  DM  mit  der  Maßgabe  bewilligt,  daß 
dieses  Geld  zusammen  mit  der  McCloy- 
Spende  auf  bayerischem  Boden  zum  Bau 
eines  Versehrten-Sportheimes  benutzt  würde. 
Der  Platz  für  die  erste  Anlage  aus  den 
amerikanischen  Mitteln  wiederum  mußte  im 
württembergischen  Isny  festgelegt  werden, 
da  nach  längeren  Streitigkeiten  alle  damali- 
gen Pläne  auf  bayerischem  Boden  sich  zer- 
schlagen hatten  und  die  amerikanischerseits 
vorgeschriebenen  Termine  drängten.  So  ist 
jetzt  als  Endlösung  ein  Doppelheim  ent- 
standen, das  halb  in  Württemberg  und  halb 
in  Bayern  steht,  nämlich  in  Isny  (hier 
wird  der  Rohbau  noch  vor  dem  Winter 
fortig)  und  in  Mayerhöfen,  wo  über 
den  Bauplatz  und  den  Platz  für  eine  Sport- 
anlage bereits  Verträge  abgeschlossen  wur- 
den. Zur  Finanzierung  des  Hauses  Mayer- 
höfen sind  noch  Gelder  nötig,  die  zur  Zeit 
ü.  a.  durch  Sammlungen  aufgebracht  werden. 
Das  Heim  in  Isny  wird  vorwiegend  Wohn- 
und  Schlafgelegenheiten  enthalten,  das 
zweite  Haus  in  Mayerhöfen  wird  neben 
einem  Sportplatz  auch  eine  kleine  Schwimm- 
halle bekommen. 

In  Bonn  fand  am  19.  September  eine 
Kundgebung  der  Zivilblinden  statt  — 
„Das  Zivilblindenparlament"  — , 
die  von  etwa  2000  Personen  besucht  wurde. 
In  einer  Entschließung  wurde  die  Gewährung 
eines  Pflegegeldes  in  der  Höhe  des  den 
Kriegsblinden  zur  Verfügung  stehenden  Be- 
trages gefordert.  Bundestagspräsident  Dr. 
Ehlers  erklärte,  er  könne  keinerlei  Ver- 
sprechungen machen.  Auch  wehre  er  sich 
dagegen,  daß  die  Länder  immer  wieder  auf 


den  Bund  verwiesen  nach  dem  Motto 
„Hannemann,  geh  du  voran!"  — -  Min. -Direk- 
tor Dr.  Kitz  vom  Innenministerium  meinte 
in  seiner  Ansprache,  man  müsse  auch  Lei- 
dende auf  anderen  Gebieten  be- 
rücksichtigen, wenn  eine  gute  Regelung  ge- 
troffen werden  solle.  Leider  erwies  sich  die 
Organisation  dieses  Treffens  als  sehr  unzu- 
länglich. Hunderte  von  Blinden  standen  in 
strömendem  Regen  auf  der  Straße,  da  sich 
der  gemietete  Saal  als  viel  zu  klein  erwies. 
Unter  der  Überschrift  „Blinden-Chaos  in 
Bonn"  berichtet  darüber  die  Hamburger 
Freie  Presse,  daß  die  Bonner  Polizei  fas- 
sungslos diesem  „Tohuwabohu"  gegenüber- 
gestanden habe.  Es  sollte  ein  weiterer  Saal 
benutzt  werden,  doch  stellte  sich  heraus, 
daß  irgend  jemand  die  Bestellung  rück- 
gängig gemacht  hatte.  So  wanderten  die 
Blinden  zwischen  den  beiden  Sälen  hin  und 
her  und  warteten  geduldig  auf  die  Reden. 
Schließlich  wurde  die  Post  alarmiert,  die 
dann  in  eineinhalbstündiger  Arbeit  eine 
Lautsprecherverbindung  durch  die  Stadt 
baute,  damit  auch  im  zweiten  Saal  die  Reden 
zu  hören  seien.  Es  wird  bemerkt,  daß  die 
Blinden  selbst  mit  bewundernswerter  Ge- 
duld und  Gelassenheit  den  Wirrwarr 
ertrugen. 

Der  Allgemeine  Blindenverein 
in  Berlin,  der  seinen  bisherigen  Vorsitzen- 
den durch  dessen  üble  Veruntreuungen  ver- 
loren hat,  wählte  nunmehr  als  1.  Vorsitzen- 
den den  Konzertsänger  Alfred  Stoeckel. 

Der  Verein  zur  Förderung  der  Blinden- 
bildung  (Hannover-Kirchrode)  hat  durch 
Herrn  Direktor  Wilhelm  Heimers  anläßlich 
des  75jährigen  Bestehens  eine  Fest- 
schrift herausgegeben,  die  einen  inter- 
essanten Überblick  über  die  wichtigsten 
Mittel  der  Blindenbildung,  vor  allem  Schrift 
und  Druck,  enthält. 

In  Hagen  (Westf.)  fand  das  Richtfest  eines 
vierstöckigen  Baues  statt,  der  nach  einer 
Ankündigung  von  Dir.  Meurer  künftig 
„Blindenhaus"  heißen  soll.  Das  Erd- 
geschoß wird  als  Ausstellungsraum  für 
Blindenarbeiten  dienen,  während  die  Ober- 
geschosse vornehmlich  Handwerkerfamilien 
eine  neue  Heimstatt  geben  sollen. 

Vom  14.  bis  16.  September  fand  in  Ham- 
burg der  2.  Bundestag  des  „Reichs- 
bundes*  statt.  Der  Reichsbund  hat  nun- 
mehr 500  000  Mitglieder.  —  Der  V  d  K  ,  der 
bei  weitem  größte  Kriegsopferverband,  hielt 
vom  12.  bis  14.  Oktober  in  Trier  seinen 
1.  Verbandstag  ab. 

Auf  der  Innsbrucker  Export-  und  Muster- 
Messe  stellten  die  Tiroler  Kriegs- 
blinden mit  gutem  Erfolg  ihre  handwerk- 
lichen Erzeugnisse  aus.  Außer  Bürsten-  und 
Besenwaren  konnte  man  auch  geschmack- 
volle Tücher  und  Schals,  Fleckerlteppiche  so- 
wie Propagandapostkarten  mit  Bildern 
Kriegsblinder  sehen. 


Unser  Kamerad  Gernsheimer  aus  Worms, 
der  20  Jahre  lang  ein  begeisterter  Fußball- 
spieler war,  besucht  seit  einigen  Jahren 
regelmäßig  die  Fußballspiele  im  Stadion  der 
„Wormatia".  Seine  Frau  schildert  ihm  genau 
das  Geschehen  auf  dem  grünen  Rasen.  Diese 
treue  Anhängerschaft  zum  Fußballsport  hat 
der  Verein  Wormatia  08,  dem  Valentin 
Gernsheimer  übrigens  nie  angehört  hat,  da- 
mit gelohnt,  daß  er  unserem  Kameraden  und 
seiner  Gefährtin   eine   Ehrenkarte    auf 


Lebenszeit  zum  Besuch  des  Stadions 
überreichte.  Eine  sehr  sympathische  und  vor- 
bildliche Maßnahme  des  Vereins  „Wormatia"! 

Die  Bibliothekarin  Johanna  Meyer,  die 
seit  1916  die  einzige  katholische 
Blindenbücherei  im  Borromäushaus 
in  Bonn  verwaltet,  feierte  ihren  70.  Geburtstag. 

Die  Ortsgruppe  Bonn  im  Verein  für 
Deutsche  Schäferhunde  veranstaltete  aus 
Anlaß  ihres  40.  Stiftungsfestes  eine  Sonder- 
schau, die  mit  HOTie'ren  beschickt  war.  Dem 
Oberbürgermeister  von  Bonn,  Dr.  Stock- 
hausen, wurden  drei  Jungtiere  „für 
kriegsblinde  Soldaten"  zur  Verfügung 
gestellt.  ... 

Zwei  einflußreiche  amerikanische 
Kriegsteilnehmer-Organisatio- 
nen, das  „American  Veterans  Committee" 
(AVC)  und  die  „Veterans  of  foreign  wars", 
lehnen  jede  Zusammenarbeit  mit  einem 
„Deutschland  eines  General  Frießner"  ab. 
Sie  bedauern,  daß  in  der  Führung  des 
„Verbandes  deutscherSoldaten" 
anscheinend  kein  Platz  für  den  einfachen 
Soldaten  und  Unteroffizier  sei. 

„Es  ist  eine  Schande",  so  heißt  es  in  einer 
Erklärung  des  AVC,  „daß  bisher  in  Deutsch- 
land keine  Vereinigung  ehemaliger  Kriegs- 
teilnehmer entstanden  ist,  die  für  eine 
europäische  Föderation  und  für  eine  echte 
internationale  Idee  eintritt  und  mit  der  eine 
Zusammenarbeit  für  uns  möglich  wäre."  Es 
sei  besorgniserregend,  daß  diese  Organisa- 
tion, die  im  Namen  aller  deutschen  Kriegs- 
teilnehmer zu  sprechen  vorgebe,  den  glei- 
chen nationalistischen  Chauvinismus  predige, 
der    zum    letzten    Krieg    geführt    habe. 

General  Frießner  teilte  dazu  u.  a.  mit, 
daß  erst  im  November  die  Wahl  des  Vor- 
standes nach  demokratischen  Regeln  erfolge. 

Der  Bund  deutscher  Kriegsbeschädigter 
und  Kriegshinterbliebener  teilte  dem  Bun- 
despräsidenten mit,  daß  seine  Mitglieder  in 
Zukunft  bei  Zusammenkünften  die  ihnen  ver- 
liehenen Verwundeten-Abzeichen 
beider  Weltkriege  tragen  wollen. 

Die  bestbezahlten  blinden  Arbeiter  in 
Schottland  sind  die  Blindenschrift-Drucker  in 
der  Edinburgher  Blindendruckerei.  Sie  er- 
halten dort  wöchentliche  Grundlöhne  bis  zur 
Höhe  von  7  Pfund  11  Schilling. 

Eine  elektrisch  betriebene  Punzier- 
maschine  zur  Herstellung  des  Satzes  für 
die  Blindenschrift  ist  vom  Polygraph-Buch- 
druckmaschinenwerk Leipzig  entwickelt 
worden.  Bisher  geschah  das  Punzieren  auf 
fußbetätigten  Geräten. 

Arges  Pech  hatte  die  Ehefrau  eines  Kriegs- 
blinden in  Celle.  Sie  hatte  die  Rente  ab- 
geholt und  fuhr  mit  ihrer  zweijährigen 
Tochter  auf  dem  Rade  heim.  Das  Kind  nahm 
unbemerkt  die  Brieftasche  aus  der  Einkaufs- 
tasche und  warf  sie  auf  die  Straße.  Hilfs- 
bereite Personen  sammelten  die  umher- 
flatternden Geldscheine  ein,  doch 
fehlten  beim  Nachzählen  noch  ganze  75  DM. 
Hoffentlich  hat  es  die  Zweijährige  auch  in 
ihrem  späteren  Leben  so  gut,  daß  sie  mit 
den  Geldscheinen  nur  so  um  sich  werfen  kann! 

„Kriegsblindenjahrbuch  1952" 

Soeben  ist  das  neue  Kriegsblindenjahrbuch 
erschienen.  In  Umfang  und  Ausstattung 
gleicht  es  dem  vorjährigen  Jahrbuch,  doch 
enthält  es  noch  mehr  Bilder  und  durchweg 
Texte,  die  in  irgendeinem  Zusammenhang 
mit  dem  Kriegsblindenwesen  stehen.  Es  ist 
zu  hoffen,  daß  das  Jahrbuch, "  das  in  sehr 
hoher  Auflage  in  die  Öffentlichkeit  geht,  mit 
Erfolg  um  Verständnis  für  die  Kriegsblinden 
wirbt.    Näheres  im  nächsten  Heft. 


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16 


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t'ct/uw' 


Die  Tertia  kämpft  noch  immer  . . . 

Ein  bewährtes  Buch  als  Südwesttunkhörspiel 
Die  gute  alte  Speyersche  „Tertia"  kämpft 
noch  immer  wacker  wie  vor  Jahrzehnten.  Ihr 
Kampf  ist  freilich  nicht  mit  künstlerischen 
Maßen  zu  messen  —  auch  in  der  Hörspiel- 
dramatisierung nicht,  wie  sie  Christian  Böhme 
für  den  Südwestfunk  recht  reizvoll  zusammen- 
gezimmert hat.  Das  Ganze  ist  und  bleibt  ein 
volkstümliches  Gebrauchsbuch  mit  allen 
Qualitäten  eines  solchen,  auch  den  mora- 
lischen. Und  deshalb  muß  man  feststellen, 
daß  es  in  Hörspiel-Spielplänen  noch  immer 
mehr  Daseinsberechtigung  besitzt  als  Stücke 
chemisch  reiner  literarischer  Herkunft,  bei 
denen  die  Sender  nur  zu  leicht  vergessen, 
daß  das  Volk,  wenn  anders  es  irgendwo 
greifbar  wird  (und  gar  mit  Kulturansprüchen) 
gerade  vor  den  Lautsprechern  sitzt,  von  denen 
es  nicht  durch  strapaziöse  Unverständlich- 
keiten  vertrieben  werden  sollte.  Am  Hörspiel- 
abend der  „Tertia"  fiel  einem  darüber  hinaus 
,  ein,  welch  überraschende  Abwechslung  es 
ist,  einmal  wieder  die  frischen  Stimmen  von 
Jungen  für  eine  dramatische  Aufgabe  ein- 
gesetzt zu  hören.  Unsere  Rundfunkautoren 
sollten  sich  überlegen,  ob  sie  ihnen  nicht 
öfter  einmal  etwas  auf  den  Leib  schreiben 
wollen.  Biltz  hatte  übrigens  sehr  einfalls- 
reich, manchmal  fast  zu  einfallsreich  inszeniert. 

Die  Hintergründe  des  „meterweise 
fabrizierten  Glücks" 

Ein  weiteres  Clifford-Odets-Hörspiel  im 
Südwestfunk  und  Bremen 

Clifford  Odets  liebt  es,  sich  zum  dramati- 
schen Ankläger  der  Manager  zu  machen.  In 
seinem  „Goldjungen",  den  der  Südwestfunk 
im  Januar  als  Hörspiel  herausbrachte,  geht 
es  gegen  die  Box-Unternehmer,  im  „Großen 
Messer"  gegen  die  Film-Magnaten.  Beides 
sind  handfeste  Erfolgsstücke  ohne  künst- 
lerische Bedeutung.  Sie  beweisen,  daß  man 
in  Amerika  auch  gegen  gewisse  allmächtige 
Geschäftsbetriebe,  ja,  sogar  indem  man  ihre 
Auswüchse  literarisch-  moralisch  befehdet, 
Geld  verdienen  kann,  ohne  dadurch  vermut- 
lich —  indem  beide  Unternehmen  friedlich 
nebeneinander  bestehen  —  diese  Geschäfts- 
betriebe wesentlich  zu  schädigen  oder  die 
Auswüchse  zu  beseitigen.  Im  „Großen  Mes- 

v  ser",  das  der  Südwestfunk  und  Bremen  wie- 
derum (wie  schon  den  „Goldjungen")  von 
Gerd  Westphal  in  ihrer  bewährten  Gemein- 
-  Schaftsproduktion  inszenieren  ließen,  ist  wie- 
derum nur  der  Manager  —  der  Direktor  — 
.  der  Teufel,  der  Gemanagte,  der  Filmschau- 
spieler —  wie  zuvor  der  Boxer  —  lediglich 
der  arme  Erpreßte,  im  Grunde  ein  scharmanter 

-  ein  unwiderstehlicher  Mann.  Wäre  es  nicht 
so,  hätte  ja  wohl  kaum  die  Rolle  Willy  Birgel, 
dem  Unwiderstehlichen  (aber  am  Mikrophon 
ebenso  wie  auf  dem  Theater  durchaus  nicht 
ganz  überzeugenden),  angetragen  werden 
können.  Im  übrigen  brauchte  man  nicht  erst 
das  Boxer-  und  das  Filmstarstück  nebenein- 
■  ander  zu  hören,  um  zu  erkennen,  daß  sie 
nach  Rezept  gemacht  sind.  Gleichwohl  konnte 
man  auch  hier  wieder  sagen:  wenn  das 
„Große  Messer"  den  einen  oder  anderen 
•  Hörer  dazu  gebracht  hat,  die  Fragwürdigkeit 
des  Filmbetriebs  zu  durchschauen  und  auf 
das  „meterweise  fabrizierte  Glück"  nicht  mehr 

.  ganz  so  leicht  hereinzufallen,  verlohnte  seine 
Aufführung. 

Nicht  allzu  ernst  genommen 

Ursachen  eines  Erfolges  im  Sportiunk 

Was  ist  die  Ursache  für  den  erstaunlichen 
Erfolg,  den  der  Österreicher  Heribert  Meisl 
mit    seiner    Reportage    über     das    Fußball- 


Länderspiel  in  Wien  verbuchen  konnte? 
Meisl  wurde  über  Nacht  ein  populärer 
Sprecher  im  deutschen  Rundfunk  und  fesselte 
vor  allem  auch  Hörer,  die  sonst  bei  Sport- 
reportagen abschalten.  Zwei  Gründe  scheinen 
uns  dafür  maßgeblich  zu  sein:  einmal  die 
strikte  Fairneß,  die  nichts  von  verkrampftem 
Nationalismus,  keinen  Hauch  jenes  lokal- 
patriotischen Krähwinkelstolzes  spüren  ließ, 
wie  wir  ihn  nicht  nur  von  Sportplätzen  her, 
sondern  auch  von  Rundfunkreportagen  ken- 
nen, (Allerdings  sprach  Meisl  nur  zu  deut- 
schen Hörern.)  Vor  allem  aber  war  es  die 
heitere,  oft  ironische  Überlegenheit  des 
Sprechers,  der  das  Geschehen  auf  dem  Spiel- 
feld nicht  ernster  nahm  als  es  dies  verdiente. 
Nichts  von  dem  erregten  Pathos,  nichts  von 
der  Sensationsleidenschaft,  wie  sie  von  vielen 
westdeutschen  Reportern  in  unsere  Sonntags- 
ruhe geschmettert  werden!  Meisl  distanzierte 
sich  vielmehr  immer  wieder  von  der  Masse, 
er  wurde  nicht,  wie  unsere  Reporter,  ein 
Opfer  des  Rausches  und  des  Außer-sich-Seins 
des  Publikums.  Dieses  Verhalten  hat  zwei 
Vorzüge:  das  Spielgeschehen,  mit  Abstand 
betrachtet,  wird  viel  plastischer  und  klarer 
übermittelt  und  obendrein  auf  eine  unter- 
haltsame und  menschliche  Weise:  „Sie  können 
aufatmen  und  Ihr  Schalerl  Kaffee  oder  die 
Skatkarten  wieder  zur  Hand  nehmen,  der 
Schuß  ging  daneben."  Diese  wohltuende 
Diktion  —  meisterlich   in   einem   anderhalb- 


stündigen Monolog  durchgehalten  —  schenkte 
in  ihrer  Anschaulichkeit  dem  Hörer  auf 
müheloseste  Weise  die  ungetrübte  Illusion 
des  Dabeiseins.  Daß  ein  Fußballspiel  auf  so 
amüsante  Weise  übertragen  werden  kann, 
hat  die  deutschen  Hörer  überrascht,  und 
dabei  fehlt  es,  auch  in  geradezu  erzieherischer 
Hinsicht,  völlig  an  Nachgiebigkeit  gegenüber 
den  Unarten  der  „Fußballnarren".  Mit  Weh- 
mut erinnert  man  sich  an  frühere  Höhepunkte 
der  Sportreportage,  etwa  an  Paul  Laven  in 
seinen  besten  Zeiten,  der  es  ebenfalls  ver- 
stand (und  gewiß  noch  versteht),  die  kleinen 
menschlichen  Zwischentöne  in  das  „große" 
Geschehen  einzublenden. 

übrigens  hat  Meisl  eine  Einladung  des 
NWDR  angenommen  und  wird  vom  8.  bis 
22.  November  als  Gastsprecher  wirken. 

Eine  Ausgrabung 

Romain  Rollands  Jugenddrama  „Johanna 
von  Piennes"    (Stuttgart) 

„Ausgrabungen"  auf  dem  Gebiete  der  Lite- 
ratur sind  oft  fragwürdig:  Nicht  selten  haben 
sie  einen  zwar  vielleicht  verborgenen  aber 
entscheidenden  Haken,  der  daran  schuld  ist, 
daß  sie  erst  auf  eine  späte  Entdeckung  war- 
ten müssen.  Bei  Romain  Rollands  vor  mehr 
als  einem  halben  Jahrhundert  entstandenen 
Jugendwerk  „Johanna  von  Piennes",  das 
jetzt  als  Kernstück  der  „Woche  des  Theaters" 


Durch 
Lesern 

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JDrogrammvorscliau  für  f4örspiele 

die  freundliche  Mitwirkung  der  deutschen  Rundfunksender  können  wir  erneut  unseren 
eine  Programmvorschau  für  den  Hörspielplan  geben.   Wir  hoffen,  daß  unsere  Leser 
von  diesen  Tips  eifrig  Gebrauch  machen. 
Frankfurt:   „Zwei  Nächte  und  ein  Leben",  von  Hermann  Stahl. 
Südwestfunk:   „Nebeneinander",  von  Hans  Rothe. 

NWDR/UKW-West:   „Als  er  wieder  nach  Hause  kam",  von  A.  A.  Milne. 
Stuttgart:    „Schlaf   der  Gefangenen",   von   Christopher  Fry. 
Bremen:  „Hanneles  Himmelfahrt",  von  Gerhart  Hauptmann. 
Saarbrücken:   „Geschiedene  Leute",  von  Christian  Bock. 
NWDR:    „Der  Geizige"   von  Moliere. 
München:    „Die   Acharner",   von  Erich   Kästner. 

München/UKW:    „Der  Nachmittag   eines  Fauns",   nach  Edna   Fischer. 
München:  „Der  Windhund",  von  Klaus  Brill. 

Stuttgart:   „Hauptmann  Matjuschenko",  von  Otto  Heinr.  Kühner. 
Frankfurt:  „Die  gläserne  Stimme",  von  Peer  Baedecker  und  Bruno  Hilde- 
brandt. 

Südwestfunk:   „Nicht  zuhören,  meine  Damen!",  von  Sascha  Guitry. 
NWDR/UKW-Nord:  „Bidon  zinc",  Hörspiel  aus  der  Sahara  von  S.  Oster- 
mayer. 

RIAS:  „Der  kleine  Prinz",  nach  Saint  Exupery. 

Frankfurt/UKW:  „Zwei  Nächte  und  ein  Leben",  von  Hermann  Stahl. 
Stuttgart:  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen",  von  Walter  Bauer. 
München:  „Die  Geschichte  vom  Zaren  Johann",  von  Henry  v.  Heiseler. 
RIAS:   „Der  öffentliche  Ankläger",  von  Fritz  Hochwälder. 
NWDR:   „Wenn  wir  alle  Engel  wären",  von  Heinrich  Spoerl. 
Saarbrücken:   „Das  Komma",  von  Herbert  Timm. 
Bremen:   „Der  gefährliche  Weg",  von  Gilbert.  Thomas. 
NWDR/UKW-Nord:   „Die  Glocken  von  Spoleto",  von  Martin  Anger. 
Stuttgart:   „Das  Damengericht",  von  E,  Reinacher,  nach  Gottfried  Keller. 
Frankfurt:    „Der  Stadtbaumeister",   von  Elmar  Schulte. 
Frankfurt/UKW:    „Hero  und  Leander",    von  Egon  Jameson. 
Südwestfunk:  „Herr  Richter,  das  ist  mein  Kind!",   von  Fritz  Hochwälder. 
Stuttgart:  „Züge  ans  Meer",  von  Stine  Aronson  (aus  dem  Schwedischen). 
NWDR:  „Dem  Himmel  bin  ich  auserkoren",  von  Thornton  Wilder. 
Frankfurt:   „Dumala",  nach  dem  Roman  von  E.  von  Keyserling,  bearb.  von 
Hans  Kettler. 

Frankfurt/UKW:    „Die   gläserne   Stimme",   von  Peer   Baedecker   und   Bruno 
Hildebrandt 

Südwestfunk:   „Das  rasche  Urteil"",   von  Walther  Franke-Ruta. 
NWDR:   „Stimmen  über  dem  Fluß",  von  Wolf-Dietrich  Schnurre. 
Frankfurt:  „Die  Jungfern  vom  Bischofsberg",  von  Gerhart  Hauptmann. 
Frankfurt/UKW:    „Egmont",  Hörspiel  nach  dem  Drama  von  Goethe. 
Südwestfunk:   „Die  Tage  sind  gezählt",  von  Josef  Martin  Bauer. 
NWDR:   „Paul  Temple  und  der  Fall  Curzon"   (1.  Folge). 
NWDR:   „Merlette",  von  Pierre  Francois. 

Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriflleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel-Preis  der  Kriegsblinden!" 


20.55 
20.30 
21.00 
20.15 
21.30 
20.20 
21.00 
23.10 
21.45 
16.55 
17.00 
21.00 

20.30 
21.30 

21.30 

20.05 
20.15 
20.45 
19.30 
20.20 
20.30 
21.30 


20.30 


20.30 


20.30 


17 


im  Süddeutschen  Rundfunk  zum  ersten  Male 
nach  Deutschland  kam,  verhält  es  sich  gewiß 
so.  Trotz  großer  Klarheit  in  Aufbau  und 
Konzeption  gibt  es  gewichtige  Gründe  dafür, 
daß  dies  reichlich  historische  Schauspiel  selbst 
von  der  Düse,  die  es  früh  kannte  und  der  es 
eine  lohnende  Rolle  geliefert  hätte,  nicht  ver- 
wirklicht wurde.  Schon  das  Thema  ist  recht 
konventionell,  und  selbst  die  strahlende  Un- 
bestechlichkeit und  Treue  des  jungen  Mäd- 
chens,   das  sich  durch  keinen  gewaltig  fluchen- 


Der  Rundfunk 
unterstützt  unseren  Hörspielpreis 

Wie  bereits  in  der  Tagespresse  gemeldet 
worden  ist,  hat  die  Arbeitsgemeinschaft  der 
Rundfunkanstalten  der  Bundesrepublik  auf 
ihrer  letzten  Tagung  in  Bad  Pyrmont  (1.  und 
2.  Oktober)  beschlossen,  den  „Hörspielpreis 
der  Kriegsblinden",  den  unsere  Zeitschrift 
ausgesetzt  hat,  in  seiner  Planung  und  Durch- 
führung zu  fördern.  Wir  sind  für  diese  Hilfe, 
die  es  uns  ermöglichen  wird,  die  Preiszuteilung 
mit  der  nötigen  Sorgfalt  vorzunehmen,  über- 
aus dankbar,  und  wie  möchten  den  deutschen 
Rundfunkintendanten  auch  an  dieser  Stelle 
unseren  Dank  zum  Ausdruck  bringen. 


und  fand  ich  Schönes,  und  möchte  dafür 
danken. 

In  Gedanken  fahre  ich  mit  dem  Dünen- 
expreß. Er  fährt  nicht  so  schnell,  wie  sein 
Name  stolz  verkünden  möchte.  Dafür  pfeift 
er  laut  und  viel  und  schaukelt  auch  reich- 
lich. Ich  schaukelte  später  noch  einige  Male! 
Ja,  was  so  ein  kräftiges  Meerwasser  ist  .  .  . 

Ich  gehe  durch  Haus  Frisia,  unserem 
netten  Heim.  Da  begegnet  mir  die  -immer 
um  uns  so  besorgte  Schwester  Else.  Ihr 
sorgenvolles  Gesicht  galt  besonders  denen, 
die  für  die  Nacht  den  Hausschlüssel  ver- 
langten. Sie  mochte  wohl  an  die  vom  Haus- 
arzt verordneten  Meerwasserbäder  denken. 
Wie  sollte  sich  das  vertragen?  Ich  sehe  mich 
in  den  Aufenthaltsräumen  im  Kreise  der 
Kameraden.  Ich  höre  den  Weckruf  in  Form 
der  von  dem  Helferkreis  des  Hauses  ge- 
sungenen Morgenlieder  und  das  fröhliche 
Lachen  der  Kinder  in  ihrem  Gemeinschafts- 
raum. 

Ob  noch  die  Straße  lebt,  die  ich  so  oft 
hinunter  zur  Wandelhalle  gegangen  bin,  wo 
ich,  auf  der  Bank  sitzend,  der  großen  Kur- 
kapelle lauschte?  Ob  noch  die  Promenade 
lebt,   die   ich   so   oft   gegangen   bin,    gemein- 


sam mit  dem  ewigen  Rauschen  des  Meeres, 
mit  dem  Wind  und  dem  Sturm,  mit  dem 
Sonnenschein  und  dem  Regen,  mit.  dem 
Krächzen  und  Lachen  der  Möwen?  Ob  auch 
das  „Sturmeck"  noch  ist?  Ob  noch  das  Meer 
ist,  das  von  der  Flut  herangetragen  wird 
und  von  der  Ebbe  fortgeführt?  Liegen  noch 
Seesterne  am  Strand  und  Muscheln?  Rufen 
noch  immer  Menschen  „Da  ist  er?"  Und  sie 
meinen  einen  Seehund,  dessen  glänzender 
Kopf  aus  seinem  Lebenselement  schaut? 

O  du  liebenswerte  Erinnerung,  wie  groß 
ist  die  Zahl  der  Bilder,  die  du  mir  schenkst. 
Hier  zeigst  du  mir  Herrn  Heinemann,  den 
Leiter  der  Kurverwaltung,  der  jedem  Kame- 
raden, der  ihn  darum  bat,  bei  Kurveranstal- 
tungen einen  guten  Platz  zuwies.  Dort  zeigst 
du  mir  Bilder  von  Orten,  die  zur  Fröhlich- 
keit einladen.  Bilder  sehe  ich  vom  Wasser 
und  vom  Leuchtturm,  vom  Strand  und  den 
Dünen,  Bilder  sehe  ich  von  lachenden  Men- 
schen, und  immer  finde  ich  mich  und  meine 
Familie    darunter,    Bilder    der    Sorglosigkeit. 

Ach,  es  war  schön  in  Borkum.  Ich  bin 
herzlich  dankbar  für  dieses  Erleben.  Ich 
möchte   einmal  wiederkommen   dürfen! 

Bernhard  Thurow. 


Eindrücke  aus  dem  Kriegsblind  enkurheim  in  Borkum 

Von  Obermedizinalrat  Dr.  Du  bitscher 


den  Schwiegervater  und  keine  staatliche  und 
kirchliche  Macht  das  Einverständnis  zur  Lö- 
sung seines  Liebesbundes  abpressen  läßt,  ent- 
behrt aller  Zwischentöne  und  des  psycho- 
logischen Auf  und  Nieder.  Es  gibt  aber  auch 
noch  etwas  anderes  in  dem  Drama,  was  kaum 
den  großen  Idealisten  und  Humanitätsapostel 
späterer  Jahre  verrät:  der  meikwürdig  weit- 
abgewandte Ausklang  des  Ganzen:  „Es  lohnt 
nicht,  um  dieses  Lebens  willen  so  tief  betrübt 
zu  sein."  Ist  etwa  dieser  Schluß  die  voraus- 
genommene, vorausgeahnte,  unbewußte  Er- 
kenntnis, daß  bloße  Humanität  ohne  tiefere 
Begründung  unfruchtbar  bleibt?  Hat  der 
Dichter  so  früh  gespürt,   woran  er  krankte? 

Sendungen  aus  dem  Blindenwesen 

Nachdem  der  Süddeutsche  Rundfunk 
(Stuttgart)  im  September  über  Mittel- 
welle und  UKW  eine  großangelegte  Hörfolge 
aus  dem  Leben  der  Blinden  unter  dem  Titel 
„Mit  anderen  Augen"  zur  Sendung  brachte 
—  eine  dankenswerte  Unternehmung  und 
dazu  in  vieler  Hinsicht  meisterlich  gestaltet  — , 
kündigt  der  Hessische  Rundfunk  drei 
Sendungen  für  den  Schulfunk  an:  „Vom  blin- 
den Menschen".  Die  erste  Sendung  ist  am 
19.  10.  um  14.15  Uhr  zu  hören  (Wiederholung 
am  22.  1 0.  um  9  Uhr)  und  wird  von  der 
Blindenschrift  berichten.  Nach  einer  weiteren 
Sendung  über  den  Führhund  wird  die  Reihe 
abgeschlossen  mit  einem  Lebensbild  von 
Helen  Keller. 

%jruß  an  }DorUum 

Nun  bin  ich  wieder  weit  fort  von  dir,  du 
kleine  Insel  in  der  Nordsee,  und  es  treibt 
mich,  dir  zu  sagen:  ich  habe  Sehnsucht  nach 
den  Bildern  deiner  eigenartigen  Natur  und 
nach  der  sorglosen  Fröhlichkeit  deiner  Tage. 
Ich  war  gern  dein  Gast,  und  wäre  nicht  die 
Erinnerung,  ich  müßte  traurig  sein,  daß  auch 
dieses  Erleben  dem  Gesetz  der  Zeiten  ge- 
horchen muß,  das  jedem  Beginnen  auch  sein 
Beenden  diktiert. 

Ja,  es  war  schön  in  Borkum.  Doch  aus  der 
Summe-  der  Besinnlichkeit  die  verträumteste 
Stunde,  aus  der  Zahl  der  schönen  Plätze  den 
liebsten  Ort,  aus  dem  Schatz  des  Lachens 
den  Grund  für  die  große  Fröhlichkeit  zu 
nennen,    fällt    mir  .  schwer.    In    allem    suchte 


Der  leitende  Arzt  des  Landesversorgungsamles 
Nordrhein  in  Köln,  Herr  Obermedizinalrat  Dr. 
Dubitscher,  besuchte  anläßlich  eines  Aulenthaltes 
in  Borkum  unser  dortiges  neues  Erholungsheim. 
Die  dort  gewonnenen  hervorragenden  Eindrücke 
werden  uns  hier  in  amüsanter  Weise  erzählt: 

Bei  dem  Wort  „Heim"  beschleicht  einen 
ungewollt  ein  kleines  Mißtrauen  und  die 
Ahnung  von  einem  altertümlichen  Haus  am 
Stadtrand,  von  mulfigen,  dunklen  Zimmern, 
in  denen  der  kalte  Tabakqualm  wie  eine 
Mauer  steht,  von  wackligen  Einrichtungs- 
gegenständen, die  zu  nichts  anderem  mehr  zu 
gebrauchen  sind,  von  zweistöckigen  schma- 
len Betten  in  einem  Saal  und  von  einem 
alten,  griesgrämigen  Verwalter. 

Mit  ganz  so  trüben  Erwartungen  bin  ich 
zwar  nicht  nach  Borkum  gefahren,  aber 
immerhin  .  .    ! 

Aber  schon  in  der  Lage  des  Fleimes  hatte 
ich  falsch  getippt.  Tch  hatte  mich  auf  einen 
weiten  Anmarsch  von  der  Seepromenade 
aus  gefaßt  gemacht.  Halt,  Promenade  — ! 
Für  diejenigen,  die  Borkum  nicht  kennen,  muß 
ich  hier  eine  Einschaltung  machen:  der 
eigentliche  Ort  Borkum,  zu  dem  man  vom 
Hafen  aus  erst  mit  einer  Miniatureisenbahn 
gelangt,  gruppiert  sich  um  den  Leuchtturm, 
und  die  Häuser  stehen  um  diesen  herum  wie 
die  Küchlein  um  die  Henne,  nur  strammer 
ausgerichtet.  Die  Straßen  laufen  im  wesent- 
lichen von  allen  Seiten  auf  den  Leuchtturm 
zu.  Lang  sind  sie  nicht.  Der  Weg  zur  See- 
promenade dauert  von  hier  nur  vier  Minu- 
ten. Dann  tritt  man  auf  die  Straße  oberhalb 
der  Promenade,  die  die  Breite  eines  Platzes 
hat,  und  an  der  die  großen  Hotelpaläste 
liegen.  Eine  stolze  Steintreppe  führt  hinab 
zu  der  eigentlichen  Strandpromenade,  in 
deren  Mitte  die  Kurkapelle  ihren  Pavillon  hat. 

Von  dort  aus,  dem  prunkvollsten  Punkt 
Borkums,  wo  man  die  salzige  Seeluft,  die  das 
offene  Meer  herträgt,  aus  erster  Quelle  ein- 
atmet, nahm  ich  meinen  Ausgang.  An  die 
hoheitsvollen  Hotelportiers  traute  ich  mich 
schon  gar  nicht  heran  und  erkundigte  mich 
bescheiden  in  einem  der  Kioske,  wo  auch 
der  normale  Sterbliche  für  zivile  Preise  alles 
haben  kann,  nach  der  Lage  des  Kriegs- 
blinden-Heims.  Verblüffend  war  die  Ant- 
wort: ich  käme  ja  gerade  von  dort  her!  Ich 
entsann  mich  aller  nur,  an  großen  und  gut 
aussehenden  Hotels  vorbeigekommen  zu 
sein,  mußte  dann  aber  tatsächlich  feststellen, 


daß  das  vierte  Haus  senkrecht  zur  Prome- 
nade, ein  Hotel  in  bester  Lage,  das  soge- 
nannte Heim  war.  Direkt  gegenüber  liegt 
das  staatliche  Kurmittelhaus,  wo  die  Mög- 
lichkeit insbesondere  jeder  hydrotherapeu- 
tischen ärztlichen  Behandlung  besteht.  Der 
Straße  selbst  ist  durch  die  parallel  laufende 
Geschäftsstraße  jeder  laute  Verkehr  ent- 
zogen, und  da  es  in  Borkum  Autos  sowieso 
nicht  gibt,  hat  die  Straße  trotz  der  Nähe  zum 
Strand  und  trotz  der  zentralen  Lage  den 
Charakter  einer  stillen  und  gepflegten 
Seitenstraße. 

Nun  war  ich  auf  den  Griesgram  gespannt, 
der  mich  empfangen  würde.  Damit  kam  die 
zweite  Überraschung.  Der  mürrische  Gries- 
gram entpuppte  sich  als  frische  und  muntere 
Heimleiterin,  deren  herzlicher  Empfang  so- 
fort Vertrauen  gewinnen  ließ.  Ihre  ruhige 
Bestimmtheit  und  ihre  warmherzige  Art  hat 
nichts  Bemutterndes  und  erst  recht  nichts 
Geschäftsmäßiges.  Man  hatte  auch  keines- 
wegs das  Gefühl,  mit  einer  Krankenschwe- 
ster zu  sprechen,  sondern  es  war  der  ge- 
schwisterliche Ton  einer  uns  seit  Kindheit 
vertrauten  Schwester,  die  ein  bißchen  —  aber 
nur  ein  bißchen  —  älter  war  und  daher  alles 
ein  bißchen  —  aber  eben  auch  nur  ein  biß- 
chen —  besser  wußte.  Dadurch  kam  weder 
ein  Fremdheitsgefühl  auf  noch  das  Empfin- 
den, durch  einen  Hausdiktator  geführt  zu 
werden.  Die  gewandteste  Hausfrau  konnte 
nicht  liebenswürdiger  ihren  Gast  zu  Kaffee 
und  Kuchen  bitten,  wie  Schwester  Else  mich, 
der  ich  doch  nur  gekommen  war,  um  den 
Kameraden  „guten  Tag"  zu  sagen.  Schwester 
Else  weiß,  was  sie  will  und  versteht  es 
auch,  sich  dem  Personal  und  den  Gästen 
gegenüber  —  unerfreuliche  Typen  gibt  es  ja 
immer  einmal  —  in  freundlicher  aber  ener- 
gischer Weise  durchzusetzen.  Immerhin 
unterstehen  ihr  sechs  Hilfskräfte,  die  Köchin 
und  eine  Kinderpflegerin,  doch  darauf 
komme  ich  noch  zurück. 

Warum  ich  mich  so  lange  bei  der  Heim- 
leiterin aufhalte?  Sie  ist  es  ja,  deren  Wesen 
und  Persönlichkeit  dem  ganzen  Heim  den 
Stempel  aufdrückt,  und  die  den  Aufenthalt 
zu  einer  Freude  oder  zu  einer  Last  gestal- 
ten kann. 

Das  Haus  selbst  hat  gar  nicht  den  Charak- 
ter eines  „Heimes"  im  üblichen  Sinn,  Es  ist 
ein  Mittelding  zwischen  Hotel  und  Pension 
und  hat  neben  der  freundlichen  Einrichtung 


18 


der  Gästezimmer  mit  gut  gefederten  Betten  und  modernen  Möbeln  sowie 
den  zweckmäßigen  Wirtschaftsanlagen  eine  intime,  familiäre  Note,  im  Gegen- 
satz zu  der  Unpersönlichkeit  eines  Hotels.  Ebenso  tragen  die  Unterhaltungs- 
räume mit  ihren  weichen  Sesseln  einen  durchaus  häuslich-familiären  Charak- 
ter. -  Neben  den  Zweibettzimmern  mit  je  einem,  zwei  oder  gar  drei  Kinder- 
betten verfügt  das  Haus  über  eine  Anzahl  von  Einzelzimmern.  Die  meisten 
Zimmer  haben  fließendes  Wasser.  Die  geräumigen  und  luftigen  Aufenthalts- 
und Speiseräume  liegen  so  weit  getrennt  von  den  Wirtschaftsanlagen,  daß 
kein  Geschirrklappern  stört.  Natürlich  habe  ich  auch  einen  Blick  in  die  Kühl- 
schränke der  großen  Küche  geworfen  und  glaube  sagen  zu  können,  daß  kein 
Gast  Verpflegungssorgen  in  quantitativer  und  qualitativer  Hinsicht  zu  haben 
braucht,  selbst  nicht  unter  Berücksichtigung  des  Umstandes,  daß  der  See- 
aufenthalt hungrig  macht. 

Insgesamt  können  jeweils  30  oder  31  Kameraden  mit  ihren  Familien,  d.  h. 
also  rund  100  Personen,  Aufnahme  finden,  ohne  daß  sie  ins  Gedränge 
kommen.  Kein  strenger  Stundenplan  engt  die  persönliche  Freiheit  ein.  Selbst- 
verständlich sind  die  Mahlzeiten  —  wie  in  jeder  Pension  —  an  bestimmte 
Zeiten  gebunden.  Auch  der  abendliche  Hausabschluß  ist,  wie  Schwester  Else 
lächelnd  versicherte,  keine  unbeugsame  Polizeiverordnung.  Die  Mitgabe  des 
Hausschlüssels  garantiert  dafür,  daß  die  „Spätheimkehrer"  nicht  vor  der 
verschlossenen  Haustür  zu  kampieren  brauchen. 

Daß  bei  einigermaßen  gutem  Wetter  der  ganze  Tag  dem  Wasser,  dem 
Strand  und  den  Dünen  gehört,  ist  eine  Selbstverständlichkeit.  Kleidersorgen 
brauchen  wir  und  unsere  Frauen  am  Strand  nicht  zu  haben.  Die  Strand- 
kostüme der  Modejournale  sind  Gott  sei  dank  verschwindend  in  der  Minder- 
zahl. Zweckmäßig  sind  ein  Paar  kurze  Hosen,  auch  die  Frau  kann  diese 
Mode  ruhig  mitmachen,,  dazu  ein  Pullover  und  für  den  Bedarfsfall  warmes 
Unterzeug.  Es  sind  also  keine  großen  Vorbereitungen  und  Anschaffungen 
zu  machen,  um  an  die  See  zu  fahren.  Nicht  zu  vergessen  ist  aber  ein  Regen- 
mantel. Und  wichtig  ist  der  Spaten;  der  wandert  gleich  mit  an  den  Strand, 
denn  die  Kinder  oder  die  Frau  müssen  eine  Burg  bauen,  und  du,  lieber 
Kamerad,  legst  dich  hinein.  Für  vier  Wochen  ist  die  Burg  dein  Reich  aus 
reinem  weißem  Sand,  in  dem  niemand  etwas  verloren  hat,  außer  dir  und 
den  Deinen  und  etwaigen  Gästen,  die  du  dir  einlädst  und  die  sich  dann 
neben  dich  auf  den  Bauch  in  den  Sand  legen.  Ein  Tag  des  Nichtstuns  ist 
unglaublich  schnell  herum,  viel  schneller  als  ein  Arbeitstag;  kaum  daß  man 
Zeit  hat,  die  üblichen  Kartengrüße  zu  versenden. 

Daß  du  nicht  schwimmst,  ist  ohne  Bedeutung.  In  Borkum  schwimmt  kein 
Mensch.  Alles  badet  nur,  und  das  ist  gut  so,  denn  die  Nordseewellen  können 
recht  heimtückisch  sein.  Vergiß  aber  nicht,  dich  sofort  abzutrocknen,  wenn 
-du  aus  dem  Wasser  kommst,  sonst  setzest  du  dich  der  Gefahr  des  Sonnen- 
brandes aus.  Man  merkt  ja  durch  den  fast  ständigen  leichten  Wind  nicht, 
wie  intensiv  die  Besonnung  ist. 

In  entgegenkommender  Weise  gewährt  die  Kurverwaltung  unseren  Gästen 
zu  allen  Veranstaltungen  (Konzerte,  Theateraufführungen  usw.)  eine  Ermäßi- 
gung bis  zu  50  Prozenti  Wer  bei  gutem  Wetter  einmal  abends  unbeschwert 
von  allen  Sorgen  Arm  in  Arm.  mit  seiner  Frau  über  die  Kurpromenade 
gewandelt  ist,  während  die  Melodien  der  Kurkapelle  von  dem  ewigen 
Rauschen  der  Wellen  untermalt  werden  und  ein  salziger  leichter  Seewind 
die  Lungen  füllt,  der  wird  finden,  daß  für  dieses  vier  Wochen  lange  Erleben 
auch  die  Ausgabe  für  die  ebenfalls  ermäßigte  Kurtaxe  gut  angelegt  ist. 

Und  noch  eines,  lieber  Kamerad:  glaube  nicht,  daß  du  auffallen  könntest, 
weil  dir  das  Schicksal  das  Augenlicht  genommen  hat.  Die  Kameraden  passen 
sich  so  in  das  Inselbild  ein,  daß  sie  an  keiner  Stelle,  sei  es  am  Strand,  sei 
es  auf  der  Kurpromenade  oder  im  Konzert,  auffallen.  Die  gelöste  Zwang- 
losigkeit,  wo  jeder  jeden  nach  seiner  Fasson  leben  läßt,  ist  ja  gerade  das 
Kennzeichen  der  Seebäder,  und  du  hast  von  der  See  kaum  weniger  als 
jeder  Sehende,  denn  das  Meer  wirkt  auf  den  ganzen  Menschen,  wohl 
mehr  noch  als  etwa  ein  Gebirgsaufenthalt.  An  der  See  empfängt  der  ganze 
Körper  und  nur  zum  geringen  Teil  das  Auge  neue  Eindrücke,  sogar  die 
durch  Kleidung  verzärtelte  Haut  muß  sich  umstellen,  wenn  der  frische, 
salzige,  dabei  aber  nicht  kalte  Nordseewind  sie  massiert. 

Nun  ist  allerdings  nicht  vier  Wochen  lang  ununterbrochen  schönes  Wetter, 
lind  wenn  der  Regen  niederrauscht  —  meist  gehen  die  Regengüsse  ja  schnell 
wieder  vorüber  — ,  ist  es  am  Strand  ungemütlich.  Wenn  wir  auch  einmal 
nachmittags  zu  einem  Täßchen  Kaffee  in  eine  Strandkonditorei  gehen,  so 
würde  es  doch  ein  tüchtiges  Loch  in  den  Geldbeutel  reißen,  wenn  das  bei 
jedem  Regen  die  Regel  sein  sollte.  Für  solche  'Tage  hat  Schwester  Else 
durch  gemeinsame  Spiele  und  Unterhaltung  für  Zeitvertreib  gesorgt.  Nur 
die  Bibliothek  des  Heimes  —  sowohl  die  Blindenbücherei  als  auch  die 
Lektüre  für  die  Frauen  —  bedürfte  noch  sehr  einer  Ergänzung.  Es  wäre 
'schön,  wenn  jeder  Kamerad  vor  dem  Reiseantritt  einmal  nachsehen  würde, 
ob  er  nicht  zu  Hause  ein  gutes  Unterhaltungsbuch  hat,  das  er  dem  Heim 
für  seine  Bibliothek  bei  seiner  Abreise  schenken  würde.  Das  gleiche  gilt  für 
Unterhaltungsspiele.    Viele  werden  dafür  dankbar  sein. 

Alle  vier  Wochen  findet  ein  gemeinsamer  Unterhaltungsabend  statt,  an 
dem  alle  möglichen  Künstler  mitwirken;  außerdem  veranstalten  die  „Bor- 
kumer  Jungen"  in  dankenswerter  Weise  Gesangabende.  Für  schlechte  Tage 
ist  .also  in  bester  Weise  vorgesorgt. 

Dabei  gehen  auch  die  Kinder  nicht  leer  aus.  Ein  großer,  freundlicher  Raum 
nimmt  die  Kinder  an  Regentagen  und  auch  dann  auf,  wenn  die  Kameraden 
einmal  allein  mit  ihren  Frauen  ausgehen  wollen.  An  langen  Tischen  sitzen 
die  Kleinen  oder  sie  spielen,  fürsorglich  betreut  von  einer  besonderen  Kinder- 
pflegerin. Eine  derartige  Annehmlichkeit  haben  nicht  einmal  die  Gäste  der 
übrigen  Hotels.  Aber  auch  euren  Kleinen  möchte  ich  die  Anregung  geben: 
habt  ihr  nicht  ein  schönes  Spielzeug  oder  ein  gutes  Spiel  —  selbstverständ- 
lich keinen  Plunder  — ,  das  ihr  dem  Heim  für  die  vielen  anderen  Kinder 
schenken  wollt? 


gibt  es  Henkelsaehen, 

75  Jahre  hielten  uns  Millionen 

Hausfrauen  die  Treue. 

Wir  danken  für  dieses 

große  Vertrauen. 


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Persil    •    Perwöli  •  lasil   •   Henko  •   Sil 


19 


— ,  das  ihr  dem  Heim  für  die  vielen  anderen 
Kinder  schenken  wollt? 

Nun  kann  es  natürlich,  wenn  sich  an 
Regentagen  so  viele  Familien  im  gleichen 
Haus  aufhalten,  einmal  ungewollt  zu  Span- 
nungen kommen.  Dann  denkt  immer  daran, 
daß  die  anderen  sich  ja  auch  erholen  wol- 
len und  daß  sie  wahrscheinlich  genau  so 
nervös  sind  wie  ihr.  Wenn  ihr  also  einmal 
mißgestimmt  seid,  so  laßt  es  die  anderen 
nicht  merken.  Mit  einem  ruhigen,  freund- 
lichen Wort  läßt  sich  jeder  Stein  des  An- 
stoßes aus  dem  Wege  räumen,  auch  wenn 
Fritzchen  Müller  einmal  die  Grete  Schulze 
verhauen  oder  ihren  Ball  versteckt  haben 
sollte.  Und  Rentengespräche  hebt  für  die 
Versammlungen  auf  Paragraphen  sind  am 
Badestrand  unangebracht  und  dienen  nicht 
der  Erholung.  Das  Heim  ist  wahrlich  dazu 
angetan,  euch  einmal  den  Alltag  vergessen 
zu  lassen.  Nehmt  die  Gelegenheit  wahr! 

Was  den  Zeitpunkt  der  Kur  angeht,  so 
müssen  ja  oft  die  Schulfeiien  berücksichtigt 
werden.  Es  ist  aber  eine  ganz  falsche  Mei- 
nung, daß  nur  der  Juli  oder  August  für 
einen  Seeaufenthalt  in  Frage  kommen,  viel- 
mehr gestattet  das  gleichmäßigere  Klima  die 
gleiche  Erholung  ebenso  im  Juni  und  Sep- 
tember. Wer  keine  Kinder  hat  und  weniger 
Unterhaltung  als  gerade  Entspannung,  Er- 
holung, Kräftigung  und  Abhärtung  sucht, 
findet  sie  oftmals  sogar  noch  besser  im  Mai 
und  im  Oktober.  Diese  Zeiten  haben  ihre 
besonderen  Reize  für  den,  der  die  See  liebt, 
wie  sie  wirklich  ist.  in  ihrei  naturhaften 
Stärke.  Allerdings  eignet  sich  das  Wetter 
im  Mai  und  Oktober  weniger  für  den  Strand- 
burgenbau als  für  ausgedehnte  Spazier- 
gänge, aber  —  warm  anziehen!  Es  ist 
keineswegs  so,  daß  das  Frühjahr  und  der 
Spätherbst  ungesund  seien.  Die  Kinder- 
heime sind  durchweg  das  ganze  Jahr  ge- 
öffnet und  die  Kurerfolge-  sind  im  Winter 
sogar  noch  besser  als  im  Sommer. 

Auch  in  unserem  Heim  sind  die  Kur- 
er f  o  1  g  e  gut,  besonders  wenn  es  gilt, 
nervöse  Zustände,  Stoffwechselstörungen 
und  Nervenentzündungen  (Ischias)  sowie 
Hautkrankheiten  zu  beseitigen  Allerdings 
können  die  Kameraden  nicht  regelmäßig  mit 
einer    Gewichtszunahme    rechnen.    Das    See- 


wasser zehrt  -bekanntlich  auch  bei  bester 
Verpflegung.  Ausschlaggebend  für  den  Kur- 
erfolg ist  ja  nicht  so  sehr  die  Dicke  der 
Speckschicht  auf  dem  Bauch  als  die  Besei- 
tigung der  Nervosität,  die  Hebung  des  All- 
gemeinbefindens und  der  inneren  Spann- 
kraft und  das  Gefühl,  wieder  belastungs- 
fähig zu  sein.  Dieser  Erfolg  ist  in  der  Regel 
zu  erwarten.  Selbstverständlich  ist  eine  ge- 
ordnete und  regelmäßige  ärztliche  Betreuung 
gewährleistet,  ohne  daß  der  Kuraufenthalt 
zu  einer  Art  Krankenhausbehandlung  wird. 
Regelmäßig  erfolgt  nur  die  ärztliche  Unter- 
suchung nach  dem  Eintreffen  in  Borkum  und 
die  Abschlußuntersuchung  durch  den  Heim- 
arzt, der  auch  jeden  Donnerstag  das  Heim 
besucht,  so  daß  die  Kameraden  Gelegenheit- 
haben, Rat  einzuholen. 

Nach  vier  Wochen  leert  sich  das  Haus. 
Dann  beginnen  für  die  hilfreichen  Geister 
des  Heims  Tage  der  intensivsten  Arbeit. 
Das  Haus  muß  vom  Keller  bis  zum  Dach- 
geschoß gesäubert  werden.  Es  werden  Aus- 
besserungen vorgenommen,  die  Bestände 
werden  ergänzt.  Eimerweise  wird  der  feine 
Seesand  aus  den  Ecken  der  Gästezimmer 
herausgeholi,  hier  findet  sich  noch  ein 
Häufchen  Muscheln,  dort  liegen  ein  paar 
Seesterne,  hier  ist  eine  kleine  Schuppe 
stehengeblieben,  dort  hat  ein  Fensterhaken 
durch  den  Wind  einen  langen  Riß  in  die 
flatternden  hübschen  Fensterschals  gerissen, 
oder  es  hat  sich  ein  Läufer  gelöst,  über  den 
die  Kameraden  stolpern  könnten.  Es  wird 
gewischt,  gesaugt,  geputzt  und  das  Unterste 
zuoberst  gekehrt,  denn  in  drei  Tagen  muß 
alles  blitzblank  sein,  alle  Betten,  die  zum 
Teil  sogar  Schlaraffiamatratzen  haben, 
müssen  frisch  überzogen  sein,  denn  dann 
kommen  die  neuen  Gäste,  von  der  freund- 
lichen Stimme  der  Schwester  Else  begrüßt. 

Man  kann  nur  wünschen,  daß  alle  Heime, 
sowohl  die  für  unsere  blinden  Kameraden 
als  auch  für  die  anderen  Beschädigten,  eine 
derart  vorbildliche  Lage,  Aus- 
stattung und  Führung  haben.  Mich 
hat  der  Besuch  in  Borkum  sehr  befriedigt, 
und  ich  bin  überzeugt,  daß  Kameraden,  die 
dort  zur  Kur  gewesen  waren,  sind  mit  der 
gleichen  Befriedigung  erholt  nach  Hause 
zurückgekehrt. 


JjergfrevideH  —  auch  für  uns! 

Den  Höhepunkt  meiner  Ferientage  in  S  ö  c  k  i  n  g  bildet  jedesmal  der  Ausflug 
in  die  Bergwelt  der  Alpen.  Schon  wochenlang  vorher  sitzt  meine  Frau  über 
Karten  und  Büchern,  um  neue  Wanderziele  zu  erkunden.  Wir  schwelgen  gemein- 
sam in  der  Vorfreude  des  Kommenden,  bis  es  endlich  so  weit  ist  und  wir  mit 
Rucksack  und  genagelten  Schuhen  früh  am  Morgen  das  Haus  verlassen.  So 
mancher  Kamerad  hat  uns  belächelt  und  nach  dem  Grunde  dieser  so  nutzlos 
scheinenden  Verschwendung  an  Kraft  und  Geld  befragt.  Warum  denn  in  die 
Ferne  schweifen,  wenn  auch  dort  nur  "das  ewige  Dunkel  zu  finden  sei?  Ich 
könnte  doch  im  bequemen  Liegestuhl  müheloser  von  meinen  Bergen  träumen! 
Solche  Bemerkungen  konnten  mich  freilich  nie  abhalten,  vielmehr  versuchte  ich, 
den  Fragenden,  sofern  er  mir  noch  rüstig  schien,  für  die  Berge  zu  begeistern 
und  zum  Mitwandern  zu  überreden. 

Ja,  warum  gehen  immer  wieder  junge  und  alte  kriegsblinde  Kameraden  auf 
mühselige  Wanderung  in  das  Gebirge?  Betrachten  wir  zunächst  die  sportliche 
Seite,  weil  sie  am  leichtesten  zu  verstehen  ist.  Wenn  wir  das  ganze  Jahr  hin- 
durch in  unserer  Werkstatt  oder  am  Schreibtisch  sitzen,  dann  überkommt  uns 
in  den  Ferien  das  unbändige  Verlangen,  uns  einmal  richtig  auszurecken.  Wir 
wollen  spüren,  daß  wir  noch  Knochen,  Muskeln  und  Sehnen  haben.  Wir  wollen 
schwitzen,  dürsten  und  rechtschaffen  müde  werden,  auf  andere  Art  wie  zu 
Flause,  um  der  körperlichen  und  geistigen  Verkalkung  zu  entgehen.  Unsere 
Lungen  verlangen  nach  »einer  Luft,  unsere  Haut  nach  Sonne  und  Wind.  Und 
dann  die  Ruhe,  die  göttliche  Ruhe!  Kein  Straßenlärm,  kein  Telefon,  und  nicht 
zuletzt  —  keine  störenden  Mitmenschen.  Wie  köstlich  mundet  der  Imbiß  am 
Ziele,  wenn  der  Rücken,  von  der  Last  des  Rucksacks  befreit,  sich  wohlig  strecken 
und  dehnen  kann.    Wie  erfrischend  schmeckt  das  Wasser  vom  Quell  und   die 


Milch  auf  der  Alm.  —  Nun  bin  ich  vom 
sportlichen  Teil  schon  zu  den  Genüssen  über- 
gegangen, wenn  auch  zunächst  zu  den  leib- 
lichen. Nebenbei  gesagt  und  nui  für  Kenner: 
Ist  es  nicht  ein  ganz  besonderer  Genuß,  ein- 
mal herzhaft  Hunger  zu  haben? 

Viel  schwieriger  ist  es,  über  den  geistigen 
Gewinn  einer  Wanderung  zu  berichten.  Ge- 
wiß, auch  im  Liegestuhl  können  wir  mit 
Hilfe  der  Einbildungskraft  über  Berge  und 
Täler  schweifen.  Wohl  dem,  der  sie  hat  und 
damit  zufrieden  ist!  Uns  aber,  den  Berg- 
freunden, genügt  dies  nicht.  Uns  verlangt 
nach  mehr,  nach  Unmittelbarem.  Wenn  das 
Gestein  unter  den  eisenbeschlagenen  Schu- 
hen klirrt,  wenn  wir  auf  allen  Vieren  über 
die  Felsen  klimmen,  Bergwiesen,  Almrausch 
und  Latschen  ihren  Duft  ausströmen,  wenn 
Wasserfälle  rauschen,  Bergdohlen  krächzen 
und  das  Murmeltier  pfeift,  ja,  wenn  dies 
alles  und  noch  vieles  Ungenannte  zusam- 
menkommen, dann  springen  die  Tore  der 
Erinnerung  weit  auf.  Viel,  viel  weiter,  als 
dies  im  Lehnstuhl  möglich  wäre.  Wir  wollen 
das  schmerzliche  Gefühl  in  der  Brust  nicht 
verschweigen  das  uns  überfällt,  wenn  wir 
am  Gipfelkreuz  stehen  und  unseres  Ver- 
lustes gewußt  werden.  Wie  mancher  Seufzer 
wird  unterdrückt  oder  auch  nicht.  Trotzdem 
bereuen  wir  nichts,  sondern  genießen  des 
bescheidenen  Anteils,  der  uns  verblieben, 
und  freuen  uns  über  die  Ausrufe  des  Ent- 
zückens, womit  unsere  Frauen  die  Herrlich- 
keit der  Berge  begrüßen.  Am  Abend,  wenn 
in  der  Hütte  ein  fröhliches  Treiben  beginnt, 
vergessen  wir  bei  Singen  und  Scherz  voll- 
ends  unser  schweres  Geschick. 

Und  noch  eines  kommt  hinzu:  Die  Berg- 
kameradschaft. Sie  fällt  uns  nicht  in  den 
Schoß.  Sie  will  erworben  sein,  durch  Selbst- 
beherrschung und  gegenseitige  Hilfe.  Nichts 
ist  unerträglicher  als  ein  ewig  raunzender 
Griesgram.  Gemeinsam  überstandene  Mühe 
verbindet  so  gut  wie  gemeinsam  erlebte 
Freude.  Die  besten  Kameraden  aber  sind 
unsere  Frauen.  Nach  ihren  Worten  formt 
sich  das  Bild  der  umgebenden  Landschaft. 
Hand  in  Hand  mit  ihnen  steigen  wir  auf- 
wärts. So  wird  uns  jede  Bergfahrt  zum  Sinn- 
bild des  Lebens.  ,-.  .    ,  .  ,    »> 

.  Friedrich  Mezger. 


1.25  DM 


KHASANADRAIBERSHEIMFRANKFURT-M 


Auf  der  Höhe  des  Panixsr  Passus  in  den  Alpen  trat 
ein  Schweizer  Bergführer  (rechts)  zu  seinem  größten 
Erstaunen  unseren  'kriegsblinden  Kameraden  Franz  J. 
Sonnlag  und  seine  Frau  Nach  siebenstündigem,  be- 
schwerlichem Autstieg  hatte  es  der  Kriegsblinde  ge- 
schaut. Und  hier,  in  2407  Meter  Höhe,  erlebte  auch  er 
als  Erblindeter  in  vollen  Zügen  die  Schönheiten  der 
Bergwelt. 


20 


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lun  ist  der  Vöglein  Lied  verstummt, 
nur  hier  und  dort  in  welken  Blättern 
ein  alter,  dicker  Käfer  summt; 
im  Tal  ballt  sich  des  trüben  Nebels  Grau, 
es  blinkt  nicht  mehr  der  süße  Morgentau, 
man  hört  nicht  mehr  des  Kuckucks  Schrei 


wen,  der  Sommer  ist  zu  schnell  vorbei'. 
An  Acker,  Strauch,  an  jedem  Baum 
kannst  du  des  Sommers  Ende  scliaun. 
Dies  alles  geht  mir  bitter  nah, 
wenn  ich  nun  spür:  der  Herbst  ist  da. 

Kriegsblinder  Emil  Zelhner 


. 


* 


I 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLI  NDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 
NR.  3  .  3.  JAHRGANG  NOVEMBER  1951  VERLAGSORT  BIELEFELD 


wir  geben  ihn  getrost 

In  Gottes  Hand  zurück  — 

So  stand  das  Wort  geschrieben 

Von  einem,  der  geblieben, 

Und  seinem  kurzen  Erdenglück. 


Der  Demut,  die  das  kann, 

Ist  keine  andre  gleich. 

So  sind  die  lieben  Toten 

Die  auserwählten  Boten 

Von  ihrem  Land  in  unser  Reich. 


Und  wer  sie  überlebt, 
Dem  wird  das  Dasein  Pflicht. 
Wo  wir  auch,  atmend,  gehen, 
Wir  müssen  ja  bestehen 
Vor  unserer  Toten  Angesicht. 


OTTO  BRÜES 


AUS    DEM    INHALT 


Seite 
An  den  Gräbern  der  gefallenen  Brüder. 

Von  Kam.  F.  K.  (Mayen) 1 

Der  Film  „Sieg  über  das  Dunkel"  läuft  an. 

(Urteile   von   Kameraden) 1 

So  ein  Reinfall 2 

Sprich,  daß  ich  dich  sehe!  Von  Prof.  Christian  Winkler  3 
Stimme  oder  Sprechweise?  Von  Dr.  Wilfried  Mühlensiepen  4 
Vibration  und  Schallwellen  als  Orientierungsmittel. 

Von  Dr.  Kurt  Wintterlin 5 

Wir  weben  —  für  dich 

(Die  Arbeitsgemeinschaft  kriegsblinder  Weber)       ...         5 
Aus  den  Landesverbänden 8 

Tagung  der  Deutschen  Blindenarbeit  e.  V. 

Wieder  Armbinden  mit  Eisernem  Kreuz 

Nachruf  auf  Philipp  Schäffer 

Das  Kriegsblindentreffen  in  München 
Deutsche  Soldatenfriedhöfe  im  Ausland  —  Völkerhaß  über 

das   Grab   hinaus? 10 

Unser  neues  Jahrbuch 11 


Seite 

Kleine    Neuigkeiten 13 

Neuerscheinungen  in  Marburg. 

(Abreißkalender  und  Zeitschrift  für  Masseure)     ...  13 

Persönliches 14 

Für  unsere  Schachfreunde 14 

Lesermeinung 14 

Unsere  Zeitschrift  im  Lautsprecher? 

Bedenken  gegen  Spezialbesteck. 

Kriegsblinder   Keramiker   (Kam.  Konrad   Kotz  in  Landshut)  15 
„überwunden"    —    eine    Schrift    über    das    Schicksal    eines 

Kameraden 15 

Wildbad.    Sonett  von   H.  S 15 

So  kam  der  Mensch  auf  den  Hund.    Von  Dr.  Walter  Wüst  16 
Der  Mensch  und  sein  Hund. 

Heiteres   Gedicht  von   Kam.  Kurt   Schulz 16 

Der    Kritiker    am    Lautsprecher    .....<...  19 

Programmvorschau  für  Hörspiele 19 

Wir  basteln  zum  Weihnachtsfest.    Von  Franz  Feistner  .       .  20 

Väterliches  Patent  zum  Vorlesen 20 


Das  Foto  aul  der  T  i  t  e  I  s  e  i  t  e  zeigt  eine  der  großen  Ehrenstätten,    die    der    „Volksbund    Deutsche    Kriegsgräberiürsorge"    lür   unsere 
Gefallenen  errichtet  hat.    Es  ist  der  Friedhol  Donsbrügger  Heide  (Niederrhein),   der  2189   Tote  aulgenommen  hat.     Im  Hintergrund  der 

eigentliche  Totenacker.     (Foto:  Dr.  Rud.  Kleinert). 


300  /  320  /  318  /  310  /  228  /  208  /  229  /  212  /  215  /  221  /  205  /  218  /  230  /  231  /  206  /  209  /  196  /204  /  203  /  253  /  217  /  185  /  222  /  214  /  226  /  191  /202  /  21 1  /  183  /  265  /  266  /  267  /  269  /  271  /  273  /  278 

.Der  Kriegsblinde',  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 

Mürlenbach-Eifel.)   Verantwortlicher   Schriftleiter:   Friedr.   Wilh.   Hymmen,   Bielefeld,    Stapenhorststraße    138.     „Der  Kriegsblinde"  erscheint     monatlich.       Anzeigenverwaltung: 
Bund   der   Kriegsblinden    Deutschlands    e.   V.,    Selbstverlag,    Wiesbaden,   Rheinstraße  73.   Die   Zeitschrift  ist  der   IVW  angeschlossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  V. 

Nr.  3  .  3.  Jahrgang  .  November  1951   .  Verlagsort  Bielefeld 

An  den  Gräbern  der  gefallenen  Brüder 


November.  Die  Friedhöfe  der  Heimat  tra- 
gen Schmuck.  Alles,  was  der  rauhe  Herbst 
noch  an  Blumen  zurückgelassen,  bringen 
dankbare  Hände  zu  den  Gräbern  ihrer  lieben 
Toten.  Sie  stecken  Kerzenlichter  an  in  das 
Dunkel  der  Herbstnacht  auf  den  Gottesäckern. 
So  manches  Herz  blutet  von  neuem  an  den 
Wunden  der  Trennung  von  Menschen,  die 
uns  der  liebste  Besitz  auf  Erden  schienen. 
Der  Tod  hat  sie  hinweggerissen,  wie  wilder 
Herbststurm  die  fahlen  Blätter  fegt.  In  die- 
sen Tagen  gehen  unsere  ernsten  Gedanken 
auch  in  weite  Ferne,  über  die  Grenzen  hin- 
weg in  fremde  Länder.  Sie  gedenken  derer, 
die  da  draußen  ihr  Grab  gefunden,  derer, 
die  der  gewaltigste  Sturm,  der  je  über  die 
Menschheit  gebraust  ist,  gleich  Blättern  und 
Blüten  fortgerissen  und  mit  sich  getragen 
hat:  der  gefallenen  Soldaten  der  Weltkriege. 

An  einem  Soldatengrab  in  Flandern  schrieb 
Heinrich  Lersch  einem  unbekannten  deut- 
schen Helden  die  Grabschrift: 

WANDERER,  STEH! 

Wenn  du  dich  heute  abend  zur  Ruhe  legst 

Vnd  nicht  nach  den  toten  Soldaten  fragst: 

Wer  starb  heut  iür  mich?  — 

Sondern  nur  an  deine  eigenen  Freuden  denkst 

Und  nicht  den  letzten  Gedanken  mir  schenkst,  — 

Dann  stehe  ich  aul  zur  mitternächtlichen  Stunde 

Und  komme  und  zeige  dir  meine  blutige  Wunde 

Und  küsse  dich  mit  meinem  zerschossenen  Munde, 

Daß  du  die  ganze  Nacht  von  mir  träumst, 

Wenn  du  das  versäumst, 

Denn  wisse,  wir  alle,  die  wir  hier  liegen, 
Wir  starben  iür  Deutschlands  Kämpfen  und  Siegen, 
Und  dann  muß  Deutschland  auch  unser  gedenken 
[und  für  uns  stehen, 
Sonst  wird  —  und  mag  Deutschland  zugrunde 
■Wanderer,  geh!  [gehen! 

Nein,  wir  bleiben!  Jahr  für  Jahr  zünden 
wir  die  Feuer  in  den  Opferschalen,  euch  zum 
Gedächtnis,  ihr  gefallenen  Helden!  Flammen 
"der  Ehrfurcht  und  der  Dankbarkeit!  Wir 
stehen  in  einer  raschlebigen  Zeit,  einer  Zeit 
der  Unruhe  und  des  Tempos.  Die  Ereignisse 
"drängen  sich,  jeder  Tag  bringt  neue  Auf- 
gaben, und  fast  scheint  es,  als  ob  auch  jeder 
Tag  neue  Ansichten,  neue  Anschauungen  und 
Parolen  bringt;  kein  Ideal  dieser  Welt  scheint 
Beständigkeit  zu  haben,  über  dem  Heute 
versinkt  das  Gestern  schnell.  Und  dennoch 
gibt  es  Ereignisse  und  Taten,  deren  Gedächt- 
nis immer  wieder  aufs  neue  in  uns  geweckt 
und  als  heiliges  Vermächtnis  dem  jungen 
Geschlechte  überliefert  werden  muß.  Und 
da  steht  an  erster  Stelle  der  große  Opfer- 
gang unseres  Volkes  in  den  letzten  Welt- 
kriegen. Jahre  unvergänglichen  Heldentums 
und  unermeßlichen  Leides. 

Gewiß,  sie  konnten  trotz  heroischer  Tapfer- 
keit nicht  das  schwere  Geschick  abwenden, 
das  über  unser  Volk  gekommen  ist.  Aber 
was  ein  Mensch  getan,  gelitten,  geopfert  hat, 
das  müssen  wir  sehen,  das  dürfen  wir  nicht 


vergessen.  Sie  haben  alles  geopfert  in  hero- 
ischer Pflichterfüllung,  reineren  Herzens,  als 
es  in  den  letzten  Jahren  oft  verächtlich  pro- 
klamiert wurde:  im  Gedanken  an  die  Hei- 
mat, die  Kinder,  die  Gatten,  die  Eltern,  Volk 
und  Vaterland.  Im  Gedanken  an  die  Zukunft 
unseres  deutschen  Volkes.  Trotz  allem  — 
und  wenn  sie  auch  das  Opfer  eines  grausigen 
Betruges  geworden  sein  mögen  — ,  wo  stän- 
den wir  heute  ohne  die  heldenmütige  Tat 
unserer  tapferen  Soldaten?  Sind  wir  alle  nicht 
innerlich  gereift  mit  ihrem  Opfergang?  Jedes 
Volk,  das  etwas  auf  sich  hält,  ehrt  seine 
Helden,  und  so  beugen  auch  wir  in  Ehrfurcht 
und  Dankbarkeit  uns  vor  den  Helden  un- 
seres Volkes.  Sie  haben  Großes  geleistet, 
und  wir  werden  es  nicht  vergessen. 

Das  Feuer  in  den  Opferschalen  an  den 
Gräbern  der  gefallenen  Helden  ist  uns  eine 
ernste  Mahnung:  Brüder,  seid  einig!  Die 
Zeit  ist  im  Aufbruch,  sie  verlangt  stürmisch 
Reform  des  menschlichen  Zusammenlebens. 
Draußen  haben  sie  gekämpft  Schulter  an 
Schulter,  ohne  Unterschied  des  Ranges  und 
des  Standes,  ohne  Unterschied  der  Stellung 
und  der  Arbeit,  arm  und  reich,  hoch  und 
niedrig.  Sie  haben  gekämpft  und  geopfert 
um  die  Zukunft  unseres  Volkes,  und  heute? 
Wir  tasten  nach  Sicherheit  im  wirtschaft- 
lichen und  sozialen  Leben.    Müssen  wir  dann 


nicht  allen  Ernstes  auch  in  diesem  Kampf 
kameradschaftlich  zueinanderstehen  und  alles 
Trennende  an  Standesdünkel  entschlossen 
über  Bord  werfen?  Müssen  wir  nicht  endlich 
jeden  engstirnigen,  kalten  und  nur  gewinn- 
süchtigen Egoismus  abschreiben?  Dann  müs- 
sen wir  auch,  Schulter  an  Schulter,  uns  ehrlich 
zu  finden  suchen  auf  dem  Boden  der  sozialen 
Rücksicht  und  der  Gerechtigkeit  für  alle. 

Die  Flammen  in  den  Opferschalen  an  den 
Heldenfriedhöfen  künden  uns  aber  noch 
mehr:  sie  sind  ein  feuriges  Fanal  an  alle 
Menschen  und  Völker:  Nicht  Krieg,  sondern 
Friede-!  Die  Heldenfriedhöfe  kennen  keine 
Ländergrenze.  Auf  ihnen  ist  das  Wort  von 
Haß  und  Streit  verbannt,  denn  sie  sind  selbst 
die  Schreckensbilder  von  Krieg  und  Streit. 
Und  ihre  Mahnung  an  die  Völker  heißt: 
Verständigung  und  Friede  sind  Grundlagen 
der  Wohlfahrt  der  Menschheit.  —  Nicht  Ge- 
walt, nicht  Unterdrückung,  nicht  Diktatur  — 
nein,  Recht  und  Freiheit  für  die  Völker  und 
Recht  und  Freiheit  für  die  einzelnen  Men- 
schen. Die  Verpflichtung  unserer  Zeit  an  die 
Gefallenen  bedeutet:  nicht  Werke  der  Zer- 
störung, nein,  Werke  des  Aufbaues  leisten! 
Beseitigung  der  Ktiegsfolgen,  treue  Sorge 
für  die  Kriegshinterbliebenen  und  Kriegs- 
opfer! So  ehren  wir  das  Gedächtnis  unserer 
gefallenen  Helden.  Kam.  F.  K.  (Mayen) 


Der  Film  „Sieg  über  das  Dunkel"  läuft  an 

Unter  dem  Protektorat  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V. 


Wir  berichteten  im  Septemberheft  unserer 
Zeitschrift  über  den  großen  amerikanischen 
Spielfilm  ,,Sieg  über  das  Dunkel  V  der  den 
Schicksalsweg  eines  Kriegsblinden  zum 
Thema  hat.  Inzwischen  fanden  in  verschie- 
denen großen  deutschen  Städten  interne  Vor- 
Aufführungen  des  nunmehr  synchronisierten 
Films  statt,  und  maßgebende  Vertreter  des 
Kriegsblindenbundes  hatten  Gelegenheit, 
sich  von  dem  hohen  Rang  des  Films  zu  über- 
zeugen. Aus  Süddeutschland  und  Nord- 
deutschland trafen  übereinstimmend  die 
Urteile  ein  :DieserFilmsprichtaus, 
was  wir  erlebt  haben,  mit  großer 
innerer  Wahrhaftigkeit  und  mit  erstaunlicher 
Einfühlungskraft,  und  dazu  auf  einem  künst- 
lerisch ungewöhnlich  hohen  Niveau.  Es  muß 
also  alles  geschehen,  um  die  breiteste  Öffent- 
lichkeit zum  Besuch  dieses  Films  zu  bewegen, 
weil  jeder,  der  diesen  Film  gesehen  hat,  von 
echtem  Verständnis  für  die  Kriegsblinden 
erfüllt  sein  muß. 

Schon  läuft  der  Film  in  diesen  Tagen  in 
den  ersten  deutschen  Lichtspielhäusern  an, 
und  der  Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands 
e.  V:  hat  nicht  gezögert,  das  Protektorat 
über  alle  Aufführungen  in  Deutschland  zu 
übernehmen,  weil  hier  in  eindrucksstarker 
Weise  ausgedrückt  ist,  was  jeder  Kriegs- 
blinde erlebt  hat  und  täglich  aufs  neue  erlebt: 
die  Verzweiflung  über  den  Schicksalsschlag 
der    Erblindung    und    das    Durchringen    zu 


männlicher  Bejahung,  aber  auch  die  Not  in 
einer  verständnislosen  Umwelt  voll  quälen- 
den Mitleids  und  voller  Voreingenommen- 
heiten, und'  schließlich  —  die  Kameradschaft 
unter  den  Schicksalsgefährten. 

über  den  Inhalt  des  Films,  der  im  wesent- 
lichen, und  zwar  unter  weitgehender  Mit- 
wirkung amerikanischer  Kriegsblinder,  in 
einem  amerikanischen  Umschulungsheim  sich 
abspielt,  haben  wir  bereits  im  Septemberheft 
ausführlich  berichtet.  Dieser  Bericht  bedarf 
nur  einer  einzigen  positiven  Korrektur:  wir 
hatten  auf  Grund  der  Meinung  eines  bedeu- 
tenden Berliner  Filmkritikers  die  weiblichen 
Darsteller  des  Films  als  „für  unseren  Ge- 
schmack ein  wenig  zu  verzuckert"  bezeichnet. 
Das  kann  man  in  dieser  Schärfe  nicht  sagen: 
die  auftretenden  Frauen  und  Mädchen  ent- 
sprechen durchaus  nicht  der  Holly- 
wood-Schablone, und  wir  gewinnen 
auch  zu  ihnen  rasch  einen  echten  inneren 
Kontakt.  Im  übrigen  weist  Oskar  Schnait- 
mann  (Stuttgart),  der  Sohn  unseres  dortigen 
Landesverbandsvorsitzenden,  mit  Recht 
darauf  hin,  daß  die  amerikanische  Welt 
dieses  Films  schon  dadurch  dauernd  gekenn- 
zeichnet bleibt,  daß  die  Kriegsblinden  durch- 
weg und  ständig  in  amerikanischer  Heeres- 
uniform auftreten. 

Wir  sind  damit  bei  den  interessanten 
Urteilen  über  den  Film  aus  dem 
Kreis     unserer'    Kameraden     und 


Freunde  angelangt.  Oskar  S  c  h  n  a.i  t  m  a  n  n 
schreibt  z.  B.  weiterhin:  „Im  Gegensatz  zu  den 
nach  dem  Krieg  in  Deutschland  gezeigten ' 
Filmen,  die  ein  Blindenschicksal  als  Grund- 
lage oder  Rahmenhandlung  hatten,  konnte 
ich  feststellen,  daß  in  diesem  amerikanischen 
Film  selbst  ein  Fachmann  kaum  unterscheiden 
kann,  ob  es  sich  um  tatsächlich  Blinde  oder 
um  Schauspieler  handelt.  Selbst  kleine 
Gesten  führen  den  Beschauer  immer  wieder 
darauf  hin,  daß  er  einen  Kriegsblinden  vor 
sich  hat.  Ich  sprach  anschließend  mit  einem 
Sehenden,  der  mir  sagte,  dieser  Film  sei  in 
seiner  Art  der  eindrucksvollste,  welchen  er 
seit  Jahren  gesehen  habe." 

Was  eine  Frau  dazu  sagt 

Ganz  ähnlich  lautet  das  Urteil  einer 
anderen  sehenden  Persönlichkeit,  die  seit 
Jahren  unter  Kriegsblinden  lebt  und  die 
gerade  die  Atmosphäre  eines  Umschulungs- 
lazarettes aus  eigener  Erfahrung  kennt,  Frau 
Charlotte  Meyer,  der  Gattin  unseres 
Hamburger  Landesverbandsvorsitzenden.  Sie 
schreibt:  „Ich  muß  Ihnen  sagen,  daß  mich 
dieser  Film  zutiefst  erschüttert  hat,  als  Frau 
eines  Kriegsblinden  und  als  ehemalige  Hel- 
ferin im  Kriegsblindenlazarett.  In  meiner 
fünfeinhalbjährigen  Tätigkeit  habe  ich 
manchen  Kriegsblinden  kennengelernt, 
dessen  Schicksal  diesem  des  Sergeanten 
Larry  gleichkam.  Wie  manche  Fibel  flog  in 
die  Ecke,  als  es  hieß,  die  Blindenschrift  zu  er- 
lernen! Wie  manche  Verlobung  wurde  ge- 
löst, als  das  Mädchen  hörte,  daß  der  Verlobte 


<So  eilt  l^<einfall 

Mehrere  unserer  Leser  aus  dem  Ruhrge- 
biet schickten  uns  verärgert  einen  sehr 
merkwürdigen  Bericht,  der  am  16.  Oktober 
in  der  Dortmunder  Tageszeitung  „Ruhr- 
Nachrichten"  erschienen  ist.  Dort  wird 
unter  der  großen  Überschrift  „Einer  beneidet 
noch  den  Blinden"  doch  wahrhaftig  be- 
hauptet, daß  ein  sehender  Ohnhänder  im 
Grunde  sehr  viel  schlechter  dran  sei  als  ein 
Kriegsblinder,  der  seine  Hände  behalten 
hat.  In  diesem  geschilderten  Fall  vielleicht 
kein  Wunder,  denn  der  Kriegsblinde  ist  ein 
fleißiger  und  tüchtiger  Mann,  der  als  Steno- 
typist tätig  ist,  und  der  Ohnhänder  „steht 
wortlos  dabei,  wenn  seine  Frau  beim  Lebens- 
mittelhändler den  Laden  putzt  oder  gebückt 
hinter  dem  Kartoffelroder  hergeht".  Sehr 
viel  Lebensenergie  scheint  also  dieser 
Ohnhänder,  der  immerhin  noch  über  brauch- 
bare Armstümpfe  verfügt  und  der  mit  den 
modernen  kunstvollen  Prothesen  eine  Fülle 
von  Betätigungsmöglichkeiten  hätte,  nicht  zu 
haben.  Aber  davon  ist  in  diesem  Artikel 
nicht  die  Rede.  Der  harmlose  Leser  muß  zu 
der  Auffassung  kommen,  daß  die  Kriegs- 
erblindung eigentlich  eine  Lappalie  ist, 
gemessen  am  Ohnhänderdasein. 

Nun  sei  nicht  bestritten,  daß  es  eine 
bittere  Sache  ist,  keine  Hände  mehr  zu 
haben.  Wir  möchten  aber  glauben,  daß  jeder 
Kriegsblinde,  wenn  er  vor  die  Wahl  gestellt 
wäre,  lieber  ohne  Hände  als  ohne  Augen 
leben  möchte,  wenn  man  solche  törichten 
Vergleiche  überhaupt  anstellen  will. 

Nun  aber  kommt  der  geradezu  unheimliche 
Witz  der  Geschichte:  die  „Ruhr-Nachrichten" 
drucken  (ohne  uns  zu  fragen)  dazu  das 
Titelbild  unserer  Mai-Ausgabe  ab,  um  den 
glücklichen  Kriegsblinden  im  Bild  zu  zeigen. 
Das  Foto  stellt  dar,  wie  die  Frau  eines 
Kriegsblinden  ihrem  Mann  etwas  vorliest. 
Aus  dem  Foto  ist  eines  nicht  zu  erkennen  — 
und  das  schien  uns  damals  für  den  Zweck 
der  Veröffentlichung  unerheblich  zu  sein  — 
daß  nämlich  der  dargestellte  Kriegsblinde 
einer  der  220  kriegsblinden  Ohn- 
händer ist  und  zwar  unser  Kamerad  Erich 
Diedrich.  Jetzt  sind  wir  gespapnt  darauf,  ob 
die  „Ruhr-Nachrichten"  ihre  Schilderung 
korrigieren  . . . 


erblindet  sei!  Wie  mancher  Kamerad  bezwei- 
felte, jemals  die  Frau  für's  Leben  zu  finden 
—  und  war  dann  doppelt  glücklich  und  dank- 
bar, wenn  er  die  Frau  fand,  die  ihm  helfen 
wollte,  das  Leben  zu  meistern.  —  Die  sehen- 
den Menschen  sollten  und  müssen  sich  diesen 
Film  ansehen,  so  mancher  wird  dann  wieder 
mehr  Achtung  vor  einem  Kriegsblinden 
haben,  der  trotz  der  Schwere  des  Schicksals 
fest  im  Leben  steht." 

Kamerad  Ewald  Meyer  (Hamburg)  selbst 
schreibt  in  seinem  Urteil:  „Der  Film  hat  in 
keiner  Weise  irgendein  überflüssiges  und 
besonders  uns  deutschen  Kriegsblinden 
fremdes  Beiwerk,  spricht  sehr  gut  an  und 
könnte  ohne  weiteres  auch  in  Deutschland 
gedreht  sein  und  ein  deutsches  Schicksal  dar- 
stellen. Der  Hauptdarsteller  hat  sich  sehr  gut 
in  die  Rolle  eines  Kriegsblinden  eingelebt 
und  ist  im  letzten  Viertel  des  Films  lebens- 
bejahender Kriegsblinder,  wie  auch  alle  mit- 
spielenden Kriegsblinden  das  Leben  bejahen. 
Man  konnte  sich  ohne  weiteres  in  das  Um- 
schulungslazarett Forst  versetzt  fühlen,  so, 
wie  ich  selbst  noch  einmal  den  1.  Oktober 
1943  und  die  daran  anschließenden  Monate 
erneut  erlebte.  Der  Film  hat  auf  die  sehen- 
den Menschen  einen  tiefen  Eindruck  gemacht, 
soweit  ich  es  aus  der  nächsten  Umgebung 
erkennen  konnte.  Dieser  Film  ist  es  wert,  in 
allen  Städten  der  Bundesrepublik  zu  laufen. 
Nach  meiner  Meinung  müßten  alle 
Beamten  und  Angestellten  der 
V e r s o r g u n gs - ,  Fürsorge-  und 
Arbeitsbehörden  sowie  der  Landes- 
versicherungsanstalten diesen  Film  besuchen, 
was  zu  ihrem  Verständnis  für  uns  erheblich 
beitragen  würde.  Allerdings,  nicht  jeder 
Kamerad  oder  dessen  Gattin  sollten  die  Vor- 
führung wegen  der  inneren  Erregung 
besuchen  —  bei  manchem  mag  der  Film  alte 
Wunden  wieder  aufreißen." 

Stark  beeindruckt  ist  auch  unser  Kamerad 
Hermann  N  ä  t  h  e  r  ,  der  als  Justizober- 
sekretär in  Berlin  tätig  ist.  Auch  er  unter- 
streicht besonders  die  Leistung  der  weib- 
lichen Hauptdarstellerin:  „Vorzüglich  wird 
die  Rolle  der  Judy  gespielt,  echt  und  natür- 
lich. Hier  wird  gezeigt;  wie  ein  vom  Schick- 
sal so  schwer  betroffener  Mensch  im  Umgang 
mit  anderen  Menschen  zu  behandeln  ist, 
um  bei  ihm  keine  Minderwertigkeits- 
komplexe aufkommen  zu  lassen.  Nicht  bemit- 
leidendes, mütterliches  Umsorgen  ist  geboten, 
nein,  Humanität  und  die  helfende  Hand  in 
selbstverständlicher  Zuordnung."  Hermann 
Näther  weist  darauf  hin,  daß  man  auch  als 
Nichtsehender  Filmvorführungen  besuchen 
kann  und  sich  sehr  wohl  aus  dem  Wort  und 
der  Musik  und  den  Geräuschen  ein  Bild  von 
der  Handlung  und  ihrem  Wert  machen  kann. 
„Dieser  Stoff",  so  meint  er  dann,  „ist  absolut 
geeignet,  die  notwendige  moralische  Auf- 
rüstung der  gesamten  Menschheit  zu  fördern 
und  das  Trümmerfeld  der  Seelen  zu  bereini- 
gen. Leider  fehlt  gänzlich  eine  Stellungnahme 
-  gegen  jeden  Krieg,  gegen  jede  Gewalttat 
und  jedes  Menschenmorden  —  hierin  läge 
die  Anregung  zu  einer  neuen  abgewandelten 
Formung  des  Stoffes.  Wie  schade  nur,  daß 
es  kein  deutscher  Film  sein  konnte,  dar- 
gestellt von  nur  deutschen   Kriegsblinden!" 

Unser  Kamerad  Dr.  Wilfried  Mühlen- 
s  i  e  p  e  n  (Düsseldorf)  schreibt  zu  dem  Film 
u.a.:  „Damals,  als  noch  Krieg  war,  als  es 
plötzlich  dunkel  wurde  für  immer  —  damals 
zermarterten  alle  jene  Gedanken  das  kriegs- 
müde Gehirn,  die  heutewiederleben- 
dig  wurden,  als  der  Filmstreifen  vom 
„Sieg  über  das  Dunkel"  die  Sinne  für  beinahe 
zwei  Stunden  gefangen  hielt.  Es  ist  natur- 
gemäß nicht  einfach,  als  Blinder  ein  objek- 
tives Urteil  über  das  filmisch-dichterische 
Widerspiel  seines  eigenen  Schicksals  abzu- 
geben und  man  läuft  Gefahr,  sich  in  kritischen 
Einzelbeobachtungen  zu  verlieren.  Aber  der 
Film  ist  ja  für  Sehende,  nicht  für  Blinde  ge- 
dreht worden,  und  da  muß  man  anerkennen, 
daß  die  Geschlossenheit  des  Geschehens  nicht 


gestört  wird  durch  unsachgemäße  Beurtei- 
lung der  Erblindung  eines  Menschen,  und  es 
ist  nichts  herausgehoben,  was  nur  einen 
einzelnen  Sonderfall  beträfe.  Der  Film 
spricht  für  das  Schicksal  eines  kriegserblin- 
deten Menschen  schlechthin.  Das  Ver- 
hältnis des  Blinden  zur  Umwelt,  seine  und 
deren  seelische  Reaktionen  sind  durchaus 
richtig  gesehen  und  gut  getroffen,  wenn  sie 
auch  bisweilen  noch  zu  einer  psychologischen 
Vertiefung  hätten  führen  können,  z.  B.  bei 
dem  Vorgang,  daß  der  Blinde  seinen  neu- 
gewonnenen Freund  beleidigt,  weil  er  ihn 
nicht  als  Neger  erkannt  hatte.  Der  Blinde 
kommt  nur  zu  der  Erkenntnis,  daß  man  mit 
alten  Vorurteilen  aufräumen  müsse.  Er 
müßte  aber,  so  meine  ich,  darüber  hinaus 
erfahren,  daß  der  Blinde  sich  eine  eigene 
Welt  erobern  kann,  losgelöst  von  allen 
Äußerlichkeiten  wie  Hautfarbe  oder  Gesichts- 
ausdruck, eine  Welt  der  innerenWerte, 
die  im  Gegensatz  zu  veralteten  Konven- 
tionen steht." 

„Ich  bin  es  selbst" 

Der  Kriegsblinde  Hans  Schopf  aus 
Bittenfeld,  Kreis  Waiblingen,  schreibt  sehr 
eindringlich,  wie  dieser  Film  für  ihnper- 
s  ö  n  1  i  c  h  zum  Erlebnis  geworden  ist  und 
zum  Spiegel  des  eigenen  Schicksals:  „Nicht 
irgendein  amerikanischer  junger  Mann  ver- 
liert im  heißen  Wüstensand  in  Afrika  sein 
Augenlicht,  sondern  ich  bin  es,  der  eine 
verpaßt  bekommt.  Ich  bin  es,  der  im  Lazarett 
aus  dem  Diktat  des  Arztes  erkennen  muß,  daß 
ich  für  immer  nichts  mehr  sehen  kann,  ich 
werde  auf  meinem  Heimatbahnhof  abgeholt 
und  stehe  meinen  fassungslosen  Eltern 
gegenüber,  ich  weiche  den  neugierigen 
Nachbarn  aus,  die  es  sicher  gut  mit  mir 
meinen,  i  c  h  bin  es,  der  im  Kreis  der  Kame- 
raden wieder  Mut  bekommt,  der  erkennt, 
daß  das  Leben  auch  für  uns  Schönheiten 
bereithält.  Es  ist  erstaunlich,  wie  der  Re- 
gisseur selbst  in  den  kleinsten  Dingen 
wiedergibt,  wie  unsere  sehende  Umwelt 
kleine  Fehler  macht,  sich  geschwind  entschul- 
digt und  glaubt,  daß  es  dann  vorbei  sei.  Ist 
nicht  jeder  von  uns  schon  einmal  in  einen 
Teller  mit  den  Fingern  gefahren,  oder  haben 
wir  nicht  alle  schon  einmal  ein  Glas  umge- 
stoßen, weil  es  vor  uns  hingestellt  wurde, 
ohne  daß  man  es  uns  gesagt  hat? 

Viele  solcher  Kleinigkeiten  könnte  man 
aufzählen  und  zuletzt  wüßte  man  gar  nicht 
mehr,  ob  es  eigenes  Erleben  oder  das  Ge- 
schehen im  Film  war.  Man  erkennt,  daß 
Amerika  ein  reiches  Land  ist  —  z.  B.  die  aus- 
geklügelte Ausbildung  bei  der  Umschulung! 
—  doch  die  menschlichen  Probleme 
sind  dort  genau  so  schwer  zu  lösen  wie,  bei 
uns,  und  auch  dort  drüben  in  diesem  Land, 
das  nach  unserer  Vorstellung  ein  Schlaraffen- 
land sein  müßte,  auch  in  diesem  Land  muß 
jeder  einzelne  hindurch  und  sich  selbst  über- 
winden. Für  uns  ist  dieser  Film  ein  Erlebnis, 
und  er  ist  mit  nur  wenigen  geflüsterten 
Sätzen  so  leicht  zu  begreifen,  daß  ich  jeden 
Kameraden  bitten  möchte,  sich  dieses  Werk 
anzuhören." 

Aus  Württemberg  schreibt  auch  der  Kriegs- 
blinde Dr.  Kurt  Wintterlin,  daß  der 
Film  bei  ihm  und  seiner  Frau  nachhaltige 
Eindrücke  hinterlassen  habe:  „Wie  schmerz- 
lich Verständnislosigkeit  für  einen  Neu- 
erblindeten sein  kann,  habe  ich  selbst  meh- 
rere Male  erleben  müssen.  Dasselbe  gilt  für 
falsch  angebrachtes  Mitleid.  Der  Entschluß 
des  Kriegsblinden,  Jura  zu  studieren,  wie  es 
ja  nach  diesem  Kriege  auch  in  Deutschland 
mindestens  50  Kameraden  unternommen  und 
geschafft  haben,  hat  mir  einige  Hochachtung 
abgenötigt,  obwohl  oder  gerade  weil  ich 
dieses  Studium  noch  in  sehendem  Zustand 
absolviert  habe." 

„Stellvertretend  für  uns  alle" 

Aus  vielen  weiteren  Zuschriften  sticht 
besonders  noch  die  Äußerung  unseres  Kame- 
raden    Karl     Kirchner     aus     Stuttgart 


hervor.  Er  schreibt  u.  a.:  „In  diesem  Film 
findet  man  nichts  von  jener  billigen  Effekt- 
hascherei, die  sich  des  Kriegsblindenschick- 
sals  oder  des  Blindenschicksals  überhaupt 
bedient,  um  unter  dem  mitleidigen  Grauen 
des  Publikums  den  völligen  Mangel  an 
schöpferischen  Ideen  zu  verbergen.  Dieser 
Film  wagt  es  vielmehr,  das  Kriegsblinden- 
schicksal  selbst  und  ausschließlich  zum 
Thema  zu  wählen  und  in  einer  Klarheit  dar- 
zustellen, die  fast  an  Härte  grenzt.  Ein  Stück 
Leben  rollt  vor  uns  ab,  das  stellver- 
tretend für  uns  alle  gilt,  die  wir 
das  gleiche  Schicksal  tragen,  und  das  Liebe 
und  Leid  von  Müttern  und  Frauen  in  seiner 
unerbittlichen  Strömung  mit  sich  reißt.  Mit 
seiner  Schilderung  geht  dieser  Film  bis  an 
die  Grenzen  seiner  Möglichkeiten  und 
schweigt  dort,  wo  für  uns  alle  das  uns  ver- 
bindende große  Schweigen  in  unserem  Leben 
beginnt.  Der  Zuschauer  ahnt  nur  etwas 
von  den  Bezirken  unseres  Lebens,  die  nur 
wir  selbst,  kaum  noch  die  uns  Zunächst- 
stehenden kennen.  Dort  aber,  wo  der  im 
Rassenwahn  erzogene  weiße  Amerikaner  die 
verbindende  Kraft  des  Leides  zu  seinem 
kriegsblinden  Negerkameraden  erkennt, 
schlägt  der  Film  eine  kühne  Brücke  von 
Kamerad  zu  Kamerad  über  Völker  und 
Rassen  hinweg.  Unter  dieser  Brücke  aber  ist 
kein  Raum  mehr  für  Vergleiche  über  die 
äußeren  Lebensumstände  hüben  und  drüben 
oder  für  eine  Schilderung  der  Filmhandlung 
im  einzelnen.  Auch  Lob  und  Kritik  für  die 
Leistung  der  einzelnen  Darsteller  muß  vor 
der  Gesamtleistung  des  Films  schweigen." 
Weiterhin  äußert  unser  Kamerad  Kirch- 
ner: „Man  kann  nur  wünschen,  daß 
möglichst  viele  der  Menschen  im  wilden 
Getriebe  unserer  Tage  Gelegenheit  finden, 
vor  diesem  neuen  amerikanischen  Film  für 
kurze  Zeit  den  Atem  anzuhalten.  Möge  dann 
an  die  Stelle  von  so  viel  falschem  Mitleid 


mit  dem  Kriegsblinden  die  Achtung  vor 
seinem  Schicksal  treten  und  möge  so  mancher 
unserer  Mitmenschen  es  lernen,  vor  den 
Tränen  unserer  Mütter  und  dem  Leben 
unserer  Frauen  in  Ehrfurcht  zu  schweigen, 
anstatt  um  materielle  Vorteile  zu  hadern 
und  zu  neiden.  Dann  wird  dieser  Film  für 
uns  deutsche  Kriegsblinde  mehr  sein  als  die 
Wiederkehr  von  Freud  und  Schmerz  aus 
unserem  eigenen  Leben  und  mehr  als  nur 
ein  ernster  Gruß  der  Kameraden  über  dem 
Ozean." 

Eine  Stiftung  „Sieg  über  das  Dunkel" 

Der  Amerikanische  Universal 
Filmverleih,  dem  wir  diesen  groß- 
artigen Kriegsblindenfilm  verdanken,  hat 
sein  besonderes  Verständnis  für  die  deut- 
schen Kriegsblinden  damit  bewiesen,  daß  er 
die  aus  sechs  großen  Galavorstellungen 
eingehenden  gesamten  Erträge  an  Leihmieten 
dem  Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands 
zur  Verfügung  stellt.  Der  Amerikanische 
Universal  Filmverleih  hat  im  Zusammen- 
wirken mit  dem  Bund  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  e  V.  daher  angeregt,  ein 
Postscheckkonto  in  Frankfurt 
am  Main  zu  errichten,  das  als  Konto 
„Sieg  über  das  Dunkel"  (Konto  Nr.  9 
des  Postscheckamtes  Frankfurt  a.  Main)  diese 
Beträge  aufnehmen  soll.  Es  wird  erwartet, 
daß  anläßlich  der  Filmaufführungen  dieses 
Konto  auch  weiterhin  benutzt  wird,  da  dem 
Publikum  damit  eine  naheliegende  Möglich- 
keit gegeben  wird,  etwas  von  der  Dankes- 
schuld gegenüber  den  Kriegsblinden  abzu- 
tragen, einer  Dankesschuld,  die  gerade  nach 
dem  Besuch  dieses  Films  viele  Menschen 
tief  bewegen  wird.  Es  ist  selbstverständlich, 
daß  alle  Eingänge  auf  diesem  Konto  ohne 
jeden  Abzug  dem  Bund  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  für  seine  Betreuungsarbeit  zur 
Verfügung  stehen. 


Sprich,  daß  ich  dich  sehe! 


Wir  haben  einen  der  bedeutendsten  deutschen  Sprechkundler,  Herrn  Prot.  Christian 
W  i  n  k  i  e  r,  Leiter  des  Instituts  für  Sprechkunde  und  Vortragskunst  an  der  Universität  Marburg, 
gebeten,  etwas  zu  der  im  Septemberhett  begonnenen  Diskussion  über  „Stimme  und  Persönlichkeit" 
beizutragen.  Die  Schrittleilung 


„Sprich,  daß  ich  dich  sehe!" 

Vor  einigen  Jahren  berichtete  ein  Rund- 
funkmann —  im  Sinne  dieses  Wortes  aus 
dem  Altertum  —  von  einem  Blinden.  Der 
sagte  ihm,  „daß  ihn  für  den  Verlust  seines 
Augenlichts  die  Natur  reichlich  entschädige. 
Er  sei  so  feinfühlig  und  hellhörig  geworden, 
daß  er  aus  der  Stimme  einer  Person  deren 
ganzes  Wesen  heraushören  könne.  Aus  der 
Lebhaftigkeit  und  Art  der  Stimme  schließt  er 
nicht  nur  auf  Alter  und  Geschlecht,  sondern 
auch  auf  Körperbeschaffenheit,  Farbe  der 
Haare  und  Augen,  und  will  sogar  erkennen, 
ob  jemand  rote  Backen  hat  oder  nicht.  In 
Gesellschaft  macht  man  mit  diesem  Manne 
■  oft  Versuche,  indem  man  ihm  ganz  fremde 
Personen  vorstellt,  die  er,  bloß  auf  den 
Klang  der  Stimme  hin,  nach  ihrem  Aussehen 
beschreiben  soll,  was  meist  zu  ganz  über- 
raschenden Ergebnissen  führt.  Auch  eine 
drohende  Erkrankung,  wie  einen  Katarrh, 
eine  Angina,  vermag  dieser  Blinde  aus  der 
Stimme  vorherzusagen". 

Ein  Stück  von  dieser  Hellsichtigkeit  haben 
wir  alle  und  mehr,  als  wir  meinen.  Einer 
meiner  Freunde  weiß  das  Wesen  des  Men- 
schen gut  aus  der  Schrift  zu  lesen,  ich  halte 
mich  an  die  Stimme,  und  oft  wird  diese 
Wesensbestimmung  bei  uns  eine  Art  Wett- 
spiel. Eines  Tages  traf  ich  bei  ihm  Geschäfts- 
besuch, und  es  machte  sich,  daß  der  immer 
gegen  das  Licht  und  mit  dem  Rücken  zu  mir 
saß.  Als  die  Dame  gegangen  war,  meinte 
ich  scherzend,  daß  ich  mir  lieber  einen  Strick 
kaufte,  als  diese  Stimme  alle  Tage  zu  hören. 
So  wurde  ich  examiniert:  „Wie  alt  ist  sie?" 
„Anfang  40",  sagte  ich.  „Ja,  43  —  ich  hätte 
sie  für  jünger  gehalten."  Ich  erwiderte:  „Ja, 


das  glaube  ich."  „Warum?"  „Nun,  weil  sie 
sehr  gepflegt  ist;  gepflegte  Menschen  er- 
scheinen jünger."  „Ist  sie  verheiratet?"  fragt 
er  weiter.  „Ja,  sicher.  Einen  Augenblick!  Der 
Mann  ist  Akademiker,  aber  kein  Beamter." 
„Stimmt",  antwortet  mein  Freund,  „er  ist 
Arzt." 

Das  alles  ist  keine  Hexerei.  Ein  wenig 
Spürsinn,  etwas  Kombinationsgabe  und  — 
Unbefangenheit  Als  Wissenschaftler  würde 
ich  mich  hüten,  solche  rasche  Aussagen  zu 
machen  wie  hier  als  Freund,  obwohl  oder 
vielleicht  gerade  weil  ich  mich  als  Sprech- 
kundler viel  mit  diesen  Fragen  abgegeben 
habe.  Wir  besitzen  auch  schon  eine  ganze 
Reihe  sehr  wertvoller  Untersuchungen  zu 
diesem  Fragenkreis  .Stimme  und  Persönlich- 
keit', besonders  aus  der  Berliner  und  Wiener 
Psychologenschule,  die  der  alten  Erfahrung, 
daß  die  Stimme  das  Wesen  eines  Menschen 
ausspricht,  wissenschaftlich  beobachtend  und 
oft  auch  experimentell  zu  Leibe  rücken. 

.Stimme'  ist  dabei  freilich  ein  sehr  un- 
genauer Ausdruck.  Zwar  sagt  der  Stimm- 
klang als  solcher  schon  recht  Wesentliches  — 
es  gibt  eine  ganze  Typenlehre,  die  von 
J.  Rutz,  die  vornehmlich  auf  dem  Stimm- 
klang fußt  — ,  aber  weit  mehr  können  wir 
aus  der  gesamten  .Sprechart  eines 
Menschen  entnehmen,  die  ja  auch  Dr. 
Simoneit  und  F.Feistner  in  ihren  Beiträgen 
(Septemberheft  des  „Kriegsblinden")  mein- 
ten, dem  Inbegriff  des  Ausdruckshaften,  das 
der  Schallform  einer  Rede  anhaftet,  ob  es 
sich  nun  phonetisch  im  Auf  und  Ab  der  Ton- 
höhe, in  der  Beschwerungsweise  oder  Glie- 
derung, im  Zeitmaß,  in  der  Lautbehandlung 
oder  wo  immer  äußere.  Mir  scheint,  für  die 


Beschreibung  dieser  Dinge  sollten  die  Psycho- 
logen etwas  fleißiger  bei  den  Phonetikern 
oder  einem  Metriker  wie  Franz  Saran  in  die 
Lehre  gehen.  Das  Auffällige  aber  ist  dabei, 
daß  keines  der  Merkmale,  die  wir  in  der 
Sprechart  feststellen  können,  für  sich 
allein  einen  bestimmten  Wesenszug  eines 
Menschen  kundtut.  Es  wiederholt  sich  dabei 
eine  Erscheinung,  die  wir  bei  allen  Aus- 
drucksvorgängen antreffen,  in  der  Mimik 
und  Gestik  wie  in  der  Schrift  u.  a.  Was  er- 
scheint einleuchtender,  als  daß  rasches  Sprech- 
tempo von  einem  lebhaften  Wesen  zeuge? 
Tatsächlich  sind  ja  die  Unterschiede  hier 
enorm  In  meinen  Freisprechaufnahmen 
reichen  sie  von  53  bis  192  Wörtern  in  der 
Minute.  Aber  will  man  das  Zeitmaß  psycho- 
logisch richtig  einschätzen,  so  muß  man  es 
immer  im  Rahmen  der  gesamten  Sprech- 
leistung sehen  und  berücksichtigen,  daß  z.  B. 
Kinder,  wenn  sie  einmal  die  Sprache  leidlich 
beherrschen,  immer  weit  rascher  sprechen 
als  Erwachsene,  daß  die  Schwierigkeit  des 
Redegegenstandes  ebenso  wie  die  Größe  der 
Hörerschaft  die  Rede  abbremst  und  noch 
vieles  andere  mehr.  Niemals  also  bedeutet 
ein  Schallmerkmal  einen  Wesenszug,  so  wie 
das  Lautgebilde  ,Baum'  auf  den  Begriff 
Baum'  hindeutet.  Erst  im  Rahmen  der 
gesamten  Sprechart  gewinnt  das  einzelne 
Merkmal  seine  Bedeutung.  Darum  kann  es 
nur  irreführen,  wenn  man  rät,  sich  solche 
Merkmale  mit  ihren  Ausdrucksbedeutungen 
genauestens  einzuprägen.  Wohl  aber  sam- 
melt sich  der  Ausdruck  an  bestimmten  Punk- 
ten, etwa  in  der  Melos-Kurve,  oder  der  Be- 
handlung der  Verschlußlaute,  die  damit  zu 
, Ausdrucksträgern'  werden. 

Greifen  wir  doch  einmal  auf  das  Zeit- 
maß zurück!  Wenn  ich  oben  sagte,  daß 
meine  langsamste  Versuchsperson  53  Wörter 
in  der  Minute  spreche,  so  sagt  das  über  ihr 
Wesen  rundweg  noch  gar  nichts.  Sie  ist  näm- 
lich ausgesprochen  wendigen  Geistes  und 
besitzt  eine  schon  durch  ihren  Beruf  aus- 
gezeichnet eingeübte  Sprechfähigkeit.  Hier 
kam  es  mir  darauf  an,  festzustellen,  wieviel 
Wörter  —  und  d.  h.  in  dem  Falle  Bedeutungs- 
träger —  die  Versuchsperson  im  Vergleich 
zu  anderen  bei  dieser  Aufgabe  geistig  pro- 
duziert. Dabei  gab  es  lange  Besinnungs- 
pausen; die  Rede  selbst  lief  dann  ziemlich 
flott  und  überdies  noch  wechselnd:  mal 
rascher,  mal  langsamer.  Die  einfache  grobe 
Zeitmaßfeststellung  würde  also  hier  ganz 
irreführen.  Wer  aber  gut  hinhört  und  die 
sorgsame  Gedankenarbeit  und  Sprachgestal- 
tung des  Sprechers  miterlebt,  die  Federkraft, 
mit  der  er  die  Bewegung  des  Geistes  in 
Worte  einfängt,  der  wird  eben  aus  diesem 
Gesamteindruck  seiner  Sprechart  zu  einem 
viel  reicheren  und  zutreffenderen  Bilde 
seiner  Persönlichkeit  kommen. 

Gewiß,  mancherlei  Einzelnes  wissen  wir 
heute  als  Sprechkundler  und  Psychologen 
von  diesen  Dingen  und  können  es  uns 
deuten.  Vergleicht  man  aber  die  Genauig- 
keit der  Angaben,  die  bei  einem  Groß- 
versuch des  Wiener  Rundfunks  die  Hörer 
über  das  Wesen  verschiedener  Sprecher 
machten,  die  sie  nur  einmal  mit  einem  Satze 
aus  dem  Lautsprecher  hörten,  mit  den  Er- 
kenntnissen der  Wissenschaft,  so  wird  der 
Wissenschaftler  dem  Blinden  zwar  raten, 
sein  Feingefühl  für  diese  Dinge  immer  weiter 
auszubilden,  denn  er  wird  dabei  gewiß  nicht 
enttäuscht,  aber  er  selber  wird  bei  dem 
Blinden  weit  eher  in  die  Lehre  gehen, 
als  daß  er  ihm  helfen  könnte  —  es  sei  denn 
durch  einige  grundsätzliche  Erwägungen. 

Da  haben  jene  Rundfunkversuche  etwa 
gezeigt,  daß  die  Hörer  sehr  viel  und  sehr 
Genaues  aus  der  Stimme  hörten  über  alle 
jene  Eigenschaften  des  Sprechers,  die  —  sie 
selbst  betrafen!  über  Wesenszüge  also,  die 
für  das  Zusammenleben  der  Menschen 
wichtig  sind,  wie  Kontaktfähigkeit  und  -be- 
reitschaft,  Verträglichkeit  oder  Mißtrauen, 
daß    hingegen    Wesenszüge,    die    sozusagen 


nur  den  Sprecher  angehen,  wie  innere  Har- 
monie oder  Scharfsinn,  kaum  beachtet  wurden. 
Ist  die  Stimme  für  solche  Züge  wirklich 
weniger  ausdrucksträchtig  oder  horchen  wir 
nur  gewöhnlich  nicht  darauf  hin,  weil's  uns 
nichts  angeht,  und  sind  darum  harthörig  da- 
für? Die  Kundgabe  ist  ja  auf  Kundnahme 
angelegt  —  wozu  wäre  Ausdruck  sonst  über- 
haupt da?  So  ist  es  schon  denkbar,  daß  nicht 
nur  mangelndes  Interesse  uns  von  diesen 
Wesenszügen  aus  der  Stimme  wenig  hören 
läßt,  sondern  daß  sie  wirklich  darin  weniger 
deutlich  erscheinen.  Oder  kann  ein  feines 
Ohr,  wie  das  des  Blinden,  diesen  Selbstsinn 
überwinden? 

Dann  aber  sei  noch  besonders  verwiesen 
auf  die  Beziehung  des  W  i  e  des  Sagens  zum 
Was  des  Gesagten,  die  bei  solchen  Erörte- 
rungen oft  ganz  übersehen  wird  und  doch 
überall  mitwirkt.  Man  braucht  gar  nicht 
einmal  auf  die  immerhin  seltenen  Fälle  zu 
verweisen,  wo  Bedeutung  und  Sprechart  ein- 
ander widersprechen  („Sie  sind  ja  ein  feiner 
Herr!")  und  die  Neigung  eines  Sprechers  zu 
solchem  gegensinnigen  Bezug  von  Bedeutung 
und  Sprechart  festzustellen;  einfach  schon 
wenn  man  sich  darauf  besinnt,  was  ein  aus- 
gesprochenes Wort  in  der  gegebenen  Sprech- 
lage ,an  sich'  bedeutet  und  nun  vergleicht, 
wie  es  hier  gesagt  wurde  —  so  fällt  einem 
der  besondere  Ausdruckssinn  dieser  Sprech- 
art auf.  Und  wer  dann  gar  dieses  Wort  in 
der  Art  des  Gesprächspartners  —  sei  es  laut, 
sei  es  auch  nur  in  innerem  Sprechen  —  nach- 
spricht, der  wird  auf  eine  oft  überraschende 
Weise  der  Art  seines  Gesprächspartners 
inne,  wird  plötzlich  wissen,  wie  der  inner- 
lich ist. 

Eine  Erscheinung  aber  mahnt  uns  zu  be- 
sonderer Vorsicht.  Nicht  jede  Stimme 
und  Sprechart  ist  gleich  ausdrucksvoll. 
Gerade  so,  wie  es  sehr  lebhafte  und  aus- 
drucksreiche Sprecher  gibt,  die  uns  überaus 
lebendig  und  doch  mit  unbewegtem  Gesicht 
und  geradezu  .toten'  Augen  etwas  erzählen 
können,  genau  so  gibt  es  andere,  deren  Er- 
lebnis und  Wesen  wohl  im  Auge  blinkt,  in 
der   Stimme   aber   nur   matt   zum   Ausdruck 


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kommt  (wobei  wir  von  allen  sonstigen  Hem- 
mungen noch  ganz  absehen  wollen).  Wir 
können  unserer  Natur  nach  überhaupt  aus- 
drucksbegabt sein  oder  sind  es  eben  nicht, 
und  der  Ausdrucksbegabte  ist  es  auf  allen 
,Ausdrucksgeländen  des  Leibes',  wie  man 
das  genannt  hat,  selten  gleichmäßig  stark. 
Das  müssen  wir  bei  der  Stimmdeutung  in 
Rechnung  stellen.  Eine  verfeinerte  Beobach- 
tung, wie  sie  der  Blinde  wohl  immer  ent- 
wickelt, wird  das  freilich  meist  überwinden. 


Dann  aber  spricht  die  'Stimme  so  unmittel- 
bar und  fein  den  Menschen  aus,  wie  kein 
anderes  Ausdrucksgebaren.  Gewiß  kann  man 
auch  ihre  Bewegungen  durch  den  Willen 
steuern,  und  damit  steht  auch  sie  in  der 
Gefahr  der  Unechtheit.  Aber  die  Sprechart 
pflegt  auch  das  untrüglich  zu  zeigen:  ihre 
Züge  erscheinen  dann  vergröbert,  und:  sie 
halten  nicht  —  unechte  Besorgnis  z.  B. 
bricht  schlagartig  um  in  Unbekümmertheit. 
Das  hört  man  bald  heraus. 

Prof.  Winkler  (Maibmg) 


Stimme  oder  Sprechweise? 


Interessante,  wenn  auch  vielleicht  anfechtbare 
Hinweise  zum  Thema  „Stimmdeutung"  gibt  im 
folgenden  unser  kriegsblinder  Kamerad  Dr.  Wil- 
fried Mühlensiepen,  Düsseldorf: 

Den  Ausführungen  über  die  psychologische 
Deutung  des  Wesens  aus  dem  Sprechen 
(vergl.  „Der  Kriegsblinde",  Septemberheft 
1951),  stimme  ich  im  allgemeinen  zu.  Zwar 
bin  ich  kein  Fachpsychologe  und  beobachte 
diesen  Themen-Kreis  mehr  aus  Liebhaberei 
und  auf  Grund  der  Erblindung,  doch  scheint 
mir  in  den  beiden  Artikeln  bisweilen  eine 
Verwechslung  der  Begriffe  „Sprechen"  und 
„Stimme"  vorzuliegen.  Die  Unterscheidungen 
von  Sprachklang,  Sprechmelodie,  Tonhöhe 
und  Lautheit  sowie  Akzentuierung,  Artikula- 
tion und  Sprechtempo  bezogen  sich  eigent- 
lich nur  auf  das  Sprechen  des  Menschen.  Daß 
man  aus  diesen  Merkmalen  charakterolo- 
gische  Rückschlüsse  ziehen  kann,  wurde  dar- 
gelegt. Doch  scheinen  mir  diese  Merkmale 
nur  Gültigkeit  zu  haben  in  bezug  auf  jenen 
Teil  des  menschlichen  Wesens,  der  veränder- 
lich ist  und  der  durch  Umwelt,  Erziehung 
oder  willkürliche  Eingriffe  beeinflußt  werden 
kann,  also  oft  der  Absicht  oder  auch  einer 
unbewußten  Maskierunq  unterliegt.  So  än- 
dern sich  oft  die  Sprechmerkmale.  Doch,  so 
glaube  ich,  gibt  es  auch  unveränder- 
liche Merkmale,  die  keinem  willkürlichen 
Eingriff  unterlegen  sind,  und  dieses  Unver- 
änderliche drückt  sich  weniger  im  Sprechen, 
sondern  vor  allem  in  der  Stimme  aus. 

Um  das  Gesagte  zunächst  an  einem  Bei- 
spiel zu  verdeutlichen,  möchte  ich  auf  die 
Fähigkeiten  des  Schauspielers  hinwei- 
sen. Dieser  ist  imstande,  seine  Sprache  zu 
verändern,  d.  h.,  er  kann  durch  die  jeweils 
veränderte  Sprechweise  verschiedene  Cha- 
raktere, das  Wesen  verschiedener  Menschen- 
typen darstellen,  bisweilen  den  Ruhigen,  den 
Aufgeregten,  den  Heimtückischen,  den  Me- 
lancholiker usw.  Derselbe  Typ  kann  auch 
von  verschiedenen  Schauspielern  gespielt 
werden,  um  so  glaubhafter,  wenn  sie  sich  in 
die  Rolle  wirklich  hineinversetzen.  Dem 
steht  aber  die  Tatsache  gegenüber,  daß  man 
ohne  weiteres  imstande  ist,  trotz  dieser  ver- 
änderten Sprechweise  einen  bestimmten 
Schauspieler  an  der  Stimme  wiederzuer- 
kennen, ganz  gleich,  welche  Rolle  er  spielt. 
Das  heißt  also,  daß  in  der  Stimme  und  nicht 
in  der  Sprechweise  etwas  Unveränderliches 
enthalten  ist,  das  uns  erlaubt,  Rückschlüsse 
auf  die  Person  zu  ziehen*). 

Gegenüber  dem  Veränderlichen  der  Sprech- 
weise möchte"  ich  das  Unveränderliche  der 
Stimme  als  das  Bestimmende  eines  Menschen, 
als  das  „Stimmdestinativ"  bezeichnen. 

Wenn  sich  also  ein  Mensch  auch  mit  Hilfe 
einer  veränderten  Sprechweise  verstellen 
kann,  so  wird  man  ihn  doch  immer  an  sei- 
ner Stimme  erkennen.  So  kann  sich  dieses 
Stimmdestinativ  in  seiner  Grundstruktur 
nicht  verändern,  wohl  aber  verschieben  oder 
entwickeln.  Offensichtlich  ist  dies  vor 
allem  beim  Stimmbruch  des  Knaben.  Aber 
auch    danach    ist    bei    genauer    Beobachtung 


*)  Es  drängt  sich  allerdings  die  Frage  auf,  ob  der 
Schauspieler  nicht  gerade  die  Stimme  verändert. 

(Die  Schriftleitung) 


eine  ständig  zunehmende  Brüchigkeit  der 
Stimme  festzustellen.  Der  Greis  beispiels- 
weise hat  die  charakteristisch  gebrochene 
Stimme.  Und  es  ist  für  den  Blinden  nichts 
irreführender,  als  wenn  ein  junger  Schau- 
spieler einen  Greis  darstellen  will,  Für  die 
Stimme  der  Frau  gilt  übrigens  Ähnliches, 
auch  wenn  hier  nur  feinere  Nuancierungen 
vorliegen,  so  daß  man  schon  ein  geschultes, 
feines  Gehör  zur  Unterscheidung  besitzen 
muß. 

Ich  glaube  festgestellt  zu  haben,  daß  man 
aus  dem  Grad  der  Brüchigkeit  der  Stimme 
nicht  nur  die  altersmäßige  Entwicklung  des 
Menschen  bestimmen  kann,  sondern  daß  die 
Stimme  auch  zu  charakterologi- 
schen  Rückschlüssen  Anlaß  bietet.  Hier 
wären  vielleicht  Parallelen  zu  ziehen  zu 
dem,  was  bereits  über  Sprechklang,  Sprech- 
farbe oder  -färbung  gesagt  wurde.  Auf  die 
Stimme  bezogen  hieß  es,  daß  aus  ihr  etwas 
grundsätzlich  Unveränderliches,  aber  ent- 
wicklungsmäßig Verschiebbares  herauszu- 
hören ist,  das  sich  in  einer  gewissen  Fär- 
bung (Rauheit,  Rissigkeit,  Brüchigkeit  usw.) 
ausdrückt.  Diese  Merkmale  möchte  ich  als 
Stimmkolorit  bezeichnen. 

Was  kann  man  nun  aus  dem  Stimmkolorit 
entnehmen?  Am  besten  erleichtert  man  sich 
den  Zugang  zur  charakterologischen  Deu- 
tung einmal  dadurch,  daß  man  bestimmte 
physikalische  Erscheinungen  sich  auf  die 
Stimme  bzw.  auf  die  Stimmbänder  bildlich 
übertragen  vorstellt.  (Vielleicht  ist  diese 
Methode  etwas  gewaltsam  und  nicht  immer 
zutreffend;  zahlreiche  Versuche  scheinen  mir 
aber,  wenigstens  statistisch,  recht  zu  geben). 
Eine  rauhe,  rissige  Oberfläche  bietet 
größere  Möglichkeiten,  in  den  Körper  ein- 
zudringen als  eine  glatte  Oberfläche.  So 
schließe  ich,  daß  ein  Mensch  mit  rauher, 
rissiger,  brüchiger  Stimme  zugänglich 
ist  sowohl  für  wissenschaftliche  Dinge  als 
auch  für  Kunst  oder  Geselligkeit.  Wie  eine 
brüchige  Oberfläche  mehr  Angriffsfläche 
bietet,  so  ist  ein  Mensch  dieses  Stimm- 
kolorits auch  geöffneter  fürs  Leben.  Ein 
Körper  mit  glatter  Außenseite  strömt  wenig 
aus.  Ein  Mensch  mit  glattem,  öligem  Stimm- 
kolorit hat  wenig  Reize.  Ein  abgenutzter 
Körper  zeigt  Scharten,  Kanten,  aber  auch 
abgegriffene  Stellen;  ein  Mensch  dieses 
Stimmkolorits  ist  vom  Leben  geprägt  und 
abgeschliffen  Ein  völlig  harter,  spiegel- 
glatter Körper  ist  unzugänglich.  Vielleicht 
liegt  auch  ein  Vergleich  mit  der  Farbe  nahe, 
da  ja  auch  weiße,  helle  Farbe  andere  Vor- 
stellungen hervorruft  als  dunkle,  tiefe, 
warme  Farbtöne.  (Man  darf  hier  aber  das 
Dunkle,  Warme  des  Stimmkolorits  nicht  ver- 
wechseln mit  einer  weichen,  warmen  „Sprech- 
weise", wie  man  auf  der  anderen  Seite  nicht 
den  Fehler  machen  darf,  daß  die  beschrie- 
benen Werte  absolut  zu  setzen  seien.) 
Gut  herauszuhören  ist  auch  die  bekannte 
Raucherstimme  und  die  Bierstimme.  Beide 
Stimmkolorite  haben  etwas  von  dem  jewei- 
ligen Ursprung  der  Brüchigkeit  in  sich:  diese 
das  Beißen  des  Qualms,  jene  die  Hohlheit 
des  Bierfasses! 

Im  einzelnen  müßte  natürlich  das  Gesagte 
am  phonetischen  Beispiel  erläutert  werden, 


die  ganz  allgemeinen  Angaben  können  nur 
Andeutungen  sein.  Doch  läßt  sich  m.  E.  ge- 
nerell soviel  sagen,  daß  sich  die  Anlage 
und  die  Entwicklung  des  Menschen  gleicher- 
maßen im  Stimmkolorit  ausprägt.  Eine  Mög- 
lichkeit, hier  zu  ersten  Ergebnissen  zu  kom- 
men, bietet  sich  wohl  am  ehesten  an  der 
Beobachtung,  daß  die  sexuelle  Entwicklung 
übereinstimmt  mit  gewissen  Erscheinungen 
in  der  Brüchigkeit  des  Stimmkolorits.  Das 
Stimmkolorit  des  erotisch  empfänglichen 
Menschen  strömt  eine  ganz  charakteristische, 
dunkle,  geöffnete,  zugängliche  „Stimmung", 
einen  unverkennbaren  Reiz  aus.  (Bezeich- 
nenderweise kann  eine  anlagebedingte  Rau- 
heit oder  Heiserkeit  der  Stimme  auch  schon 
vor  der  Pubertät  nachgewiesen  werden). 

Ich  habe  auch  die  interessante  Tatsache 
beobachtet,  daß  die  Stimmkolorite  der  ver- 
schiedenen Nationalitäten  in  sich  be- 
stimmte charakteristische  Eigenheiten  auf- 
weisen, sofern  die  Typen  ausgeprägt  sind. 
Hier  gibt  es  übrigens  in  der  Graphologie 
ähnliche  Parallelen.  Besonders  deutlich  tre- 
ten solche  charakteristischen  Merkmale  bei 
rassisch  bedingtem  Stimmkolorit  auf,  so  daß 
man  beispielsweise  die  Stimmen  von  Nord- 
europäern und  Südländern  oder  Chinesen 
und  Negern  oft  recht  gut  unterscheiden  kann. 

Wenn  man  schon  beim  Sprechen  den 
Grad  der  Erregung,  der  Nervosität  oder  Ge- 
lassenheit charakterologisch  ausdeuten  kann, 
so  liegt  auch  in  der  Stimme  etwas  von  der 
seelischen  Gestimmtheit  des  Menschen  ver- 
borgen. Vielleicht  kann  man  hier,  gleicher- 
maßen auf  Seele  und  Stimme  bezogen,  von 
einer  inneren  Gespanntheit  sprechen.  Es  ist 
z.  B.  das,  was  einem  die  Kehle  zuschnürt. 
Trotz  größter  äußerer  Beherrschtheit  ist  dabei 
die  Stimme  meist  ein  sehr  verräterisches 
Organ,  und  ein  geübtes  Ohr  wird  erkennen, 
ob  ein  raffinierter  Schauspieler  eine  seelische 
Gestimmtheit  nur  vortäuscht. 

So  möchte  ich  abschließend  bemerken,  daß 
die  Stimme  weit  mehr  von  unserem  Gegen- 
über aussagt,  als  es  die  psychologische  Be- 
urteilung des  Sprechens  zunächst  vermöchte, 
vielleicht  mehr,  als  es  dem  Träger  der 
Stimme  lieb  ist.  Vielleicht  öffnet  uns  gerade 
die  Stimme  als  Tor  zum  tiefsten  Inneren  des 
Menschen  den  Weg  zur  Sympathie  oder 
Antipathie,  wobei  das  erotische  Moment  eine 
nicht  zu  unterschätzende  Bedeutung  erhält. 
Ich  glaube  auch,  alle  diese  Beobachtungen 
in  zahlreichen  Versuchen  im  Vergleich 
mit  den  Aussagen  Sehender,  der  Stimm- 
träger selbst  oder  durch  die  Reaktionen 
nahestehender  Personen  belegt  zu  haben. 
Doch  kann  man  hierbei  auch  großen  Täu- 
schungen erliegen,  wenn  man  beispielsweise 
die  Stimme  einer  siebzigjährigen  Frau  für 
die  eines  Knaben  hält.  Und  das  scheint  mir 
daran  zu  liegen,  daß  die  Beurteilung  stets 
der  subjektiven  Aufnahmefähigkeit  des  Ge- 
hörs unterliegt. 

Dazu  meint  der  Fachwissenschaftler: 

Wir  leiteten  kurz  vor  der  Drucklegung  die  vor- 
stehende Zuschrift  des  Kameraden  Dr.  Mühlen- 
siepen  Herrn  Pro!.  Winklet  (Marburg)  zu,  der 
dazu  die  folgenden  Bemerkungen  machte: 

Wie  alle  Ausdruckserscheinungen  zeigt 
auch  die  menschliche  Stimme  beides:  blei- 
bende Wesenszüge  der  Persönlichkeit  —  in 
unserem  Falle  „persönliche  Sprechart"  ge- 
nannt —  und  solche,  die  von  Fall  zu  Fall  mit 
dem  Redegegenstand  wechseln  —  die  sog. 
jeweilige  Sprechart:  Physiognomisches  und 
Pathognomisches  also.  Beides  äußert  sich  so- 
wohl in  der  Stimme  wie  in  der  Sprechart. 
Jene  freilich  erscheint  dauerhafter  und  also 
geeigneter,  aus  ihr  Wesenszüge  der  Per- 
sönlichkeit zu  entnehmen.  Die  Sprechart  hin- 
gegen gibt  dem  geringsten  Stimmungsum- 
schwung nach  und  dient  darum  vorwiegend 
dem  Ausdruck  der  jeweiligen  inneren  Situ- 
ation. Aber  es  bleibt  beim  Mehr  oder  Minder. 


Die  Gleichung  Stimme  =  Persönlichkeit  wäre 
unzulänglich,  oft  falsch. 

Das  gilt  auch  insofern,  als  nicht  nur  die 
Sprechart  der  geistig-willkürlichen  Steue- 
rung unterworfen  ist  und  damit  unecht  wer- 
den kann.  Zunächst  muß  man  sich  klar 
machen,  daß  in  der  Bewußtheit  der 
sprachlichen  Akte  notwendig  und  unvermeid- 
lich ein  Keim  und  auch  immer  ein  gewisses 
Maß  der  Unechtheit  begründet  ist.  „Spricht 
die  Seele,  so  spricht,  ach,  schon  die  Seele 
nicht  mehr",  sagt  Schiller.  Aber  auch  die 
Stimme  steuern  wir,  und  den  Schau- 
spieler kennzeichnet  dabei  eben  nur  eine  be- 
sondere Begabung  und  Fähigkeit,  zu  steuern. 
Und  doch  hörte  Dr.  Mühlensiepen  etwas  ganz 
richtig  heraus:  daß  ein  gewisser  Kern  der 
Stimme  eben  unveränderlich  bleibt.  Freilich 
viel  weniger,  als  die  meisten  wohl  ahnen! 
Denn  der  Stimmklang  oder  das  „Stimm- 
kolorit" ist  für  den  Sprechkundler  oder 
Stimmbildner  —  wohl  eine  Einheit,  doch 
schließen  sich  in  ihr  eine  ganze  Reihe  von 
Komponenten  zusammen.  Was  Dr.  Mühlen- 
siepen als  Glätte  oder  Brüchigkeit  der  Stimme 
beschreibt,  rührt  wohl  vorwiegend  aus  der 
Koordination  der  Muskelleistungen  im  Kehl- 
kopf her  oder  deren  Mangel.  Daneben 
gibt  es  all  die  Resonanzerscheinungen,  die 
aus  der  Gestalt  und  den  Spannungsverhält- 
nissen der  Hohlräume  über  und  auch  unter 
den  Stimmlippen  herrühren.  Manches  davon 
ist  der  Willkür  ohne  weiteres  zugänglich, 
anderes  läßt  sich  schulen,  manches  entzieht 
sich  der  Beeinflussung  überhaupt  und  wird 
damit  für  die  physiognomische  Deutung  be- 
sonders wichtig.  Immerhin:  man  muß  das 
heraushören  lernen. 

Die  Folgerung  aus  alledem:  wir  wissen 
von  diesen  Dingen  noch  recht  weniges 
sicher,  aber  immerhin  soviel,  daß  wir  vor 
manchen  voreiligen  Schlüssen  gefeit  sind. 
Aus  der  Brüchigkeit  des  Stimmklangs  z.  B. 
seelische  Zugänglichkeit  zu  folgern,  das 
scheint  mir  sehr  gewagt.  Sollte  hier  nicht  das 
optische  Bild  der  rissigen  Oberfläche  verführt 
haben,  etwas  Nicht-Akustisches,  Nicht- 
Motorisches,  Nicht-Stimmliches  also? 

Vibration  und  Schallwellen 
als  Orientierungsmittel 

Bin  ich  denn  in  einen  Hohlweg  geraten? 
Dieser  Gedanke  durchzuckt  mich  oft  plötz- 
lich, wenn  auf  einer  Seite  meines  Gehwegs 
Häuser  stehen.  Meine  Frage,  ob  sich  am 
Straßenrand  etwas  erhebe,  wird  dann  von 
der  Begleitperson  regelmäßig  bejaht.  Meist 
handelt  es  sich  um  größere  Fahrzeuge,  wie 
Omnibusse,     Lastwagen     und     dergl.     Beim 


Gehen  mit  dem  Stock  in  Richtung  auf  eine 
Hausmauer  habe  ich  häufig  das  Gefühl  der 
Annäherung  an  diese  Mauer,  noch  ehe  die 
Spitze  des  Stockes  hart  aufschlägt. 

Vielen  Kameraden  wird  es  schon  auf- 
gefallen sein,  daß  man  bei  nötiger  Auf- 
merksamkeit das  Vorhandensein  von  Hin- 
dernissen zu  erkennen  vermag,  die  sich 
über  dem  Fußboden  erheben.  Auf  der  Suche 
nach  einer  Erklärung  für  diese  eigenartige 
Tatsache  haben  manche  Forscher  von  einem 
sogenannten  „sechsten  Sinn"  des  Blinden 
gesprochen.  Neuerdings  ist  man  jedoch  zu 
dem  Ergebnis  gekommen,  daß  dieses  Er- 
kennen von  Hindernissen  wohl  nicht  auf 
einen  sechsten  Sinn,  sondern  auf  andere 
Gründe  zurückzuführen  ist,  welche  anschlie- 
ßend erläutert  werden  sollen. 

Jeder  größere  Gegenstand  läßt  feinste 
Schwingungen  ausstrahlen,  die  vom  Gehör 
sowie  von  der  bloßen  Hautoberfläche  wahr- 
genommen werden.  Als  Beweis  sei  das  Rau- 
schen genannt,  welches  wir  hören,  wenn  wir 
eine  größere  Tonvase  an  das  Ohr  halten. 
Es  schwingt  also  auch  das  Hindernis,  dem 
man  sich  nähert.  Durch  Wandrückstrahlung 
wird  diese  Schwingung  noch  wesentlich  ver- 
stärkt. In  der  Nähe  des  Hindernisses  ergibt 
sich  demnach  eine  Vibrationsstauung.  Diese 
wirkt  auf  das  Gesicht  und   die   Hände   ein. 

Wer  nicht  weiß,  wo  er  sich  gerade  be- 
findet, wird  unwillkürlich  versuchen,  durch 
mancherlei  Geräusche,  die  er  hervorbringt, 
durch  Aufstampfen,  Rufen  oder  Husten, 
seinen  Standort  festzustellen. 

Der  Vibrationsforscher  Hirsch  führt  in 
seiner  Schrift  „Wesensart  und  Zusammen- 
spiel der  Vibrationsempfindung"  aus,  daß 
durch  die  selbst  hervorgebrachten  Schall- 
wellen gleichzeitig  auch  Vibrationen  erzeugt 
werden,  welche  sich  durch  erhöhtes  Schwin- 
gen der  Gegenstände  und  des  eigenen  Kör- 
pers äußern.  Hierdurch  wird  die  Vibrations- 
wirkung derart  gesteigert,  daß  sie  auch  in 
solchen  Fällen  wahrnehmbar  wird,  in  denen 
sie  zunächst  nicht  deutlich  zu  spüren'  war. 

Ein  wertvolles  Hilfsmittel  zur  Verstärkung 
der  Vibration  ist  vor  allem  der  Stock 
als  unser  „treuester  Begleiter".  Er  ist  uns 
nicht  nur  eine  Stütze,  sondern  auch  ein  sehr 
wertvoller  Taster.  Sogar  dann,  wenn  wir  mit 
dem  Stock  in  der  Hand  auf  dem  Stuhle 
sitzen  und  die  Spitze  des  Stockes  den  Fuß- 
boden berührt,  dient  er  uns  unbewußt  als 
Vibrationsverstärker.  Genauere  Feststel- 
lungen hierüber  werden  wir  allerdings  erst 
dann  machen  können,  wenn  wii  auf  die 
vibrierenden  Luftverdichtungen  genau  achten 
und  den  Grad  ihrer  Auswirkung  für  unsere 
Orientierung  selbst  festgestellt  haben. 

Dr.  Kurt  Wintterlin 


liDir  weben  —  für  dich! 

Sorgen  und  Erfolge  der  Arbeitsgemeinschaft  kriegsblinder  Weber 


Nun  sind  es  bald  zwei  Jahre  her,  seitdem 
wir  unsere  „AKW,  die  „Arbeitsgemeinschaft 
kriegsblinder  Weber",  nach  Beendigung  un- 
serer Umschulung  aus  eigener  Initiative  und 
Überwindung  größter  Schwierigkeiten  ge- 
gründet haben.  Unsere  Kameraden  arbeiten 
nach  wie  vor  in  Heimarbeit,  und  in  kleinen 
und  größeren  Orten  klappern  die  Kamm- 
laden der  Webstühle  und  die  Schiffchen 
fliegen  im  Schnellschuß  durch  die  Fächer, 
und  unter  unseren  fühlenden  Händen  ent- 
stehen kunstgewerbliche  Textilerzeugnisse. 
Schon  konnte  für  unsere  Erzeugnisse  ein 
großer  Liebhaber-  und  Freundeskreis  ge- 
wonnen werden,  Besonders  durch  den  Ver- 
kauf und  die  Ausstellungen  in  unseren  Er- 
holungsheimen haben  unsere  immer  wieder 
als  geschmackvoll  und  preiswert  anerkann- 
ten Tischdecken  und  Kissenplatten  usw.  im 
Kreise  unserer  Kameraden  und  ihrer  An- 
gehörigen immer  wieder  Anklang  gefunden. 

Noch  entstehen  die  Handwebwaren  in  be- 
engten   und    notdürftigen    Wohnräumen,    in 


Küchen  oder  gar  in  einem  eigens  als  Werk- 
statt eingerichteten  Güterwagen  der  Bundes- 
bahn unter  außerordentlichen  räumlichen 
Schwierigkeiten.  In  einigen  Fällen  kann  nur 
gearbeitet  werden,  wenn  dieNachbarn 
abwesend  sind  oder  wenn  wirklich 
einmal  Verständnis  für  den  Arbeitswillen 
des  kriegsblinden  Nachbarn  gezeigt  wird.  Ein 
Drittel  unserer  ausgebildeten  Weberkamera- 
den konnte  überhaupt  noch  nicht  tätig  wer- 
den, da  ihnen  nur  Notwohnungen  und  daher 
kein  Werkraum  zur  Verfügung  stehen. 

So  hatten  wir  bisher  immer  mit  großen 
Sorgen  um  die  Rentabilität  unseres  Unter- 
nehmens zu  ringen.  Ein  Ausweg  mußte  ge- 
funden werden!  Vieler  Mühe  und  Energie 
bedurfte  es  bis  zu  dem  stolzen  Erfolg:  in 
Langenhagen  bei  Hannover  sind  unter  den 
fleißigen  Händen  der  Maurer  und  Zimmer- 
leute 20  Eigenheime  und  unsere  schöne 
Gemeinschaftswerkstatt  aus  dem  Boden  ge- 
wachsen. Unermüdliche  Vorarbeit  war  dazu 
nötig.    Warten  in   den   Vorräumen   der  Be- 


hörden,  Besprechugnen  mit  den  maßgeb- 
lichen Stellen  der  Regierung,  Ausfüllung 
immer  neuer  Formulare  —  ein  nicht  ab- 
reißender Papierkrieg  ließ  die  Akten  zu  an- 
sehnlicher Stärke  anwachsen,  so  daß  nicht 
nur  in  dem  Gebälk  unserer  Häuser,  sondern 
auch  in  den  Bergen  von  Akten  ein  hübsches 
Stück  deutschen  Waldes  verarbeitet  worden 
ist.  Immer  wieder  waren  wir  zur  Stelle, 
wenn  unser  Plan  auf  irgend  einem  Schreib- 
tisch die  günstigste  Bauzeit  zu  verschlafen 
drohte.  Endlich  konnten  wir  nun  bei  dem 
kürzlich  stattgefundenen  Richtfest  zum  ersten- 
mal durch  die  Räume  unserer  Werkstatt  ge- 
hen und  mit  unseren  Händen  das  Mauerwerk 
abtasten.  Welch  ein  Gefühl  ist  es,  nach  den 
vergangenen  schweren  Jahren  endlich  wie- 
der den  Fuß  auf  die  Schwelle  des  eigenen 
Hauses  setzen  zu  dürfen!  Wenige  Jahre 
trennen  uns  nur  von  dem  Augenblick,  in  dem 
wir  in  Nacht  und  Dunkel  aus  unserer  gelieb- 
ten ostdeutschen  Heimat  vertrieben  wurden. 
Not  und  Elendsquartiere,  Treck  und  Land- 
straße, Hunger  und  Hoffnungslosigkeit  lie- 
gen hinter  uns. 

Unsere  Gemeinschaftswerkstätte 
umfaßt,  neben  einem  großen  Arbeitsraum 
im  Erdgeschoß,  der  Platz  für  14  Webstühle 
bietet,  weitere  Fertigungs-  und  Büroräume. 
Im  Obergeschoß  wird  neben  einem  Ausstel- 
lungs-  und  Verkaufsraum  Platz  sein  für  das 
Lager  der  Fertigwaren,  über  dem  Websaal 
liegt  der  große  Raum,  in  dem  die  Ketten 
geschert  und   die   Spulräder   surren  werden. 

Alle  für  die  Handweberei  erforderlichen 
Webgeräte  sind  auf  dem  Stand  einer  Ent- 
wicklung stehen  geblieben,  wie  sie  vor  fast 
hundert    Jahren    bei     den     Webern    üblich 


waren.  Wir  hoffen,  in  unserem  reinen  Blin- 
denunternehmen  Gelegenheit  zu  haben,  die 
Errungenschaften  der  Technik  nun  lang- 
sam auch  den  Gegebenheiten  blinder  Weber 
zunutze  machen  zu  können.  Während  in  der 
Industrie  der  Blinde  sich  meist  der  Arbeit 
anpassen  muß,  kann  hier  unter  Umständen 
der  umgekehrte  Weg  beschritten  werden  und 
die  Technik  sich  auf  die  Möglichkeiten  der 
Blindenarbeit  einstellen.  Wir  hoffen,  daß 
alle  zuständigen  Stellen  uns  in  den  kommen- 
den Jahren  bei  der  Durchführung  dieser 
Gedankengänge  behilflich  sein  werden.  Wich- 
tig ist  es  jedenfalls,  schon  jetzt  in  unserem 
neuen  Beruf  an  die  Erfahrung  anzuknüpfen, 
die  in  der  Blindenarbeit  im  Ausland  bereits 
gemacht  werden  konnte.  Wir  würden  uns 
freuen,  wenn  diese  Zeilen  dazu  beitragen, 
uns  mit  blinden  Berufskollegen  im 
Ausland,  wir  denken  besonders  an  Hol- 
land, in  Verbindung  zu  bringen.  Ermutigend 
für  unsere  Webergenossenschaft  sind  hierbei 
die  Ausführungen,  die  Herr  Professor  Dr. 
med.  Otto  Graf  (Max-Planck-Institut  in  Dort- 
mund) gerade  über  die  Blindenweberei  in 
seinem  Vortrag  „Warum  auch  heute  noch 
Blindenhandwerk?"  anläßlich  einer  Arbeits- 
tagung in  Königswinter  im  Oktober  1950 
machte.  Außerordentlich  zu  begrüßen  wäre 
es,  wenn  eine  Zusammenarbeit  aller  dieser 
maßgeblichen  Stellen  den  Zukunftsweg  unse- 
res neuen  Blindenberufes  ebnen  helfen 
würde. 

Um  die  Werkstatt  gruppieren  sich  die 
Heimstätten,  die  Anfang  Januar  ihren 
künftigen  Besitzern  übergeben  werden.  Sie 
liegen  in  einem  ca.  400  qm  großen  Garten. 
Durch  die  Haustür  an  der  Giebelfront  tritt 


AKWI-UaiulufeBkMutH  mm  toethnaMtfoU! 

Tischdecken,  Kissenplatten,  Trachten-Röcke  und  -Schürzen,  Bekleidungs- 
stoffe usw.  in  reichhaltiger  Auswahl! 

Geschmackvolle  Geschenkartikel  für  alle  Gelegenheiten.  Preiswert  und 
allseitig  anerkannt!     Fordern  Sie  bitte  unser  Angebot! 

Arbeitsgemeinschaft  kriegsblinder  Weber  e.  G.  m.  b.  H. 

Hannover.- 'Stolzes! raße  21I  (Ruf-Nr.:  8  27  90) 


man  in  einen  Vorflur,  in  dem  die  Türen 
für  die  Vorratsräume  und  die  Waschküche 
liegen.  Eine  Treppe  führt  zu  den  im  Hoch- 
parterre liegenden  Wohnräumen.  Diese  um- 
fassen ein  großes  Wohnzimmer  von  über 
20  qm,  Küche,  Badezimmer  und  die  im  Gie- 
belgeschoß liegenden  beiden  geräumigen 
Schlafzimmer.  Bald  wird  auch  diese  Räume 
frohes  Lachen  erfüllen. 

Wir  werden  auf  Grund  unserer  Satzung 
sorgfältig  darauf  achten,  daß  nur  tüch- 
tige Handwerker  in  unserer  kleinen  Ge- 
nossenschaft Aufnahme  finden.  Wir  sind  ein 
Unternehmen,  in  dem  nicht  nur  Kriegsblinde 
arbeiten,  sondern  das  sich  auch  allein  aus 
dem  Kreise  der  kriegsblinden  Weber  den 
jeweiligen  Vorstand  wählt.  Als  sehender 
Mitarbeiter  wirkt  in  unserem  Kreis  der  Vor- 
sitzende unseres  Aufsichtsrates,  Herr  Direk- 
tor W.  W  i  e  g  h  o  r  s  t ,  „Mechanische  Webe- 
rei zu  Linden-Hannover",  der  in  der  Zeit 
unserer  Zusammenarbeit  nicht  nur  der  fach- 
kundige Berater,  sondern  auch  ein  wahrer 
Freund  der  kriegsblinden  Weber  geworden 
ist.  Die  trüben  Erfahrungen  anderer  über- 
füllter  Blindenberufe  werden  und  müssen  uns 
davor  bewahren,  daß  unser  neuer  erfolg- 
versprechender Blindenberuf  durch  übereilte 
Umschulung  und  unzweckmäßige  Überfüllung 
in  ähnliche  Gefahren  gerät. 

Durch  die  Arbeit  in  der  Gemeinschafts- 
werkstatt wird  die  Produktion  eine  wesent- 
liche Steigerung  erfahren  und  damit  die  Er- 
weiterung unserer  Absatzgebiete  er- 
forderlich machen.  Wir  haben  aus  den  Krei- 
sen unserer  Kameraden  viele  Beweise  frei- 
williger und  vorbildlicher  Mitarbeit  erhalten, 
auf  die  wir  an  dieser  Stelle  mit  Dank  hin- 
weisen möchten.  So  schreibt  uns  z.  B.  der 
Kamerad  Sehr,  aus  dem  Bezirk  Nord- 
Hannover:  „Jedenfalls  meine  ich,  daß  unsere 
Bezirke  von  sich  aus  ein  gut  Teil  dazu  bei- 
tragen könnten,  indem  sie,  wie  ich  es  getan 
habe,  bei  ihren  Zusammenkünften  Eure 
Erzeugnisse  ausstellen  und  anbie- 
ten. Das  würde  sicher  Euren  Absatz  wesent- 
lich steigern,  ohne  daß  den  Bezirken  erheb- 
liche Mehrarbeit  erwächst.  Ich  stehe  seit 
jeher  auf  dem  Standpunkt,  daß  wir,  die  wir 
ja  als  eine  Schicksalsgemeinschaft  gelten 
wollen  und  eine  solche  auch  darstellen,  einer 
dem  anderen  helfend  an  die  Hand 
gehen  muß." 

Der  Kamerad  Seh.  aus  dem  Bezirk  Geldern 
teilt  uns  mit:  „  ...  In  der  hiesigen  Kleinstadt 
sind  verschiedene  kunstgewerbliche  Hand- 
webereien, die  kaum  existieren  können  . . . 
Wenn  ich  trotzdem  im  Verhältnis  einen 
größeren  Betrag  umgesetzt  habe,  so  sicher- 
lich nur  deswegen,  weil  die  Ware  nicht  nur 
gut  und  ansprechend  war,  sondern  weil  ich 
diese  preislich  äußerst  günstig  an^ 
bot,  und  zwar  zu  Ihren  Listenpreisen.  Ich 
wollte  lediglich  Ihrer  Arbeit  dienen  und  den 
Kameraden  helfen  . .  .  Sollte  ich  über  kurz 
oder  lang  eine  Möglichkeit  wittern,  die  Ihrer 
Sache  dienen  könnte,  so  werde  ich  mich 
gleich  für  Sie  einsetzen." 

Diese  und  viele  andere  Beweise  schick- 
salhafter Verbundenheit  unserer  Kamera- 
den geben  uns  die  Zuversicht  einer  erfolg- 
reichen Zukunft,  ähnlich  wie  die  Erfolge,  die 
wir  auf  den  Ausstellungen  in  Hannover, 
Köln,  Bremen  usw.  erzielen  konnten.  Wir 
sind  überzeugt  davon,  daß  in  der  Zukunft 
der  große  Kreis  unserer  Schicksalsgemein- 
schaft nicht  nur  in  unseren  Erholungsheimen, 
in  den  Versammlungen  und  während  der 
Gemeinschaftsfeiern  ein  wirkungsvoller  Mit- 
helfer beim  Absatz  unserer  Webwaren  sein 
wird,  sondern  daß  auch  jeder  einzelne 
Kamerad  bei  der  Beschaffung  und  der 
Auswahl  von  Geschenken  an  seine 
kriegsblinden  Weber  denken  wird.  Dies 
würde  für  uns  der  schönste  Erfolg  unserer 
Arbeit  sein. 

Angebote,  an  denen  auch  der  anspruchs- 
vollste Kenner  Freude  hat,  macht  die  Arbeits- 
gemeinschaft kriegsblinder  Weber  in 
Hannover.  Stolzestraße  21. 


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Tagung  der  Deutschen  Blindenarbeit 

Vom  8.  bis  10.  Oktober  fand  eine  Länder- 
vertreterversammlung  der  „Deutschen  Blin- 
denarbeit e.V."  zu  Königswinter  im  Adam- 
Stegerwald-Haus  statt.  Zu  Beginn  wählten 
die  Delegierten  aus  allen  Bundesländern  und 
aus  Westberlin  den  bisherigen  Verbandsvor- 
stand mit  Direktor  M  e  u  r  e  r  (Witten),  unse- 
rem Kameraden  Karl  Wendel  (München) 
und  Direktor  Winter  (Landesblindenanstalt 
Niedersachsen)  wieder.  Außerdem  wurden 
Schutz  und  Förderung  des  Blindenhandwerks 
gefordert.  Jeder  Mißbrauch  müsse  streng 
bestraft  werden.  Die  Öffentlichkeit  soll  dar- 
über unterrichtet  werden,  daß  wirkliche 
Blindenware  nur  mit  dem  bekannten  ge- 
schützten Zeichen  versehen  ist,  und  daß  die 
Verkäufer  dieser  Ware  außerdem  im  Besitz 
eines  entsprechenden  Ausweises  sind. 

Auch  Vertreter  des  Bundesinnen- 
ministeriums und  des  Bundeswirt- 
schaftsministeriums nahmen  an  den 
Beratungen  teil,  die  das  Ziel  hatten,  in  der 
Industrie  Arbeitsplätze  für  Blinde  zu  schaf- 
fen und  somit  das  ohnehin  übersetzte  Blin- 
denhandwerk  zu  entlasten. 

Wieder  Armbinden 
mit  Eisernem  Kreuz 

Unserer  Bundesgeschäftsstelle  in  Bonn 
wurde  mit  einem  Schreiben  vom  6,  Oktober 
durch  das  Bundesarbeitsministerium  mitge- 
teilt, daß  nunmehr  wieder  gelbe  Armbinden 
mit  Eisernem  Kreuz  (auf  Wunsch  auch  ohne 
Kreuz)  und  den  drei  Punkten  ausgegeben 
werden.  Die  Beschaffungsstelle  für  Heil-  und 
Hilfsmittel  in  Hannover  ist  angewiesen  wor- 
den, beide  Ausführungen  herstellen  zu  las- 
sen.   Kameraden,  die  eine  Armbinde  zu  er- 


halten wünschen,  wenden  sich  an  die  für 
ihren  Wohnort  zuständige  orthopädische  Ver- 
sorgungsstelle mit  der  Angabe,  ob  eine 
Armbinde  mit  oder  ohne  Kreuz  gewünscht 
wird.  Ansteckplaketten  werden  nicht  mehr 
ausgegeben. 

Damit  hat  ein  Wunsch  vieler  Kriegsblinder, 
die  eine  Verkehrsschutzarmbinde  mit  Eiser- 
nem Kreuz  tragen  möchten,  Erfüllung  gefun- 
den. Verschiedene  an  die  Schriftleitung  ge- 
richtete Anfragen  sind  damit  erledigt.  Noch 
ein  besonderer  Hinweis  für  einige  Kamera- 
den in  Hessen:  soweit  Kameraden  aus 
Hessen  über  die  Schriftleitung  Armbinden 
bestellt  haben,  aber  bis  heute  nicht  erhalten 
haben,  müssen  sich  diese  Kameraden  nun- 
mehr an  ihre  zuständige  orthopädische  Ver- 
sorgungsstelle wenden.  Der  Lieferant  der 
Schriftleitung  hat  seinen  gesamten  Vorrat 
ausgegeben  und  kann  keine  Binden  mehr 
liefern. 

Kleiner  Tip  zum  Thema  Armbinde 

Unser  Kamerad  Alexander  D  i  d  y  k  aus 
Fischerhude  (Bez.  Bremen)  macht  den  folgen- 
den praktischen  Vorschlag,  um  den  immer- 
währenden Ärger  über  den  schlechten  Sitz 
der  Armbinde  zu  beenden:  „Wir  sind  ge- 
zwungen", so  schreibt  er,  „unsere  Blinden- 
armbinde  mit  Sicherheitsnadeln  oder  Druck- 
knöpfen zu  befestigen.  Ich  kam  auf  den 
Gedanken,  dieselbe  mit  einem  eingenähten 
Gummiband  am  oberen  Rand  zu  versehen, 
wodurch  die  Binde  am  Arm  gleichmäßig  fest- 
gehalten wird.  Bei  mehreren  Kameraden  fand 
ich  damit  beträchtlichen  Beifall,  weil  auf 
diese  Weise  die  Quälerei  mit  den  Sicher- 
heitsnadeln für  immer  aufhört."  Wir  können 
dem  Kameraden  Didyk  nur  bestätigen,  daß 
das  ein  wirklich  praktischer  Vorschlag  ist. 
Das  Gute  liegt  oft  so  nah  —  ohne  daß  es 
entdeckt  wird. 


Nachruf 

Nach  längerem  und  schwerem  Kran- 
kenlager ist  unser  Kamerad 

Philipp  Schotter 

am  10.  September  dieses  Jahres  im 
Alter  von  56  Jahren  gestorben. 

Mit  ihm  verliert  unsere  Schicksals- 
gemeinschaft und  besonders  der  Be- 
zirk Oberbayern,  München,  einen 
lieben  und  guten  Kameraden,  der 
sowohl  als  Obmann  des  Bezirkes 
wie  als  Geschäftsführer  der  Bayeri- 
schen Kriegsblindenarbeitsfürsorge 
gem.  G.  m.  b.  H.  München  in  jahr- 
zehntelanger, ununterbrochener  und 
unermüdlicher    Arbeit    sich    große 

Verdienste  um  die  Kameraden  und  ihre  Angehörigen  erworben  hat.  Mit  seinei 
Witwe,  Frau  Luise  Schäffer,  München  25,  Forstenrieder  Straße  212/0,  trauern 
auch  wir  um  den  nur  allzufrüh  Entschlafenen,  dessen  wir  in  Dankbarkeit  und 
Verehrung  stets  gedenken  werden. 

Seine  Beerdigung  fand  unter  sehr  starker  Beteiligung  der  Kameraden  des  Be- 
zirkes Oberbayern  und  Vertretern  der  übrigen  Bezirke  Bayerns  sowie  von  Be- 
hörden und  Betrieben  am  12.  September  dieses  Jahres  auf  dem  Münchenei 
Waldfriedhof  statt. 


wtminiiiiia 


L.  Birngruber 

Landesobmann 


W.  Draeger 

stellv.  Bezirksobmann 


Hochzeit 
von  Landesverbandsleiter  Eggers 

Unser  Kamerad  Bruno  Eggers  (Neu- 
münster), der  Vorsitzende  des  Landesver- 
bandes Schleswig-Holstein,  hat  sich  am  10. 11. 
1951  mit  Fräulein  Traute  Sikora  ver- 
mählt. Wir  alle,  und  naturgemäß  die  Kame- 
raden aus  Schleswig-Holstein  ganz  besonders, 
bringen  dem  jungen  Paar  von  Herzen  die 
innigsten  Glückwünsche  entgegen.  Kamerad 
Eggers,  der  seit  Jahren  für  seine  Kameraden 
selbstlos  tätig  ist,  verdient  besondere  Dank- 
barkeit, weil  er  voll  berufstätig  ist  und 
außerdem  auch  durch  weitere  schwere  Ver- 
letzungen (Amputation  eines  Armes)  schwer 
behindert  ist.  Die  Schwierigkeit  seines  Ar- 
beitsgebietes in  unserer  Schicksalsgemein- 
schaft geht  schon  daraus  hervor,  daß  vor 
1939  in  Schleswig-Holstein  nur  58  Kriegs- 
blinde lebten.  Heute  gehören  309  Kameraden 
dem  Landesverband  an.  Möge  nun  der  ge- 
meinsame Weg  mit  dem  Lebensgefährten 
unseren  Kameraden  Eggers  und  seine  Frau 
über  alle  Hindernisse  und  Sorgen  hinweg  zu 
glücklichen  Zielen  führen!  Auch  der  Vor- 
stand des  Bundes  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  e.  V.  bringt  dem  jungen  Paar 
frohe  und  herzliche  Wünsche  entgegen. 

30j ähriges  Berufsjubiläum 

Ein  Fest  ganz  besonderer  Art  kann  unser 
Kamerad  Stanislaus  Dabrowski  aus  Su- 
lingen  i.  Hann.,  Lönsstraße  3,  feiern:  Am 
29.  November  blickt  er  auf  eine  dreißigjäh- 
rige Tätigkeit  bei  der  Lloyd-Schuhfabrik  in 
Sulingen  (früher  in  Bremen)  zurück.  Kam. 
Dabrowski  war  vor  seiner  Erblindung  Schuh- 
macher und  blieb  seinem  Fach  mit  Fleiß  und 
steter  Zuverlässigkeit  treu;  ein  schönes  Bei- 
spiel an  Lebensenergie  und  Schicksalsmeiste- 
rung. Wir  Kameraden  sagen  unsere  besten 
Glückwünsche! 

Frohe  Herbstfahrt  ins  Nachbarland 

Man  schrieb  den  6.  Oktober  1951,  als  sich 
eine  stattliche  Zahl  von  Kameraden  mit 
ihren  Frauen  der  Bezirksgruppe 
Karlsruhe  zu  einem  gemeinschaftlichen 
Ausflug  in  die  benachbarte  Rheinpfalz  zu- 
sammenfand. Bereits  am  frühen  Morgen 
ging's  mit  einem  Sonderwagen  des  fahrplan- 
mäßigen Zuges  los.  Bald  war  bei  Maxau 
der  Rhein  erreicht,  der  von  leichtem  Nebel 
überzogen,  dahinfloß.  Am  jenseitigen  Ufer 
grüßten  zögernd  die  ersten  Sonnenstrahlen. 
Im  Wagen  herrschte  bereits  frohe  Laune, 
hervorgerufen  durch  das  heitere  Akkordeon- 
spiel eines  Kameraden.  Gegen  9  Uhr  rollte 
der  Zug  in  Neustadt  a.  d.  W.  ein,  von 
hier  führte  die  Fahrt  per  Omnibus  längs  der 
Weinstraße  über  Deidesheim,  Wachenheim 
nach  Bad  Dürkheim.  Golden  strahlte 
die  Sonne  über  die  reichgesegnete  Land- 
schaft. Soweit  das  Auge  schaute,  überall  nur 
Weinberge.  Noch  trugen  die  Reben  den 
herrlichen  Schmuck  der  Trauben.  Die  Güte 
und  den  Geist  des  edlen  rheinpfälzischen 
Rebensaftes  kennenzulernen  war  im  Riesen-  j 
faß  mit  1  700  000  Liter  Rauminhalt  Gelegen- 
heit geboten.  In  frohen  Liedern  wurde  der 
Wein  und  der  Rhein,  die  Jugendzeit  und  die 
Heimat  besungen.  Nach  zwei  Stunden  schloß 
sich  eine  kurze  Wanderung  an.  Noch  ein 
Gang  durch  die  Kuranlagen  und  schon  stan- 
den die  Omnibusse  zur  Rückfahrt  nach  Neu- 
stadt bereit.  Im  freundlichen  Saale  des  Gast- 
hauses „Zur  Börse"  wurde  das  Mittagessen 
eingenommen.  Zur  Freude  der  „Muschter- 
ländler"  erschienen  auch  einige  „Pälzer", 
darunter  Kamerad  Platz  (Maikammer),  Be- 
zirksobmann der  Pfalz,  sowie  Kamerad 
Schäfer  (Neustadt),  Geschäftsführer  der  Ar- 
beitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz,  Zweig- 
stelle Neustadt,  dem  der  besondere  Dank  für 
die  tatkräftige  Mithilfe  bei  den  Vorbereitun- 
gen zu  dem  Kameradschaftsausflug  ausge- 
sprochen wurde.  Kamerad  Platz  gab  seiner 
Freude  Ausdruck  über  den  erstmaligen  Be- 


such  von  Kameraden  aus  dem  Nachbarlande 
Baden.  Inzwischen  hatte  sich  ein  Musik- 
quartett eingestellt.  Bei  Tanz  und  Gesang 
rückte  der  Uhrzeiger  nur  allzu  rasch  vor- 
wärts. Als  gegen  19.30  Uhr  zum  Aufbruch 
gemahnt  wurde,  trennten  sich  alle  nur 
ungern  von  dem  Räume,  in  dem  die  Göttin 
Musika  triumphierte.  Heiterkeit  und  Lachen 
sprach  noch  während  der  Heimfahrt  aus 
allen  Gesichtern.  A.R. 

Eine  „lange  Nacht"  in  Hamburg 

Singspiel  des  Kameraden  Burmester 

aufgeführt 

Nachdem  der  Landesverband  Hamburg  am 
5.  8.  zu  seiner  traditionellen  Dampferfahrt 
in  See,  oder  besser  gesagt  „in  Luhe"  stach, 
fand  zur  Förderung  der  Kameradschaft  am 
29.  9.  eine   „lange  Nacht"   statt.  Sie  wurde 


schon  um  20  Uhr  mit  der  Aufführung  des 
Singspiels  „Glück  in  Glückstadt  an  de 
Tarpenbek"  Unseres  Kameraden  Christoph 
Burmesters  eröffnet.  Für  Nichthamburger 
sei  bemerkt,  daß  die  „Tarpenbek"  ein  Zu- 
fluß der  Alster"  und  „Glückstadt"  eine  kleine 
Insel  in  der  Großstadt  ist,  die  heil  durch 
den  Bombenkrieg  kam.  Die  Hamburger  Hoch- 
bahn stellte  mit  ihrer  Volksbühne  und  ihrem 
Orchester  ihre  besten  Kräfte  für  die  Auf- 
führung zur  Verfügung. 

Mit  Beginn  der  Nacht  stellte  sich  die  Tanz- 
kapelle des  Landesverbandes  unter  der  Lei- 
tung unseres  Kultusministers  Maximilian 
Skiba  den  kritischen  Ohren  ihrer  Kame- 
raden. Sie  haben  die  Probe  glänzend  bestan- 
den. Bis  zum  frühen  Morgen  wurde  dann 
bei  ausgelassener  Stimmung  nach  den 
Rhythmen  der  Hamburger  Hochbahnkapelle 
getanzt.  Hans  Herbert  Nissen 


Das  Kriegsblindentreffen  in  München 

Delegiertenversammlung  und  öffentliche  Kundgebung 


Am  29.  und  30.  Oktober  1951  fand  in 
München  der  zweite  ordentliche  Bundestag 
des  Bundes  erblindeter  Versehrter  Bayerns 
satt  Mit  echt  bajuvarischer  Lebhaftigkeit  und 
Herzlichkeit  begrüßten  sich  die  Kameraden 
und  gaben  ihrer  Wiedersehensfreude  mit 
Kamerad  Birngruber,  Kamerad  Dr. 
P  1  e  i  n  und  dem  rheinpfälzischen  Kameraden 
Platz  Ausdruck. 

In  der  Delegiertenversammlung  am  29.  Ok- 
tober 1951  gab  der  Vorsitzende,  Kamerad 
Birngruber,  einen  erschöpfenden  Bericht  über 
die  organisatorische  Entwicklung  des  Bundes 
seit  seiner  Gründung  im  November  1946.  Die 
umfangreiche,  mannigfaltige  und  größtenteils 
sehr  erfolgreiche  Arbeit  auf  den  beiden  Ge- 
bieten der  Fürsorge  und  Versorgung  rollte 
noch  einmal  vor  den  aufmerksamen  Zuhörern 
ab  und  erregte  deren  begeisterte  Zustimmung. 

Der  Bund  umfaßt  alle  in  Bayern  wohn- 
haften Kriegsblinden  und  zählt  zur  Zeit 
1325  ordentliche  Mitglieder  und 
104  Witwen. 

Der  Bund  ist  auch  der  Träger  der  Bayer. 
Kriegsblinden-  Arbeitsgemeinschaft 
GmbH,  welcher  über  500  kriegsblinde  Hand- 
werker angehören.  Er  hat  in  dieses  Unter- 
nehmen sehr  beachtliche  Gelder  investiert, 
um  so  den  zahlreichen  Handwerkern  Arbeit 
und  Verdienst  zu  sichern.  Die  zweite  Haupt- 
aufgabe des  Bundes  ist  die  Betreuung  des 


"Kriegsblinden-Erholungsheimes  Söcking,  das 
seit  26  Jahren  seine  überaus  segensreiche 
Tätigkeit  zum  Wohle  aller  deutschen 
Kriegsblinden  entfaltet. 

Den  Berichten  des  Bundesvorsitzenden  und 
des  Kassierers  schloß  sich  eine  sehr  lebhafte 
Aussprache  an,  die  den  Umfang  und  die  Stabi- 
lität der  Organisationsarbeit  bestätigte  und 
deren  erfolgreiche  fürsorge-  und  versor- 
gungsrechtliche Aufgabe  in  ihrer  ganzen 
Breite  und  Tiefe  anerkannte.  Es  war  daher 
eine  begreifliche  aber  doch  erhebende  Selbst- 
verständlichkeit, als  dem  gesamten  Bundes- 
vorstand mit  Worten  herzlichen  Dankes  ein- 
mütige Entlastung  erteilt  und  er  voller  Zu- 
versicht wiedergewählt  wurde. 

Einen  breiten  Raum  nahm  die  Erörterung 
ein,  wie  künftig  das  Verhältnis  zwischen  der 
Bundes-Organisation  und  der  Bayerischen 
Kriegsblindenarbeitsfürsorge  geregelt  wer- 
den soll. 

Die  Bestimmungen  des  Bundesversorgungs- 
gesetzes und  der  bisherige  Rentenvollzug 
fanden  allgemeine  Anerkennung.  Dem  Bun- 
desobmannn,  Kameraden  Dr.  Plein,  wurde 
für  seine  wirkungsvolle  Arbeit  bei  Gestal- 
tung des  BVG  wiederholt  herzlich  gedankt. 
Dagegen  fanden  die  Delegierten  sehr 
schar feKritik  für  die  Verzögerung  der 
Verwaltungsvorschriften  zu  den 
§§  25—27  des  BVG.  Die  Entrüstung  war  vor 


allem  deshalb  groß,  weil  sich,  monatelang 
zwei  Ministerien  wegen  der  Zuständigkeit 
stritten  und  im  Anschluß  daran  eine  unver- 
ständliche Auseinandersetzung  zwischen 
Bund  und  Ländern  ütrer  die  Art  der  Finanzie- 
rung der  sozialen  Fürsorge  einsetzte. 

In  der  öffentlichen  Kundgebung 
am  30.  Oktober  sprach  Kamerad  Rist,  Blin- 
denoberlehrer  an  der  Landesblindenanstalt 
München,  über  die  Notwendigkeit  der  Um- 
schulung und  „ihre  psychologische  Grund- 
lage". Ein  ganzes  Leben  ohne  Arbeit  zubrin- 
gen zu  sollen,  ist  dem  gesunden  Menschen 
unfaßbar.  Um  so  mehr  ist  es  erforderlich,  ein 
durch  die  Blindheit  für  die  Macht  der  Finster- 
nis anfälliges  Leben  durch  sinnvolle  und  ziel- 
bewußte Arbeit  auszufüllen.  Daraus  erfolgt 
der  Ruf  nach  eigenen  Berufsausbildungs- 
stätten, nach  Arbeitsvermittlung  und  Erho- 
lung. Die  Kriegsblinden  des  zweiten  Welt- 
krieges haben  zur  Zeit  noch  die  einzigartige 
Umschulungsstätte  in  Tegernsee,  in  der  sie 
unter  Schicksalsgenossen  Gelegenheit  haben, 
sich  die  Grundlagen  von  Allgemein-  und 
Fachwissen  anzueignen. 

Darauf  sprach  Kamerad  Dr.  Plein  über 
das  Thema:  „Der  Kriegsblinde  in  Staat  und 
Gesellschaft".  Das  Wort  „Krieg"  hat  das 
deutsche  Volk  zweimal  überfallen  und  in  den 
Abgrund  gestürzt.  Es  ist  als  Wunder  zu  be- 
zeichnen, daß  das  Volk,  dem  man  die  Rolle 
des  Zubodenliegenden  zuzuspielen  gedachte, 
sich  nach  dem  Zusammenbruch  wieder  in  die- 
ser Weise  erheben  konnte.  Neben  dem  Wort 
„Krieg"  steht  aber  noch  das  Wort  „Blind"; 
darum  kommt  unserer  Schicksalsgemeinschaft 
für  die  Zukunft  die  wichtige  Aufgabe  des 
Mahners  vor  einem  neuen  Krieg  zu.  Wie  ver- 


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zweiflungsvoll  den  jäh  Erblindeten  der  plötz- 
liche Verzicht  auf  alles,  was  Leben  heißt,  an- 
fällt, wie  hoffnungslos  er  vor  dem  Abgrund 
der  immerwährenden  Nacht  steht,  weiß  Ka- 
merad Plein  in  erschütternder  Weise  zu  schil- 
dern. Ausklang  dieser  Schilderung  ist  sein 
Satz:  „Man  lernt  erst  schätzen,  was  man 
verloren  hat".  Mit  Recht  und  Berechti- 
gung trete  der  Kriegsblinde  deshalb  seinem 
Volke  gegenüber,  für  das  er  so  Vieles  und 
Großes  geopfert  habe. 

Mit  besonders  warmen  Worten  gedachte 
der.  Bundesobmann  der  Hingabe  und  dem 
Opfergeist  der  Frauen  und  Kameraden. 

Nach  diesen  beiden  Hauptrednern  wurde 
in  der  anschließenden  Aussprache  verlangt, 
daß  die  Bayer  Hauptfürsorgestelle  organisa- 
torisch und  personell  so  ausgestattet  werde, 
wie  es  die  ihr  zukommende  schwere  Aufgabe 
erfordert.  Vor  allem  wird  ein  Geist  erwar- 
tet, welcher  der  Kriegsopfer  würdig  ist. 
Herr    Ober-Reg.-Rat    R  ö  h  r  i  g  ,    Leiter    der 


Bayer.  Hauptfürsorgestelle  München,  ver- 
sicherte in  warmen  Worten  seine  kamerad- 
schaftliche Bereitschaft,  den  Kriegsblinden 
zu  helfen. 

Auch  Abgeordneter  G  ö  ttl  e  r  ,  Vertreter 
des  bayerischen  Landtages,  versprach,  bei 
der  Staatsregierung  vorstellig  zu  werden,  da- 
mit die  soziale  Kriegsbeschädigten-  und 
Kriegshinterbliebenenfürsorge  auch  in  Bay- 
ern bald  zum  Vollzug  komme;  erforderlichen- 
falls werde  er  auch  im  Landtag  das  Notwen- 
dige veranlassen. 

Die  Wünsche  und  Anliegen  der  bayeri- 
schen Kameraden  fanden  in  einer  einstimmig 
angenommenen  Entsch  ließung  ihren 
Niederschlag.  Mehr  als  400  Kameraden  nah- 
men an  der  großen  Kundgebung  teil.  Ihre  be- 
geisterte Zustimmung  bewies  eindrucksvoll, 
daß  die  Schicksalsgemeinschaft  es  versteht, 
alle  Saiten  der  Seele  ihrer  kriegsblinden 
Kameraden  anzurühren,  wie  sie  auch  die 
breite    Öffentlichkeit    aufzuklären    und    zu 


unterrichten  imstande  ist  darüber,  was 
„Kriegsblindsein"  bedeutet. 

Im  Vorraum  des  Tagungssaales  war  eine 
kleine  Schau  prachtvoller  Erzeugnisse  der 
handwerklichen  Kriegsblinden  gezeigt,  die 
bewies,  was  auch  der  Lichtlose  mit  seinem 
eisernen  Willen  zu  leisten  vermag.  Ange- 
sichts eines  solchen  Schauens  und  Erlebens 
ist  es  geradezu  beschämend,  daß  die  Kriegs- 
blinden immer  wieder  um  die  Gunst  und  das 
Verständnis  der  Sehenden  werben  müssen, 
zumal  sie  seit  Jahrzehnten  und  täglich  von 
neuem  beweisen,  daß  sie  kraft  ihres  eisernen 
Willens  und  ihres  großen  Verantwortungs- 
bewußtseins in  der  Lage  sind,  nicht  nur  sich 
gleichwertig  neben  ihre  sehenden  Kameraden 
zu  stellen,  sondern  ihre  Leistungen  vielfach 
erheblich  über  den  Durchschnitt  zu  steigern. 

Ein  gemeinsames  Mittagessen  sämtlicher 
Tagungsteilnehmer  mit  regem,  persönlichem 
Gedankenaustausch  schloß  das  große  Kriegs- 
blindentreffen 1951  in  München.  J-  F • 


Deutsche  Soldatenfriedhöfe 

im  Ausland 

Völkerhaß   über    das    Grab    hinaus? 


Niemand  kennt  die  Zahl  der  deutschen 
Soldaten,  die  während  des  letzten  Krieges 
gefallen  sind.  Das  große  Schweigen,  über 
Rußland  läßt  Hunderttausende  von  Angehö- 
rigen im  Ungewissen  darüber,  ob  der  Ver- 
mißte und  Verschollene  vielleicht  noch  lebt, 
und  der  katastrophale  Zusammenbruch  des 
Jahres  1945  hat  selbst  die  Möglichkeit  ver- 
schüttet, festzustellen,  wieviel  Soldaten  zu 
diesen  Verschollenen  gehören,  da  im  Osten 
Deutschlands  ganze  Familien,  ja,  ganze  Dör- 
fer ausgerottet  wurden.  Um  so  liebevoller 
sei  unser  Gedenken  an  die  Gefallenen,  so- 
weit es  in  der  Pflege  der  Gräber,  die  wir 
kennen,  Ausdruck  finden  kann. 

Allein  in  Westeuropa  und  Nordafrika  lie- 
gen etwa  820  000  tote  deutsche  Soldaten  als 
Opfer  des  letzten  Krieges.  Der  „Volksbund 
Deutsche  Kriegsgräberfürsorge  e.  V."  (jetzt: 
Kassel,  Ständeplatz  2)  hat  in  einer  beispiel- 


Aul   diesem   Ehreniriedhol   in    Pomezia    (Italien)   liegen    16  000  deutsche  Soldaten 


haft  unermüdlichen  Arbeit  bisher  736  000  die- 
ser Gräber  in  seiner  Zentralkartei  erfassen 
und  registrieren  können.  Eine  Zahl,  die  uns 
erschauern  läßt,  wenn  wir  bedenken,  daß 
die  Zahl  der  Gräber  im  Osten  weit  höher 
liegen  wird.  Die  Vereinigten  Staaten  haben 
in  all  ihren  Kriegen  seit  ihrem  Bestehen, 
also  seit  dem  Jahre  1776,  einschließlich  der 
letzten  Koreaverluste,  noch  nicht  eine  Million 
Menschen  verloren. 

Der  Volksbund  Deutsche  Kriegsgräberfür- 
sorge führte  im  September  1951  seinen  zwei- 
ten Vertretertag  nach  dem  Kriege  durch,  bei 
dem  der  Präsident  des  Volksbundes,  Landes- 


w-rfi 


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Der  unwürdige  Zustand  dieses  deutschen  Soldatenlriedholes  von  Champ  Bruley  ist  in  Frankreich 
leider  keineswegs  eine  Ausnahme.  Haben  unsere  gefallenen  Kameraden,  die  in  Treue  ihre  Pflicht 
taten,  nicht  mehr  Achtung  verdient?  ,Fotos   (4):   Volksbund  Deutsdie  Kriegsgräberfürsorge. 


hauptmann  i.  R.  Dr.  h.  c.  Hagemann  und  der 
Generalsekretär  Otto  Margraf  sehr  inter* 
essannte  und  in  vieler  Hinsicht  erschütternde 
Mitteilungen  machten.  Aus  dem  Rechenschafts- 
bericht des  Generalsekretärs  läßt  sich  erken- 
nen, was  für  die  Gräber  unserer  Kameraden, 
mit  denen  wir  einst  alle  Gemeinsamkeiten 
von  Dreck  und  Gefahr  des  Landserlebens 
brüderlich  geteilt  haben,  heute  geschieht  und 
was  das  deutsche  Volk  angesichts  so  unend- 
licher Gräberfelder  tut.  Im  Ausland  beste- 
hen durchweg  staatliche  Gräberdienste,  in 
Deutschland  erfüllt  diese  Aufgabe  der  Volks- 
bund als  eine  Organisation  der  Selbsthilfe, 
dem  außer  480  000  Einzelmitgliedern  noch 
viele  korporative  Mitglieder  (z.  B.  Schulen 
und  Gemeinden)  angehören.  Täglich  gehen 
beim  Volksbund  Hunderte  von  Schreibenein, 
mit  denen  um  Auskunft  über  registrierte 
Gräber  gebeten  wird.  In  steigendem  Maße 
wurden  für  die  trauernden  Angehörigen 
Kriegsgräberfahrten  ins  Ausland  eingerich- 
tet, wie  überhaupt  die  Auslandsarbeit  des* 
Volksbundes  im  Vordergrund  der  Bemühun- 
gen steht. 

Vor  allem  bemüht  sich  der  Volksbund  um 
würdige  Ehrenstätten  im  Ausland,  auf  denen 
durch  Umbettungen  Tausende  von  Einzelgrä- 
bern  und  gefährdeten  kleinen  Friedhofs-  i 
anlagen  zusammengefaßt  werden,  naturge- 
maß  auch  im  Gebiet  der  Bundesrepublik. 

Wie  steht  es  nun  mit  den  Kriegerfried- 
höfen im  Ausland?  Nennen  wir  zunächst  das 
Erfreuliche:  In  1 1  a  1  i  e  n  z.  B.  wird  ein  Staats- 
vertrag über  die  deutsch-italienische  Kriegs- 
gräberfürsorge vorbereitet.  Italien  hat  sich 
wie  kein  anderes  Land  der  deutschen  Kriegs- ' 
gräber  angenommen.  Diese  gute  Zusammen- 
arbeit hat  gerade  in  diesen  Tagen  auch  eine 
Expedition  ermöglicht,  die  inNordafrika 
(Libyen)  alle  deutschen  Soldatengräber  er- 
fassen und  durch  Umbettungen  auf  große 
Ehrenstätten  sichern  wird.  Freundlicherweise 
stellte  die  Familie  des  Generalfeldmarschalls 


10 


sRommel  dessen  noch  vollständig  vorhandene 
Unterlagen  zur  Auswertung  zur  Verfügung. 
Auch  in  Ägypten  gelang  es  in  Zusammen- 
arbeit mit  italienischen  und  britischen  Beauf- 
tragten, die  deutschen  Gräber  festzustellen 
und  größtenteils  auf  drei  großen  Ehrenstätten 
zusammenzubetten. 

Erfreulich  hat  sich  auch  die  Zusammen- 
arbeit mit  der  Regierung  Luxemburgs 
entwickelt.  Die  Regierung  trägt  einen  gro- 
ßen Anteil  der  Kosten  für  die  Errichtung 
eines  Sammelfriedhofes  in  Hamm.  Ahnliche 
Vereinbarungen  hofft  man  mit  Dänemark 
schließen  zu  können.  Selbst  mit  den  öst- 
lichen Ländern  hat  man  —  mit  Aus- 
nahme von  Rußland  —  eine  lockere  Verbin- 
dung. So  konnte  der  Volksbund  z.  B.  23  500 
Soldatengräber  aus  der  Tschechoslowakei  in 
'  seine  Kartei  aufnehmen  und  6700  aus  Ungarn. 
Eine  günstige  Zusammenarbeit  scheint  sich 
in  letzter  Zeit  auch  mit  Jugoslawien  anzu- 
bahnen. Aus  vielen  europäischen  Ländern 
wäre  durchaus  Gutes  zu  berichten,  m  i  t 
Ausnahme  eineseinzigenLandes 
nämlich  Frankreich. 

Gern  sei  festgestellt,  daß  es,  wie  überall, 
auch  in  Frankreich  viele  Menschen  gibt,  die 
der  Erhaltung  und  Pflege  deutscher  Gräber 
ihre  Aufmerksamkeit  schenken.  Die  Ver- 
wahrlosung der  deutschen  Grä- 
ber in  Frankreich  ist  erschütternd. 
Alle  Bemühungen,  mit  den  offiziellen  Stellen 
in  Frankreich  zu  einer  Zusammenarbeit  zu 
kommen,  sind  bisher  ergebnislos  gewesen. 
Nur  durch  die  Hilfe  der  Kriegsgefangenen 
und  des  Internationalen  Roten  Kreuzes  ist 
es  gelungen,  über  180  000  Gräber  in. Frank- 
reich wenigstens  karteimäßig  zu  erfassen. 
Der  Generalsekretär  des  Volksbundes  äußerte 
dazu: 

„Der  Zustand  der  deutschen  Gräberstätten 
in  Frankreich  ist  mehr  als  unwürdig.  Nur' 
mit  tiefer  Erschütterung  kehrt  jeder  heim, 
der  einmal  deutsche  Friedhöfe  in  Frankreich 
besucht  hat.  Alle  Bemühungen  um  den  Zu- 
sammenschluß der  europäischen  Völker  sind 
sinnlos,  wenn  nicht  auch  diese  Frage,  die 
primitivste  der  Humanität  und  der  gegen- 
seitigen Ächtung,  gelöst  wird."  Der  Bundes- 
regierung sei  es  bisher  nicht  gelungen,  mit 
der  französischen  Regierung  in  Verhandlun- 
gen darüber  weiterzukommen.  Der  Volks- 
bund richtete  jetzt  erneut  einen  sehr  ener- 
gischen Appell  insbesondere  an  den  Bundes- 
kanzler, endlich  geeignete  Schritte  bei  der 
französischen  Regierung  zu  unternehmen. 
Der  Vertretertag  des  Volksbundes  Deutscher 
Kriegsgräberfürsorge  faßte  eine  entspre- 
chende Entschließung,  mit  der  die  Bundes- 
regierung gebeten  wird,  sich  für  den  Ab- 
schluß zwischenstaatlicher  Verträge  einzu- 
setzen. 

Gerade  wir  Kriegsblinden,  die  wir  ange- 
sichts der  ungeheuren  Totenfelder  und  an- 


Verwahrlosler  deutscher  Kriegerlriedhof  in  St.  Claude  (Frankreich).  Eine  Aufnahme  aus  dem 
Sommer  1951.  Frankreich  ist  das  einzige  westeuropäische  Land,  mit  dem  bisher  keinerlei  Überein- 
kommen  über   die   Pflege   deutscher   Soldatenfriedhöfe   zu   heilen   oder   auch   nur   einzuleiten    war. 


gesichts  des  eigenen  Leids  die  Welt  immer 
wieder  zu  Frieden  und  Versöhnung 
aufrufen,  wollen  auch  mit  diesem  Hinweis 
auf  die  vernachlässigten  Soldatengräber  in 
Frankreich  nicht  neuen  Haß  schü- 
ren, sondern  wollen  nur  unserer  Sorge  dar- 
über Ausdruck  geben,  daß  an  Versöhnung 
und  innerem  Friedensschluß  in  der  Welt 
noch  nicht  genug  geschehen  ist.  Wir  wollen 
auch  bekennen,  daß  wir  der  Einstellung  der 
Franzosen,    die    viel    schlechte    Erfahrungen 


mit  uns  Deutschen  gemacht  haben,  nicht  ganz 
verständnislos  gegenüberstehen  dürfen.  Aber 
unser  Ruf  soll  über  die  Grenze  gehen:  W  i  r 
kennen  keinen  Haß  gegen  euch, 
und  so  laßt  auch  ihr  ab  von  Haß  und  Miß- 
trauen! Der  deutsche  Landser  und  der  fran- 
zösische Poilu,  die  französische  und  die 
deutsche  Kriegerwitwe,  sie  unterscheiden  sich 
in  Tod  und  Trauer  durch  nichts  mehr  von- 
einander. Wäre  nicht  gerade  die  gemeinsame 
Ehrung  der  Toten  eine  Brücke  des  Verstehens? 


Unser  neues  Jahrbuch 


.Hier  ruhen  fast  3000  Kämpler  des  deutschen 
Alrika-Korps.  Sie  starben  für  Deutschland"  —  so 
heißt  es  auf  der  Inschrift  dieses  Soldatenfriedhofes 
der  Höhe  33  (Tell-el-Eissa).  Dieser  Friedhof  hat 
eine    deutsche    und    eine    italienische    Abteilung, 


,,Das  Buch  hat  wieder  das  Niveau,  das  wir 
schon  zum  letzten  Jahrbuch  so  oft  loben 
hörten",  so  schrieb  uns  jetzt  ein  in  der  Um- 
schulung Kriegsblinder  erfahrener  Fachmann, 
als  er  unser  neues  Kriegsblinden-Jahrbuch 
erhalten  hatte.  Und  ein  Kriegsblinder  aus 
Braunschweig  schreibt:  „Das  Jahrbuch  1952 
ist  wirklich  eine  prachtvolle  Ausgabe,  vor 
allem  weil  es  in  gesteigertem  Maße  einen 
Einblick  in  die  Schaffensfreude  der  Kriegs- 
blinden gibt.  Sie  können  sich  vorstellen,  daß 
ich  mir  das  Buch  genau  schildern  und  vor- 
lesen ließ,  und  ich  muß  Ihnen  vielmals 
gratulieren.  Wahrhaft  ein  Buch  der  Ver- 
ständigung!" 

So  und  ähnlich  lauten  die  ersten  Urteile 
über  das  eben  erschienene  Kriegsblinden- 
Jahrbuch  1952.  Äußerlich  unterscheidet  es 
sich  in  Aussehen  und  Umfang  kaum  vom  vor- 
jährigen Jahrbuch,  und  auch  inhaltlich  wird 
in  der  kultivierten,  graphischen  •  und  text- 
lichen Gestaltung  eine  gewisse  Tradition 
angestrebt.  Dennoch  aber  hat  dieses  Jahr- 
buch gegenüber  dem  vorjährigen  Jahrbuch 
einen  eigenen  Charakter:  jeder  einzelne  der 
vielen  Beiträge  hat  irgendeine  Beziehung  zu 
der  Schicksalsgemeinschaft  der  Kriegsblinden, 
ob  nun  in  fachlich  interessanten  Schilderun- 
gen vom  Schicksals-  und  Berufsweg  der 
Kriegsblinden  die  Rede  ist,  oder  ob  kriegs- 
blinde Schriftsteller  ernste  und  heitere  Ge- 
schichten erzählen.  Selbst  Beiträge  allgemein 
bildender  Art  —  etwa  über  den  Bildhauer 
Barlach  —  sind  mit  der  Erblindung  in  Zu- 
sammenhang gebracht. 

Dennoch  ist  das  Buch  alles  andere  als  ein- 
seitig oder  langweilig.  Ein  paar  Beispiele: 
Haben  Sie  schon  gewußt,  daß  man  vor 
150  Jahren  für  die  Blinden  gestickte 
Landkarten  zum  Abtasten  herstellte? 
Oder  daß  das  Wort  Brille  vom  „Beryll" 
Jlerstammt?  Oder  daß  es  einen  kriegsblinden 


Maßschneider  gibt?  Oder  daß  Woellke 
seinen  Olympiasieg  nicht  zuletzt  einem 
kriegsblinden  Masseur  verdankt?  Oder  daß 
ein  kriegsblindes  Sprachgenie  im  In- 
formationsamt der  Bundesregierung  arbeitet? 

Sind  das  nicht  interessante  Themen?  Und 
dabei  hat  das  Jahrbuch  noch  mehr  Bilder  als 
im  Vorjahr,  nämlich  insgesamt  138,  die  fast 
alle  für  dieses  Jahrbuch  erst  in  Auftrag  ge- 
geben und  hergestellt  wurden.  Das  Buch' ist 
ja  für  die  sehende  Öffentlichkeit  bestimmt, 
und  da  besagt  ein  Bild  oft  zehnmal  mehr  als. 
der  geschickteste  Text.  Da  sieht  man  etwa 
einen  kriegsblinden  Studenten  im  Kolleg  und 
beim  Diskuswurf,  einen  anderen  Kameraden 
bei  einer  Bergwanderung  oder  in  der  Fabrik, 
da  sieht  man,  wie  dem  kriegsblinden  Ohn- 
händer  die  Kaffeetasse  an  den  Mund  geführt 
wird  oder  wie  einem  taubblinden  Kameraden 
auf  dem  Spaziergang  die  Landschaft 
erklärt   wird. 

Vor  allem  gibt  das  Jahrbuch  auch  unseren 
sehenden  Freunden,  zumal  in  Behörden, 
wieder  viel  fachkundliches  Material 
an  die  Hand,  ob  nun  über  Berufsfürsorge  oder 
über  unsere  Erholungsheime  berichtet  wird, 
ob  Professor  Dr.  Kohlrausch  sich  für. die  Mög- 
lichkeiten des  erblindeten  Masseurs  einsetzt 
oder  ob  der  Präsident  des  deutschen  Zeitungs- 
verlegerverbandes für  die  kriegsblinden 
Telefonisten  eintritt,  —  immer  wieder  bietet 
sich  dem  Leser  ein  reiches  und  anregendes 
Material. 

Das  Buch,  dessen  Aufgabe  es  ist,  in  der 
Öffentlichkeit  um  Verständnis  für  uns  zu 
werben,  kann  jeder  Kriegsblinde  über  den 
Vorstand  seines  Bezirkes  erhalten.  Es  ist  wie 
im  Vorjahre  im  Selbstverlag  des  Bundes  der 
Kriegsblinden  Deutschlands  in  Wiesbaden 
erschienen.  Für  die  Gesamtgestaltung  zeichnet 
der  Schriftleiter  unserer  Zeitschrift,  Friedrich 
Wilhelm  Hymmen.  R-  R- 


11 


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sind  unsere  anderen  Modelle.  An  der 
kleineren  Kohlenrechnung  werden  Sie  es 
bald  sehen,  wie  sehr  ein  Haas  &  Sohn- 
Ofen  beizutragen  vermag,  Ihre  Ausgaben 
zu  verringern. 

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12 


<L^\icwtc JxCUsUfKCtlcfl, 


Wir  berichteten  bereits  über  die  amerika- 
nische Entwicklung  unzerbrechlicher 
Augenprothesen  im  Februarheft  unse- 
rer Zeitschrift.  Nun  ist  es  auch  dem  Augen- 
arzt Dr.  Illig  und  dem  Salzburger  Primararzt 
Dr.  Rotter  gelungen,  unzerbrechliche  Augen- 
prothesen aus  Kunstharz  zu  entwickeln.  Ihre 
fabrikmäßige  Herstellung  soll  bereits  auf- 
genommen worden  sein.  Wir  hoffen,  in  Kürze 
Einzelheiten  über  diese  Erfindung  berichten 
zu!  können.  * 

[  Auf  eine  Interpellation  der  SPD  und  zu 
einem  Antrag  der  KPD,  beide  zum  Thema 
Blindenpflegegeldgesetz,  wurde 
im  Bundestag  seitens  des  Bundesinnenmini- 
steriums mitgeteilt,  daß  die  Bundesregierung 
in  Kürze  einen  Gesetzentwurf  vorlegen  will, 
der  der  besonderen  Lage  der  Zivilblinden 
Rechnung  trage.  Nach  diesem  Gesetzentwurf 
soll  es  künftig  keine  Rolle  mehr  spielen,  ob 
der  Zivilblinde  unterhaltspflichtige  Ange- 
hörige hat,  doch  soll  es  sich  wie  bisher  um 
eine  fürsorgemäßige  Versorgung  han- 
deln. Ohne  kleinliche  Prüfung  der  Einzelver- 
hältnisse soll  ein  erheblicher  Mehrbetrag 
über  den  allgemeinen  Richtsatz  des  Pflege- 
geldes hinaus  gewährt  werden.  Aus  verfas- 
sungsrechtlichen Gründen  könne  es  sich 
dabei  aber  nicht  um  eine  Rente,  sondern  nur 
um  eine  Unterstützung  handeln. 

Damit  sind  die  Zivilblinden  in  ihren  Be- 
strebungen einen  erheblichen  Schritt  voran- 
gekommen, was  auch  wir  mit  Befriedigung 
anerkennen  wollen.  Allerdings  hat  sich  die 
Bundesregierung  nicht  den  Forderungen  des 
Deutschen  Blindenverbandes  auf  einen  ren- 
tenmäßigen Rechtsanspruch  angeschlossen 
und  hat  damit  die  bekannte  Parole  „blind 
gleich  blind"  abgelehnt. 
* 

Die  Genossenschaft  für  das  Blinden- 
handwerk  Mecklenburg  (Ostzone) 
hat  mit  Versuchen,  beim  Bürsteneinziehen 
Perlondraht  statt  Metalldraht 
zu  verwenden,  gute  Erfahrungen  gemacht. 
Es  wird  auf  diese  Weise  nicht  nur  einem 
gerade  in  der  Ostzone  spürbaren  Engpaß  in 
Metalldrähten  begegnet,  sondern  es  werden 
auch  verschiedene  Vorteile  hinsichtlich  einer 
besonders  sauberen  Fertigung  erreicht.  Nach 
einem  Bericht  der  Zeitschrift  „Die  Gegen- 
wart" (Leipzig)  haben  die  blinden  Werk- 
stattarbeiter dem  Perlondraht  den  Vorzug 
gegeben,  obwohl  zu  seiner  Anwendung  eine 
Sattler-  oder  Tapezierernadel  verwendet 
wird,  die  in  der  vorderen  Hälfte  etwas  ge- 
krümmt ist.  Das  Arbeiten  mit  Nadel  soll  so 
rationell  vonstatten  gehen,  daß  Leistungs- 
steigerungen zu  verzeichnen  seien.  Der 
Perlondraht  (oder  Leska-Draht)  eigne  sich 
füjr  Grobware  ebenso  wie  für  die  verschie- 
densten Feinwaren  und  werde  in  einer  Draht- 
starke  von  0,4  bis  0,9  mm  geliefert.  Die  ein- 
zige Schwierigkeit  liege  in  dem  hohen  Preis, 
d£r  etwa  das  doppelte  des  Preises  für 
Metalldraht  beträgt. 

* 

Unsere  Sportler  wird  interessieren,  daß 
eine  wenig  geübte,  aber  für  Blinde  sehr 
glückliche  Sportart  die  Schwerathletik 
ist  und  daß  ein  Blinder,  nämlich  Willi 
Schwarz  aus  Halberstadt,  im  Gewichtheben 
diesjähriger  Landesmeister  von  Sachsen- 
Anhalt  wurde.  * 

t  Anläßlich  des  bevorstehenden  100. Todes- 
tages von  Louis  Braille,  dem  Schöp- 
fer der  Punktschrift,  der  am  6.  Januar  1852 
starb,  sind  in  aller  Welt  vielerlei  Gedenk- 
feiern vorgesehen.  In  der  Ostzone  sollen 
durch  die  zuständigen  Blindenausschüsse  so- 
gar in  allen  Stadt-  und  Landkreisen  Gedenk- 
feiern stattfinden.  Allerdings  fallen  deshalb 
die  sonst  üblichen  Weihnachtsfeiern  für 
Blinde,  vor*  allem  in  den  Landkreisen,  weg. 


Die  amerikanische  Militärregierung  für 
Berlin  hat  die  weltberühmte  taubblinde 
Schriftstellerin  Helen  Keller  zu  einem 
Besuch  Westberlins  eingeladen.  He- 
len Keller,  die  erst  kürzlich  von  einer  Reise 
nach  Südafrika  zurückgekehrt  ist,  hat  die 
Einladung  angenommen.  Allerdings  steht  ein 
genauer  Termin  ihres  Besuches  noch  nicht 
fest.  Nach  einer  Mitteilung  der  Berliner  Zei- 
tung „Der  Tag"  ist  im  Zusammenhang  damit 
geplant,  daß  Westberliner  Blinde  Ame- 
rika besuchen,  um  dort  mit  den  neue- 
sten Einrichtungen  für  Blinde  vertraut  ge- 
macht zu  werden. 

Die  Hauptgemeinschaft  des  deutschen  Ein- 
zel h  a  n  de  1  s  hat  dankenswerterweise  ihre 
Mitglieder  gebeten,  ihr  von  Beobachtungen 
Kenntnis  zu  geben,  mit  denen  man  der 
Schmutzkonkurrenz  der  Blinden- 
arbeit  auf  die  Spur  kommen  kann.  Die 
Hauptgemeinschaft  des  deutschen  Einzelhan- 
dels will  gegen  alle  Mißbräuche  einschreiten, 
mit  denen  unter  dem  Deckmantel  der  Ver- 
sehrten-Werke oder  der  Blindenarbeit  indu- 
striell hergestellte  Erzeugnisse  vertrieben 
werden,  wobei  es  sich  vielfach  um  Haushalts- 
artikel von  Schuhkreme  bis  zum  Briefpapier 
handele.  * 

Am  4.  Oktober,  dem  Namenstag  des 
Schutzpatrons  aller  Tiere,  des  heiligen  Fran- 
ziskus von  Assisi,  wurde  in  der  ganzen  Welt 
der  „T  ag  des  Tieres"  gefeiert  und  eine 
Welttierschutzwoche  durchgeführt.  In  man- 
cherlei Veranstaltungen  und  Veröffentlichun- 
gen  gedachte  man  dabei  auch  vielfach   des 

Blindenführhundes. 

* 

Ein  Blindenführhund  in  Rott 
(Bayern),  dessen  Herr  vor  einigen  Monaten 
starb,  besucht  fast  täglich  das  Grab  auf  dem 
Friedhof.  Als  nun  ein  Gärtner  einen  Strauch 
vom  Grab  entfernen  wollte,  fiel  der  Hund  den 
Mann  an,  der  sich  nur  mit  Mühe  des  An- 
griffs erwehren  konnte, 
* 

Der  Allgemeine  Blindenverein  Berlin  führte 
zum  ersten  Male  nach  dem  Kriege  eine  inter- 
essante Leistungsprüfung  für  Blin- 
denführhunde  durch.  26  Hunde  nahmen 
an  dem  Examen  im  Straßenverkehr  teil.  23 
Aufgaben  waren  für  jeden  Hund  zu  lösen. 
Nur  vier  Hunde  bestanden  die  Prüfung  nicht. 
Der  beste  Hund  gewann  seinem  Herrn  eine 

Blindentaschenuhr. 

* 

König  Faruk  von  Ägypten  ist  ein  Lieb- 
haber Deutscher  Schäferhunde.  Um  den 
König  über  den  Stand  von  Zucht  und  Dressur 
in  Deutschland  unterrichten  zu  können,  nahm 
der  Ägypter  Cavazzi  in  Ulm  an  der 
Siegerprüfung  für  Deutsche  Schäferhunde 
teil  und  ließ  sich  dabei  vom  Leiter  der  Führ- 
hundschule Oftersheim  auch  einen  Führhund 
bei  der  Arbeit  zeigen.  Die  prachtvollen  Lei- 
stungen dieses  Hundes  setzten  den  Ägypter 
in  größtes  Erstaunen.  Solche  Dressurleistun- 
gen seien  in  Ägypten  völlig  unbekannt. 
* 

Die  älteste  Blindenanstalt  Deutschlands, 
die  Blindenanstalt  Berlin-Steg- 
litz, konnte  am  13.  Oktober  auf  145  Jahre 
ihres  Bestehens  zurückblicken.  1806  begann 
im  Auftrage  des  preußischen  Königs  dort 
Prof.  Dr.  August  Zeune  sein  Werk.  Im  Laufe 
der  Jahrzehnte  brauchte  man  immer  größere 
Gebäude,  bis  man  1877  in  Steglitz  einzog, 
wo  1890  auch  das  Blindenmuseum  eröffnet 
wurde,  das  zur  100- Jahr-Feier  ein  eigenes 
Gebäude  mit  einer  umfangreichen  Blinden- 
bücherei  und  einer  Blindendruckerei  erhielt. 
Neben  vielen  anderen  Kriegsschäden  ist 
auch  die  Zerstörung  des  Museums  zu  be- 
klagen. 


Die  Landesblindenanstalt  in 
München,  die  von  König  Ludwig  I.  er- 
richtet wurde  und  gegenwärtig  130  Schüler 
unterrichtet,  feierte  am  23.  Oktober  das  Fest 
des  125jährigen  Bestehens. 
* 

Beim  zweiten  ordentlichen  Bundestag  des 
„R  e  i  c  h  s  b  u  n  d  e  s"  in  Hamburg  hatte  die 
Wahl  des  Bundesvorstandes  folgendes  Er- 
gebnis: Bundesvorsitzender  wurde  Paul  Neu- 
mann (Hamburg) ,  2.  Vorsitzender  Hugo  Rasch 
(Essen).  Die  Fachgruppe  für  Hirnverletzte 
leitet  Heinrich  Scholz  (Neumünster),  die  Fach- 
gruppe für  Blinde  H.Wessel  (Northeim/Hann.). 
(Naturgemäß  eine  Fachgruppe  für  Zivilblinde). 

In  einer  Erklärung  vom  25.  Oktober  nahm 
der  Reichsbund  zu  den  Soldatenbün- 
den Stellung:  Nichts  sei  gegen  solche  Bünde 
einzuwenden,  soweit  sie  aus  einer  Traditions- 
gebundenheit zur  Pflege  der  Kameradschaft 
dienen  sollen,  jedoch  seien  entschieden  Ein- 
wendungen gegen  jede  sozialpolitische  Be- 
tätigung der  Soldatenbünde,  speziell  hin- 
sichtlich der  Kriegsopferversorgung,  zu  erhe- 
ben. Der  Reichsbund  könne  die  Soldatenbünde 
„nicht  als  zu  einer  sozialpolitischen  Inter- 
essenvertretung berufene  Organisationen 
anerkennen".  * 

Ebenfalls  gegen  die  Soldatenbünde  hat  sich 
auch  der  V  d  K  auf  seinem  ersten  ordent- 
lichen Verbandstag  in  Trier  ge- 
wandt. Im  Laufe  der  Tagung  wurden  der 
Präsident  des  VdK,  Hans  Nitsche  (Kassel), 
und  der  Vizepräsident,  Oberlandesgerichtsrat 
Dr.  Richard  Zöller  (München)  auf  3  Jahre 
wiedergewählt.  Bundesarbeitsminister  Anton 
Storch  erklärte  in  Trier,  daß  von  dem  ge- 
samten Einnahme-Etat  des  Bundes  in  Höhe 
von  etwa  20  Milliarden  DM  nicht  weniger 
als  7,6  Milliarden  für  soziale  Zwecke  aus- 
gegeben werden.  Ein  solch  großer  Anteil  sei 
in  keinem  Haushalt,  auch  nicht  im  Ausland, 
zu  finden.  Seitens  des  VdK  wird  dagegen 
darauf  hingewiesen,  daß  bereits  ein  erheb- 
liches Mißverhältnis  zwischen  der  allgemei- 
nen Teuerung  und  den  Rentensätzen  besteht. 
Der  VdK  vertritt  1,27  Millionen  Kriegsopfer. 
* 

In  Berlin  wurde  der  aus  der  Zeit  nach 
dem  1.  Weltkrieg  bekannte  Wohlfahrtsbund 
für  Kriegsopfer  „K  y  f  f  h  ä  u  s  e  r"  wieder- 
gegründet und  lizenziert.  Er  will,  wie  es  in 
seinem  Programm  heißt,  die  Teilnehmer  bei- 
der Weltkriege  „auf  kameradschaftlicher 
Giundlage  abseits  der  Tagespolitik  zu  einer 
gemeinsamen  Wohlfahrtspflege  zusammen- 
schließen". Der  Kyffhäuser-Bund,  der  1943 
aufgelöst  worden  war,  hatte  zuletzt  3,5  Mil- 
lionen Mitglieder  und  brachte  jährlich  rund 
eine  Million  Mark  für  notleidende  Veteranen 
auf.     Er    unterhielt    5    Waisen-    und    19    Er- 


Neuerscheinungen  in  Marburg 

Abreißkalender  in  Blindendruck  . . . 

Der  Verlag  der  Blindenstudienanstalt  Mar- 
burg bringt  für  das  kommende  Jahr  einen 
Abreißkalender  in  Blindendruck  heraus.  Er 
wird  aus  ca.  93  Blatt  (Größe  24X18  cm)  be- 
stehen und  wird  außer  den  üblichen  kalen- 
darischen Angaben  einen  Tagesspruch  auf 
der  Rückseite  eines  jeden  Blattes  bringen. 
Preis  ca.  3  bis  4  DM,  je  nach  der  Höhe  der 
Auflage. 

. . .  und  Zeitschrift  für  Masseure 

Die  Blindenstudienanstalt,  die  übrigens  seit 
Januar  d.  J.  eine  besonders  für  unsere  Steno- 
typisten  interessante  Zeitschrift  herausbringt: 
„Der  blinde  Kaufmann  und  Büroangestellte", 
plant  nunmehr  eine  Zeitschrift  für  den  blin- 
den Masseur.  Das  Blatt  soll  ca.  24  Seiten 
umfassen  und  zweimonatlich  erscheinen.  Jah- 
resbezugspreis ca.  4  bis  5  DM,  je  nach  Höhe 
der  Auflage. 

Anfragen  oder  Bestellungen  sind  an  den 
Verlag  der  Blindenstudienanstalt  Marburg  zu 
richten. 


13 


holungsheime.  Das  Vermögen  des  Bundes, 
das  noch  unter  britischer  Treuhänderschaft 
steht,  umfaßt  rund  30  Millionen  DM. 

* 

Bei  der  Tagung  des  Bezirks  Rhein-Ruhr 
des  Westdeutschen  Stenografenverbandes 
nahmen  600  Stenografen  an  einem  Leistungs- 
schreiben teil.  59  der  Teilnehmer  erreichten 
eine  Geschwindigkeit  von  200  Silben  in  der 
Minute,  darunter  unser  Kamerad  Paul  P  e  u  - 
ser  (Essen),  der  mit  einer  Geschwindigkeit 
von  2  4  0  Silben  die  beste  Blindenleistung 
erzielte.  Hervorragend  war  ebenfalls  wie- 
derum die  Leistung  des  einarmigen  Kriegs- 
blinden Gerhard  Rabe  mit  200  Silben  und 
261  Maschinenanschlägen. 
* 

Anläßlich  verschiedener  Ausstellungen 
während  der  Gartenschau  in  Fürth  hatte 
eine  Koje  besonderen  Erfolg,  in  der  vom 
Bayerischen  Roten  Kreuz  die  Erzeugnisse  der 
Blindenwebschule  Ismaning  ge- 
zeigt wurden.  Insgesamt  sind  über  500  Stück 
der     handgewebten     Blindenware     verkauft 

worden. 

* 

Für  die  englischen  Unterhaus- 
wahlen wurde  vom  Blindeninstitut  in 
London  eine  Broschüre  in  Punktschrift  heraus- 
gegeben, die  auf  30  Seiten  die  Programme 
der  drei  großen  englischen  Parteien  wieder- 
gibt, um  so  jedem  wahlberechtigten  Blinden 
die  Möglichkeit  zu  geben,  sich  eine  eigene. 
Meinung  zu  bilden. 

PERSÖNLICHES 

Unser  Kamerad  Leo  Hoffmann  aus 
E  s  b  e  c  k  ,  Kreis  Alfeld  (Leine),  und  Fräulein 
Irma  Buckendahl  haben  sich  am  20.  Oktober 
vermählt.  Viel  Glück  und  Segen  für  den 
gemeinsamen  Lebensweg! 
* 

Unser  Kamerad  Valentin  Ple  h  n  und 
seine  Frau  Annnemarie,  geb.  Grothe,  aus 
Buchen,  Kreis  Herzt.  Lauenburg,  Möllner- 
straße,  haben  zu  ihren  beiden  Jungen  Karl- 
Heinz  und  Erwin  ein  Töchterchen  Helga 
bekommen.  Wir  wünschen  von  Herzen 
alles  Gute. 

Der  Bezirk  Gelder n-Kleve-Moers 
gratuliert  zwei  Kameradenfamilien  zu  der 
Geburt  je  eines  Mädchens: 

Peter  T  ü  h  1  und  Frau  Gertrud  konnten 
am  15.  September  ihre  Tochter  Anneliese  be- 
grüßen. 

Wilhelm  Zierwes  und  Frau  Sibilla 
bekamen  am  2.  Oktober  ihre  Tochter  Eveline 
Marlies 

Beiden  Familien  einen  herzlichen  Glück- 
wunsch! 

Die  Bezirksstelle  Pfalz  teilt  mit,  daß 
unser  Kamerad  Franz  Schmitgen  in 
Frankenthal  und  seine  Frau  Ellen,  geb. 
Schneider,  am  13.  September  durch  die  Ge- 
burt ihres  zweiten  Sohnes  erfreut  wurden. 
Günther  soll  er  heißen.  Wir  wünschen  von 
Herzen  viel  Glück! 


1-Wi  mutete  SdnadnpwuMidue, 

Zweimal   Aljechin- Verteidigung 

Partie  aus  dem  Schachturnier  für  Blinde  1951 
in  Stukenbrock 

Weiß:  H.  Unverdroß  (Berlin) 
Schwarz:  W.  Eisele  (Sandbach) 

1.  e4  Sf6  (soll  die  w.  Bauern  herauslocken). 
2  e5  Sd5.  3.  d4  d6.  4.  f4  Sc6?  (ein  übler  Zug, 
wie  sich  zeigen  wird.  4.  —  c5  bzw.  g6  nebst 
Lg7  ist  am  Platze).  5.  c4  Sb6.  6.  d5  Sb8. 
7.  Sc3  (Sf3  ist  folgerichtiger).  7.  —  d:e5?  (ver- 
früht! Stärkt  das  gegnerische  Zentrum  und 
läßt  für  den  Weißen  die  Öffnung  der  f-Linie 
zu.  7.  —  c6  oder  e6  war  vorzuziehen).  8.  f:e5 
Lf5.  9.  Sf3  e6.  10.  Lg5  Le7?  (hier  ist  f6  die 
beste  Medizin).  11.  L:e7  D:e7.  12.  d6  c:d6? 
(soll  mans  glauben?  Jetzt  verhilft  Schwarz 
dem  Weißen  noch  zu  einem  starken  Frei- 
bauern!). 13.  e:d6  Dd7?  (dieses  Feld  muß  für 
den  Sb6  freibleiben).  14.  c5  Sc8  (hier  steht 
der  Springer  für  Weiß  ausgezeichnet). 
15.  Se5!  Dd8.  16.  Lb5+  Kf8.  17.  0—0  a6 
(Schwarz  hat  kaum  noch  einen  guten  Zug). 

18.  Dh4  Lg6??  (der  letzte  von  vielen  Fehlern). 

19.  S:g6+,  und  Schwarz  gab  auf. 

Wie  gut,  daß  Dr.  Aljechin  nicht  erfährt, 
was  Schwarz  hier  aus  seiner  durchaus  nicht 
zu  unterschätzenden  Verteidigung  gemacht 
hat.  Man  möchte  sagen:  Schwarz  spielte  die 
Selbstmordvariante  zur  AI  j  echin-Verteidigung 
und  ging  mit  Pauken  und  Trompeten  unter. 


Partie  aus  dem  Eisenbahner -Schachtelten    1951 
in    Hiddesen 

Weiß:  G.  Mertens  (Köln) 

Schwarz:  H.  Wüst  (Duisburg) 

1.  e4  Sf6.  2.  e5  Sd5.  3.  d4  c5  (d6  ist  am 

solidesten).  4.  c4  Sc7.  5.  d:c5  e6.  6.  Le3  Sca6. 

7.   Dg4  S:c5.  8    Sc3  Db6?   (Fragezeichen  mit 

Rücksicht   auf   Le3).    9.   Tbl    a5     (es    drohte 

10.  b4!    mit    Figurengewinn).      10.     Sf3    Sc6. 

11.  Le2  Se7.  12.  0—0  Sg6.  13.  Tfdl  Dd8. 
14.  Sb5  b6.  15.  Dd4  Le7.  16.  Sd6+  Kf8. 
17.  Dd2  h6.  18.  L:c5  b:c5.  19.  S:c8  D:c8. 
20.  D:d7  Db8.  21.  Dc6  Ta7.  22.  Td7  Td7; 
23.  D:d7  Sf4.  24.  Ld3  S:d3.  25.  D:d3  g5. 
26.  De4  g4?  (Schwarz  befand  sich  bereits  in 
Zeitnot).  27.  D:g4  Tg8.  28.  De4  h5.  29.  h3  Tg7. 
30.  b3  Kg3.  31.  Tdl  De8.  32.  Dd3  Kh8.  33.  Dd7 
Da8.  34.  Dd3  (statt  dessen  hätte  Weiß  sich 
den  Gewinnweg  erleichtern  können  durch 
34.  D:e7  D:f3.  35.  Dd8+  Kh7.  36.  Dd3+  usw.)! 
34.  —  Dg8.  35.  Sei  f5.  36.  De2  Tg5.  37.  f4  Tg7. 
38.  D:h5+  Th7.  39.  Df3  Lh4.  40.  De3  Tg7. 
41.  De2  Dh7.  42.  Sf3  Dh5.  43.  Kfl  Le7.  44.  Td7 
De8.  45.  Dd2  Da8.  46.  Sg5  Dc6.  47.  Del  Kg8. 
48.  Td3  T:g5?,  und  Schwarz  gab  sofort  auf; 
die  Partie  war  aber  auch  ohne  diesen  in  Zeit- 
not gemachten  Fehler  nicht  mehr  lange  zu 
halten.  G.  M. 

Lösungen  zu  den  Aufgaben  im  Oktoberheit 
A  u  f  g  a  b  e   1 :  Weiß  rochiert  und  hat  zwei 
Mattdrohungen     (T:f8    ++     oder    Sc7++); 
Schwarz  kann  nur  einer  begegnen. 

Auf  gäbe  2:  1.  Kf8  K:h8.  2.  Th6+  +  . 

Gabriel   Mertens 


Unsere  Zeitschrift  im  Lautsprecher? 

In  der  letzen  Ausgabe  des  „Kriegsblinden" 
hat  mich  der  Artikel  über  das  „Filmophon" 
besonders  angesprochen.  Wenn  wir  eine 
wirklich  freie  Wirtschaft  haben,  müßte  man 
doch  annehmen,  daß  dieses  Gerät  sich  allein 
auf  Grund  seiner  Preiswürdigkeit  durchsetzen 
müßte.  Außerdem  könnte  der  Unternehmer, 
der  diese  Sache  anfaßt,  doch  von  vornherein 
mit  einer  gewissen  Absatzsicherung  durch 
die  Blinden  rechnen.  Das  Entscheidende  aber 
scheint  mir  zu  sein,  daß  die  Ozaphan-Bänder 
so  außerordentlich  billig  herzustellen  sind, 
daß  die  Anlegung  einer  tönenden  Bibliothek 
wirtschaftlich  möglich  ist.  Einer  der  besten 
Gedanken  scheint  mir  zu  sein,  daß  man  un- 
sere Bundeszeitschrift  auf  Ozaphanband  ver- 
vielfältigen könnte.  Da  für  die  Aufnahme 
nicht  viel  mehr  als  die  reinen  Materialkosten 
anfielen,  bestünden  ja  wirtschaftlich  kaum 
Schwierigkeiten.  Für  uns  wäre  es  ein'kolos- 
saler  Gewinn,  diese  und  vielleicht  auch  an- 
dere Zeitschriften  zu  beliebiger  Zeit  und 
auch  wiederholt  abspielen  zu  können.  Wenn 
unsere  Organisation  etwas  tun  könnte,  um 
diesen  Plan  zu  verwirklichen,  so-  wäre-  von 
den  deutschen  Kriegsblinden  ein  Beitrag  zur 
Blindenbildung  geleistet  worden,  der  sich 
buchstäblich  hören  lassen  könnte. 

Der  Schwarzdruck  des  „Kriegsblinden" 
würde  daneben  keine  Einbuße  erfahren,  weil 


er  sich  ja  weiterhin  an  den  sehenden  Leser- 
kreis wenden  würde  und  weil  er  unsere 
Gedanken  vor  allem  auch  an  die  Ferner- 
stehenden vermitteln  soll.  Kann  der  Bund 
denn  nicht  auf  die  Entwicklung  in  diesem 
Sinne  einwirken?  Auf  jeden  Fall  müßte  nun 
endlich  die  Wahl  getroffen  werden,  ob  nun 
Magnetophon-  oder  Filmophonprinzip  für  uns 
angewendet  werden  soll.  Wir  warten  mit 
Ungeduld.  Dr.  Fischer  (Clausthal) 

Bedenken  gegen  Spezialbesteck       ~^| 

In  der  August-Ausgabe  unseres  Organs 
fand  ich  einen  Aufsatz  eines  Hamburger 
Kameraden,  der  sein  von  ihm  erdachtes  Eß- 
besteck schilderte  und  eine  Serienherstel- 
lung vorschlug.  Erlauben  Sie  mir,  daß  ich 
hierzu  einige  kritische  Bemerkungen  mache. 
Es  ist  erfreulich,  wenn  wir  uns  um  die  Ver- 
besserung der  kleinen  Alltagssorgen  bemü- 
hen, aber  dieses  Bestreben  kann,  Wie  im 
angeführten  Falle,  mehr  zur  negativen  Seite 
führen  als  zur  nützlichen.  Ich  will  dem  Ham- 
burger Kameraden  keinen  Stoß  versetzen, 
aber  mich  hat  sein  Aufsatz  sehr- nachdenklich 
gemacht.  Zugegeben,  das  Essen  mit  einem 
Normalbesteck  bereitet  uns  manchmal  Schwie- 
rigkeiten, die  aber  doch  nicht  so  groß  sind, 
uns  hilflos  zu  machen  oder  stark  zu  behin- 
dern. Geduld  und  Übung  führen  auch  hier 
zum  erstaunlichen  Erfolg.  Ich  will  damit 
sagen,  daß  uns  so  ein  Spezialbesteck  nur 
noch  unselbständiger  und  vor  alleä 
Dingen  abhängig  macht.  Wir  schaffen  uns 
damit  selbst  den  Eindruck  der  Hilflosigkeit, 
was  in  diesem  Falle  nicht  notwendig  ist. 
Essen  wir  z.  B.  im  Hotel  oder  sind  wir  zu 
Gast,  dann  werden  wir  unliebsam  auffallen 
mit  unserem  Besteck  und  Mitleid  hervorrufen. 
Wollen  wir  dann  aber,  um  diesem  auszu- 
weichen, wieder  mit  dem  Normalbesteck 
essen,  so  wird  uns  das  erst  recht  nicht  mehr 
gelingen,  und  wir  haben  uns  selbst  einen 
Grund  mehr  zu  Ärger  und  Minderwertig- 
keitskomplexen geschaffen.  Davon  soll  na- 
türlich jeder  halten,  was  er  will.  Ich  denke 
jedenfalls  so  darüber  und  möchte  vor  psycho- 
logischer Selbstverwöhnung  warnen 
._.-..; Franz  Feistner  (Moers) 


14 


rCrieasblinder  rC 


iki 


•  Unser  Kamerad  Konrad  Kotz  aus 
Landshut,  einer  der  wenigen  kriegsblin- 
den Kunsttöpfer,  schildert  uns  seinen  Weg 
wie  folgt: 

Als  ich  am  7.  2.  1943,  östlich  von  Charkow, 
als  Zugführer  einer  Aufklärungsabteilung 
durch  Geschoß-  und  Steinsplitter  mein  Augen- 
licht verlor  und  gleichzeitig  einen  rechten 
Handdurchschuß  erhielt,  glaubte  ich,  die 
Welt  müsse  mich  in  meiner  Dunkelheit  er- 
drücken. In  einem  Lazarett  in  Krakau  mußte 
mir  das  rechte  Auge  entfernt  werden.  Eine 
Operation  des  linken  Auges  verlief  erfolg- 
los und  mein  verbliebener  Schein  schwand, 
bis  er  ganz  verlosch.  Zur  weiteren  Aushei- 
lung wurde  ich  nach  Wien  verlegt.  Die  Ge- 
staltung meiner  Zukunft  drückte  immer 
schwerer  auf  meiner  Seele. 

Mein  Genesungsurlaub  in  meiner  Heimat 
brachte  mir  die  Wendung.  Meine  erste,  so 
gefürchtete  Begegnung  mit  meinen  Plastiken, 
das  frühere  Ringen  in  den  vertrauten  Räu- 
men für  meine  Kunst  —  es  riß  mir  die 
Wunden  von  neuem  auf.  Oftmals  schlich  ich 
mich  unbemerkt  in  mein  Zimmer  und  be- 
tastete immer  länger  meine  früher  geschaf- 
fenen Plastiken  und  Reliefs.  Ich  verweilte 
immer  bei  meinem  Lieblingswerk,  einer  klei- 
nen Plastik,  ein  hockendes  Mädchen  mit 
ihrem  zerbrochenen  Krug.  Ihr  Glück  war  wie 
die  Scherben  zerbrochen  . . . 

Da  kam  ich  auf  die  Idee,  die  Scherben 
wieder  zu  formen  und  entschloß  mich, 
zum  Keramiker  umzuschulen.  Bald  da- 
nach begann  meine  blindentechnische  Um- 
schulung in  Wien.  Die  Berufsberatungskom- 
mission hatte  gleich  volles  Verständnis  für 
meinen  neuen  Beruf  und  versprach  jede 
Hilfe.  Ich  lernte  noch  in  weiteren  Kursen 
Kurz-  und  Schnellschrift,  um  bei  Vorträgen 
in  der  Fachschule  alles  aufnehmen  zu  kön- 
nen. So  war  ich  innerlich  beruhigt  und  freute 
mich  auf  meine  Umschulung. 

Am  7.  1.  1945  nahm  ich  Abschied  von  mei- 
ner oberschlesischen  Heimat,  von  meinen 
Plastiken,  meinem  Heim,  meinem  Friedrichs- 
thal und  begann  meine  Umschulung  mit  noch 
vier  kriegsblinden  Kameraden  an  der  Staat- 
lichen Fachschule  für  Keramik  in  B  u  n  z  1  a  u. 
Leider  mußte  ich   die   Stadt   am    10.    2.    1945 


eramiRer 


verlassen  und  landete  als  Flüchtling  mit  mei- 
ner Schwester  in  Schwaben. 

In  meiner  Einsamkeit  fing  ich  wieder  an, 
zu    modellieren.     Ich    modellierte    in    Wachs 


Reliefs,  den  Kopf  eines  toten  Kriegers,  einen 
Christuskopf  und  anderes.  Der  charakteri- 
stische Gesichtsausdruck  ist  mir  immer  ge- 
lungen. Mehrmals  bemühte  ich  mich,  bei  der 
Staatl.  Fachschule  für  Keramik  in  Landshut 


anzukommen,  doch  vergebens.  Endlich  wandte 
ich  mich  mit  meinen  Zeugnissen  und  meinen 
Arbeiten  direkt  ans  Bayerische  Kultusmini- 
sterium, und  von  da  wurde  durch  einen  Er- 
laß meine  Umschulung  an  der  Staatl.  Fach- 
schule angeordnet.  Ich  lernte  nun  mit  Be- 
geisterung und  Erfolg.  Mit  allen  Fachlehrern 
hatte  ich  das  beste  Einvernehmen.  Ich  nahm 
die  Fachlehrer  auch  nicht  mehr  in  Anspruch 
als  die  sehenden  Schüler.  Vorträge  der  Fach- 
lehrer nahm  ich  mit  meiner  Pichtbogen- 
maschine  auf.  Ich  lernte  dort:  Freidrehen, 
Gipswerkstatt,  Brenntechnik  und  Technologie, 

Mit  einem  guten  Abgangszeugnis  und  fast 
zweijähriger  Umschulung  verließ  ich  mit 
Erfolg  die  Schule.  Nun  habe  ich  das  fachliche 
Rüstzeug,  um  auf  allen  Gebieten  der  Kera- 
mik trotz  meines  Schicksals  noch  schöpfe- 
risch tätig  sein  zu  können  und  bin  inner- 
lich glücklich  und  ausgeglichen,  denn  meine 
Hände  können  wieder  etwas  schaffen.  Durch 
Formgebung  und  Ornamente  kann  ich  die 
Bemalung  ersetzen.  Ich  kann  ohne  Hilfe 
arbeiten,  nur  das  Glasieren  kann  ich  nicht 
allein,  dabei  muß  mir  meine  Frau  helfen. 
Die  Hauptfürsorgestelle  Regensburg  ermög- 
lichte mir  die  notwendigsten  Beschaffungen 
für  meine  kleine  keramische  Werkstatt.  Mein 
einziger  Wunsch  wäre  jetzt  noch,  einen  klei- 
nen elektrischen  Brennofen  zu 
besitzen,  um  meine  Arbeiten  in  meiner 
Werkstatt  ganz  fertigzustellen. 


überwunden" 


Eine  Schrift  über  Schicksal  und  Wesensbild  eines  heldenhaften  Kameraden 


Vor  uns  liegt  eine  eben  erschienene,  kleine 
Druckschrift,  die  den  beziehungsvollen  Titel 
trägt:  „überwunden",  überwunden  wurde 
ein  Schicksal,  wie  es  in  dieser  Schwere  wohl 
selten  auf  einem  Menschen  gelastet  hat:  ein 
junger  Theologiestudent  wurde  als  Zwanzig- 
jähriger vor  Verdun  auf  die  schrecklichste 
Weise  verwundet:  beide  Augen  verbrannt, 
das  Gesicht  bis  zur  Unkenntlichkeit  verstüm- 
melt und  entstellt,  die  Hände  verkrüppelt, 
so  kehrte  er  heim.  Und  dennoch,  so  heißt  es 
in  der  Schrift,  „brachte  er  bis  zu  seinem 
frühen  Tod  die  Sonne  in  sich  und  vielen  an- 
den  zum  Leuchten". 

Wir  erfahren  nicht  den  Namen  dieses 
Mannes,  doch  mögen  sich  manche  der  alten 
Kameraden  an  ihn  erinnern,  wenn  sie  er- 
fahren,   daß    er    späterhin    als    Dozent    der 


Philosophie  tätig  war.  Es  kommt  hier  eben 
nicht  auf  den  Namen  an  —  und  das  ist  sicher- 
lich im  Sinne  des  edlen  Toten  — ,  sondern 
allein  auf  das  Beispiel,  auf  das  Beispiel, 
das  er  den  Kriegsblinden  gab  und  das  er  in 


Gemütliches  Heim 

der  V.,  stdl.  Kuckucksruf 

nur  DM  16.95 

Durch  •/.  und  Voll- 

Stundenruf,  Prachtausf. 

nur  DM  29.50  Nachn. 

Julius  Morstadt 

Villingen  B 1 26  Schwarzw. 


vielleicht  noch  höherem  Maße  den  Sehenden 
gab.  So  ist  es  auch  verständlich,  wenn  auch 
kein  Verfassername  genannt  wird,  —  „er- 
zählt von  F.  St.",  so  heißt  es  schlicht.  So 
kann  sich  unsere  Anteilnahme  ungeteilt  der 
Schilderung  dieses  ungewöhnlichen  Lebens- 
und Wesensbildes  zuwenden. 

Schon  sehr  bald  gewinnt  man  beim  Lesen 
dieser  Schrift  eine  Vorstellung  von  diesem 
„seltsamen  und  seltenen  Menschen",  der 
körperlich  zart  und  auch  innerlich  äußerst 
sensibel  war,  aber  dessen  starke  Seele  ihm 
trotzdem  die  Kraft  zu  heiterer  Bejahung  des 
schweren  Geschicks  gab.  Kopf  und  Hände 
noch  verbunden,  so  nahm  er  sein  Studium 
auf,  schaffte  es,  fand  eine  liebevolle  Lebens- 
gefährtin —  und  dann  kam  das  schwere  Rin- 
gen um  den  Beruf,  Vor  allem  war  es  sein 


lOÜdbad 


Wenn  keines  Glückes  Strahl  dich  will  mehr  wärmen, 
Wenn  deine  Seele  heimgesucht  vom  Leid, 
Wenn  angewidert  du  vom  Tagesstreit, 
Wenn  du  ermüdet  von  der  Menschen  Lärmen, 
Mit  dem  sie  ihre  Götter  stets  umschwärmen, 
Wenn  angegrilien  du  vom  Wurm  der  Zeit, 
Wenn  dich  dein  Leben  wirklich  nicht  mehr  freut: 
Such  aui  das  Heim  der  Tannen  und  der  Thermen! 
Es  läßt  dich  finden  zu  dir  selbst  zurück. 
Laß  dich  von  herber  Tannenluft  berauschen, 
Im  warmen  Bad  fortschwemmen  all  den  Schlick. 
In  Andacht  lernst  du  wieder  das  erlauschen. 
Nach  dem  gestalten  sollst  du  dein  Geschick, 
Und  nicht  mehr  möchtest  du  mit  andern  tauschen. 

H.  S. 


15 


entstelltes  Gesicht,  das  die  Behörden  zögern 
ließ,  bis  er  endlich  eine  Lehrtätigkeit  in  Ber- 
lin aufnehmen  konnte.  „Nur  in  der  tiefsten 
Innerlichkeit",  so  sagte  er  einmal  in  einer 
Vorlesung,  „in  der  gänzlichen  Hingabe  an 
das  Wahre,  Gute,  Schöne  besteht  unsere  Er- 
lösung, unsere  Befreiung  von  der  Tragik  des 
endlichen  Lebens."  So  suchte  er,  über  alle 
Enttäuschungen  hinweg,  immer  wieder  kraft 
der  eigenen,  inneren  Harmonie  mit  groß- 
artiger Souveränität  der  überlegene  zu 
bleiben. 

Wer  hätte  nicht  verstanden,  wenn  gerade 
dieser  Mensch,  den  einen  „armen  Teufel" 
zu  nennen  so  nahe  liegt,  verbittert  und  ver- 
grämt die  Welt  gemieden  hätte!  Aber  er 
stellte  sich  mutig  allen  Auseinander- 
setzungen, noch  mehr,  er  gewann  dem  Leben 
immer  neue  Freuden  ab,  die  ihn  vielleicht 
froher  und  glücklicher  sein  ließen  als  man- 
chen, den  das  Schicksal  reicher  beschenkte. 
Er  wanderte  und  schwamm,  er  lief  Ski  und 
Schlittschuh,  er  tanzte  und  arbeitete  im  Gar- 
ten, und  er  war  ein  hilfsbereiter,  weg- 
weisender Kamerad  für  seine  kriegsblinden 
Schicksalsgefährten. 

„Meine  Schwierigkeiten  sind  dazu  da,  um 
von  mir  überwunden  zu  werden,  damit 
ich  daranwachse"  —  eine  solche  Er- 


kenntnis ernst  zu  meinen,  dazu  gehört 
einiges,  das  wissen  gerade  wir.  Auch  trotz 
der  Schrecknisse  des  Kriegsendes  behielt  er 
den  Kopf  oben:  sein  geliebtes  Haus  wurde 
zerstört,  seine  Bücher,  ja,  sein  eben  im 
Manuskript  vollendetes  Lebenswerk  ging 
verloren,  heimatlos  spülte  ihn  das  Kriegs- 
ende schließlich  nach  Österreich.  Als  Reichs- 
deutscher mußte  er  das  Land  verlassen,  aber 
zehn  Tage  auf  offenem  Lastwagen  hielt  sein 
Körper  nicht  aus,  in  der  rheinischen  Heimat 
starb  er  wenige  Monate  später. 

Ein  solches  Leben  hat  uns  viel  zu  sagen, 
ob  wir  Sehende  sind  oder  Erblindete,  und 
so  nehmen  wir  diese  von  so  feiner  Ein- 
fühlsamkeit getragene  Schrift  mit  großer 
Dankbarkeit  entgegen  und'  freuen  uns  dar- 
über, daß  sie  den  Kriegsblinden  gewidmet  ist. 

Die  Schrift  kann  bestellt  werden  zum 
Preise  von  1, —  DM  beim  Verlag  „Volk 
und  Heimat",  München  15,  Schubert- 
straße 2.  Für  Zwecke  des  Wiederverkaufs 
wird  Provisionsrabatt  gewährt.  .Der  Rein- 
gewinn soll  bedürftigen  Kriegsblinden  zu- 
fließen. 

Für  die  Hilfe  bei  der  Drucklegung  der 
Schrift  wird  unserem  Kameraden  Hans 
Schmalfuß  (Hof)  gedankt,  und  auch  unserer- 
seits sei  dieser  Dank  hier  unterstrichen. 


So  kam  der  Mensch  auf  den  Hund 


Unter  obigem  Titel  schrieb  Konrad  Lo- 
renz ein  bemerkenswertes  Buch  (erschienen 
1950  im  Verlag  Dr.  G.  Borotha-Schö- 
ler,  Wien,  Preis  6,80  DM).  Wenn  Professor 
Lorenz,  der  führende  deutsche  Tier- 
psychologe, etwas  veröffentlicht,  dann  lohnt 
es  sich,  die  Schrift  zu  lesen.  Hier  ist  ihm  ein 
Hundebuch  gelungen,  wie  es  keines  vorher 
gab. 

Ein  Glück,  daß  uns  dieser  begnadete.  Mann 
aus  russischer  Kriegsgefangenschaft  wieder- 
geschenkt wurde!  In  ihm  vereint  sich  ein  ge- 
nialer Gelehrter  mit  einem  künstlerisch  be- 
gabten, humorvollen  Schriftsteller  und  einem 
Menschen  voll  tiefer,  angeborener  Liebe  zum 
Tier.  Es  ist  klar,  daß  etwas  Gutes  dabei  her- 
auskommt, wenn  ein  solcher  Mann  aus  lan- 
ger, von  Kindesbeinen  an  gewonnener  Er- 
fahrung über  seine  Erlebnisse  mit  Hunden 
berichtet.  Doch  übertrifft  das  Buch  auch  hoch- 
gespannte Erwartungen.  Man  möchte  es 
jedem  lieben  Bekannten  in  die  Hand  drücken. 
Wer  jedoch  irgend  mit  unseren  vierbeinigen 
Freunden  zu  tun  hat,  kann  an  dem  Werk 
nicht  vorübergehen. 

Es  liest  sich  leicht  und  spannend,  nicht  wie 
ein  Lehrbuch,  obwohl  es  uns  wie  ein  solches 
die  ganze  Weisheit  von  unserem  besten, 
treuesten  Freund  unter  den  Tieren  vermittelt. 
Man  kann  ruhig  sagen,  daß  es  bisher  noch 
niemand  vermocht  hat,  das  Seelenleben  des 
Hundes  und  sein  Verhältnis  zum  Menschen 
so  einwandfrei  und  wundervoll  zu  deuten 
wie  Lorenz.  Ohne  Übertreibungen,  ohne  Sen- 


<Ezzenßmsse  sin? 

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Schuhindustrie,  Dachdecker- 
und Installationsartikel. 

Drahtwerk  Oberndorler  Hülle 

Peter  Weil  K.G.,  (16)  BfaunfeWLahn 


timentalität  gibt  der  Verfasser  eine  Fülle 
von  Hundegeschichten  wieder  und  flicht  un- 
merklich seine  Gedanken  ein,  überträgt  die 
Sprache  des  Vierfüßlers  in  die  unsere  und 
macht  uns  das  Verhalten  des  stummen  Bru- 
ders verständlich.  Wie  klar  erkennen  wir 
auf  einmal,  was  uns  rätselhaft  war  am 
Charakter  des  Hundes,  des  Tieres  überhaupt! 
Wieviel  Tierisches  entdecken  wir  in  uns 
selbst  und  welche  neuen  Seiten  unseres 
eigenen  Seelenlebens  tun  sich  plötzlich  auf! 
Der  Rätsel  bleiben  noch  genug,  vor  denen 
wir  mit  um  so  größerem  Staunen  stehen  und 
die  Begrenztheit  unserer  Fähigkeiten  be- 
kennen müssen. 

Die  Blinden,  von  denen  sich  viele  dem  ge- 
schulten Hund  anvertrauen,  ihn  nicht  nur  als 
Gehilfen,  sondern  gar  häufig  als  Kameraden, 
als  wahren  Freund  zu  schätzen  wissen, 
können  viel  lernen,  was  ihnen  bei  der  Aus- 
wahl  ihres   Gefährten   und   im   Umgang   mit 


ihm  von  Vorteil  ist.  Und  wenn  es  nur  die  Er- J 
kenntnis  wäre,  daß  es  zwei,  auch  im  Verhal-; 
ten  grundverschiedene  Gruppen  von  Hun-! 
den  gibt:  Die  wolsfblütigen,  zu  denen  merk-| 
würdigerweise  nicht  der  Schäferhund  gehört,' 
aber  z.  B.  der  Chow-Chow,  und  die  kaum  auf. 
einen  zweiten  Herrn  übertragbar  sind,  und; 
die  schakalblütigen,  unter  denen  als  beson-r 
ders  klug,  dressurfähig  und  verständig  der- 
Pudel,  der  Schäferhund,  manche  Pinscher  und 
große  Schnauzer  erwähnt  seien.  Es  ist« 
äußerst  fesselnd,  dem  scharf  beobachtenden 
Autor  bei  der  geistreichen  Begründung  dieser 
seiner  Klassifikation  zu  folgen  und  dabei 
einen  Blick  in  die  Stammesgeschichte  des 
ältesten  Haustieres  zu  tun.  Sie  läßt  sich 
natürlich  nur  in  groben  Zügen  rekonstruieren.; 
Mit  der  Kenntnis  der  Ahnen  wächst  aber! 
rasch  das  Verständnis  für  die  Hundesitten. 

Eine  Glanzleistung  ist  der  Abschnitt  über 
die  Opferbereitschaft  des  Hundes.  Lorenz; 
hütet  sich  auch  hier  vor  jeder  Vermensch- 
lichung, beweist  im  Gegenteil,  wieviel  Vor-? 
Menschliches  bereits  im  Tier  steckt.  Nach  der 
wahrheitsgetreuen  und  darum  so  ergreifen- 
den Erzählung  einer  Begebenheit,  bei  der 
Herr  und  Hund  für  einander  und  um  ihr  Leben 
im  eiskalten  Donauwasser  schwammen,  wagt 
der  Seelenforscher  den  lapidaren  Satz:  „Der 
Mensch,  dessen  schönstes  und  edelstes  Glau- 
bensbekenntis  die  Religion  der  Bruderliebe 
ist,  steht  gerade  in  der  Fähigkeit  zu  reinster 
Bruderliebe  einem  —  Raubtier  nach!" 

Wir  erfahren,  warum  der  Hund  im  Ver- 
stehen der  menschlichen  Sprache  sogar  den 
Menschenaffen  überlegen  ist,  erkennen  die 
Tragik,  die  daran  liegt,  daß  Hunde  nur  einen 
geringen  Teil  des  Durchschnittslebensalters 
ihres  Herrn  erreichen,  und  manchen  kaum 
geahnten  Zusammenhang  aus  dem  Leben  von 
Hund  und  Mensch.  Das  Buch  von  der  Hunde- 
seele wird  seinen  Weg  machen.  Wer  über 
seinen  Buchhändler  das  Buch  nicht  erhalten 
oder  bestellen  kann,  wende  sichandie 
Schriftleitung. 

Dr.  Waller  Wüst,  Stadtbergen 
* 

Eine  Besprechung  der  ausgezeichneten 
neuen  Führhund-Broschüre  von  Dr.  Heinz 
Brüll,  der  einst  die  Führhundschule  in 
Biesenthal  leitete  und  dabei  insgesamt  385 
Kriegsblinde  ausbildete,  folgt  in  der  näch- 
sten Ausgabe.  (Verlag:  Dr.  Schöps, 
Frankfurt.  Preis:  7,50  DM).  Die  Schriftleitung. 


(xJer  yl4enscli  und  seilt  f4uvtd 


Du,  Mensch,  das  eine  merke  dir: 
Dein  treuer  Hund  ist  doch  ein  Tier/ 

Geschalten  wurde  die  Natur, 

der  Mensch  als  Krone  dann  zuletzt. 

Drum  achte  jede  Kreatur, 

doch  sei  sie  dir  nicht  gleichgesetzt. 

Den  Hund  mit  tierischem  Empfinden 

sollst  du  in  seine  Bahnen  lenken, 

und  niemals  ihm  entgegenbringen    - 

dein  übertünchtes  Menschendenken. 

Auch  Sota,  Sessel,   Couch  und   Bellen 
sind  keine  Hundeliegestätten! 

Ins  Federbett  gehört  dein   Kind, 
von  altersher  so's  üblich  war. 
Für  Hundeplätze  jedoch  sind 
die  Malte  und  der  Boden  da. 
Viel  Ärger  kannst  du  dir  erspar'n 
bei  Tanten,  Freunden,  Vorgesetzten, 
machst  du  dem  Hund  rechtzeitig  klar, 
sich  aul  den  richt'gen  Platz  zu  setzen. 

Die  Mahlzeit  soll  d  i  r  munden  sehr, 
der  Hund  kriegt  sein  Teil  hinterher! 
Mit  Appetit  sollst  du  verzehren 
das  Mittagsmahl,  den  guten  Wein 
und  dich  nicht  um  den  Hund  viel  kehren, 
der  dann  auf  seinem  Platz  soll  sein. 
Wenn  Speichelflüsse  von  den  Lefzen 
in  trampelnd  wilder  Ungeduld 
dir  Teppich,  Schuhe,  Anzug  nefzen, 
erreg'  dich  nicht,  s'ist  deine  Schuld. 


Reelle  Happen  iür  den  Rachen, 
denn  Leckerein  ihn  pinslig  machen! 

.Raubtiergebiß  dem  Hundegeist" , 
so  sprach  der  Herr  an  jenem  Tag. 
Handfeste  Happen,  etwas  Fleisch, 
daß  er  zu  beißen,  reißen  hat. 
Denn  Keks  und  Zucker,  Konfitüren 
sind  menschliche  Errungenschaft. 
Durch  diese  Naschereiallüren 
schon  Frauchen  Taillensorgen  hat. 

Gleichbleibend  sei  Beiehl  und  Ton! 

Ein  „Brav  der  Hund",  das  sei  sein  Lohn! 

Des  Wortes  Sinn  ward  ihm  gegeben 
bereits  in  der  Dressuranstalt. 
Nun  komm  du  nicht  mit  andern  Lehren! 
Du  irritierst  ihn,  schad'st  dir  halt. 
Um  deinen  Mund  erschein  ein  Lachen, 
wenn  andre  deine  Leistung  preisen. 
So  kannst  du  ihn  auch  freudig  machen, 
ihm  kloplend  deine  Gunst  beweisen. 

Noch  eine  Bitte,  die  ich  hätte: 

Der  Hund  gehört  nicht  an  die  Kette! 

In  Freiheit  lauten  nach  Belieben 
nach  liegenden  Achtstundentagen, 
und  tummelnd  durch  die  Gegend  stieben, 
sich  wälzen,  suhlen  nach  Behagen! 
Am  windgeschützten,  schatt'gen  Platz 
'nen  testen  Zwinger  hier  anbring'  — 
aul  trock'nem  Lager  nach  der  Hatz 
ruht  gut,  gezähmt,  das  Wildniskindl 

Kurt  Schulz  (Hamburg) 


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17 


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18 


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„Modell  mit  moralischen  Defekten" 

Christian    Bocks   Märchen 
i  vom  künstlichen  Menschen  (RIAS  und  NWDR) 

]  Christian  Bock  hat  bisweilen  geradezu 
.igeniale  Einfälle.  Das  Zeitalter  darzustellen, 
!ih  dem  Roboter  den  Menschen  als  hilfreiches 
Küchenpersonal  an  die  Seite  treten,  die 
Stimme  des  Roboters  gegen  die  des  Menschen 
zu  kontrastieren,  an  ihr  vor  den  Ohren  der 
Zuhörer  zu  basteln  und  zu  experimentieren: 
das  ist  allein  schon  eine  amüsante  Idee. 
Wenn  dann  noch  Apercus  nicht  fehlen,  wie 
das  von  der  Unvollkommenheit  des  Men- 
schen, gemessen  am  vollkommenen  Roboter, 
oder  vom  Tanzlokal,  das  nur  mittwochs  für 
Roboter  geöffnet  ist,  wenn  Einfälle  —  z.  T. 
leider  nur  am  Rande  —  auftauchen,  wie  der 
von  der  Auflehnung  der  Roboter,  die  die' 
Herrschaft  der  Menschen  brechen  wollen, 
oder  vom  rührenden  Selbstmord  des  treuen 
und  biederen,  wahrhaft  zum  alten  Eisen  ge- 
stellten Maschinenmenschen  antiquierter 
Konstruktion  mit  Hilfe  eines  Schrauben- 
schlüssels —  dann  kann  man  schon  entzückt 
sein.  Leider  ist  nur  die  Durchführung  auf 
weite  Strecken  hin  dem  Thema  nicht  eben- 
bürtig. Daß  nun  just  die  als  Episode  eben 
noch  erträgliche  Geschichte  von  der  erotischen 
Antenne  breitgetreten  wird  statt  vieler  ande- 
rer interessanter  Ansätze,  daß  dann  kleine' 
oder  größere  Pikanterien  auf  eine  Weise 
'gepflegt  werden,  die  die  meisten  Hörer  ver- 
stimmen, weil  sie  sich  unterschätzt  fühlen, 
alles  das  ist  höchst  bedauerlich:  nicht  aus 
moralinigen  Gründen,  sondern  um  des  sehr 
Viel  ergiebigeren  Stoffes  willen.  Der  Roboter, 
'der  aus  Vandervelde  studiert,  wohin  man 
Köchinnen  „am  besten  kneift",  und  von  dem 
'seine  Fabrikanten  dann  überlegen,  ob  er 
nicht  als  „Kneifer  mit  Aufpreis  als  Spezial- 
anfertigung" abzusetzen  ist,  und  der  Inge- 
nieur aus  der  Roboter-Fabrik,  der  Anna 
fragt,  ob  er  es  nicht  sehr  viel  besser  „kann" 
als  der  Roboter  —  das  geht  doch  in  seiner 
(Anspruchslosigkeit  einigermaßen  über  die 
'Hutschnur.  Wir  sagen  ehrlich:  Schade!  — 
'Zur  Information:  der  NWDR,  der  das  Hör- 
spiel bereits  über  UKW-Nord  in  eigener  In- 
szenierung brachte,  wiederholt  es  am  17.  Nov. 
auf  Mittelwelle. 

Ein  reiner,  starker  Klang 

Waller  Bauers  Märchenspiel 
„Blau  und  Rot  im   Regenbogen"   (Stuttgart) 

Man  kann,   um  mit  dem  Schweizer  Jakob 
Schaffner  zu  reden,  die  „Höllenspargel"  der 
mitteldeutschen  Industrielandschaft   zur  Ku- 
lisse der  heimatlichen  Landschaft  haben  und 
trotzdem  ein  Dichter  reinen  Geblüts  sein.  Das 
i Märchenspiel,   das  der  Merseburger   Walter 
|  Bauer   den   Hörern   des   Stuttgarter   Senders 
i  diesmal  mit  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen" 
ischenkt,  ist  so  zart  und  verspielt  und  dabei 
doch  so  nah  und  lebendig  in  einem  höheren 
■  Sinne,  daß  ihm  in  einer  Zeit,  die  östlichem 
joder  westlichem  Materialismus  zu  huldigen 
jpflegt,   Seltenheitswert  und  erhöhte   Bedeu- 
itung  zukommt.  Eine  in  der  pretiösen  Welt 
des  alten  China  angesiedelte  Liebesgeschichte 
mit  wehmütig-verklärtem  Ausgang,  bei  dem 


Louis  Filsinger 

Frankfurt  a.  M. 

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Kisten-  und  Holzwollefabrik 


auch  das  Wunder  nicht  fehlt  —  nichts  weiter, 
und  doch  die  poetische  Verdichtung  all  des- 
sen, was  das  Leben  schön  und  lebenswert  zu 
machen  vermag.  Es  „passiert"  im  Grunde  nur 
wenig,  es  wird  viel  geseufzt,  geflüstert  und 
geweint,  und  der  sanfte,  abgeklärte  Erzähler 
(meisterhaft  und  mit  großer  Reife:  Theodor 
Loos!)  hat  viel  damit  zu  tun,  das  Vehikel  des 
Geschehens  je  und  je  ein  paar  Zentimeter 
weiterzuschieben,  bis  es  schließlich  so  weit 
ist,  daß  zugleich  zwei  Menschen  „an  gebro- 
chenem Herzen  sterben"  und  sich  dann  — 
endlich  —  als  Farben  im  Regenbogen  wieder 
vereinigen  können.  Und  doch  bleibt  etwas 
zurück,  was  sich  nur  mit  den  Begriffen  „Trost" 
und  „Beruhigung"  umschreiben  läßt  —  nicht 
anders  wie  bei  der  Funkfassung  von  Saint 
Exuperys  „Kleinem  Prinzen",  die  es  kürzlich 
in  Frankfurt  zu  hören  gab  und  an  die  man 
ebenso  gern  wie  an  das  Buch  zurückdenkt. 
Auch  eine  Moral  gibt  es.  Sie  lautet  ganz 
schlicht:  „Seid  gut  zueinander,  solange;  ihr 
es  noch  könnt".  Cläre  Schimmels  Regie  tat 
das  Beste,  was  sie  tun  konnte:  sich  —  im 
Verein  mit  O.  E.  Schlillings  behutsam  unter- 
streichender Musik  —  so  weit  zurückzuhalten, 
als  sie  nur  konnte,  auch  auf  alle  äußeren 
„funkischen"  Effekte  zu  verzichten  und  dem 
Dichter  das  Feld  zu  überlassen.  So  ergab  sich 
ein  reiner,  starker  Klang. 

Sendungen  aus  dem  Blindenwesen 

Der  Nordwestdeutsche  Rundfunk  kündigt 
für  den  21.  November  (Büß-  und  Bettag)  um 
18.30  Uhr  eine  Hörfolge  aus  der  Welt  der 
Blinden  an:  „Leben  ohne  Licht"  von 
Max  Schweigmann.  Wir  hoffen,  daß  diese 
Hörfolge  einen  ähnlichen  hohen  Rang  hat 
wie  die  Stuttgarter  Hörfolge  „Mit  anderen 
Augen"  von  Dr.  Adler  und  H.-G.  Patzsche 
vom  17.  September. 


In  den  NWDR  berufen 

Unser  Mitarbeiter,  Herr  Dr.  He  in  % 
Schwitzke,  der  seit  der  Gründung 
unserer  Zeitschrift  im  Jahre  1949  vielfach  mit 
Aufsätzen,  Gedichten  und  Erzählungen,  vor 
allem  aber  mit  Rundfunkkritiken  der  Redakt 
tion  zur  Seite  stand,  übernahm  beim  Nord» 
westdeutschen  Rundfunk  in  Hamburg  die 
Hauptabteilung  Produktion  und  Hörspiel, 
Dr.  Heinz  Schwitzke  gehörte  auch  dem  Preis- 
richterkollegium des  ,, Hörspielpreises  der 
Kriegsblinden"  an.  Wenn  auch  Dr.  Schwitzke 
aus  diesem  Kollegium  nun  ausscheiden  muß, 
da  der  Preis  in  Unabhängigkeit  von  jedem 
Sender  vergeben  werden  soll,  so  wissen  wir 
doch,  daß  uns  auch  weiterhin  Rat  und  Mit- 
arbeit dieses  angesehenen  Fachmannes  zur 
Verfügung  stehen.  Wir  wünschen  Herrn 
Dr.  Schwitzke  für  seine  neue,  überaus 
schwierige  Arbeit  vollen  Erfolg,  einen  Er- 
folg, der  ja  gerade  uns  kriegsblinden  Rund- 
funkhörern zugute  kommen  wird. 

Blindenpsychologie 

und  Rundfunkprogramm 

Prof.  Friedrich  Trautwein,  einer  der 
bedeutendsten  technischen  Pioniere  des  Rund- 
funks und  Erfinder  nicht  nur  der  Elektro- 
musik  (Trautonium),  sondern  auch  blinden- 
technischer  Hilfsmittel,  äußerte  auf  einer 
Tonmeistertagung  in  der  Musikakademie  Det- 
mold, daß  die  Blinden-Psychologie  bei  der 
Gestaltung  des  Rundfunkprogram ms 
gründlicher  verwertet  werden  sollte  und  daß 
man  der  Mitwirkung  und  dem  Urteil  blinder 
Künstler  im  Rundfunk  einen  weit  größeren 
Raum  als  bisher  einräumen  sollte. 


15. 

11. 

20.25 

16. 

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20.05 

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21.00 
21.10 

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20.05 
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20.30 

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20.00 
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11. 

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17.00 

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11. 

jDrograttiMüorscliau  für  J*4örspiele 

Saarbrücken:  „Geister,  Gänger  und  Gesichter"  (vom  Bayer.  Rundfunk) 
NWDR:  „Merlette",  von  Pierre  Francois. 
München:  „In  die  Nacht  hinein",  von  Oda  Schäfer. 
NWDR:  „Der  alte  Roboter",  von  Christian  Bock. 
Stuttgart:  „Verweile,  Wanderer",  von  Günter  Eich. 
Frankfurt/UKW:  „Dumala",  nach  Eduard  v.  Keyserling. 
NWDR/UKW-West:   „Indizien",  von  Gustav  A.  Mulach. 
Südwestfunk:  „Unterm  Birnbaum",  nach  Fontane,  von  Günter  Eich. 
Frankfurt:  „Das  Salzburger  Große  Welttheater",  von  Hugo  v.  Hofmannsthal. 
NWDR/UKW-West:   „Das  Fenster",  nach  Lulu  von  Strauß  und  Torney. 
NWDR/UKW-Nord:  „Die  Schicksalsstunde",  von  Waldemar  Maaß. 
Bremen:  „Der  Familientag",  von  T.  S.  Eliot 
RIAS:  „Die  Buchholzens",  nach  Julius  Stinde. 
Stuttgart:  „Totentanz",  von  Marie-Luise  Kaschnitz. 
Frankfurt:  „Denn  siesollen  getröstet  werden",  nach  Alan  Paton. 
Frankfurt/UKW:  „Die  Jungfern  vom  Bischofsberg",  von  Gerhart  Hauptmann. 
Südwestfunk  und  Bremen:  „Das  Stück  für  nur  500  Mark",  von  Christa  Maria 
Piontek  und  Paul  Hühnerfeld. 

28.  11.  Stuttgart:  „Du  darfst  nicht  — !",  von  Tyrone  Guthrie. 

NWDR:  „Paul  Temple  und  der  Fall  Curzon"  (1.  Folge) 
RIAS:  „Ingeborg",  Komödie  von  Curt  Goetz. 

29.  11.  NWDR:  „Bambi  —  die  Geschichte  eines  Rehes",  nach  Felix  Saiten. 

4.  12.    20.45      Südwestfunk:  „Abenteuer  in  der  Unendlichkeit"  (1.  Folge),  v.  Edzar  Schaper. 

Frankfurt/UKW:  „Das  Salzburger  Große  Welttheater",  von  Hugo  von  Hof- 
mannsthal. 
6.  12.  Südwestfunk:   „Abenteuer  in  der  Unendlichkeit"  (2.  Folge). 

NWDR:  „Gericht  bei  Nacht". 

10.  12..  Frankfurt:  „Rabatz-Kolonne",  von  R.  A.  Stemmle. 

11.  12.    20.30      Südwestfunk:  „Der  veruntreute  Himmel",  nach  Franz  Werfel. 

NWDR:  „Verhandlungen  gegen  Grabbe",  von  Semmelroth. 
11.  u.  12.  12.      Frankfurt/UKW:  „Denn  sie  sollen  getröstet  werden",  nach  Alan  Paton  (Teil 
1  und  2).  .... 

NWDR:  „Paul  Temple  und  der  Fall  Curzon"  (2.  Folge). 
NWDR:  „Seltsames  Verhör",  von  Christian  Bock. 
Frankfurt:  „Mann  Nummer  Soundsoviel",  von  Julius  Maria  Becker. 
Frankfurt/UKW:  „Rabatz-Kolonne",  Ton  R.  A.  Stemmle. 

Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel- Preis  der  Kriegsblinden"! 


12.  12. 

14.  12. 

17.  12; 

18.  12. 


19 


Wir  basteln  zum  Weihnachtsfest 


"Wenn  die  Herbststürme  über  die  Stoppeln 
jagen,  dann  kommen  für  uns  die  Stunden, 
in  denen  wir  oft  sehnsuchtsvoll  an  die  Zei- 
ten zurückdenken,  die  uns  —  noch  im  Be- 
sitze des  Augenlichtes  —  manche  schöne 
Bastelstunden  bescherten.  Die  Vorweih- 
nachtszeit trug  uns  damals  allerlei  Ar- 
beit auf,  und  wir  bastelten  für  unsere  Kin- 
der —  oder  selbst  noch  als  Knaben  —  denn 
ein  Geschenk  aus  eigener  Hand  bereitet  die 
meiste  Freude. 

Gleich  im  ersten  Winter  nach  meiner  Er- 
blindung empfand  ich  sehr  schmerzlich  den 
Verlust  der  Bastelfreuden,  und  die  langen 
Abende  wurden  mir  zur  Qual,  bis  ich  eines 
Tages   auf   eine   Idee   verfiel,   wie   ich   diese 


Auch    ein    Kriegsblinder    kann    für    seine    Kinder 

zu   Weihnachten   etwas   basteln. 

Ist   dieses   Häuschen  nicht   hübsch   geraten? 

Liebhaberei  wieder  in  Angriff  nehmen 
könnte.  Seitdem  verbringe  ich  die  langen  • 
Abende  mit  meiner  Bastelei,  die  mir  von 
Jahr  zu  Jahr  mehr  Freude  bereitet.  Und  ge- 
rade deshalb  möchte  ich  euch  verraten,  wie 
man  auf  einfache  und  billige  Weise  die 
herrlichsten  Dinge  basteln  kann.  Wer  auch 
nur  einigermaßen  etwas  Geschick  hat,  kann 
es  hierbei  zu  richtig  künstlerischen  Gebilden 
bringen.  Außerdem  hat  dieses  Basteln  noch 
den  Vorteil,  daß  es  für  uns  eine  vortreff- 
liche Geschicklichkeitsübung  ist  und  eine 
gute  Gelegenheit,  unseren  Einfallsreichtum 
zu  beweisen  und  unseren  Tastsinn  zu  üben. 

Mancher  von  uns  kann  sich  bestimmt  noch 
des  Segelflugmodellbaus  erinnern  und  somit 
auch  der  Kiefernleisten,  die  man 
dazu  verwendet.  In  ihnen  liegt  das  ganze 
Geheimnis  meiner  Bauweise.  Da  für  uns  das 
winkelrechte  Sägen  von  Brettchen  etwas 
schwierig  ist,  erlauben  uns  die  Leisten,  alle 
gewünschten  Formen  herzustellen.  Wir  kau- 
fen uns  also  Kiefernleisten  in  einschlägigen 
Geschäften  oder  lassen  sie  uns  vom  Tischler 
schneiden.  Die  Stärken  der  Leisten  kann  man 
je  nach  Bedarf  bestellen.  Ich  verwende  mei- 
stens folgende  Maße: 

2  mal  5  mm,  2  mal  10  mm,  5  mal  5  mm, 
5  mal  10  mm,  10  mal  10  mm  und  10  mal 
15  mm.  Diese  Maße  genau  zu  wissen  ist  in- 
sofern wichtig,  weil  man  damit  gleich  gut 
rechnen  und  nach  Maß  bauen  kann. 

Um  nun  die  Bauweise  deutlich  zu  machen, 
will  ich  den  Bau  eines  Hauses  erklären: 

Ich  schneide  mir  aus  Pappe  ein  Rechteck, 
das  genau  der  Grundfläche  meines  zu  bauen- 
den Hauses  entspricht.  Darauf  klebe  ich 
einen  Rahmen  aus  gleichstarken  Leisten, 
als  ob  ich  ein  Blockhaus  baue.  Zu  achten  ist 
dabei  auf  die  Ecken.  Die  Schichten  müssen 
so  aufeinander  liegen,  daß  die  Eckfugen  wie 
bei  einem  Mauerwerk  immer  wieder  über- 
deckt werden. 

So  ziehe  ich  die  Wände  bis  zur  oberen 
Fensterhöhe  empor  und  säge  jetzt  die 
Fenster  und  die  Tür  ein.  Dann  lege  ich  noch 
ein  oder  zwei  Schichten  darauf  und  habe 
somit  das  unüberdachte  Haus.  Zur  Verschö- 


nerung lasse  ich  meist  das  Fundament  etwas 
vorstehen,  was  ich  durch  breitere  Leisten 
erreiche.  Sodann  setze  ich  mit  dünnen  Lei- 
sten kleine  Fensterrahmen  in  die  ausgesäg- 
ten Öffnungen  und  auch  die  Tür  wird  mit 
einem  Rahmen  versehen,  an  den  von  innen 
die  Tür  anschlägt. 

Auch  das  Dach  ist  einfach  herzustellen. 
Ich  verwende  dazu  1  bis  2  mm  starkes  Sperr- 
holz, weil  man  es  mit  der  Schere  schneiden 
kann.  Auf  eine  dicke  Leiste  klebe  ich  die 
Dachflächen,  und  zwar  so,  daß  eine  Kante 
der  Leiste  innen  als  Dachfirst  verläuft.  An 
den  schmalen  Seiten  der  Dachflächen  klebe 
ich  je  eine  Leiste  von  innen  herunter  und 
setze  von  innen  den  Giebel,  der  auch  aus 
Sperrholz  gemacht  ist,  ein  und  folglich  ein 
rechtwinkliges  Dreieck  sein  muß,  dessen 
rechter  Winkel  nach  oben  zeigt.  Die  beiden 
Giebeldreiecke  verhelfen  mir  dann  auch  dazu, 
das  Dach  auf  das  Haus  aufzukleben.  Es  emp- 
fiehlt sich  aber,  das  Putzen  und  Glattreiben 
des  Hauses  voher  vorzunehmen.  Einen  klei- 
nen   Kamin    auf    das    Dach    wird    sich    jeder 


selbst  ausdenken  können.  Verklebt  man  die 
Fenster  mit  rotem  Papier  und  baut  elek- 
trische Beleuchtung  ein,  so  erhöht  es  den 
Reiz  für  die  Kinder. 

Mit  dieser  „Blockhaus-Bauweise"  kann 
man  nun  viele  andere  Spielsachen  bauen, 
wie  z.  B.  einen  ganzen  Bauernhof  mit  Stall, 
Scheune  und  Taubenschlag,  ganze  Dörfer  mit 
Schulen,  Kirchen  und  Bahnhöfen,  Zäune, 
Leitern,  hübsche  Pferdewagen,  Windmühlen 
und  sogar  gediegene  Schatullen  und  ähn- 
liches. All  das  habe  ich  bereits  selbst  schon 
gebaut  und  viel  Freude  daran  gefunden. 

Was  das  Werkzeug  angeht,  so  braucht 
man  nur:  Laubsäge,  Laubsägebrettchen,  einen 
kleinen  Schraubstock,  kleine  Zwingen,  Raspel, 
kleine  Feilen  und  Sandpapier.  Man  kauft 
diese  Dinge  am  besten  auf  den  bekannten 
Laubsägetafeln,  die  etwa  4  bis  6  DM  kosten. 
Die  Leisten  und  das  Sperrholz  kosten  nur 
Pfennige.  Zum  Kleben  eignet  sich  Uhu  oder 
Rudol,  denn  es  wird  bei  dieser  Bauweise 
nur  geklebt  und  nichts  genagelt. 

So  wünsche  ich  nun  allen,  die  an  dieser 
Bastelei  Freude  finden  wollen,  viel  Erfolg 
und   Hals-   und   Beinbruch   für   den   Anfang. 

Franz   Feisther 


LDöterllcltes  JDaleni  zum  LDorlesett 


Unserem  Kameraden  Kurt  K  r  a  u  ß  in 
Stuttgart  machte  es  Kummer,  daß  er  seinem 
Töchterchen  nichts  aus  dem  Bilderbuch  vor« 
lesen  konnte.  Das  Vorlesen  von  Märchen 
oder  Versen  in  Punktschrift  befriedigt  ein 
Kind  ja  nicht,  weil  es,  auf  dem  Schoß  des 
Vaters  sitzend,  auch  für  das  Auge  etwas 
haben  muß,  vor  allem  ein  Bild.  Außerdem 
will  das  Kind  sein  Bilderbuch  mal  vom 
Vater  und  mal  von  der  Mutter  vorgelesen 
bekommen.  Was  tun?  Kurt  Krauß  kam  auf 
eine  glänzende,  dabei  aber  recht  einfache 
Idee:  er  stellte  ein  Bilderbuch  zusammen, 
das  jeweils  auf  den  linken  Seiten  in  Punkt- 
schrift geschrieben  ist,  während  die  rechte 
Seite  den  Text  in  Schwarzdruck  enthält  und 
dazu  ein  Bild.  Nun  ist  Kurt  Krauß  ein  be- 
gabter Mann,  der  ein  ganzes  Tierbilderbuch 
mit  lauter  drolligen,  kindlichen  Versen  sel- 
ber dichtete  und  der  durch  eine  begabte 
Freundin  der  Familie  dazu  die  Bilder  zeich- 
nen ließ.  Ein  Buchbinder  machte  daraus  einen 
praktischen  Band,  und  das  Kind  war  selig, 
weil  der  Vater,  der  die  Schwarzschriftseiten 
natürlich  auch  selbst  getippt  hatte,  nun  genau 


so  vorlesen  konnte  wie  die  Mutter  oder  die 
Tante. 

Sollte  das  nicht  manchen  Vater  unter  uns 
zu  einer  hübschen  Weihnachts- 
arbeit anregen?  Vielleicht  läßt  sich  auch 
ein  gekauftes  Bilderbuch  in  dieser  Weise 
umarbeiten!  Man  müßte  die  Blätter  ausein- 
andertrennen und  jeweils  ein  gedrucktes 
Bilderbuchblatt  auf  ein  mit  der  Bogen- 
maschine  geschriebenes  Punktschriftblatt  fol- 
gen lassen  (die  Mutti  diktiert  dir  sicher  gern 
den  Text!)  und  müßte  dann  das  Ganze  von 
einem  Buchbinder  binden  lassen.  So  kann 
der  Vater  also  auch  den  Struwelpeter  sei- 
nem Kinde  vorlesen! 

Wir  haben  diese  Anregung  von  Kurt  Krauß 
an  einen  Verlag  für  Blindendruckschfiften 
weitergegeben,  da  sich  vielleicht  eine  Serien- 
herstellüng  der  schönsten  Kinderbücher  in 
dieser  Art  verwirklichen  läßt.  Aber  bis  zu 
einem  möglichen  Erfolg  wird  es  natürlich 
noch  eine  Zeitlang  dauern,  und  für  dieses 
Weihnachtsfest  müßte  sich  der  Vater  schon 
einmal  selbst  bemühen.  Die  Freude  seines 
Kindes  wird  ihn  reich  belohnen. 


Ein    väterliches    Patent  —  jetzt  kann  der  Kriegsblinde  aus  dem  Bilderbuch  etwas  vorlesen. 


20 


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ZEITSCHRIFT    FÜR   VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 


NR.  4   .  3.  JAHRGANG 


DEZEMBER   1951 


VERLAGSORT   BIELEFELD 


4 


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Ein  Kind  ist  uns  geboren  heut'. 
O  nehmt's  an,  lieben  Leut'! 
Ein   Sohn  ist  uns  geschenkt, 
der  ist  unser   ein'ger   Trost, 
der  allen   Kummer  wendt. 


Gentile  da  Fabriano 


Der  Engel  Speis'  und  Himmelsbrot, 

Uns  Armen  treulich  not, 

Vom  Himmel  ist  gesandt 

Und  wird  als  der  Menschen  Speis' 

in  aller  Welt  erkannt. 


Es  tut  sich  aut  des  Himmels  Tür 

Und  geht  ein  Licht  heriür, 

Ein  Glanz  der  Herrlichkeit: 

Christ,   die  Sonn'    der    rechtschali'nen 

und  wahren  Gerechtigkeit. 


„O  Christe,  Gottes  Sohn  erklärt 

Und  alles  Lobes  wert, 

Zerreiß  des  Teutels   Netz 

Und  regier  uns  innerlich 

mit  Heim  neuen  Gesetz."  (1531) 


AUS    DEM 


Die   Weihnachtsfamilie   aller  Kriegsblinden.     Von   P.    PI.     . 

Beispielhafte    Werbeveranstaltung   in   Berlin. 

Von  Paul  Pöhlsen 

„Sieg  über  das  Dunkel"   —  Erstes  Presse-Echo 

Unser  Blindensekretär  —  Das  Klein-Magnetophon  im  Koffer 
Von   Ing.   Alfons   Schramm 

Die  Erleichterungen  für  blinde  Funkamateure     .       .       .       . 

Gegen  den  Blindenwaren-Schwindel  --  Ein  richtungweisen- 
der Erlaß   in  Württemberg-Baden 
Von  Reg. -Oberinspektor  Mahler 

Das  Führhundbuch  von  Dr.  Heinz  Brüll.  Von  Konrad  Most 

Warum  sind  Kriegsblindenehen  glücklicher?    Von  P.  PI. 

Aus  den  Landesverbänden 

Vier  Bezirke  in   Schleswig-Holstein 

Erfolgreiche   Siedlungsfürsorge   in   Oberfranken 

Von  J.  Lukas 

Kriegsblinde  erleben  Weihnachten 

Not  und  Glück  einer  Sonnenwende.    Von  Harry  Barthel 
Kameradentreue  im  Lager.    Von  Adalbert  Wattenbach     . 


Seite 
1 


10 

11 


INHALT 

Seite 

Dar  befreite  Blick.    Von  Hans  Haule 13 

Nütze  die  einsame  Stunde!    Von  Karl  Kirchner     ...  13 

Persönliches 12 

Josef  in  Verlegenheit 

Eine  Weihnachtslegende   von  F.   W.   Hymmen        ...  14 

Der  erste  Gast  an  der  Krippe.    Von  Reinhard  Rebensburg  15 

Für    unsere    Schachfreunde IV 

Lesermeinung 1? 

Nochmals:   Das  Spezialbesteck 

Warum  nur  Kreuzworträtsel? 

Zu  den  Berichten  aus   Borkum 

Beim    Buchhändler 19 

Blindenhlme   —  die   große   Mode! 19 

Unzerbrechliche    Kunstharzaugen? 19 

Kleine    Neuigkeiten 23 — 24 

Der  Kritiker   am   Lautsprecher 27 

Programmvorschau    für    Hörspiele 27 

Was  ein  Weihnachtsbaum  unseren  Kindern  erzählt 

Von  Lotte  Schütz 23 


Die    Zeichnung    aut   dem    Titelblatt    ist  von  Eva    Kausche-Kongsbak   (W  orpswede) 
Das   Bild   lür   die   Umschlag  rückseile   sowie   Bildvorlagen   im   Text  stammen  aus  dem  Archiv  lür  Kunst  und  Geschichte  (Berlin).  Weitere 
Bildunlerlagen  erhielten  wir  vom  Pergamon- Archiv  (München),  vom  Kunstarchiv  Arntz  (Stuttgart)  und  vom  Archiv  Dr.   Fuchs   (Braun- 
schweig).   Das  Bild  aul  Seite    15  verdanken  wir  dem  Landesdenkmalamt   Westfalen. 


.Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein. 
Müilenbach-Eifel.)  Verantwortlicher  Schriftleiter:  Friedr.  Wilh.  Hymmen,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138.  „Der  Kriegsblinde"  erscheint  monatlich.  Anzeigenverwaltung: 
Dund   der   Kriegsblinden    Deutschlands   e.    V.,    Selbstverlag,    Wiesbaden,   Rheinstraße   73.   Die   Zeitschrift  ist  der  IVW   angeschlossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN   DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN   DEUTSCHLANDS    E.  V. 

Nr.  4  .  3.  Jahrgang  .  Dezember  1951   .  Verlagsort  Bielefeld 


Die  Weihnachtsfamilie  aller  Kriegsblinden 


Das  herannahende  Weihnachtsfest  ruft  in 
den  Herzen  aller  deutschen  Kriegsblinden 
Empfindungen  wach,  die  wir  nur  dann  richtig 
verstehen  können,  wenn  wir  das  besondere 
Verhältnis  der  Kriegsblinden  aus  ihrem 
dunklen  Schicksal  zu  diesem  Fest  uns  vor 
Augen  führen.  Weihnachten  ist  das  Fest 
des  Lichts,  der  Liebe,  der  tiefinneren  Freude, 
des  Friedens,  der  Erlösung  aus  dunkler  Nacht. 
All  das  sind  Begriffe,  die  in  uns  Kriegs- 
blinden süßschmerzliche  Erinnerungen  und 
Sehnsüchte  erwecken.  Für  die  sehenden 
Mitmenschen  mag  es  verwunderlich  er- 
scheinen, daß  gerade  die  Weihnachtszeit  mit 
dem  strahlenden  Lichterbaum  so  besonders 
anzieht  und  uns  geradezu  drängt,  uns  unter 
diesem  strahlenden  Lichterbaum  mit  unseren 
Schicksalskameraden  zu  treffen  und  gemein- 
sam mit  ihnen  zu  feiern. 

Verständlicher  ist  es  schon,  daß  gerade 
uns  das  Weihnachtsfest  als  ein  Fest  der 
Liebe  zueinander  bringt,  denn  wir  möchten 
gerade  in  unserem  Dunkel  der  Blindheit  die 
Herzenswärme  der  Liebe  verspüren,  die  in 
der  Weihnachtszeit  von  Mensch  zu  Mensch 
und  vom  Schöpfer  zum  Geschöpf  in  einer 
Fülle  überströmt,  wie  es  bei  keinem  ande- 
ren Feste  der  Fall  ist.  Aber  unverständlich 
mag  es  den  Sehenden  erscheinen,  daß  auch 
wir  Kriegsblinde,  obgleich  wir  gerade  unter 
dem  Weihnachtsbaum  mehr  denn  je  des 
schweren  Verlustes  uns  bewußt  werden,  der 
uns  mit  all  seinen  Entbehrungen  und  Ver- 

,  ziehten  betroffen  hat,  die  Fröhlichkeit 
des  Weihnachtsfestes  und  die  echte  Weih- 
nachtsfreude nicht  nur  erhoffen  und  suchen, 
sondern    auch    tatsächlich    finden. 

Begreiflicher  muß  es  den  Sehenden  schon 
erscheinen,  wenn  wir  am  Weihnachtsfeste 
den  beglückenden  Frieden  sehnsüchtig  wün- 
schen und  uns  und  unseren  Anghörigen  und 
Kameraden  bei  der  Weihnachtsfeier  geben 
wollen,  vor  allem  den  inneren  Frie- 
den zur  Überwindung  der  verzweiflungs- 
vollen und  verbitterten  Stunden,  aber  auch 
für  uns  und  unser  Volk  den  äußeren  Frie- 
den, als  dessen  Mahner  wir  infolge  unserer 
schweren  Kriegsverletzung  uns  für  unser 
Volk  und  die  Welt  berufen  fühlen.  Auch 
die  Weltensehnsucht  nach  Erlösung  aus 
dunkler  Zeit,  wie  sie  nach  christlicher  Auf- 
fassung Voraussetzung  für  Gottes  Mensch- 
werdung in  der  Gestalt  des  Kindes  ewig 
sein     wird,     wird     immer     eng     verbunden 

.  bleiben  mit  unserer  Sehnsucht  nach  Erlösung 
aus  dem  Dunkel  der  Blindheit.  Der  Sieg  über 
das  Dunkel,  wie  er  in  der  Weihnachtsge- 
schichte zum  lebendigen  Ausdruck  geworden 
ist,  wird  immer  auch  für  uns  Kriegsblinde 
das  Ziel  unseres  stündlich  durchzufechtenden 
Kampfes     zur     Überwindung  -  der     Kriegs- 

.  erblindung  sein. 

Wir  wissen,  daß  dieser  Sieg  über  das 
Dunkel  der  Blindheit  nur  errungen  werden 
kann  aus  einem  tiefgläubigen  Vertrauen 
darauf,  daß  auch  unser  Leben  noch  nach  dem 
Willen  des  Schöpfers  einen  tiefen  Sinn  hat 


Und  haben  muß.  Hinzu  kommt  das  Be- 
wußtsein, daß  Tausende  in  unverbrüchlicher 
Schicksalsgemeinschaft  mit  kameradschaft- 
licher Treue  und  Hilfsbereitschaft  Hand  in 
Hand  diesen  Weg  mit  uns  gehen,  uns  stützen, 
wir   ihnen    und    sie    uns    ein    Beispiel    dafür 


Engel  (Lorenzo  Bernini,  1598—1680) 

sind,  daß  gemeinschaftlich  gemeistertes  Los 
leichter  zu  ertragen  ist.  Erst  aus  dem  schwe- 
ren Schicksal  der  Kriegserblindung  heraus 
haben  die  Worte  „Kameradschaft"  und 
„Schicksalsgemeinschaft"  für  uns  den  leben- 
digen Inhalt  bekommen,  der  uns  befähigt, 
wie  keine  andere  Gruppe  der  Bevölkerung 
in  restloser  organisatorischer  Geschlossen- 
heit so  uns  zusammenzufinden,  daß  wir  eine 
große  Familie  der  deutschen  Kriegsblinden 
bilden.  Aus  dieser  großen  und  so  eng  zu- 
sammengeschweißten Kriegsblinden- 
f  a  m  i  1  i  e  können  und  wollen  selbst  nicht 
einmal  die  sich  herauslösen,  die  durch  ihr 
eigenes  unwürdiges  Verhalten,  z.  B.  Bettelei, 
uns  zwingen,  sie  aufs  Ernstlichste  zu 
verwarnen  oder  bei  unverbesserlichem 
Verhalten  aus  der  Familie  auszustoßen.  Sie 
streben,  und  zwar  besonders  in  der  Weih- 
nachtszeit, wie  die  verlorenen  Söhne  zu 
dieser  Familie  zurück,  und  sie  sollen  uns 
auch  gerade  an  diesem  Fest  der  Familie 
immer  wieder  willkommen  sein,  wenn  sie 
sich  der  Kriegsblindenfamilie  würdig  er- 
weisen wollen;  denn  wir  wissen  es,  daß  ohne 
diese   kameradschaftliche   Zugehörigkeit   sie 


in  der  kalten  und  harten  Welt  der  Sehenden 
allein  verkommen  müssen. 

Hier  liegen  die  tieferen  Wurzeln  der  von 
den  anderen  Verbänden  gar  nicht  verstande- 
nen Treue  aller  deutschen  Kriegsblinden 
zu  ihrer  Schicksalsgemeinschaft.  Diese  Ver- 
bundenheit jedes  einzelnen  zu  jedem  der 
Tausenden  anderen  deutschen  Kriegsblinden 
läßt  die  unmittelbare  Verbindung  zu  der 
Gesamtheit  der  deutschen  Kriegsblinden 
immer  lebendig  bleiben,  obgleich  sie  ihren 
schönsten  Ausdruck  in  den  örtlich  gebunde- 
nen Weihnachtsfeiern  findet  und  in  der 
persönlichen  Verbundenheit  mit  den  Kame- 
raden, die  als  Leiter  der  einzelnen  Gliederun- 
gen unseres  Bundes  oft  schon  durch  jahr- 
zehntelange ehrenamtliche  Arbeit  das  unein- 
geschränkte Vertrauen  erworben  haben. 

Dies  Vertrauen  zu  der  örtlichen  Gliede- 
rung ist  immer  nur  Ausdruck  des  Vertrauens 
zur  gesamten  Kriegsblindenschicksals- 
gemeinschaft,  vor  der  die  Persönlichkeit  — 
und  mag  sie  auch  an  noch  so  hervorragender 
Stelle  stehen  und  noch  so  verdienstvolle 
Leistungen  für  die  Kriegsblinden  erwirkt 
haben  — ,   zurücktreten  muß. 

Nicht  die  Geschenke  machen  das  Weih- 
nachtsfest aus,  sondern  die  Gesinnung,  in 
der  es  gefeiert  wird.  Das  trifft  mehr  noch 
als  bei  anderen  bei  uns  Kriegsblinden  zu, 
die  wir  auf  all  den  äußeren  Glanz  verzichten 
müssen  und  die  wir  zur  Meisterung  unseres 
schweren  Schicksals  mehr  als  alle  anderen 
der  Kräfte  des  Inneren  bedürfen  und  des 
Halts,  der  aus  der  kameradschaftlichen  Schick- 
salsverbundenheit strömt.  Daher  drängt  es 
uns  in  der  Weihnachtszeit,  bei  den  Kriegs- 
blindenweihnachtsfeiern  dieser  Gesinnung 
äußeren  beredten  Ausdruck  zu  verleihen,  und 
unsere  Kameraden  scheuen  weder  Zeit  noch 
Mühe,  noch  sonstige  äußere  und  innere  Unbe- 
quemlichkeiten, weite  Anmarschwege,  Kälte 
und  die  in  den  ländlichen  Bezirken,  aber  auch 
in  den  Großstädten  immer  noch  schwierigen 
Verkehrs-  und  Übernachtungsmöglichkeiten, 
um  an  der  Feier  teilzunehmen.  Und  sie 
gehen  wieder  in  die  dunkle  Einsamkeit 
ihres  Schicksals  zurück  mit  neugewonnenen 
seelischen  Kräften  als  Lohn  für  alle  Mühen, 
um  täglich  und  stündlich  aufs  neue  den  Sieg 
über  das  Dunkel  der  Kriegserblindung  davon 
zu  tragen. 

Wenn  diese  Kriegsblindenweihnachts- 
feiern  dann  auch  noch  etwas  dazu  beigetragen 
haben,  neue  sehende  Freunde  zu  gewinnen 
und  besseres  Verständnis  und  Verstehen  für 
die  besonderen  Nöte  der  Kriegsblinden,  dann 
ist  die  Freude  bei  allen,  insbesondere  bei  den 
verantwortlichen  Leitern  unserer  Gliederun- 
gen, um  so  größer,  als  der  schönste  Lohn  für 
all  die  ungeheure  Mühe,  die  sie  und  ihre 
Familienangehörigen  zur  Vorbereitung  der 
Feier  leisten  mußten  und  gerne  geleistet 
haben. 

So  möge  auch  das  Weihnachtsfest  1951 
wiederum  Segen,  Freude  und  Frieden  allen 
deutschen  Kriegsblinden  bringen.  P.  PL 


Beispielhafte  Werbeveranstaltung  in  Berlin 

Fragen  des  Berufseinsatzes  vor  Industrie  und  Wirtschaft 


Die  Tatsache,  daß  den  allgemeinen  imd 
insbesondere  den  beruflichen  Bestrebungen 
der  Kriegsblinden  in  der  Öffentlichkeit  allzu 
oft  mit  Verständnislosigkeit  und  Mißtrauen 
begegnet  wird,  veranlaßte  den  Berliner  Lan- 
desverband der  Kriegsblinden,  mit  einer 
großzügig  aufgezogenen  Werbeveranstaltung 
an  die  Öffentlichkeit  zu  treten.  Nach  um- 
fangreichen Vorarbeiten  und  mit  vorbild- 
licher Unterstützung  des  „Rationalisie- 
rungs-Kuratorium der  Deutschen 
Wirtschaft"  (RKW)  konnte  am  29.  No- 
vember 1951  diese  Veranstaltung  durchge- 
führt werden.  Mit 'großem  Interesse  waren 
sowohl  die  Senats-  und  Bezirksverwaltungen 
als  auch  die  Vertreter  aus  Industrie  und 
Wirtschaft  dieser  Einladung  gefolgt,  und  in 
dem  fast  überfüllten  Festsaal  des  Steg- 
litzer Rathauses  wurde  den  Teilneh- 
"mern  ein  eindrucksvolles  Programm  dar- 
geboten. 

In  seinen  Begrüßungsworten  stellte  Herr 
Prof.  M  a  1 1  h  e  s  vom  RKW  den  Sinn  der 
Veranstaltung  heraus.  Sie  soll  eine  Brücke 
zwischen   Theorie   und   Praxis   schlagen,   die 


iSieq  über  das  (XJunkei' 


Erstes  Presse-Echo 


„Diesen  Film  drehte  ein  Amerika  ohne 
Hollywood",  so  schreibt  „Die  Welt".  Und  die 
„Allgemeine  Rundschau"  (Nürnberg):  „Viel- 
leicht einer  der  ergreifendsten  Filme,  der  je 
in  deutschen  Lichtspielhäusern  gezeigt  wurde." 
Und  die  „Rheinische  Post"  (Düsseldorf):  „Als 
Sehende  können  wir  die  Vorstellung  nicht 
ohne  Erschütterung  und  beste  Vorsätze  ver- 
lassen." Das  ist  der  Grundton  aller  Presse- 
kritiken über  den  amerikanischen  Kriegs- 
blindenfilm  „Sieg  über  das  Dunkel",  der  im 
November  erstmalig  in  Westdeutschland  auf- 
geführt wurde. 

Weitere  Pressestimmen:  „Ein  Werk,  in 
dem  das  Beste  erreicht  wird,  was  Kunst 
überhaupt  vermag:  daß  der  Eispanzer  unserer 
Gleichgültigkeit  für  einige  Stunden  auftaut." 
(Hamburger  Echo).  Oder:  „Das  Erstaunliche 
ist,  mit  welchem  Takt,  aber  auch  mit  welch 
gesunder  Selbstverständlichkeit  die  Ameri- 
kaner dieses  heikle  Thema  angepackt  haben, 
ganz  fern  aller  Herkömmlichkeit,  wie  sie 
vielleicht  weit  sentimentaler  für  eine  deut- 
sche Bearbeitung  erwünscht  gewesen  wäre." 
(Lübecker  Nachrichten).  Oder:  „Solche  Werke 
kann  es  nur  selten  geben,  aber  die  Produ- 
zenten müssen  sie  wagen,  dann  werden  Spek- 
takelstücke von  selbst  belanglos."  (Bonner 
Rundschau).  Oder:  „Der  Film  zählt  zu  dem 
wenigen,  was  menschlich  und  künstlerisch 
als  wesentlich  die  Jahre  überdauern 
wird."   (Hamburger  Abendblatt). 

Einige  festliche  Aufführungen  unter  tätiger 
Teilnahme  des  Kriegsblindenbundes  gaben 
dem  Film  einen  guten  Start,  so  z.  B.  eine 
Sondervorführung  vor  geladenen  Gästen  in 
Bonn,  bei  der  außer  dem  Generaldirektor 
der  Filmgesellschaft  Universal-International, 
Mr.  John  M  a  r  s  h  a  1 1 ,  auch  unser  Bundes- 
vorsitzender Dr.  P  1  e  i  n  sprach.  Bei  der  Auf- 
führung in  Hamburg  sprach  der  Landes- 
verbandsvorsitzende Ewald  Meyer  und  Dr. 
Friedmann  von  der  Universitäts-Augenklinik. 
Einen  durchschlagenden  Erfolg  hatte  auch  die 
erste  Aufführung  im  Bezirk  Essen,  die  in 
Mülheim  stattfand.  Hier  trug  vor  Beginn 
unser  Kamerad  Bruno  Bordiert  einen  selbst- 
verfaßten Prolog  vor,  dessen  Schlußverse 
lauteten: 

„Drum  helft  den  Weg  uns  gehen,         •'_ 
den  wir  nicht  selbst  gesucht. 
Es  wird  im  Buch  des  Lebens 
als  Plus  euch  einst  verbucht." 


teils  einen  technischen  Einblick  vermitteln 
und  zum  anderen  psychologische  Wirkung 
ausüben  soll.  Die  Bereitstellung  von  Arbeits- 
plätzen für  die  vom  Schicksal  der  Erblindung 
Betroffenen  sollte  für  jeden  verantwortungs- 
bewußten Menschen  eine  soziale  Pflicht  und 
ein  Herzensbedürfnis  sein.  Wie  aber  ein  Le- 
diger nicht  über  die  Ehe  sprechen  könne,  so 
könne  auch  ein  Sehender  nicht  über  Blinden- 
probleme  sprechen. 

Der  '  Vorsitzende  des  Berliner  Landesver- 
bandes, Kamerad  Bischoff,  gab  dann,  aus 
seinen  reichen  Erfahrungen  schöpfend,  den 
Anwesenden  einen  chronologischen  Über- 
blick über  die  Berufsentwicklung  der  Kriegs- 
blinden und  stellte  hierzu'  fest:  Der  heutige 
Stand  der  Blindenfürsorge  kann  nicht  umris- 
sen werden,  wenn  nicht  das  Blindenwesen  in 
seiner  Form  vor  dem  1.  Weltkrieg  einer  Be- 
trachtung unterzogen  wird.  Damals  lebten  in 
Deutschland  etwa  35  000  bis  40  000  Blinde, 
größtenteils  hinter  Anstaltsmauern.  Für  eine 
berufliche  Tätigkeit  standen  ihnen  nur  die 
wenigen  typischen  Blindenberufe  wie  Korb- 
und Bürstenmacher  oder  der  Leierkasten  zur 
Verfügung.  Die  Öffentlichkeit  wußte  zumeist 
sehr  wenig  von  ihnen,  und  so  lebten  sie 
abgeschlossen  von  der  Außenwelt  ein  freud- 
loses und  dunkles  Dasein. 

Dann  kam  der  1.  Weltkrieg  und  rund  3200 
junge  Menschen  verloren  durch  ihn  das 
Augenlicht.  In  der  Blüte  ihres  Lebens 
stehend,  mußten  sie  sich  von  heute  auf  mor- 
gen mit  dem  Schicksal  der  Erblindung  abfin- 
den, und  nach  Überwindung  ihrer  körper- 
lichen und  seelischen  Schmerzen  stand  auch 
vor  diesen  Menschen  die  Frage  nach  dem 
Beruf.  Sie  kamen  ja  aus  der  Welt  der 
Sehenden  und  hatten  zumeist  schon  einen 
Beruf  oder  eigene  Existenz  aufgebaut.  So  war 
es  nur  zu  verständlich,  daß  sie  auch  jetzt 
wieder  nützliche  Mitglieder  der  Gesellschaft 
werden  wollten  und  neue  Berufsmöglich- 
keiten suchten.  Durch  sie  wurde  das  Gewis- 
sen der  Welt  geweckt,  und  zahlreiche  Orga- 
nisationen und  Einzelpersonen  unterstützten 
diese  Bestrebungen.  In  Berlin  waren  es  be- 
sonders die  hilfreichen  Hände  von  Prof. 
Silexj  d-er  neue  Wege  der  Berufsausbildung 
suchte.  Die  ersten  Stenotypisten,  Maschinen- 
schreiber, Masseure  und  Telefonisten  wur- 
den in  der  von  ihm  eingerichteten  Schule, 
die  noch  heute  seinen  Namen  trägt,  aus- 
gebildet, und  wenn  anfangs  selbst  amtliche 
Stellen  den  Weg  zu  diesen  neuen  Berufen 
nicht  frei  machen  wollten,  so  wurden  diese 
ersten  Schwierigkeiten  sehr  bald  durch  ein- 
wandfreie Leistungen  und  Erfolge 
überwunden. 

Aber  auch  dem  „ungelernten"  Kriegsblin- 
den öffneten  sich  damals  die  Tore  zu  neuen 
Beschäftigungsmöglichkeiten.  In  diesem  Zu- 
sammenhang muß  besonders  der  damalige 
Direktor  Perls  von  der  Firma  Siemens 
&  Schuckert  erwähnt  werden,  der  durch 
die  Anbringung  von  Schutzvorrichtungen 
an  Industriemaschinen  zahlreichen  Blinden 
neue  Arbeitsplätze  beschaffte.  Aber  auch  die 

-  Textil-,    Tabak-,    Genußmittelindustrie    usw. 

-  beschäftigte  blinde  Arbeiter  in  immer  größe- 
rer Zahl,  so  hat  sich  auch  die  Bahn  und  die 
Post  führend  bei  der  Unterbringung  von 
Blinden  betätigt  und  eigene  Arbeitsmethoden 
entwickelt. 

Wenn  die  Blinden  auch  nicht  immer  mit 
offenen  Armen  aufgenommen  worden  sind, 
so  konnte  doch  ein  hoher  Prozentsatz  der 
Kriegsblinden  "  in  den  zwanziger  Jahren 
neuen  Berufen  zugeführt  werden.  Wir  Kriegs- 
blinden -sind  für  diese  Pionierarbeit  dankbar, 
und  Wenn  trotz-  dieser  beruflichen  Erfolge 
"dem  Blinden  auch  heute  noch  Vorurteile  ent- 
gegengebracht werden;  so  sind  diese  ohne 
jede    Berechtigung.    Die    Erfahrungen    haben 


gezeigt,  daß  der  Blinde  die  gleichen  Leistun- 
gen nachweisen  kann  wie  sein  sehender  Kol- 
lege. Voraussetzung  hierfür  ist  eine  gründ- 
liche Ausbildung  sowie  die  geistigen  Fähig- 
keiten des  Blinden  und  ein  geeigneter 
Arbeitsplatz.  Die  häufig  gemachten  Beden- 
ken, der  Blinde  brauche  stets  eine  sehende 
Hilfe,  können  meistens  durch  eine  kleine  Um- 
stellung innerhalb  des  Betriebes  beseitigt 
werden.  So  kann  auch  der  blinde  Telefonist 
die  teilweise  automatischen  Vermittlungs- 
geräte selbst  und  ohne  fremde  Hilfe  bedie- 
nen. Ebenso  ist  der  blinde  Masseur  in  der 
Lage,  Bindegewebsmassagen  und  Heilgym- 
nastik vorzunehmen  oder  Heilgeräte  zu  be- 
dienen. Es  wäre  aber  falsch,  einen  Blinden 
nur  einzustellen,  um  ihn  dann  nicht  aus- 
reichend zu  beschäftigen.  Wir  wollen  keine 
Almosenempfänger  sein,  sondern  die  glei- 
chen Leistungen  wie  die  Sehenden  voll- 
bringen. Mit  besonderem  Nachdruck  wurde 
die  Frage  der  Berufstätigkeit  für  unsere 
kriegsblinden   Ohnhänder   behandelt. 

Die  Berliner  Verhältnisse  dürfen  trotz 
ihrer  Ungunst  sich  nicht  zum  Nachteil  der 
Blinden  auswirken.  Ist  es  doch  ein  Unter- 
schied, ob  ein  Sehender  oder  ein 
Blinder  arbeitslos  ist.  Zusammen- 
fassend wurde  zum  Ausdruck  gebracht,  daß 
auch  in  Berlin  noch  nicht  alle  Möglichkeiten 
erschöpft  sind,  und  es  wäre  uns  eine  Freude, 
wenn  auch  noch  die  restlichen  erwerbslosen 
Kriegsblinden  eine  befriedigende  Beschäfti- 
gung finden. 

Nach  dem  mit  großem  Beifall  und  innerer 
Anteilnahme  aufgenommenen  Vortrag  gab 
Herr  Prof.  M  a  1 1  h  e  s  mit  warmen  Worten 
dem  Dank  der  Anwesenden  Ausdruck  und 
führte  aus,  daß  das  Wort  „Kameradschaft" 
auch  heute  noch  Gültigkeit  habe 

Als  Vertreter  der  Hauptabteilung 
Berufsfürsorge  beschränkte  sich  Herr 
Bleich  auf  die  Bitte,  die  Öffentlichkeit 
möge  die  Skepsis  gegenüber  den  Blinden 
fallen  lassen.  Seinen  Dank  richtete  er  sowohl 
an  Herrn  Prof.  Matthes  als  auch  an  die  Orga- 
nisation der  Kriegsblinden,  die  in  ihren  Be- 
strebungen immer  wieder  dazu  beigetragen 
haben,  daß  neue  Arbeitsplätze  und  Beschäf- 
tigungsmöglichkeiten gefunden  werden. 

Eine  ausgezeichnete  Ergänzung  der  bisher 
gebotenen  Theorie  stellte  der  amerika- 
nische Tonfilm  „Sehende  Hände" 
und  der  deutsche  Filmstreifen  „Was  jeder 
wissen  muß"  dar.  Ersterer  gab  einen  Einblick 
in  die  amerikanischen  Umschulungsmethoden, 
wie  alle  körperlichen  und  physischen  Kräfte 
des  Blinden  nutzbar  gemacht  werden,  um  ihn 
nicht  nur  in  den  kleinen  Dingen  des  täglichen 
Lebens,  sondern  auch  für  seinen  künftigen 
Beruf  wieder  vollwertig  und  selbständig  zu 
machen.  Der  zweite  Film  zeigte  Kriegsblinde 
in  weniger  bekannten  Berufen.  Mit  erstaun- 
licher Sicherheit  konnte  man  den  blinden 
Schneider,  Schuster,  Bäcker  oder  Bauer  bei 
der  Arbeit  beobachten. 

Aber  nicht  nur  durch  Wort  und  Film  wurde 
den  Vertretern  der  Betriebe  eine  Übersicht 
der  Berufsmöglichkeiten  für  Blinde  gegeben, 
auch  die  Praxis  fehlte  nicht.  In  den  angren- 
zenden Ausstellungsräumen  führten  blinde 
Handwerker  und  ein  Betriebstelefonist  ihre 
Sicherheit  und  Fähigkeiten  praktisch 
vor.  Zwei  Kriegsblinde,  die  mittels  ihrer 
Stenografie  die  gesamte  Protokollführung 
während  der  Veranstaltung  übernommen 
hatten,  zeigten  anschließend  Übertragungs- 
proben und  vervollständigten  somit  das  Bild. 
Abschließend  kann  gesagt  werden,  daß 
diese  gelungene  Werbeveranstaltung  sich  der 
bisherigen  Pionierarbeit  der  Kriegsblinden 
würdig  anschließt,  und  wenn  hier  keine 
Spitzenleistungen  gezeigt  wurden,  so  hat 
diese  Werbeveranstaltung  den  Beweis  unter- 
strichen, daß  mit  großer  Arbeitsfreude  und 
hoher  Arbeitsmoral  die  Kriegsblinden  ihren 
Beruf  ausüben  und  durch  die  Bereitstellung 
weiterer  Arbeitsplätze  die  schönste  Aner- 
kennung finden  würden.  Paul  Pöhlsen 


Unser  Blindensekretär  ist  da 

Sprechendes  Buch,  Aufnahme-  und  Diktiergerät  —  Ein  Weihnachtsgeschenk? 


Im  Dezember  1950,  also  genau  vor  einem 
Jahr,  wurde  an  dieser  Stelle  erstmalig  über 
ein  neuartiges  Blindenhilfsmittel  berichtet. 
Angeregt  durch  die  Ausstellung  auf  der  Welt- 
blindenkonferenz  1949  in  Oxford  hatte  ich 
den  Entschluß  gefaßt,  ein  gebrauchsfähiges 
Magnet-Tongerät  zu  konstruieren,  welches 
in  seiner  Verwendungsmöglichkeit  nicht  nur 
das  „Sprechende  Buch"  und  das  Diktiergerat 
sondern  darüber  hinaus  ein  technisches  Hilfs- 
mittel darstellt,  das  uns  z.  B.  zeitlich  von 
unserem  sehenden  Vorleser  unabhängig 
macht.  Wir  haben  seinerzeit  den  Namen 
„Blindensekretär"  gewählt.  Die  Entwicklung 
der  letzten  zwei  Jahre  konnte  viele  An- 
regungen und  Wünsche*  aus  dem  Kameraden- 
kreis realisieren.  Wir  haben  jetzt  endlich 
ein  Klein-Magnetophon,  Typ 
KL  15,  hergestellt  von  der  AEG, 
auf  dem  Markt.  Dieses  Gerät  ist  auf  Grund 
seines  speziellen  Stenozusatzes  als  vollwer- 
tiges Diktaphon  verwendbar.  Es  kann  zur 
Wiedergabe  fertig  besprochener  oder  bespiel- 
ter Tonbänder  benutzt  werden.  Es  ist  ohne 
weiteres  möglich,  eine  besonders  interessante 
Rundfunksendung,  den  Vortrag  eines  bedeu- 
tenden Redners,  das  Konzert  namhafter 
Künstler,  die  Feierstunde  in  Betrieb  und  Heim, 
ein  Fest  oder  eine  abendliche  Gesellschaft, 
die  Stimme  ihrer  Kinder  oder  Angehörigen, 
eine  wichtige  geschäftliche  Verhandlung  oder 
ein  Diktat  für  ihre  Sekretärin  vor  ihrer 
Abreise  naturgetreu  und  in  allen  Ton-Nuancen 
aufzunehmen  und  beliebig  oft  und 
jederzeit  wieder  hörbar  zu  machen.  Unser 
Blindensekretär  macht  uns,  wie  oben  schon 
erwähnt,  weitgehend  vom  sehenden  Vor- 
leser zeitlich  unabhängig,  denn  man  kann 
ein  Buch,  Zeitschriften  oder  Tagesnachrichten 
mittels  eines  Mikrophons  jederzeit  aufspre- 
chen und  wir  können,  wann  es  uns  gefällt, 
diese  Aufnahmen  abhören'.  Das  besprochene 
Tonband  kann  immer  wieder  gelöscht  wer- 
den und  ist  unbeschränkt  für  neue  Aufnahmen 
verwendungsfähig.  Das  Klein-Magnetophon 
ist  ein  ausgezeichneter  Berufshelfer.  Gesetzes- 
texte usw.  können  wir  ohne  den  sehenden 
Vorleser  für  uns  jederzeit  hörbar  machen. 
Für  den  blinden  Musiker,  überhaupt  den 
blinden  Geistesarbeiter,  stellt  das  Gerät 
einen  Helfer  von  weittragender  Bedeutung 
dar. 

Nachfolgende  technische  Einzel- 
heiten sollen  unserem  interessierten  Kreis 
die  längst  erwarteten  Aufschlüsse  geben: 

Das  Magnetophon-Kleingerät,  Type  KL  15, 
ist  ein  kombiniertes  Aufnahme-  und  Wieder- 
gabe-Gerät in  Kofferform,  eingebaut  in  einen 
Koffer  mit  abnehmbarem  Deckel.  Der  Koffer 
hat  eine  Höhe  von  ca.  185  mm,  eine  Breite 
von  ca.  425  mm  und  eine  Tiefe  von  ca.  325 
mm  einschl.  Deckel.  Das  Gesamtgewicht  des 
Geräts  beträgt  ca.  11  kg.  Das  in  den  Koffer 
eingebaute  Gerät  besteht  aus  dem  Laufwerk 
und  einem  Entzerrer/Verstärker.  Es  arbeitet 
für  die  Aufnahme  und  die  Wiedergabe  in 
Zusammenschaltung  mit  einem  Wechsel- 
strom-R undfunkgerät  oder  (bei  beruf- 
licher Verwendung  als  Diktaphon)  mit  einem 
kleinen  Wiedergabegerät.  Der  Antrieb  erfolgt 
durch  einen  Spezial-Asynchronmotor  mit 
Fliehkraftregelung.  Vorgesehen  sind  Schalt- 
möglichkeiten „Aufnahme",  „Wiedergabe", 
„Halt",  „schneller  Vorlauf"  und  „schneller 
Rücklauf".  Die  Schaltung  der  Betriebsarten 
erfolgt  mit  einem  einzigen  Drehschalter. 
Außerdem  ist  noch  ein  sogenannter  Diktier- 
schalter (Stenozusatz)  eingebaut,  der  ohne 
Betätigung  des  Betriebsarten-Schalters  einen 
schnellen  Übergang  „Wiedergabe/Halt"  und 
umgekehrt  und  einen  Kurzrücklauf  zur  Wie- 
derholung einzelner  Stellen  gestattet.  Er  ist 
zwecks  leichterer  Betätigung  als  Hebelschalter 
ausgebildet. 


Das  Laufwerk  ist  mit  drei  Köpfen  bestückt 
(Löschkopf,  Aufnahmekopf  und  Wiedergabe- 
kopf). Bandgeschwindigkeit:  19  cm/sec.,'  Dop- 
pelspur, Laufzeit  einer  Spule  2mal  30  Minu- 
ten. Als  Spulen  werden  neu  entwickelte 
Flanschspulen  mit  einem  'Außendurchmesser 
von  ca.  180  mm  verwendet,  die  eine  Band- 
länge von  ca.  375  m  aufnehmen  können. 
Nach  Ende  der  ersten  Spur  sind  die  Spulen 
umzulegen.  Nach  Durchlauf  des  Bandes 
schaltet  der  Antrieb  automatisch  ab.  Ein 
sogenannter  Bandsalat  ist  nicht  mehr  möglich. 

Der  Verstärker  ist  bestückt  mit  Röhren 
2  x  EF  40  und  1  EDD  11  (Hochfrequenz- 
Generator).  Zur  Aussteuerungskontrolle  bei 
Aufnahme  dient  ein  Magischer  Fächer  EM  71. 
Das  Gerät  wird  mit  dem  Rundfunkempfänger 
oder  Wiedergabegerät  über  zwei  zweiadrige 
steckbare  Leitungen  zusammengeschaltet,  und 
zwar  die  eine  Leitung  für  Aufnahme  an  den 
zweiten  Lautsprecher-Ausgang,  die  andere 
Leitung  für  Wiedergabe  an  den  Tonabneh- 
mer-Anschluß des  Rundfunkgeräts.  Der  Ein- 
gang bei  Aufnahme  ist  ausgelegt  auf  den 
hochohmigen  zweiten  Lautsprecher-Ausgang. 
Soll  mit  Rundfunkgeräten  mit  niederohmigem 
zweiten  Lautsprecher-Ausgang  zusammen- 
geschaltet werden,  so  wird  ein  zusätzlicher, 
lieferbarer  Übertrager  dafür  benutzt.  Die  zur 
Vollaussteuerung  erforderliche  Eingangs- 
leistung am  KL  15  beträgt  ca.  30  Volt.  Der 
Wiedergabe-Ausgang  ist  ausgelegt  für  eine 
Wiedergabeleistung  von  ca.  1  Volt  an  500 
kOhm,  (entsprechend  Tonabnehmernorm).  Das 
Gerät  arbeitet  nach  Hochfreguenz-Verfahren. 
Als  Bandmaterial  werden  hochempfindliche 
Tonbänder  mit  ansteigender  Frequenzkurve 
verwendet.  Hierfür  kommen  zur  Zeit  in  Be- 
tracht die  Type  LGH  der  BASF  Ludwigshafen 
und  die  Type  FS  der  Agfa  Leverkusen.  Mit 
beiden  Bandsorten  erzielt  das  KL-15-Gerät 
eine  Frequenzkurve  von  etwa  50 — 10  000 
Herz. 

An  der  Rückseite  des  Koffergehäuses  be- 
findet sich  eine  Klappe,  nach  deren  öffnen 
die  rückwärtige  Schaltplatte  des  Geräts  zu- 
gänglich ist.  Auf  ihr  ist  die  Mikrophon- 
anschluß-Buchse und  eine  Netzanschluß- 
Buchse  für  den  Netzstecker  des  Rundfunk- 
gerätes vorgesehen.  Als  Mikrophon  dient 
ein  Kristall-Mikrophon  oder  bei  höchsten 
Anforderungen  musikalischer  Aufnahmen 
das  Tauchspulen-Mikrophon.  In  der  Mitte 
der  Gerätefrontplatte  ist  ein  Wellenstumpf 
herausgeführt,  der  vom  Motor  mit  78  Um- 
drehungen in  der  Minute  angetrieben  wird. 
Er  dient  zum  Aufsetzen  eines  Spezial- 
Plattentellers. 


Weiterhin  ist  neben  der  Frontplatte  des 
Geräts  hinten  rechts  eine  Tonarmhalter- 
Steckdose  zum  Aufstecken  eines  Tonarms 
angeordnet.  Als  Tonarm  ist  der  von  Tele- 
funken  für  dieses  Gerät  entwickelte  Kristall- 
Tonarm  mit  Steckanschluß  vorgesehen.  Diese 
Zusatzeinrichtung  ermöglicht  die  Verwendung 
des  Geräts  auch  als  Plattenspieler 
für  normale  Platten  bis  zu  30  cm  Durchmesser 

Die  zur  Zeit  gültigen  Listenpreise  sind 
folgende: 

Koffergerät  KL  15  komplett,  be- 
triebsfertig, für  Anschluß  an  220  Volt/ 
50  herz  einschl.  einer  leeren  Flansch- 
spule sowie  einschl.  Aufsatzhebel 
für  Stenozusatz  und  einschl.  Röh- 
renbestückung      890  DM 

für  den  nachweisbaren  Be- 
darf von  Blinden  ermäßigt 
sichderPreisauf      .     .     .    .   690  DM 
Kristall-Mikrophon  mit  Stecksockel- 
Anschluß,,   Litze  u.   Schraubstecker   62    DM 

Auf  diesen  Preis  wird  bei  B  1  i  n  - 
denbedarf  ein  Nachlaß  von 
20  °/o  gewährt. 

Zusätzliche  Plattenspieleinrichtung, 
bestehend  aus  Spezial-Plattenteller 
und   steckbarem   Tonarm     ....    52     DM 

Rabatt  für  Blinde  ebenfalls  20 %> 
Spezial-Bedienungsansatz  f  ü  r  O  h  n- 
händer,    netto 18     DM 

Die  Allgemeine  Elektrizitäts-Gesellschaft 
(AEG)  hat  mich  im  Rahmen  unserer  Ver- 
handlungen gebeten,  die  Versorgung  der 
Blindenorganisationen  für  das  Bundesgebiet 
zu  übernehmen.  Von  Seiten  der  AEG  wurde 
die  Sorge  zum  Ausdruck  gebracht,  daß  durch 
diese  Sonderaktion  (hiermit  ist  der  Preis- 
nachlaß von  200  DM  gemeint)  eine  Beunru- 
higung des  Marktes  bei  der  Händlerschaft 
eintreten  könnte.  Ich  bin  gebeten  worden, 
zum  Ausdruck  zu  bringen,  daß  bei  dieser 
Aktion  nach  eingehenden  zentralen  Bespre- 
chungen im  Interesse  der  karitativen  Sache 
und  im  Hinblick  auf  deren  Einmaligkeit  alle 
am  Magnetophonbau  und  Vertrieb  beteilig- 
ten Stellen  auf  den  sonst  üblichen 
Nutzen    verzichtet    haben. 

Wie  erhält  ein  Kriegsblinder  das  Ge- 
rät —  wer  übernimmt  die  Kosten?  Die  zu- 
ständigen Hauptfürsorgestellen  haben  lau- 
fend für  die  Beschaffung  von  Hilfsgeräten 
für  Stenotypisten  (Dimafone  usw.)  weit 
höhere  Beträge  als  die  Kosten  des  Magneto- 
phons aufgebracht.  Es  ist  daher  zu  emp- 
fehlen, einen  Antrag  zur  Kostenübernahme 
zu  stellen.  -, 

Für  den  Kreis  blinder  Ohnhänder 
stellt  unser  Magnetophon  ein  einmaliges 
Hilfsmittel  von  allergrößter  Bedeutung  dar. 
Ich  glaube  bestimmt,  daß  sich  keine  öftent- 


Das  Klein-Magnetophon  im 
Koller,  ein  von  der  AEG 
unter  täliger  Mitarbeit  un- 
seres Kameraden  Schramm 
entwickeltes  Gerät,  stellt  das 
erste  verkäulliche  „spre- 
chende Buch"  dar,  das  auch 
anspruchsvollsten  Anforde- 
rungen genügt.  Es  kann  nicht 
nur  zur  Wiedergabe  von 
Tonbändern  bei  einstündiger 
Spieldauer  benutzt  werden, 
sondern  auch  zur  Aufnahme 
von  Texten  (Diktaten  oder 
Unterhaltungen).  Besondere 
Vorrichtungen  erlauben  die 
Benutzung  lür  erblindete  Ste- 
notypisten. Der  Sonderpreis 
für   Blinde   beträgt   690   DM. 


liehe  Stelle  einem  .  Antrag  verschließen 
könnte,  um  unseren  Schwerstbeschädigten 
Kameraden  endlich  ein  Hilfsmittel  zu  geben. 
Wenn  man  bedenkt,  daß  für  jeden  Bürsten- 
macher fast  700  DM  an  Arbeitsgerät  ver-. 
ausgabt  werden,  so  dürfte  ein  Antrag  eines 
kriegsblinden  Ohnhänders  mit  Vorrang  Be- 
rücksichtigung erfahren.  Ich  muß  es  im  ein- 
zelnen jedem  Kameraden  überlassen,  einen 
Kostenträger  zur  Beschaffung  unseres  Blin- 
densekretärs  zu  finden  und  empfehle,  gege- 
benenfalls die  Vermittlung  des  Landesver- 
bandsleiters anzurufen. 

Ich  habe  mich  entschlossen,  unter  mei- 
ner Firma:  Ing.  Alfons  Schramm, 
Rundfunk-Elektrogroßhandlung,  Elektrotech- 
nische Spezial-Werkstätten,  Freiburg  i. 
Br.,  Kirner  Straße  11,  Tel.  2666,  Telegramm- 
Adresse  Funkschramm  Freiburgbreisgau,  an 
alle  Blinden   des   Bundesgebietes  das  Gerät 


einschließlich  Zubehör  zu  einem  Sonder- 
preis zu  vermitteln.  Den  Vertretern  der 
Hauptfürsorgestellen  ist  anläßlich  einer  Ta- 
gung in  Wiesbaden  unser  Blindensekretär 
vorgeführt  worden.  Unser  Prospektmaterial 
ist  an  allen  Hauptfürsorgestellen  des  Bun- 
desgebietes versandt  worden. 

Ich  hoffe,  daß  nach  zweijähriger  Arbeit 
endlich  das  so  lang  ersehnte  Hilfsmittel  für 
den  Kreis  der  Blinden  in  weitem  Umfange 
zur  Verfügung  gestellt  werden  kann.  Die 
Einrichtung  unserer  Leihbibliothek  ist  An- 
gelegenheit der  nahen  Zukunft.  Wir  haben 
in  gemeinsamer  Arbeit  mit  Schweizer  Kol- 
legen bereits  mehrere  Hörspiele  auf  Ton- 
band aufgenommen.  Leihbänder  können  lei- 
der vorerst  nur  in  beschränktem  Umfange 
zur  Verfügung  gestellt  werden,  da  der  Auf- 
bau einer  Bibliothek  eines  staatlichen  Zu- 
schusses bedarf.  Ing.  Alfons  Schramm. 


Die  Erleichterungen  für  blinde  Funkamateure 

Wer  wagt  den  Ruf  in  den  Äther?  —  Eine  interessante  Feierabendbeschäftigung 


Im  Juliheft  unserer  Zeitschrift  veröffent- 
lichten wir  einen  Aufsatz  unseres  Kameraden 
Otto  Back  aus  Düsseldorf  zum  Thema  „Der 
blinde  Sendeamateur".  Aus  Zuschriften  ist 
zu  entnehmen,  daß  einige  Kameraden  sich 
ernsthaft  mit  dieser  interessanten  Feier- 
abendbeschäftigung befassen  wollen.  So 
schreibt  uns  der  Kriegsblinde  Paul  G  r  y  - 
w  a  t  z  aus  Schwarzenbeck  (Kr.  Herzogtum 
Lauenburg),  der  bei  Kriegsende  als  Vier- 
zehnjähriger erblindete  und  der  deshalb,  im 
Gegensatz  zu  manchem  Kameraden,  früher 
nichts  gelernt  hat,  was  zu  diesem  Sport  ge- 
hört: „Es  ist  schon  einige  Jahre  her,  daß 
ich  eines  Tages  Amateure  senden  hörte,  die 
ich  um  diese  Möglichkeit  sehr  beneidete. 
Seitdem  lasse  ich  nichts  unversucht,  auch  mit 
zu  den  Glücklichen  zu  gehören,  die  ihr  Ruf- 
zeichen in  den  Äther  geben  können  und  die 
dann  die  Antwort  eines  fremden  Menschen 
hören.  Gerade  wenn  man  etwas  einsam  lebt, 
tut  es  gut,  auf  diese  Weise  Verbindung  mit 
anderen  Menschen  zu  bekommen  und  über- 


und  ihre  tägliche  Freude,  das  ist 
der  Wäscheschrank  mit  seiner 
blütenweißen  Pracht;  besonders, 
wenn  die  guten  Webwaren 
aus  Haagen  ihn  füllen.  Wir 
machen  Ihnen  die  Anschaffung 
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haupt  die  Freundschaft  unter  den  Menschen 
zu  fördern.  Nun  kamen  im  Juliheft  unserer 
Zeitschrift  all  meine  Wünsche  wieder  zum 
Ausdruck  und  dazu  eine  große  Ermutigung, 
daß  wir  Erblindeten  von  der  Behörde  Erleich- 
terungen erführen.  Bisher  hieß  es  immer, 
ein  Sendeamateur  müsse  seinen  TX  —  ent- 
schuldigen Sie,  TX  heißt  „Sender"  in  der 
Amateursprache  —  selbst  reparieren  können 
und  noch  allerlei  weiteren  Anforderungen 
gewachsen  sein,  die  für  uns  undurchführbar 
sind.  Ich  habe  nun  auf  Grund  dieses  Artikels 
versucht,  einen  Sender  zu  erhalten,  und  das 
hat  auch  geklappt.  Ich  besitze  ein  englisches 
Gerät,  welches  für  unsereinen  den  Vorteil 
hat,  daß  es  kombiniert  ist,  also  Sender  und 
Empfänger  zugleich  ist.  Wenn  ich  einen  Sen- 
der höre,  der  einen  allgemeinen  Anruf  her- 
ausgibt, kann  ich  ihn  einschalten  und  auf  der 
Welle  des  Anrufers  bleiben.  Die  Techniker 
unter  den  Kameraden  wird  es  interessieren, 
daß  dieses  Gerät  „Ws  19  MK  3"  heißt.  Es  ist 
ein  25-Watt-Sender,  der  aber  durch  einen 
kleinen  Umbau  mit  anderen  Röhren  (P  30 
und  P  50)  versehen  und  auf  eine  höhere 
Leistung  gebracht  werden  kann.  Noch  bin  ich 
Laie  und  beherrsche  mein  Gerät  noch  nicht 
ausreichend,  auch  muß  ich  mich  mit  Hilfe 
des  Deutschen  Amateur-Sende-Klubs  noch  im 
Morsen  üben,  doch  stellte  ich  fest,  daß  man 
seitens  des  Klubs  offenbar  befürchtet,  wir 
Kriegsblinden  könnten  wegen  unserer  Be- 
hinderung den  Amateurfunk  stören,  weil  wir 
die  Wellen  nicht  richtig  einstellen  könnten. 
Gern  würde  ich  den  Gegenbeweis  erbringen! 
Im  übrigen  aber  bemerkte  ich  bereits  seitens 
der  jetzt  lizenzierten  sehenden  Amateure,  daß 
diese  sich  mehr  Störungen  leisten,  als  sie  uns 
bei  unserem  feineren  Gefühl  und  feineren 
Gehör  später  passieren  werden.  Ich  denke 
dabei  vor  allem  an  den  Telefoniefunk,  also 
den  Sprechfunk,  da  ich  hinsichtlich  der  Tele- 
grafie  noch  nicht  genügend  Übung  habe. 

übrigens  möchte  ich  noch  kurz  zu  dem 
Vorschlag  des  Kam.  Back,  einen  Blindenrund- 
funk  mit  einem  Blindensender  einzurichten, 
meine  Ablehnung  äußern,  denn  das  würde 
uns  Erblindete  weiterhin  von  den  Sehenden 
trennen.  Wir  sollten  auch  unsere  Wünsche 
nicht  höher  hinaufschrauben  als  uns  gut  ist. 

Bei  meinen  Rückfragen  wegen  der  Ama- 
teurprüfung hatte  ich  bei  der  zuständigen 
Oberpostdirektion  leider  Schwierigkeiten. 
Können  Sie  nicht  den  Text  der  Ver- 
ordnung, von  der  Sie  in  den  „Kleinen 
Neuigkeiten"  des  Augustheftes  sprechen, 
einmal  abdrucken?" 

Die  Schriftleitung  hat  sich  dieser  und  an- 
derer Anfragen  wegen  an  das  Bundes- 
ministerium für  das  Post-  und 
Fernmeldewesen  gewandt,  das  uns 
mit  Schreiben  vom  26.  Oktober  1951  den 
Text  einer  Verfügung  zustellte,  die  durch 
Anfragen  des  blinden  Sendeamateurs  Hein- 
rich Bindseil  aus  Stuttgart  veranlaßt  worden 


ist.  Diese  Verfügung  ist  an  alle  Oberpost- 
direktionen und  an  das  Fernmeldetechnische 
Zentralamt,  Darmstadt,  gegangen.  Wir  dan- 
ken auch  an  dieser  Stelle  dem  Bundespost- 
ministerium für  das  verständnisvolle  Ent- 
gegenkommen und  empfehlen  allen  inter- 
essierten Kameraden,  sich  mit  dem,  für  den 
Wohnort  zuständigen  Deutschen  Amateur- 
Sende-Klub  in  Verbindung  zu  setzen. 

Verfügung  des  Bundespostministers 

Vom  Bundesministerium  für  das  Post-  und 
Fernmeldewesen  ist  am  13.  4.  1950  eine  Ver- 
fügung ergangen,  die  folgenden  Wortlaut  hat: 

„Bei  Abnahme  der  Prüfung  von  Blinden, 
die  die  Sendegenehmigüng  für  Funkamateure 
beantragt  haben,  können  Erleichterungen 
gewährt  werden,  die  dem-  körperlichen  Ge- 
brechen der  Antragsteller  in  großzügiger 
Weise  Rechnung  tragen.  Es  müssen  jedoch 
Grundkenntnisse  der  physikalischen  Vor- 
gänge in  der  Sende-  und  Empfangstechnik, 
der  internationalen  Abwicklung  des  Amateur- 
funkverkehrs (Q-Code  und  Abkürzungen)  so- 
wie der  gesetzlichen  Bestimmungen  nach- 
gewiesen werden. 

Die  Einhaltung  der  internationalen  und 
deutschen  Vorschriften  bezüglich  der  Erler- 
nung des  Morsens  ist  auch  von  Blinden  zu 
fordern.  Es  ist  darauf  hinzuweisen,  daß  sich 
die  Betätigungsmöglichkeiten  dadurch  erheb- 
lich erweitern.  Auch  bei  der  Morseprüfung 
ist  weitgehend  darauf  Rücksicht  zu  nehmen, 
daß  der  Antragsteller  das  Augenlicht  ent- 
behrt. 

Zugeständnisse  hinsichtlich  der  Inhalts  der 
Sendungen  können  schon  wegen  der  im  In- 
ternationalen Fernmeldevertrag  Atlantic  City 
festgelegten  Vorschriften  von  uns  nicht  ge- 
macht werden.  Die  Bestimmungen  des  Kap. 
XVI  Art.  42  §  2  (1)  VO  Funk  zum  IFV  und 
des  §  1  (2)  AFuG  sind  daher  einzuhalten. 

Blinden  kann  auf  Antrag  in  besonders 
begründeten  Fällen  die  Befreiung  von  der 
laufenden  monatlichen  Gebühr  für  die  Sende- 
genehmigung zugestanden  werden.  Die  Vf. 
HC  2  5332-2/2  Nr.  2327  vom  1.  12  1949  bleibt 
jedoch  für  alle  übrigen  Fälle  unverändert 
bestehen. 

Die  Frage  der  zu  verwendenden  Sende- 
geräte ist  vor  Abhaltung  der  Prüfung  zu 
klären.  Die  Genehmigung  soll  nur  dann  er- 
teilt werden,  wenn  Sender  verwendet  wer- 
den,- die  entweder  ausschließlich  die  Ama- 
teurbereiche  bestreichen  können  oder  mit 
Steuerquarzen  für  bestimmte  Frequenzen  in 
den  Amateurbereichen  betrieben  werden." 

Die  Geschichte  einer  Versöhnung 

Im  Sommer  1944  wurde  über  Klagenfurth 
eine  amerikanische  Superfestung  durch  einen 
Volltreffer  der  schweren  Flak  abgeschossen. 
Unter  den  im  Fallschirm  abgesprungenen 
Piloten  befand  sich  der  Funker  Joseph 
Goldyn,  der  durch  die  Verletzungen  sein 
Augenlicht  verlor.  Dieser  amerikanische 
Kriegsblinde  kehrte  kürzlich  als  Gast 
nach  Österreich  zurück  und  besuchte 
jeden  einzelnen  der  früheren  Kanoniere  jener 
Flakabteilung,  nachdem  durch  mühsame  Er- 
mittlungen die  Anschriften  festgestellt  waren. 
Der  Kriegsblinde  schloß  mit  den  ehemaligen 
Gegnern  Freundschaft.  Wohin  ihn  sein  Weg 
führte,  hielt  er  Vorträge.  Neun  ehemalige 
Flakkanoniere  erklärten  sich  unabhängig 
voneinander  dazu  bereit,  für  den  Amerikaner 
ein  Auge  zu  spenden  —  leider  ein  sehr 
utopisches  Angebot,  das  nach  dem  Stande  der 
Medizin  nichts  als  eine  Geste  sein  kann. 

Nach  wochenlangem  Aufenthalt  hat  dieser 
amerikanische  Kriegsblinde  nunmehr  im 
November  eine  17jährige  Österreicherin  in 
Wien  geheiratet,  die  als  elfjähriges  Mädchen 
im  Walde  Holz  sammelte  und  dabei  zufällig 
einen  amerikanischen  Blindgänger  zur  Explor 
sion  brachte,  ganz  in  der  Nähe  jener  Stelle, 
bei  der  der  Amerikaner  sein  Augenlicht  ver- 
lor. Das  Mädchen  büßte  ein  Äuge  ein  und 
wurde  an  einem  Bein  verletzt. 


Gegen  den  Blindenwaren-Schwindel 

Ein  richtungweisender  Erlaß  in  Württemberg-Baden 


Es  darf  davon  ausgegangen  werden,  daß 
es  auch  heute  im  öffentlichen  Interesse  liegt, 
echte  Blindenarbeit  zu  fördern  und  die  M  i  ß  - 
stände  im  B  1  i n d e n w a r e n h a n d e 1 
raschmöglichst  zu  beseitigen.  Wie  sehr  die 
Kriegs-  und  Zivilblinden  unter  der  unbefrie- 
digenden Rechtslage  leiden,  ist  in  dem  Auf- 
satz „Um  eine  Neuordnung  im  Blindenwaren- 
handel.  —  Eine  Darstellung  der  Rechtsgrund- 
lagen mit  Vorschlägen  zur  Beseitigung  der 
Mißstände  im  Vertrieb  mit  Bedarfsgütern, 
die  von  Blinden  hergestellt  werden  kön- 
nen"*) —  erläutert  worden. 

Die  Vorschläge  zur  Beseitigung  der  Miß- 
stände haben  wohl  anerkennendes  Echo  ge- 
funden. Ihre  Verwirklichung  scheitert  offen- 
bar an  gewissen  dekartellierungsrechtlichen 
Bedenken  verschiedener  Regierungsstellen.  In 
diesem  Chaos  gedeiht  der  wilde  Blindenwaren- 
handel  um  so  üppiger.  Das  Land  wird  von 
Vertreterkolonnen  überschwemmt.  Der  Fach- 
mann wundert  sich,  woher  diese  Massen  von 
angeblich  handgearbeiteten  Blindenwaren 
kommen,  die  in  Wirklichkeit  zum  großen  Teil 
Fabrikwaren  und  gestanzte  Fertigwaren 
Sehender  sind.  Als  Blindenwaren  gelten  nach 
§  56a  der  Gewerbeordnung  nur  solche  Er- 
zeugnisse, bei  denen  Blinde  die  das  Erzeug- 
nis in  seinen  wesentlichen  Merkmalen  be- 
stimmenden Arbeiten  verrichtet  haben.  Ver- 
sehrtenwerke und  Blindenbetriebe  werden 
überall  eröffnet.  Der  größte  Teil  dieser 
Betriebe  macht  mit  ein  paar  Blinden 
als  Aushängeschild  lukrative  Ge- 
schäfte. Auf  einen  Blinden  werden  zwei  bis 
drei  Vertreter  beschäftigt,  während  in  Wirk- 
lichkeit ein  blinder  Handwerker  höchsten- 
falls einen  Vertreter  zu  beschäftigen  im- 
stande ist.  Diese  Blindenwarenfabriken  zäh- 
len auch  sehr  hohe  Provisionssätze;  die  in 
der  Deutschen  Blindenarbeit  e.  V.  zusam- 
mengefaßten blinden  Handwerker  können 
und  wollen  über  einen  Provisionssatz  von 
20°/o  nicht  hinausgehen.  Die  Folge  ist,  daß 
es  heute  schon  schwer  ist,  tüchtige  Ver- 
trete r  für  den  Absatz  der  von  den  Blinden 
hergestellten  Erzeugnisse  zu  finden.  Es  er- 
gibt sich  das  merkwürdige  Bild,  daß  die 
Arbeit  für  die  Blinden  und  die  Absatz- 
möglichkeiten für  die  Blindenwaren  in  aus- 
reichendem Umfang  vorhanden  wäre,  daß 
der  Käufer  aber,  durch  Erfahrungen  klug  und 
mißtrauisch  zugleich  geworden,  mit  dem  Kauf 
von  Blindenwaren  zögert  und  lieber  nichts 
einkauft,  als  sich  von  Schwindlern  mit  über- 
teuerten Waren  übertölpeln  zu  lassen.  Der 
Absatz  von  reellen  Blindenwaren  geht  von 
Monat  zu  Monat,  von  Woche  zu  Woche  in 
einem  steten  Umfang  zurück.  Mit  mathema- 
tischer Genauigkeit  läßt  sich  der  Tag  errech- 
nen, an  dem  ein  zur  Geduld  erzogenes,  aber 
unwillig  gewordenes  Blindenheer  Abhilfe  die- 
ser Mißstände  und  die  Sicherung  seiner 
Existenzgrundlage  durch  ausreichende  Arbeit 
fordert.   Muß  es  so  weit  kommen? 

Im  Land  Württemberg-Baden  sind 
die  maßgeblichen  Stellen  der  Wirtschaftsver- 
waltung nicht  gewillt,  diese  Mißstände  län- 
ger hinzunehmen.  Weil  Taten  schwerer  wie- 
gen als  Versprechungen  und  weil  in  abseh- 
barer Zeit  mi't  einer  gesetzlichen  Regelung 
der  Materie  auf  Bundesebene  kaum  zu  rech- 
nen ist,  wurden  angesichts  der  Dringlichkeit 
dieser  Frage  alle  Bedenken  zurückgestellt 
und  ein  Erlaß  vorbereitet,  der  sich  eingehend 
mit  der  Klärung  dieses  Problems  beschäftigt. 
Der  Erlaß,  dessen  Wortlaut  nachstehend  ver- 
öffentlicht wird,  geht  von  der  Feststellung 
aus,  daß  das  Verbot  des  §  56  a,  Abs.  2, 
1.  Abschn.  der  Gewerbeordnung,  mit  Blinden- 
waren zu  handeln,  nach  wie  vor  Gültig- 
keit hat.   Da  es  aber  natürlich  unsinnig  und 


den  Interessen  der  Blinden  gerade  entgegen- 
gesetzt wäre,  den  Blindenwarenhandel  in 
summa  zu  verbieten,  werden  von  diesem 
Verbot  Ausnahmen  bis  zum  Erlaß  einer 
bundesgesetzlichen  Neuregelung  in  denjeni- 
gen Fällen  gemacht,  in  denen  die  Blinden- 
ware  mit  dem  patentamtlich  geschützten  Blin- 
denwarenzeichen  (zwei  nach  der  Sonne  grei- 
fende Hände)  versehen  sind  und  der  Wander- 
gewerbetreibende den  gelben  Einheitsaus- 
weis der  dem  genannten  Verein  angeschlos- 
senen Blindenorganisation  besitzt.  Vertreter, 
die  in  der  Deutschen  Blindenarbeit  organi- 
siert sind,  können  somit  unbehelligt,' 
selbstverständlich  im  Rahmen  und  unter  Ein- 
haltung der  gesetzlichen  Vorschriften,  die 
Erzeugniss«  der  von  ihnen  vertretenen  Blin- 
den oder  Blindengenossenschaften  absetzen. 
Dagegen  ist  grundsätzlich  in  allen  anderen 
Fällen  die  Berechtigung  zum  Blindenwaren- 
handel genau  zu  prüfen  und  gegen  Miß- 
bräuche unter  Anwendung  der  in  dem  Erlaß 
aufgeführten  Strafbestimmungen  un- 
verzüglich und  mit  Nachdruck  einzuschreiten. 
Der  Erlaß  soll  zweierlei  be- 
zwecken: 

1.  den  Schutz  von  reellen  Blindenwaren,  die 
von  den  Blinden  vertrieben  werden,  die 
sich  einer  freiwilligen  Selbstkontrolle  un- 
terwerfen, also  in  der  Deutschen 
Blindenarbeit  e.  V.  zusammenge- 
schlossen sind. 

2.  Die  Ausmerzung  aller  jener  Zeitblüten, 
die  unter  Zuhilfenahme  gutgläubiger  Blin- 
der diese  als  Aushängeschild  be- 
nutzen, um  erhebliche  Profite  unter  Anruf 
des  Mitleids  der  Bevölkerung  einzu- 
stecken, indem  sie,  neben  einem  gering- 
fügigen Anteil  an  Blindenwaren,  in  der 
Hauptsache  von  Sehenden  hergestellte 
Zusatzwaren  ebenfalls  als  Blindenware 
überteuert  vertreiben. 

Der  Erlaß  soll  aber  auch  eine  Kontrolle 
aller  am  Blindenwarenhandel  Beteiligten  ge- 
statten und  damit  die  Wiedereinführung  ge- 
sunder, reeller  Geschäftsmethoden  im  Rah- 
men einer  freien  aber  sauberen  Konkurrenz 
ermöglichen.  Die  rücksichtslose  Be- 
strafung aller  der  Elemente,  die  sich  auf 
Kosten  der  Blinden  bereichern  zu  können 
glauben,  durch  scharfe  Anwendung  der  ge- 
setzlichen Strafbestimmungen  soll  der  Haupt- 
zweck des  an  alle  württembergischen  und 
badischen  Landrats-  und  Bürgermeisterämter 
und  die  Landespolizeidirektionen  und  Polizei- 
ämter gerichteten  Erlasses  sein. 

Der  Erlaß  hat  folgenden  Wort- 
laut: 

„Nach  §  56a  Abs.  2  GewO  in  Verbindung  mit 
der  hierzu  ergangenen  Durchführungsverordnung 
vom  1.  10.  1934  (RGBl.  I  S.  868)  I  6.  4.  1940 
(RGBl.  1  S.  623)  ist  im  Wandergewerbe  der  Hin- 
weis auf  die  Herstellung  der  Waren  durch  Blinde 
oder  auf  die   Fürsorge   lür   solche   nur   unter  be- 


Btimmten  Voraussetzungen  gestattet.  Diese  zum 
Schutze  des  echten  Blindenhandwerks  getroffene 
Regelung  wurde  dadurch  entwertet,  daß  der  ehe- 
malige Reichsverband  lür  das  Blindenhandwerk, 
der  das  amtlich  vorgeschriebene  Blindenwaren- 
zeichen  verliehen  hat,  aus  dekartellierungsrecht- 
lichen Gründen  im  Jahre  1945  aufgelöst  werden 
mußte.  Die  praktisch  an  seine  Stelle  getretene 
„Deutsche  Blindenarbeit  e.  V."  beruht  auf  frei- 
williger Mitgliedschaft.  Da  sie  keine  amtlichen 
Funktionen  besitzt,  ist  sie  nicht  in  der  Lage, 
Mißbräuche  zu  unterbinden,  die  hauptsächlich  darin 
bestehen,  daß  in  großem  Umfang  Erzeugnisse, 
die  nicht  von  Blinden  stammen,  als  Blindenware 
mit  zum  Teil  überteuerten  Preisen  bei  mangel- 
hafter Qualität  vertrieben  werden.  Um  die  dem 
echten  Blindenhandwerk  dadurch  entstehende 
schwere  ideelle  und  materielle  Schädigung  zu 
unterbinden,  wird  auf  folgendes  hingewiesen: 

1.  Das  Verbot  des  Feilhaltens  von  Waren  und 
das  Aufsuchen  von  Bestellungen  auf  Waren  im 
Umherziehen  unter  Bezugnahme  auf  die  Beschäf- 
tigung von  Blinden  oder  auf  die  Fürsorge  lür 
solche  besteht  nach  wie  vor  und  muß  grundsätz- 
lich durchgeführt  werden.  Zuwiderhandlungen  sind 
gemäß  §148  Ziff.  7a  GewO  strafbar.  In  beson- 
deren Fällen  kann  gleichzeitig  der  Tatbestand  des 
Betruges  oder  des  §  4  UWG  gegeben  sein. 

2.  Bis  zum  Erlaß  einer  gesetzlichen  Neuregelung 
kann  von  der  Durchführung  dieses  Verbots  ab- 
gesehen werden,  wenn  folgende  Voraussetzungen 
erfüllt  sind: 

a)  Die  Ware  muß  von  Blinden  handwerksmäßig 
hergestellt  sein.  Soiern  sie  mit  dem  patentamtlich 
geschützten  Blindenwarenzeichen  der  „Deutschen 
Blindenarbeit  e.  V."  (zwei  nach  der  Sonne  grei- 
fende Hände)  versehen  ist  und  der  Wander- 
gewerbetreibende außerdem  den  gelben  Einheits- 
ausweis der  diesem  Verband  angeschlossenen  Blin- 
denorganisationen  besitzt,  kann  grundsätzlich  an- 
genommen werden,  daß  es  sich  um  echte  Blinden- 
ware handelt.  In  anderen  Fällen  ist  diese  Vor- 
aussetzung in  geeigneter  Weise  unter  besonderer 
Beachtung  der  Bestimmungen  in  Abs.  b)  und  c) 
zu  prüfen. 

b)  Die  Ware  muß  die  Ursprungszeichnung  der 
Stelle  tragen,  die  sie  zuerst  in  den  Verkehr  bringt; 
sie  muß  also  erkennen  lassen,  woher  sie  stammt. 
Damit  ist  die  Möglichkeit  einer  Nachprüfung  ge- 
geben, von  der  nötigenfalls  Gebrauch  zu  machen 
ist. 

c)  Neben  der  Blindenware  dürfen  Handels-  oder 
Fabrikwaren  nur  zusätzlich,  d.  h.  in  unleigeord- 
netem  Umlang  (bis  zu  rund  25  %  des  Wertes  der 
mitgelührten  Waren),  angeboten  werden.  Sie 
müssen  überdies  deutlich  als  Nichtblindenwaren 
kenntlich  sein.  Aul  die  Einhaltung  dieser  Be- 
stimmung, gegen  die  häufig  verstoßen  wird,  ist 
nach  Möglichkeit  besonders  zu  achten.  Zusatz- 
waren sind  vor  allem  sämtliche  Waren,  die  ihrer 
Art  nach  nicht  von  Blinden  hergestellt  sein  können 
(z.  B.  gestanzte  Bürsten,  Seifen,  Gummischürzen). 

Ich  bitte,  den  ambulanten  Handel  mit  Blinden- 
waren in  Zukunft  nach  diesen  Richtlinien  zu  über- 
wachen und  die  Vollzugsbeamten  mit  den  erfor- 
derlichen Weisungen  zu  versehen.  Falls  Schwie- 
rigkeiten aultreten,  bitte  ich  zu  berichten." 

Reg. -Oberinspektor  Norbert  M  a  h  1  e  r 
(Stuttgart) 


Die  Wissenschaft  hilft  dem  Praktiker 

Ein  hervorragendes  Werk  über  den  Führhund 


i 


*)  „Der  Kriegsblinde",  Heft  10,  Juni  1951,  S.  1— 3 


Das  Streben,  die  hundlichen  Leistungen  zu 
steigern  und  die  Arbeit  daran  ist  nach  dem 
Kriege  noch  nicht  wieder  voll  in  Gang  ge- 
kommen. Die  „Gesellschaft  für 
Hundeforschung",  Sitz  Hamburg,  hat 
nun  in  dieser  Richtung  einen  Schritt  vorwärts 
getan.  In  ihrer  Zeitschrift  (Band  XIX,  1951) 
hat  sie  einen  im  Blindenführhundwesen 
durch  und  durch  erfahrenen  Praktiker  das 
Wort   zu   wichtigen   Ausführungen   gegeben. 

Dr.  Heinz  Brüll,  Assistent  am  Institut 
für  Umweltforschung  der  Universität  Ham- 
burg, stand  im  zweiten  Weltkrieg  der  Blin- 


in   der   Mark 
Leitung   3  8  5 


denführhundstaffel  Biesenthal 
vor,  an  welcher  unter  seiner 
Kriegsblinde  mit  Führhunden  ausgebil 
det  wurden  und  zwar,  wie  bei  allen  der  ehe- 
maligen Wehrmacht  unterstehenden  Schulen, 
nach  dem  Verfahren  v.  Uexküll-Sarris,  also 
unter  Anwendung  des  Führhundwagens. 

Aus  jedem  Wort  der  Brüllschen  Arbeit 
spricht  der  Praktiker,  aber  nicht  der  ein- 
seitige Praktiker,  sondern  einer,  der  über  das 
unentbehrliche  wissenschaftlich  geschulte 
Fachwissen  verfügt,  ohne  welches  die  bei 
der  Verwendung  von  Leistungshunden  vor- 


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liegenden  Probleme  nicht  tiefgründig  erfaßt       entziehen    kann 
werden  können.  Tun  oder  Lassen. 


richtung  des  Führhun- 
des geschaffen  hat. 
Heute  weiß  jeder,  daß 
eine,  allen  Anforde- 
rungen an  zuverlässige 
hundliche  Leistungen 
entsprechende  Abrich- 
tung ohne  Hindernis- 
garten nicht  möglich 
ist.  Und  welchen  Fort- 
schritt bietet  der  Führ- 
hundwagen, auch 
künstlicher  Mensch  ge- 
nannt! Brüll  hat  ihn 
wesentlich  verbessert. 
Im  einschlägigen 
Schrifttum  ist  einmal 
der  Nutzen  des  Führ- 
hundwagens wie  folgt 
begründet  worden:  Bei 
dessen  Verwendung 
gehe  der  bei  der  Ab- 
richtung nun  einmal 
unvermeidliche  Zwang 
vom  Abrichter  auf  den 
künstlichen  Menschen 
über,  und  damit  ent- 
falle die  bei  Zwang- 
anwendung entste- 
hende Angst  des  Hun- 
des vor  dem  Abrichter. 
Hierzu  ist  zu  sagen: 
Bei  jeder  Zwang- 
anwendung entsteht 
anfänglich  Angst  des 
Hundes.  Sie  schwindet 
jedoch  bei  fortschrei- 
tender Abrichtung 
mehr  und  mehr  und 
hört  vollkommen  auf, 
sobald  der  Hund  durch 
die  Abrichter-Einwir- 
kungen gelernt  hat, 
daß  er  sich  dem  Zwang 
durch    ein    bestimmtes 


Der  so  unheilvolle  Störenfried  bei  der  Ab- 
richtung und  Führung:  die  Vermensch- 
lichung des  Hundes,  die  noch  immer  ihr  Un- 
wesen treibt,  ist  von  Brüll  gründlich  ausge- 
merzt. Ein  großer  Fortschritt!  Einleitend  hebt 
Brüll  hervor,  daß  das  natürliche  Verhalten 
des  Hundes  beim  Abrichten  zum  Führen  Er- 
blindeter erheblich  unterdrückt  werden  und 
daß  die  hundliche  Bewegungsfreiheit  stark 
eingeschränkt  werden  muß. 

Der  Führhund  wird  durch  die  Abrichtung 
in  einen  anderen  Raum  versetzt,  insofern 
„als  der  mit  nur  wenigen  Hindernissen  aus- 
gestattete Raum  des  Hundes  zusätzlich  mit 
all  den  Hindernissen  angefüllt  wird,  die  sonst 
für  ihn  von  keinerlei,  für  den  Menschen  da- 
gegen von  um  so  größerer  Bedeutung  sind." 

Das  Werk  Brülls  enthält  zwei  Hauptab- 
schnitte: „Biologische  Grundlagen  der  Ab- 
richtung des  Hundes"  und  „Die  Versorgung 
Späterblindeter  mit  Führhunden."  Die  letz- 
tere Themenbenennung  zeigt  vor  allem,  wie 
wichtig  diese  Schrift  auch  für  die  Versor- 
gungs-  und  Fürsorgebehörden  ist! 

Der  bedeutsame  Inhalt  beider  Abschnitte 
kann  im  Rahmen  dieser  Besprechung  nur  in 
groben  Umrissen  wiedergegeben  werden. 
Im  ersten  Abschnitt  weist  Brüll  mit  Nach- 
druck darauf  hin,  wie  wichtig  die  Unterord- 
nungsübungen für  das  zuverlässige  Arbeiten 
des  Führhundes  sind.  „Das  Herankommen", 
heißt  es,  „kann  nicht  oft  genug  geübt  wer- 
den." Bei  seinen  Ausführungen  über  die 
Abrichtung  folgt  Brüll  der  Dressurlehre  von 
Most  und  verweist  dabei  auf  dessen  grund- 
legendes  Abrichtebuch. 

über  Haltung,  Pflege  und  Fütterung  wer- 
den sodann  wichtige  Richtlinien  gegeben. 
Es  folgt  die  eingehende  Darstellung  der 
Hindernis-Abrichtung  nach  dem  Verfahren 
v.  Uexküll-Sarris  und  Angaben  über  die 
erforderlichen  Abrichtegeräte.  Brüll  ist.es, 
der    den    Hindernisgarten    zur    Ab- 


Nun  ist  Zwang,  der  vom  Abrichter  un- 
mittelbar ausgeht  und  die  durch  diesen 
Zwang  anfänglich  eintretende  Angst  —  man 
denke  an  die  Unterordnungsübungen  —  so- 
gar erwünscht!  Denn  allein  durch  Zwang, 
ausgeübt  auf  den  Hund  durch  den  Leithund 
Mensch,  wird  die  unerläßliche,  bedingungs- 
lose Unterordnung  erzielt.  Es  ist  also  un- 
mittelbar vom  Abrichter  ausgehender 
Zwang,  wie  er  bei  der  Hindernisabrichtung 
ohne  Führhundwagen  nötig  wird,  an  sich 
von  keinerlei  Nachteil!  Dies  allerdings  nur 
unter  der  Voraussetzung,  daß  der  Zwang 
richtig   angewandt  wird. 

Weil  dies  aber  heute  durchaus  nicht 
durchweg  gewährleistet  ist,  schützt  die  Be- 
nutzung eines  künstlichen  Menschen  vor 
falscher  Zwanganwendung.  Das  ist  der 
eine  Vorteil  des  Verfahrens  v.  Uexküll- 
Sarris.  Ein  weiterer,  nicht  hoch  genug  ein- 
zuschätzender Nutzen  dieses  Verfahrens  be- 
ruht in  folgendem:  Die  Abrichtung  auf  Hin- 
dernisse wird  sozusagen  objektiviert.  Zwar 
sind  die  beiden  so  schädlichen  Abrichte- 
fehler: die  Kenntnis  des  Abrichters  von  der 
Lösung  der  dem  Hund  gestellten  Aufgabe 
sowie  die  Unkenntnis  des  Abrichters  über 
die  von  ihm  auf  den  Hund  ausgehenden 
wirksamen  Sinnesreize  durch  die  Most- 
s  c  h  e  Abrichtelehre  weitgehend  beseitigt 
worden,  doch  erfordert  das  Vermeiden  un- 
willkürlicher und  oft  unbewußter  Körper- 
bewegungen und  -haltungen  des  Abrichters, 
wenn  er  mit  dem  lernenden  Hund  in  die 
Nähe  von  Hindernissen  gelangt,  einen  hohen 
Grad  von  Selbstbeherrschung,  um  zu  ver- 
hindern, daß  der  „Bewegungsseher  Hund", 
anstatt  auf  die  Hindernisse,  auf  die 
Körperbewegungen  und  -haltungen  seines 
Abrichters  eingestellt  wird.  Diesem 
subjektiven,  menschlichen  Unvollkommen- 
heiten  oft  unterliegenden  Abricht&verfahren 
steht  nun  das  durch  den  Führhundwagen 
ermöglichte,    objektive    mit    großem   Vorteil 


gegenüber.  Denn  eine  Maschine  hat  kein 
Gehirn  und  keine  Nerven,  ihr  fehlt  die 
(Körperbewegungen  auslösende)  Erwartungs- 
spannung in  der  Nähe  von  Hindernissen. 
Damit  ist  gesichert,  daß  Sinnesreize,  die  den 
Hund  verwirren,  vermieden  werden.  Eine 
Maschine  arbeitet  eben  maschinenmäßig,  wie 
es  für  den  vorliegenden  Fall  das  'Wünsch- 
barste im  Sinne  des  Abrichtezieles  ist. 

Aber  beileibe  darf  man  das  Maschinen- 
mäßige nicht  auf  den  Hund  selbst  über- 
tragen. Mit  Recht  warnt  Brüll  im  zweiten 
Teil  seines  Buches  („Die  Versorgung  Spät- 
erblindeter mit  Führhunden")  vor  der  Illu- 
sion: „mit  dem  Führhund  eine  exakt  arbei- 
tende Maschine  in  die  Hand  zu  bekommen, 
an  die  man  sich  träumenderweise  nur  an- 
zuhängen braucht,  um  überall  hinzugelan- 
gen". Der  Hund  ist  ein  Geschöpf,  in  dem 
Verstand,  Gefühle  und  Triebe  wohnen,  das 
Gedächtnis  hat,  das  lernt,  freilich  auf  an- 
dere Weise,  als  der  Mensch  es  vermag,  das 
aber  auch  vergißt,  kurz,  dessen  Seelenleben 
man  kennen  muß,  um  zu  einer  seinem  Auf- 
fassungsvermögen angepaßten  Verständi- 
gung zu  gelangen.  Deshalb  hängt  von  der 
fachmännischen  Handhabung  der  Abrichtung 
und  nicht  zuletzt  von  ebensolcher  Aus- 
bildung der  Blinden  so  viel  ab,  um 
Führer  und  Hund  in  eine  Einheit  zu  ver- 
schmelzen. Und  deshalb  weist  Brüll  darauf 
hin,  daß  das  Führhundproblem  in  seiner 
Gesamtheit  als  „Zweig  der  angewandten 
Biologie  und  Psychologie"  anzusehen  ist. 
Nicht  als  ob  etwa  Abrichter  und  Führer  von 
Blindenführhunden  Wissenschaftler  sein, 
oder  in  die  Wissenschaft  eindringen  müß- 
ten, nein,  die  Wissenschaft  und  in  der  Regel 
allein  die  Wissenschaft  ist  jedoch  in  der 
Lage,  Fortschritte  zu  erarbeiten  und  für 
jedermann  Verständliches  dem  Praktiker 
in  die  Hand  zu  geben.  Das  Verfahren 
v.  -Uexküll-Sarris  und  der  Brüllsche  Führ- 
hundwagen sowie  sein  Hindernisgarten  sind 
Beweise  genug  dafür. 

Wie  wichtig  sind  in  diesem  Zusammen- 
hang die  Ausführungen  Brülls  über  die  zu 
berücksichtigenden  seelischen  Verschieden- 
heiten der  Menschen  im  Hinblick  auf  die 
Führung  von  Hunden,  über  die  Raumbe- 
herrschung, über  Bewegungssicherheit  und 
Bewegungsangst,  über  die  besonderen  Er- 
schwerungen bei  Versorgung  und  Einarbeit 
Späterblindeter  mit  Führhunden! 

Unter  diesen  Gesichtspunkt  fallen  beson- 
ders diejenigen,  welche  neben  der  Erblin- 
dung noch  zusätzliche  Verletzungen  (Arm- 
und  Beinamputation,  Hirnverletzung)  davon- 
getragen haben. 

An  einer  großen  Anzahl  von  Beispielen 
aus  der  Praxis  werden  diese  Themen  ein- 
gehend behandelt  und  alles  läuft  darauf  hin- 
aus, ein  harmonisches  Zusammenwirken  von 
Mensch  und  Hund  zu  erreichen,  damit  der 
Erblindete  mit  Hilfe  des  Führhundes  seine 
Selbständigkeit  wieder  erlangt. 

Das  aufs  wärmste  zu  empfehlende  Buch 
Brülls:  „Der  Blindenführhund,  ein  Leit- 
faden für  seine  Abrichtung  und  Zuteilung  an 
Späterblindete"  umfaßt  64  Seiten  mit  16  Ab- 
bildungen. (Verlag  Dr.  Paul  Schöps,  Frank- 
furt a.  M.)  Preis  7,50  DM.  Konrad  Most 

Die  Kriegserblindung  der#  Zukunft? 

Wird  die  Kriegserblindung  der  Zukunft 
vornehmlich  von  der  Atombombe  her- 
rühren? Schon  in  Hiroshima  zeigten  sich  selt- 
same Augenerkrankungen  und  Erblindun- 
gen. Nun  macht  man  ähnliche  Erfahrungen  in 
Las  Vegas  (USA),  das  120  km  vom  Atom- 
bomben-Versuchsplatz entfernt  liegt.  Hier 
haben  bereits  fünf  Frauen  auf  unerklärliche 
Weise  ihr  Augenlicht  verloren.  Wahrschein- 
lich hängen  diese  Erblindungen  damit  zu- 
sammen, daß  diese  Frauen  Nickelbrillen  tru- 
gen, zumal  bei  Männern  Lähmungserschei- 
nungen eintraten,  dort,  wo  sie  Gegenstände 
aus  Nickel  trugen. 


UDaruvn  sind  rCriegsolindenenen  glücltlicher? 


Vor  kurzem  gab  ein  Kriegsverletzter,  dem 
es  darauf  ankam,  in  tendenziöser  Weise 
eine  Wertung  der  Schwere  des  Schicksals 
von  einem  Kriegsblinden  und  einem  Hirn- 
verletzten zu  geben,  folgende  kleine  Ge- 
schichte zum  besten: 

Ihn  habe  ein  junges  Mädchen  schriftlich 
gefragt,  ob  sie  lieber  einen  Kriegsblinden 
oder  einen  Hirnverletzten  heiraten  solle,  und 
er  habe  geantwortet,  sie  solle  lieber  einen 
Kriegsblinden  heiraten,  da  erfahrungsgemäß 
die  Ehe  mit  Kriegsblinden  glücklicher  aus- 
falle als  mit  Hirnverletzten.  Abgesehen  da- 
von, daß  eine  solche  Fragestellung  über- 
haupt an  dem  inneren  Wesenskern  der  Ehe 
vorübergeht,  zeugt  die  Antwort  von  der 
gleichen  Oberflächlichkeit,  mit  der  die 
Frage  gestellt  wurde.  So  ist  dem  Wesen 
und  dem  Problem  der  Kriegsblindenehe  nicht 
näherzukommen.  Zugegeben  —  mögen  uns 
auch  darüber  genauere  Zahlen  fehlen  — ,  daß 
die  Ehen  mit  Kriegsblinden  meist  glücklicher 
verlaufen  als  die  von  Hirnverletzten,  ja,  so- 
gar zugegeben,  daß  nach  unseren  genauen 
Kenntnissen  des  Verlaufs  von  Kriegsblinden- 
ehen  nach  dem  ersten  Weltkrieg  es  stimmt, 
daß  Kriegsblindenehen  prozentual  glücklicher 
verlaufen  als  die  uns  bekannten  Prozent- 
sätze bei  den  Ehen  der  Sehenden  und 
gesunden  Menschen,  so  beweist  das  letztere 
gerade,  daß  durch  diese  Feststellungen  kei- 
nerlei Bewertung  der  Schwere  des 
Schicksals  gegeben  ist. 

Vielmehr  muß  gerade  behauptet  werden, 
daß  die  —  wenigstens  in  der  Bewertung  der 
Sehenden  —  besondere  Schwere  des  Schick- 
sals der  Kriegsblinden  nur  innerlich  sehr 
reife  Frauen  den  Entschluß  fassen  läßt, 
einen  nach  ihrer  Auffassung  so  schwer  vom 
Schicksal  getroffenen  Menschen  zu  heiraten. 
Diese  Feststellung  bestätigt  aber  eine  weitere 
von  uns  gemachte  Erfahrung,  daß  gerade  die 
nach  der  Erblindung  geschlossenen  Ehen 
in  der  Regel  glücklicher  verlaufen  als  die 
Ehen,  die  schon  vor  der  Erblindung  geschlos- 
sen waren.  Dies  ist  nur  daraus  zu  erklären, 
daß  die  Frauen,  die  den  Kriegsblinden  heira- 
ten, von  vornherein  sich  der  Schwere 
ihrer  Aufgabe  bewußt  sind.  Sie  wollen  ihrem 
Mann  nun  helfen,  dies  schwere  Schicksal 
leichter  zu  ertragen,  während  die  Frauen, 
die  mit  einem  Sehenden  verheiratet  waren, 
der  nun  aus  dem  Krieg  als  Blinder  heim- 
kehrt, dessen  schwere  Verwundung  nicht  nur 
als  Schicksalsschlag  des  Mannes  empfinden, 
sondern  als  einen  Schlag  des  Schicksals,  der 
sie  selbst  betroffen  hat  und  den  sie  erst 
selbst  für  sich  überwinden  müssen. 

Leider  muß  gesagt  werden,  daß  sehr  viele 
Frauen  hier  viel  zuviel  Kräfte  zur  Überwin- 
dung des  eigenen  Schicksals  verbrauchen, 
ja,  sogar  fh  manchen  Fällen  schon  damit 
nicht  fertig  werden,  so  daß  diese  Kriegs- 
blindenehen häufiger  zerbrechen  oder  zumin- 
dest beeinträchtigt  werden. 

Es  ist  auch  eine  Erfahrungstatsache,  daß  in 
sehr  vielen  Fällen  die  schon  vor  der  Kriegs- 
erblindung bestehenden  Verlobungen  einer 
späteren  glücklichen  Ehe  eher  hinderlich  als 
förderlich  waren,  denn  auch  hier  empfindet 
die  Verlobte  in  vielen  Fällen  die  Kriegs- 
erblindung nicht  als  ein  dem  Mann  allein 
widerfahrenes  Schicksal.  Trotz  bestem  Wol- 
len und  tiefstem  Mitleid  vermögen  sie  dann 


nicht  mehr  das  Verständnis  für  das  Schick- 
sal der  Kriegsblinden  so  aufzubringen,  wie 
es  als  unbedingte  Grundlage  einer  glück- 
lichen Kriegsblindenehe  erforderlich  ist.  Ge- 
rade dies  ist  mit  feinster  psychologischer 
Einfühlung  und  tiefer  Erkenntnis  in  dem 
Kriegsblindenfilm  „Sieg  über  das  Dunkel" 
in  so  hervorragender  Weise  zur  Darstellung 
gebracht  worden. 

Wenn  dies  auch  Voraussetzungen  für  den 
glücklichen  Verlauf  einer  Kriegsblindenehe 
sind,  so  vermögen  sie  allein  doch  nicht  die 
oben  erwähnte  Erfahrungstatsache,  daß 
Kriegsblindenehen  in  der  Regel  glücklicher 
als  die  Ehen  von  Sehenden  sind,  zu  erklären. 
Dies  wird  in  der  Hauptsache  wohl  vor  allem 
dadurch  bedingt,  daß  die  innige  Verbunden- 
heit des  Kriegsblinden  mit  seiner  Lebens- 
kameradin in  allen  Lebenslagen  und  stünd- 
lich, sein  Angewiesensein  auf  ihre  dauernde 
Hilfe,  ihre  Unentbehrlichkeit  bei  den  meisten 
Verrichtungen  des  täglichen  Lebens,  das  rest- 
lose Ausschöpfen  der  in  allen  Frauen  zu- 
tiefst verwurzelten  mütterlichen  Liebe,  we- 
sentliche Grundlagen  des  glücklichen  Zu- 
sammenlebens in  der  Ehe  sind. 

Wenn  man  aber  weiter  bedenkt,  daß  dem 
Kriegsblinden  all  das,  was  ihm  früher  sein 
eigenes  Augenlicht  mühelos  vermittelte,  jetzt 
nur  noch  durch  die  Augen  seiner  Frau  ver- 
mittelt wird  und  da*  sie  ihm  nicht  nur  eine 
Vermittlerin  der  Eindrücke  ist,  sondern 
unwillkürlich  bei  der  Vermittlung  auch  ihre 
eigene  Empfindung,  ja,  ihre  ganze  Seele  in 
ihre  Augeneindrücke  legt,  dann  wird  man 
erst  begreifen,  wie  das  Bild  der  Welt,  wie 
es  dem  kriegsblinden  Manne  begegnet,  eng 
mit  dem  Weltbild  der  Frau  verbunden  ist. 
Zwar  wird  die  Erinnerung  besonders  in  den 
ersten  Jahren  der  Erblindung  noch  korrigie- 
rend eingreifen,  aber  je  länger  die  Ehe  schon 
gedauert  hat  und  je  mehr  die  Welt  der 
Sehenden  für  den  Kriegsblinden  eins- 
geworden ist  mit  der  Welt,  wie  sie  seine 
sehende  Frau  betrachtet  und  auffaßt,  be- 
sonders, wenn  sie  es  verstanden  hat,  sich 
das  Vertrauen  ihres  Mannes  zu  erwerben, 
um    so    harmonischer    und    unzertrennlicher 


muß  die  Kriegsblindenehe  sich  gestalten. 
Die  begreifliche  Scheu  der  Sehenden  vor 
den  Blinden  wird  niemals  oberflächliche,  son- 
dern nur  ernst  veranlagte  Frauen,  die  ein 
Verlangen  nach  restloser  Hingabe  und  sich 
verströmender  mütterlicher  Liebe  im  Innern 
verspüren,  zu  einer  Ehe  mit  einem  Kriegs- 
blinden schreiten  lassen.  So  schmerzlich  das 
für  uns  Kriegsblinde  dann  ist,  wenn  wir  bei 
manchen  jungen  Mädchen,  die  wir  kennen- 
lernen, eine  Enttäuschung  erleben  müssen, 
so  dienlich  ist  es  uns  bei  der  Wahl  des 
richtigen  Lebenskameraden.  Daher  ist  es 
nicht  verwunderlich,  daß  in  vielen  Fällen 
diejenigen  Frauen,  die  trotz  allen  Bedenken 
die  wahre  Liebe  zu  uns  Kriegsblinden  in 
ihrem  Herzen  empfinden,  älter  sind  als  wir, 
und  diese  Ehen  mit  älteren  Frauen,  die  sich 
bei  Sehenden  häufig  so  unheilvoll  auswir- 
ken, werden  bei  Kriegsblinden  ein  Unter- 
pfand für  das  Glück. 

Daher  kommt  es  auch,  daß  in  den  Kriegs- 
blindenehen, ohne  daß  es  die  Frau  als  be- 
sonders schmerzlich  empfindet,  die  Kinder 
gegenüber  dem  kriegsblinden  Ehemann  zu- 
rücktreten müssen,  weil  die  Frau  in 
ihrer  Mütterlichkeit  ein  echtes  Empfinden  da- 
für hat,  daß  der  Mann  ihrer  Liebe  meist  noch 
mehr  bedarf  als  die  Kinder,  während  bei 
den  Ehen  mit  einem  gesunden,  sehenden 
Partner  die  einseitige  Bevorzugung  der  Kin- 
der durch  die  Frau  häufig  die  Ursache  zu 
ehelichen  Zwistigkeiten  wird.  In  der  Kriegs- 
blindenehe werden  die  Kinder  meist  von 
frühester  Jugend  an  sogar  von  der  Mutter 
selbst  dazu  erzogen,  ihr  in  der  Betreuung 
des  kriegsblinden  Ehemannes  Helfer  zu  sein, 
und  in  dieser  Harmonie  der  Hilfe 
liegt  ebenfalls  ein  Geheimnis  der  glücklichen 
Kriegsblindenehen. 

Vielleicht  mag  die  hohe  Bewertung  der 
mütterlichen  Liebe  als  dem  innersten  Wesen 
der  weiblichen  Liebe  eine  Überschätzung 
sein,  zu  der  die  Erfahrungen  mit  Kriegs- 
blindenehen geführt  hat,  doch  haben  wir  für 
unseren  Teil  als  Kriegsblinde  darin  recht, 
wenn  wir  diese  mütterliche  Liebe  der  Frau 
als  den  wichtigtsen  Grund  dafüi  ansehen, 
daß  die  Kriegsblindenehen  mehr  als  andere 
Ehen  glücklich  werden  und  der  Frau  die 
schönste  Erfüllung  bringen.  P-  PI- 


C^JUJ  CVCtl  ^^^t^^i^P^^^ly 


Vier  Bezirke  in  Schleswig -Holstein 

Der  erweiterte  Vorstand  des  Landesver- 
bandes Schleswig-Holstein  hielt  seine  zweite 
ordentliche  Sitzung  in  Neumünster  am 
21.  Oktober  1951  ab,  die  durch  die  Anwesen- 
heit unseres  Bundesvorsitzenden  Dr.  Plein 
ihr  besonderes  Gepräge  erhielt.  Nachdem 
Kamerad  Eggers  die  großen  Verdienste  unse- 
rer allzufrüh  von  uns  gegangenen  Bundes- 
mutter gewürdigt  und  die  umfangreiche 
Tagesordnung  bekanntgegeben  hatte,  er- 
griff Kamerad  Dr.  Plein  das  Wort.  In  inter- 
essanten Darstellungen  schilderte  er  die 
Arbeit  des  Bundesvorstandes  und  leitete 
auf  die  nach  der  Satzung  vorgeschriebene 
Aufteilung  des  Landesverbandes  über.  Wäh- 
rend sich  der  Landesverband  bisher  in  den 
Bezirk  Lübeck  und  elf  Kreisgruppen  glie- 
derte, empfahl  Kam.  Dr.  Plein,  einer  klaren 


Linie  folgend,  die  Bildung  weiterer  Be- 
zirke. Damit  war  ein  schwieriger,  aber 
bedeutungsvoller  Punkt  erneut  in  den  Vor- 
dergrund gerückt.  Nach  einer  längeren  Dis- 
kussion erklärten  sich  die  Kameraden  für 
folgende  Lösung:  Mit  Wirkung  vom  1.  Ja- 
nuar 1952  ab  wird  der  Landesverband  in 
vier  Bezirke  aufgeteilt,  die  voraussicht- 
lich ihre  Sitze  in  Heide,  Kiel,  Lübeck  und 
Schleswig  haben  werden. 

Einen  breiten  Raum  nahmen  die  Erörte- 
rungen über  die  künftige  Gestaltung  der 
Arbeitsgemeinschaft  ein.  Nachdem  die  bis- 
herigen Zweigniederlassungen  der  „St. 
Georg,  Gemeinnützige  Arbeitsgemeinschaft 
der  Erblindeten,  GmbH.,  in  Hamburg"  zu 
selbständigen  Gesellschaften  erhoben  wor- 
den sind,  wird  die  genannte  Gesellschaft  hin- 
fort nur  noch  die  Bereiche   der  Landesver- 


Sri|adatf|bwp  IRdlhcInnitiD 

CIN' WEINBRAND,  D€R  HÄLT.  WAS  S6IN  NSM€  VERSPRICHT 


bände  Schleswig-Holstein  und  Hamburg 
umfassen.  Da  noch  verschiedene  Fragen  tech- 
nischer und  juristischer  Natur  zu  klären 
sind,  konnte  den  Kameraden  ein  abschlie- 
ßendes Bild  nicht  gegeben  werden. 

Die  im  Lande  Schleswig-Holstein  jetzt  an- 
gelaufene Arbeitsbeschaffungsaktion  wurde 
erläutert,  und  es  wurden  verschiedene 
Zweifelsfragen  in  der  Erholungsfürsorge  ge- 
klärt. Nach  der  Beratung  mehrerer  interner 
Angelegenheiten  schloß  Kamerad  Eggers 
nach  zehnstündiger  Dauer  die  letzte  Vor- 
standssitzung des  Landesverbandes  im  alten 
Gewände.  H.  K. 

Die   Kreisgruppe   Kiel/Plön  und   der   11.    11. 

Pünktlich  am  11.  11.,  11.11  Uhr,  setzte  sich 
der  große  Omnibus  mit  den  30  Kameraden 
der  Kreisgruppe  Kiel/Plön  in  Bewe- 
gung. Bald  war  die  Schwentinestadt  Preetz, 
das  Ziel  des  diesjährigen  Ausfluges,  erreicht. 
Unter  den  Klängen  einer  Musikkapelle  be- 
traten die  Kameraden  den  festlich  ge- 
schmückten Saal  der  Gaststätte  „Stadt  Kiel". 
Vertreter  von  Stadt  und  Kreis  featten  es  sich 
nicht  nehmen  lassen,  den  Kriegsblinden  die 
besten  Wünsche  für  das  Gelingen  ihres 
Festes  zu  übermitteln.  Nach  dem  gemein- 
samen Mittagessen  wurde  die  Kirche  des 
ehemaligen  Klosters  Preetz  „besichtigt".  Ein 
Beschließer  erläuterte  die  Kunstwerke  und 
schilderte  in  launiger  Weise  das  Leben  der 
ehemaligen  Nonnen.  Der  Organist  der 
Klosterkirche  — ■  selbst  blind  —  erfreute 
seine  Leidensgefährten  mit  einigen  Orgel- 
vorträgen. Dann  ging  es  zurück  in  die  Gast- 
stätte, wo  die  Kaffeetafel  wartete.  Wenn 
auch  der  Himmel  ein  gar  finsteres  Gesicht 
zeigte,  so  konnte  dies  der  fröhlichen  Stim- 
mung keinen  Abbruch  tun. 

Inzwischen  hatte  sich  die  Mädelgruppe 
des    schleswig-holsteinischen    Jugendaufbau- 


werkes eingefunden,  deren  Darbietungen 
reichen  Beifall  ernteten,  Die  Mädel  blieben 
bis  zum  Schluß  des  Festes  gern  gesehene 
Gäste.  Durch  eine  kleine  Tombola  konnte 
der  Preetzer  Hausfrauenbund  die  Kameraden 
"mit  kleinen  Geschenken  erfreuen.  Dann 
folgte  ein  Tänzchen.  Kamerad  Strauchmann 
hatte  keine  Mühe  gescheut,  diesen  Tag  zu 
einem  Erlebnis  der  Teilnehmer  werden  zu 
lassen.  Und  als  Kamerad  Kobcke  ihm  im 
Namen  der  Kameraden  für  diese  Mühe 
dankte,  da  war  der  Höhepunkt  der  Fröhlich- 
keit erreicht. 


Aus  dem  Bezirk  Unterfranken 

Am  26.  5.  1951  ist  in  einem  Krankenhaus 
in  Würzburg  der  gelähmte  kriegsblinde  Ka- 
merad Hans  Krüger  nach  einem  langen 
Leiden  rasch  und  unerwartet  im  31.  Lebens- 
jahr verstorben.  Als  Heimatvertriebener 
hatte  er  bei  Familie  Gut  jahr  in  Rottendorf 
bei  Würzburg  eine  neue  Heimat  gefunden. 
Er  wurde  wie  das  eigene  Kind  gepflegt  und 
lebte  glücklich.  Die  Kameraden  des  Bezirks 
Unterfranken  trauern  mit  den  Pflegeeltern. 
Sie  werden  ihm  stets  ein  treues  Gedenken 
bewahren.  J.  Friedel 


Erfolgreiche  Siedlungsfürsorge  in  Oberfranken 

Vorbildliches  Beispiel  für  Planung  und  Finanzierung 


In  der  Durchführung  einer  der  vornehmsten 
Aufgaben  unseres  Bundes,  nämlich  der  Sied- 
lungsfürsorge, kann  das  Jahr  1951  für  den 
Bezirk  Oberfranken  als  besonders  er- 
folgreich angesehen  werden.  Das  diesjährige 
dreißig  Projekte  umfassende  Bauprogramm 
fand  in  der  Errichtung  einer  Randsiedlung  in 
Bamberg  einen  beachtenswerten  Abschluß. 
Nach  Beendigung  zahlreicher  vorangegan- 
gener Verhandlungen,  Überwindung  von 
Finanzierungsschwierigkeiten  usw.,  konnte 
dort  unter  Teilnahme  von  Regierungsvertre- 
tern, des  Stadtrates  und  der  am  Siedlungs- 
werk beteiligten  Kameraden  am  16.  Oktober 
1951  das  Richtfest  gefeiert  werden.  Jedoch 
wären  unsere  gesteckten  Ziele  niemals  er- 
reicht worden  ohne  das  Verständnis  der 
Kommunalverwaltungen,  der  Bauabteilung 
bei  der  Regierung  Oberfranken,  der  Landes- 
versicherungsanstalt sowie  der  Zweigstelle 
der  Bayerischen  Hauptfürsorgestelle  und 
nicht  zuletzt  ohne  der  vertrauensvollen  und 
vorbildlichen     Zusammenarbeit     dieser     ge- 


nannten Dienststellen  mit  unserer  Schicksals- 
gemeinschaft. Heute,  nach  erfolgreicher  Be- 
endigung und  Durchführung  unseres  dies- 
jährigen Bauprogramms  erscheinen  uns  die 
vielen  vorangegangenen  Verhandlungen  von 
untergeordneter  Bedeutung.  Und  doch  sind 
es  gerade  diese,  welche  uns  erst  die  Grund- 
lage zum  Gelingen  unseres  Werkes  schufen. 
Es  dürfte  sicherlich  für  viele  unserer  Kamera* 
den  interessant  sein,  wie  sich  die  Planung 
und  auch  die  Finanzierung  bei  uns  gestaltete. 
Nachdem  wir  im  Bezirke  unsere  baulustigen 
Kameraden  namentlich  und  auch  örtlich  er- 
faßt hatten,  galt  es  sogleich,  einer  der  größ- 
ten Schwierigkeiten,  der  Grundstücks- 
beschaffung, zu  begegnen.  Auf  dem 
freien  Markte  waren  Grundstücke  fast  oder 
überhaupt  nicht  zu  erhalten.  Wenn  die 
Möglichkeit  zum  Erwerb  bestand,  so  waren 
die  Preise  in  den  Städten  kaum  erschwing- 
lich. Es  mußte  ein  solcher  Kauf  naturgemäß 
zu  einer  kolossalen  Verteuerung  der  all- 
gemeinen Baukosten  führen  und  machte  von 


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vornherein  eine  sofortige  Realisierung  unse- 
rer Siedlungsfürsorge  unmöglich.  Nur  wenige 
Kameraden  waren  glückliche  Besitzer  eines 
eigenen  Grundstückes,  und  es  galt,  für  die 
Mehrheit  eine  tragbare  Lösung  zu  finden. 
Diese  konnte  nur  durch  Erstellung  von  Erb- 
baupachtverträgen gefunden  werden.  Nach 
erfolgreichem  Abschluß  getätigter  Verhand- 
lungen mit  den  Stadtverwaltungen  Bamberg, 
Bayreuth,  Coburg  und  Selb  konnten  dort 
mit  den  einzelnen  Kameraden  die  Erbbau- 
pachtverträge auf  die  Dauer  von  99  Jahren 
abgeschlossen  werden.  Dadurch  wurde  die 
größte  Schwierigkeit  beseitigt,  und  es  konnte 
sofort  an  die  Planung  und  Herbeischaffung 
der  benötigten  Gelder  herangegangen 
werden.  Hierbei  bedarf  es  der  besonderen 
Erwähnung,  daß  sich  die  meisten  Stadtver- 
waltungen bereit  erklärten,  die  Erschlie- 
ßungskosten für  Straßenanteil  und 
Kanalisation  wenn  nicht  zu  erlassen,  so  doch 
auf  die  Zeit  von  zehn  Jahren  vorerst  zu 
stunden,  da  bekanntlich  während  dieser  Zeit 
die  Kameraden  die  größte  finanzielle  Be- 
lastung zu  tragen  haben. 

In  der  Herbeischaffung  der  Finanzierungs- 
mittel war  uns  durch  Verhandlungen  un- 
seres Landesverbandsvorsitzenden,  Kamerad 
L.  Birngruber,  mit'  der  Obersten  Baubehörde 
in  München,  ein  großer  Vorteil  in  die  Hand 
gegeben  worden.  Auf  Grund  eines,  durch 
diese  Verhandlungen  ergangenen  'Rund- 
erlasses an  die  B a u a b t e i 1 u n g e n 
der  Regierungsbezirke  und  der  kommunalen 
Dienststellen  bestand  die  berechtigte  Hoff- 
nung auf  bevorzugte  Gewährung  von 
Staatsbaudarlehen  aus  Mitteln  des  Sozialen 
Wohnungsbaues.  Diese  Hoffnung  erfüllte 
sich  hundertprozentig. 

Zu  Beginn  der  Projektierung  glaubten  wir 
die  Finanzierung  ausschließlich  mit  der  Ka- 
pitalabfindung und  dem  oben  erwähnten 
Staatsbaudarlehen  aus  dem  Sozialen  Woh- 
nungsbau sicherstellen  zu  können.  Ferner 
waren  wir  der  Annahme,  auf  diesem  Wege 
jeden  einzelnen  Kameraden  als  eigenen  Bau- 
herrn auftreten  lassen  zu  können,  um  ihn 
somit  sofort  in  den  Besitz  seines  Eigen- 
heimes zu  bringen.  Dieses  erwies  sich  aber 
infolge  ständig  steigender  Materialkosten 
und  Arbeiterlöhne  als  undurchführbar,  weil 
uns  eine  derartige  Finanzierung  unter  den 
erwähnten  Verhältnissen  ein  Auffangen  von 
eintretenden  und  unvorhergesehenen  Mehr- 
kosten nicht  ermöglichte.  Es  mußte  noch  ein 
anderer  Geldgeber  ausfindig  gemacht 
werden.  Die  Hypothekenbeschaffung  über  die 
Sparkassen  konnte  für  uns  keine  Lösung 
sein,  da  diese  Mittel  eine  zu  starke  Belastung 
für  den  einzelnen  Kameraden  mit  sich  brin- 
gen mußten.  Der  einzig  mögliche  Weg  war, 
die  Landesversicherungsanstalt  für  unsere 
Vorhaben  zu  gewinnen  und  von  dieser  auch 
die  erstrangigen  Hypothekendarlehen  zu  er- 
halten. Man  zeigte  uns  ein  bereitwilliges 
Entgegenkommen,  doch  konnten  wir  die  zur 
Verfügung  gestellten  Gelder  nur  dann  ver- 
wenden, wenn  wir  unsere  Projekte  durch 
anerkannte  Siedlungsbauträger  durchführen 
ließen.  Dieser  Umweg  erschien  uns  anfäng- 
lich unangebracht,  nach  Abschluß  von  Ver- 
handlungen mit  einzelnen  Siedlungsbauträ- 
gern jedoch  erwies  er  sich  als  vortreff- 
lich. Wir  hatten  die  Vereinbarung  treffen 
können,  daß  nach  Fertigstellung  'der  Eigen- 
heime diese  sofort  oder  nach  spätestens  drei 
Jahren  an  die  Kameraden  übertragen  wer- 
den. Daraufhin  stellte  uns  die  Landesversiche- 
rungsanstalt über  die  von  uns  vorge- 
schlagenen Siedlungsbauträger  ein  erstran- 
giges Hypothekendarlehen  von  insgesamt 
120  000  DM  zur  Verfügung,  und  zwar  zu 
einem  sehr  günstigen  Zins-  und  Tilgungssatz. 
Sie  sicherte  uns  somit  die  vollkommene 
Finanzierung  unserer  Vorhaben. 

Für  unsere  heimatvertriebene-n  Kameraden 
erwirkten  wir  in  allen  Fällen  in  Kopplung 
der    Mittelsgewährung    aus     dem    Sozialen 


Wohnungsbau  eine  Finanzierungsbeihilfe  aus 
der  Soforthilfe  bis  zu  2000  DM  und  — 
soweit  ehre  Einliegerwohnung  in  Betracht 
gezogen  war  und  es  sich  beim  späteren 
Mieter  um  einen  Flüchtling  handelte  —  zu- 
sätzlich    eine     Finanzierungshilfe     aus     der 


Pietlerkuchenmodel  (Norddeutsch   17.  Jahrh.) 

Soforthilfe  in  Höhe  bis  zu  1000  DM  als  Rest- 
finanzierung. Somit  gestaltete  sich  bei  fast 
allen  unseren  Kameraden  die  Finan- 
zierung wie  folgt:  Kapitalabfindung, 
Hypothekendarlehen  der  Landesversiche- 
rungsanstalt, Darlehen  aus  Mitteln  des  So- 
zialen Wohnungsbaues  und  bei  unseren  hei- 


matvertriebenen Kameraden  zusätzlich  die 
Restfinanzierung  aus  den  bereitgestellten 
Mitteln  des  Soforthilfefonds. 

Zusammenfassend  wäre  zu  betonen,  daß 
die  Durchführung  der  Bauprojekte  durch  die 
Siedlungsbauträger  eine  wesentliche  Verein- 
fachung und  eine  erhebliche  Erleichterung 
für  den  Kameraden  und  seine  Familie  mit 
sich  gebracht  hat  und  daß  diese  Methode  im 
allgemeinen  sehr  zu  empfehlen  ist.  Es  konnte 
von  einer  Normierung  oder  Schematisierung 
nichts  bemerkt  werden.  Im  Gegenteil,  abge- 
sehen von  der  vorgeschriebenen  und  einzu- 
haltenden äußerlichen  Baulinie,  wurden  in 
jedem  Einzelfall  die  individuellen  Wünsche 
der  Kameraden  im  Rahmen  der  bestehenden 
Möglichkeiten  berücksichtigt.  Die  Zweigstelle 
der  Bayerischen  Hauptfürsorgestelle  in  Bay- 
reuth gewährte  in  allen  Fällen  ein  Zwischen- 
kreditdarlehen  auf  die  beantragte  Kapital- 
abfindung und  ermöglichte  somit  einen  so- 
fortigen Baubeginn. 

In  Oberfranken  haben  seit  der  Währungs- 
reform 38  Kameraden  ein  Eigenheim  errichtet, 
4  Kameraden  durch  Ankauf  ein  Siedlungs- 
haus erworben  und  9  Kameraden  durch  An- 
bau an  elterliche  Wohnungen  oder  Zuschüsse 
an  Baugenossenschaften  ihre  Wohnungsver- 
hältnisse für  immer  gebessert. 

Wenn  nun  in  diesem  Jahre  unsere  neu- 
gesiedelten  Kameraden,  und  vor  allem  un- 
sere Heimatvertriebenen,  im  Kreise  ihrer 
Familie  im  neuen  Heim  das  Fest  des  Friedens 
feiern  werden,  dann  wird  diesen  Kameraden 
das  Licht  ihres  eigenen  Herzens  heller  er- 
strahlen. Das  eigene  Heim,  der  Anker  des 
seelischen  Gleichgewichtes,  das  Fundament 
der  geistigen  und  kulturellen  Entfaltung 
und  vor  allem  die  Stätte  des  familiären 
Glückes  gibt  ihm  die  Kraft,  mit  dem  Alltag 
des  Lebens  fertig  zu  werden.  J-  Lukas,  Bayreuth 

über  die  Siedlungsfürsorge  im  Bezirk 
Unterfranken  wird  im  nächsten  Heft  be- 
richtet. Die  Schriftltg. 


KRIEQSBLINDE   ERLEBEN   WEIHNACHTEN 


Not  und  Glück  einer  Sonnenwende 

Der  junge  Mann  stand  vor  dem  Weih- 
nachtsbaum, tastend  suchten  seine  Hände 
nach  einer  Kerze.  Und  während  die  Finger 
der  einen  Hand  behutsam  den  Kerzenschaft 
erfaßten  und  die  andere  Hand  sich  wie 
schützend  zu  einem  Jdeinen  Dache  geformt 
über  dem  heißen  Dunstkreis  der  Flamme 
wölbte,  bog  er  in  seltsamer  Weise  den  Kopf 
weit  in  den  Nacken,  wie  wohl  die  Vögel  tun, 
wenn  sie  am  Bache  ein  Trünklein  nehmen. 
Und  wendete  den  Kopf  bald  rechts,  bald 
links,  als  wolle  er  unter  der  Decke'  etwas 
ergründen.  Darauf  hielt  er  ein  Weilchen  still, 
tat  einen  tiefen  Seufzer  und  ließ  dann  schwer 
und  langsam  den  Kopf  vornüber  sinken  wie 
einer,  der  verzweifelt  ist  und  elend. 

„Gestern  sah  ich  es  noch!",  murmelten 
seine  Lippen.  Sachte,  wie  liebkosend,  ließ  er 
die  Hände  an  den  Zweigen  heruntergleiten. 
Er  spürte  deutlich  den  prickelnden  Reiz  der 
Nadelspitzen  in  seinen  Poren  und  die 
schmiegsame  Zartheit  des  Engelhaares  zwi- 
schen den  Fingern  und  die  metallische  Glätte 
pendelnden  Lamettas. 

„Das  also  sind  nun  meine  Augen!",  dachte 
er,  und  ein  Gefühl  der  Zärtlichkeit  für  diese 
Hände  durchzog  ihn  plötzlich,  doch  wußte  er 
nicht  warum.  Herbe  lag  der  Duft  des  Tannen- 
grüns über  dem  Raum,  die  Lichter  knisterten 
leise.  Da  ließen  sich  die  Gedanken  nicht 
bannen.  Tief  aus  der  Versenkung  stiegen  sie 
auf  und  hüllten  die  Seele  ein  in  einen  Hauch 
von  Wehmut  und  mischten  sich  -in  die  leise 
weihnachtliche  Stimmung,  die  doch  an  die- 
sem Abend  nicht  richtig  aufkommen  wollte. 
Wie  hatte  das  Leben  sich  verwandelt!  Vor 
einem  halben  Jahre,  nach  langem  Lager  — 
im  Westen  besiegelte  die  Invasion  das  Schick- 


sal des  Krieges  —  und  zunächst  von  der 
feinnervigen  Hand  eines  Chirurgen  dem 
Lichte  wiedergegeben,  hatte  er  glücklich  die 
Heeresentlassungsstelle  verlassen.  Kurz  war 
der  Anlauf,  um  so  kühner  der  Sprung,  den  er 
in  das  wiedergewonnene  Leben  wagte. 
Wieder  anfangen,  arbeiten,  leben!  So  war 
er  allmählich  wieder  ein  Mensch  geworden. 
Doch  dann  packte  das  Schicksal  abermals 
zu  und  riß  ihn  mit  hartem  Griff  mitten  aus 
stolzem  Fluge  erbarmungslos  hinab  .  .  .  ins 
Dunkel!  —  Drei  Tage  vor  Weihnachten,  es 
war  an  einem  Donnerstag,  er  hatte  eben  das 
Büro  verlassen  und  schritt  durch  den  klaren, 
frostigen  Abend  der  Straßenbahn  zu,  be- 
merkte er  plötzlich  mit  eisigem  Schrecken 
den  schwarzen  Schleier,  der  sich  vom 
äußeren  Winkel  her  über  das  Auge  schob. 
Er  hob  den  Blick;  deutlich  gegen  den  klaren, 
hellen  Himmel  hob  es  sich  ab,  ein  dunkles, 
heimtückisches,  stetig  wachsendes  Dreieck, 
ein  schmutziger  Scherben  im  Fenster  zum 
Leben! 

Da  begann  er  zu  laufen,  kopflos,  in  wahn- 
sinniger Angst.  „Zum  Arzt!",  dachte  er, 
„vielleicht,  daß  er  — ?"  Aber  schon  bald  hielt 
er  inne,  ein  bitteres  Lächeln  zog  ihm  die 
Mundwinkel  herab,  und  wie  er  noch  hoffte, 
es  möge  nicht  wahr  sein,  war  es  ihm  zu- 
gleich schmerzhaft  gewiß,  daß  der  Anfang 
vom  Ende  gekommen  sei.  Und  in  drei  Tagen 
ist  Weihnachten,  dachte  er. 

Zu  Hause  nahm  er  einen  Bogen  Papier  . 
und  begann  zu  schreiben.  Er  wußte,  es  würde 
sein  letzter  Brief  sein.  Langsam  verfärbte 
sich  das  Papier  vor  seinem  Auge,  zuerst 
nahm  es  einen  zarten,  fahlen,  grünen  Ton  an 
und  wechselte  allmählich  mehr  und  mehr 
über  Pastell  und  Oliv,  bis  es  so  dunkel  wie 
Tannengrün  war  und  die  Schriftzeichen  nicht 


10 


mehr  auszumachen  waren.  „Mein  Lieb",  so 
schrieb  er  mit  fliegender  Hand,  als  fürchte 
er,  dieses  letzte  Werk  im~Zwielicht,  das  ihm 
das  -ständig  kleiner  werdende  Blickfeld  beließ, 
nicht  vollenden  zu  können,  „mir  geht  die 
Sonne  unter!  Niemals  mehr  werden  ihre 
Strahlen  sich  in  meinem  Auge  brechen.  Heute 
ist  der  kürzeste  Tag,  Wintersonnenwende; 
von  morgen  an  steigt  sie  Tag  um  Tag  höher 
und  höher  hinauf.  Ich  aber  werde  abwärts 
steigen,  tiefer  und  tiefer,  in  die  Schatten 
der  Nacht  .  .  ."  und  fügte  bitter  hinzu:  „Ich 
bin  wohl  ihrer  nicht  würdig!" 

Drei  Tage  vergingen,  er  sprach  mit  nie- 
mand, rührte  kein  Essen  an,  hockte  nur 
stumm  in.  seiner  Kammer,  und  als  der  Heilige 
Abend  gekommen  und  die  Mutter  ihn,  den 
Tränenlosen,  an  den  Händen  herausgezogen 
hatte,  trat  er  einmal  rasch  unter  den  Baum, 
um  aus  schrägem  Winkel  das  Licht  einer 
Kerze  zu  prüfen,  und  es  war  nur  noch  ein 
verwaschener,  milchig  flackernder  Schimmer 
auf  letzten  kleinen,  noch  reflektierenden 
Teilchen,  ein  leises  ersterbendes  Phosphores- 
zieren. Es  wollte  ihn  übermannen,  er  meinte 
den  Baum  wie  mit  Krallen  herabreißen  und 
sich  unter  ihm  begraben  zu  müssen,  so  gleich- 
sam den  ganzen  vernarrten  Planeten  über 
sich  wälzend,  doch  es  sank  wieder  ab  wie 
.  die  Tide  des  Meeres,  und  er  wandte  sich 
still  und  ging. . 

.  In  der  Nacht  hatte  es  heftig  zu  schneien 
begonnen.  Am  Morgen  blieb  er  im  Bett, 
grübelnd  und  sinnend  ließ  er  die  Stunden 
achtlos  verstreichen.  All  seine  Gedanken 
kreisten,  der  Erde  gleich,  unausgesetzt  um 
die  Sonne.  Warum  mußte  es  gerade  am  Tage 
der  Sonnenwende  geschehen,  lag  nicht  ein 
Zeichen  darin?  Für  „die  anderen"  würde  sie 
steigen,  von  nun  an  täglich  höher  hinauf, 
doch  für  ihn  war  es  eine  Wende  zur  Finster- 
nis geworden.  Spät  am  Nachmittag  stand  er 
auf  und  öffnete  das  Fenster.  Schneeflocken 
berührten  sein  Gesicht,  immer  noch  fielen  sie 
in  dichtem  Wirbel.  Er  streckte  die  bloßen 
Arme  aus  und  genoß  die  feuchte  Kühle,  wie 
etwas  Neues,  nie  Gekanntes.  Weiße  Weih- 
nacht! Kindlicher  Traum!  Und:  „Weiß?", 
dachte  er  und  wie  bestätigend:  „Weiß! 
Weiß!"  und  immer  wieder  „Weiß!"  Und  jäh- 
lings durchzuckte  es  seinen  Kopf  in  einer 
schönen,  ihm  selbst  unbewußten  Verbindung: 
„Mutter!"  Unsägliches  Mitleid  überkam  ihn, 
aus  dem  eigenen  Leide  erwachsend.  „Es  ist 
doch  Weihnachten",  flüsterte  er,  „und  ich  hab 
dich  allein  gelassen!" 

Da  kleidete  er  sich  an  und  eilte  hinaus,  so 
rasch  er  vermochte,  unbeholfen,  taumelnd, 
des  Gehens  im  Dunkel  ungewohnt.  Er  fand 
die  Mutter  nicht,  doch  als  er  sich  dem  Fenster 
näherte, -hörte  er  sie  draußen  Schnee  schau- 
feln. Seine  Arbeit!  Wieder  ergriff  ihn  der 
Schmerz,  aber  das  Mitleid  blieb  und  die 
Liebe. 

Langsam  trat  er  an  den  Christbaum  und 
suchte  eine  Kerze,  um  sie  mit  dem  Feuer- 
zeug anzuzünden.  Er  spürte  die  Flamme,  roch 
die  Äpfel  und  das  Backwerk,  und  ein  starkes 
Glücksgefühl  überströmte  ihn.  „Da  liegt  es, 
das  Kindlein,  auf  Heu  und  auf  Stroh,  Maria 
und  Josef  betrachten  es  froh.".  Seine  Seele 
löste  sich,  ihm  wurde  leicht  ums  Herz,  er 
griff  mit  beiden  Händen  in  die  Zweige. 

Als  die  Mutter  hereinkam,  stand  er  immer 
noch  dort.  Unablässig  glitten  zwei  kleine 
grüne  Zweige  durch  seine  Hände.  Sie  sah 
ihm  lange  zu,  still  und  gefaßt.  Aber  lag  nicht 
ein  leuchtender  Schein  über  seinem  Gesicht? 
War  nicht  ein  Lächeln  um  seinen  Mund?  Ein 
Jubeln  stieg  in  ihr  auf.  Sie  trat  heran,  doch 
blieb  sie  scheu  und  herb  zwei  Schritte  vor 
ihm  stehen.  „Es  ist  ein  schöner  Baum",  sagte 
die  Mutter  leise,  „wir  haben  niemals  einen 
Schöneren  gehabt."  Immer  noch  streifte  der 
Junge  die  Tannenreiser  langsam  durch  die 
Finger.  „Denke  nur  immer  an  deine  Kinder- 
zeit", fuhr  die  Mutter  behutsam  fort,  „dann 
wirst  du  nimmer  vergessen,  wie  es  strahlt 
und   leuchtet!"   Und  setzte   leise   hinzu:    „Ich 


Engel  der  Verkündigung  (Holzschnitt  um  1480) 

will  dir  doch  helfen,  ein  Licht,  ein  kleines 
Lichtlein  wenigstens,  in  dir  anzuzünden,  tief 
drinnen.  Still,  du  brauchst  mir  gar  nichts  zu 
sagen!" 

Da  kam  über  ihn  ein  heißes,  beglückendes 
Sehnen,  und  der  Raum  war  voll  Engels- 
gesang und  Posaunenmusik.  „Vom  Himmel 
hoch,  da  komm  ich  her  .  .  .!"  Und  ihm  war, 
als  würde  es  heller  und  immer  heller  in  ihm. 
War  es  das,  was  das'  Weihnachtsfest  vom 
Frieden  kündet  und  vom  feurigen  Licht  der 
Liebe,  die  aus  Gottes  Hand  kommt  und  in 
uns  Menschen  mächtig  sein  kann?  Da  wandte 
er  sich  und  umarmte  die  Mutter.  Alle 
Schwere,  alles  Leid  fielen  von  ihm  ab,  ganz 
gelöst  ergab  er  sich  dem  wundersamen 
Fühlen  von  Geborgenheit  und  Liebe  und 
Gemeinsamkeit.  „Das  ist  meine  Sonnen- 
wende!", dachte  er,  und  staunend  horchte  er 
in  sich  hinein.  Harry  Barthel 

Jiamecadentceue  im  £aqec 

Weihnachten,  das  Fest  des  Friedens  unse- 
res «igenen  Inneren,  —  hast  du  diesen  Frie- 
den gefunden? 

Ich  war  gerade  18  Jahre  alt  gewesen,  als 
ich,  dem  unentrinnbaren  Schicksal  gehorsam, 
Soldat  wurde.  Zunächst  in  Holland,  dann 
bald  auf  dem  Kriegsschauplatz  des  Ostens. 
Erbarmungslos  nahm  das  Geschick  seinen 
Lauf,  —  einige  Wochen  vor  Weihnachten  er- 
litt ich  eine  Verwundung,  die  meine  völlige 
Erblindung  mit  sich  brachte.  Ehe  ich  noch 
verbunden  werden  konnte,  geriet  ich  in  rus- 
sische Kriegsgefangenschaft. 

Man  führte  mich  in  ein  altes  Schulgebäude, 
das  als  sehr  behelfsmäßiges  Lazarett  einge- 
richtet war.  Dort  lag  ich  wochenlang  am  Bo- 
den auf  einem  stinkigen  Strohsack.  Langsam 
schlich  sich  die  grausame  Erkenntnis  des 
Geschehenen   in  mein   Bewußtsein.   Stumpfe 


Verzweiflung  wechselte 
in  mir  mit  heller  Auf- 
lehnung gegen  das  über 
mich  hereingebrochene 
Schicksal.  Quälend  nagte 
in  mir  der  Gedanke  an 
meine  Zukunft,  der  Gedanke  an  eine  das 
ganze  Leben  währende  Hilfsbedürftigkeit. 

Manchesmal,  wenn  jemand  an  meinem 
Lager  vorbeiging  und  ich  ihn  bat,  mir  eine 
kleine  Handreichung  zu  machen,  ging  er 
weiter.  Hatte  ich  zu  leise  gesprochen,  oder 
wollte  er  mich  mit  Absicht  nicht  verstehen, 
war  es  ihm  völlig  gleichgültig,  was  ich  von 
ihm  wollte?  Ich  haßte  sie  plötzlich  alle,  die 
hier  um  mich  waren.  Nur  einen  nicht,  der  — 
selbst  leicht  verwundet  —  mich  täglich  be- 
suchte, es  war  Georg,  der  einzige  Kamerad, 
dessen  Gesicht  ich  mir  vorstellen  konnte, 
da  ich  ihn  bereits  vor  meiner  Verwundung 
kannte.  Er  war  ein  einfacher,  stiller  Bauern- 
sohn, der  es  verstanden  hat,  meine  midi 
schier  erdrückende  Seelennot  zu  lindern.  Ja, 
ich  fand  sogar  zu  einem,  wenn  auch  noch 
schwankenden  inneren  Gleichgewicht  zurück. 
Er  hat  mir  in  dieser  schweren  Zeit  meine 
Mutter  ersetzt. 

Drei  Wochen  nach  unserer  ersten  Begeg- 
nung war  Heiliger  Abend.  Am  Morgen  des 
vorhergehenden  Tages  wurde  eine  lange  Ko- 
lonne deutscher  Kriegsgefangener  weiter 
nach  dem  Osten  in  Marsch  gesetzt.  Auch 
Georg  befand  sich  unter  ihnen,  da  er  als 
ausgeheilt  bezeichnet  wurde.  Es  ergab  sich 
nicht  einmal  mehr  die  Gelegenheit,  uns  zum 
Abschied  die  Hände  zu  drücken.  Dieses  Er- 
eignis weckte  in  mir  neuerlich  einen  Zustand 
tiefster  Niedergeschlagenheit.  Vergeblich  ver- 
suchte ich,  mich  gegen  eine  Flut  verschwom- 
mener und  wirrer  Vorstellungen  zu  wehren. 
Es  war  Heiliger  Abend  geworden.  Die  Stille 
in  unserem  Zimmer  lastete  auf  uns  allen, 
bis  plötzlich  irgendeiner  halblaut  „Stille 
Nacht,  heilige  Nacht"  zu  singen  begann.  Er 
hat  lange  allein  gesungen,  ehe  noch  einige 
andere  mit  einstimmten.  Viele  sind  wohl  mit 
ihren  Gedanken  weit  weg  gewesen,  daheim, 
werden  das  Lachen  ihrer  Kinder  unter  dem 
Weihnachtsbaum  gehört  haben.  „O  du  fröh- 
liche .  .  ,"  Es  klang  wie  Hohn!  Meine  Ver- 
bitterung steigerte  sich  ins  Maßlose.  Ich 
konnte  sie  nicht  mehr  singen  hören.  Ich 
haßte  Gott  und  seine  Welt! 

Am  Vormittag  des  ersten  Weihnachtsfeier- 
tages brachte  man  mich  zum  Verbandswech- 
sel in  das  Behandlungszimmer.  Als  der  Arzt 
die  letzten  Handgriffe  an  meinem  neuen 
Verband  beendet  hatte,  legte  er  seine  Hand 
schwer  auf  meine  Schulter  und  mit  wohlklin- 
gender Stimme  erzählte  er  mir  zögernd,  daß 
Georg  vor  einigen  Tagen  ihn  befragt  habe, 
ob  er  mir  nicht  mit  einem  seiner  beiden 
Augen  wieder  zum  Sehen  verhelfen  könne. 
Auch  bat  er  den  Arzt,  mir  nie  etwas  davon 
zu  sagen. 

Ich  konnte  keine  Tränen  mehr  weinen, 
lange  schon  waren  sie  versiegt.  Ich  fühlte 
nur  ein  Würgen  in  meiner  Kehle  und  mir 
versagte  die  Stimme. 

Längst  lag  ich  wieder  auf  meinem  Stroh- 
sack und  erlebte  eine  stille  Stunde  der  Er- 
lösung, von  einem  Kampf,  von  dem  es  für 
mich  keinen  Frieden  mehr  zu  geben  schien. 
Ich  wußte,  daß  Georgs  Gedanke  nutzlos  war, 
aber  dieses  Beispiel  solch  selbstloser  Näch- 
stenliebe hatte  meinen  Geist  und  mein  Herz 
zutiefst  erschüttert.  War  das  nicht  ein  über- 
wältigendes Geschenk  des  Himmels!  War  es 
nicht  das  größte  Weihnachtsgeschenk!  „O  du 
fröhliche,  o  du  selige,  gnadenbringende 
Weihnachtszeit!"  —  Nein,  irdisches  Licht 
konnte  er  mir  nicht  geben,  aber  er  schenkte 
mir  das  Licht,  das  seine  Strahlen  weit  in  das 
Dunkel  meiner  Zukunft  warf.  Ich  hatte  mich 
selbst  wiedergefunden,  ein  neuer  Lebens- 
wille beseelte  mich,  und  eine  innere  Aus- 
geglichenheit ließ  mich  Frieden  finden.  War 
es  nicht  das  Kind  in  der  Krippe,  das  in  mei- 
nem Kameraden  wirksam  geworden  war  und 


11 


das  sich  nur  offenbaren  wollte,  als  es  mir 
zum  Siege  über  Haß  und  Verbitterung  ver- 
half? 

Wenn  ich  von  meinem  eigenen  Erleben, 
das  mich  zu  einem  neuen  Menschen  gemacht 
hat,  spreche,  so  weiß  ich,  daß  ein  jeder  von 
uns  einen  solchen  Kampf  mit  sich  selbst  zu 
bestehen  hatte,  und  es  möge  jeder,  der  in 
diesem  Kampf  Sieger  blieb  und  die  Freude 
und  das  Licht  des  Friedens  empfinden  darf, 
dieses    Licht    weitertragen    in    die    Herzen 


derer,  die  noch  um  diesen  Frieden  ringen. 
Gerade  wir  wollen  ein  Beispiel  geben  für 
die,  die  wohl  sehenden  Auges,  aber  blinden 
Herzens  durch  ihr  Leben  schreiten.  Es  ge- 
nügt oft  nur  ein  freundliches  Wort,  um  in 
einem  vergrämten  Herzen  neue  Zuversicht 
lebendig  zu  machen.  Alle  brennenden  Ker- 
zen in  uns  bleiben  nur  leere  Zier,  wenn  wir 
ihre  leuchtenden  Flammen  nicht  in  warmes 
Leben  verwandeln. 

Adalbert  Wattenbach  (Bayreuth) 


PERSÖNLICHES 


Zu  Beginn  sei  diesmal  das  Alter  geehrt: 
Unsere  Kameradin  Auguste  Flecke,  die 
bei  einem  Bombenangriff  in  Wuppertal  ihr 
Augenlicht  verlor,  und  ihr  Ehemann  Heinrich 
(Lüdenscheid,  Kölner  Straße  45),  konn- 
ten am  29.  11.  das  Fest  der  goldenen  Hoch- 
zeit begehen.  Frau  Flecke  ist  76  Jahre  alt. 
Es  gelten  ihr  und  ihrem  Gatten  unsere  aller- 
besten Wünsche. 

* 

Eine  andere  Meldung  aus  dem  Bezirk 
Mark    besagt,    daß    unser    Kamerad    Herbert 


Otto  (Neheim-Hüsten  I,  Trift  11), 
nach  abgeschlossenem  Jurastudium  am  9. 10. 
in  Düsseldorf  sein  Assessor-Examen  bestan- 
den hat.  Unseren  Respekt  und  unseren 
Glückwunsch! 


Unser  Kamerad  Johannes  Schümann 
(Lübeck,  Arfrader  Straße  19),  hat  am 
17.  11.  Hochzeit  gehalten.  Wie  wünschen  ihm 
und  seiner  jungen  Frau  einen  glückhaften, 
gemeinsamen  Lebensweg. 


Unser  Kamerad  Harry  K  r  i  s  t  a  aus 
Nienburg,  Mindener  Landstraße  20,  und 
seine  Frau  teilen  in  dankbarer  Freude  die 
Geburt  ihres  zweiten  Sohnes  mit.  Der  am 
20.  10.  geborene  Junge  soll  Hartmut  heißen. 
Möge  er  zur  Freude  seiner  Eltern  heran- 
wachsen! 

* 

Einen  Sohn  hat  auch  unser  Kamerad 
Hawighorst  in  Osnabrück,  Ost- 
straße 106,  erhalten.  Er  soll,  wie  der  Vater, 
Ernst  heißen.  Möge  ein  wackerer  Mann  aus 

ihm  werden! 

* 

Der  kleine  Helmut  unseres  Kameraden 
Joseph  Schimmel  und  seiner  Frau, 
Lüneburg,  Oedener  Weg  36,  hat  ein 
Brüderchen  namens  Reinhard  bekommen. 
Wir  wünschen  dem  neuen  Erdenbürger  einen 
gesegneten  Lebensweg. 

Bestellungen  für  Sammelmappen  der  Zeit- 
schrift (DM  2,90)  und  Einbanddecken  mit 
Inhaltsverzeichnis  (DM  3,20)  können  noch 
gerichtet  werden  an:  Der  Kriegsblinde, 
Bielefeld,  Stapenhorststraße  138  (Preise  ein- 
schließlich Versand). 


Wir  laden  alleinstehende  und 

einsame  Blinde 

mit  oder  ohne  Begleitung,  zum 
gemeinsamen  Verleben  der  kom- 
menden Feiertage  herzlich  zu 
uns  in  unser  idyllisch  gelege- 
nes und  gemütliches  Heim  in 
Nümbrecht  ein.  Pensionspreis 
täglich  4,50  DM.  Anmeldungen 
erbitten  wir  bald  an  das  Ev.  Blin- 
denheim Nümbrecht,  Bez.  Köln, 
Fernsprecher  388, 


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Edelstahlgehäus,  Plexiglasdeckel, 
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Teilzahlung),  1  Jahr  Garantie. 
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handel erhältliche  Buch,  auch 
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K.  Lorenz:  ,,So  kam  der  Mensch 
auf  den  Hund"  sowie  alle  in 
dieser  Zeitschrift  besprochenen 
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gewünschter  Preislage  ein 
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Frau  aus.  Ich  werde  Ihr  Ver- 
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IxJ  ir  danken  herzlich  für  die  vielen  freundlichen  Auimerksamkeiten, 
die  uns  zu  unserer  Hochzeit  zuteil  geworden  sind.  Besonders  sei 
den  Kameraden  vom  Landesverband  gedankt  sowie  den  Kreis- 
gruppen iür  die  uns  übermittelten  Geschenke  und  Glückwünsche. 
Neumünster.  November   1951 

BRUNO  EGGERS  UND  FRAU  TRAUTE,  geb.  Sikora 


Bernd,  Wollgang  und  Kristine  haben  ihr  Brüderchen 
FRANK    MICHAEL 

Dieses  zeigen  hocherlreul  an 

GEORG  PENSKY  UND  FRAU  ELFRIEDE 

Brückenau/U nierfranken,  am  16.  November  1951 


Benno  Bartels 
Bremen 


Bremer  Kaileehandel 

Hegelstraße  78 


wünsch/  allen  Kameraden  und  Kameradenirauen  ein  gesegnetes 
Weihnachtslest  und  ein  glückbringendes  neues  Jahr.  In  kame- 
radschaftlicher Verbundenheit  grüßt  Sie 

EDITH  BARTELS, 
Witwe  Ihres  kriegsblinden  Kameraden  Benno  Bartels 


Aditung,  Raudier! 

We  billig  und  gut  will  rauchen, 
wird  nur  bei  Kamerad  Meislei 
kault-n  Biete  große  Zigarillos  zu 
8  Pf  sowie  Kopfzigarren  zu  10, 
12  15  und  20  Pf.  Versand  er- 
folgt direkt.  Anschrift:  Emil 
Meister,  Kriegsblinder.  Wei- 
her bei  Bruchsal  (Baden),  Brun- 
nenslraße  2?  Liefere  auch  an 
Wieder  Verkäufer. 


Kriegsbl.  Masseur 

in  einem  Krankenhaus  inSchlesw.- 
Holstein  tätig,  sucht  aus  gesund- 
heitlichen Gründen  seinen  Ar- 
beitsplatzweiter nach 
dem  Süden  zu.  Krankenhaus, 
Bad  oder  Kurhaus  angenehm. 
Welcher  Kamerad  kann  behilflich 
sein?  Zuschriften  erbeten  unter 
P.  F.  an  die  Schriftleiturig,  Biele- 
feld,  Stapenhorststraße   138. 


Weih  n  a  cht  s  wu  n  seh 

Zwei  Mädels,  ev.  (29  J.,  155  gr., 
schwarz,  schlank,  und  32  J.,  162 
groß,  blond,  schlank),  möchten 
zwei  herzensguten,  lieb.  Kriegs- 
blinden (möglichst  mit  Beruf)) 
treue  Lebenskameradin  sein.  Zu- 
schriften erbeten  unter  M.  B.  an 
die  Schriftleit.,  Bielefeld,  Stapen- 
horststraße 138. 


Gebildete  Frau,  Schlesierin,  Ende 
50,  sucht  Heimat  durch  Betreu- 
ung   und 

Wirfsthaftsfiihrung 

bei  Kriegsblindem.  Zuschriften 
erbeten  an  Frau  H.  Aust,  Hohe- 
geiß  (Harz),  Wolfsbachs  trade  10. 


Gemeinsam 

läßt  sich  Freud  und  Leid  leichter 
tragen;  möchte  daher  Kriegs- 
blinden zw.  Heirat  kennenlernen. 
Bin  31  J.,  kath.,  Telefonistin, 
d.  Fliegerangriff  unterschenkel- 
amputiert. Zuschriften  erb.  unt. 
L.  B.  an  die  Schriftleitung,  Biele- 
feld,  Stapenhorststraße   138. 


12 


®ec  Aefceite  !B£uk 

Ein  weihnachtliches   Erlebnis 

Seit  damals,  als  jenes  Ereignis  in  mein 
Leben  trat,  von  dem  ich  hier  berichten 
möchte,  sind  Jahre  dahingegangen.  Vieles 
ist  inzwischen  geschehen,  das  mir  wie  uns 
allen  Not  und  Sorgen  bereitete  und  geeignet 
war,  Vergangenes  auszulöschen.  Aber  in 
jedem  neuen  Jahre,  wenn  die  Weihnachtszeit 
heranrückt,  steigen  in  meiner  Seele  jene 
Weihnachtstage  auf,  die  mir  soviel  nahmen 
und  soviel  schenkten.  Und  immer  neu  erfahre 
ich  es:  das  eigentliche,  tiefe  Weihnachts- 
wunder erschließt  sich  nicht  den  Lauten  und 
Satten,   sondern  den  Stillen  und  Einsamen, 


Holzschnitt  von  Herbert  Viseneber 

den  nach  innerer  Tröstung  Hungernden, 
denen,  die  im  Dunkel  gehen  und  nach  unver- 
gänglichem Licht  verlangen. 

Es  war  im  Dezember  1937.  Unser  Zehn- 
jähriger, ein  gesunder,  lebensfreudiger 
Knabe,  war  voll  froher  Erwartung  und  voll 
munterer  Pläne  für  das  Fest",  wie  alle  Kinder 
es  in  diesen  Tagen  sind.  Da  mußte  er  sich 
plötzlich  wegen  einer  Halsentzündung  zu 
Bett  legen.  Der  Arzt  kam  und  traf  seine  Ver- 
ordnungen, er  hielt  die  Erkrankung  jedoch 
für  harmlos.  Als  es  nicht  besser  werden 
wollte^  wurde  der  Spezialarzt  gerufen,  der 
eine  bereits  fortgeschrittene  Diphtherie  fest- 
stellte. Auch  die  Mutter  war  inzwischen  von 
dieser  Seuche  befallen  worden.  Beide  mußten 
unverzüglich  ins  Krankenhaus  eingeliefert 
werden,  um  dort  ein  Zimmer  zu  beziehen, 
das  wegen  der  Ansteckungsgefahr  auch  mir 
verschlossen  blieb. 

Eine  mir  bisher  fremde  Hausgehilfin  sollte 
meine  Häuslichkeit  betreuen.  So  war  ich  ein- 
sam geworden,  ganz  allein  mit  meinem 
dunklen  Geschick.  Weihnachten  stand  un- 
mittelbar vor  der  Türe.  Für  mich  aber  begann 
der  Kampf  mit  meinem  Dunkel,  der  Kampf 
mit  dem  Ted,  der  sich  angeschickt  hatte,  mir 
mein  einziges  Kind  zu  rauben. 

Heiliger   Abend.     Die    Menschen    rüsteten 

sich  zum  Fest.    Und  ich? Das  Telefon 

klingelte:  Es  sei  mir  erlaubt,  meine  Familie 
zu  besuchen.  Das  Kind  war  wohl  so  sterbens- 
krank, daß  mir  das  Abschiednehmen  nicht 
^verwehrt  werden  sollte.  So  begab  ich  mich 
auf  den  Weg  ins  Krankenhaus.  Und  ich  nahm 
eine  Waffe  mit  gegen  die  Traurigkeit,  gegen 
den  Tod:  meine  Geige. 

Ich  bin  kein  Künstler.  Mein  Spiel  ist  arm- 
selig. Aber  ich  liebe  sie,  die  alte  Schulgeige 
meines  Vaters,  denn  sie  hat  mir  schon  so 
manches  heitere  oder  traurige  Lied  gesungen. 
Sie  sollte  auch  diesmal  helfen. 

Die  Krankenschwester  ging  mir  voran  mit 
einem  kleinen  Lichterbäumchen  in  der  Hand. 
Dann  spielte  ich,  so  gut  ich  es  vermochte; 
„Stille  Nacht,  heilige  Nacht  .  .  ."  und  „O  du 
fröhliche,  o  du  selige,  gnadenbringende 
Weihnachtszeit  .  .  .".  Die  Traurigkeit  in  der 
Krankenstube  wich  einer  stillen  Freude  an 
jenem  unfaßlichen,  unerklärlichen  und  un- 
beschreiblichen Weihnachtswunder. 


Und  als  ich  dann  am  Bett  meines  Knaben 
saß,  sprach  er  zu  mir  mit  kaum  noch  ver- 
ständlicher Stimme  von  den  Sternlein,  die 
durchs  Fenster  zu  ihm  hereinscheinen,  Nacht 
für  Nacht.  Es  mag  wohl  letzte  Weisheit  aus 
dem  Munde  eines  früh  gereiften  Kindes  ge- 
sprochen haben,  als  er  sagte:  ,,Sieh,  Vater, 
die  Menschen  draußen  auf  den  Straßen  oder 
in  ihren  Stuben  richten  ihre  Blicke  alle  nur 
nach  unten,  sie  sehen  nur,  was  wieder  ver- 
geht, und  das  meiste  davon  ist  gar  nicht  ein- 
mal schön.  Wir  dagegen  in  unseren  Betten 
sehen  nach  oben  zu  den  Sternen,  die  so  hell 
und  rein  leuchten  und  die  immer  neu  da 
sind.  Denn  der  liebe  Gott  läßt  sie  für  uns  er- 
strahlen, sie  sind  schön  und  sind  ewig." 

Ich  erkannte  mit  einemmal:  Diese  Worte  . 
gelten  auch  mir,  dem  Blinden!  Ist  es  nicht 
ein  Vorrecht,  eine  Himmelsgabe  für  meine 
Schicksalskameraden  wie  für  mich,  denen  das 
Augenlicht  genommen  ist,  daß  keine  noch  so 
bunte  Kulisse  uns  über  das  wirkliche  Gesicht 
der  Welt,  kein  Mensch  uns  durch  äußeren 
Anschein  über  sein  wahres  Wesen  hinweg- 
täuschen kann!  In  das  tiefste  Dunkel  unseres 
Daseins  scheinen  uns  um  so  heller  die  Sterne 
wahrer,  ewiger  Schönheit  und  göttlicher 
Liebe!     Um    so    zielsicherer    finden    wifc  die 


Quellen  echter  Freude,  um  so  unmittelbare!- 
empfinden  wir  die  Größe  edler  Kunst  in  Ton 
und  Wort,  um  so  dankbarer  empfangen  wir 
die  Gaben  echter,  treuer  Menschenliebe, 
lauschen  wir  auf  die  Sprache  reiner,  un- 
berührter Natur,  und  um  so  leichter  öffnen 
sich  uns  die  Herzenstüreh  unserer  Mit- 
menschen, wenn  es  uns  gegeben  ist,  ihnen 
Trost  und  Lebensbejahung  zu  spenden. 

Vielleicht  war  es  die  stille  Weihnachts- 
freude, die  unser  Kind  noch  eine  kurze  Frist 
bei  uns  zurückhielt.  Als  aber  der  letzte  Weih- 
nachtsfeiertag vorübergegangen  war,  mußten 
wir  Abschied  nehmen. 

Es  fanden  sich  damals  Leute  genug,  die  in 
dem  Geschehen  das  Handeln  eines  grau- 
samen, sinnlosen  Schicksals  sahen.  Doch 
bald  hernach  bekam  es  für  mich  einen  tiefen 
Sinn:  Es  brach  der  Krieg  aus,  der  soviel  Leid 
über  unser  Volk  brachte,  soviele  Eltern, 
ihrer  Söhne  beraub+e.  Oftmals  war  es  der 
einzige  Nachkomme,  den  sie  verloren.  Mir 
wurde  der  Auftrag,  so  manche  von  ihnen  zu.- 
besuchen,  um  ihnen  beizustehen.  Und  es  ist 
mir  nie  widerfahren,  daß  mich  einer  der  Be- 
troffenen  von  seiner  Türe   gewiesen  hätte. 

Hans  Haule. 


Nütze  die  einsame  Stunde! 


Seit  meiner  frühesten  Jugend  kannte  ich 
den  knorrigen  Alten,  der  lang  und  hager, 
aus  dem  Straßenbild  des  Dorfes  nicht  weg- 
zudenken war.  Früher  war  er  stets  mit 
seinem  Führhund  durch  die  Dorfstraße  und 
über  die  Feldwege  gegangen,  seit  langem 
aber  schon  ging  er  allein,  nur  mit  dem  Stock, 
und  in  der  Dorfflur  konnte  man  ihm  oft  auf 
seinen  einsamen  Wegen  begegnen.  Alle, 
groß  und  klein,  liebten  ihn,  denn  für  jeden 
hatte  er  ein  freundliches  Wort  oder  einen 
weisen  Rat.  Und  doch  war  ein  Hauch  des 
Geheimnisses  um  ihn,  der  jedem  eine  ge- 
wisse Scheu  einflößte. 

Jedes  Jahr  aber,  wenn  das  Weihnachts- 
fest herannahte,  wurde  der  Alte  verschlosse- 
ner. Und  am  Weihnachtsmorgen  flüsterten 
es  sich  die  Dorfbewohner  heimlich  unter  der 
schützenden  Hand  zu,  man  habe  ihn  in  der 
heiligen  Mitternacht  wieder  wie  jedes  Jahr 
auf  dem  steilen  Weg  hinauf  zum  Wald 
gehen  sehen  und  er  sei,  wie  jedes  Jahr,  still 
und  allein  nach  einer  Stunde  aus  dem  Wald 
zurückgekehrt.  Niemand  hatte  noch  gewagt, 
ihn  nach  dem  Warum  oder  Wohin  zu  fragen. 
Alle,  die  ihm  auf  diesem  Gang  je  begegnet 
waren,  sprachen  von  einem  seltsamen 
Leuchten,  das  von  seinem  bleichen  Gesicht 
ausgegangen  sei. 

Erst  als  ich  schon  einige  Zeit  das  gleiche 
Schicksal  -trug  wie  er  und  als  wir  uns  schon 
gewöhnt  hatten,  zusammen  die  Wege  um 
das  Dorf  zu  begehen  —  er  lehrte  mich,  die 
tausendiältigen  Stimmen  der  Natur  zu 
hören  —  erst  dann  wagte  ich  es,  ihn  nach 
seinem  einsamen  Weg  in  der  heiligen  Nacht 
zu  fragen.  Betroffen  hielt  er  im  Forlschrei-r 
ten  inne  und  faßte  mich  mit  einem  harten 
Griff  an  der  Schulter;  eine  tiefe  Bewegung 
lag  in  seiner  Stimme  als  er  zu  mir  sprach: 

„Nütze  wie  ich,  lieber  Freund,  deine  ein- 
same Stunde  in  der  heiligen  Nacht,  da  die 
Kinder  mit  jubelnder  Freude  vom  neuen 
Spiel  in  Anspruch  genommen  sind  und  da 
du  fühlst,  wie  die  Augen  der  Deinen  in 
stummer  Frage  auf  dich  gerichtet  sind,  ob 
du  wohl  den  Ansturm  der  Gefühle  voll 
Wehmut  und  Erinnerung  ertragen  mögest. 
Nütze  diese  deine  Stunde,  wenn  dir  der 
ziehende  Schmerz  in  deiner  Brust  vom 
Heimweh  nach  Jugend  und  Sonne  kündet  — , 
denn  in  dieser  Nacht  öffnen  sich  die  sieben 
Türen  deines  Herzens  und  geben  den  Weg 
dir    frei    zum    wahren    Licht.    Durchschreite 


dann  mutig  die  nie  betretenen  Räume 
deiner  Seele  und  wage  es,  auch  die  letzte 
Türe  aufzustoßen.  Mit  Staunen  wirst  du 
dann  vor  einem  Lichte  stehen,  das,  zaghaft , 
flackernd  wie  die  Kerze  am  Weihnachts- 
baum, die  Kraft  nicht  hat,  um  die  Finsternis , 
von  Haß  und  Neid,  von  Gleichgültigkeit 
und  Lieblosigkeit,  die  du  seit  langem  um 
dein  Herz  aufgetürmt  hast,  zu  durchdringen. 
Gott  hat  dies  Licht  dir  einst  angezündet,  als 
er  dir  den  Weg  wies  in  diese  Welt,  auf 
daß  es  auflodere  zur  Flamme  der  Liebe,  die . 
unsere  Erdentage  erwärme  und  erleuchte. 
Wenn  du  dieses  Licht  entdeckt  und  geschaut 
hast,  dann  wirst  du  die  Kraft  gefunden 
haben,  den  Berg  der  Finsternis  von  deinem 
Herzen  zu  wälzen.  Und  dann  ist  ein  Leuch- . 
ten  in  dir,  heller  und  reiner,  als  die  Kerze 
am  Weihnachtsbaum  zu  leuchten  vermag. 
Und  die  um  dich  sind,  die  Frau,  die  Kinder, 
die-  Eltern,  die  Freunde,  sie  alle  werden 
erkennen,  was  du  seit  deiner  einsamen 
Stunde  weißt:  Er  ist  nicht  ohne  Licht! 

Das  inwendige  Leuchten  aber  wird  dir 
klarer  als  den  Sehenden  die  Sonne  den 
Weg  erleuchten,  den  Weg  der  Liebe,  und 
es  wird  dich  auf  die  Innenseite  des  Lebens 
führen,  dorthin,  wo  dir  nicht  die  Irrlichter 
dieser  Welt  den  Blick  zum  Lichte  wahren. 
Darum  nütze  wie  ich  diese  einsame  Stunde, 
lieber  Freund,  und  du  wirst  ohne  Sonne  im 
Lichte  leben,  denn  Gott  nahm  dir  die  Augen, 
damit  du  sehen  lerntest!" 

Mich  durchlief  ein  ehrfürchtiger  Schauer, 
als  der  alte  Mann  in  so  tiefer  Bewegung 
geendet  hatte.  Seitdem  sind  so  manche  Jahre 
ins  Land  gegangen.  Der  hagere,  knorrige 
Alte  schläft  länge  schon  draußen  unter  den 
Trauerweiden  des  Friedhofs  beim  kleinen 
Dorlkirchlein.  Doch  an  seiner  Stelle  gehe  ich 
nun  in  der  einsamen  Stunde  der  heiligen 
Nacht  den  oft  schneeverwehten  Weg  hinauf 
zu.  der  Stille  des  dunklen  Waldes,  das  Licht 
in  meinem  Herzen  suchend,  um  den  Berg- 
der  Finsternis  von  mir  zu  wälzen,  den  das 
ganze  Jahr  hindurch  unbedacht  ich  aufge- 
häuft. Denn  seit  meiner  ersten  einsamen 
Stunde  in  der  heiligen  Nacht  weiß  ich  um 
das  Licht  in  mir,  das  mir  leuchten  will  auf 
dem  Weg.  \— ■  Dorthin,  wo  über  den  Sternen 
der  heiligen  Nacht  der  Mantelsaum  Gottes 
die  Well  berührt. 

Karl  Kirchner  (Stuttgart) 


13 


Jesef  in  Verlegenheit 

Eine  Weihnachtslegenda 

Ihr  wißt  doch,  daß  im  Stall  von  Bethlehem 
ein  öchslein  und  ein  Eselein  standen,  die 
mit  andächtiger  Verwunderung,  aber  auch 
ein  wenig  freundschaftlich  zur  Krippe  hin- 
schauten, denn  es  war  ja  ihre  Krippe,  in  der 
das  heilige  Kindlein  lag,  und  so  hatten 
eigentlich  die  Tiere  als  erste  etwas  hinge- 
geben, um  dem  Kind  zu  dienen.  Aber  habt 
ihr  auch  schon  einmal  bedacht,  woraus  die 
beiden  Tiere  denn  fressen  sollten,  da  sie 
keine  Krippe  mehr  hatten? 

Dem  gutherzigen  Josef  machte  diese  Frage 
rechte  Kopfschmerzen,  denn  der  "Wirt  und 
Besitzer  hatte  gesagt:  „Ihr  könnt  meinet- 
wegen in  den  Stall  ziehen,  aber  nur,  wenn 
ihr  morgen  früh  auch  die  Tiere  füttert. 
Knecht  und  Magd  haben  für  die  vielen  Gäste 
zu  tun,  und  ich  will  mich  ausschlafen."  Josef 
hatte  gern  alles  versprochen,  aber  nun,  in 
der  grauen  Morgenfrühe  des  .ersten  Tages, 
kam  er  doch  sehr  in  Verlegenheit.  Schon 
wurden  die  Tiere  so  unruhig  und  zuweilen 
brummten  oder  knurrten  sie,  aber  ganz  leise, 
um  das  Kindlein  nicht  zu  wecken. 

Da  stand  ein  Sack  mit  Hafer  und  ein  Sack 
mit  Häcksel,  und  Josef  wußte  wohl,  welche 
Menge  für  die  Tiere  richtig  und  zuträglich 
war.  Aber  auf  den  Boden  konnte  er  das 
Futter  nicht  schütten,  denn  es  lag  dort  un- 
term Stroh  viel  Sand  und  Kies,  und  den 
sollten  die  Tiere  doch  nicht  mitfressen.  Ver- 
geblich durchsuchte  Josef  den  ganzen  Stall, 
aber  er  fand  unter  allem  Gerumpel  weder 
einen  Eimer  noch-einen  Korb.  Fragen  konnte 
er  keinen,  denn  alles  schlief  noch  im  Hause. 

Vom  Klappern  und  Kramen  Josefs  und 
vom  Kettengeklirr  der  hungrigen  Tiere  war 
Maria,  die  neben  der  Krippe  auf  dem  Stroh 
lag,  aufgewacht.  Sie  müsse  ja  gleich  dem 
Kinde  die  Brust  geben,  sagte  sie  tröstend  zu 
Josef,  als  er  sich  wegen  des  Lärms  Vorwürfe 
machte.  Nun  suchte  er  nicht  weiter  und 
starrte  ratlos  vor  sich  hin.  Endlich  fiel  ihm 


was  ein:  er  wollte  sein  Gewand  vorn  wie  zu 
einem  Beutel  raffen,  und  daraus  würden  die 
Tiere  fressen  können.  Aber  Maria  wider- 
sprach: „Der  gute  Mantel!  Ich  habe  ihn  für 
diese  Reise  gewebt  und  genäht.  Es  wäre  zu 
schade   um   ihn." 

Das  mußte  Josef  einsehen,  wenn  auch  mit 
kläglichem  Gesicht.  Aber. Maria  wußte  eine 
Lösung:  „Ich  nehme  doch  jetzt  das  Kind  zu 
mir.  Dann  räumst  du  die  Krippe  ganz  leer 
und  fütterst  daraus  die  Tiere."  Gewiß,  man 
konnte  die  Krippe  ja  wieder  saubermachen, 
und  gestern  abend  noch  hatten  die  Tiere  ja 
auch  daraus  gefressen.  Schon  war  das  Kind 
wach,  und  bald  machte  Josef  sich  ans  Werk. 

Aber  als  er  die  gefüllte  Krippe  vor  die 
Tiere  hinstellte,  die  doch  vor  lauter  Hunger 
schon  so  unruhig  waren,  da  rührten  sie  kein 
Körnchen  an.  Fast  schien  es  so,  als  ob  das 
öchslein  mit  dem  Kopf  schüttelte,  als  wollte 
es  sagen:  Nein,  aus  dieser  Krippe  fressen 
wir  nicht,  wir  müßten  sie  mit  unserem  Gei- 
fer besudeln,  und  es  ist  doch  jetzt  eine  ge- 
heiligte Krippe!  Auch  das  Eselein  schüttelte 
abweisend  mit  dem  Kopf.  Josef  verstand  es 
nicht  gleich  und  schüttete  noch  etwas  mehr 
leckeren  Hafer  hinzu,  aber  die  Tiere  blieben 
standhaft. 

Fast  hätte  Josef  gegrollt:  „Dann  hungert 
eben  weiter",  aber  er  begriff  endlich,  was 
die  Tiere  meinen  mochten.  Was  nun?  Da  fiel 
sein  Blick  auf  seinen  großen,  braunen  Hut, 
der  da  auf  einem  Balken  lag.  „Den  darf  ich 
doch  nehmen?"  fragte  er,  um  Maria  nicht 
vielleicht  zu  erzürnen,  „wenn  innen  ein  paar 
Flecken  bleiben,  so  sieht  es  ja  keiner."' 
Maria  nickte  lächelnd,  sie  war  ganz  mit  dem 
trinkenden  Kind  beschäftigt. 

Rasch  tat  Josef  nun  das  Futter  in  den  Hut 
und  hielt  ihn  den  Tieren  hin.  Und  wie  die 
jetzt  fraßen!  Mit  solchem  Eifer,  daß  Josef 
ganz  wohlgelaunt  wurde. 

Am  Vormittag  sägte  und  nagelte  er  nun 
eine  neue  Krippe  —  er  war  doch  Zimmer- 
mann. Das  heilige  Kind  sollte  in  der  alten 
Krippe  bleiben,  die  ihm  ja  von  Gott  zuge- 


„Er  bringt  gut  Jahr",  heißt  es  aui  die  Frage  „Wer  ist  vor  dem  Tor?",  und  in  großen  Säcken 
wird  das  Glück  herangetahten.    (Neujahrswunsch  1480) 


l|T  iL) er  Bund   der   Kriegsblinden  Deutschlands  e.    V.    entbietet  .$, 

***  allen  Lesern  der  Zeitschrift,  ebenso  allen  Freunden  und  För-  *$* 

j^  derern    seiner    Arbeit .  und    allen    seinen    kriegsblinden    Mit-  $f£ 

*|g  gliedern  und  deren  Familien  *|* 

*§*  herzliche  Weihnachtsgrüße  *f* 

*§»  *i» 

#mit    den    allerbesten     Wünschen    iür    ein    glückliches    neues  jt 

Jahr   1952.   Unsere  sehenden  Freunde,  lür   deren  Verständnis-  *»* 

$|£  volle  Unterstützung   wir   aus   ganzem   Herzen    danken,   bitten  ^ 

,|k  wir,  uns  auch  im  neuen  Jahr  bei  der  Kriegsblindenbetreuung  *|g 

j^  ihr  uneingeschränktes  Vertrauen  und  ihre   tätige  Hüte   zuteil  ^x^ 

***  werden  zu  lassen.  *** 

*f*  Im  Namen  der  Bundesleitung:  *f* 

3f£  Der   1.    Vorsitzende  3§g 

*§*  Amtsgerichtsrat  Dr.  PI  ein  *jfe 

***  *** 

14 


Roger  van  der  Weyden:  Madonna  von  Caen 

wiesen  war.  Die  neue  stellte  er  nun  zur 
Mittagsmahlzeit  gefüllt  vor  die  beiden  Tiere 
hin.  Aber  wiederum  verweigerten  sie  das 
Futter  so  lange,  bis  Josef  endlich  seinen 
großen  Hut  wieder  herbeiholte.  Aus  dem  Hut 
fraßen  sie  mit  Behagen. 

Dieses  wunderliche  Gehabe  vollzog  sich 
nun  all  die  Tage  lang,  in  denen  die  heilige 
Familie  in  Bethlehem  blieb.  Auch  der  Knecht 
des  Wirtes  mußte  Josefs  großen  Hut  zum 
Füttern  benutzen.  Und  als  nun  so  eilig  zur 
Flucht  aufgebrochen  werden  mußte,  um  den 
schrecklichen  Henkern  des  Herodes  zu  ent- 
gehen, da  blieb  der  Hut  im  Stall 

Erst  viel  später  erfuhr  Josef,  daß  eine 
merkwürdige  Fügung  damit  verknüpft  war. 
Als  nämlich  die  mörderischen  Häscher  nach 
allen  kleinen  Kindern  in  Bethlehem  forschten, 
da  verriet  ihnen  der  geängstigte  und  lieb- 
lose Wirt,  daß  die  heilige  Familie  vor  eini- 
gen Stunden  gen  Süden  fortgezogen  sei,  und 
weil  bei  der  Ankunft  des  Josef  *dem  Wirt 
jener  große,  braune  Hut  aufgefallen  war,  riet 
er  den  Kriegsknechten  zu:  „Ihr  erkennt  den 
Mann  schon  von  weitem  an  seinem  großen 
Hut."  Die  Kriegsknechte  ritten  davon,  aber 
sie  achteten  nicht  auf  Maria,  die  das  Kind 
unterm  Mantel  verbarg,  und  nicht  auf  Josef, 
denn  er  trug  ja  keinen  Hut,  obwohl  ein 
feiner  Regen  niederging.  So  wurde  das  Kind 
bewahrt. 

übrigens  verdiente  Josef  bei  Zimmer- 
arbeiten in  Ägypten  rasch  so  viel  Geld,  daß 
er  sich  einen  schönen,  neuen  Hut  kaufen 
konnte.  Fried.  Wilh.  Hymmen 

Der  erste  Gast  an  der  Krippe 

Meint  ihr,  es  wäre  für  die  Hirten  so  ein- 
fach gewesen,  den  Stall  von  Bethlehem  zu 
finden?  Der  Engel,  vor  dem  sie  anfangs  so 
sehr  erschrocken  gewesen,  hatte  ja  wohl  ge- 
sagt, daß  das  heilige  Kind  in  Bethlehem 
geboren  sei;  aber  Bethlehem  war  ein  großer 
Ort  mit  vielen  Häusern  und  Hütten.  Und  zu 
jedem  Haus  gehörte  ein  Stall.  Das  Kind  sollte 
ja  in  einer  Krippe  liegen,  wer  konnte  das 
überhaupt  begreifen!  Also  in  einem  Stall, 
ganz  im  Elend,  ganz  armselig!  Das  allein 
war  doch  schon  sehr  verwirrend. 

So  gingen  die  Hirten,  es  war  mitten  in  der 
Nacht,  voller  Aufregung  und  Unruhe  in  die 
Stadt  Bethlehem  hinein.  Einer  redete  auf  den 
anderen  ein,  fragend  und  berichtend,  und 
immer  aufs  neue  wiederholten  sie,  was  sie 
gehört  und  gesehen  hatten.  Endlich  kam  es 
gar  zu  einem  kleinen  Streit,  denn  an  einer 
Kreuzung    wollten    die    einen    links    in    die 


Gasse,  die  anderen  rechts.  Jeder  beteuerte, 
daß  er  den  besseren  Weg  zum  Christkind 
wisse.  So  standen  sie  im  Licht  der  paar 
Laternen,  die  sie  mitgenommen  hatten,  recht 
ratlos  mitten  auf  der  Straße  und  wußten  in 
ihrer  Dummheit  nichts  Besseres  zu  tun,  als 
sich  zu  zanken.  Und  da  sie  nicht  emporsahen, 
sondern  immer  nur  auf  sich  selbst  und  auf 
die  Straße,  bemerkten  sie  auch  nicht  den 
hellen  Weihnachtsstern,  der  über'  dem  Stall 
leuchtete. 

Nun  war  aber  unter  den  Hirten  ein  alter 
Mann  namens  Joas.  Der  war  ganz  blind.  Vor 
zwanzig  Jahren  hatte  ihn  nämlich  im  dichten 
Frühnebel  ein  verirrter  Pfeil  getroffen,  als 
sich  die  Hirten  wilder  Tiere  erwehren  muß- 
ten. Joas  machte  sich  immer  noch  in  vielerlei 
Hinsicht  sehr  nützlich,  drehte  die  festesten' 
Seile,  kümmerte  sich  um  kranke  Tiere, 
schnitzte  und  strickte,  und  viele  schöne  Ge- 
schichten wußte  er  zu  erzählen.  Er  hatte  wie 
die  anderen  einen  langen  Stab,  und- auf 
unbekannteren  Wegen,  so  wie  in  dieser  hei- 
ligen Nacht,  legte  er  die  Krücke  des  Stabes 
über  die  Schulter  eines  jungen  Hirten,  der 
vor  ihm  herging.  Als  der  Zug  nun  bei  der 
Kreuzung  ins  Stocken  geraten  war,  stand  der 
Blinde  ungeduldig,  aber  stumm  neben  seinen 
Gefährten  und  stützte  sich  zuhorchend  auf 
seinen  Stab.  Niemand  achtete  auf  ihn,  denn 
er  konnte  doch  wohl  am  wenigsten  den  rich- 
tigen Weg  wissen. 

Dann  aber  wurden  die  Hirten  auf  einmal 
stumm.  Wie  erstarrt  sahen  sie  alle  gerade- 
aus auf- den  Weg.  Da  ging  doch  wahrhaftig 
der  Blinde!  Ohne  zögernd  zu  tasten,  ohne 
zu  stolpern,  so  ging  er  wie  ein  Erleuchteter 
in  die  Dunkelheit  hinein.  Nun  war  dies  eben 
eine  Nacht  voller  Seltsamkeiten  und  Wun- 
der, und  die  Hirten  spürten,  daß  auch  dies 
etwas  zu  bedeuten  hätte,  zumal  sie  in  der 
Tiefe  ihres  Herzens  immer  ein  wenig  Scheu 
vor  dem  Blinden  empfunden  hatten.  So 
folgten  sie  ihm  nun,  halb  neugierig,  halb 
ängstlich,  und  immer  mit  gehörigem  Abstand, 
wortlos.  Er  ging  nicht  in  die  rechte  und  nicht 
in  die  linke  Gasse,  sondern  geradeaus,  ob- 
wohl da  nur  noch  ein  paar  wenige  einzelne 
Häuser  standen. 

Das  Merkwürdigste  aber  war,  daß  auch  der 
Blinde  selber  keineswegs  so  recht  wußte, 
was  mit  ihm  vorging.  Er  konnte  später  nur 
dies  eine  erzählen:  als  er  da  so  neben  den 
anderen  stand,  ungeduldig  und  doch  so  er- 
wartungsfroh, hatte  er  plötzlich  gespürt,  wie 
sich  eine  zierliche  Kinderhand  in  seine  Linke 
schob,  ganz  sanft  und  leicht,  wie  eine  trö- 
stende Zärtlichkeit.  Und  doch  ging  von  dieser 
kleinen  Hand  eine  unwiderstehliche  Kraft 
aus,  die  ihn  fortzog,  die  Straße  hinan.  Dies 
Kind  kannte  gewiß  den  richtigen  Weg!  Und 
es  führte  ihn  so  sicher  und  fein,  daß  er  auch 
nicht  an  einen  einzigen  der  vielen  groben 
Steine  stieß,  die  da  im  Wege  lagen.  Zu 
dumm,  daß  er  gar  nicht  auf  den  Gedanken 
gekommen  war,  mit  dem  Kind  zu  plaudern! 
Aber  er  war  so  erfüllt  von  Erwartung  und 
Staunen,  und  es  war  so  selbstverständlich, 
wie  die  Kinderhand  ihn  führte,  daß  außer 
ein  paar  unbeholfenen  Dankesworten  nichts 
über  seine  Lippen  kam. 

Die  sanfte  Festigkeit  der  Kinderhand  führte 
ihn  schließlich  über  einen  Hof  zu  einer  Tür. 
Vor  lauter  Aufregung  vergaß  der  blinde 
Hirte  anzuklopfen.  Er  öffnete  die  knarrende, 
alte  Tür  und  trat  ein,  ganz  langsam  und 
lauschend.  Hörte  er  nicht  ein  feines  Summen 
und  Singen?  Spürte  er  nicht  eine  Wärme,  wie 
er  sie  von  frühen  Sommermorgen  kannte, 
wenn  er  in  die  Sonne  trat?  Aber  schon 
drängte  ihn  die  kleine  Hand,  die  sich  immer 
noch  fest  um  seine  Linke  schloß,  in  den  Raum 
und  ließ  ihn  das  rauhe,  splittrige  Holz  der 
Krippe   fühlen. 

Es  war  eine  wundersame,  feierliche  Minute. 
Joas  lehnte  den  Stab  an  die  Schulter  und 
tastete  mit  beiden  Händen  ganz  vorsichtig 
über  die  Krippe  hin.  Er  fühlte  das  Stroh, 
ein   Tuch    darüber,    und    dann   die    Windeln, 


Conrad  von  Soest 

unter  denen  es  sich  leise  regte.  Aber  als  er 
seine  Hände  nun  weiter  dorthin  schicken 
wollte,  wo  das  Köpfchen  des  Kindes  und 
die  Händchen  zu  vermuten  waren,  da  hielt 
er  erschrocken  und  ängstlich  inne.  Seine 
zittrigen,  klobigen  Hände,  seine  von  der 
Arbeit  rissige,  schwielige  Haut  —  wie  durfte 
er  damit  das  zarte  Kind  berühren!  In  seiner 
Enttäuschung  und  Not  verharrte  er  wie  ver- 
steinert über  die  Krippe  gebeugt.  In  der  Tür 
drängten  sich  schon  die  Gefährten,  ergriffen 
wartend  und  wohl  auch  in  Scheu  gebannt 
von  dem  lieblichen  Bild,  das  sich  ihnen  bot. 
Noch  war  kein  Wort  gefallen,  doch  hörte 
der  Blinde  den  Atem  Marias  dicht  in  der 
Nähe. 

„Es  schläft  ganz  fest",  sagte  sie  jetzt.  Und 
da  spürte  der  Blinde  auch  wieder  jene  kleine 
Hand,  die  seine  verlangend  vorgestreckten 
Finger  berührte  und  lenkte,  und  nun,  da 
er  die  winzige  Faust  des  Kindleins  ertastete, 
bemerkte  er  unter  Schauern  des  Entzückens, 
daß  seine  groben,  zittrigen,  rissigen  Finger 
plötzlich  ganz  ruhig  und  ganz  eben  waren, 
mit  empfindsamer,  glatter  Haut,  so  daß  er 
unvergeßlich  genau  sogar  das  Gesicht  des 
Kindes  abfühlen  konnte,  das  Naschen,  die 
feine  Stirn  —  ein  Wunder!  Ergriffen,  sank 
der  Hirte  neben  der  Krippe  auf  die  Knie. 


WUdunger  Altar  um  1420 

Inzwischen  nun  schoben  sich  die  anderen. 
Hirten  durch  die  Tür,  ein  wenig  täppisch 
und  zaghaft.  Joas  hörte  eine  fremde  Männer- 
stimme unmutsvoll  seufzen:  „Was  wollt  ihr 
hier  alle?  Solche  Unruhe  mitten  in  der  Nacht!" 

Aber  Maria  meinte  in  freundlicher  Milde: 
„Laß  sie  nur,  Josef.  Der  Herr  wird  sie  ge- 
schickt haben." 

„So  ist  es",  bestätigte  der  Blinde,  und  er 
erzählte,  was  sich  draußen  bei  den  Schafen 
zugetragen  hatte.  Als  er  geendet,  sagte  Josef 
linkisch  und  ganz  verstört:  „Verzeiht  mir!" 
Maria  aber  schwieg,  demütig  und  übervollen 
Herzens. 

Erst  als  die  Hirten  wieder  auf  der  Straße 
standen,  erinnerte  sich  Joas  an  das  Kind, 
das  ihn  hergeführt  hatte,  und  er  bemerkte 
auch,  daß  seine  Hand  wieder  zittrig  und 
rissig  war.  „Ein  Kind?",  erwiderten  die  an- 
dern verwundert  auf  seine  Frage,  „ein  Kind 
haben  wir  bei  dir  nicht  gesehen.  Du  wärest 
immer  ganz  allein." 

„Dann  war  es  einer  der  Engel,  die  da  ge- 
sungen haben:  Ehre  sei  Gott  in  der  Höhe!", 
sagte  der  Blinde  leise,  und  er  fügte  hinzu: 
„Ich  habe  heute  mehr  gesehen,  als  die 
schärfsten  Augen  sehen  können." 

Reinhard  Rebensburg 


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jDer  Bearbeiter  dieser  Schachspalte  wünscht 
allen  Schachfreunden  ein  frohes  und  geseq- 

j  netes  Weihnachten  1951.  Möge  auf  den 
Gabentischen  auch  hier  und  da  ein  Geschenk 
in  Gestalt  eines  Schachspieles  ein  beschei- 
denes Plätzchen  einnehmen.  Nachstehend 
wird     unseren     Schachfreunden     als     Weih- 

i  nachtsgeschenk  eine  Partie  beschert,  die  des 
Nachspielens  wert  ist.  W.  Würtz,  Köln,  der 
Sieger  des  westdeutschen  Schachturniers  für 
Blinde  1951,  spielte  sie  in  der  Kölner  Mann- 
schaftsmeisterschaft 1948  (Meisterklasse, 
3,  Brett).  Als  kleine  Zugabe  folgt  dann  eine 
Partie,  die  der  Unterzeichnete  in  dem 
Städtekampf  Düsseldorf  gegen  Köln  (53.  Brett) 
am  21.  11.  1951  in  Düsseldorf  spielte. 

Unregelmäßig 
Weiß  :  Würtz,  Caissa  Köln 

Schwarz:  Melzer,  Köln  1900 

1.  d4  c5  2.  d5  e5  3.  e4  d6  4.  c4  (eine  nette, 
aber  nicht  leicht  zu  behandelnde  Riegel- 
stellung) 4.- f5  5.  Sc3  Sf6  6.  Dc2  f:e4  (hier 

war  f4-'zu  erwägen,  was  zur  Einengung  des 
weißen  Königsflügels  führen  konnte.  Durch 
den  Textzug  öffnet  sich  Schwarz  zwar  die 
f-Linie,  überläßt  aber,  und  das  wiegt  schwe- 
rer, dem  Weißen  den  wichtigen  Punkt  e4 
und  damit  die  Diagonale  bl — h7)  7.  S:e4  Le7 
8.  Sf3  o — ö  (Läufer  g4  war  zunächst  am 
Platze,  zumal  der  Damenspringer  nicht  über 
c6  ins  Spiel  gebracht  werden  kann)  9.  Ld3 
Sbd7  (wiederum  versäumt  Schwarz  Lg4)  10. 
Sfg5  S:e4  11.  S:e4  De8  12.  h4  (im  Vertrauen 
auf  seine  günstige  Stellung  geht  Weiß  kurz 

entschlossen  zum  Angriff  über)    12. Dh5? 

(h6  war  geboten)  13.  Sg3!  Dg4  14.  L:h7  +  Kh8 
1:5.  Lg5  (mit  Lf5  konnte  Weiß  die  Qualität 
gewinnen,  mißt  aber  seinem  Angriff  größere 

Bedeutung     bei)      15. Sf6     16.     Lg6     b5 

(Schwarz  versucht  nun,  durch  ein  Manöver 
auf  dem  Damenflügel  Gegenspiel  zu  bekom- 
men, unterschätzt  jedoch  dabei  das  weiße 
Angriffsspiel.  Mehr  Widerstand  versprach 
Springer  g8  nebst  Lf6)  17.  c;b5  Db4+  18.  Ld2 
D:b5  (dort  steht  die  Dame  denkbar  ungünstig 


FARBWERKE  HOECHST 


und  kann  ihrem 
Gebieter  nicht  mehr 
zu  Hilfe  eilen)  19. 
h5  Tb8?  20.  h6! 
D:b2??  (ist  er  denn 
geistig  weggetre- 
ten? Ein  schöner 
Mattangriff  macht 
ihm  nun  den  Gar- 
aus) 21.  H:g7  + 
K:g7  22.  Lh6+  Kg8 
23.  Lh7+  Kh8  24. 
Lg7+!  (das  ist  der 
Witz!  Diesen  Zug 
hatte  Schwarz  an- 
scheinend nicht  ein- 
kalkuliert, als  er 
seine  Dame  vom 
Königsflügel  weg- 
beorderte)    24. 

K:g7  25.  Dg6+  Kh8 
26.  Lg8+  Schwarz 
gab  auf;  denn  nur 
der    Opfertod    des 

Springers  kann  Seine  Majestät  noch  einen 
Schachzug  lang  am  Leben  erhalten.  Eine  be- 
merkenswerte Leistung  des  Schachfreundes 
W.  Würtz. 

Damengambit 

Weiß:  Mertens,  Köln 

Schwarz  :  Werschkull,  Düsseldorf 

1.  d4  d5  2.  c4  c6  3.  e3  Sf6  4.  Sc3  e6  5.  Sf3 

Sbd7  6.  Ld3  Le7  7.  a3  o— o  8.  o— o  a6  9.  Dc2 

Te8    10.    Se5    Sf8    11.    f4(c:d5   war    ratsam; 

durch  dieses  Versäumnis  verliert  Weiß  jetzt 

wichtige  Tempi)  11. c5  12.  Sf3  d:c4  13.  L:c4 

b5  14.  Le2  Lb7  b3  (stärker  war  Tdl)   15.- 

Tc8  16.   d:c5  (es  drohte:   16. L:f3   17.  L:f3 

c:d4   18.  e:d4  D:d4+   usw.)   16. T:c5   (L:c5 

mußte  geschehen  und  damit  Druck  auf  den 
schwachen  Punkt  e3  ausgeübt  werden)  17.  b4 
Tc7  18.  Lb2  Dc8  19.  Dd2  Td8  20.  Del  Se4 
21.  S:e4  L:e4  22.  Tel  Sd7  (vorzuziehen  war 
Tdd7)  23.  T:c7  D:c7  24.  Dc3  D:c3  25.  L:c3  Lf6 
26.  L:f6  S:f6  27.  h3  —  Hier  einigte  man  sich 
auf  remis. 

Gabriel  Mertens, 
Köln-Nippes,  Escher  Str.  63 


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■ 


Nochmals:  Spezialbesteck 

Als  Entgegnung  auf  die  im  letzten  Heft 
kundgetane  Meinung  des  Kameraden  aus 
Moers  über  das  Eßbesteck  meines  Mannes 
möchte  ich  folgendes  sagen  und  zu  bedenken 
geben: 

Wir  Frauen  der  Kriegsblinden  wissen  im 
allgemeinen,  daß  und  wo  unsere  Männer 
zwar  nicht  Verwöhnung,  wohl  aber  Hilfe  und 
Unterstützung  nötig  haben,  und  wo  man  sie 
besser  selbständig  schalten  und  walten  lassen 
sollte.  Es  gibt  Gelegenheiten,  bei  denen  der 
Einsatz  der  aufgewandten  Nervenkraft  in 
keinem  Verhältnis  steht  zum  Erfolg  der  Be- 
mühungen. Da  sollte  man  aus  Gründen  der 
Kräfteersparnis  ohne  Scheu  zu  einem  Hilfs- 
fnittel  greifen.  So  ist  es  auch  hier.  Es  sind 
nicht  alle  Kameraden  gleichermaßen  ge- 
schickt im  Wiedererlernen  früher  einmal 
gewußter  und  gekonnter  Hantierungen.  In 
Solchen  Fällen  ist  es  für  Sehende  peinlich, 
$ie  oft  wenig  ästhetischen  Eßmanieren  dieser 
Kriegsblinden  zu  beobachten,  und  viel  stärker 
wird  hier  das  Mitleid,  das  wir  so  gern  ver- 
mieden wissen,  erregt,  als  wenn  der  Blinde 
pich  eines  Gerätes  bedient,  das  gut  aussieht, 
tias  ihn  sicher  und  frei  sich  bewegen  und 
benehmen  läßt,  und  ■  mit  Hilfe  dessen  so 
feiemlich  jeder  Schaden  zu.  vermeiden  ist. 
Klan  wird  mit  so  einem  mit  ruhiger  Selbst- 
verständlichkeit gebrauchten  Hilfsmittel  nicht 
unliebsam  auffallen.  Dazu  kommt,  daß  es 
jiiberallhin  mitgenommen  werden  kann  und 
jbeide  Teile  des   Gerätes   je   nach   Belieben, 


Gewohnheit  und  Geschick  sowohl  von  der 
rechten  als  auch  von  der  linken  Hand  benutzt 
werden  können.  Man  sollte  als  Nichtsehen- 
der  unbekümmert  und  mit  sicherem  Selbst- 
bewußtsein die  Grenzen  der  eigenen  Kraft 
erkennen  und  ohne  innere  Verkrampfung 
eingestehen.  Lotte  Schütz  (Hamburg) 

Warum  nur  Kreuzworträtsel? 

Unser  Kamerad  Grywatz  fragt  in  der 
Oktobernummer  unserer  Zeitschrift  an,  ob 
nicht  die  Einrichtung  einer  Rätselecke  mög- 
lich sei.  Ich  möchte  diese  Anfrage  wärmstens 
unterstützen  und  stehe  auch  auf  dem  Stand- 
punkt, daß  das,  was  den  Schachfreunden 
recht  ist,  den  Rätselfreunden  billig  sein  muß. 
Ich  bin  überzeugt,  daß  es  im  Kreise  unserer 
Kameraden  sehr  viele  Rätselfreunde  gibt.  Wer 
im  Januar  und  Februar  dieses  Jahres  zur  Kur 
in  unserem  Braunlager  Heim  weilte,  weiß, 
mit  welchem  Eifer  und  Fanatismus  bei 
schlechtem  Wetter  die  armen  Rätselhefte 
und  darüber  hinaus  die  noch  bedauernswerte- 
ren sehenden  Hilfskräfte  herhalten  mußten, 
um  den  Drang  der  Rätselrater  zu  befriedigen. 
Und  es  waren  nicht  einzelne,  die  diesem 
Laster  frönten,  vielmehr  beteiligte  sich  fast 
alles  mit  mehr  oder  weniger  Leidenschaft, 
Geschick  und  manchmal  auch  Humor  an 
unserer  Rätselraterei,  wobei  auch  „Denk- 
sportunfälle" passierten,  wie  sie  in  humor- 
voller Form  in  der  diesjährigen  Märznummer 
unserer  Zeitschrift  schon  einmal  geschildert 
worden  sind.  Unsere  Raterei  hat  sich  aber 


nicht  nur  auf  Kreuzworträtsel,  sondern  mit 
dem  gleichen  Erfolg  auch  auf  Silbenrätsel 
erstreckt.  Bei  einiger  Übung  und  systemati- 
schem Vorgehen  ist  auch  der  Blinde  in  der 
Lage,  mit  seiner  sehenden  Hilfskraft  die  ver-  ; 
schiedensten  Rätselarten  schnell  zu  lösen.        ] 

Darum,    liebe    Schriftleitung,    her   mit    der 
Rätselecke,    und   nicht   nur   Kreuzworträtsel!  i 
Werner  Hildebrandt  (Neuß)  . 

Zu  den  Berichten  aus  Borkum 

Wie  schön  war  es  im  „Frisia", 

dem  Borkumer  Kb-Kh,  i 

wenn  es  nicht  die  „Palette" 

in  Untermiete  hätte 

dann  gab  es  nachts  kein   „wumm  -  ta  -  ta"t  | 

„Johann,  ist  der  Baron  nicht  da?", 

dann  würde  es  nachts  ruhig  sein    - 

von  „Pack'   die  Badehose  ein" 

und  ähnlich  lautem  Dudelklang, 

wie  er  nachts  sieben  Stunden  lang 

von  Instrumenten  und  Gesang 

störend  in  unsere  Zimmer  drang; 

was  half  all  unser  Fluchen 

beim  „Backe-backe-Kuchen", 

das  uns  im  Fleiter-Repertaire 

fünfmal  pro  Nacht  beschieden  war  — 

mit  Händeklatschen  und  Geschrei 

als  ob's  ein  Kindergarten  sei. 

Wenn  man  vom  Bad,  vom  Dünensand, 
vom  Aufenthalt  am  Badestrand 
mit  völlig  ruhigem  Gewissen 
ermüdet  lag  in  seinem  Kissen 
und  hoffte  sich  gesund  zu  schlummern, 
fing  die  „Palette"  an  zu  bummern  — 
von  zehn  Uhr  abends  bummste  sie 
in  einem  durch  bis  fünf  Uhr  früh  — 
dann  war  es  mit  der  Ruhe  aus 
im  Vorder-  und  im  Hinterhaus; 
wir  mußten  das  Gedudel  hören, 
konnten  uns  seiner  nicht  erwehren  — 
dadurch  ist  einem  Teil  von  uns 
der  volle  Kur-Erfolg  verhunzt. 

Und  die  Moral  von  der  Geschieht': 
So  geht  es  auf  die  Dauer  nicht! 
Vollen  Erfolg  der  Badekur 
verspricht  ein  Kurheim  nämlich  nur, 
wenn  man  nach  einem  langen  Tag 
nachts  seine  Ruhe  finden  mag  — 
um  diese  aber  hier  zu  finden, 
muß  die  „Palette"  bald  verschwinden, 
dann  steht  das  Kurheim  Frisia 
hundertprozentig  richtig  da! 

Karl  Stein 

(Heihgenhaus  bei  Düsseldorf 


17 


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18 


t^/j  c*j^  cy3  U4&i/uz4id/&r' 


So  war  es  1945 

!   Zum  erstenmal   hat  es  eine  Dichterin  ge- 
jwagt  —  und  Hanna  Stephan  ist  eine  Dich- 
perin  —  die  schrecklichen  Geschehnisse  fest- 
zuhalten,  die   im  letzten   Kriegswinter   über 
'die  Menschen  Ostpreußens  hereingebrochen 
sind.    Und    doch    ist    ihr    Roman    „Engel, 
.'Menschen  und  Dämonen"  bei  allem 
i  Fürchterlichen,    was    dargestellt    wird,    nicht 
ein  Buch  der  Verzweiflung  oder  des  Hasses. 
Neben  den  Dämonen,  über  ihnen,  stehen  die 
!  Engel,    steht    Tröstung   und    Bewahrung.    So 
ist  das  Buch  ein  Dokument  von  Gültigkeit, 
da  es  nicht  bloß  die  sogenannte,  die  Wirk- 
lichkeit der  Oberfläche  zeigt,  —  obwohl  auch 
diese  Wirklichkeit,  oft  mit  geradezu  visionärer 
Kraft,  vor  uns  aufsteigt.  „Das  Buch",  so  sagt 
Hanna   Stephan  zu  Beginn,    „berichtet   ohne 
:  Klage  und   ohne   Streit,   was   Menschen  wie 
1  du  und  ich  erlebt,  erlitten  und  überwunden 
haben."  Und  sie  stellt  mutig  das  Pauluswort 
I  voran:  „Das  Alte  ist  vergangen,  siehe,  es  ist 
alles  neu  geworden."  Mit  der  Einfalt  wahren 
Schöpfertums  und  der  Lauterkeit  eines  liebes- 
starken Frauenherzens  ist  dieses  einzigartige 
Buch  geschrieben.   (508  S.,  Ganzl.   12,80  DM, 
Verlag  C.  Bertelsmann.) 

Aus  dem  Norwegischen 

Die  norwegischen  Dichter  haben  auf  uns 
Deutsche    immer   wieder    eine   merkwürdige 

i  Anziehungskraft  ausgeübt.  So  wird  auch  der 
neue   Roman  von  Johan   Bojer,   dessen 

•;  „Lofotfischer"    viele    kennen    werden,    seine 

[  Leser  finden:  unromantisch,  fast  nüchtern 
konsequent    in    dem    Vorantreiben    des    in 

:  mancher  Hinsicht  mehr  dramatischen  als  epi- 
schen Vorwurfs;  komprimiert,  ohne  den 
Atem  zu  verlieren  —  so  bannt  uns  sein  um- 
fangmäßig recht  schmaler,  neuer  Roman 
„Die  Schuld  des  Kristen  Fjelken" 
(Biederstein- Verlag,    München).    Dieser    Kri- 

i  sten  ist  nicht  eigentlich  ein  Held,  er  ist  ein 
allzu  menschlicher  Mensch,  der  mit  seinem 
Leben  nur  recht  halb  fertig  wird,  aber  gerade 
deshalb  ist  er  einer  von  uns,  und  so  wird 
manche  düstere  Note  des  Buches  versöhnlich 
überglänzt. 

„Die  große  Flut" 

Max  Taut,  Träger  des  Friedenspreises  der 
deutschen  Verleger  und  einer  der  überlegen- 
sten Literaturkenner,   sagte   uns  kürzlich  in. 
einem  Gespräch,  daß  er  „Diegroße  Flut" 


Waldemar  Augustinys  für  eins  der  wenigen, 
wirklich  bedeutenden  Werke  der  Gegen- 
wartsliteratur halte.  Ein  solches  Urteil  er- 
hellt "die  Wichtigkeit  einer  verlegerischen 
Leistung,  die  das  Werk  nun  als  Volksaus- 
gabe, behutsam  und  geschickt  gekürzt,  bei 
einem  Umfang  von  528  Seiten  zum  Preis  von 
nur  8,50  DM  in  Gzl.  herausbringt.  (Verlag 
C.    Bertelsmann.)    Es   ist   eine    „Chronik   der 


Insel  Strand",  die  1634  von  einer  Sturmflut 
verschlungen  wurde,  eine  Chronik,  also  un- 
erbittlich klar,  ohne  Pathos  und  ohne  lyri- 
sches Abschweifen,  mit  einer  außergewöhn- 
lichen Plastik  nicht  nur  der  spannungsgela- 
denen Vorgänge  sondern  auch  der  Charak- 
tere in  ihrer  Vielfalt,  ihrem  Gegeneinander 
und  Miteinander.  Es  ist  mehr  als  ein  Buch 
der  Nordsee,  es  ist  ein  Buch  des  Menschen, 
der  „heute  groß  dasteht  und  morgen  gebeugt 
wird".  Schuld  und  Verhängnis,  und  daneben 
der  unerbittliche  Kampf  zwischen  Mensch 
und  Natur  —  das  gibt  dem  Buch  den  zeitlos 
lebendigen  Atem. 


Blindenfilme  —  die  große  Mode ! 


Eine  Welle  neuer  Filme,  die  das  Blinden- 
schicksal  zum  Gegenstand  haben,  scheint  sich 
anzukündigen.  Nach  dem  vorzüglichen  ame- 
rikanischen Kriegsblindenfilm  „Sieg  über 
das  Dunkel"  wurde  nunmehr  in  Berlin  unter 
dem  Titel  „Augen  der  Liebe"  der 
Liebesroman  eines  erblindeten  Bildhauers 
aufgeführt.  Die  Kritiken  sind  recht  zwie- 
spältig, zumal  der  Film  einen  sehr  unwahr- 
scheinlichen Schluß  hat  und  im  ganzen  sehr 
romantische  Farben.  Doch  sei  er  ergreifend 
und  ohne  falsche  Töne.  Dieser  Film,  mit 
den  hervorragenden  Schauspielern  Rene 
Deltgen  und  Käthe  Gold  sowie  Paul  Wege- 
ner,  wurde  von  dem  Regisseur  Alfred  Braun 
bereits  1942  fertiggestellt,  ist  aber  kurz  da- 
nach verboten  worden.  Der  Regisseur  distan- 
ziert sich  nunmehr  von  dem  Film,  weil  der 
einzig  erhaltene  Originalfilm  bei  Kriegsende 
nicht  mehr  vollständig  war  und  1945  unter 
vielerlei  entstellenden  Eingriffen  ergänzt 
worden  sei. 

Zwei  neue  Blindenfilme  werden  aus 
Frankreich  gemeldet,  nachdem  vor 
zwei  Jahren  der  französische  Kriegsblinden- 
film „Engel  der  Nacht"  (das  Schicksal  eines 
kriegsblinden  Bildhauers)  in  Deutschland 
gezeigt  wurde.  Der  neue  Film  „D  i  e  N  a  c  h  t 


geht  zu  Ende"  behandelt  die  Frage  der 
Hornhautübertragung,  durch  die  mancher 
durch  Krankheit  Erblindete  sein  Augenlicht 
wiedergewonnen  hat.  Die  Vorgänge  der 
Operation  stehen  im  Mittelpunkt.  Minister- 
präsident Arnold  (Düsseldorf)  hat  über  die- 
sen Film  das  Protektorat  übernommen.  Die 
Uraufführung  soll   bald   erfolgen. 

Ein  weiterer  französischer  Film  „D  i  e 
Nacht  ist  mein  Reich",  der  unter 
Blinden  spielt,  hat  in  Frankreich  sehr  guten 
Erfolg  gehabt.  Wie  wir  von  den  zuständigen 
Stellen  der  Filmwirtschaft  erfahren,  steht 
noch  nicht  fest,  ob  dieser  Film  synchronisiert 
und  in  Deutschland  aufgeführt  wird.  — 
übrigens  befindet  sich  auch  in  der  Bundes- 
republik nunmehr  ein  Film  in  der  ersten 
Vorbereitung,  der  das  Schicksal  eines 
Kriegsblinden   zum   Gegenstand   hat. 

Unzerbrechliche  Kunstaugen? 

Wir  brachten  im  Novemberheft  („Kleine 
Neuigkeiten")  einen  Hinweis  auf  angeblich 
erfolgreiche  Bemühungen  um  die  Entwicklung 
unzerbrechlicher  künstlicher 
Augen.  Dazu  teilt  uns  Herr  Ministerialrat  Dr. 
med.  Paetzold  vom  Bundesarbeitsmini- 
sterium mit,  daß  Kunstharz-Augenprothesen 


Mit  Glockenläuten  geht  ein  altes  Jahr  zu  Ende 
Und  vor  uns  liegt  ein  neues,  wie  ein  großes  Meer, 
Wir  reichen  uns  bewegt  die  Hände 
Und  schreiten  in  das  neue,  das  so  zukunltsschwer. 

Das  alte  brachte  vielen  Glück  und  manchem  Tränen, 
Es  brachte  vielen  Freude  über  Nacht, 
Jedoch,  wonach  sich  alle  Menschen  sehnen, 
Den  Frieden  hat  es  nicht  gebracht. 

Gemeinsam  wollen  wir  die  Schwelle  überschreiten 
Und  kämpfen  für  den  Frieden  dieser  Welt, 
Wir  wollen  leben  und  nicht  miteinander  streiten, 
In  Frieden  leben,  wie  es  uns  gefällt! 

Laßt  uns  die  Gläser  heben  und  das  Neue  grüßen. 
Das  schicksalsschwer  nun  vor  uns  liegt, 
Die  Brunnen  ewger  Liebe  sollen  fließen, 
Aul  daß  im  neuen  Jahr  die  Liebe  siegt! 

Kriegsbl.  C.  J.  H.  Burmester 


in  Deutschland  bereits  hergestellt  und  auch 
exportiert  werden,  daß  jedoch  diese  Kunst- 
harzaugen gegenüber  den  Glasaugen  nicht 
die  besonderen  Vorzüge  der  Transparenz 
haben  und  daß  das  absolut  Menschenähnliche 
beim  Kunstharzauge  trotz  raffinierter  Technik 
verlorengeht..  Im  übrigen  übe  die  beste 
Kunstharzmasse  nach  Mitteilungen  von  Fach- 
leuten keineswegs  weniger  Reiz  auf  die 
Augenhöhle  aus  als  ein  Glasauge  und  werde 
sehr  bald  rauh.  In  Amerika  sei  man  aus 
solchen  Gründen  wieder  zu  Glasprothesen 
zurückgekehrt. 

ES     STARBEN: 

LANDESVERBAND   BAYERN 

Krüger,  Hans  Rottendorf  b.  Würzburg, 
gestorben  am  26.  5.  1951  im  Alter  von 
31  Jahren. 

S  p  e  i  g  1 ,  Georg,  Augsburg,  Robert-Gerber- 
Straße  30,  Postschaffner  a.  D.,  geb.  am  7.  4. 
1885,  gest.  am  1.  11.  1951. 

P  e  c  h  e  r  ,  Venanz,  Eppisburg  Nr.  39Vs, 
Kreis  Dillingen-Donau,  geb.  am  12.  9.  84, 
gest.  am  16.  11.  1951. 

LANDESVERBAND  HAMBURG 

G  e  i  c  k  ,  Wilhelm,  Hamburg  39,  Stammann- 
straße 10,  geb.  am  13.  9.  93,  gest.  am 
13.  10.  1951. 

LANDESVERBAND  NIEDERSACHSEN 

Unsere  Kameradin  Frau  Helene  Schmidt, 
Braunschweig,  Hildesheimer  Straße  61, 
geb.  am  28.  12.  82,  gest.  am  24.  10.  1951. 

LANDESVERBAND  NORDRHEIN 

D  r  i  e  s  s  e  n  ,  Jakob,  Krefeld,  Hammerstein- 
straße  14a,  gest.  am  26.   10.  1951. 

Michalowski,  Grazian,  Essen-Frintrop, 
Lirichblick  211,  gest.  am  18.  10.  1951. 

G  i  e  s  ,  Helene,  Köln,  Jülicher  Straße  4,  gest. 
am  17.  10.  1951. 

LANDESVERBAND  WESTFALEN 
L  a  n  g  n  e  r ,  Julius,  Bochum,  Heckertstr.  38, 
gest.  am  27.  10.  1951  im  Alter  von  64  Jah- 
ren. 

AUS  DER  OSTZONE 

Heidenreich,  Emil,  Justizbeamter  a.  D., 
Kassenwart  des  ostsächs.  Bundes  erblinde- 
ter Krieger  von  1923  bis  1945,  Dresden- 
Bühlau,  Allensteiner  Straße  4,  geb.  am 
27.  11.  83,  gest.  am  31.  10.  1951. 

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Das  Bundesinnenministerium  befaßt  sich 
entgegen  anders  lautenden  Pressemeldungen 
nicht  mit  der  Schaffung  eines  Versehr- 
ten-Sportabzeichens, nachdem  die 
Arbeitsgemeinschaft  „Deutscher  Versehrten- 
sport" sich  einstimmig  dagegen  ausge- 
sprochen hat.  Das  geht  aus  einer  Mitteilung 
im  Bundesanzeiger  vom  1.  11.  1951  hervor. 
Es  wird  dabei  weiterhin  gesagt,  daß  den 
Versehrten  Gelegenheit  gegeben  werden  soll, 
das  normale  Bundessportabzeichen  zu  er- 
werben, wobei  die  Bedingungen  geändert 
werden  sollen.  Eine  einheitliche  Regelung 
dazu  ist  in  Kürze  zu  erwarten. 
* 

In  allen  Ländern  der  Bundesrepublik  wird 
seit  einigen  Wochen  eine  verstärkte  Propa- 
ganda gegen  den  Blindenwaren- 
sehwindel  durchgeführt.  Wie  nötig  diese 
Aufklärung  ist,  beweist  nicht  nur  der  uns 
bekannte  Umfang  des  Schwindels,  sondern 
auch  das  Echo  des  Publikums.  So  fand  z.  ß. 
in  Bielefeld  unter  dem  Vorsitz  des  Ober- 
meisters der  Bürsten-  und  Pinselmacher- 
Innung  eine  Beratung  mit  Vertretern  des 
Blindenhandwerks  und  der  Regierung  sowie 
anderer  Dienststellen  statt.  Direktor  Meurer 
von  der  „Deutschen  Blindenarbeit"  erklärte 
dabei,  daß  allein  in  Ostwestfalen  acht  um- 
strittene Firmen  beständen,  die  mit  dem 
Wort  „blind"  unlautere  Geschäfte  betreiben. 
Am  gleichen  Tage,  an  dem  die  Tagespresse 
über  diese  Konferenz  berichtete,  gingen  beim 
Innungsmeister  über  50  zustimmende 
felefonanrufe  ein  —  ein  Beweis  für 
die  Teilnahme  der  Öffentlichkeit. 

In  Kiel  stellt  man  zur  Zeit  Versuche  damit 
an,  einen  Blinden  am  Schalter  eines 
Postamtes  Briefmarken  verkaufen  zu  lassen. 
„Das  Publikum  wird  gebeten",  so  liest  man 
auf  einem  kleinen  Schild,  „nur  mit  Hartgeld 
zu  zahlen."  Ähnliche  Experimente  haben 
sich  früher  nicht  voll  befriedigend  bewährt, 
doch  bleibt  der  Erfolg  in  Kiel  abzuwarten. 
* 

Der  Operation  einer  Hornhautüberpflan- 
zung stehen  in  England,  wo  zur  Zeit  über 
200  Blinde  auf  eine  Operation  warten  (von 
denen  25  Prozent  die  volle  Sehkraft  wieder- 
erlangen werden),  große  Schwierigkeiten 
entgegen.  Und  zwar  verbietet  das  Anato- 
mie-Gesetz von  1832  und  1871  die  Ent- 
fernung der  Augen  Verstorbener  unmittelbar 
nach  Eintritt  des  Todes.  Das  Gesetz  sollte 
einst  dem  Verbrechen  des  Raubes  und  Ver- 
kaufes von  Leichen  für  Forschungszwecke  ein 
Ende  machen.  Wer  seinen  Körper  nach  dem 
Tode  für  anatomische  Zwecke  zur  Verfügung 
stellt,  muß  amtliche  Formulare  ausfüllen, 
jedoch  kann  ein  Angehöriger  noch  48  Stun- 
den nach  dem  Tode  Einspruch  erheben.  Diese 
Wartezeit  bedeutet,  daß  die  Augen  für  die 
Hornhautüberpflanzung  unbrauchbar  werden, 
per  Labourabgeordnete  Dr.  King  bemüht  sich 
jjetzt  um  eine  Änderung  des  Gesetzes,  wie  sie 
tihnlich  von  der  französischen  Regierung  be- 
reits durchgeführt  wurde. 
•  * 

Die  medizinischen  Kenntnisse  eines  f  a  1  - 
schenDr.  med.,  der  bei  einer  englischen 
Dienststelle  und  aushilfsweise  auch  bei  einem 
Gesundheitsamt  als  Arzt  tätig  war,  sind  in 
der  Tat  erschreckend  gering.  Vor  der  Straf- 
kammer des  Paderborner  Landgerichts  bat 
er  um  ein  mildes  Urteil  und  erklärte  sich 
bereit,  ein  Auge  für  einen  Kriegs- 
blinden zu  opfern.  Soviel  weiß  aber  nun 
jeder  Heilgehilfe,  daß  eine  Verpflanzung 
von  Augen  nie  möglich  sein  wird,  außer  in 
)reklamesüchtigen  Angeboten  von  Augen-: 
Spendern.  Wir  müssen  also  leider  auf  dieses 
pochherzige  Angebot  verzichten.  Im  übrigen 


gäbe  es  schon  längst  keine  Kriegsblinden 
mehr,  wenn  eine  solche  Operation  möglich 
wäre.  Unsere  Frauen  und  Mütter  hätten  mit 
freudiger  Selbstverständlichkeit  längst  ein 
Auge  hergegeben. 

* 

Die  Angebote  zum  Verkauf  gesunder 
Augen  —  bekanntlich  gänzlich  sinnlose 
Angebote  —  haben  in  letzter  Zeit  so  über- 
hand genommen,  daß  die  Göttinger  Augen- 
klinik bereits  vervielfältigte  Absagen  ver- 
sendet. Durchweg  liegt  den  Angeboten 
wirtschaftliche  Not  zugrunde.  Einer  meinte, 
daß  sein  Auge  wohl  10  000  DM  wert  sei. 
* 

Prof.  Müller,  Leiter  der  Bonner  Univer- 
sitätsaugenklinik, hat  nach  Zeitungsmeldun- 
gen erklärt,  der  „grüne  Star"  sei  jetzt 
heilbar  und  brauche  nicht  mehr  wie  bisher 
zu  vollständiger  Erblindung  zu  führen. 

Bestimmte,  nicht  operierbare  Starerkrankun- 
gen werden  übrigens  von  sowjetischen 
Wissenschaftlern  neuerdings  in  ihren  Folgen 
dadurch  gemildert,  daß  man  durch  kompli- 
zierte Brillen  auf  der  getrübten  Hornhaut 
(statt  auf  der  Netzhaut)  ein  scharfes  Bild  ent- 
stehen läßt.  Die  getrübte  Hornhaut  sei  mit 
der  Mattglasscheibe  eines  Fotoapparates  ver- 
gleichbar. Dementsprechend  gleiche  die  Brille 
einem  kurzen  Rohr  mit  eingebauter,  verstell- 
barer Linse,  die  ein  Bild  des  vor  dem  Blin- 
den befindlichen  Gegenstandes  auf  die  milch- 
glasähnliche Hornhaut  projiziert.  Einer  der 
Nachteile  dieses  recht  merkwürdigen  Gerätes 
ist  es,  daß  die  Bilder  wie  auf  der  Mattscheibe 
eines  Fotoapparates  kopfgestellt  erscheinen. 
* 

Nach  einer  Mitteilung  des  Bundesarbeits- 
ministeriums erhielten  Ende  November  1951 
bereits  zwei  Millionen  Personen 
ihre  Bezüge  nach  dem  neuen  Bundesver- 
sorgungsgesetz. Das  ist  etwa  die  Hälfte  der 
Anzahl  aller  Versorgungsberechtigten. 
* 

Das  Blindengeld    für    Zivilblinde    in 
Bayern    soll    nach    einem    Beschluß     des 
Landtages    (Haushaltsausschuß)    von   75   DM 
auf  90  DM  erhöht  werden. 
* 

Das  Blindenreferat  des  VdK  in  Bayern 
ersuchte  sämtliche  bayerischen  Bundestags- 
abgeordneten, sich  dafür  einzusetzen,  daß 
durch  ein  Bundesgesetz  über  die  Gewährung 
von  Blindengeld  die  bisherigen  Länder- 
regelungen nicht  verschlechtert  werden. 
* 

In  Nordrhein-Westfalen  erhalten 
die^Zivilblinden  ein  Pflegegeld  von  75  DM 
(seit  1.  Februar  1951).  Mit  Wirkung  vom 
1.  Oktober  1951  wurden  einige  Härten  in 
bezug  auf  Erwerbseinkünfte  gemildert. 
* 

Der  „Bund  hirnverletzter  Kriegs-  und 
Arbeitsopfer  e.  V."  beging  mit  einem  Fest- 
akt in  Köln  am  3.  November  die  Feier  des 


25jährigen  Bestehens  der  Hirnverletz- 
ten-Organisation.  Vizekanzler  Blücher 
überbrachte  die  Glückwünsche  der  Bundes- 
regierung. Unter  den  zahlreichen  promi- 
nenten Gästen  war  auch  der  Vorsitzende 
des  Kriegsopferausschusses  des  Bundestags, 
Minister  a.  D.  Kurt  Pohle.  Im  Mittelpunkt 
der  Veranstaltung  standen  u.  a.  Referate 
des  Vorsitzenden  der  Hirnverletztenorganisa- 
tion,  Fritz  Götsch,  der  soeben  seinen  60.  Ge- 
burtstag feiern  konnte,  und  von  Obermed.- 
Rat  Dr.  Dubitscher. 

Die  Hirnverletzten  haben  aus  Anlaß  ihres 
Verbandsjubiläums  eine  mit  vielen  hoch- 
interessanten Dokumenten  in  Bild  und  Wort 
ausgestattete  Festschrift  herausgegeben, 
in  der  nicht  nur  die  Geschichte  der  Organisa- 
tion beschrieben  ist,  sondern  auch  allgemeine 
Fragen  der  Hirnverletztenbetreuung.  So  wirbt 
die  Schrift  in  sehr  eindrücklicher  Weise  um 
Verständnis  für  die  Hirnverletzten. 
* 

Das  Landesversorgungsamt  Berlin  gibt 
in  zwangloser  Folge  ein  Mitteilungsblatt  mit 
dem  Titel  „Kriegsopferversor- 
gung" heraus,  das  vielfältige  und  inter- 
essante Kommentare  maßgebender  Berliner 
Fachleute  enthält.  Ebenso  werden  wichtige 
Entscheidungen  der  LVA  Berlin  abgedruckt 
* 

Für  Stumme  und  entsprechend  auch  für 
Taubblinde  sind  im  Ausland  neue 
Sprechgeräte  entwickelt  worden.  So 
gibt  es  den  amerikanischen  „Vocoder",  der 
mit  einem  System  von  Tasten  und  Pedalen 
bedient  wird  und  der  dann  durch  besondere 
Lautkanäle  eine  künstliche,  synthetische 
Stimme  sprechen  läßt.  Nicht  weniger  kom- 
pliziert ist  das  Gerät  des  amerikanischen 
Mathematikers  Prof.  Norbert  Wiener:  ein 
Mikrophon  verwandelt  Töne  und  Geräusche 
in  wechselnde  elektrische  Impulse,  die  von 
etwa  fünf  Schwingungsfiltern  aufgefangen 
werden.  Nur  Impulsen  einer  bestimmten 
Schwingungsbreite  wird  der  Durchgang  er- 
möglicht. Diese  Filter  aber  umfassen  zu- 
sammen den  gesamten  Bereich  der  mensch- 
lichen Stimme.  Jedem  Filter  entspricht  ein 
„Vibrationsknopf".  Legt  der  Taube  die  Fin- 
gerspitzen auf  diese  Knöpfe,  dann  kann  er, 
so  heißt  es,  mit  dem  Tastsinn  die  an  ihn  ge- 
richteten Worte  verstehen.  Das  Gerät  würde 
also  eine  Unterhaltung  in  normaler  Sprech- 
geschwindigkeit ermöglichen. 

Sehr  viel  einfacher  ist  ein  Gerät,  das  kürz- 
lich im  Londoner  Fernsehprogramm  vorge- 
führt wurde:  der  „Sprecher"  bedient 
eine  Schreibmaschinentastatur,  die  Punkt- 
schriftzeichen tippt.  Der  taubblinde 
Gesprächspartner  kann  die  Zeichen  mit  den 
Fingern  abtasten.  Der  Apparat  kann  bequem 
in  einer  Damenhandtasche  untergebracht 
werden.  Ein  zweites  Modell  des  Gerätes  er- 
möglicht bei  elektrischem  Antrieb,  daß  meh- 
rere Partner  gleichzeitig   „zuhören"   können. 

In  den  Vereinigten  Staaten 
werden  immer  wieder  neue  Hilfsmittel 
für  Blinde  entwickelt,  vor  allem  zur  Bewälti- 
gung des  Alltags.  So  gibt  es  neuerdings  Eier- 


23 


Die  Christbescherung  oder  der  fröhliche  Morgen  (Kupierstich  von  J.  Keller,  18.  Jahrh.) 


M 


un  freut  euch,  lieben  Kinderlein: 
Der  heilige  Christ  will  kommen  rein. 
Mit  seinen  lieben  Engelein 
Will  er  selbst  allzeit  bei  uns  sein. 

Er  will  uns  schenken  Güter  viel 
Und  was  man  nur  bedarf  und  will. 
Er  wird  geborn  ein  Kindlein  klein. 
Daß  er  uns  mach  von  Sünden  rein. 


uhren  und  Kaffeemaschinen  und  sogar  ein 
Angelgerät,  das  ein  lautes  Pfeifsignal  er- 
tönen läßt,  sobald  ein  Fisch  anbeißt.  Blinde 
Elektriker  können  mit  Hilfe  eines  Spezial- 
gerätes elektrische  Widerstände  ablesen. 
Sehr  wichtig  erscheint  uns  die  Herausgabe 
einer  Injektionsspritze  für  zuckerkranke 
Blinde,  die  vom  Kranken  selbst  bedient 
werden  kann.  Auch  abtastbare  Fieberthermo- 
meter gibt  es  sogar.  Sehr  gefragt  sind  zu- 
sammenlegbare Blindenstöcke. 
* 
Die  einzige  Führhundschule  in 
Bayern,  nämlich  die  des  Roten  Kreuzes 
in  München,  feierte  ihr  fünfjähriges  Be- 
stehen. In  diesen  Wochen  wird  der  400.  Hund 
ausgebildet.  Die  Schule  steht  unter  der 
Leitung  von  Direktor  Weber. 

Wie  vorsichtig  selbständig  tätige  Kriegs- 
blinde sein  müssen,  beweist  wieder  einmal 
ein  Fall,  der  vor  dem  Schöffengericht  in  Ver- 
den (Aller)  zur  Verhandlung  stand.  Ein 
17mal  Vorbestrafter  hatte  im  Auftrag  eines 
Kriegsblinden  Bürstenware  verkauft 
und  hatte  ihn  um  95  DM  betrogen. 
* 

Einen  eigenartigen,  aber  durchaus  sympa- 
thischen Beruf  übt  unser  Kamerad  Kurt 
Reißmann  aus  Nordenham  aus:  Dieser  ehe- 
malige Schlachtermeister  ist  einer  der  be- 
liebtesten Kasper-Puppenspieler 
an  der  Waterkant.  Mit  einer,  sehr  hübschen 
kleinen  Bühne,  di«  mit  Mikrofon  und  Laut- 
sprecher   ausgestattet    ist,    zieht    Reißmann 


Mit  Freuden  wir  empfangen  ihn 
Und  gehn  fein  nacheinander  hin. 
Gott  sei  gelobt  im  höchsten  Thron 
Daß  er  uns  schickt  sein'  lieben  Sohn. 

„Sei  uns  willkommen,  edler  Gast, 
Den  Sünder  nicht  verschmähet  hast. 
Du  gibst  uns  alls,  es  ist  alls  dein, 
Laß  uns  nur  deine  Kinder  sein." 

Nikolaus  Seinecker  (1579) 


durchs  Land,  kein  Radaumacher,  sondern  ein 
begabter    Sprecher,    Imitator    und    Musiker, 
der  vielen  Menschen  echte  Freude  bringt. 
# 

Ein  vielseitiger  Mann  scheint  unser  Kam. 
Lessenich  in  Merten  bei  Bonn  zu  sein, 
der  als  katholischer  Geistlicher  tätig  ist  und 
über  den  im  neuen  Kriegsblinden-Jahrbuch 
berichtet  wird.  Neuerdings  erweist  er  sich 
als  ein  aktiver  Förderer  der  Segel- 
fliegerei. Die  Jungen  seiner  Pfarr- 
gruppe sind  begeisterte  Anhänger  des 
Modellbaues. 

* 

Eine  zweite  Soldaten-Dachorganisation 
unter  dem  Namen  „Brücke"  gründete  sich 
in  Goslar  als  Oppositionsgruppe  gegen  den 
„Verband  deutscher  Soldaten" 
des  Generals  a.  D.  Frießner.  Dieser  neuen 
Gruppe  gehören  korporativ  bereits  415  000 
Mitglieder  an,  zu  denen  vermutlich  die  Tra- 
ditionsverbände der  Fallschirmjäger,  des 
Afrikakorps  und  von  „Großdeutschland" 
stoßen  dürften.  Der  Bund  deutscher  Kriegs- 
beschädigten und  Hinterbliebenen  (eine 
kleinere  Vereinigung  mit  dem  Sitz  in  Bonn) 
hat  bereits  den  Beitritt  erklärt. 

In  der  Schweiz  gründete  ein  Blinder, 
der  mit  21  Jahren  sein  Augenlicht  verlor 
und  dann  studierte,  einen  Buchverlag  (Ener- 
gecita-Verlag  Zürich).  Außer  einem  Werk 
„Einblick  in  die  Welt  des  Blin- 
d  e  n"  des  blinden  Verlegers  Heinz  Appen- 
zeller, der  u.   a.   die   Umwelterfassung   und 


den  Orientierungssinn  des  Blinden  schildert, 
erscheinen  in  dem  jungen  Verlag  auch  sprach-! 
wissenschaftliche  Publikationen. 


Mehrfach  hörten  wir  schon  einmal  von  Ver-| 
suchen,  das  Fußballspiel  für  Blinde 
dadurch  zu  ermöglichen,  daß  man  einen  Fuß- 
ball konstruiert,  der  mit  Glöckchen  versehen 
ist.  Die  Blinden  eines  Heims  in  Buenos  Aires 
vergnügen  sich  auf  diese  Weise  bestens.  Es 
muß  allerdings  ein  lärmendes  Spiel  sein, 
denn  außer  dem  ständigen  Geklingel  müssen 
sich  auch  die  Spieler  gegenseitig  durch  Zu- 
rufen ihres  Namens  unaufhörlich  orientieren. 
Ein  recht  krampfhaftes  Bemühen! 

Im  Rowohlt-Verlag  erschien  eine  No- 
velle (132  S.,  7,80  DM)  von  Walter  Jens: 
„Der  Blinde".  So  meisterlich  die  dich- 
terische Konzeption  und  die  sprachliche 
Führung  des  kleinen  Werkes  ist,  so  unbefrie- 
digend bleibt  doch  der  Inhalt:  Ein  vierzig- 
jähriger Volksschullehrer  erblindet  durch 
Scharlach  und  gerät  immer  mehr  in  die 
Gefahr  der  Abschnürung  von  der  Umwelt  und 
der  Weltentfremdung. 
* 

Wir  berichteten  schon  einmal  von  dem 
blinden  Motorradfahrer  aus  Darm- 
stadt, der  auf  ein  parkendes  Auto  auffuhr. 
Er  ließ  sich  von  einem  17jährigen  vom  'So- 
ziussitz aus  an  den  Schultern  führen.  Dieser 
17  jährige  drohte  aber  infolge  Alkohol- 
genusses einzuschlafen.  Der  Blinde  sagte  zu 
ihm,  wie  eine  Gerichtsverhandlung  jetzt  er- 
gab: „Schlaf  nur  ruhig  weiter,  aber  gib  acht, 
daß  du  nicht  herunterfällst.  Ich  halte  den 
Fuß  am  Randstein  des  Bürgersteigs  und 
dann  weiß  ich  schon  den  Weg."  Der  blinde 
Fahrer  war  wegen  Fahrens  ohne  Führer- 
schein bereits  fünfzehnmal  vorbestraft. 
* 

Die  bisher  private  Punktschrift-Bibliothek 
in  Colmar  (Elsaß)  ist  der  Blinden-L  e  i  h  - 
bibliothek  am  Goetheanum  ange- 
gliedert worden,  die  sich  die  Verbreitung 
geisteswissenschaftlicher  Literatur  (Antopro- 
sophie)  zur  Aufgabe  gemacht  hat.  Es  stehen 
zur  Zeit  225  deutschsprachige  Kurzschrift- 
bände  zum  unentgeltlichen  Ausleihen  zur 
Verfügung.  Anfragen  sind  zu  richten  an: 
Mme  Kahn-Geismar,  Bibliotheque  Braille, 
27  Rue  Stanislas,  Colmar  (Haut-Rhin)  Frank- 
reich. Die  Werke  von  Rudolf  Steiner  können 
auch  käuflich  erworben  werden. 
* 

Der  von  Geburt  an  blinde  Karel  Timmer- 
mans  ging  gerade  am  Ufer  des  Flusses  Dyle 
(Belgien)  entlang,  als  er  plötzlich  Hilfe- 
rufe eines  Kindes  hörte.  Ohne  Zögern 
sprang  er  in  das  Wasser  und  versuchte,  zu- 
nächst vergeblich,  das  Kind  zu  finden. 
Andere  Passanten  dirigierten  ihn  schließlich 
durch  Zurufe  an  die  richtige  Stelle,  so  daß 
Timmermans  das  Kind  fassen  und  an  das 
Ufer  bringen  konnte. 
* 

Ein  weiterer,  sehr  merkwürdiger  Fall  der 
Lebensrettung  durch  einen  Blinden 
wird  aus  England  berichtet:  Ein  aus  dem 
Mittelalter  stammendes  Hotel  in  Sussey 
geriet  in  Brand.  Ein  Blinder  war  der  einzige, 
der  mit  seinen  verfeinerten  Sinnen  den 
Brandgeruch  in  der  Nacht  wahrnahm.  iEs  ge- 
lang ihm,  einen  Gast  im  Nebenzimmer  zu 
wecken,  der  Alarm  schlug.  Während  sich  der 
20  Gäste  eine  Panik  bemächtigte,  fand  der 
Blinde  instinktiv  den  Weg  ins  Freie. 
* 

In  Österreich  wurde  eine  Kriegsblinden- 
Heimstätten  -  Gesellschaft,  Ge- 
meinnützige Gesellschaft  mbH.,  mit  dem  Sitz 
in  Wien  gegründet  und  in  das  Wiener 
Handelsregister  eingetragen.  Aufgabe  der 
Gesellschaft  ist  der  Bau  und  die  Betreuung 
von  Kleinwohnungen  und  die  Schaffung  von 
Heimstätten  für  Kriegsblinde. 


24 


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26 


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Ehe  und  Eiserner  Vorhang 

„Das  Stück  iür  nur  500  Mark' 
(Bremen  und  Südwesttunk) 

Man  hatte  diesmal  nicht  den  Eindruck,  daß 
sich  das  Autorenpaar  Piontek-Hühnerfeld, 
dessen  Hörspiel  „Es  war  ein  ungewöhnlich 
langer  Tag"  vor  mehr  als  Jahresfrist  im 
:NWDR  ein  großer  Überraschungserfolg  war, 
(der  Tragweite  seines  Stoffes  ganz  bewußt 
^gewesen  ist:  Berliner  Studenten  verschaffen 
:flüchtigen  Mädchen  aus  der  Ostzone  für 
500  Mark  westliches.  Bürgerrecht  durch  „Hei- 

f  Tat"  und  anschließende  Scheidung  —  diese 
Art -der  Ehe  im  Schwarzhandel  ist  mehr  als 
<ein  trauriges  Zeitbild  innerhalb  der  Ost- 
•West-Spannung,  mehr  vor  allem  als  die 
^Grundlage  zu  einer  nicht  ganz  überzeugen- 
den Liebesgeschichte,  bei  der  ein  solcher 
^Student  die  Partnerin  nicht  mehr  verlieren 
will  und  in  Schuld  gerät  dadurch,  daß  er 
die  Scheidung  und  damit  die  Flucht  des 
•eigentlichen  Verlobten  verzögert.  Hier  ver- 
schieben sich  also  die  Akzente  zur  Oberfläche 
hin.  Denn  wenn  schon  „Schuld"  gezeigt  wer- 
.den  soll,  so  kann  sie  nicht  am  Ende  einer 
Kettenreaktion    liegen    anstatt    am    Anfang, 

■  da  nämlich,  wo  die  Herabwürdigung  der  Ehe 

zum  Betrugsmanöver   geschah.    Dem  Zwang 

der  Verhältnisse  muß  der  Zwang  des  Gewis- 

"sens  gegenüberstehen,  besonders  dann,  wenn 

noch    andere    Mittel    zur    Lebensrettung   zur 

I  Verfügung  sind;  denn  mit  500  Mark  kann 
man  notfalls  auch  per  Flugzeug  nach  West- 
deutschland gelangen.  Unverständlich  bleibt 
auch,  daß  der  Student,  obwohl  er  so  gut  wie 
nichts  von  seiner  „Ehefrau"  weiß,  plötzlich 
nicht  in  die  Scheidung  einwilligt.  Auch  er 
verliert  damit  zunehmend  an  menschlichem 
Rang.  Und  so  bleibt  schließlich  nicht  viel 
mehr  übrig,  als  ein  politisches  Kampfstück, 
das  zwar  geglückter  ist  als  das  ebenfalls  von 
Bremen  vor  einem  halben  Jahr  gesendete 
Hörspiel    „Nenn'    es    Verrat"    des    gleichen 

-  Autorenpaares,  das  aber  doch  wesentlich 
mehr   hätte   hergeben   können.    Ein   Mangel 

I  der  mit  Behutsamkeit  auf  das  Menschliche 
I  bedachten  Aufführung  unter  Gert  Westphal 
I  war  die  Ähnlichkeit  der  männlichen  Stimmen. 

Darf  der  Rundfunk  Schlager  kritisieren? 

Zur  „Schlagerparade"  des  NWDR    . 

Das  Kriterium  der  Demokratie  ist  —  wer 

-  wüßte  es  nicht?  —  die  Abstimmung.  Darum 
üben  wir  uns  darin  fleißig.  Wenn  die  Metho- 

*  den  nur  immer  so  vergnüglich  wären  wie 
bei  der  „Schlagerparade"  des  NWDR!  Und 
die  Kandidaten  so  in  aller  Munde  und  sich 
so  ihrer  Vergänglichkeit  bewußt!    Vor  weni- 

:  gen  Wochen  noch  lag  „Bei  mir  zu  Haus"  an 
der  Spitze,  jetzt  läuft  er  schon  nicht  einmal 
;|  mehr  unter  „ferner",  obwohl  fünfzehn  Schla- 
ger jeweils  das  Ziel  passieren,  der  letzte  nur 
mit  drei-  oder  vierhundert  Stimmen  —  und 
^  m|t   ihm   beginnt   die   Sendung   —   und    der 
|  erste,  wie  letzthin,  mit  6550  Stimmen,    Was 
i  wurde    gewählt?     Eine    sentimentale    Limo- 

•  nade,  die  dem  unsicheren  Hörer  wie  der 
gute  Wein  eines  Volksliedes  schmecken  soll: 
„Du  kleines   Schwalbenpaar,   so  schnell  ver- 

.  ging  das  Jahr  .  .  .";  schön  schmalzig  gesungen 
|  von  einem  Männer-,  nein,  sagen  wir:  Herren- 
quartett. Aber' immerhin,  ein  Text  ohne  sex- 
appeal.  Düsterer  stimmte  in  dieser  und  an- 
derer Hinsicht  schon  der  2.  Preis  mit  5814 
Stimmen:  „Laßt  uns  träumen  am  Lago 
Maggiore,  wo  das  Glück  deine  Wünsche  er- 
füllt." Die  Schwülstigkeit  und  sacharinsüße 
Mache  von  Text,  Musik  und  raffiniert-massi- 
vem Darbietung'  sind'  schon  unüberbietbar, 
und  das  Zuhören  ist- ein  Martyrium.  Und 
hiej  beginnt  unsere  Frage-.an  den  Veranstal- 
ter:  Es  gibt  doch  Schlager  mit  Witz  und  Ein- 


fallskraft, sollte  man  bei  dieser  äußerst  be- 
liebten Sendung  das  Publikum  nicht  —  trotz 
Demokratie  —  ein  wenig  lenken?  Wenn  im 
Sommer  ein  so  netter  Schlager  wie  „Pack 
die  Badehose  ein"  das  Rennen  machen 
konnte,  so  kann  das  Publikum  doch  gar  nicht 
so  schlecht  sein.  Der  Sprecher  H.  Hellhoff 
macht  seine  Sache  durchaus  geschickt,  aber 
würde  er  sie  nicht  noch  geschickter  machen, 
wenn  er  sich  manchmal  ein  wenig  distanzie- 
ren oder  bekennen  würde?  Eine  Rundfunk- 
instanz sollte  —  wenigstens  in  dieser  Sparte 
—  sich  nicht  hinter  Neutralismus  verstecken, 
sondern  ihre  Meinung  sagen.  Hoffentlich  hat 
sie  eine! 

Leider  importiert 

„Der  Bäcker   und  seine  Frau"    (Südwestlunk) 

Ein  Ehebruch  als  Thema  eines  (dazu  aus 
Frankreich  stammenden)  Hörspiels  —  das 
ließe  einige  Peinlichkeiten  befürchten,  wenn 
man  nicht  wüßte,  daß  Marcel  Pagnol  bei 
aller  blutvollen  Vitalität  und  bei  allem  güti- 
gen Verstehen  doch  ein  Moralist  ist,  beim 
„Bäcker  und  seiner  Frau"  fast  ein  Prediger, 
der  nicht  mit  doktrinärer  Strenge  sondern 
mit  heiterer  Sanftmut  zu  lehren  weiß  und 
dazu  auf  eine  überaus  elegante  Art.  Wie 
sein  „Goldener  Anker",  so  zeugtauch  dieses 
Stück  von  seinem  Geschick,  unter  einer  reiz- 
vollen    Oberfläche,     mit     deren     Zeichnung 


manche  Autoren  sich  (erfolgreich)  begnügt 
hätten,  immer  wieder  in  die  Tiefe  zu  leuch- 
ten. So  wirkt  es  keineswegs  deplaciert,  wenn, 
gegen  Schluß  des  Hörspiels,  dessen  Haupt- 
rolle von  einem  Komiker  gespielt  wird,  ein 
Abschnitt  aus  dem  Evangelium  (Christus  und 
die  Ehebrecherin)  gesprochen  wird.  Die  Be- 
setzung der  Hauptrolle  mit  dem  schwäbischen 
Conferencier  und  Spaßmacher  Willi  Reichert 
war  insofern  riskant,  als  es  Pagnol  gerade 
darauf  ankommt,  den  betrogenen  Ehemann 
nicht  als  komische,  zum  Verspotten  reizende 
Figur  ein  Opfer  der  triumphierenden  Umwelt 
werden  zu  lassen,  sondern  zu  zeigen,  daß 
man  helfen. und  verzeihen  muß.  Und  es 
hilft  das  ganze  Dorf,  wenn  auch  nicht  ganz 
selbstlos,  denn  der  Bäcker  streikt  in  seiner 
Verzweiflung  und  man  braucht  doch  Brot. 
Ein  Musterbeispiel  für  eine  gute  Funk- 
komödie! 

Schauplatz:  Das  menschliche  Herz 

„Denn  sie  sollen  getröstet  werden" 
(Hessischer  Rundiunk) 

Mut  und  Unternehmungsgeist  standen  bei 
dieser  Inszenierung  Pate.  Mut  zum  außer- 
gewöhnlichen, zum  anspruchsvollen  Thema, 
Mut  auch  zum  langen  Atem  des  Epischen. 
Es  wäre  ungerecht,  hiervon  nicht  zu  reden, 
bevor  man  erwähnt,  was  an  der  auf  zwei 
Abende  verteilten  Sendung  nicht  ganz  ge- 
glückt  war.    Diese   Roman-Bearbeitung,    die 


JDrograHitnvorsdtau  für  -f^örspieU 


15. 

12. 

21.30 

16. 

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17.00 

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20.00 
20.00 
20.05 
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20.05 
21.00 
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20.40 

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20.00 
20.20 
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22.20 

24. 

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17.00 
18.00 

2g. 

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20.45 
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20.20 

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20.05 

31. 

12. 

16.00 

2. 

1. 

1952 

3. 

1. 

,    ,   , 

7. 

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i. 

20.30 

9; 

•i. 

20.30 

10. 

i. 

14. 

i. 

15. 

l. 

20.30 


NWDR/UKW-Nord:  „Zehnter  Hochzeitstag"  von  Felix  Langer. 

Beromünster:  „Christ  ist  erschienen"  von  K.  W.  Dähler. 

Stuttgart:  „Die  Stumme"  von  Ernst  Glaeser. 

Frankfurt:  „Mann  Nummer  soundsoviel"  von  J.  M.  Becker. 

NWDR:  Melvilles  „Redburn",  bearbeitet  von  H.  Regnier. 

München:  „Venus  im  Licht"  von  Christopher  Fry. 

NWDR/UKW-Nord:  „Amerigo  schwieg"  von  Hans  Baumann. 

Frankfurt/UKW:  „Rabatzkolonne"  von  R.  A.  Stemmle. 

N WDR/UKW- West:  „Dem  Himmel  bin  ich  auserkoren"  von  Thornton  Wilder. 

Südwestfunk:  „Eine  alltägliche  Geschichte"  von  Jochen  Huth. 

Stuttgart:  „Alkestis"  von  Erwin  Wickert. 

Bremen:  „Und  Pippa  tanzt"  von  Gerhart  Hauptmann. 

Südwestfunk/UKW:  „Abenteuer  in  der  Unendlichkeit"  (II) 

RIAS:  „Birnbaum  und  Hollerstauden"  von  Josef  Maria  Lutz. 

München/UKW:  „Der  Turm"  von  H.  v.  Hofmannsthal. 

NWDR:  „Stern  der  Offenbarung"  von  Jean  Prieur. 

Beromünster:  „Das  Weltgetriebe  von  Pisa"  von  S.  v.  Vegesack. 

Frankfurt:  Hörbild  um  Albert  Schweitzer  von  Peter  Lothar  (2). 

NWDR:  „Ein  deutsches  Weihnachtsspiel". 

Frankfurt:  „Das  Heiligenhafener  Sternsingerspiel"   von  Fr.  Grasshoff. 

Südwestfunk:  „Dein  Herz  für  mich  und  meinen  Hund"  von  James  Dale. 

Frankfurt/UKW:   „Das  Heiligenhafener  Sternsingerspiel"   von  Fr.  Grasshoff. 

NWDR:  „Die  Bürger  von  Bethlehem".  - 

München/UKW:  „Ein  altes  deutsches  Weihnachtsspiel"  von  Max  Meli. 

RIAS:  „Seine  Majestät  Gustav  Krause"  von  Eberhard  Förster. 

Südwestfunk/UKW:  „Dein  Herz  für  mich  und  meinen  Hund"  von  James  Dale. 

München:  „Rückkehr"  von  Pierre  M.  Richard. 

NWDR:  „Unsere  kleine  Stadt"  von  Thornton  Wilder. 

Frankfurt:  „Der  zerbrochene  Krug"  von  Heinrich  von  Kleist. 

München/UKW:   „Der  Silvesterabend  des  Herrn  Crepin"  von  Toon  Rammelt. 

München:  „Der  Silvesterabend  des  Herrn  Crepin"  von  Toon  Rammelt. 

NWDR:  „Paul  Temple  und  der  Fall  Curzon  (4). 

Südwestfunk/UKW:  „Das  Stück  für  nur  500  Mark"  v.  Piontek  und  Hühnerfeld. 

NWDR:  „Unser  Gartenzimmer"  von  Werner  Illing. 

Frankfurt:  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen"  von  Walter  Bauer. 

Frankfurt/UKW:  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen"  von  Walter  Bauer. 

Südwestfunk:  „Venus  im  Licht"  von  Christopher  Fry. 

Südwestfunk/UKW:  „Der  veruntreute  Himmel"  von  Fred  von  Hoerschelmann 

nach  Franz  Werfel. 
NWDR:  „Gericht  bei  Nacht". 

Frankfurt:  „Glasmenagerie"  von  Tennessee  Williams, 
■  Frankfurt/UKW:  „Mann  Nummer  Soundsoviel"  von  J.  M.  Becker. 
Südwestfunk:  „Wer  erbt  das  Himmelreich"  von  Kurt  Heynicke. 


Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel- Preis  der  Kriegsblinden"! 


27 


Weihnachten  vor  hundert  Jahren 


Heinz  Schwarzmann  vor  Jahresfrist  für  den 
Bayerischen  Rundfunk  nach  dem  Buch  von 
'Alan  Paton  geschrieben  hat,  gehört  zu  den 
ernsthaftesten  Versuchen,  die  Frankfurt  sei- 
nen Hörern  in  letzter  Zeit  beschert  hat.  „Der 
eigentliche  Schauplatz  der  Geschichte  ist  das 
menschliche  Herz",  hieß  es  zu  Beginn.  Es 
war  also  mehr,  als  nur  (wie  die  VorankünT 
digung  des  Senders  wahrhaben  wollte)  die 
„Rassenfrage  aus  christlicher  Sicht",  um  die 
es  ging.  Es  ging  vielmehr  bei  dem  Schicksal 
des  Negerpfarrers  Kumala  um  die  Bewäh- 
rung eines  echten  Christenglaubens  in  allen 
Stationen  Hiobschen  Ausgesetztseins.  Nicht 
zuletzt  hatte  Otto  Rouvels  starke  Darsteller- 
und Sprecherpersönlichkeit  einen  Hauptanteil 
am  Erfolg.  Ihm  war  es  zu  verdanken,  daß 
aus  der  Fülle  der  Worte  und  Gestalten  immer 


die  Aussage  des  alten  Mannes  deutlich  her- 
ausragte. Seine  unbeirrbare  Gläubigkeit  ge- 
rät auch  dann  nicht  ins  Wanken,  als  er  am 
Ende  seiner  Entdeckungsreise  nach  Johannis- 
burg  den  Sohn  als  Mörder,  die  Schwester  als 
Dirne  und  den  Bruder  als  kalten,  zynischen 
Politiker  vorfinden  muß. 

Formal  gesehen  muß  unentschieden,  blei- 
ben, ob  die  Ausdehnung  auf  über  zwei  Stun- 
den und  die  Verteilung  auf  zwei  Abende 
für  die  .Sendung  unumgänglich  war.  Eine 
stärkere  Straffung  hätte  durch  das  Entfernen 
manches  gewiß  reizvollen,  aber  auch  verwir- 
renden Rankenwerks  die  Konturen  nur  schär- 
fer heraustreten  lassen.  Um  dieses  Ziel  zu 
erreichen,  wäre  es  wohl  auch  gut  gewesen, 
wenn  man  die  Funktion  des  Sprechers  und 
der  Sprecherin  eingeschränkt  hätte. 


tLW  UDeiUnacliisabend 

Was  ein  Weihnachtsbaum  unseren  Kindern  erzählt 


Das  hätte  ich  denn  doch  nicht  gedacht,  daß 
ich  ein  so  schönes  Weihnachtsfest  erleben 
sollte!  Wenn  ich  so  dran  denke,  wie  un- 
scheinbar ich  da  im  großen  Walde  gestanden 
hab  neben  all  den  anderen  Tannenbäumen, 
auf  die  ich  oft  so  böse  war,  weil  sie  mir  das 
Licht  wegnahmen  — ■  — .  Aber  gut  gewachsen 
bin  ich!  Und  jetzt?  Anfangs  gefiel  es  mir 
gar  nicht  in  der  großen  Stadt,  als  ich  durch 
die  Straßen  getragen  wurde,  die  so  voll 
Lärm  waren,  und  so  grau  die  Häuser,  und 
so  eilig  und  unfroh  die  Menschen,  und  so 
unrein  die  Luft.  Da  hatte  ich  erst  mal  Heim- 
weh nach  meinem  Wald  und  war  sehr  müde. 

Aber  dann  kam  ich  zu  diesen  Leuten  hier, 
und  an  diesem  eben  vergangenen  Abend 
habe  ich  mein  Weihnachtsfest  erlebt.  Ich 
bin  noch  ganz  taumelig  von  all  dem  Glanz 


28 


und  der  Wärme  meiner  vielen  Lichter,  und 
auch  etwas  müde.  Aber  ich  werde  mich 
schon  wieder  erholen.  Es  ist  ganz  still  und 
dunkel  um  mich.  Alle  schlafen  sie  nun,  und 
so  will  ich  euch,  ihr  Kinder,  ein  wenig 
erzählen.  „ 

Stundenlang  stand  ich  heute  schon  festlich 
geputzt  da,  mit  roten  Äpfeln  behängt  und 
mit  dicken  Kerzen  besteckt,  und  wartete.  Ab 
und  zu  kam  ein  Rüchlein  von  Gebratenem 
und  von  Sauerkraut  aus  der  Küche  zu  mir, 
und  auch  der  Pfefferkuchenduft  von  sechs 
wohlgefüllten  bunten  Tellern  umwehte  mich. 
Schon  am  Vormittag  war  die  Mutter  ge- 
schäftig-leise im  Zimmer  hin  und  her  ge- 
gangen, hatte  weiße  Decken  aufgelegt  und 
hatte  Päckchen  herbeigetragen.  Manchen 
Gegenstand  hatte  sie  behutsam  dem  Vater 


in  die  Hand  gegeben,  damit  er  ihn  befühle 
und  sich  dran  freuen  solle.  Und  da  erkannte 
ich,  daß  der  Mann  ja  blind  war.  Ja,  kann 
denn  jemand,  der  nicht  sieht,  am  Weihnachts- 
abend auch  seine  Freude  haben?  Das  zu  er- 
leben, war  das  Schönste  für  mich. 

Endlich  war  es  soweit!  Die  vielen  Kerzen 
auf  meinen  Zweigen  wurden  entzündet,  so 
daß  mir  ganz  wohl  und  warm  wurde  und 
ich  mir  unbeschreiblich  schön  und  festlic 
vorkam.  Dann  tat  sich  die  Tür  auf,  und  mit 
leuchtenden  Augen  und  ganz  erwartungsvoll 
kamen  die  drei  Kinder  und  die  gute  alte 
Großmutter  herein  und  schauten  gebannt 
und  glücklich  auf  mich.  Dabei  lauschten  sie 
den  weihnachtlichen  Klängen,  die  vom 
Klavier  her  leise  den  Raum  durchzogen,  \\n 
mischten  ihre  Stimmen  darein.  Der  Vater 
und  die  Mutter  nahmen  ihre  Flöten  zur 
Hand  und  spielten  eine  schöne  alte  Weise 
auch  eins  der  Kinder,  ein  Mädchen,  gesellte 
sich  dazu;  und  als  es  noch  ein  Weihnacht 
liches  Gedicht  gesprochen  hatte,  da  standen 
alle  im  Halbkreis  vor  mir,  und  der  Vater 
der  doch  gar  nichts  von  all  dem  Glanz 
sehen  konnte,  sprach  dann  vom  Sinn  des 
Weihnachtsfestes  und  vor  allem  davon,  dal 
die  Menschen  durch  die  Liebe  zueinander 
mehr  Wärme  und  mehr  Licht  in  die  Welt 
tragen  sollten.  Alle  sahen  einander  froh  ins 
Gesicht   und   hielten   sich   bei    den   Händen 

Nun  nahm  die  Mutter  den  Vater  beiseite 
und  wies  ihm  und  dann  auch  allen  anderen 
den   Platz,   da   einem   jeden   von   ihnen   die 


SCHNEEFLOCKCHEN 

Schneellöckchen  iällt 
nieder    aut    die   Erde, 
daß  der  grauen  Welt 
weich  ein  Laken  werde. 

Schneellöckchen    sacht 
schmiegt  sich  an  die  Stoppeln, 
über  die  bei  Nacht 
braune  Häschen  hoppeln. 

Schneeflöckchen  bleich 
wird  gar  bald  verblassen, 
wenn  das  Eis  im  Teich 
die  Sonnenstrahlen  fassen. 

Schneellöckchen  arm 
auf  der  frischen  Erden, 
muß  im  Frühling,  warm, 
wieder  Wasser  werden. 


Kriegsbl.  Karl  Stein 


sichtbaren  Freuden  des  Abends  aufgebaut 
waren.  Da  gab  es  nun  viele  Ahs!  und  Ohs!, 
viel  Verwundern  und  Sich-miteinander- 
freuen.  Und  auch  die  Kinder  kamen  mit 
ihren  Gaben  herbei.  An  allem  hatte  der 
Vater  in  seiner  stillen,  heiteren  Weise  sei- 
nen vollen  Anteil.  Zum  Schluß  wurden  noch 
von  flinken  Fingern  die  Päckchen  ausge- 
packt, die  liebe  Menschen  in  der  Ferne  auf 
den  Weg  gebracht  hatten.  Wie  schön  war  es, 
die  heißen  Wangen  der  Kinder  zu  sehen, 
ihr  glückliches  Lachen  zu  vernehmen,  Jbis 
endlich  Mutters  Stimme  leise  mahnte,  daß 
auch  der  schönste  Abend  einmal  zu  Ende 
gehen  müsse. 

Meine  Lichter  waren  allmählich  herunter- 
gebrannt. Die  Eltern  saßen  bei  einem  Glase 
Wein  still  beieinander,  gedachten  ihrer, 
großen  Kinder,  die  irgendwo  draußen  waren 
und  die  nicht  hatten  dabei  sein  können  und 
nun  gewiß  auch  herdachten,  und  all  der 
anderen  Lieben,  die  in  ihrem  Herzen  einen 
festen  Platz  hatten.  Sie  hielten  sich  still  bei 
den  Händen  und  warteten  schweigend  ab, 
wie  eines  meiner  Lichtlein  nach  dem  anderen 
flackernd  verlöschte.  Die  Frau  sah  es,  und 
der  Mann  hörte  es,  und  so  ließen  sie  dank- 
baren Herzens  den  Abend  leise  verklingen, 
so  leise,  wie  er  begonnen  hatte. 

Lotte  Schütz  (Hamburg) 


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H.  van  der  Goes:  Anbetung  der  Hirten  (Ausschnitt)  —  Ulfizien,  Florenz 


I  i.- 


ZEITSCHRIFT    FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.V. 


NR.  5  .  3.  JAHRGANG 


JANUAR   1952 


VERLAGSORT  BIELEFELD 


Mein  Bruder,  ich  bin  nicht  niedergeschlagen, 

ich  habe  den  Mut  nicht  verloren.  Das  Leben  ist  überall  das  Leben, 

das  Leben  ist  in  uns  und  nicht  in  der  Welt,  die  uns  umgibt. 

In  meiner  Nähe  werden  Menschen  sein, 

und  ein  Mensch  unter  Menschen  zu  sein  und  immer  zu  bleiben, 

unter  welchen  Umständen  auch  immer, 

nicht  schwach  zu  werden,  nicht  zu  fallen,  das  ist  das  Leben, 

das  ist  der  wirkliche  Sinn  des  Lebens,  ich  habe  ihn  verstanden. 

DOSTOJ  EWSKIJ 


(Brief  vom  22.   12.   1849,  unmittelbar  nachdem  die  drohende  Vollstreckung   der  Todesurteile  in  eine  Verschickung  nach 

Sibirien  umgewandelt  war.) 


AUS    DEM    INHALT 


Rückschau  und  Ausblick.    Von  Dr.  Peter  Plein     . 

Zur  Jahreswende.  Gedicht  von  Kam.  Bodo  Schütz  (Hamburg 

Ausgewandert  —  aber  treu 

Sehr  guter  Rat.    Gedicht  von  Kam.  Gottfried  Schwendy 
Wir  halfen   italienischen   Schicksalsgefährten 
Zur  Klarstellung. 

(Erwiderung  an  die  „Blindenwelt")  Von  Dr.  Plein  . 
Die  Blinden  aller  Welt  gedenken  Brailles. 

Von  Otto  Althauser  .         ....*.... 
Erholungs-  und  Badekuren   1952.    Von  Albert  Bierwerth 

Masseure  auf  der  Schulbank.    Von  W.  A 

Lesermeinung 

Kriegsblinder  am  Postschalter.    Von  Erich  Theil 


Seite 

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1 

1 

2 
3 


Aus  den  Landesverbänden 

Das   „Erna-Plein-Kriegsblindenkurheim"    in  Bad  Münster 

am   Stein 10 

Streiflichter  von  unseren  Weihnachtsfeiern     ....        10 


Weihnachten  in  der  Viersektorenstadt 

Kohlenzuteilung   in   Opladen 

Gute  Laune  in  Südbaden 

Weihnachten  im  Kurheim  Braunlage. 

Von   G.   Hillmann    (Berlin) 

Kleine  Neuigkeiten 

Persönliches 

Saure  Wochen,  frohe  Feste  .  .  . 

(Aus  der  Arbeit  des  Landesverbandes  Bayern) 

Programmvorschau    für    Hörspiele      .... 

Für  unsere  Schachfreunde. 

(Erste  Schachmeisterschaft  für  Blinde) 

Ein  Kriegsblinden-Hörspiel? 

Der  Film  „Sieg  über  das  Dunkel"  im  Südwestfunk 
Der   Hörspielpreis   der   Kriegsblinden 
Kriegsblinde  Organisten.    Von  Theo  Volk     . 
Auch  so  etwas  soll's  geben.    Von  Claus  Faß   (Köln 


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19 
19 
19 
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20 
20 


Unser    T  i  t  e  I  I  o  t  o  ,    eine    Aufnahme    von    Walter    E  h  m  a  n  n  (Köln)  zeigt  den  kriegsblinden  Organisten  Theo  Volk  an  der  Orgel. 
Das   Foto   aul   der    Umschlagrückseite   ist   von    Willi   K  1  o  u  b  e  r  t  (Mainz-Kastel). 


553 


/  554  /  561  /  552  /  502  /  503  /  504  /  505   /  506  /   507   /   508   /  509   /  510   /  511    /  512    /    516   /   517    /   519    /   522    /  528    /  527    /   536  /  537  /  534  /  533 


.Der  Kriegsblinde",   Zeitschrift   für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes   der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V.   (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 

Mürlenbach-Eifel.)   Verantwortlicher   Schriftleiter:   Friedr.   Wilh.   Hymmen,    Bielefeld,    Stapenhorststraße    138.     „Der   Kriegsblinde"  erscheint     monatlich.       Anzeigenverwaltung: 
Bund    der    Kriegsblinden    Deutschlands   e.    V.,    Selbstverlag,    Wiesbaden,   Rheinstraße   73.   Die   Zeitschrift   ist  der  IVW   angeschlossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  V. 


Nr.  5    .   3.  Jahrgang    .    Januar  1952    .    Verlagsort  Bielefeld 


Rückschau  und  Ausblick 


Von  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  PI  ein,  1.  Vorsitzender  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V. 


Wiederum  liegt  ein  Jahr  schwerer  Mühen 
und  großer  Sorgen  in  der  Betreuung  und  in 
der  Arbeit  für  die  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands hinter  uns.  Wenn  wir  das  Jahr  19  5  0 
in  unserer  rückschauenden  Betrachtung  als 
eins  der  ereignisreichsten  in  der 
jahrzehntelangen  Geschichte  unserer  Schick- 
salsgemeinschaft bezeichnet  haben,  so  kön- 
nen wir  mit  Recht  das  Jahr  1951  als  ein 
Jahr  der  Ernte  und  ein  Jahr  der  Ver- 
tiefung und  Verankerung  unserer  Bundes- 
arbeit bezeichnen.  Wenn  es  auch  in  erster 
Linie  galt,  die  durch  Inkraftsetzung  des  Bun- 
desversorgungsgesetzes am  22.  Dezember 
1950  notwendig  gewordene  Umanerkennung 
mit  aller  Beschleunigung  zu  erwirken,  so  galt 
es  doch  auch  —  neben  anderen  Gründen  — 
die  hieraus  erforderliche  organisatorische 
Vorbereitung  zu  treffen. 

Diesem  Zweck  diente  vor  allem  die  schon 
im  Januar  1951  einberufene  Bundesbeirats- 
sitzung. Durch  die  Zusammensetzung  des 
Beirates,  dem  alle  Landesverbandsleiter  mit 
einem  der  Größe  ihres  Landesverbandes  an- 
gemessenen Stimmrecht  angehören,  ergibt 
sich  für  jeden  kriegsblinden  Kameraden  seine 
besondere  Bedeutung  für  die  praktische  Bun- 
desarbeit und  seine  besondere  Rolle  als 
Helfer  und  Glied  der  Bundesleitung.  Im 
Bundesbeirat  verkörpert  sich  jahrzehnte- 
lange praktische  Erfahrung  neben  der 
Schwungkraft  der  jungen  Kameraden  des 
letzten  Krieges,  wie  sie  alle  durch  das  Ver- 
trauen der  kriegsblinden  Kameraden  ihres 
Landesverbandes  aus  der  Front  der  prak- 
tischen Kriegsblindenarbeit  kommen.  Sie 
geben  der  Bundesleitung  in  kameradschaft- 
licher Mitarbeit  die  Richtlinien  und  Anre- 
gungen für  die  richtige  Art  und  Weise  der 
Durchführung  schwierigster  Bundesarbeit, 
aber  in  wechselseitigem  Austausch  nehmen 
sie  auch  von  der  Bundesleitung  einheitliche 
Gesichtspunkte,  neue  Informationen  und 
wertvolle  Anregungen  für  ihre  weitere  Ar- 
beit in  den  Landesverbänden  mit.  Daher 
wird  es  jedem  kriegsblinden  Kameraden 
verständlich  sein,  wenn  auf  dieser  ersten 
Bundesbeiratssitzung  im  Januar  1951,  aber 
auch  auf  der  weiteren  zweitägigen  Bundes- 
beiratssitzung Anfang  Juli  1951  in  ernstem 
Bemühen  und  verantwortungsvoller  Pflicht- 
erfüllung schwer  gerungen  wurde,  das  Beste 
für  unsere  Schicksalsgemeinschaft  und  damit 
für  alle  kriegsblinden  Kameraden  in  Stadt 
und  Land  zu   erreichen. 

Diese  Tagungen  sind  um  so  notwendiger, 
weil  trotz  umfangreichster  schriftlicher  Un- 
terrichtung (durch  Niederschriften  der  Bun- 
desvorstandsberichte, Sonderrundschreiben 
an  die  Landesverbände  und  allgemeine 
Rundschreiben)  niemals  so  ausführlich  die 
schwerwiegenden  Fragen  behandelt  und  ge- 
klärt werden  können,  wie  dies  bei  einer 
mündlichen  Besprechung  bei  Frage  und  Ant- 


wort möglich  ist.  Das  wissen  die  Kameraden 
aus  eigener  Erfahrung:  wie  erst  die  münd- 
liche Besprechung  mit  ihrem  Bezirks- 
oder Landesverbandsleiter  manches  erst  klar 
macht,  was  zwar  schon  schriftlich  in  der 
Zeitschrift  oder  in  den  Rundschreiben  der 
Landesverbände  und  Bezirke  gestanden,  aber 
meist  doch  wegen  seiner  Kompliziertheit 
und  wegen  der  besonders  gelagerten  Einzel- 
fälle doch  noch  zu  Zweifel  und  Fragen  Ver- 
anlassung gibt. 

Eine  sehr  wichtige  Frage  der  Bundes- 
beiratssitzung war  auf  organisatorischem  Ge- 
biete die  Frage  unserer  Zeitschrift  und 


ZUR    JAHRESWENDE 

Ein  Jahr  will  sich  nun  runden, 
ein  neues  Jahr  erwacht. 
Am  Lichterbaum  entzünden 
die  Kerzen  sich  und  künden: 
verwunden  ist  die  tieiste  Nacht! 

Sind  kurz  jetzt  auch  die  Tage, 
die  Nächtetlang  und  kalt: 
bang'  nicht  und  laß  die  Klage. 
Leise  steigt  schon  die  Waage, 
drängt  junges  Leben  nach  Gestalt. 

Glaub'  nur!  Vertrau  dem  Leben! 

Der  Tod  bezwingt  es  nicht. 

Sein  Wirken  und  sein  Weben 

läßt  neues  Blüh'n  anheben, 

die  Welt  wird  wieder  warm  und  licht. 

BODO  SCHÜTZ 


des  Kriegsblinden-Jahrbuches. 
Unsere  bezügl.  der  Zeitschrift  und  des 
Kriegsblinden-Jahrbuches  gehegten  Hoffnun- 
gen hatten  sich  schon  so  erfüllt,  daß  darüber 
keine  Zweifel  mehr  bestanden,  sie  in  der 
inhaltlich  und  äußerlich  guten  Form  unbe- 
dingt zu  erhalten.  Bei  dem  Kriegsblinden- 
Jahrbuch  hatten  sich  bezügl.  des  Vertriebs 
größere  Schwierigkeiten  ergeben.  Da  wir  aus 
Gründen  des  Ansehens  unseres  Kriegsblinden- 
namens  und  unserer  Schicksalsgemeinschaft 
(und  um  eine  Gewähr  dafür  zu  haben,  daß 
die  Kriegsblinden-Jahrbücher  auch  an  die- 
jenigen gelangen,  in  deren  Händen  wir  sie 
zwecks  Werbung  von  Verständnis  und  Ver- 
ständigung gerne  wissen  wollten)  —  da 
wir  also  aus  diesen  Gründen  den  Absatz 
nicht  unkontrollierbaren  oder  schwer  kon- 
trollierbaren Vertretern  überlassen  durften, 
mußten  wir  die  Bezirke  und  Landesverbände 
bitten,  sich  der  mühevollen  Aufgabe  des 
Vertriebs    des    Jahrbuches    zu    unterziehen. 


Diese  Aufgabe  wurde  von  den  Bezirken  und 
Landesverbänden  noch  dadurch  erschwert, 
daß  das  erste  Kriegsblinden-Jahrbuch  infolge 
der  zu  spät  eingesetzten  Vorbereitung  im 
Jahre  1950  viel  zu  spät  in  den  Besitz  un- 
serer kriegsblinden  Kameraden  gelangte,  so 
daß  sie  oft  erst  im  Januar  1951  mit  dem 
Vertrieb  beginnen  konnten.  Um  so  größerer 
Dank  gebührt  all  denen,  die  sich  trotzdem 
nicht  entmutigen  ließen  und  das  Kriegs- 
blinden-Jahrbuch 1951  in  mühevoller  Klein- 
arbeit absetzten,  und  es  muß  lobend  erwähnt 
werden,  daß  neben  vielen  Kameraden,  die 
über  150  Kriegsblinden-Jahrbücher  in  ihren 
Bekanntenkreisen,  bei  Behörden,  Schulen 
usw.  abgesetzt  haben,  es  sogar  ein  Kamerad 
zu  der  erstaunlichen  Leistung  von  über  9  0  0 
abgesetzten  Kriegsblinden-Jahrbüchern  ge- 
bracht hat. 

Hierdurch  wurde  vermieden,  daß  der  Ver- 
trieb des  Kriegsblinden-Jahrbuches  schwer 
kontrollierbaren  und  aus  eigensüchtigen  Be- 
weggründen tätigen  Vertretern  überlassen 
werden  mußte,  die  niemals  das  Verständnis 
für  unsere  seelische  Einstellung  und  Ziele 
aufbringen  können  und  zu  leicht  geneigt 
sind,  unter  Ausnutzung  der  uns  so  verhaßten 
Mitleidserregung  sich  an  die  Öffentlichkeit 
zu  wenden  und  damit  unserem  Ansehen 
viel  mehr  schaden  als  es  durch  das 
Kriegsblinden-Jahrbuch  mit  seinem  wert- 
vollen Inhalt  gehoben  werden  sollte. 

Im  Vertrauen  auf  die  Mitarbeit  aller 
kriegsblinden  Kameraden  hat  der  Bund  auch 
für  das  Jahr  1952  das  nun  schon  zum  festen 
Bestandteil  unserer  Aufklärungsarbeit  ge- 
wordene Kriegsblinden-Jahrbuch  heraus- 
gegeben. Dank  der  diesmal  rechtzeitig  be- 
gonnenen Vorbereitung  und  erfreulichen 
Mitarbeit  schriftgewandter  kriegsblinder  Ka- 
meraden gelang  es,  ein  inhaltsreiches  Werk 
zu  schaffen  und  so  frühzeitig  an  die  Landes- 
verbände und  Bezirke  herauszuliefern,  daß 
dieses  Jahr  der  Absatz  keine  außergewöhn- 
lichen Schwierigkeiten  bereitete  und  trotz 
der  Erhöhung  der  Auflage  von  100  000  auf 
131  000  Exemplare  die  zahlreich  jetzt  noch 
einlaufenden  Forderungen  auf  Nachlieferung 
nicht  mehr  befriedigt  werden  kön- 
nen. Wer  das  Kriegsblinden-Jahrbuch  im 
vorigen  Jahre  erhalten  hat,  hat  sich  meistens 
in  diesem  Jahre  schon  selber  gemeldet,  wenn 
ihm  keins  angeboten  wurde,  und  wir  be- 
dauern es  lebhaft,  daß  wir  vielen  unserer 
Freunde  ihren  Wunsch  nicht  erfüllen  können, 
auch  ihnen  das  Kriegsblindenjahrbuch  1952 
zuzusenden. 

Bezüglich  des  Inhaltes  und  der  guten  Auf- 
machung unserer  Zeitschrift  „Der  Kriegs- 
blinde" bestand  keinerlei  Meinungsver- 
schiedenheit, und  es  war  daher  auch  ver- 
ständlich, daß  man  allgemein  den  Wunsch 
hatte,  die  Zeitschrift  in  der  bisherigen  schö- 
nen Ausgestaltung  unbedingt  auch  weiter  zu 


erhalten.  Da  aber  die  Beschaffung  der  finan- 
ziellen Mittel  hierfür  wegen  der  aufgetre- 
tenen Mißhelligkeiten  und  Schwierigkeiten 
in  der  bisherigen  Form  nicht  mehr  durch- 
geführt werden  konnte,  erschien  dies  fast 
kaum  noch  möglich.  Nach  allen  bisherigen 
Erfahrungen  konnte  kaum  erwartet  werdet!, 
mit  einer  reinen  Anzeigenwerbung  die  finan- 
zielle Sicherung  des  Weiter-Erscheinens  un- 
serer Zeitschrift  in  der  bisherigen  Weise  auf- 
recht zu  erhalten.  Unser  Wille,  die  führende 
Stellung  unserer  Zeitschrift  „Der  Kriegs- 
blinde" innerhalb  der  Kriegsopferzeitschrif- 
ten und  sogar  innerhalb  aller  Sozialzeit- 
schriften zu  erhalten,  ließ  uns  aber  das 
Wagnis  unternehmen,  und  der  Erfolg  hat 
uns  recht  gegeben.  Wir  freuen  uns  ganz 
besonders,  daß  wir  unseren  Freunden  und 
kriegsblinden  Kameraden  unsere  Zeitschrift 
in  der  geschmackvollen  Ausstattung  mit 
ihrem  gediegenen  Inhalt  weiter  zusenden 
können,  und  wir  hoffen,  daß  es  hier  auch 
durch  rührige  Mitarbeit  geeigneter  kriegs- 
blinder Kameraden  gelingen  möge,  durch 
Werbung  zahlender  Jahresbezieher 
nicht  nur  die  finanzielle  Grundlage  weiter 
zu  sichern,  sondern  auch  durch  einen  grö- 
ßeren Leserkreis  innerhalb  der  Sehenden 
mehr  für  Verständnis  und  Verständigung  zu 
werben.  Auf  die  im  vorigen  Jahr  in  einer 
Auflage  von  160  000  Exemplaren  erschienene 
Weihnachtsausgabe,  die  in  gr  ßem  Umfange 
von  Schulen  und  Betrieben,  großen  Behörden 
usw.  bestellt  worden  war,  mußten  wir  aber 
in  diesem  Jahr  verzichten,  da  das  finanzielle 
Risiko  zu  groß  und  der  Absatz  zu  schwierig 
gewesen  war. 

Am  Schluß  des  Jahres  gesellte  sich  zu 
diesen  beiden  wichtigen  Werbemitteln  un- 
seres Bundes  noch  der  Film  hinzu.  Der  von 
unserem    Standpunkte    aus    mit    einem    sel- 


LAusgewaiiderl  —  aber  heu 

Im  April  1950  wanderte  unser  Kamerad 
J.  J.  Friesen,  der  bis  dahin  unweit  von 
Oldenburg  gewohnt  hatte,  zu  Verwandten 
nach  Kanada  aus.  Weiterhin  aber  fühlt  er 
sich  unserer  Schicksalsgemeinschaft  eng  ver- 
bunden und  bezog  auch  in  Kanada  unsere 
Zeitschrift,  die,  wie  er  jetzt  schreibt,  ihm 
unentbehrlich  geworden  sei  und  die  er  nicht 
missen  möchte. 

Aber  Kamerad  Friesen  will  nicht  nur  der 
Empfangende  sein.  So  schickte  er  vor  Weih- 
nachten an  die  Schriftleitung  zwei  Pakete 
mit  Kinderkleidung,  mit  der  Bitte,  die  Sen- 
dung für  Kameraden  in  der  Ostzone  zu  ver- 
wenden. Das  ist  inzwischen  nach  besten 
Möglichkeiten  geschehen;  aber  da  unsere 
Kameraden  in  der  Ostzone  möglicherweise 
ihren  Dank  nicht  unmittelbar  abstatten  kön- 
nen, sei  hier  im  Namen  der  beglückten 
Empfänger  recht  herzlich  für  diese  Kamera- 
dentreue eines  '  ausgewanderten  Kriegs- 
blinden gedankt. 

Wer  folgt  diesem  Beispiel? 

Bei  dieser  Gelegenheit  teilen  wir  mit,  daß 
der  Bundesleitung  in  den  letzten  Wochen 
weitere  Anschriften  von  Kameraden  aus  der 
Ostzone  bekannt  geworden  sind,  die  bisher 
noch  nicht  betreut  wurden.  Wer  von  unseren 
Lesern  einem  Kriegsblinden  aus  der  Ostzone 
schreiben  will  und  ihm  auch  mit  Paketen 
helfen  kann,  der  erfrage  eine  Anschrift  un- 
mittelbar bei  unserer  Geschäftsstelle:  Bund 
der  Kriegsblinden  Deutschlands,  Bonn,  Schu- 
mannstraße 35.  Die  Bundesleitung  wäre  sehr 
dankbar,  wenn  recht  bald  eine  regelmäßige 
Verbindung  zu  diesen  bisher  unbetreuten 
Kameraden  der  Ostzone  zustandekäme,  von 
Kamerad  zu  Kamerad.  Bei  nach  Bonn  ge- 
richteten Anfragen  können  auch  besondere 
Wünsche  (nach  Alter  oder  Heimat  des  Ost- 
zonenkameraden usw.)  vermerkt  weiden,  die 
von  der  Buniesleitung  nach  Möglichkeit  be- 
rücksichtigt werden. 


tenen  Einfühlungsvermögen  in  bester  künst- 
lerischer Qualität  von  der  amerikanischen 
Filmproduktion  herausgebrachte  Film  „Sjeg 
über  das  Dunkel"  ist  ebenfalls  geeignet, 
unter  dem  Schutz  des  Kriegsblindenbundes 
bei  den  Sehenden  das  richtige  Verständnis 
für  unser  Schicksal  und  unser  schweres  Opfer 
zu  wecken. 

Die  Vertiefung  unserer  Schicksals- 
gemeinschaft 

Organisatorisch  trug  auch  das  vergangene 
Jahr  dazu  bei,  überall  bei  unseren  kriegs-  . 
blinden  Mitgliedern  durch  zahlreiche  Ver- 
anstaltungen das  Zugehörigkeitsgefühl 
zur  einheitlichen  Schicksalsgemeinschaft  zu 
stärken  und  das  Bewußtsein  zu  wecken,  daß 
unser  schweres  Schicksal  uns  mehr  als  an- 
dere Kriegsopfer  und  sonstige  Träger  des 
gemeinsamen  Leides  zu  einer  einheitlichen, 
in  Freud  und  Leid  verbundenen  Familie  ver- 
eint. Jeder  Kamerad  hat  sinnfällig  im.  Jahre 
1951  erfahren,  welch  große  Arbeit  der 
Kriegsblindenbund  auch  für  ihn  persönlich 
und  seine  Familie  geleistet  hat  und  welche 
Erfolge  errungen  wurden.  Es  ist  schon  wie- 
der so  weit,  daß  die  unmittelbare  Zugehörig- 
keit zu  unserer  Schicksalsgemeinschaft  so 
tief  im  Herzen  des  einzelnen  verwurzelt  ist, 
daß  es  für  jeden  nicht  nur  eine  große  Leere, 
sondern  eine  Strafe  bedeutet,  dieser  Schick- 
salsgemeinschaft nicht  angehören  zu  dürfen. 
Dies  gilt  natürlich  in  erster  Linie  für  die- 
jenigen, die  durch  ihr  eigenes  Verhalten 
(Bettelei  usw.)  sich  der  Zugehörigkeit  zu 
unserer  Schicksalsgemeinschaft  selbst  un- 
würdig gemacht  haben.  Aber  auch  diejenigen 
möchten  weiter  zu  unserer  Schicksalsgemein- 
schaft gehören,  die  auf  Grund  der  Besserung 
ihres  Versorgungsleidens  bei  der  Umaner- 
kennung  auf  Grund  der  ärztlichen  Gutachten 
nicht  mehr  als  blind  im  Sinne  der  strengen 
Bestimmung  des  Bundesversorgungsgesetzes 
anerkannt  wurden,  sondern  nur  als  hoch- 
gradig schwachsichtig  bezeichnet  werden 
konnten.  So  sehr  wir  es  bedauern,  diese 
Kameraden  wegen  unserer  eindeutigen 
Satzungsbestimmung  zu  verlieren,  die  wir 
im  Interesse  der  Wahrheit  und  Klarheit  ge- 
genüber der  Öffentlichkeit  so  treffen  mußten, 
daß  nur  auf  Grund  amtlicher  Rentenbescheide 
als  kriegsblind  anerkannte  Kriegsbe- 
schädigte unserer  Kriegsblindenschicksals- 
gemeinschaft  als  Mitglieder  angehören  kön- 
nen, so  freuen  wir  uns  doch  über  die  Besse- 
rung ihres  Versorgungsleidens. 

Die  Öffentlichkeit  muß  aber  wissen,  daß 
derjenige,  der  unserem  Bunde  angehört,  auch 
auf  Grund  amtlicher  ärztlicher  Unter- 
suchung und  amtlichen  Rentenbescheides  a  1  s 
Kriegsblinder  anerkannt  ist.  Diese 
Tatsache  muß  um  so  mehr  betont  werden,  als 
von  unverantwortlicher  Seite  in  der  Öffent- 
lichkeit der  Eindruck  erweckt  werden  soll,  als 
ob  ein  großer  Teil  der  Kriegsopfer  zu  Unrecht 
ihre  Renten  beziehe.  Wir  Kriegsblinde  legen 
durch  unsere  Kriegsblindenschicksalsgemein- 
schaft  allergrößten  Wert  darauf,  daß 
nur  solche  als  Kriegsblinde  anerkannt 
werden  und  zu  unseren  Mitgliedern  zählen, 
die  auf  Grund  einwandfreier  Untersuchung 
als  Kriegsblinde  anerkannt  wurden  und  daher 
mit  Recht  einen  Anspruch  auf  ihre  Versor- 
gung haben. 

Um  organisatorisch  unsere  Betreuungs- 
arbeit für  jedes  einzelne  unserer  kriegs- 
blinden Mitglieder  sowohl  bei  den  Bezirken 
und  Landesverbänden  wie  auch  bei  der  Bun- 
desgeschäftsstelle noch  besser  und  erfolg- 
reicher durchführen  zu  können,  müssen  uns 
die  Kameraden  durch  die  Mithilfe  und  zur 
Verfügungstellung  bester  Unterlagen 
helfen,  denn  es  hat  sich  schon  im  Jahre  1950, 
aber  noch  mehr  im  Jahre  1951,  als  besondere 
Stärke  unserer  Schicksalsgemeinschaft  er- 
wiesen, daß  wir  neben  der  restlosen  Erfas- 
sung, aller  Kriegsblinden  auch  über  die  besten 
zahlenmäßigen  und  sonstigen  Unterlagen 
verfügten  und  dadurch  viele  Irrtümer  beseiti- 
gen und  falsche  Berechnungen  richtigstellen 


konnten.  Um  aber  hier  noch  bessere  Unter- 
lagen zu  haben,  sind  von  erfahrenen  Kame- 
raden Karteiblätter  ausgearbeitet  wor- 
den, die  alle  wesentlichen  Angaben  enthalten 
und  übereinstimmend  bei  Bezirk,  Landesver- 
band und  Bundesgeschäftsstelle  geführt  wer- 
den. Die  Kameraden,  insbesondere  die  Ka- 
meradenfrauen, werden  gebeten,  durch  sorg- 
fältige Angaben  und  sofortiger  Mittei- 
lung   jeder    Veränderung    uns    hier 

im  Gesamtinteresse  tatkräftig  zu  unterstützen, 
wenn  es  auch  neben  der  sonstigen  Belastung 
unserer  Hilfskräfte  für  diese  eine  zusätzliche 
Mühe  bedeutet.  Besonders  Anschriftenände- 
runnen  sind  allein  schon  wegen  der  richtigen 
Zeitungszustellung  umgehend  erforderlich. 

Die  Betreuung  der  Ostzonenkame- 
raden wurde  auch  im  vergangenen  Jahr 
erfolgreich  weitergeführt,  und  soweit  ,  wie 
möglich  wurden  alle  Kameraden  in  der  Osl- 

.  zone'  unentgeltlich  mit  einem  Kriegsblinden- 
jahrbuch  beliefert.  Die  Bezirke  und  Landes- 
verbände wie  auch  ein  großer  Teil  einzelner 
kriegsblinder  Kameraden  haben  auch  im  ver- 
gangenen Jahr  durch  schriftlichen  Gedanken- 
austausch und  materielle  Unterstützung  ihre 
kameradschaftliche  Verbundenheit  mit  unse- 
ren kriegsblinden  Kameraden  in  Ostberlin 
und  in  der  Ostzone  zum  Ausdruck  gebracht. 
Wir  bedauern  lebhaft,  daß  wir  aus  Mangel 
an  finanziellen  Mitteln  und  wegen  unserer 
eigenen  Mühen  und  Sorgen  und  dadurch, 
daß  man  diesen  kriegsblinden  Kameraden 
noch  immer  nicht  gestattet,  unserer  Schick- 
salsgemeinschaft als  Mitglieder  anzugehören, 
unseren  Betreuungsaufgaben  ihnen  gegenüber 
nicht  so  nachkommen  können,  wie  wir  es 
gerne  möchten.  Wir  ersehnen  mit  ihnen  heiß 
den  Tag  herbei,  wo  alle  Zonengrenzen  fallen 
und  ein  Friede  die  Einheit  unseres  deut- 
schen Volkes  in  Recht  und  Freiheit 
wieder  herbeiführt. 

Der  L  mdesvorsitzende  hatte  im  vergange- 
nen Jahr  sehr  häufig  Gelegenheit,  bei  den 
Landesverbänden  und  Bezirken  sowohl  bei 
internen  Arbeitstagungen  wie  bei  öffentlichen 
Kundgebungen  neue  Anregungen  zu  empfan- 
gen und  die  persönliche  Verbindung  mit  den 
Kameraden  herzustellen,  sie  zu  unterrichten 
und  in  der  Öffentlichkeit  Verständnis  und 
tatkräftige  Unterstützung  für  unser  Schicksal 
zu  erwirken.  Man  weiß  allmählich  im  deut- 
schen Volke,  daß  die  so  oft  nur  bedauerten 
und  gemiedenen  Kriegsblinden  trotz  ihres 
schweren  Schicksals  die  treuesten  und  ver- 
antwortungsbewußten und  auch  die  1  e  - 
bensbejahendsten  Mitglieder  ihres 
Volkes  sein  wollen  und  sind. 

Mitwirkung   beim  Versorgungsrecht 

Dank  des  besonderen  Vertrauens  und 
Freundschaftsverhältnisses  all  unserer  Gliede- 
rungen zu  den  zuständigen  Versor- 
g  u  n  g  sbehörden  und  dank  der  von  uns 
schon  unterlagenmäßig  rechtzeitig  gut  durch- 
geführten Vorbereitungsarbeit  war  es  schon 
möglich,  die  Umanerkennung  von  Kriegs- 
blinden sogar  vor  dem  rechtswirksamen  Er- 

SEHR  GUTER  RAT 

Ein  Mensch,  der  selber  recht  gut  sieht 
und  außerdem  noch  voll  Gemüt, 
wird,  triiit  er  einmal  einen  Blinden, 
des  Zustand  wirklich  traurig  finden. 

Er  denkt,  es  dürfte  sich  empiehlen, 
sein  Mitgefühl  nicht   zu  verhehlen. 
Und  also  wählt  er  zarte  Worte, 
zum  Beispiel  welche  von  der  Sorte: 

„Sind  Sie  ganz  blind?  Und  das  lür  immer? 
Blieb  Ihnen  nicht  der  kleinste  Schimmer? 
Das  ist  das  Schlimmste,  und  ich  meine, 
da  hält'   ich   lieber  keine   Beine!" 

So  geht  der  Mensch  entlastet  weiter 
und  stimmt  den  anderen  dadurch  heiter. 

-    Eugen    Roth    gewidmet 

Gottfried  Schwendy 


Eine  der  Hauptaufgaben  unseres  Bundes  ist  es,  jedem  arbeitswilligen    Kameraden    einen    angemessenen   Arbeitsplatz   zu    verschallen.  Neuerdings  hat  sich 

vis   günstiger  Berulszweig    eine    Tätigkeit   in   den    Fernmeldezeugämtern    der  Deutschen   Bundespost   erwiesen:   Hier  arbeiten  Kriegsblinde   vor 

allem  in  der  Zerlegeabteilung.  Unser  Bild  zeigt  westfälische  (links)    und  rheinische  Kameraden  (rechts)  bei  der  Arbeit. 


laß  der  Verwaltungsvorschriften  und  Rechts- 
verordnung zum  BVG  zu  erreichen.  Dies  war 
deshalb  möglich,  weil  es  uns  bei  der  Schaf- 
funq  des  BVG  gelungen  war,  die  für  Blinde 
maßgeblichen  gesetzlichen  Bestimmungen  so 
klar  und  eindeutig  im  Gesetz  zu  formulieren, 
daß  die  Verwaltungsvorschriften  meist  nicht 
mehr,  notwendig  waren.  Selbstverständlich 
haben  wir  bei  der  Schaffung  der  Rechtsver- 
ordnung und  Verwaltungsvorschriften  zum 
BVG  sowohl  im  Beratenden  Beirat  für  das 
Versorgungsrecht  wie  auch  durch  schriftliche 
Eingaben  und  mündliche  Vorsprachen  ein- 
gehend mitgewirkt.  Ebenso  geschah 
dies  bei  der  Schaffung  der  gesetzlichen  Be- 
stimmung zur  Errichtung  einer  Versor- 
gungsverwaltung. Als  Lohn  unserer 
großen  Mühe  konnten  wir  es  daher  aber  auch 
verbuchen,  daß  die  Kriegsblinden  und  Pflege- 
zulageempfänger wohl  von  allen  Kriegs- 
opfern zuerst  umanerkannt  wurden  und  in 
den  Genuß  der  neuen  Versorgungsbezüge  mit 
den  für  manche  erheblichen  Nachzahlungen 
kamen.  Damit  konnte  besonders  bei  den 
heimatvertriebenen  Kriegsblinden  manche 
drückende  Not  beseitigt,  manche  dringend 
notwendige  Anschaffung  an  Betten,  Hausrat 
usw.  gemacht  werden,  Damit  wurde  aber  auch 
der  außerordentlich  großen  Unterschiedlich- 
keit in  der  Berentung  des  gleichen  schweren 
Opfers,  des  Augenlichtes,  und  manchem  un- 
haltbaren Notzustand  wegen  viel  zu  geringer 
Versorgung  ein  Ende  gemacht.  Wir  möchten 
nicht  verfehlen,  den  Versorgungsbehörden 
an  dieser  Stelle  für  ihre  schnelle  Uman- 
kennung  bei  den  Kriegsblinden  unseren 
herzlichsten   Dank  zu  sagen. 

Unseren  kriegsblinden  Kameraden  Wird 
der  Erfolg  dieser  Arbeit  offensichtlich,  wenn 
sie  erfahren,  daß  die  Kriegsblinden  schon  seit 
August  zu  97 — 98  Prozent  endgültig  umaner- 
kannt sind,  während  die  Durchschnittszahl 
der  Umanerkennungen  im  gesamten  Bundes- 
gebiet damals  um  30  Prozent  betrug  und 
jetzt  noch  50  Prozent  aller  Kriegsopfer,  also 
über  zwei  Millionen,  nicht  umanerkannt 
werden  konnten.  Bei  den  restlichen  2 — 3  Pro- 
zent der  Kriegsblinden  handelt  es  sich  um 
solche  Fälle,  wo  infolge  Versendung  der 
Akten  oder  ärztlicher  Unersuchungen  Ver- 
zögerungen in  der  Bearbeitung  der  Umaner- 
kennung  eingetreten  sind.  In  den  wenigen 
Fällen,  wo  gegen  die  Umanerkennungs- 
bescheide  .bei  Kriegsblinden  von  uns  Ein- 
spruch eingelegt  werden  mußte,  wurden  die- 
selben mit  über  90  Prozent  zugunsten  un- 
serer Kameraden  entschieden. 

Die  neuen  Bestimmungen  des  BVG  über 
Heil,  und  Krankenbehandlung 
für  Kriegsblinde  und  ihren  Angehörigen 
sowie   Pflegepersonen   haben   sich   ebenfalls 


schon  sehr  günstig  ausgewirkt  und  auch  in 
der  Versorgung  mit  orthopädischen  Hilfs- 
mitteln ist  eine  wesentliche  Besserung  einge- 
treten und  sind  die  Klagen  fast  ganz  aus- 
geblieben. Die  Belieferung  mit  Schreib- 
maschinen und  gut  ausgebildeten  Führ- 
hunden hat  wesentliche  Fortschritte  ge- 
macht. Nur  bezüglich  des  Kleiderverschleißes 
bei  Kriegsblinden  liegen  noch  aus  einzelnen 
Bundesländern  Klagen  über  unterschiedliche 
Behandlung  vor.  Leider  konnten  auch  unsere 
kriegsblinden  Ohnhänder  nicht  so  mit 
den  erforderlichen  Schlagwerkuhren  beliefert 
werden,  wie  wir  und  die  Versorgungsverwal- 
tung  es  gewünscht  hätten,  da  zuerst  die 
Devisenbeschaffung,  dann  aber  die  Produk- 
tionseinstellung der  Schweizer  Firma  hier 
größte  Schwierigkeiten  bereitete.  Es  ist  aber 
zu  hoffen,  daß  im  Interesse  dieser  Ärmsten 
unter  uns  Kriegsblinden  bald  gute  Schlag- 
werkuhren geliefert  werden  können. 

Die  Zusammenarbeit  mit  den  Behörden 

Badekuren  wurden  auch  im  vergange- 
nen Jahr  in  erheblich  größerem  Umfange  ge- 
währt, so  daß  im  Jahre  1951  fast  jeder 
siebente  Kriegsblinde  eine  Badekur  er- 
hielt. Die  hier  im  April/Mai  bezüglich  der 
notwendigen  Begleitperson  auftreten- 
den Schwierigkeiten  konnten,  wenn  auch 
nicht  zur  vollsten  Zufriedenheit  unserer 
kriegsblinden  Kameraden,  so  doch  im  Rahmen 
der    bestehenden    rechtlichen    Möglichkeiten 


dank  des  entgegenkommenden  Verständ- 
nisses der  zuständigen  sachbearbeitenden 
Herren  im  Bundesarbeitsministerium  durch 
einen  Erlaß  so  günstig  wie  möglich 
geregelt  werden.  Er  bringt  gegenüber  dem 
früheren  Recht  des  Reichsversorgungsgesetzes 
doch  noch  erhebliche  Verbesserungen  und 
macht  es  allen  kriegsblinden  Kameraden, 
auch  wenn  ihnen  nicht  auf  Grund  zusätzlicher 
Verletzungen  und  Gesundheitsstörungen  die 
Notwendigkeit  der  Mitnahme  einer  Begleit- 
person mit  Übernahme  der  vollen  Kosten  für 
diese  bestätigt  wird,  doch  die  Mitnahme  der 
vertrauten  Pflegeperson  in  die  Kriegsblinden- 
kurheime  mit  einer  gewissen  Zuzahlung 
möglich. 

Bei  der  Bundesbeiratssitzung  Anfang  Juli 
hatten  alle  Landesverbandsleiter  Gelegen- 
heit, mit  dem  zuständigen  Leiter  der  Ver- 
sorgungsabteilung im  Bundesarbeits- 
ministerium, Ministerialrat  Dr.  Schön- 
leiter, alle  Zweifelsfragen  bezüglich  der 
Versorgung  in  eingehender  Aussprache  zu 
klären.  Hierbei  wurden  besonders  die  Fragen 
der  Pflegezulage,  der  Ausqleichsrente  für 
Kinder,  der  Heil-  und  Krankenbehandlung 
besprochen.  Die  in  ihrer  Sachlichkeit  und 
Verantwortungsbewußtheit  außerordentlich 
hochstehende  und  allerseits  von  größten 
Kenntnissen  zeugende  Aussprache  trug  dazu 
bei,  unser  gutes  Verhältnis  zu  den  höchsten 


Wir  halfen  italienischen  Schicksalsgefährten 

Unser  Auslandsreferent  im  Hochwasserkatastrophengebiet  —  Südtiroler  Kriegsblinde 


ohne  Rente 


Nach  Kenntnisnahme  einer  Pressemeldung, 
wonach  bei  der  Hochwasserkatastrophe  in 
Italien  auch  Kriegsblinde  betroffen  wurden, 
beauftragte  der  Bundesvorsitzende  Dr.  Plein 
unseren  Auslandsreferenten  A 1  f  o  n  s 
Schramm,  Freiburg,  sofort  nach  Italien 
zu  reisen,  um  im  Katastrophengebiet  eine 
Hilfsaktion  einzuleiten.  In  einer  Sonder- 
sitzung des  Heimausschusses  wurden  sofort 
Freiplätze  in  unseren  Kriegsblinden- 
heimen bereitgestellt.  Kam.  Schramm  berich- 
tete nach  seiner  Rückkehr,  daß  alle  betroffe- 
nen Blinden  inzwischen  in  Ausweichquar- 
tieren untergebracht  waren.  Es'  wurde  in 
einer  Aussprache  mit  dem  Präsidenten  der 
Blindenorganisation  in  Italien  auf  die  be- 
sondere Not  an  Kleidungsstücken  und  Bett- 
wäsche hingewiesen.  Außerdem  baten  un- 
sere Kameraden  um  Blindenuhren.  Kam. 
Schramm  hat  sofort  50  Satz  Bettwäsche  und 
50  Blindenwecker  im  Namen  der  deutschen 
Kriegsblinden    an     die    Zentralleitstelle     in 


Padua  zum  Versand  gebracht.  Der  Präsident 
der  italienischen  Blinden  hat  an  den  Bund 
der  Kriegsblinden  ein  Dankschreiben  gesandt 
und  darin  im  Namen  aller  italienischen 
Blinden  und  im  persönlichen  Namen  seine 
Anerkennung  in  herzlichen- Worten  ausge- 
drückt. 

Wie  Kam.  Schramm  weiter  berichtet,  hat 
er  in  Mailand  in  einem  Kriegsblinden- 
heim 13  Kriegsblinde  angetroffen,  die  be- 
dauerlicherweise keine  Versorgungs- 
rente beziehen.  Diese  S  ü  d  t  i  r  o  1  e  r 
Schicksalsgefährten  sind  auf 
Grund  eines  Einberufungsbefehls  in  die 
deutsche  Wehrmacht  eingetreten  und  haben 
im  Kampfeinsatz  für  unser  Vaterland  das 
Augenlicht  verloren.  Wir  haben  beschlos- 
sen, diese  Kameraden  zu  einem  Erho- 
lungsurlaub in  unsere  Heime  in 
Deutschland  einzuladen,  um  dadurch  einen 
kleinen  Beitrag  zur  Linderung  ihrer  wirt- 
schaftlichen und  seelischen  Not  zu  leisten. 


Versorgungsbehörden  zu  vertiefen  und  aus- 
zuwerten. 

Mit  größtem  Bedauern  mußten  wir 
es  aber  erleben,  daß  die  Verwaltungsvor- 
schriften und  die  Rechtsverordnung 
zu  den  §§  25,  27  BVG,  obwohl  sie  schon 
längst  im  Bundesausschuß  für  KB-  und  KH- 
Fürsorge  eingehend  beraten  und  fertig- 
gestellt worden  waren,  wegen  Zuständig- 
keitsstreitigkeiten und  sonstiger  formaler 
Bedenken  hinausgezögert  wurden  und  erst 
mit  Wirkung  vom  10.  12.  51  rechtsverbindlich 
wurden.  Wir  hoffen,  daß  damit  endlich  auf 
dem  umfangreichen  Gebiete  der  Sozial- 
fürsorge für  Kriegsopfer  insbesondere  auch 
die  Sondermaßnahmen  für  Kriegs- 
blinde, Ohnhänder,  sonstige  Pflegezulage- 
empfänger und  Hirnverletzte  sich  praktisch 
für  unsere  Kameraden  auswirken  und 
die  noch  immer  bestehenden  Zweifel  bei  den 
Hauptfürsorgestellen  beseitigt  werden.  Nach 
unserer  Auffassung  sind  damit  die  Grund- 
lagen für  eine  großzügige  Berufsförderung 
und  soziale  Fürsorge  mit  allen  erforderlichen 
Sondermaßnahmen  für  Kriegsblinde  sowohl 
auf  dem  Gebiete  der  Wohnungs-  wie  auf  dem 
der  Erholungsfürsorge  geschaffen  worden. 

Leider  ist  zum  Schluß  des  Jahres  1951  die 
vom  Beratenden  Beirat  für  das  Versorgungs- 
recht und  allen  Kriegsopferverbänden  so 
dringend  gewünschte  Regelung  des  Ver- 
fahrensrechts in  Versorgungssachen 
und  der  Versorgungsgerichtsbarkeit  noch 
nicht  fertiggestellt  worden.  Dies  ist  um  so 
bedauerlicher,  weil  dadurch  den  Kriegsopfern 
ihr  verfassungsmäßiges  Recht  auf  richterliche 
Entscheidung  in  ihren  versorgungsrechtlichen 
Streitigkeiten  immer  noch  nicht  gewähr- 
leistet i  3t.  Wenn  wir  auch  hoffen,  daß  dank 
der  intensiven  Mitarbeit  unseres  Kriegs- 
blindenbundes  nicht  nur  bei  der  Gestaltung 
des  Versorgungsrechts  für  Kriegsblinde, 
sondern  auch  bei  der  befriedigenden  Rege- 
lung der  Umanerkennung  die  Notwendigkeit 
der  Inanspruchnahme  von  Versorgungs- 
gerichten für  Kriegsblinde  wohl  nur  zu  den 
seltenen  Ausnahmefällen  gerechnet 
zu  werden  braucht,  so  müssen  wir  doch  im 
Interesse  der  gesamten  Kriegsopfer  der  Er- 
wartung Ausdruck  geben,  daß  im  Jahre  1952 
ohne  irgendwelche  Verguickung  mit  der  Ge- 
samtfrage der  Sozialgerichtsbarkeit  die  Ver- 
sorgungsgerichtsbarkeit vorab 
eine  s  lbständige  gesetzliche  Regelung 
findet. 

Erhaltet  die  Kaufkraft! 

Mit  nrößter  Sorge  muße  allerdings  auch 
unsere  Kriegsblindenschicksalsgemeinschaft 
im  vergangenen  Jahr  die  wirtschaftliche  Ent- 
wicklung im  Bundesgebiet  ansehen,  durch  die 
schon  die  Kaufkraft  unserer  Versor- 
gungsrente durch  die  Preisentwicklung 
wesentlich  entwertet  war,  bevor  das  auf 
der  wirtschaftlichen  Grundlage  von  Anfang 
bzw.  Mitte  des  Jahre  1951  aufgebaute  Bundes- 
versorgungsgesetz in  Kraft  getreten  war  ge- 
schweige  denn   die   Umanerknnung  und   die 


Beim  Messen  und  Schleifen 
zu  ABA  greifen 


flbawerk  G.m.b.H. 

Aschaffenburg 


Auszahlung  der  Renten  vorgenommen  wurde. 
In  der  Erkenntnis,  daß  bei  einem  Wettlauf 
zwischen  Preisen  einerseits  und  Löhnen, 
Renten  usw.  andererseits  die  Kriegsopfer  als 
die  wirtschaftlich  Schwächeren  stets  zuerst 
auf  der  Strecke  liegen  bleiben  und  daher  jede 
derartige  wirtschaftliche  Entwicklung  wegen 
ihrer  fürchterlichen  Folgen  gerade  für  die 
Kriegsopfer  von  diesen  in  erster  Linie  be- 
kämpft und  nicht  noch  unterstüzt  werden 
muß,  haben  wir  Kriegsblinden  entgegen 
der  allgemeinen  Tendenz,  durch  Teuerungs- 
zulagen, Lohnerhöhungen,  Rentenzulagen 
und  dergleichen  den  davonlaufenden  Preisen 
nachzurennen,  die  Bundesregierung,  Bundes- 
tag und  alle  sonstigen  verantwortlichen 
Stellen  einschließlich  des  Deutschen  Gewerk- 
schaftsbundes dringend  gebeten,  durch 
eine  Preisstabilisierung  und  Wiederherstel- 
lung der  gesunkenen  Kaufkraft  der  ein- 
setzenden Wirtschaftskrise  Herr  zu  werden 
und  nicht  durch  falsche  Maßnahmen  noch 
dazu  beizutragen,  daß  die  wirtschaftliche  Lage 
der  großen  Masse  unseres  Volkes,  ins- 
besondere der  wirtschaftlich  Schwächsten, 
noch  verschlechtert  wird.  Auch  die 
Beamten  und  Lohnempfänger  und  die  ge- 
samte gewerbliche  Wirtschaft  sowie  die 
Bundes-  und  Länderregierungen  müssen  ein- 
sehen, daß  auf  die  Dauer  das  immer  wieder 
einsetzende  Davonlaufen  der  Preise  und  die 
dadurch  eintretende  Existenzunmöglichkeit 
von  Bevölkerungsgruppen  allein  schon  im 
Größenverhältnis  der  Kriegsopfer  mit  über 
4  Millionen  oder  einschließlich  der  Familien- 
angehörigen mit  8 — 10  Millionen  sonst  neue 
Steuern  und  neue  Steuererhöhungen  im 
Milliardenausmaße  unvermeidlich  machen, 
unabhängig  von  der  Frage,  ob  diese  Steuer- 
belastungen für  die  Betroffenen  noch  wirt- 
schaftlich tragbar  sind.  Von  dem,  der  sich 
selbst  in  einer  wirtschaftlich  unerträglichen 
Lage  befindet,  soll  und  kann  man  nicht  er- 
warten, daß  er  allein  das  erforderliche  Ver- 
ständnis für  das  wirtschaftlich  Tragbare  der 
anderen  Bevölkerungsgruppen  aufbringen 
soll,  die  sowieso  körperlich  und  seelisch  und 
auch  wirtschaftlich  sich  ihm  gegenüber  in  der 


Lage  der  stets  Bessergestellten  befinden.  Wir 
Kriegsblinden  sind  gerade  diejenigen  unter 
den  Kriegsopfern,  obwohl  sie  wohl  anerkann- 
termaßen das  schwerste  Opfer  an  Leib  und 
Seele  für  ihr  Volk  gebracht  und  mit  das 
schwerste  Schicksal  zu  tragen  haben,  die 
immer  wieder  betonen,  daß  wir  nicht  so  blind 
sind,  um  an  der  Not  unseres  Volkes  achtlos 
vorüberzugehen  und  deshalb  nicht 
wünschen,  daß  die  unerträgliche  Steuer- 
last unseres  Volkes  noch  durch  Renten- 
erhöhungen vermehrt  wird,  sondern  die 
immer  wieder  fordern,  daß  durch  Preisherab- 
setzung und  Preisstabilisierung  die  Kauf- 
kraft der  Kriegsopferrenten  hergestellt 
wird. 

Wir  sind  aber  auch  nicht  so  blind,  um  zu 
übersehen,  daß  soziale  Ungerechtigkeit  und 
daraus  herrührende  soziale  Verzweiflung  auf 
die  Dauer  nicht  mit  bloßen  Hinweisen 
auf  staatsbürgerliche  Einsicht  und  zukünftige 
katastrophale  Entwicklungsmöglichkeiten  für 
die  Gesamtwirtschaft  in  ihrer  Unerträglich- 
keit  für  die  Betroffenen  beseitigt  werden 
können.  Was  nützt  der  Wirtschaft  alle  Preis- 
erhöhung und  den  Lohn-  und  Gehalts- 
empfängern jede  Erhöhung  ihrer  Bezüge, 
wenn  sie  auf  der  anderen  Seite  durch  neue 
unerträglichere  Steuerbelastung  nicht  nur 
wieder  alles  entzogen  erhalten,  sondern  dazu 
noch  neue  Einbrüche  in  ihre  alte  Substanz 
erfahren  müssen!  Aus  dieser  ernsten  Sorge 
und  Verantwortung  heraus  bitten  die  11  000 
deutschen  Kriegsblinden  dringendst,  die  zur 
Preisstabilisierung  und  Kaufkrafterhaltung 
erforderlichen  wirtschaftlichen  Maßnahmen 
im  Einvernehmen  mit  der  Wirtschaft  durchzu- 
führen. Wir  haben  uns  trotz  unserer  schweren 
Not  und  unseres  Leides  doch  noch  den  Opti- 
mismus bewahrt,  daß  wir  der  festen  Über- 
zeugung sind,  daß  dies  auch  durchführbar  ist, 
wenn  nur  alle  Beteiligten  so  felsenfest  von 
der  untrüglichen  Schicksalsverbundenheit  des 
gesamten  Volkes  überzeugt  sind,  wie  wir 
Kriegsblinde  es  von  der  unlösbaren  Schick- 
salsverbundenheit aller  Kriegsblinden  sind. 


(2.  Teil  iolgt) 


Zur  Klarstellung 


Um  keinem  Zweifel  darüber  zu  lassen,  daß 
Bundesleitung  und  Schriftleitung  in  der  Ab- 
wehr des  unter  der  irreführenden  Überschrift 
„Humanität  oder  Kausalität"  erschienenen 
Artikels  eines  Herrn  Wolnik1)  und  auch  in 
der  Zurückweisung  des  unter  der  Überschrift 
„Unangebrachter  Husarenritt"  vom  Vor- 
sitzenden des  Deutschen  Blinden-Verbandes 
e.  V.,  Dr.  G  o  1 1  w  a  1  d  ,  der  sich  gegen  die 
Stellungnahme  unseres  Kameraden  Hymmen 
richtet,  vollständig  einig  sind, 
weise  ich  auf  folgendes  hin: 

Die  deutschen  Kriegsblinden  bedauern  es 
auf  das  lebhafteste,  daß  die  Zivilblinden 
einschließlich  ihres  Vorsitzenden  Dr.  Gott- 
wald durch  unangebrachte  Vergleiche  und 
Begründungen  immer  wieder  in  der  Öffent- 
lichkeit gegen  das  unbestreitbare  besondere 
Recht  auf  Versorgung,  wie  es  nun  einmal 
den  Kriegsblinden  auf  Grund  ihrer  Dienst- 
beschädigung für  Volk  und  Vaterland  zu- 
steht, eine  Stellung  einnehmen,  die  mit 
Recht  die  Empörung  aller  Kriegsblinden  so- 
wie aller  unserer  Freunde  im  deutschen 
Volke  hervorruft  und  nur  geeignet  ist,  bei 
oberflächlich  denkenden .  Sehenden  einen 
irrigen  Eindruck  zu  erwecken  und  bei  Zivil- 
blinden Gefühle  des  Neides  auszulösen. 
Auch  gegenüber  der  neuen  Begründung  von 
Dr.  Gottwald,  daß  gleiche  soziale  Notstände 
den  gleichen  Lastenausgleich  bedingen  und 
daher  die  Zivilblinden  zum  mindesten  den 
gleichen  Rechtsanspruch  auf  das  Blinden- 
pflegegeld in   derselben  Höhe  wie  die 

*)  Siehe:  „Der  Kriegsblinde",  Oktober  1951, 
Seite  5. 


Kriegsblinden  hätten,  muß  als  rechts- 
irrig und  auch  moralisch  ungerecht- 
fertigt zurückgewiesen  werden. 

Wenn  Dr.  Gottwald  für  die  Zivilblinden 
das  gleiche  Pflegegeld  wie  für  die  Kriegs- 
blinden nach  §  35  des  Bundesversorgungs- 
gesetzes fordert,  weil  es  anderenfalls  „ein 
Verstoß  gegen  den  Grundsatz  der  gleichen 
Behandlung  gleichdrückender  sozialer  Tat- 
bestände ohne  Unterscheidung  der  Ursache 
und  damit  ein  Verstoß  gegen  die  soziale 
Gerechtigkeit"  wäre,  und  wenn  er  weiter 
schreibt:  „Ein  Zivilblindenpflegegeld  nur  auf 
Fürsorgebasis  kann  niemals  die  Lösung  sein. 
Das  Gebot  gleiche  Behandlung  gleichbe- 
drückender  sozialer  Tatbestände  fordert  ein 
Pflegegeld  für  alle",  so  weiß  er  aus  seiner 
eigenen  Praxis  als  Rechtsanwalt  ganz  ge- 
nau, daß  diese  gleichen  sozial  drückenden 
Notstände  niemals  im  Leben  die  gleiche 
rechtliche  Behandlung  erfahren. 
Niemand  wird  es  einfallen,  der  Witwe,  die 
ihren  Mann  im  besten  Lebensalter  durch 
einen  Herzschlag  verloren  hat,  die  gleiche 
rechtliche  Behandlung  zuzugestehen  wie  der 
Witwe,  die  ihren  Mann  durch  beruflichen 
Unfall  oder  durch  Kriegsgeschehen  verloren 
hat.  Er  weiß  auch  ganz  genau,  daß  die 
Unfallblinden  bzw.  die  durch  unerlaubte 
Handlung  Erblindeten  ganz  andere  recht- 
liche Ansprüche  haben,  wie  z.  B.  die  Kriegs- 
blinden, und  dies  auch  sogar  bezüglich  des 
Pflegegeldes,  das  nach  der  Unfallversiche- 
rungsgesetzgebung anders  geregelt  ist. 

In  diesem  Zusammenhang  muß  unbedingt 
darauf  hingewiesen  werden,  daß  die  Pflege- 
zulage für  Kriegsblinde  nach  §  35  BVG  ein 


Die  Blinden  aller  Welt  gedenken  Brailles 

Hat  uns  der  Erfinder  der  Punktschrift  auch  heute  noch  etwas  zu  sagen? 


Wenn  wir  uns  zum  6.  Januar  1952  des 
100jährigen  Todestages  von  Louis  Braille 
erinnern,  dann  sollten  wir  diesen  Tag  nicht 
nur  als  Gedenktag  begehen,  als  Anlaß  also 
nur  zu  vielen  schönen  Worten,  sondern  wir 
sollten  uns  Gedanken  darüber  machen,  ob 
seine  Erfindung,  sein  Werk,  die  Schaffung 
einer  allgemein  brauchbaren  Blindenschrift, 
auch  heute  noch  Bedeutung  für  das  Blinden- 
wesen  hat.  Lediglich  seines  Hinscheidens  vor 
100  Jahren  zu  gedenken,  hieße,  diesem  gro- 
ßen französischen  Schicksalsgefährten  ein 
schlechtes  Andenken  bewahren. 

Der  am  4.  Januar  1809  geborene  und  im 
3.  Lebensjahr  infolge  eines  Unfalls  erblindete 
Franzose  Louis  Braille  schuf  in  seinen  Jüng- 
lingsjahren die  Blinden-Punktschrift  auf  der 
6-Punkte-Basis  aus  allerlei  Anfängen  und 
Versuchen  heraus.  Ursprünglich  von  einem 
französischen  Offizier  als  Geheimschrift  ent- 
wickelt, fand  Braille  einen  Schlüssel  in  Form 
der  6  Punkte,  auf  welchem  seine  tastbare 
Schrift  aufgebaut  ist  und  die  bis  heute  die 
Grundlage  für  die  allgemeine  Blindenbil- 
dung  darstellt.  Dies  geschah  in  einer  Zeit,  in 
welcher  die  allgemeine  Blindenbildung  noch 
in  ihren  Anfängen  stand,  und  Braille  schloß 
durch  seine  Erfindung  ein  jahrelanges  Rin- 
gen nach  einer  wirklich  brauchbaren  Blin- 
denschrift damit  mit  Erfolg. ab. 

Nun,  inzwischen  sind  über  125  Jahre  ver- 
gangen, und  aus  der  Urpunktschrift  wurde 
die  Kurzschrift  entwickelt,  in  welcher  fast 
das  gesamte  Schrifttum  geschrieben  ist  und 
welche  auch  in  den  Blindenschulen  gelehrt 
wird.  Des  weiteren  wurden  weitere  Kurz- 
schriften für  berufliche  Zwecke  geschaffen 
und  zwar  in  verschiedenen  Systemen.  Als 
Ausgangspunkt  und  Grundform  dienen  je- 
doch immer  die  6  Punkte  in  der  Anordnung 
von  Louis  Braille.  Es  wurden  zwar  schon 
Versuche  unternommen,  gerade  zum  Zwecke 
der  Schaffung  von  Stenografien  das  Punkt- 
bild zu  erweitern  auf  8  Punkte  und  neuer- 
dings auf  7  Punkte.  Für  den  Druck  der  allge- 
meinen Blindenliteratur  hat  dies  jedoch 
keine  Bedeutung. 

Man  könnte  nun  geneigt  sein,  anzuneh- 
men, daß  die  schon  vor  so  langer  Zeit  ge- 
schaffene Blindenschrift  in  absehbarer  Zeit 
durch  technische  Geräte,  wie  z.  B.  das  Spre- 
chende   Buch,    abgelöst   werden    wird.    Dies 


untrennbarer  Bestandteil  ihres 
Rechtsanspruches  auf  Versorgung  bildet. 
Die  Kriegsblinden  erhalten  diese  Pflege- 
zulage nicht,  weil  sie  als  Blinde  in  einer 
sozial  dringenden  Notlage  sind,  sondern 
weil  sie  in  Erfüllung  ihrer  Verpflichtung  für 
Volk  und  Vaterland,  insbesondere  Dienst- 
verpflichtung für  dieses  Volk,  ihr  Augenlicht 
verloren  haben. 

Wir  bedauern  es  außerordentlich,  daß  die 
Friedensblinden  uns  immer  wieder  zwingen, 
zur  Abwehr  ihrer  unberechtigten  Angriffe 
auf  unseren  Rechtsanspruch  auf  Versorgung 
einschließlich  des  Pflegegeldes,  in  der  Öffent- 
lichkeit Stellung  zu  nehmen;  denn  niemand 
gönnt  den  Zivilblinden  mehr  eine  aus- 
reichende Existenzsicherung  durch  die  Öffent- 
lichkeit als  gerade  wir  Kriegsblinden,  die 
wir  die  Schwere  des  Schicksals  der  Erblin- 
dung besser  kennen  als  jeder  andere.  Die 
Bundesleitung  der  gesamten  deutschen 
Kriegsblinden  gibt  daher  der  Hoffnung  Aus- 
druck, daß  im  Interesse  der  gesamten  Blin- 
densache  sowohl  von  seifen  verantwortlicher 
Stellen  in  den  Organisationen  der  Zivil- 
blinden, wie  auch  von  einzelnen  mit  unbe- 
rechtigten Angriffen  und  falschen  Ver- 
gleichen mit  unserer  Kriegsblindenversor- 
gung  Schluß  gemacht  wird,  damit 
wir  nicht  immer  wieder  zu  schärfster  Abwehr 
derartiger  Angriffe  gezwungen  werden. 

Amtsgerichtsrat    Dr.    Plein 


wird  jedoch  nur  zu  einem  gewissen  Teil 
möglich  sein,  im  übrigen  dienen  solche  Ge- 
räte nur  zur  Ergänzung  und  Erleichterung. 
Vielleicht  lächelt  bei  solcher  Feststellung 
mancher  der  Technik  verschriebene  Blinde, 
insbesondere  mancher  meiner  späterblinde- 
ten Kameraden. 

Es  steht  aber  eines  fest:  In  der  schulischen 
Ausbildung  für  blinde  Kinder  wird  man  nicht 
auf  die  Punktschrift  verzichten  können  und 
im  Berufsleben  kommt  der  Blinde  — 
auch  der  Kriegsblinde  —  nicht  ohne  die 
Punktschriftzeichen  aus.  Selbst 
etwas  aufschreiben  zu  können,  was  man 
selbst  auch  lesen  kann,  sei  es  auch  nur  eine 
Notiz,  das  ermöglicht  auch  in  Zukunft 
allein  die  Punktschrift. 


Vor   100  Jahren  starb  Louis  Braille,   der  Erfinder 
der  Blinden-Punktschrilt 

Während  von  dem  Gehörten  nur  ein  sehr 
ungefähres  Hörbild  entstehen  kann,  dessen 
Schriftbild  der  Späterblindete  z.  B.  sich  auf 
Grund  der  Seherinnerungen  ins  Gedächtnis 
zurückrufen  kann,  hinterläßt  die  Punktschrift 
ein  festumrissenes  Bild  eines  jeden 
Schriftzeichens,  ein  Bild,  das  zwar  nicht  der 
Form  des  Buchstabens  der  Kurrentschrift, 
also  der  Schwarzschrift  entspricht,  aber  eben 
auf  seine  Art  ein  Bild  in  der  Vorstelluhgs- 
welt  des  Nichtsehenden  abgibt.  Es  kann 
daher  auch  nicht  ausbleiben,  daß  das  einst 
als  sehender  Mensch  gewonnene  und  be- 
herrschte Schriftbild  allmählich  verblaßt  und 
visionenhaft  vor  unserem  geistigen  Auge  die 
neuen  Formen  der  Punktschriftbuchstaben 
auftauchen. 

Wir  sehen:  Es  geht  also  in  der  Grund- 
schule nicht  ohne  Blindenschrift,  und  dies 
trifft  auch  für  das  Berufsleben  des  einzelnen 
Erblindeten  zu.  Will  man  auf  dem  Gebiet 
der  Rechtschreibung  keinen  Rückschritt  er- 
leiden, muß  man  selbst  lesen  und  schreiben 


können.  Nach  dem  Gehörten  ist  es  nicht  mög- 
lich, festzustellen,  wie  dieses  oder  jenes 
weniger  gebräuchliche  Wort  geschrieben 
wird  oder  wo  das  Satzzeichen  hinkommt. 
Denken  wir  ferner  an  Fremdwörter  oder 
Eigennamen  aus  fremden  Ländern,  die  oft 
ganz  anders  ausgesprochen  werden  als  sie 
zu  schreiben  sind.  Beim  Vorlesen  kann  man 
sich  solche  Ausdrücke  hin  und  wieder  buch^ 
stabieren  lassen,  beim  Abhören  des  Rund- 
funks ist  dies  nicht  möglich.  Der  Späterblin- 
dete wird  sich  nach  dem  Buchstabieren  das 
Wortbild  nun  auf  Grund  seiner  Seherinne- 
rungen wieder  vorstellen  können,  was  aber 
macht  der  Blinde,  der  keine  Seherinnerungen 
hat? 

Da  bleibt  immer  nur  der  Weg  über 
die  Punktschrift,  um  sich  Klarheit 
zu  verschaffen.  Wir  sehen,  daß  auch  der 
blinde  Mensch  auf  eine  Schrift  als  Grund- 
lage der  Bildung  nicht  verzichten  kann  und 
erkennen  daran  den  ungeheuren  Wert  der 
Erfindung  Louis  Brailles  für  die  Erblindeten 
der  ganzen  Welt.  Er  hat  damit  bereits  seiner- 
zeit den  entscheidenden  Sieg  über  das  Dun- 
kel errungen,  der  auch  dadurch  nicht  ge- 
schmälert werden  kann,  daß  die  Sache  nur 
für  einen  kleinen  Teil  der  Menschheit  Be- 
deutung hat. 

Für  die  Institutionen  auf  dem  Gebiet  des 
Blindenwesens  ergeben  sich  auch  heute  noch 
große  Aufgaben  im  Sinne  Louis  Brailles. 
Schafft  Schrifttum  im  Blindendruck!  Und 
weist  immer  wieder  auf  die  Notwendigkeit 
des  Lesens  und  Beherrschens  der  Punktschrift 
hin!  Schafft  vor  allem  Schriften 
aktueller  Art  in  Blindendruck! 
Und  hier  erhebe  ich  erneut  die  Forderung: 
Gebt  uns  unser  Bundesorgan  in  Punktschrift 
in  die  Hand! 

Nachdem  der  Mann,  der  die  Punktschrift 
schuf,  bereits  100  Jahre  tot  ist,  wäre  dies 
eigentlich  eine  Selbstverständlichkeit.  Im 
100.  Gedenkjahr  sollte  dies  aber  Verpflich- 
tung sein.  Denkt  daran,  daß  der  Durch- 
schnittsblinde keine  Vorleserin  hat  und  daß 
unsere  Ehefrauen  und  Familienangehörigen 
die  ganze  Zeitschrift  als  Vorlesestoff  nicht 
bewältigen  können.  Hier  könnte  eine  Punkt- 
druckausgabe wesentliche  Abhilfe  schaffen. 
Anders  wird  es  erst,  wenn  jeder  Kamerad 
ein  Abhörgerät  besitzt  und  die  Zeitschrift 
als  Tonband  geliefert  wird. 

Darum,  und  dieser  Aufruf  ergeht  an  je- 
den einzelnen  Kameraden,  erweist 
euch  des  Erbes  Louis  Brailles  würdig  und 
bedient  euch  nach  wie  vor  seines  Bildungs- 
mittels! Wer  glaubt,  nicht  oder  nicht  mehr 
die  nötigen  Fertigkeiten  zu  besitzen,  der 
habe  den  Mut  und  den  Schwung,  die  Kennt- 
nisse neu  zu  erwerben.  Gutes  Lehr- 
material liefert  die  Blindenstudienanstalt 
Marburg.  Was  Fünfzigjährige,  ja  Siebzig- 
jährige aus  unseren  Reihen  ohne  Lehrer 
und  ohne  Kursus  geschafft  haben,  nur  aus 
eigener  Energie,  mit  Zähigkeit  und  Geduld, 
das  sollte  von  uns  Jüngeren  jeder  leisten 
können.  Sein  Leben  wird  erfüllter 
und   glücklicher   sein.    Otto  AUhauser 


Erholungs-  und  Badekuren  1952 


Bei  Anmeldungen  für  Erholungs-  und  Bade- 
kuren im  Jahr  1952  ist  folgendes  zu  beachten: 
Braunlage  i.  Harz,  ganzjährig  geöffnet 
S  ö  c  k  i  n  g  a.  Starnberger  See,  ganzjährig 

geöffnet 
W  i  1  d  b  a  d    i.    Schwarzwald,    ganzjährig 

geöffnet 
Bad  Pyrmont,  geöffnet  vom  1.  März  bis 

30.  November 
Bad    Münster    a.    Stein,    geöffnet    vom 

1.  März  bis  30.  November 
Bad  Salzhausen,  geöffnet  vom  1.  März 

bis  30.  November 
Borkum,  Nordsee,  geöffnet  vom  1.  Mai 

bis  31.  Oktober. 


Anmeldungen  für  die  Monate  bis  einschl. 
Mai  müssen  sofort  über  die  zuständige 
Gliederung  der  Organisation  eingereicht 
werden; 

Anmeldungen  für  die  Monate  Juni  bis 
Jahresschluß:  bis  zum  3  1.  März. 

Direkte  Anmeldungen  sind  zwecklos,  da 
sie  an  die  Gliederung  zurückgehen.  Wird 
eine  Badekur  (kostenlose)  nach  dem  BVG 
gewünscht,  so  ist  der  Antrag,  ebenfalls  über 
die  zuständige  Gliederung,  an  das  zuständige 
Versorgungsamt  zu  stellen,  und  zwar  in 
solchen  Fällen  sofort,  wo  es  sich  um  eine 
Kur  bis  einschließlich  Mai  handelt,  da  die 
Bearbeitung    längere    Zeit    beansprucht.     In 


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den  Anträgen  ist  besonders  darauf  hinzu- 
weisen, daß  eine  ständige  Begleitung  mit- 
genommen werden  soll  und  für  diese  die 
vollen  Kosten  oder  ein  Zuschuß  von  3, —  DM 
für  den  Tag  beantragt  werden.  Nach  dem 
Erlaß  des  Bundesarbeitsministers  vom  15.  6. 
1951  werden  die  vollen  Kosten  für  die  Be- 
gleitung nur  dann  übernommen,  wenn  neben 
der  Erblindung  noch  weitere,  schwere  Ge- 
sundheitsstörungen vorliegen. 

Wird  nur  ein  Zuschuß  von  3, —  DM  bewil- 
ligt, hat  der  Gast  an  das  Heim  täglich  2,50  DM 
zuzuzahlen.  Ebenso  werden  für  die  Woche 
je  erwachsene  Person  1, —  DM  und  für  Kinder 
0,50  DM  Bedienungszuschlag  erhoben.  Dieser 
Zuschlag  ist  auch  bei  Badekuren  zu  ent- 
richten. 

Kameraden,' die  als  Selbstzahler  ein 
Heim  aufsuchen  wollen,  werden  darauf  auf- 
merksam gemacht,  daß  der  tägliche  Ver- 
pflegungskostensatz 5,50  DM  beträgt,  daß 
jedoch  die  Möglichkeit  besteht,  bei  der 
zuständigen  Hauptfürsorgestelle  vor  Kur- 
antritt einen  Zuschuß  zu  beantragen.  Der 
Zuschuß  wird  bis  zur  Höhe  von  2,50  DM 
pro  Tag  und  Person,  jedoch  nicht  für  Kinder, 
gewährt,  wenn  der  Gast  in  den  Heimen 
Kurmittel  in  Anspruch  nimmt.  In  allen  ande- 
ren Fällen  kann  von  den  Hauptfürsorge- 
stellen nur  ein  Tageszuschuß  von  2, —  DM 
übernommen  werden.  Die  Genehmigung  muß 
beim  Kurantritt  im  Heim  vorliegen,  da  sonst 
der  Gast  zur  Zahlung  von  5,50  DM  täglich 
herangezogen  werden  muß. 

In  Bad  Pyrmont  werden  Kinder  nicht 
aufgenommen,  in  allen  anderen  Heimen  nur 
Kinder  von  über  drei  Jahren. 

Die  in  den  Einteilungsbescheiden  ange- 
gebenen Daten  sind  die  An-  bzw.  Abreise- 


tage. Da  die  Kurzeiten  künftig  wieder  auf 
29  Tage  ausgedehnt  werden,  wird  am  An- 
reisetag die  Verpflegung  erst  ab  12  Uhr, 
also  mit  dem  Mittagessen,  abgegeben.  Am 
Abreisetag  müssen  die  Heime  bis  12  Uhr 
mittags  geräumt  sein,  Mittagessen  wird  nicht 
mehr  abgegeben.  Ebenso  werden  Reisebrote 
nicht  mehr  gegeben.  Diese  Neuregelung,  die 
für  alle  Heime  durchgeführt  wird,  ist  beson- 
ders zu  beachten,  um  Verärgerungen  zu  ver- 
meiden. 

Schließlich  weisen  wir  immer  wieder  darauf 
hin,  daß  die  Aufnahmen  in  den  Sommer- 
monaten wegen  der  großen  Zahl  der  Erho- 
lungsuchenden nie  voll  berücksichtigt  werden 
können.  Wer  nur  irgendwie  dazu  in  der  Lage 
ist,  sollte  daher  die  Übergangsmonate 
ab  l.März  oder  im  Herbst  für  seine  Erholungs- 
oder Badekur  auswählen. 

Anmeldeformblätter  können  bei  den  zu- 
ständigen Gliederungen  angefordert  werden. 

Die  sieben  Kriegsblindenkurheime  werden 
bemüht  sein,  jedem  Gast  einen  guten  Kur- 
erfolg zu  sichern.  Wir  bitten  jedoch  auch  die 
Kameraden,  den  Schwierigkeiten  bei  der 
Platzzuteilung  gerecht  zu  werden,  über  die 
Kurmöglichkeiten  haben  sich  unsere  Heim- 
ärzte in  verschiedenen  Monaten  im  Bundes- 
organ „Der  Kriegsblinde",  Jahrgang  51,  ge- 
äußert. Hierdurch  dürfte  den  Kameraden  die 
Wahl  des  für  sie  geeigneten  Kurheims  er- 
leichtert werden.  Wir  hoffen  gern,  daß  diese 
Gedankengänge  von  allen  Kameraden  bei 
ihren  Anmeldungen  für  einen  Heimaufenthalt 
berücksichtigt  werden.  Vor  allem  sollten  die 
Anmeldungen  für  die  Monate  März,  April 
und  Mai  schon  jetzt  eingereicht  und  bei 
den  Versorgungsämtern  die  Kuranträge  ge- 
stellt werden.  Albert  Bierwerth 

Keine  Anfragen 
an  die  Beschaffungsstelle  richten ! 

Von  der  Beschaffungsstelle  für  Heil-  und 
Hilfsmittel,  Hannover,  wird  uns  geschrieben: 

Immer  wieder  gelangen  an  die  Beschaf- 
fungsstelle für  Heil-  und  Hilfsmittel  An- 
fragen von  kriegsversehrten  Kameraden,  in 
denen  um  unmittelbare  Abstellung  von  Män- 
geln bei  der  Belieferung  mit  orthop.  Hilfs- 
mitteln oder  gar  um  die  Gewährung  neuer 
orthop.  Hilfsmittel  gebeten  wird.  Da  es  sich 
bei  der  Beschaffungsstelle  für  Heil-  und 
Hilfsmittel  um  eine  Dienststelle  innerhalb 
der  Kriegsopferversorgung  handelt,  die  durch 
das  Gesetz  zwecks  Errichtung  von  Kriegs- 
opferbehörden errichtet  wurde,  liegt  natur- 
gemäß deren  Aufgabenkreis  fest.  Die  Erle- 
digung der  genannten  Anträge,  Anfragen 
und  Einwände  ist  aber  nicht  Sache  dieser 
Beschaffungsstelle,  sondern  le'diglich  —  wie 
es  sich  auch  aus  ihrem  Namen  ergibt  — 
eben  diese  Beschaffung  selbst,  die  auf  Er- 
suchen der  einzelnen  orthop.  Versorgungs- 
stellen innerhalb  der  Bundesrepublik  erfolgt. 
Es  wird  daher  freundlichst  darum  gebeten, 
in  Zukunft  derartige  Zuschriften  unmittelbar 
an  die  zuständigen  orthop.  Versor- 
gungsstellen zu  richten,  damit  einmal 
keine  Verzögerungen  eintreten,  wodurch  die 
kriegsversehrten  Kameraden  nur  verärgert 
werden,  und  andererseits  die  Dienststellen 
nicht  ungerechterweise  mit  dem  Odium  be- 
lastet werden,  daß  sie  ihreu  Aufgaben  nicht 


gewachsen  wären  oder  nur  schleppend  ihre 
Pflichten  erfüllen. 

Auch  bitten  wir,  noch  zur  Kenntnis  zu 
nehmen,  daß  es  sich  bei  der  Beschaffungs- 
stelle für  Heil-  und  Hilfsmittel  nicht  um  eine 
private  Firma,  um  eine  öffentlich-rechtliche 
Körperschaft  oder  ein  sonstiges  privates 
Unternehmen  handelt,  sondern  um  eine 
staatliche  Dienststelle,  deren  Hauptaufgabe 
es  ist,  mit  staatlichen  Mitteln  höchste  Quali- 
täten zu  billigsten  Preisen  sowohl  im  Inter- 
esse der  Kriegsopfer  als  auch  des  Staats- 
haushaltes zu  beschaffen. 

Masseure  auf  der  Schulbank 

Nachdem  bereits  vom  7.  bis  26.  September 
in  Tegernsee  ein  ähnlicher  Kursus  statt- 
gefunden hatte,  fanden  sich  nun  auch  im 
November  insgesamt  25  Masseure,  davon 
23  Westfalen,  für  drei  Wochen  in  unserem 
Erholungsheim  Bad  Salzhausen  zu- 
sammen, um  hier  zur  Erweiterung  ihrer  Be- 
rufskenntnisse in  die  Theorie  und  Praxis  der 
Bindegewebsmassage  eingeführt  zu 
werden.  Als  anerkannter  Experte  auf  diesem 
Gebiet  übernahm  Herr  Professor  Dr.  med. 
Kohlrausch  (Marburg)  mit  einer  Lehre- 
rin die  Leitung  der  theoretischen  und  auch 
praktischen  Ausbildung.  Begünstigt  durch 
den  Umstand,  daß  wir  kriegsblinden  Masseure 
durchweg  sehr  sattelfest  in  der  theoretischen 
Kenntnis  der  allgemeinen  Anatomie  und 
Physiologie  des  menschlichen  Körpers  sind, 
konnte  ein  großer  Teil  der  theoretischen 
Lehrstunden  zur  Vertiefung  der  Krankheits- 
lehre verwandt  werden.  Hierbei  fanden  ge- 
rade jene  Krankheiten  besondere  Berück- 
sichtigung, die  speziell  mit  der  Bindegewebs- 
massage durch  den  Masseur  gut  behandelt 
werden  können. 

Es  war  schon  vonnöten,  daß  man  sich  wäh- 
rend dieser  drei  Wochen  auf  den  Hosen- 
boden setzte,  um  Aussicht  zu  haben,  das  Lehr- 
gangsziel zu  erreichen  Trotzdem,  und  das 
muß  zu  Ehren  aller  Lehrgangsteilnehmer  ge- 
sagt werden:  wenn  wir  arbeiteten,  dann 
wurde  intensiv  gearbeitet,  zur  offensicht- 
lichen Freude  unserer  Lehrer.  Aber  in  den 
Freizeiten,  da  standen  andere  Themen  im 
Vordergrund,  wie  etwa:  Der  vermutliche 
Rauminhalt  der  im  Cafe  Quisisana  verab- 
reichten Windbeutel?  Oder:  ob  der  Schwung 
beim  Tanzen  im  Kurhaus  noch  erhöht  wer- 
den könnte,  wenn  man  statt  auf  dem  vorhan- 
denen Teppich-  oder  Linoleumfußbodenbelag 
die  holde  Weiblichkeit  auf  Parkett  drehen 
würde? 

Der  Höhepunkt  aber,  nämlich  die  Ab- 
schlußprüfung des  Lehrganges,  wurde 
besonders  dadurch  unterstrichen,  daß  unser 
1.  Bundesvorsitzende  Kam.  Dr.  Plein  hierbei 
zugegen  war.  Und  der  Erfolg  unserer  all- 
gemeinen Ausbildung  und  unseres  Könnens 
sowie  der  Erfolg  des  Lehrganges  spiegelt 
sich  darin  wider,  daß  alle  Teilnehmer  die- 
sen Kursus  mit  Erfolg  beendet  haben.  Am 
Abschiedsabend  beschlossen  wir  Westfalen 
noch,  uns  in  etwa  einem  halben  Jahr  zu 
einer  zwanglosen  Aussprache  wieder  zu 
treffen,  um  die  bis  dahin  gemachten  Er- 
fahrungen untereinander  auszutauschen. 

W.  A. 


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Schluß  mit  dem  Kochen! 

Aus  dem  neuen  Jahrbuch  las  mir  meine 
Frau  den  Artikel  über  unseren  Kameraden, 
den  Küchenmeister  vor.  Dabei  fiel 
mir  ein  persönliches  Erlebnis  ein.  Leider 
hatte  ich  nicht  soviel  Erfolg. 

Meine  Frau  war  krank.  Nun  tat  ich,  was 
ich  konnte.  Also,  am  Morgen  zuerst  Kaffee 
kochen.  Es  war  noch  Vorwährungsreform- 
zeit.  Schnell  das  Wasser  auf  den  Kocher 
gestellt.  Meine  Frau  sagt  mir  vom  Bett  aus, 
wo  die  Sachen  alle  zu  finden  sind.  So  auch 
mit  dem  Kaffee.  In  einer  Konservenbüchse 
unten  im  Büfett.  Ja,  natürlich,  das  finde  ich 
mühelos.  Aber  da  stehen  ja  noch  mehr  Büch- 
sen! Was  bleibt  mir  übrig  als  in  jede  hinein- 
zufassen? Aha,  da  ist  er,  meinte  ich.  Ich 
rufe  aus  der  Küche:  Wieviel  muß  ich  neh- 
men? Einen  Eßlöffel  voll,  ruft  meine  Frau. 
Also,  einen  Eßlöffel  heraus  aus  der  Schub- 
lade, denn  das  Wasser  kocht  schon.  Und 
dann  hinein.  Gut  aufkochen  lassen,  höre  ich 
noch.  Daran  soll  es  nicht  fehlen.  Doch,  was 
war  das?  Wenn  auch  der  Duft  dieses  Kaffees 
früher  immer  undefinierbar  war,  jetzt  roch 
ich  gar  nichts.  Mir  war  nicht  ganz  geheuer. 
Also  nehme  ich  den  Topf  und  wandere  ins 
Schlafzimmer.  Ich  muß  doch  wissen,  was  da 
los  ist.  Meine  Frau  schaut  in  den  Topf  und 
lacht.  „Nun,  warum  lachst  du?"  frage  ich.  — 
Immer  noch  lachend  erklärt  mir  meine  Frau, 
daß  ich  Paniermehl  anstatt  Kaffee  ge- 
kocht habe. 

Ergo,  ich  koche  kein  Paniermehl  und  auch 
keinen  Kaffee  mehr.     Heinz  Everaers  (Nagold) 

Ein  Stoßseufzer 

.  .  .  und.  nun  noch  zu  einem  kleinen  Vers- 
chen kurz,  die  Vorgeschichte.  Unsere  Köpfe 
zieht  es  doch  mit  außerordentlicher  Sicher- 
heit zu  offenstehenden  Türen  hin.  So  erging 
es  mir  auch  einmal.  Ich  gehe  ins  Schlaf- 
zimmer, die  Türe  und  ich  sehen  uns  nicht  — 
und  schon  begrüßt  mein  Kopf  die  Kante  der 
Tür.  Das  kann  ein  schönes  Hörn  werden, 
denke  ich,  und  eile  in  die  Küche.  Wie  immer 
bei  solchen  Anlässen  sind  die  Frauen  ja 
nicht  da.  Schnell  ein  Messer  aus. der  Schub- 
lade und ich  versuche,  das  Hörn  ein- 
zudrücken. Dabei  fällt  mir  nach  und  nach 
ein  Verschen  ein.  Und  das  geht  so: 

Ihr  lieben  Leute,  schließt  doch  alle  Türen, 
sonst  muß  es  mein  Kopf  so  arg  verspüren. 
Und  erstens  krieg  ich  einen  Zorn, 
zum  zweiten  gibts  am  Kopf  ein  Hörn! 

Ich  glaube,  wenn  man  diese  Zeilen  in 
großer  Schrift  deutlich  an  allen  Türen  an- 
bringt, dann  hört  das  Kopfstoßen  auf. 

Heinz.  Everaers  (Nagold) 

Peinlich  für  den  Schriftleiter 

Auf  der  letzten  Textseite  unserer  Weih- 
nachtsausgabe erschien  ein  sehr  hübsches, 
kleines  Gedicht  unter  dem  Titel  „Schnee- 
flöckchen".  Als  die  Zeitschrift  in  Druck  gehen 
sollte,  wurde  festgestellt,  daß  unter  dem 
Gedicht  kein  Verfassername  stand.  Auch 
auf  dem  Manuskript  stand  kein  Name.  Aber 
alle  Berater  glaubten  sich  zu  erinnern,  daß 
es  vom  Kameraden  Stein  aus  Heiligenhaus 
bei  Düsseldorf  geschickt  sei,  zumal  Papier 
und  Schreibmaschinentypen  anderen  Ein- 
sendungen dieses  Kameraden  aufs  Haar 
glichen.  Also  wurde  der  Name  Karl  Stein 
auf  allgemeinen  Beschluß  darunter  gesetzt. 
Aber  ach,  kaum  war  die  Zeitschrift  erschie- 
nen, schrieb  uns  der  wahre  Verfasser,  näm- 
lich unser  Kamerad  Harry  Barthel  aus 
Bremerhaven: 

„Heute  erlebte  ich  die  Überraschung,  daß 
Sie    mir    ein    Pseudonym    erteilt    haben,.., 
Es  war  mein  Fehler,  meine  Manuskripte  nicht 
zusammenzuheften,   so   ist  Ihnen   der  Zettel 
vielleicht    versehentlich    zu    einem    falschen 


Manuskript  gekommen.  Besagtes  ,Schnee- 
flöckchen'  hatte  ich  auf  einem  Zettel  noch 
in  letzter  Minute  meinem  Brief  beigelegt. 
Aber  es  ist  nicht  schlimm.  Vielleicht  können 
Sie  mir  bei  Gelegenheit  mal  mitteilen,  ob 
sich  auch  jener  ,Karl  Stein'  meldet,  oder  ob 
er  vor  Verwunderund  stillschweigt."  Nun, 
auch  Karl  Stein  meldete  sich  natürlich,  eben- 


falls nicht  böse,  denn  das  Schneeflöckchen- 
gedicht  hat  ihm  sehr  gut  gefallen  und  er  faßt 
es  nicht  als  Schande  auf,  daß  sein  Name 
darunter  stand.  Der  Schriftleiter  aber  kann 
sich  hiermit  nur  errötend  bei  beiden  Kame- 
raden öffentlich  entschuldigen. 

Und  die  Moral  von  der  Geschichte?  Wer 
Manuskripte  an  die  Schriftleitung  schickt, 
der  setze  unter  jedes  Manuskript  seinen 
Namen!  Und  übrigens  außerdem:  er 
schreibe  w  e  i  t  z  e  i  1  i  g  und  einseitig, 
damit  die  Setzer  bei  guter  Laune  bleiben. 


Kriegsblinder  am  Postschalter 

Neun  Jahre  lang  erfolgreich  im  Briefmarkenverkauf 


In  der  Dezember-Ausgabe  unseres  Bundes- 
organs „Der  Kriegsblinde"  veröffentlichten 
Sie  eine  kurze  Notiz  darüber,  daß  man  im 
Postamt  Kiel  einen  Briefmarkenschalter  für 
einen  Kriegsblinden  einrichten  will;  derartige 
Experimente  hätten  jedoch  bisher  nicht  zu 
einem  befriedigenden  Erfolg  geführt. 

Hierzu  möchte  ich  in  folgender  Weise  Stel- 
lung nehmen: 

Am  1.  Juli  1934  trat  ich  in  den  Dienst  der 
Reichspostdirektion  Potsdam  als  Maschinen- 
schreiber; ich  legte  sofort  meinen  Beamten- 
schein vor,  um  für  eine  planmäßige  Stelle  im 
mittleren  Dienst  vorgemerkt  zu  werden.  So 
wurde  ich  am  1.  September  1935  zum  Probe- 
dienstjahr einberufen,  welches  ich  mit  sehen- 
den Militäranwärtern  zusammen  durchmachte. 
Am  5.  und  6.  August  1936  war  die  Prüfung, 
die  ich  mit  „gut"  bestand.  Nun  wurde  für 
mich  im  Hauptpostamt  Potsdam  der 
Schalter  15  als  Briefmarkenschalter  versuchs- 
weise eingerichtet.  Diesen  Arbeitsplatz  habe 
ich  b  i  s  19  4  5  mit  vollem  Erfolg  und  großer 
Freude  innegehabt.  Oberhalb  meines  Schal- 
ters standen  die  Worte  „Postwertzeichen  und 
Auskunft".  Auf  der  Rückseite  des  drehbaren 
Schildes  „Hier  keine  Abfertigung"  war  zu 
lesen:  „Kriegsblinder.  Bitte  sich  durch  die 
Glocke  bemerkbar  zu  machen!"  Am  Schalter 
hatte  ich  einen  Zahlteller  und  eine  Glocke 
stehen,  wie  man  sie  in  den  Gastwirtschaften 
auf  den  Tischen  stehen  hat.  Ich  fing  mit 
einem  Markenbestand  von  76  RM  an  und 
sollte  kein  Papiergeld  in  Zahlung  nehmen. 
Schon  am  ersten  Tage  meiner  Praxis  erwies 
sich  jedoch,  daß  ich  ein  größeres  Betriebs- 
kapital brauchte  und  daß  ich  dem  Papiergeld 
nicht  aus  dem  Wege  gehen  konnte,  wenn  ich 
jeden  Kunden  abfertigen  wollte.  Zunächst 
erweiterte  ich  meinen  Bestand  auf  500  Mark, 
später  auf  1000  Mark  und  endlich  auf 
2000Mark;  nun  konnte  ich  schön  arbeiten 
und  einkaufen. 

Die  Marken  hatte  ich  von  1  Pf  bis  42  Pf 
und  war  nunmehr  in  der  Lage,  auch  ganze 
Bogen  von  Postwertzeichen  abgeben  zu  kön- 
nen. Mein  Bestand  war  eine  Zweigkasse  von 
Schalter  8  (dem  Hauptmarkenschalter),  und 
dort  kaufte  ich  für  das  Geld  ein,  welches  ich 
aufnahm,  so  daß  mein  Bestand  immer  der- 
selbe blieb.  Meine  Kassenabschlüsse  fertigte 
ich  mit  Hilfe  eines  Sehenden. 

In  den  9  Jahren  meiner  Schaltertätigkeit 
habe  ich  nicht  e-in  einziges  Mal 
Minus  gemacht.  Bis  zu  20  RM  nahm 
ich  das  Papiergeld  auf  mein  Risiko  an; 
50-  und  100-Mark-Scheine  zeigte  ich  erst  dem 
Schalter  16,  um  mich  zu  sichern,  ob  ich  den 
Schein  in  Zahlung  nehmen  konnte. 

Ich  gab  Auskunft  über  alle  postalischen 
Fragen;   freilich  konnte  ich  nicht  das  Brief- 


GEBR.  SEIM 

Nürnberger  Lebkuchen-,  Schokolade-  und 
Waf  elfabrik  •  Niirnberg-O,  unt.  Baiistr.  13 


postbuch  für  den  Auslandsverkehr  auswen- 
dig lernen.  Hierzu  war  ja  auch  der  Stellen- 
vorsteher  da.   Am  besten   ging   es   mit   den 
Beschwerden    —   wobei    sich    immer    wieder 
herausstellte,    daß    ein    Grund    hierzu    nicht 
vorlag,   sondern   die   Unkenntnis   des   Publi- 
kums der  Anlaß  war.   Nach  der  Allgemeinen 
Dienstanweisung    soll    der    Verkehrsbeamte 
höflich  und  nett  mit  dem  Publikum  verkehren 
und  aufklärend  wirken.  Dies  habe  ich  getan  : 
und    mir    bald    einen    großen    Kundenkreis 
erworben.    In  der. Markenmappe  und  in  der  ; 
Kasse  hatte  ich  nur  —  wie  der  Sehende   — 
Ordnung  und  Genauigkeit.    Es   ist 
nach  meiner  jahrelangen  Erfahrung  durchaus 
möglich,    daß   man   als   Blinder    einen   Brief-  ; 
markenschalterdienst    hundertprozentig    aus-  ' 
füllen  kann. 

Wir  Blinde  brauchen  die  Arbeit  zur  Erhal-  ; 
tung  cles  Geistes  nicht  weniger  nötig  als  das 
tägliche  Brot  zur  Erhaltung  des  Körpers.  Am 
30.  Juni  1945  wurde  ich  in  den  einstweiligen 
Ruhestand  versetzt.    Obwohl   ich  bereits   53 
Jahre    alt    bin,    habe    ich    keinen    größeren 
Wunsch,    als    wieder    einen    Postschalter    zu 
übernehmen.    Im  April  1951  zog  ich  aus  der  ■ 
Ostzone    nach    Bodenteich;    das    Zuzugsrecht 
bekam  ich  ohne  Schwierigkeit  durch  die  Re- : 
gierung  in  Lüneburg  auf  Grund  meiner  Ehe- 
schließung.   Sogleich   bemühte   ich   mich  bei  ■ 
der  Oberpostdirektion  Hannover  um  Wie- 
dereinstellung in  den  Postdienst,  was 
jedoch  mit  dem  Bedauern  abgelehnt  wurde,  ■ 
daß  dies  nicht  möglich  sei,  weil  ich  kein  poli-  i 
tischer  Flüchtling  sei  und  weil  ich  nicht  unter 
Artikel    131    des   Bundesverfassungsgesetzes 
falle,  da  ich  am  Stichtage,  dem  23.  Mai  1949, 
noch  nicht  im  Bundesgebiet  wohnhaft  war. 

Wäre    es   nicht   möglich,    den   Artikel; 
1  3  1  durch  das  zuständige  Ministerium  dahin 
zu     erweitern,     daß     für    uns     wenige 
Kriegsblinde,    die    sich   vielleicht   in    meiner  i 
Lage  befinden,  eine  Ausnahme  gemacht  wird?' 

Allen  Behörden,  Arbeitsämtern,  Fürsorge- ^ 
stellen  und  allen  sonstigen  Personen,  welche 
uns  Blinde  betreuen  und  uns  einen  Arbeits- 
platz einräumen  oder  verschaffen  wollen,  i 
möchte  ich  jedoch  von  dieser  Stelle  aus 
besonders  auch  des  Jahreswechsels  geden- 
kend, zurufen:  Wo  ein  Wille  ist,  ist  auch 
ein  Weg!" 

Erich  T  h  e  i  1 ,  Kriegsblinder  und 
Oberpostsekretär  (Bodenteich). 

Zusatz  der  S  c  h  r  i  i  i  1  e  i  t  u  n  g  :  Einer  Leset' 
Zuschrift  im  Berliner  „Tagesspiegel"  ist  zu  ent- 
nehmen, daß  während  des  Krieges  auch  im  Post- 
amt Berlin  W  15,  Lielzenburger  Straße,  ein 
Kriegsblinder  Briefmarken  verkauft  habe,  der 
auch  Papiergeld  angenommen  habe.  Weiß  jemand 
unter  unseren  Lesern  darüber  näheres?  Oder  kann 
sich  der  Kamerad  selbst  einmal  zu  Wort  melden? 


Friedrich  Beck  .  Pinselfabrik 

Nürnberg  W  .   Lenaustrafje  6-14 


C^4uj  4^^^z^t4^cJ^i^va^^Ccfv 


„Erna- Plein -Kriegsblindenkurheirn" 
in  Bad  Münster  am  Stein 

Auf  Einladung  des  Landesverbandes  Rhein- 
land-Pfalz hatten  sich  am  Abend  des  29.  No- 
vember geladene  Behördenvertreter,  der 
Heimausschuß,  der  Bundes-  und  Landesver- 
bandsvorstand, der  Beirat  der  Arbeitsfürsorge 
und  Kameraden  aus  Bad  Kreuznach  einge- 
funden, um  in  einer  schlichten  Feier  den  auf 
Antrag  der  Kameraden  des  Bezirks  Trier 
gefaßten  Vorstandsbeschluß,  das  Kurheim  in 
Bad  Münster  „Erna-Plein-Kriegs- 
blindenkurhei  m"  zu  benennen,  durch- 
zuführen. 

Von  den  Behörden  waren  Ministerialrat 
Dr.  Paetzold  von  der  Bundesregierung  in 
Bonn,  Landrat  Sommer  vom  Sozialministe- 
rium in  Mainz,  Regierungsrat  Wiede- 
mann  von  der  Hauptfürsorgestelle  Koblenz, 
Regierungsmedizinalrat  Dr.  Geis  und  Ober- 
amtmann Fingerhut  vom  Landesversor- 
gungsamt Koblenz,  der  Vertreter  des  Land- 
rates vom  Kreise  Kreuznach,  der  Bürger- 
meister von  Bad  Münster  am  Stein  und 
andere  Gäste  anwesend.  Graf  und  Gräfin 
von  Lüttichau,  die  nächsten  Anver- 
wandten von  Frau  Dr.  Plein,  waren  eigens 
zur  Teilnahme  an  der  Feierstunde  nach  Bad 
Münster  gekommen.  Schwester  Maria  hatte 
den  Speisesaal,  in  dem  die  Feier  stattfand, 
mit  Blumen  geschmückt.  Eine  naturgetreue 
Büste,  von  einer  Künstlerin  aus  Köln  ange- 
fertigt, war  auf  einem  mit  Alpenveilchen' und 
Asparagus  geschmückten  Tisch  aufgestellt. 
Ein  Quartett  der  Kurkapelle  von  Bad  Mün- 
ster leitete  die  Feier  mit  einem  Satz  von 
Bach  ein.  Nach  Begrüßung  der  Gäste  führte 
Kamerad  N  e  1 1  u.  a.  aus: 

„Zu  dieser  Feierstunde  haben  wir  einge- 
laden, um  ein  Werk  abzuschließen,  welches 
zwar  schon  Monate  vollendet,  dessen  Über- 
gabe sich  aber  dann  hinauszögerte.  Die  Er- 
holungsfürsorge beschäftigt  uns  schon  .  seit 
den  letzten  Junitagen  des  Jahres  1947,  als 
wir  in  Gerolstein  den  Landesverband  Rhein- 
land-Pfalz gründeten.  Das  Vaterland  war 
arm,  ärmer  noch  als  heute.  Eine  Hauptfür- 
sorgestelle gab  es  nicht.  Die  damalige  Für- 
sorge, die  noch  mit  den  Versorgungsstellen 
verbunden  war,  hatte  Mittel  für  diese  Zwecke 
nicht  zur  Verfügung.  Not  aber  macht  er- 
finderisch. So  faßten  wir  denn  den  Gedanken, 
beim  Innenministerium  eine  Haus-  und  Stra- 
ßensammlung zu  beantragen,  durch  deren 
Ertrag  wir  die  uns  gesteckten  Ziele  zum 
Erfolg  verhelfen  wollten.  Dank  dem  Wohl- 
wollen des  Sozialministeriums  und  des  Innen-  ■ 
ministeriums,  besonders  Herrn  Regierungs- 
rat Dr.  Walti,  wurde  uns  diese  Sammlung 
genehmigt,  und  so  wurden  wir  in  die  Lage 
versetzt,  schneller  als  es  unsere  kühnsten 
Hoffnungen  erwartet  hatten,  :  dieses  Haus 
zu  kaufen.  Ausgekundschaftet  wurde  das 
Heim  durch  den  hier  anwesenden  Kame- 
raden Kapfer  aus  Bad  Kreuznach.  Die 
erste  Verhandlung  führte  Amtsgerichtsrat 
Dr.  Plein.  Im  Mai  1950  wurde  der  Ankauf 
mit  dem  früheren  Besitzer  getätigt  und  im 
Frühjahr  1951  wurde  ein  größerer  Umbau 
durchgeführt,  durch  den  nun  ein  Kurheim 
geschaffen  ist,  welches  unseren  erholungs- 
bedürftigen Kameraden  in  jeder  Beziehung 
einen  angenehmen  Aufenthalt  verbürgt.  Es 
ist  als  Badekurheim  von  der  zuständigen  Be- 
hörde anerkannt  und  gehört  dem  Landes- 
verband Rheinland-Pfalz. ,  Es  steht  allen  Ka- 
meraden des  Bundesgebietes  zur  Verfügung. 

Verehrte  Gäste,  Kameraden!  Im  August 
1951  gaben  wir  der  Gattin  unseres  ersten 
Bundesvorsitzenden  in  Mürlenbach  das  letzte 
Geleit.  Mit  ihr  ist  eine  Frau  aus  dem  Leben 
geschieden,  bei  der  Geist  und  Fraulichkeit 
harmonisch  vereint  waren.  Ein  ganzes  Men- 
schenalter stand  sie  im  Dienst  der  Krieg«- 


10 


blinden.  In  ihren  jüngeren  Jahren  als  Heim- 
leiterin im  Kriegsblindenheim  in  Berlin  und 
dann  als  Gattin  von  Kamerad  Dr.  Plein,  an 
dessen  Seite  sie  unermüdlich  zum  Wohle  der 
Kameraden  mitarbeitete.  Um  nun  dem  Dank 
der  Kriegsblinden  Ausdruck  zu  verleihen, 
faßte  der  Landesverbandsvorstand  auf  An- 
trag der  Kameraden  de.s  Bezirks   Trier  den 


Im     „Erna-  Plein-  Kriegsblindenkurheim"     zu     Bad 
Münster  am  Stein  wurde  eine  Büste  unserer  ver- 
storbenen  Bundesmutter   aulgestellt. 

Beschluß,  in  Würdigung  der  großen  Ver- 
dienste, die  sich  die  Verstorbene  um  die 
Kriegsblinden  erworben  hat,  das  Kriegs- 
blinden-Kurheim  Bad  Münster  am  Stein 
„Erna-Plein-Kriegsblindenkurheim"  zu  be- 
nennen. 

Wir  übergeben  mit  dieser  Bekanntgabe 
das  Heim  der  Heimverwaltung,  ver- 
treten durch  Kamerad  Bierwerth  aus  Göttin- 
gen, zu  treuen  Händen  und  wünschen,   daß 


es  allen  Kameraden  des  Bundesgebietes  eine 
Stätte  der  Erholung  sein  möge.  Der  Landes- 
verbandsvorstand .  beschloß  ferner,  eine 
Büste  der  Verstorbenen  zu  beschaf- 
fen, die  im  Heim  einen  Ehrenplatz  erhalten 
soll.  Auch  diese  Büste  übergeben  wir  der 
Obhut  der  Heimleitung.  Möge  dieses  Haus, 
möge  diese  Büste,  möge  die  Heilung  der  hier 
Genesung  suchenden  Kämeraden  von  dem 
tiefen  Sinn  der  Worte  umwoben  sein,  nach 
der  die  Verstorbene  lebte:  „Herr,  dir  in  die 
Hände  sei  Anfang  und  Ende,  sei  alles  ge- 
legt." 

Kamerad  Bierwerth,  der  Leiter  der 
Erholungsfürsorge,  ergriff  sodann  das  Wort 
und  schilderte  das  Leben  „dieser  für  uns 
Kriegsblinde  so  unvergeßlichen  Frau".  Schon 
als  sie  die  Leitung  des  Umschulungsheimes 
in  Berlin  während  des  1.  Weltkrieges  über- 
nahm, habe  sie  „ihre  ganze  frauliche  und 
schwesterliche  Kraft"  in  den  Dienst  dieser 
neuen  Aufgabe  gestellt.  Schon  seit  jener 
Zeit  gelte  ihr  sehr  viel  Dankbarkeit  aus 
unseren  Reihen,  erst  recht  aber,  seitdem 
unser  Kamerad  Dr.  Plein  1929  den  Bundes- 
vorsitz übernahm.  „Nie  trat  sie  her- 
vor, und  doch  spürte  man  immer, 
sie  war  da."  Und  dabei  habe  ihr  das 
Leben  nichts  erspart,  und  viel  Leid  habe  sie 
tragen  müssen.  Trotzdem:  „Immer  war  sie 
es,  die  anderen  Mut  zusprach  und  von  ihrer 
reichen  Güte  abgab.  War  es  da  ein  Wunder, 
wenn  sie,  ohne  daß  von  irgendeiner  Seite 
die  Anregung  kam,  den  Ehrennamen  einer 
.Bundesmutter  der  Kriegsblinden'  führte?" 
Kamerad  Bierwerth  schloß  mit  dem  Wunsch, 
daß  in  diesem  Haus,  mit  dem  der  Verstor- 
benen nun  ein  schönes  und  dauerndes  Denk- 
mal gesetzt  sei,  fortan  ihr  Geist  herrschen 
möge.  • 

Warme  Worte  der  Anerkennung  für  die 
Verstorbene  fand  Ministerialrat  Dr.  Paetzold, 
der  bei  dieser  Gelegenheit  auch  seine  Ver- 
bundenheit mit  den  Kriegsblinden  zum  Aus- 
druck brachte.  Dann  sprach  Landrat  Sommer 
vom  Sozialministerium.  Er  überbrachte  die 
Grüße  des  Ministerpräsidenten  von  Rhein- 
land-Pfalz. Auch  er  sagte  Worte  der  Ver- 
ehrung und  Hochachtung  für  Frau  Plein,  um 
sich  dann  persönlich  an  Dr.  Plein  zu  wenden. 
—  Im  gleichen  Sinne  sprachen  Regierungs- 
medizinalrat Dr.  Geis  und  der  Kurarzt  Dr. 
Rabel. 

Kamerad  Dr.  Plein  dankte  allen  Sprechern 
in  bewegten  Worten. 

Den  Abschluß  bildete  das  von  dem  Streich- 
quartett vorgetragene  Werk  „Der  Tod  und 
das  Mädchen"  von  Schubert. 


Streiflichter  von  unseren  Weihnachtsfeiern 


Was  das  Fest  des  Lichtes,  das  Fest  der 
Erlösung  aus  dem  Dunkel  für  jeden  Kriegs- 
blinden bedeutet,  das  zeigten  wieder  einmal 
die  vielen  Weihnachstfeiern  unserer  Schick- 
salsgemeinschaft,, die  überall  im  Lande 
längst  zur  Tradition  und  zum  festlichen 
Höhepunkt   des   Jahres  geworden  sind. 

Nicht  alle  Bezirksvorsitzenden  haben  es 
.  dabei  so  leicht  wie  unser  Kamerad  Giesler 
im  Bezirk  Siegen-Olpe.  Für  ihn  genügt  ein 
Gang  zur  Kreisfürsorgestelle  Siegen  und 
zur  Stadtfürsorgestelle,  und  die  Vorberei- 
tungen rollen  ohne  sein  Zutun  in  der  aller- 
schöhsten  Weise.  Das  Programm  hat  darin 
schon  seine  Tradition.  Die  Herren  der  Kreis- 
fürsorgestelle leiten  den  Ablauf  der  Vor- 
tragsfolge, bieten  eine  Kinderschar  zu  Spiel 
und  Gesang  auf  und  ein  kleines  Orchester 
und  alles,  was  sonst  Herz  und  Gaumen  be- 
gehren. Alle  Amtsdirektoren  des  Kreises, 
wenigstens  aber  ihre  Vertreter,  sitzen  mit 
den  Kriegsblinden  zusammen.  Landrat  Bütt- 
ner, der  in  diesem  Jahre  an  drei  verschie- 
denen Stellen  zugleich  verpflichtet  war, 
blieb  eine  Stunde  lang  mit  den  Kameraden 


zusammen  und  übergab  jedem  Kriegsblinden 
einen  inhaltsschweren  Briefumschlag.  — 
Die  nach  Anzahl  der  Teilnehmer  wohl 
kleinste  Weihnachtsfeier  fand 
in  gleicher  Weise  im  Kreise  Olpe  statt,  wo 
nur  acht  Kriegsblinde  wohnen.  Einer  von 
ihnen  ist  schon  seit  9  Jahren  bettlägerig. 
Auch  hier  richtete  der  Kreisfürsorger,  Herr 
Schulte,  die  Feier.  Dankbar  sind  die  Kame- 
raden, doppelt  dankbar  aber  der  Bezirks- 
vorsitzende von  Siegen-Olpe,  zumal  ihm 
Kreisinspektor  Hüseken  versicherte,  daß  die 
nächste  Weihnachtsfeier  der  Kriegsblinden 
schon    in    seinem   Terminkalender   stehe. 

Im  großen  Rittersaal  zu  Dortmund, 
der  einem  Tannenwald  glich,  feierte  der 
Bezirk  Ruhrgebiet  II  mit  namhaften  Gästen 
von  Behörden  und  Industrie  ein  Weihnachts- 
fest, dessen  umfangreiches  und  gehaltvolles 
Programm  den  Anwesenden  in  einer  schön 
gedruckten  Programmfolge  vorlag.  Außer 
einer  Kapelle  und  dem  Postgesangverein 
Dortmund  waren  sechs  Sängerinnen  und 
Sänger  der  städtischen  Bühnen  zur  Stelle. 
Besonderen    Beifall    fand    der    kriegsblinde 


\ 


Künstler  Heinz  Grzabka  mit  seinen  Rezita- 
tionen. Es  war  eine  feierliche,  oft  ergrei- 
fende Stimmung,  die  in  allen  Teilnehmern 
noch  lange  nachklingen  wird. 

Der  Bezirk  Münsterland  verband  die 
Weihnachtsfeiern  mit  seiner  Hauptversamm- 
lung, die  am  Vormittag  unter  Anwesenheit 


Für  die  Kinder  von  Kriegsblinden  ist  es  nicht  ver- 
wunderlich, daß  der  St.  Nikolaus  eine  dunkle 
Brille  trägt.  Der  „richtige"  Dortmunder  Nikolaus 
war  nämlich  krank  geworden,  und  ein  Bezirks- 
vorsitzender muß  vielseitig  sein  .  .  . 

des  Landesverbandsvorsitzenden  Kam.  Schütz 
stattfand.  —  In  Bielefeld  zeichnete  sich 
die  .  mühevoll  und  sorgsam  vorbereitete' 
Feier  außer  durch  die  Mitwirkung  hervor-, 
ragender  Bühnenkünstler  auch  durch  eine 
schon  zur  Tradition  gewordene  Verlosung 
eines  Damenfahrrades  aus.  Es  gab  viel 
Freude  bis  in  die  späten  Abendstunden 
hinein. 

Eine  Feier  mit  Reportage 
Besonders  umsichtig  war  die  große  Weih- 
nachtsfeier unserer  Kameraden  aus  dem  Be- 
zirk Essen-  Kettwig-Mülheim-Oberhausen, 
die  im  Essener  Saalbau  stattfand.  Hier 
wurde  die  gesamte  Feier  den  Kameraden 
durch  eine  Reportage  höchst  lebendig  ge- 
schildert und  erklärt,  so  daß  alle  dem  Pro- 
gramm folgen  konnten.  Als  Märchenfee 
hatte  Frau  Lutz  von  der  Stein  diese  Repor- 
tage übernommen.  Nicht  weniger  Beifall 
fand  die  Quinta  der  Luisen-Schule,  die 
außer  reizvollen  Chordarbietungen  auch  ein 
Märchenspiel  aufführte.  Auch  der  Männer- 
gesangverein   Liedertafel    wirkte    mit,    und 


Christian  Sieferl 


Bürstenhölzerfabrikation 


Hinterbach  (Odenwald) 


der  von  Kam.  Borchert  verfaßte  und  vorge- 
tragene Prolog  bewies,  daß  auch  die  Kriegs- 
blinden selbst  in  bester  Weise  bei  solchen 
Feiern  auftreten  können.  Neben  dem  Bür- 
germeister der  Stadt  Oberfeausen  war  auch 
der  Oberbürgermeister  von  Essen,  Dr.  Tous- 
saint,  erschienen,  der  mit  feinsinnigen  Wor- 
ten zu  den  Kriegsblinden  sprach.  Vom  Lan- 
desverbandsvorstand waren  die  Kameraden 
Jansen,  Hildebrand  und  Weber  vertreten. 
Nicht  nur  die  Kameraden,  auch  die  vielen 
Ehrengäste  meinten  nach  der  Veranstaltung, 
daß  sie  eine  so  schöne  Weihnachtsfeier  noch 
nicht  miterlebt  hätten.'  Davon  zeugen  auch 
die  Eintragungen  ,  der  Gäste  in  dem  auf- 
gelegten   Gästebuch. 

Krippenspiel  der  Waisenkinder 

Die  Weihnachtsfeier  unserer  Düssel- 
dorfer Kameraden  fand  ihren  Höhepunkt 
mit  der  Aufführung  eines  Krippenspiels 
durch  53  Waisenkinder  aus  Düsselthal.  Nach 
der  Verteilung  schöner  Geschenke  und  nach 
Darbietungen  eines  Mädchenchors  sprach  der 
Bezirksvorsitzende,  Kam.  Heinemann,  zu  den 
Herzen  seiner  Kameraden.  Vielerlei  musi- 
kalische Darbietungen  und  Kurzweil,  dazu 
eine  Tombola  und  die  freundlichen  Mah- 
nungen' des  Weihnachtsmannes  gaben  dem  . 
festlichen  Abend  immer  neue  Höhepunkte, 
über  100  Kinder  waren  anwesend,  die  zu 
ihrem  großen  Jubel  vom  Weihnachtsmann 
beschert  wurden. 

Viel  Verständnis  in  Köln 

Unsere  Kölner  Kameraden  hatten  sich 
die  Mitwirkung  der  Kapelle  der  Schutzpolizei 
gesichert,  überhaupt  war  hier  die  Mithilfe 
von  Behörden,  Wirtschaft  und  Privatleuten 
besonders  groß.  Mit  Dankbarkeit  konnte 
der  Bezirksvorsitzende,  Kam.  Hamann,  fest- 
stellen, daß  die  Kriegsblinden  in  Köln  durch 
die  Hilfe  der  Sehenden  fast  alle  einen 
Arbeitsplatz  gefunden  haben,  und  daß  man 
in  Köln  mit  Recht  eingesehen  habe,  es  sei 
nicht  damit  getan,  daß  „man  uns  etwas  in 
die.  Hand  drückt". 

Kam.  Otto  Jansen  nahm  an  mancherlei 
Weihnachtsfeiern  im  Landesverband  Nord- 
rhein teil,  so  auch  in  A  a  c  h  e  n,  wo  ein  fest- 
licher Abend  die  Kameraden  bis  zu  den 
frühen  Morgenstunden  zusammenhielt  — 
auch  die  Behördenvertreter,  von  der  Feier 
stark  beeindruckt,  gingen  mit  der  allgemei- 
nen Fröhlichkeit  mit  und  blieben  bis  zum 
Schluß  da.  —  Auch  in  Bonn  sprach  Kam. 
Jansen,  wo  vor  allem  in  musikalischer  Hin- 
sicht viel  Auserlesenes  gebo- 
ten wurde. 

Unser  Bundesvorsitzender, 
Kam.  Dr.  Plein,  nahm  an 
einer  ganzen  Anzahl  von 
Weihnachtsfeiern  teil,  soweit 
ihn  nicht  wichtige  Sitzungen 
in  Bonn  festhielten.  So  wurde 
er  mit  Freude  auch  in  Mai- 
kammer (Pfalz)  begrüßt, 
wo  der  Bezirksvorsitzende, 
Kam.  Platz,  ein  besonders 
harmonisches  Familenfest  der 
Kriegsblinden  vorbereitet 
hatte.  Hier  wurde  in  bei- 
spielhafter Weise  versucht, 
nicht  nur  dem  Gemüt,  son- 
dern auch  dem  Geist  neue 
Nahrung  zu  geben:  Stadien- 
rat Dr.  Litzenburger  deutete 
den  Sinn  des  Weihnachts- 
festes, ausgehend  von  Tex- 
ten aus  dem  Oratorium  „Sam- 
son"  von  Händel.  Vielerlei 
Nachdenklichkeit  blieb  in  den 
Kameraden  zurück. 


zirksleiter,  Kam.  Cyrus,  etwa  350  Teilneh- 
mer begrüßen,  darunter  neben  Behörden- 
vertretern auch  viele  Künstler.  Man  lauschte 
einem  sehr  vielseitigen  Programm  an  Rezi- 
tationen, Gesang  und  Musikstücken  —  die 
vorzügliche  Kapelle  der  Schutzpolizei  gab 
dem  gesamten  Programm  den  Rahmen  — , 
aber  auch  gemeinsam  wurden  Weihnachts- 
lieder gesungen.  Es  sprachen  zu  den  Kame- 
raden der  Leiter  der  Hauptfürsorgestelle 
Wiesbaden,  Landesrat  Urban,  ferner  Herr 
Kappes  als  Dezernent  im  Landesversorgungs- 
amt und  Herr  Amtmann  Hohrdan  vom  So- 
zialamt der  Stadt  Frankfurt.  Auch  der  Lan- 
desverbandsvorsitzende, Kam.  Ludwig  Eckert, 
ergriff  das  Wort.  Nach  einer  Bescherung  für 
die  Kinder  und  einem  gemeinsamen  Abend- 
essen kam  im  zweiten  Teil  der  Feier  der 
sprühendste  Humor  zu  seinem  Recht.  Be- 
kannte Künstler  der  Städtischen  Bühnen  und 
des    Hessischen    Rundfunks    versetzten    die 


Gesetzlicher  Blindenwarenschutz? 
Wie  wir  erfahren,  werden  zur  Zeit  im 
Bundeswirtschaftsministerium  Bestimmungen 
zur  Ergänzung  bzw.  Änderung  des  §  56a  der 
Gewerbeordnung  ausgearbeitet,  mit  denen 
ein  besserer  Schutz  der  Blindenarbeit  ge- 
währleistet werden  soll.  Es  ist  sehr  zu 
hoffen,  daß  durch  diese  neuen  gesetzlichen 
Bestimmungen  endlich  der  Blindenwaren- 
schwindel  eingedämmt  werden  kann. 

Kameraden  in  die  vergnügteste  Stimmung. 
Auch  unser  Kamerad  Werner  trug  als  Tenor 
zur  Unterhaltung  bei.  Immer  wieder  kam 
die  Freude  aller  Kameraden  über  den  wohl- 
gelungenen Abend  zum  Ausdruck. 

So  ließe  sich  noch  vielerlei  und  schier  end- 
los von  den  vielen  hundert  Feiern  berichten, 
die  für  unsere  Kameraden  stattgefunden 
haben.  Man  könnte  noch  davon  erzählen, 
wie  das  „Niedersächsische  Landvolk"  unsere 
Kameraden  in  Braunschweig  beschert 
hat  oder  wie  die  Kriegsblinden  des  Kreises 
Stade  in  einem  so  besonders  herzlichen 
Kontakt  mit  der  Bevölkerung  stehen,  was 
sich  bei  ihrer  Weihnachtsfeier  in  Horneburg 
erneut  bewies.  Aber  der  Raum  in  unserer 
Zeitschrift  reicht  zu  weiteren  Schilderungen 
nicht  aus.  Diese  wenigen  Streiflichter  sagen 
ja  all  unseren  Lesern  genug  und  lassen  etwas 
von  dem  Geist  unserer  Schicksalsgemein- 
schaft spüren. 


Aus  Hessen  hören  wir 
vor  allem  etwas  über  die 
wohlgelungene  Weihnachts- 
feier des  Bezirks  Frank- 
furt.   Hier  konnte  der  Be- 


Zu  der  großen  Kriegsblindenlamilie,  die  sich  in  unseren  Weihnachts- 
leiern zusammenfand,  gehören  auch  unsere  Kinder.  So  versuchte 
jeder  Bezirk,  auch  den  Kindern  eine  Extralreude  zu  machen.  Hier 
sind   Kinder   hingerissen    von    einem    Kasperlespiel    in    Dortmund. 

Fotos    (2):   G.   Zoll 


11 


Weihnachten  in  der  Viersektoren  Stadt 


Die  große  Familie  der  Berliner  Kriegs- 
blinden feierte  am  22.  Dezember  ihr  Weih- 
nachtsfest, sicherlich  in  ähnlicher  Weise  wie 
in  allen  Landesverbänden.  Und  doch  kommt 
dem  Weihnachtsfest  der  Berliner  Kriegs- 
blinden noch  eine  besondere  Bedeutung  zu. 
So  wie  sich  die  allgemeinen  Verhältnisse  in 
und  um  unserer  Stadt  im  täglichen  Leben 
Widerspiegeln,  so  trägt  auch  unsere  Ber- 
liner Schicksalsgemeinschaft  den  Charakter 
gerade  dieses  Raumes,  und  es  ist  unserem 
Berliner  Landesverband  die  schöne  und 
ehrenvolle  Aufgabe  gestellt,  über  seinen 
eigentlichen  Rahmen  hinaus  die 
Kameradschaft  zu  pflegen  und  zu  verwirk- 
lichen. 

Das  Weihnachtsfest  zeigte  nun  wieder 
einmal,  mit  welchem  Gefühl  der  Verbunden- 
heit die  Berliner  Kameraden  diese  Aufgabe 
Zu  ihrer  persönlichen  Herzenssache  machen. 
Der  Vorstand  hatte  gleichzeitig  alle  Mittßl 
und  guten  Beziehungen  ausgeschöpft,  und 
der  eingesetzte  Festausschuß  war  seit 
Wochen  bemüht,  um  dieses  Fest  in  seiner 
traditionellen  Form  als  große  Familienfeier 
festlich  begehen  zu  können.  Schon  die  Suche 
nach  einem  geeigneten  Saal  bereitete  dem 
Festausschuß  große  Sorgen  und  so  war  es 
geradezu  symbolisch,  daß  in  diesem  Jahr  das 
Weihnachtsfest  in  dem  hart  an  der  Sektoren- 
grenze gelegenen  Hotel  „Esplanade"  statt- 
finden mußte.  Bereits  in  den  frühen  Nach- 
mittagsstunden strömten  die  Kameraden  mit 
ihren  Angehörigen  aus  allen  vier  Sektoren 
durch  die  festlichen  Räume,  und  bald  strahlte 
der  Weihnachtsbaum  seinen  Glanz  in  über 
tausend  erwartungsvolle  Gesichter,  wäh- 
rend Kaffee  und  Kuchen  bei  den  weihnacht- 


lichen Klängen  der  Kapelle  Kaiser  gereicht  1 
wurden.  Eine  gemütliche  Stimmung  hatte  ; 
sich  sehr  schnell  von  Tisch  zu  Tisch  ."•aus.-  - 
gebreitet,  und  bei  bester  Laune  wurden  zwi,-  . 
sehen  den  Familien  die  Weihnachtsgrüße 
gewechselt.  ■  ■    .  .■ 

Doch  dann  wurde  plötzlich  der  Weihnachts- 
mann angekündigt,  auf  den  besonders  unsere  ; 
kleinen  Geister  ungeduldig  gewartet  hatten. 
Mit  heißen  Wangen  nahmen  sie  ihre  Ge- 
schenke in  Empfang.  Der  gute,  alte  Mann 
mit  dem  langen  Bart  hatte  an  alles  gedacht 
und  wurde  immer  wieder  von  den  Kleinen 
vertrauensvoll  umringt.  Aber  auch  unsere 
Kameraden  aus  dem  Ostsektor  hatte  er 
sicherlich  ebenso  in  sein  Herz  geschlossen,, 
denn  ein  jeder  von  ihnen  wurde  mit  einem 
stattlichen  Weihnachtspaket  beschert. 

Schicksalsmäßig  verbunden  bilden  wir  so 
eine  Gemeinschaft,  die  durch  keine  Sektoren- 
grenzen getrennt  werden  kann.  Diese  Ge- 
danken stellte  auch  Kam.  Bischoff  in  seiner 
Festansprache  heraus  und  gab  im  Namen 
des  Berliner  Landesverbandes  der  Hoffnung 
Ausdruck,  daß  die  Kameraden  aus  dem 
Osten  auch  äußerlich  bald  zu  uns  gehören 
mögen;  und  wenn  uns  Kriegsblinden  das 
Jahr  1951  wieder  eine  gesicherte  Versor- 
gung und  eine  günstigere  Berufsentwicklung 
gebracht  habe,  so  dürften  wir  doch  nicht 
vergessen,  daß  viele  Kameraden  heute  noch 
davon  ausgeschlossen  sind  und  daß  in  der 
gegenwärtigen  Welt  des  Unfriedens  täglich 
neue  Menschen  von  dem  gleichen  Schicksal 
der  Kriegserblindung  betroffen  werden.  Wir 
Kriegsblinden  sollten  daher  für  unsere  Um- 
welt eine  ständige  Mahnung  sein,  den 
Frieden  auf  Erden  zu  erhalten. 


Als  Weihnächtsmann  "von  besonderer  Art 
stellte  sich  dann  der  Rundfunks  (RJ  A  S)  in 
einem  zweistündigem  Programm  mit  seinen 
populärsten  '  Künstlern  vor,  und:,  wenn ;  hier 
am -Rande  nur-die  S  chon  e  b-e-r  g  erSän- 
g.e  r  k  n  a  b  e  n  genannt  werden  können,  so 
zeigte  der  immer  wieder  aufbrausende  Bei- 
fall allen  Künstlern,  daß  sie  dankbare  Zu- 
hörer gefunden  hatten.  Die  schönsten  Gaben 
ihrer  Kunst  hatten  sie  für  uns  bereitgehalten, 
die  durch  unseren  Kameraden  und  Rund- 
funks an  gef  W  e  r  n  e  r  S  &h  m  a  h  einen 
begeisterten  Abschluß  fanden  und  zu  einer 
fröhlichen  Weihnachtsstimmung  überleiteten. 

Nach  einem  guten  Abendessen  ging  es  im 
Berliner  Tempo  hinein  in  den  gemütlichen 
Teil  des  Abends.  Beliebte  Weisen  und  der 
Rhythmus  moderner  Tanzmusik  sorgten  Cbis 
spät  in  die  Nacht  für  eine  ausgelassene 
Fröhlichkeit.  —  So  wurde  das  Weihnachts-' 
fest  der  Berliner  Kriegsblinden  sinnvoll  und 
harmonisch  gefeiert  und  der  Weihnachts- 
glanz dieses  Festes  wird  auch  zu  jenen  hin- 
überleuchten, die  unsere  Kameradschaft 
nicht  miterleben  können  und  doch  zu  uns 
gehören.  Paul  Pöhlsen 

So  etwas  geht  also  ! 

Opladens  Oberkreisdirektor  voran 

Der  Oberkreisdirektor  des  Rhein- Wupper- 
Kreises  in  Opladen  hat  den  Kriegsblinden 
seines  Bereiches  eine  Sonderzuteilung  von 
10  Zentnern  Kohle  bewilligt,  die  durch 
die  Kohlenhändler,  bei  denen  die  Kameraden 
eingetragen  sind,  zur  Ausgabe  gelangen. 
Dieses  dankenswerte  Beispiel  einer  groß- 
zügigen Verfahrensweise  sollte  von  allen 
Kommunalbehörden  nachgeahmt  werden.  Ein 
Kriegsblinder  muß  sich  in  seinem  eigenen 
Heim  wohlfühlen  können,  wenn  er  den  An- 
sprüchen  des   Alltags   gewachsen   sein   will. 


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12 


Weihnachten  im  Kurheim  Braunlage 


Wie  man  hier  deutlich  sehen  kann, 
kam  auch  zu  uns  der  Weihnachtsmann. 
Ein  weißer  Bart  war  ihm  gewachsen, 
der  Mundart  nach  kam  er  aus  Sachsen. 
Zwei  kleine  Englein  bei  ihm  waren 
von  etwa  fünfzehn,  sechzehn  Jahren. 
Das  Lied  der  Lieder  war  verklungen, 
wir  hatten  „Stille  Nacht"  gesungen, 
wohl  mit  Paul  Reuter  —  Mandoline, 
mit  Herbert  Kunert  —  Violine, 
Ernst  von  der  Laden  am  Klavier, 
und  tief  nach  innen  blickten  wir, 
wir,  die  wir  nicht  mehr  sehen  konnten, 
wir,  die  erblindet  an  den  Fronten. 
Die  anderen  sahen  unverwandt 
zur  Stelle,  wo  Knecht  Ruprecht  stand, 
auf  seinen  Sack,  auf  seine  Rute  . . . 


Und  allen  war  jetzt  bang  zumute, 
und  allen  ward  um's  Herz  so  schlimme, 
als  er  nun  rief  mit  Bärenstimme: 
„Könnt  ihr  auch  beten,  liebe  Leute?" 
Da  liefen  dreißig  Gänsehäute 
über  Männer-,  Frauen-  und  Kinderrücken. 
Jedoch  der  Angst  folgte  Entzücken, 
er  griff  nun  in  den  Sack  hinein, 
unterstützt  von  beiden  Engelein. 
Manch  Verslein  wurde  aufgesagt. 
Doch  mancher  fiel  in  stilles  Brüten 
vor  seinen  schönen  Weihnachtstüten: 
Wer  hat  den  Weihnachtsmann  bestellt? 
Kam  wirklich  er  vom  Himmelszelt? 
Wer  schickte  uns  den  Rauschebart? 
War's  etwa  Schwester  Hildegard? 
Hat  sie  nachts,  wenn  die  Füchse  bellen, 


mit  ihren  munteren  Gesellen 

die  ganzen  Sachen  vorbereitet, 

die  uns  Knecht  Ruprecht  ausgebreitet? 

Durch  Schlüssellöcher  sieht  man  nicht, 

wenn  es  an  Augenlicht  gebricht! 

Drum  —  bleibt  bei  eurem  Kinderglauben, 

laßt  euch  die  Illusion  nicht  rauben! 

So  saßen  wir  im  frohen  Kreise 

und  sangen  manche  Weihnachtsweise. 

Und  draußen  stand  in  Sternenpracht 

die  stille  und  die  heilige  Nacht. 

G.  Hillmann,  Berlin 

Gute  Laune  in  Südbaden 

Anläßlich  der  Weihnachtsfeier  des  Landes- 
verbandes Baden,  welche  aus  zwingenden 
Gründen  zum  erstenmal  zentral  durchgeführt 
wurde,  bescherten  die  Kameraden  ihrem 
Landesverbandsvorsitzenden,  Kam.  Alfons 
Schramm,  eine  Gabe,  die  bestimmt  nicht 
alltäglich  ist  und  wohl  selten  einem  Kriegs- 
blinden auf  den  Arm  gelegt  wird.  Unter 
hellem  Grunzen  und  dem  tosenden  Jubel  der 
Kameraden  wurde  Kam.  Schramm  ein  statt- 
liches Glücksferkel  auf  den  Arm  ge- 
legt. Neben  seinem  „Blindensekretär"  er- 
fordert nun  das  Glücksschweinchen,  auch 
„Schrammophon"  genannt,  seine  Aufmerk- 
samkeit und  Pflege. 

Der  erste  Bundesvorsitzende,  Kam.  Dr. 
Plein,  der  unerwartet  im  Laufe  der  Feier 
erschien,  war  Zeuge  der  gelungenen  Über- 
raschung. Kam.  Dr.  Plein  wurde  sehr  herzlich 
begrüßt  und  fand  reichen  Beifall  für  seine 
eindringlichen  und  markanten  Worte. 

Der  Feier  voraus  ging  eine  kurze  General- 
versammlung, die  aus  Anlaß  der  kommenden 
Neuordnung  der  südwestdeutschen  Länder 
notwendig  war. 

Die  musikalische  Ausgestaltung  der  Feier 
hatte  das  kleine  Orchester  des  Südwestfunks, 
Studio  Freiburg,  unter  Leitung  von  Kapell- 
meister Willi  Stech  wie  üblich  in  dankens- 
werter Weise  übernommen.  Die  Kameraden 
gaben  ihrer  Befriedigung  hierüber  durch 
stürmischen  Beifall  Ausdruck.    O.  Althauser 


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Der  Entwurf  des  Schwerbeschädig- 
ten- Einstellungsgesetzes,  der  nunmehr  dem 
Bundeskabinett  vorliegt,  erfährt  von  vielen 
Seiten  eine  höchst  kritische  Beurteilung,  in 
Einzelfragen  auch  seitens  der  deutschen 
I  Kriegsblinden.  Der  VdK  begründet  seine  Ab- 
lehnung mit  dem  Wunsch  nach  einem  mehr 
fürsorgerischen  Charakter  des  Gesetzes. 
* 

In  einer  stürmischen  Bundestagssitzung 
wurden  die  von  der  SPD  und  der  KPD  ein- 
gebrachten Mißbilligungsanträge 
gegen  den  Bundesjustizminister  Dr.  Dehler 
erörtert.  Es  wurde  Dr.  Dehler  zum  Vorwurf 
gemacht,  er  habe  behauptet,  ein  Drittel  aller 
Renten  würde  zu  Unrecht  bezogen. 
* 

Eine  hochinteressante  Schrift,  die  den 
Amtsärzten  bei  der  Untersuchung  von  prak- 
tisch Blinden  dienen  soll,  ist  vom  west- 
fälischen Blindenverein  (Witten-Bommern) 
herausgegeben  worden.  Doz.  Dr.  Friemann, 
Oberarzt  der  Universitäts-Augenklinik 
Hamburg-Eppendorf,  stellt  hier  unter  dem 
Titel  „über  die  Sehschärfenprü- 
fung" sehr  interessantes  Material  über  die 
Untersuchungsmöglichkeiten  zusammen,  zu- 
mal auch  solche,  mit  denen  „Täuscher"  über- 
führt werden  können. 

Die  Evangelische  Filmgilde  hat  den  ameri- 
kanischen Kriegsblindenfilm  „Sieg  über  das 
Dunkel",  der  unter  dem  Protektorat  des 
Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  steht, 
für  das  ganze  Bundesgebiet  zum  F  i  l'm  des 
Monats  Januar  erhoben. 

Nach    einer    Mitteilung    unseres    Bezirks 

Essen   hatte    dieser    Film    einen    besonderen 

Erfolg     beim    Publikum     in     Mülheim/Ruhr. 

Jede    Vorstellung    war    restlos    ausverkauft. 

* 

Der  Kreis  Stuttgart  des  Jugendrot- 
kreuzes hat  für  die  Kriegsblinden  und 
Schwerbeschädigten  auf  Schloß  Solitude  die 
Patenschaft  übernommen  und  will  dort  künf- 
tig regelmäßig  mit  kulturellen  und  heiteren 
Darbietungen  aufwarten. 

Unser  Kamerad  C.  J.  H.  Burmester 
aus  Hamburg  hat  besondere  Freude  an 
schriftstellerischer  Tätigkeit.  Wir 
berichteten  kürzlich  von  der  Aufführung- 
seines  plattdeutschen  Singspiels  „Glück  in 
Glückstadt  an  de  Tarpenbek".  Die  Musik 
zu  diesem  abendfüllenden  Stück  schrieb  der 
Kapellmeister  der  angesehenen  Hamburger 
Hochbahnkapelle.  Zuerst  aufgeführt  wurde 
es  von  der  Volksbühne  „Krohnskamp",  einer 
Laienspielgruppe,  der  Burmester  auch  selbst 
angehört.  In  der  Presse  fand  die  Aufführung 
viel  Beifall.  Das  „Hamburger  Echo"  ver- 
öffentlichte eine  Anzahl  von  Gedichten  und 
Geschichten  unseres  Kameraden. 
* 

Die  älteste  Fabrik  der  Welt  für  Blinden- 
schriftmaschinen, die  Firma  Herde&Wei- 
m  a  n  n  in  Berlin,  befindet  sich  zunehmend  in 
Schwierigkeiten.  Die  letzten  zehn  Jahre 
haben  der  Firma  schwere  wirtschaftliche 
Schäden  zugefügt;  in  der  Bundesrepublik 
entstanden  Konkurrenzunternehmen  und 
während  der  Blockadezeit  wurde  die  Ver- 
bindung zum  Ausland  unterbrochen.  Vor  dem 
Kriege  exportierte  die  Firma  den  größten 
Teil  der  Erzeugnisse.  In  den  letzten  Jahren 
wurden  große  Summen  in  die  Entwicklung 
der  neuen  Punktschrift-Bogenmaschine  ge- 
steckt, die  seit  einiger  Zeit  in  einem  einzigen 
Mustermodell  vorhanden  ist.  (Dieses 
mit  erstaunlichen  Vorzügen  'ausgestattete 
Modell  wurde  bereits  im  Novemberheft  1950 
beschrieben.)  Die  Serienproduktion  kann 
wegen   Kapitalmangels    nicht    aufgenommen 


werden.  Wenn  seitens  der  Behörden  keine 
Hilfe  kommt,  muß  die  Firma  die  letzten 
Arbeiter  entlassen. 

* 

Anläßlich  eines  Landeswettschreibens  der 
Meisterstenografen  schaffte  der  blinde  Steno- 
typist Fritz  Hübsch,  Chemnitz,  am  11.  No- 
vember in  Meißen  die  geradezu  unwahr- 
scheinliche Leistung,  ein  Diktat  mit  3  2  0 
Silben  pro  Minute  aufzunehmen  und 
einwandfrei  zu  übertragen.  Fritz  Hübsch  be- 
diente sich  dabei  der  7-Punkte-Stenografie. 
Er  hält  zweifellos  den  Geschwindig- 
keitsrekord unter  den  blinden  Steno- 
typisten.  Der  Kriegsblinde  K.  H.  Möbius, 
Leipzig,  der  das  7-Punkte-System  entschei- 
dend vorangetrieben  hat,  bestand  im  Okto- 
ber 1951  eine  Prüfung  mit  einem  Tempo  von 
300  Silben.  Die  beste  Leistung  mit  dem  6- 
Punkte-System  lag  bei  dem  Wettbewerb  in 
Meißen  bei  220  Silben. 
* 

In  Ergänzung  zu  unserem  Bericht  über  den 
kriegsblinden  Töpfer  Kotz  in  Landshut  ent- 
nehmen wir  der  ostdeutschen  Blindenzeit- 
schrift  „Die  Gegenwart",  daß  auch  in  der 
Ostzone  einige  kriegsblinde  Töpfer 
am  Werke  sind.  Der  Kriegsblinde  W.  Richter, 
Waidenburg,  und  der  Kriegsblinde  Lippold 
haben  als  Töpfer  soviel  Ansehen  erlangt, 
daß  ihre  Erzeugnisse  regelmäßig  in  verschie- 
denen Museen  Sachsens  und  auch  im  Grassi- 
Museum  in  Leipzig  ausgestellt  werden. 
* 

Im  November  ist  Aurelio  N  i  c  o  1  o  d  i 
gestorben,  der  Gründer  der  italienischen 
Blindenvereinigung  und  angesehene  Mit- 
arbeiter in  internationalen  Blindeninstitu- 
tionen.  Nicolodi,  als  Kriegsfreiwilliger  1915 
an  der  Front  erblindet,  ursprünglich  als 
Geometer  tätig,  hat  nach  seiner  Verwundung 
sehr  viel  für  die  italienischen  Kriegsblinden 
und  ihre  Berufsförderung  getan.  Seine  Ar- 
beit weitete  sich  jedoch-  sehr  bald  auch  auf 
den  Kreis  der  Zivilblinden  und  zivilblinden 


PERSÖNLICHES 

Das  schöne  Fest  der  goldenen  Hochzeit 
konnte  am  2.  Jan.  unserer  Kamerad  Major 
a.  D.  Alexander  Freiherr  von  Uslar- 
Gleichen  und  seine  Gattin  feiern  (Bezirk 
Südhannover).  Viele  Wünsche  und  Grüße 
aus  unserem  Kameradenkreis  gelten  dem 
Paar.  % 

Unser  Kamerad  Gustav  S  t  r  ä  t  e  r  und 
seine  Ehefrau  Elfriede,  geb.  Kettler,  Duis- 
burg- Hamborn,  Gertrudenstr.  5,  feierten 
am  4.  12.  1951  das  Fest  der  silbernen  Hoch- 
zeit. Wir  Kameraden  sagen  von  Herzen 
unsere  Glückwünsche. 
* 

Unser  Kamerad  Georg  Dietrich  aus 
Ebstorf  (z.  Z.  Kriegsblinden-Kurheim  Braun- 
lage) feierte  Hochzeit  mit  Fräulein  Lieselotte 
Klein  aus  Korbach.  Dem  Paar  gelten  unsere 
besonders  herzlichen  Glückwünsche,  vor 
allem  hinsichtlich  der  Berufs-  und  Wohnungs- 
sorgen. % 

Auch  unser  junger  Kamerad  Paul  Gry- 
w  a  t  z  aus  Schwarzenbek  (Kreis  Lauen- 
b  u  r  g)  hat  die  Ehe  geschlossen,  und  zwar 
mit  einer  Ostpreußin,  Fräulein  Josefa  Schle- 
siger.  Wir  wünschen  alles  Gute  für  den 
gemeinsamen  Lebensweg. 
* 

Unser  Obmann  für  den  Kreis  Stade 
im  Bezirk  Niederelbe,  Kam.  Rudolf  Frei- 
mann,  Horneburg,  ist  Vater  eines  Töchter- 
chens geworden.  Herzliche  Glückwünsche, 
vor  allem  seitens  der  Kameraden  aus  Nieder- 
elbe. 


Kinder  aus.  Nicolodi  hat  eine  entscheidende! 
Wandlung  im  gesamten  italienischen  Blin-j 
denwesen  herbeigeführt. 

Auf  einer  Flüchtlingsweihnachtsfeier  in; 
Lübeck  zeigte  ein  kriegsblinder  Artist; 
seine  Künste.  Es  handelt  sich  um  unseren! 
Kameraden  Erich  Schmidt,  der  als  Fallschirm-; 
Jäger  im  Kriege  27  Absprünge  gut  über-' 
stand,  aber  in  den  letzten  Kriegstagen  beij 
Berlin  sein  Augenlicht  verlor.  Schon  vor  demj 
Kriege  hatte  er  sich  für  kurze  Zeit  als  Draht-; 
seilkünstler  versucht.  Mit  ungewöhnlicher 
Energie  trainierte  er  auch  nach  seiner  Ver-. 
wundung,  obwohl  ihm  anfangs  selbst  beim: 
Handstand  schwindlig  wurde.  Heute  führt  er! 
auf  den  Händen  einen  Steptanz  vor  sowie 
komplizierte  Balance-Akte  unter  Besteigung! 
einer  Stuhlpyramide. 
* 

Wegen  Auftragmangels  sind  die  Blinden- 
werkstätten in  Rheinland-Pfalz  zun 
Zeit  nur  zu  dreißig  bis  sechzig  Prozent  be-j, 
schäftigt.  Das  Innenministerium  hat  deshalbi! 
die  Regierungspräsidenten  angewiesen,  zuj 
prüfen,  wie  der  Absatz  der  im  Lande  her- 
gestellten   Blindenwaren    gesichert    werden 

kann.  ... 

•  * 

Im  Dezember  fand  in  Paris  wiederum  eine 
Konferenz  zur  Standardisierung  des  Blin- 
denschrift-Alphabets statt  Wie 
schon  bei  mehreren  vorhergehenden  Kon- 
ferenzen dieser  Art  hatte  die  UNESCO  die 
Delegationen  aus  zehn  Ländern  dazu  ein- 
geladen. 

Neuwahl  im  Bundesausschuß 
für  Kb.-  und  Kh.-Fürsorge 

Im  Vorsitz  des  Bundesausschusses  für  Kb.- 
und  Kh.-Fürsorge  trat  turnusmäßig  ein  Wech- 
sel ein.  Jeweils  ein  Jahr  lang  führt  den 
Vorsitz  ein  Vertreter  der  Hauptfürsorge-: 
stellen  oder  ein  Vertreter  des  stärksten' 
Kriegsopferverbandes. 

Vom  Bundesministerium  des  Innern  wird 
uns  dazu  mitgeteilt: 

Der  Bundesausschuß  der  Kriegsbeschädig-I 
ten-  und  Kxiegshinterbliebenenfürsorge  ist] 
_am  12.  12.  1951  im  Bundesministeriunf  desi 
Innern  zu  seiner  3.  Sitzung  zusammenge-' 
treten.  Nach  Erledigung  der  Tagesordnung 
wurde  gemäß  §  2  der  Satzung  der  neue  Vor-! 
stand  gewählt.  Es  sind  einstimmig  gewählt 
worden: 

Zum  Vorsitzenden:  Oberverwaltuhgsrat 
S  e  u  f  e  r  1  e  ,  Stuttgart,  Lindenspürstraße  39. 

Zum  stellvertr.  Vorsitzenden:  Stadtrat 
N  i  t  s  c  h  e  ,  Kassel-Wolfsschlucht. 

Zum  Schriftführer:  Frau  Ober-Reg. -Rätin 
D  e  t  z  e  1 ,  Koblenz^Hochhaus,  Hauptversor- 
gungsamt. 

Zum  stellvertr.  Schriftführer:  .  Öber-Reg.-j 
Rat  Dr.  Schultz,  Hannover. 


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16 


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17 


Saure  Wochen,  frohe  Feste  . 

Aus  der  Arbeit  des  Landesverbandes  Bayern 


Die  bayerischen  Kriegsblinden  trafen  sich 
im  Dezember  1951  in  verschiedenen  Bezirks- 
versammlungen, um  zu  den  aktuellen  Fragen 
Stellung  zu  nehmen.  Den  Versammlungen 
ging  am  1.  und  2.  Dezember  1951  im  Kriegs- 
blinden-Erholungsheim  Söcking  eine  Ar- 
beitstagung voraus,  an  der  der  Vor- 
stand des  Landesverbandes  Bayern,  sämtliche 
Bezirksobmänner,  die  leitenden  Angestellten 
der  Bayerischen  Kriegsblinden-Arbeitsfür- 
sorge  g.G.m.b.H.  und  die  Kriegsblinden- 
Sachbearbeiter  bei  der  Hauptfürsorgestelle 
und  ihren  Zweigstellen  teilnahmen.  ( 

Hierbei  kamen  alle  Fragen  der  Versorgung 
und  Fürsorge,  insbesondere  der  Arbeits-  und 
Berufsfürsorge  sowie  alle  organisatorischen 
Probleme  zur  Sprache.  Der  Meinungs-  und 
Gedankenaustausch  war  überaus  frucht- 
bringend für  jeden  einzelnen.  Es  wurde  fest- 
gestellt, daß  die  Bayerische  Kriegsblinden- 
Arbeitsgemeinschaft  ein  enger  Bestand  un- 
seres Bundes  ist  und  daß  deren  Arbeit  immer 
nur  vom  Wohle  der  Gesamtheit  her  geleitet 
werden  dürfe.  Den  Sachbearbeitern  bei  den 
Zweigstellen  der  Hauptfürsorgestelle  wurden 
zahlreiche  Anliegen  vorgetragen  und  um  eine 
baldige  und  erfolgreiche  Realisierung  er- 
sucht. Die  Gesamtveranstaltung  war  für  alle 
Beteiligten  äußerst  wertvoll. 

Am  8.  Dezember  1951  folgte  die  Jahres- 
versammlung des  Bezirks  Niederbayern  in 
Landshut  unter  Beteiligung  sehr  vieler 
Gäste  und  Behördenvertreter.  Am  15.  De- 
zember 1951  kamen  die  Kriegsblinden  der 
Regierungsbezirke  Schwaben  in  Augs- 
burg und  Oberfranken  in  Bayreuth 
zusammen. 

Am  16.  Dezember  1951  war  die  Haupt- 
versammlung des  Bezirks  Unterfranken  in 
Würzburg,  am  22.  Dezember  die  für 
Oberbayern  in  München  und  am  23.  De- 
zember 1951  fanden  sich  die  Kameraden  aus 
Mittelfranken  in  Nürnberg  zusammen. 
Der  Bundesvorsitzende,  Kamerad  Dr.  PI  ein, 
nahm  an  der  Versammlung  in  Würzburg  teil, 
und  der  Landesverbandsvorsitzende,  Kamerad 
Birngruber,  an  sämtlichen  Veranstaltungen 
mit  Ausnahme  der  in  Bayreuth. 

Die  Bezirksobmänner  konnten  überein- 
stimmend berichten,  daß  im  Jahre  1951  hart 
und  schwer  zu  arbeiten  war,  daß  aber  fast 
auf  der  ganzen  Linie  auch  schöne  Erfolge 
erzielt  worden  seien.  Die  Bezüge  der  Kriegs- 
blinden nach  dem  BVG  wurden  im  gesamten 
bayerischen  Land  vorzugsweise  durch- 
geführt. Verschiedene  strittige  Fälle  sind 
zwischenzeitlich  im  Rechtszug  erledigt  wor- 
den, so  daß  am  Schluß  des  Jahres  nur  noch 
wenige  Fälle  anhängig  gewesen  sind. 

Sehr  produktiv  war  die  Arbeitsfür- 
sorge. In  der  Oberpfalz  wurden  sehr  viele 
Kameraden  als  Telefonisten  untergebracht. 
In  Unterfranken  und  Schwaben  hat  sich  der 
Umsatz  der  Kriegsblinden-Arbeitsfürsorge 
wesentlich  erhöht,  zum  Teil  verdoppelt, 
ebenso  in  Oberfranken.  In  Nürnberg  fanden 
Verschiedene  Kameraden  geeignete  Arbeits- 
plätze in  der  Industrie.  Die  Ausbildung  der 
Kameraden  im  Staatlichen  Umschulungsheim 
in  Tegernsee  fand  überall  ungeteilte  An- 
erkennung. 

Auch  der  Ansiedlung  der  Kriegs- 
blinden wurde  gesteigerte  Aufmerksamkeit 
gewidmet.  Trotz  der  Schwierigkeiten  auf 
diesem  Sektor  kamen  u.  a.  in  Schwaben  56, 
in  Oberfranken  45  und  in  Unterfranken  36 
Kameraden  zu  einem  Eigenheim.  Recht  zu- 
friedens'  Tlend  war  auch  die  Beschaffung  von 
Wohnungen. 

Bei  Versorgungskuren  und  Erholungs- 
aufenthalten wurde  fast  ausschließlich  das 
Heim  in  Söcking  in  Anspruch  ge- 
nommen. Dort  herrscht  ein  besonders  starker 
Betrieb.  Das  Heim  zählte  im  Jahre  1951  -nehr 
eis  24  000  Verpflegstage.  Das  neue  Verwalter- 


Ehepaar  Hegele  wird  das  in  dasselbe  gesetzte 
Vertrauen  rechtfertigen.  Diese  erfreuliche 
Feststellung  darf  heute  schon  gemacht 
werden. 

Sehr  kritisch  wurde  in  den  Tagungen  die 
verzögerte  Behandlung  der  Verwaltungs- 
vorschriften zu  §§  23  ff.  erörtert. 

Die  Obmänner  haben  aber  auch  dankbar 
anerkannt,  daß  die  Zweigstellen  der 
Bayerischen  Hauptfürsorgestelle  bei  den  Re- 
gierungen in  verantwortungsfreudiger  Wür- 
digung ihrer  Verpflichtung  im  Rahmen  der 
eingeengten  verwaltungsmäßigen  und  auch 
finanziellen  Möglichkeiten  im  vergangenen 
Jahr  nach  besten  Kräften  geholfen  haben. 

Soweit  Neuwahlen  erforderlich  waren, 
erfolgten  sie  durchweg  einstimmig.  Im  Be- 
zirk Oberbayern  war  an  Stelle  des  verstor- 
benen Kameraden  Schäffer  ein  neuer  Bezirks- 
obmann zu  wählen.  Kamerad  Karl  Wen- 
del, München  —  Sachbearbeiter  für 
Handwerkerfragen  beim  Bundesvorstand  — , 
wurde  mit  großer  Mehrheit  zum  neuen  Be- 
zirksobmann gewählt.  Als  zweiter  erhielt 
Kamerad  Stark  —  Sachbearbeiter  bei  der 
Zweigstelle  der  Bayerischen  Hauptfürsorge- 
stelle München  —  das  Vertrauen  der  Kame- 
raden. Beide  Kameraden  werden  das  in  sie 
gesetzte  Vertrauen  sicherlich  nicht  ent- 
täuschen. 

Den  Jahresversammlungen  schloß  sich  je- 
weils  eine   Weihnachtsfeier   an,  welche   die 


Kameraden  zu  frohen  Stunden  vereinigte. 
Die  Bezirke  waren  in  allen  Fällen  Gastgeber 
und  die  Kameraden  konnten  zusätzlich  auch 
mit  einem  schönen  Geschenk  erfreut  werden. 
Diese  feierlichen  Stunden  standen  überall 
unter  dem  herrlichen  Dreiklang: 

Licht,  Liebe  und  Freude. 
Die  Ergriffenheit  der  Kameraden  und  die 
strahlenden  Augen  der  Kinder  waren 
beredtes  Zeugnis  dafür,  daß  allgemein  erfaßt 
worden  ist,  was  diese  weihnachtliche  Stunde 
zum  Ziele  hatte. 

Daß  die  Versammlungen  außerordentlich 
gut,  mitunter  bis  zu  95  Prozent  der  Mit- 
glieder, besucht  worden  sind,  trotz  der  er- 
schwerlichen  Verkehrsbedingungen  in  den 
ländlichen  Bezirken,  sei  nur  am  Rande 
erwähnt. 

Für  Kamerad  Birngruber,  der  das 
Vertrauen  der  bayerischen  Kameraden  seit 
mehr  als  33  Jahren  besitzt  und  ebenso  lange 
amtlich  in  der  Kriegsbeschädigtenfürsorge 
gearbeitet  hat,  konnten  die  Veranstaltungen 
volle  Genugtuung  sein.  Er  kann  mit  dem 
Bewußtsein  in  das  Jahr  1952  eintreten,  daß 
die  Organisation  in  Bayern  unerschütterlich 
ist,  die  sachlichen  Belange  der  Kameraden 
bestens  gewahrt  werden  und  daß  auch  im 
neuen  Jahre  diese  Zusammenarbeit  wieder 
ihre  Früchte  bringen  wird. 

Ihm,  dem  stets  hilfsbereiten  Kameraden 
Birngruber,  und  seiner  Frau,  die  in  selbst- 
loser Hingabe  nur  dem  Wohle  der  Kameraden 
leben,  gilt  am  Schluß  des  Jahres  1951  unser 
besonderer  Dank.  J.  F. 


15. 

1. 

20.00 
20.05 
20.15 
20.30 

16. 

1. 

20.30 
20.45 
20.45 

17. 

1. 

20.00 
20.20 

18. 

1. 

20.00 

20.05 

19. 

1. 

20.05 

20. 

1. 

21. 

1. 

22. 

1. 

20.00 
20.30 

23. 

1. 

20.30 
20.30 
20.45 
21.30 

24. 

1. 

20.15 
20.30 
20.35 
21.00 

25. 

1. 

20.00 

20.45 

27. 

1. 

28. 

1. 

29. 

1. 

20.30 

30.  1.     20.30 


31.  1.     20.00 


1. 

2. 

20.00 

4. 

2. 

5. 

2. 

20.00 
20.30 

6. 

2. 

20.30 

7. 

2. 

8. 

2. 

20.00 

11. 

2. 

12. 

2. 

20.30 

13.  2.     20.30 


JDrogrammvorscltau  für  -f~4örspiele 

NWDR/UKW-Nord:  „Gift"  von  Edgar  und  Waldemar  Maaß 
Frankfurt/UKW:  „Mann  Nummer  soundsoviel"  von  Julius  M.  Becker 
NWDR/UKW-West:  (plattd.)   „Grinkenschmid"  von  Franz  Mehring 
Südwestfunk:  „Wer  erbt  das  Himmelreich?"  von  Kurt  Heynicke 
Südwestfunk/TJKW:  „Venus  im  Licht"  von  Christopher  Fry 
RIAS:  „Der  Graue"  von  Friedrich  Forster 
Bremen:  „Der  Graue"  von  Friedrich  Forster 
München/UKW:  „Tomek  Baran"  von  Wladislaw  St.  Reymont 
Saarbrücken:  „Kaspar  Hauser"  von  Kurt  E.  Heyne 
München:  „Das  Lied  der  Wildgänse"  von  Helmut  Habrich  (s.  Notiz) 
NWDR:  „Vater  braucht  eine  Frau"  von  Herbert  Dührkop 
NWDR/UKW-Nord:  „Das  dunkle  Element"  von  Hans  Drahn 
Stuttgart:  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen"  von  Walter  Bauer 
Frankfurt:  „Mordkommission  klärt  auf"   (Dokumentarbericht) 
München:  „Ein  Mord  für  die  Welt"  von  Hans  Kades 
Südwestfunk:  „Dunkle  Wünsche"  von  Walther  von  Hollander 
Frankfurt/UKW:   „Glasmenagerie"   von  Tennessee  Williams 
Südwestfunk/UKW:  „Eine  alltägliche  Geschichte"  von  Jochen  Huth 
Stuttgart:  „Der  Strom"  von  Max  Halbe 

RIAS:  „Der  Teufel  fährt  in  der  3.  Klasse"  von  Herbert  Dührkop 
Bremen:  „Ich  bin  der  Wassersucher  Atteo"  von  Wolfg.  Weyrauch 
NWDR:  „Hauptmann  Matjuschenko"  von  O.  E.  Kühner 
Saarbrücken:  „Gäste  im  schwarzen  Rock"  von  Günter  Eich 
Beromünster:  „Schiffe,  die  ins  Nichts  fahren"  von  W.  E.  Schäfer 
München/UKW:  „Das  Lied  der  Wildgänse"  von  Helmut  Habrich 
Südwestfunk:  „Sieg  über  das  Dunkel"  (Hörfilm) 
NWDR/UKW-Nord:   „Verwehte  Spuren"  von  Hans  Rothe 
Stuttgart:  „Malmgreen"  von  Walter  Erich  Schäfer 
Frankfurt:  „Es  geht  ums  liebe  Geld"  von  Ernst  Nebhut 
Südwestfunk:  „Ich  kannte  die  Stimme"  von  Wilhelm  Wehmeyer 
Frankfurt/UKW:  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen"  von  Walter  Bauer 
Südwestfunk/UKW:   „Wer  erbt  das  Himmelreich?"  von  Kurt  Heynicke 
Stuttgart:  „Das  Lied  der  Lieder."  von  Jean  Giraudoux 
München/UKW:  „Ein  Mord  für  die  Welt"  von  Hans  Kades 
NWDR:  „Der  Weg  zum  Weltraumschiff" 

München:  „Zwei  Männer  und  ein  Gentleman"  von  Irwin  Shaw 
Frankfurt:  „Anatol",  drei  Szenen  von  Arthur  Schnitzler 
München/UKW:   „Zwei  Männer  und  ein  Gentleman"  von  Irwin  Shaw 
Südwestfunk:  „Des  Esels  Schatten"  von  Friedrich  Dürrenmatt 
Frankfurt/UKW:  „Leonce  und  Lena",  Lustspiel  von  Georg  Büchner 
Südwestfunk/UKW:  „Dunkle  Wünsche"  von  Walther  von  Hollander 
NWDR:  „Kaspische  Mäuse" 

München:  Zweites  Hörspiel  aus  dem  Preisausschreiben 
Frankfurt:  „Blau  und  Rot  im  Regenbogen"  von  Walter  Bauer 
Südwestfunk:  „Wendemarke"  von  William  Faulkner 
Frankfurt/UKW:  „Anatol",  drei  Szenen  von  Arthur  Schnitzler 
Südwestfunk/UKW:  „Des  Esels  Schatten"  von  Friedrich  Dürrenmatt 


Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel- Preis  der  Kriegsblinden"! 


t€ 


*2M  .anbete  Sdiack^HccncLe 

Erste  Deutsche  Schachmeisterschaft  für  Blinde 

Ein  großes  Schachereignis,  auf  das  viele 
blinde  Schachfreunde  lange  warteten,  liegt 
hinter  uns.  In  der  Zeit  vom  18.  bis  24.  11. 
1951  trafen  im  jetzigen  Landesblindenheim 
Wernigerode  (Harz)  die  jeweils  fünf  Best- 
placierten aus  den  im  Frühjahr  1951  durch- 
geführten Schachturnieren  für  Blinde  in 
Stukenbrock  und  Wernigerode  zusammen, 
um  den  ersten  Schachmeister  unter  den  Blin- 
den Deutschlands  zu  ermitteln.  Es  war  — 
hauptsächlich  aus  finanziellen  Gründen  — 
nicht  möglich,  diese  Meisterschaft  noch  im 
vergangenen  Jahr  auf  westdeutschem  Boden 
auszutragen.  So  nahmen  die  Teilnehmer  aus 
der  Bundesrepublik  das  Angebot  der  ost- 
deutschen Schachfreunde  an,  nach  Wernige- 
rode zu  kommen.  Sie  trugen  lediglich  die 
Kosten  für  die  Hinfahrt.  Un£er  den  gleichen 
Bedingungen  für  die  ostdeutschen  Teilneh- 
mer ist  die  Deutsche  Schachmeisterschaft  für 
Blinde  1952  auf  westdeutschem 
Boden  in  Aussicht  genommen. 

Das  Turnier  nahm  einen  spannungsvollen 
Verlauf.  Die  an  sechs  Tagen  zu  erledigenden 
neun  Partien  stellten  eine  harte  Nervenprobe 
dar,  der  einige  Spieler  nicht  ganz  gewachsen 
waren,  zumal  wie  bei  Turnieren  der  Sehen- 
den mit  Aufschreiben  und  Zeitkontrolle  ge- 
spielt wurde.  Dennoch  herrschte  ein  beacht- 
liches Spielniveau.  Die  ostdeutschen  blinden 
Schachfreunde  zeichneten  sich  besonders 
durch  eine  äußerst  zähe  Spielweise  aus.  Wer 
aber  annahm,  daß  die  fünf  Vertreter  des 
westdeutschen  Blindenschachs  drüben  „nicht 
viel  zu  bestellen"  hätten  —  für  H.  Unverdröß, 
Berlin,  und  den  Unterzeichneten  mußte  sogar 
noch  Ersatz  gestellt  werden  — ,  wird  sich  ent- 
täuscht sehen;  denn  so  lautet  das  Ergebnis: 

1.  W.  Würtz,  Köln F/s  Pkt. 

2.  H.  Wünsch,  Görlitz 7 

3.  H.  Lange,  Görlitz 6V«    „ 

4.  W.  Steinert,  Frankenberg 

(Sachsen) 5 

5.  H.  Uekermann,  Herford     ...    5 

6.  F.  Uekermann,  Lieme  (Lippe)     .     3'/2    „ 

7.  R.  Schütz,  Leipzig 3'/2    „ 

8.  F.  Diehl,  Köln .3 

9.  J.  Burska,  Leipzig 2 

10.  F.  Weist,  Großheubach  (Main)    .     2 

W.  Würtz,  der  sich  in  Kölner  Schachkreisen 
schon  lange  Geltung  verschafft  hat,  konnte 
seinen  bisherigen  Erfolgen  einen  schönen 
hinzufügen.  Wir  gratulieren  herzlich  und 
freuen,  uns,  daß  der  Titel  eines  ersten  Deut- 
schen Schachmeisters  unter  den  Blinden  mit 
in  die  Bundesrepublik  gebracht  wurde. 

Nachstehend  eine  Partie  aus  dem  Wernige- 
rode!" Turnier: 

Blindennot  in  Afrika 
Lord  Halifax  gab  bei  der  Eröffnung  einer 
Aktion  zur  Bekämpfung  der  Blindheit  im 
britischen  Empire  bekannt,  daß  es 
in  den  Kolonien  1  Million  Blinde  gebe,  je- 
doch nur  11  kleine  Schulen,  die  für  300 
blinde  Kinder  sorgen  können.  Nur  eine 
Kolonie  hat  eine  Werkstatt.  Nirgends  gibt 
es  Einrichtungen  für  den  Druck  von  Blinden- 
schriften. 

Das  Furchtbare  an  diesen  Zahlen  ist,  daß 
mindestens  dreiviertel  der  Erblindungen  in 
Afrika  vermieden  werden  könnten,  da 
viele  ansteckende  Augenkrankheiten  infolge 
von  Unwissenheit,  mangelnder  Sauberkeit 
und  Aberglauben  übertragen  werden.  John 
Wilson,  der  bei  einem  Unfall  im  Schul- 
laboratorium sein  Augenlicht  verlor  und 
später  Jura  studierte,  hat  nun  einen  Kreuz- 
zug gegen  die  Blindheit  in  Afrika  ins  Leben 
gerufen:  den  bereits  Erblindeten  soll  Schu- 
lung und  Hilfe  zuteil  werden  und  die  Augen- 
krankheiten sollen  bekämpft  werden.  Schwie- 
rig ist  dieser  Kampf  nicht  zuletzt  wegen  der 
fatalistischen,  gleichmütigen  Einstellung  der 
Eingeborenen.  .:.       . 


Colle-Auibau 
Weiß:  W.  Würtz,  Köln 

Schwarz:  F.  Weist,  Großheubach 
1.  d4  d5  2.  Sf3  Sf6  3.  e3  e6  4.  Ld3  c5 
5.  c3  Sbd7  6.  Sbd2  Dc7  7.  0-0  e5?  (verfrüht! 
Schwarz  hätte  seiner  Entwicklung  zunächst 
noch  einige  Aufmerksamkeit  schenken  sol- 
len) 8.  d:e5  S:e5  9.  S:e5  D:e5  10.  Sf3  Dc7 
11.    Tel     Le7     12.    e4    d:e4     13.    L:e4    S:e4 

14.  Da4+  Dc6?  (geschehen  mußte  14.—  Ld7 

15.  D:e4  Lc6)  15.  D:c6+  b:c6  16.  T:e4  Le6 
17.  Se5  Ld5  18.  Te2  00-0?  (hier  findet  der 
König  keinen  sicheren  Unterschlupf,  18.  — 0-0? 
19.  S:c6  L:c6  20.  T:e7.  Zu  überlegen  war,  den 
König  auf  Umwegen  über  f6  —  Kf7  —  The8 
in  Sicherheit  zu  bringen)  19.  Lf4  (die  Ver- 
lockung 19.  S:c6  L:c6  20.  T:e7  reizt  Weiß 
nicht  wegen  20.  —  Tdl+)  19.  —  Lf6  20.  c4 
L:e5  21.  T:e5  L:c4  22.  T:c5  Ld5  23.  b4  Kb7 
24.  b5  c:b5  25.  T:b5+  Ka6  26.  Tc5  Le6 
27.  Tbl!  Tc8  28.  Lc7!  T:c7  (es  drohte 
29.  Ta5++)  29.  T:c7  Tc8  30.  T:c8  L:c8 
31.  f4  Le6  32.  a3  —  und  Weiß  gewann. 

Gabriel  Mertens,  Köln-Nippes 
Escherstr.  63 

Ein  Kriegsblinden-Hörspiel  ? 

Der  Bayerische  Rundfunk  verteilte  jetzt 
drei  Preise  in  Höhe  von  je  3000  DM  für  die 
besten  Arbeiten,  die  bei  seinem  2.  Hörspiel- 
Preisausschreiben  eingesandt  waren.  An 
erster  Stelle  wurde  das  Hörspiel  „Das  Lied 
der  Wildgänse"  von  Helmut  Habrich  (Leer, 
Ostfriesland)  ausgezeichnet.  Die  Sendung 
dieses  Hörspieles  soll  am  18.  Januar, 
20  Uhr,  erfolgen.  Es  handelt  sich  hier  um 
ein  Hörspiel,  in  dessen  Mittelpunkt  ein 
Soldat  steht,  der  schließlich  im  Osten  sein 
Augenlicht  verliert.  Es  bleibt  abzuwarten,  ob 
es  dem  —  bisher  übrigens  unbekannten  — 
Autor  gelungen  ist,   die  Erlebniswelt   eines 


Kriegsblinden  zu  treffen.  Wir  bitten  unsere 
Kameraden  dringend,  das  Hörspiel  anzu- 
hören und  Zuschriften  darüber  an  die 
Schriftleitung  zu  schicken.  Der  Sender  Mün- 
chen ist  auch  außerhalb  Bayerns  über  die 
Nürnberger  Welle  (187,3  m)  einigermaßen 
ausreichend  zu  empfangen. 

Der  Film  „Sieg  über  das  Dunkel" 

im  Südwestfunk 

Bemerkenswerter   „Hörfilm"   am  25.   Januar 

Am  25.  Januar,  20  Uhr,  bringt  der  Südwest- 
funk eine  einstündige,  allem  Verlauten  nach 
hervorragende  Uebertragung  eines  „Hör- 
filmes" nach  dem  amerikanischen  Kriegs- 
blindenfilm  „Sieg  über  das  Dunkel".  Da  der 
Südwestfunk  mit  seinen  verschiedenen  Wel» 
len  der  für  den  Empfang  günstigste  deutsche 
Sender  ist,  freuen  wir  uns  über  diese  Pla- 
nung ganz  besonders.  Wir  empfehlen  allen 
Kameraden,  die  Sendung  abzuhören  und 
auch  ihre  Bekannten  und  Kollegen  auf  den 
Termin  aufmerksam  zu  machen. 

Kriegsblinder  auf  Stuttgarter  Welle 

Wie  wir  schon  einmal  kurz  berichteten,  ist 
unser  Kamerad  Willi  Blank  aus  Wurm- 
berg als  Akkordeonsolist  tätig.  Schon  ini 
Januar  1950,  sodann  im  Januar  1951,  irrt 
Juni  und  im  Oktober  1951  führte  der  Süd-» 
deutsche  Rundfunk  (Stuttgart)  mit  seiner  Ab- 
teilung Unterhaltungsmusik  Bandaufnahmen 
mit  Willi  Blank  durch.  Diese  Aufnahmen 
werden  laufend  in  die  Frühkonzerte  einge- 
streut. Wie  uns  der  Süddeutsche  Rundfunk 
mitteilt,  wird  am  Dienstag,  22.  Januari 
15.30  bis  15.45  Uhr,  eine  geschlossene  Vier- 
telstunde mit  Willi  Blank  am  Akkordeon 
gesendet.  Sicherlich  werden  viele  unserer 
Kameraden  aus  nah  und  fern  zuhören. 


Der  Hörspielpreis  der  Kriegsblinden 

Vorbereitungen  und  erste  Sichtung 


In  Kürze  wird  das  Preisrichterkollegium, 
das  aus  den  ersten  deutschen  Fachkritikern 
und  aus  ausgewählten  Kriegsblinden  besteht, 
zusammentreten,  um  zum  erstenmal  den 
„Hörspielpreis  der  Kriegsblinden"  zu  ver- 
geben. Die  Preisrichter  werden  eine  ganze 
Anzahl  von  Hörspielbändern  abhören,  um 
ein  wirklich  sorgfältiges  und  gerechtes  Ur- 
teil zu  treffen.  Die  Zusammenkunft  der 
Preisrichter  wurde  dankenswerterweise 
durch  die  Arbeitsgemeinschaft  der  deutschen 
Rundfunkanstalten  finanziert,  ohne  daß  bei 
der  Entscheidung  des  Preisgerichtes  auch  nur 
der  geringste  Einfluß  seitens  der  Sender  be- 
fürchtet werden  müßte. 

So   hat   auch   eine   Rundfrage    der   Schrift- 
leitung an  die  Hörspielabteilungen  der  Sen- 
der nur   den  einen   Sinn,   Informationen  für 
das  Preisrichterkollegium  einzuholen  und  der 
immerhin  denkbaren  Möglichkeit  vorzubeu- 
gen, daß   infolge   irgendwelcher 
Zufälle   ein   wirklich   bedeuten- 
des   Hörspiel    von    den    Preis- 
richtern einmal  übersehen  wird. 
Da  manche  Sender  nicht  einmal  _ 

im  eigenen  Sendebereich  immer  V»    mm 

einwandfrei  zu  empfangen  sind,  --    ,. 

läßt  sich  das  deutsche  Hörspiel  |^|    Q 

von     einem     einzelnen     Hörer  _ 

ohnehin   nicht   zuverlässig   ver-  \     9 

folgen. 
•  Die  Schriftleitung  des  „Kriegs- 
blinden" richtete  also  an  die 
Sender  eine  Umfrage,  um  fest- 
zustellen, welche  Hörspiele  sei- 
tens der  Sender  für  die  besten 
des  vergangenen  Jahres  gehal- 
ten werden  bzw.  für  unseren 
Hörspielpreis  empfohlen  wer-  |  r 
den.  Danach  bezeichnet  der  Süd-  I  "  * 
westfunk    als    die    wichtigsten 


Hörspiele  seiner  Produktion  von  1951  zwei 
Bearbeitungen,  nämlich  „Bambi"  von  Chri- 
stian Boehme  (nach  Felix  Saiten)  und 
„Fünfundzwanzig  Uhr"  von  Manfred  Häber- 
lein  (nach  Gheorghiu),  ein  Hörspiel,  das  den 
leidvollen  Weg  eines  verschleppten  rumä- 
nischen Bauern  schildert.  Dieses  letztere 
Hörspiel,  eine  Gemeinschaftsproduktion  von 
Südwestfunk  und  Bremen,  wird  von  Radio 
Bremen  mit  Abstand  an  erste  Stelle  gesetzt. 
Der  Hessische  Rundfunk  setzt  ebenfalls  eine 
Bearbeitung  an  erste  Stelle:  Fontanes 
„Unterm  Birnbaum"  in  der  Bearbeitung  von 
Günter  Eich.  Außerdem  wird  „Zwei  Nächte 
und  ein  Leben"  von  Hermann  Stahl  ge- 
nannt. Nach  einer  Mitteilung  des  Süddeut- 
schen Rundfunks  empfiehlt  die  Stuttgarter 
Hörspielabteilung  Christian  Bocks  (,Nacht- 
gespräche"    und    Walter    Bauers    „Blau    und 


14. 


r  z 
5  2 


Internationale 
ankfurter  Messe 


19 


Rot  im  .Regenbogen".  Der  NWDR-Köln 
nennt  —  nach  den  Erfolgen  bei  Presse  und 
Hörern  urteilend  —  neben  Hölderlins 
„Empedokles"  die  Grabbe-Sendung  von 
Semmelroth  „Verhandlung  gegen  Grabbe" 
und  sodann  das  Hörspiel  „Ich  bin  45  Jahre 
alt"  von  Heinz  Vollmer.  Auch  der  NWDR 
Hamburg  setzt  ein  umstrittenes  Werk  an  die 
Spitze:  „Träume"  von  Günter  Eich,  jedoch 
ferner  mit  besonderer  Rücksicht  auf  den  Hör- 
spielkreis der  Kriegsblinden,  der  außer  dem 
künstlerischen  auch  das  „menschlich  gewinn- 
reiche" Hörspiel  auszeichnen  will,  Günter 
Eichs  „Gekaufte  Prüfung"  und  „Die  Krank- 
heit des  Herrn  Satory"  von  Waldemar 
Maass.  Auch  der  Bayerische  Rundfunk  traf 
seine  Auswahl  mit  besonderer  Rücksicht  auf 
die  Absicht  des  Preises  und  nennt  an  erster 
Stelle  „Der  Soldat  und  die  Puppe"  von  Heinz 
Ullrich,  ein  Hörspiel,  das  den  Konflikt  eines 
Soldaten  schildert,  der  beim  Rückzug  in 
Frankreich  eine  Brücke  sprengen  soll  und 
dabei  zwangsläufig  ein  Kind  töten  müßte. 
Ferner  wird  von  München  „Die  Geschichte 
vom  Zaren  Joann"  nach  Henry  von  Heiselei" 
empfohlen.  Der  NWDR-Berlin  hält  die  bei- 
den Hörspiele  „Affäre  Dreyfuß"  und  „St. 
Louis  Blues"  für  die  besten  seiner  Produk- 
tion. Diese  Hörspiele  haben  auch  den  größ- 
ten Publikumserfolg  gehabt. 

Wir  danken  an  dieser  Stelle  den  Sendern 
•sehr  herzlich  für  das  aktive  Interesse  an 
-unserer  Planung,  und  wir  hoffen,  eine  Aus- 
wahl zu  finden,  die  auch  seitens  der  Sender 
Anerkennung  und  Zustimmung  findet. 

Und  was  meinen  die  Kriegsblinden? 

Unseren  kriegsblinden  Lesern  muß  die 
Schriftleitung  für  eine  sehr  große  Anzahl 
"von  Zuschriften  danken.  Es  wäre  ungerecht, 
hier  eine  Aufstellung  über  die  eingesandten 
Zuschriften  zu  veröffentlichen,  da  beispiels- 
weise ein  in  Stuttgart  gesendetes  Hörspiel 
infolge  der  sehr  ungünstigen  Empfangsver- 
hältnisse notwendigerweise  ein  schlechteres 
Echo  haben  muß  als  ein  Hörspiel  im  NWDR. 
Immerhin  seien  ein  paar  Hörspiele  genannt, 
die  unseren  Lesern  besonders  gut  gefallen 
zu  haben  scheinen.  In  jüngster  Zeit  war  das 
vor    allem    das    von    Frankfurt    gesendete 


Hörspiel  „Denn  sie  sollen  getröstet  werden" 
(wir  besprachen  es  im  Dezemberheft).  Viel 
Beifall  fand  auch  „Der  Teufel  fährt  in  der 
3.  Klasse",  Reineckers  „Abteilung  für  Not- 
wohnungen", Erwin  Wickerts  Hörspiel  um 
die  Frage  der  Tötung  unheilbar  Leidender 
(„Darfst  du  die  Stunde  rufen?")  und  Christian 
Bocks  „Nachtgespräche",  ein  Hörspiel,  das 
über  Stuttgart  und  auch  im  RIAS  zu  hören 
war,  und  das  während  eines  Abendgewitters 
uns  zu  verschiedenen  Menschen  und  Familien 
in  einem  Miethaus  führt,  zu  deren  kleinen 
und  großen  Konflikten,  zu  menschlicher 
Schwäche,  aber  auch  zu  menschlicher  An- 
ständigkeit. 

Wer  die  seitens  der  Sender  oder  seitens 
der  Kameraden  genannten  Hörspiele  kennt 
oder  eines  von  diesen  in  besonders  guter 
Erinnerung  hat  —  oder  auch  ein  anderes  — , 
der  teile  spätestens  zum  1.  Februar 
der  Schriftleitung  seine  Meinung  mit.  Je 
mehr  Zuschriften  die  Schriftleitung  bekommt, 
um  so  berechtigter  können  wir  unseren  Hör- 
spielpreis wirklich  als  Hörspielpreis  der 
Kriegsblinden  bezeichnen. 

Bereits  jetzt  erwartet  die  Schriftleitung 
auch  Zuschriften  über  Hörspiele  der  Produk- 
tion des  neuen  Jahres.  Alle  diese  Zu- 
schriften werden  sorgfältig  gesammelt.  Es 
kann  ja  durchaus  die  Möglichkeit  bestehen, 
daß  gerade  jetzt  im  Januar  oder  Februar 
ein  Hörspiel  gesendet  wird,  das  als  bestes 
des  Jahres  1952  bezeichnet  werden  muß  und 
dann  im  nächsten  Jahr  preisgekrönt  wird. 

Gedenksendung  für  Braille 

Der  Südwestfunk  brachte  in  der 
Reihe  seiner  groß  angelegten  und  ausgezeich- 
neten Reportagesendungen  am  Sonnabend- 
nachmittag, dem  5.  Januar,  eine  Sendung  zum 
100.  Todestage  von  Louis  Braille.  Den  Rah- 
men dazu  bildete  ein  Besuch  des  Reporters 
Dr.  Toni  Maus  in  der  Blindenschule  von 
Neuwied.  Wohltuend  war  dabei  vor  allem 
die  -  sachlich  wie  menschlich  vorbildliche 
Sprechweise  des  Reporters.  Er  vermied  jeden 
auch  nur  leisesten  Ton  des  Mitleids  ebenso 
wie  jede  schwärmerische  Heroisierung. 


Kriegsblinde  Organisten 


Unser  Titelfoto  auf  der  ersten  Umschlag- 
Seite  zeigt  einen  kriegsblinden  Organisten 
am  Orgeltisch,  —  zweifellos  ein  idealer  Beruf 
für  einen  Nichtsehenden,  denn  die  Welt  der 
Musik  kann  ihn  ohne  Einschränkung  er- 
füllen. Allerdings,  der  Gebende  zu  sein,  das 
erfordert  allerlei  an  Können,  besonders  von 
Kriegsblinden,  die  ja  —  im  Gegensatz  zu 
Früherblindeten  —  allein  schon  zur  Bewäl- 
tigung der  ungemein  komplizierten  Noten- 
Punktschrift  sehr  viel  Kraft  aufwenden  müs- 
sen. Daß  trotzdem  eine  ganze  Anzahl  Kriegs- 
blinder ihre  Prüfung  bestanden  haben  und 
als  Organisten  tätig  sind,  gereicht  uns 
allen  zur  Ehre.  Einen  nüchternen,  kurzen 
Bericht  über  seinen  Ausbildungsweg  gibt 
uns  unser  Kamerad  Theo  Volk  (Brühl-Kier- 
berg),  den  übrigens  auch  das  Umschlagfoto 
zeigt.  Er  schreibt  uns  auf  eine  Anfrage  hin 
das  Folgende: 

Bevor  mein  Soldatenleben  als  19jähriger 
begann,  studierte  ich  an  der  Orchesterschule 
der  Hochschule  für  Musik  in  Köln  und 
wirkte  gleichzeitig  als  1.  Flötist  in  einem 
Kulturorchester  mit.  Diese  Tätigkeit  wieder 
aufzunehmen,  blieb  mir  jedoch  versagt,  da 
am  14.  4.  45,  durch  Granatsplitter  getroffen, 
mein  Augenlicht  erlosch.  Nach  7jähriger 
Unterbrechung  begann  ich  im  Frühjahr  1946 
erneut  zu  studieren.  Diesmal  belegte  ich 
Klavier  als  Hauptfach  und  besuchte  gleich- 
zeitig das  Privatmusiklehrersemifiar.  Be- 
reits im  Sommer  des  folgenden  Jahres  legte 
ich  das  Staatsexamen  als  Privatmusik- 
lehrer in  den  Hauptfächern  Flöte  und  Kla- 
vier ab. 


Anschließend  studierte  ich  am  Institut  für 
katholische  Kirchenmusik  der  Hochschule 
weiter  und  bestand  im  Juli  1951  die  staat- 
liche Prüfung  für  Organisten  und 
Chorleiter  mit  dem  Prädikat  „sehr  gut". 
Geprüft  wurde  in  folgenden  Fächern:  Künst- 
lerisches Orgelspiel,  Liturgisches  Orgelspiel, 
Klavierspiel,  Gregorianischer  Choral,  Chor- 
leitung, Singen  und  Sprechen,  Liturgik  und 
Kirchenkunde,  Musikgeschichte,  Gehörbil- 
dung  und  Musiklehre,   Orgelkunde. 

Meine  Arbeitsmethode  ist  erheblich  er- 
leichtert, da  ich  durch  die  Kenntnisse  meiner 
Frau  in  der  Lage  bin,  jedes  Werk  sofort  in 
Punktschrift  zu  übertragen  oder  es  mit  ihr 
am  Klavier  auswendig  zu  lernen. 
Instrumentalwerke  fasse  ich  schneller  ge- 
hörsmäßig durch  Vorspielen  auf,  wogegen 
bei  Chor-  und  Gesangstücken  die  Punkt- 
schrift mir  bessere  Dienste  tut.  Auch  das 
Dirigieren  hat  mir  keine  besonderen  Schwie- 
rigkeiten gemacht,  hatte  ich  doch  während 
meiner  früheren  Orchesterpraxis  genug  Ge- 
legenheit, die  Schlagtechnik  und  Zeichen- 
gebung  der  einzelnen  Kapellmeister  zu  stu- 
dieren. Seit  fast  3  Jahren  leite  ich 
einen  Kirchenchor  und  erfreue  mich 
einer  großen  Beliebtheit.  Doch  nicht  nur 
diese  Menschen,  sondern  auch  meine  ehe-, 
maligen  Lehrer  und  Mitschüler  sind  ebenso 
von  meiner  Fähigkeit  als  Chorleiter  über- 
zeugt. 

Mag  nun  bald  mein  Herzenswunsch  in  Er- 
füllung gehen,  an  einer  schönen  Kirche  mit 
einer  guten  Orgel  dem  Allmächtigen  dienen 
zu  können.  Theo   Volk 


Auch  so  etwas  solVs  geben 

Es  war  ein  herrlicher  Abend  gewesen  und 
noch  immer  gingen  mir  die  Melodien  in  tur- 
bulenter Folge  durch  den  Kopf.  Ich  glaube, 
es  war  die  schönste  Aufführung  der  Oper 
„Carmen",  die  ich  je  gesehen,  oder  besser 
gesagt:  gehört  hatte.  Erst  war  ich  bei  Be- 
kannten zu  Gast  gewesen  und  dann  waren 
wir  zusammen  ins  Theater  gegangen.  Nun 
stand  ich  auf  der  hinteren  Plattform  der 
Straßenbahn  und  war  im  Begriffe,  nach 
Hause  zurückzufahren. 

Die  Begleitung  durch  meine  Bekannten 
hatte  ich  mir  verbeten,  da  ich  den  Weg  von 
der  Haltestelle  aus  genau  kannte.  Nun  kam 
nur  noch  die  große  Kurve  und  dann  mußte 
ich  aussteigen. 

Mit  einem  Ruck  hielt  die  Bahn  und  ich 
wartete,  bis  sie  weitergefahren  war.  Als  ich 
dann  rechts  und  links  keinen  Ton  mehr 
hörte,  konnte  ich  beruhigt  die  Straße  über- 
queren. Diesen  Weg  war  ich  schon  oft  ohne 
jede  fremde  Hilfe  gegangen  und  hatte  auch 
heute  die  Absicht,  dies  zu  tun.  Die  Burg- 
straße, die  ich  hinaufsteigen  mußte,  mündete 
gleich  in  den  Park,  an  welchem  meine  da- 
malige Bleibe  lag.  Die  rechte  Bürgersteigseite 
war  in  zwei  Hälften  unterteilt,  rechts  war 
eine  Grasnarbe  und  die  linke  Seite  war  mit 
Asphaltplatten  ausgelegt.  Wenn  ich  also 
mit  dem  linken  Fuß  auf  dem  Asphalt  und 
dem  rechten  auf  der  Grasnarbe  lief,  dann 
konnte  nichts  passieren.  Ich  hatte  nun,  den 
Bürgersteig  erreicht  und  konnte  unbesorgt 
weitergehen;  nun  würde  ich  den  Weg  mit 
nachtwandlerischer  Sicherheit  und  ohne  be- 
sonders auf  den  Weg  achten  zu  müssen, 
finden.  ■ 

Kaum  dreißig  Meter  hatte  ich  hinter  mir, 
als  eine  zaghafte  Frauenstimme  neben  mir 
ertönte:  „Sachen  Se  mol,  sin  Se  mer  beese, 
wensch  e  Stickel  mit  Ihnen  loofe?" 

Erst  war  ich  ungehalten,  weil  ich  in 
meinen  Gedanken  - —  siehe  „Carmen"  — 
gestört  wurde.  Dann  aber  siegte  meine  Gut- 
mütigkeit und  ich  antwortete:  „Wenn  Sie 
durchaus  wollen,  dann  will  ich  Sie  auch  nicht 
daran  hindern!"  Eigentlich  hatte  ich  mich 
auf  diesen  Weg  allein  und  ohne  mich  mit 
jemanden  unterhalten  zu  müssen,  gefreut. 
Da  ich  aber  der  Meinung  war,  die  Frau 
würde  mir  nicht  zutrauen,  den  Weg  ohne 
fremde  Hilfe  zu  finden  und  da  sie  es  gut 
gemeint  hatte,  wollte  ich  sie  auch  nicht 
kränken. 

Nach  einiger  Zeit  frug  ich:  „Sie  wohnen 
wohl  dort  oben?" 

„Scha",  meinte  sie,  „ich  bin  erseht  vor 
eener  Woche  noffgezochen  und  heide  binch 
in  Kino  gewäsen  un  hob  mer  een  scheen 
Film  ogeguggt." 

Unter  solchen  und  ähnlichen  Redensarten 
hatten  wir  nun  mittlerweile  das  Ende  der 
Straße  erreicht,  und  bevor  ich  zu  meiner 
Haustür  abbog  sagte  ich:  „Nun  brauchen 
Sie  aber  nicht  weiter  mitzugehen,  hier 
kenne  ich  mich  gut  aus  und  hier  kann  nun 
wirklich  nichts  mehr  passieren. - 

Die  Frau  hatte  aber,  ohne  auf  meine  Worte 
zu  achten,  meine  Hand  gepackt  und  meinte 
treuherzig:  „Nu  bich  aber  froh,  dasch  mit 
Ihn'  hob  gähn  gennen,  wissense,  ich  gann 
nämlich  ä  bissei  schlecht  sahn  und  da  hob'ch 
mich  alleene  so  sehre  gfirscht,  aber  nu  bich 
glei  derheeme." 

Erst  war  ich  platt,  dann  aber  habe  ich 
herzlich  gelacht,  ohne  meiner  „Begleiterin" 
allerdings  zu  sagen,  warum.  Ich  wollte  ihr 
nicht  noch  nachträglich  einen  Schreck  darüber 
einjagen,  wen  sie  sich  da  als  „Führer  und 
Beschützer"  angelacht  hatte,  ausgerechnet 
einen  Kriegsblinden!  Claus  Fass  (Köln) 


20 


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. 


„Der  Blinde",  ein  Werk  des  kriegsblinden  Bildhauers  Jakob   Schmitt  (Mainz) 
kl  die  Gebärde  eines  Augenblicks  ist  es,  die  diesen  Mann  wie  horchend  den  Kopf  neigen  läßt    Blind  sind  die 
S„    abefS   wohnf   ein   Schauen   unter   ihren  Bögen,   das   nach   innen   SehUJ^vibnerendeF^end^ 
Hände  strebt  gesammelt  nach  dem  Erkennen  von  Gestalt.  Wissende  Krait  birgt  s.ch  hinter  den  gereuten  Zügen 

des  Antlitzes,  mit  einer  leisen,  gebändigten  Trauer. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 

NR.  6.  3.  JAHRGANG  FEBRUAR  1952  VERLAGSORT  BIELEFELD 


Vv  as  ich  für  Heldentum  halte, 


das  ist  nicht  auf  dem  Schlachtfelde  zu  Hause, 


das  hat  keine  Zeugen 
oder  doch  immer  nur  solche,  die  mit  zugrunde  gehn. 


Alles  vollzieht  sich  stumm, 


einsam,  weitabgewandt. 


F  ONTAN  E 


AUS    DEM    INHALT 


Seite 
Heroisierung?     Von  F.   W.   H 1 

Rückschau    und    Ausblick     (II.     Teil)     von    Amtsgerichtsrat 

Dr.    Peter    Plein 1 

Vom  Echo  des  Jahrbuches 2 

Allgemeine    Privathaftpflichtversicherung     (Wichtiger    Hin- 
weis der  Bundesleitung) 3 

Neuer  Reliefglobus 3 

Kriegsblinde  in  der  Telegrammaufnahme 

Von  Oberpostsekretär  Schild 5 

Der  Kündigungsschutz  für  Schwerbeschädigte 

Von   Landesoberinspektor    Sielker 6 

Was  erwarten  wir  von  der  Sonderfürsorge? 

Von  Christian  Wilhelm 7 


Seite 


Die  Sonderfürsorge  für  Kriegsblinde  nach  den  Verwaltungs- 
vorschriften zum  BVG 8 

Aus  den  Landesverbänden 8 

Mein  Heim  —  meine  Welt.    Beispiele  aus  Unterfranken  zur 

Siedlungsfürsorge.     Von    J.    F 11 

Wie  steht  es  um  die  Kriegsblindenbücherei  in  Marburg? 

Von  Dr.  Ludwig 12 

Erfolge  kriegsblinder  Künstler 12 

Kleine  Neuigkeiten 13 

Für   unsere    Schachfreunde 13 

„Das  Lied  der  Wildgänse"   —  ein  Kriegsblinden-Hörspiel?  14 

Irren  ist  menschlich!    Von  Fritz  Bloch 16 

Lesermeinung  (Kritische  Betrachtung  eines  Lesers) 

Von   F.    Mezger 16 


Das  Foto  auf  der  ersten   Umschlagseite  —  eine  norddeutsche  Winterlandschalt  —  ist  von  S  a  e  b  e  n  s   (Worpswede).     Das  Foto 
der  Meißener  Porzellangruppe  aut  der  Umschlagrückseile  ist  aus  dem   Archiv    i  ü  r   Kunst   und   Geschichte    (Berlin) 


479  -  577  -  576  -  575  -  586  -  585  -  581  -  573  -  555  -  556  -  557  -  558  -  559  -  560  -  562  -  564  -  565  -  567  -  568  -  569  -  527. 


.Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.  {1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 

Mürlenbach-Eifel.)   Verantwortlicher   Schriftleiter:   Friedr.   Wilh.   Hymmen,    Bielefeld,    Stapenhorststraße    138.     „Der   Kriegsblinde"  erscheint     monatlich.      Anzeigenverwaltung: 
Bund   der   Kriegsblinden    Deutschlands   e.    V.,    Selbstverlag,    Wiesbaden,   Rheinstraße  73.   Die   Zeitschrift  ist  der   IVW  angeschlossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld, 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DBS    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  V. 


Nr.  6    .   3.  Jahrgang    .    Februar  1952    .    Verlagsort  Bielefeld 


Heroisierung  ? 


„Ick  bin  doch  keen  wandelndes  Kriejer- 
denkmal"  —  mir  klingt  heute  noch  die 
Stimme  jenes  stämmigen  Berliner  Ka- 
meraden im  Ohr,  der  diesen  Ausspruch  ver- 
ärgert tat,  als  er  von  einer  Stadtfahrt  ins 
Lazarett  zurückkehrte.  Damals  meinte  der 
Kamerad  damit  nur  dies:  den  eifrigen, 
betulichen  Respekt,  der  oft  zur  Scheu  der 
Mitmenschen  vor  dem  Kriegsblinden  wird, 
als  ob  man  ihn  auf  einer  Art  Thronsessel, 
über  allen  Menschen  erhöht,  sich  Vorzu- 
stellen habe.  Diese  Heroisierung  braucht  sich 
keineswegs,  wie  es  vor  allem  während  des 
Krieges  der  Fall  war,  auf  den  „Helden  der 
Front"  zu  beziehen.  Heute  sprechen  andere 
Argumente,  bis  hin  zu  der  verworrenen 
Vorstellung  mancher  Sehender,  daß  der 
Erblindete  —  ohnehin  ja  ein  besonders  ge- 
heimnisvolles Wesen  —  an  Weisheit  und 
Güte  und  Fähigkeiten  eine  Art  von  Über- 
mensch sei.  Das  geht  oft  so  weit,  daß  alles, 
was  der  Kriegsblinde  tut,  bewundert  wird. 
Es  fehlt  nur  noch,  daß  man  bewundert,  wie 
er  sich  ganz  selbständig  und  ungemein  ge- 
schickt selber  die  Nase  schneuzt. 

Unter  uns:  Manchem  Kameraden  tut  es 
sicherlich  bisweilen  wohl,  von  seiner  Um- 
welt bewundert  zu  werden,  und  solange 
diese  Bewunderung  eben  nur  bisweilen  ge- 
schieht und  ehrlich  gemeint  ist,  mag  sie  als 
Anerkennung  und  Ermutigung  auch  sinnvoll 
sein.  Aber  jeder  muß  wissen,  daß  sehr  rasch 
zuviel  des  Guten  getan  wird  und  aus  der 
ehrlichen  Anerkennung  plötzlich  etwas  Ge- 
fährliches wird,  eben  diese  Heroisierung. 
Gefährlich  aus  folgendem  Grunde:  Ganz  ge- 
nau so  wie  das  Mitleid,  führt  auch  diese 
übermäßige  Bewunderung  dazu,  daß  der 
Kriegsblinde  aus  dem  Kreis  der  normalen 
Sterblichen  herausgedrängt  wird,  in 
eine  abseitige  Sonderstellung.  Mitleid  und 
Heroisierung,  beide  bewirken  eine  gefähr- 
liche Distanz,  die  den  Erblindeten  von  den 
Sehenden  trennt.  Und  gerade  eine  solche 
Distanzierung  ist  das  Gefährlichste,  was 
einem  Kriegsblinden  geschehen  kann,  denn 
seine  Vereinsamung  wird  dadurch  gefördert. 

Die  glückliche  Mitte  zwischen  falschem 
Mitleid  und  falscher  Bewunderung  zu  er- 
reichen, ist  natürlich  nicht  zuletzt  eine  Sache 
des  Kriegsblinden  selbst.  Beides  wird  er, 
wenn  er  geschickt  ist,  möglichst  humorvoll 
abwehren,  wenn  es  ihm  begegnet.  Er  wird 
sagen,  daß  man  durch  eine  Erblindung 
weder  automatisch  ein  besserer  noch  ein 
begabterer  Mensch  wird  und  daß  er  nur 
ganz  nüchtern  die  Möglichkeiten  nutzt,  die 
ihm  trotz  allem  geblieben  sind.  Wie  bitter- 
schwer  es  war,  diese  Möglichkeiten  zu 
wecken  und  zu  trainieren,  das  ist  eine  Sache 
für  sich,  die  man  den  Kollegen  in  Büro  oder 
Fabrik  gar  nicht  erst  auftischen  sollte,  wenn 
man  zum  wirklich  gleichgeachteten  Kollegen 
werden  möchte.  Die  anderen  wissen  auch 
ohnehin,  was  ungefähr  dazugehört  haben 
mag.  Überhaupt  legen  manche  Kameraden 
unbedacht  selber  eine  Distanz  zwischen  sich 


und  ihre  Umwelt,  nicht  zuletzt  durch  Forde- 
rungen und  Ansprüche,  die  sie  ständig  an 
ihre  Umwelt  stellen. 

Allerdings:  die  Blindheit  sozusagen  leug- 
nen zu  wollen  und  nun  krampfhaft  so  zu 
tun,  als  ob  man  sich  überhaupt  nicht  vom 
anderen  unterscheide,  das  ist  auch  nicht  der 
richtige  Weg.  Diese  Frage  werden  wir  ein- 
mal bei  anderer  Gelegenheit  in  der  ~  Zeit- 
schrift erörtern  müssen.  Hierzu  gehört  sicher- 
lich auch  die  Gefahr,  die  in  mancher  Ver- 
öffentlichung liegt  und  die  den  Eindruck 
erwecken  kann,  als  ob  Blindheit  ja  eigent- 
lich eine  Bagatelle  sei,  ein  Lappalie. 

Es  gibt  aber  durchaus  einen  Weg,  mit  dem 
sich  der  Kriegsblinde  auf  gesunde  Weise  in 
seine  Umwelt  einfügt,  in  Bescheidenheit  und 
Tüchtigkeit.  Daß  man  „auffällt",  das  ist  nun 
mal  leider  nicht  zu  vermeiden,  jedenfalls 
nicht  in  einem  Kreis,  dem  man  nicht  ver- 
traut ist.  Aber  dieses  Auffallen  möglichst 
gering  zu  halten,  das  ist  die  Aufgabe  jedes 
einzelnen  von  uns. 

Die  Aufgabe  unserer  Gemeinschaft 
aber  geht  auf  diesem  Gebiet  in  eine  andere 
Richtung.  Es  gilt,  in  der  Öffentlichkeit  allerlei 


oft  geradezu  sagenhafte  Voreingenommen- 
heiten und  Mißverständnisse  wegzuräumen. 
Es  gilt,  vor  allem  die  übliche  Vorstellung 
wegzuräumen,  daß  ein  Kriegsblinder  zu 
einer  sinnvollen  beruflichen  Tätigkeit  nicht 
mehr  in  der  Lage  sei  und  daß  er  eigent- 
lich nichts  anderes  verdiene  als  eben  wohl- 
wollendes Mitleid.  Deshalb,  zeigen  wir 
im  Kriegsblindenjahrbuch  und  in  der  Zeit- 
schrift immer  wieder  Beipiele  von  Leistungen, 
mit  denen  Kameraden  den  vollen  Anschluß 
an  die  Umwelt  wiedergefunden  haben  — 
nicht  aus  Gründen  einer  „Heroisierung", 
wie  es  kürzlich  ein  Leser  uns  vorwarf,  son- 
dern als  Akt  der  Selbstverteidigung.  Nur 
auf  solche  Weise  erreichen  wir,  daß  jedem 
einzelnen  Kriegsblinden  in  der  Öffentlichkeit 
endlich  mehr  Vertrauen  entgegengebracht 
wird,  ein  berechtigtes  Vertrauen.  Einst- 
weilen haben  wir,  von  unserer  Schicksals- 
gemeinschaft her  gesehen,  leider  nur  Mühe 
damit,  eine  U  n  t  e  r  Schätzung  des  Kriegs- 
blinden zu  beseitigen.  Die  über  Schätzung, 
so  gefährlich  sie  für  einzelne  Kameraden 
sein  mag,  ist  nicht  gang  und  gäbe.  Aber 
jeder  hüte  sich  vor  ihr.  F.  W.  H. 


Rückschau  und  Ausblick 

Von  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein 


II.   Teil 
Arbeits-  und  Berufsbeschaffung 

In  Erkenntnis  der  gerade  in  Krisenzeiten 
erhöhten  seelischen  Bedeutung  einer  befrie- 
digenden Betätigung  für  unsere  kriegsblin- 
den Kameraden  versuchte  der  Bund  im  Jahre 
1951  mit  verdoppelter  Anstrengung,  die  be- 
rufliche Unterbringung  der  zwar  schon  aus- 
gebildeten, aber  noch  nicht  beruflich  tätigen 
Kriegsblinden  durchzuführen.  Auch  hier 
konnte  der  Bund  mit  all  seinen  Gliederungen, 
bei  denen  ja  naturgemäß  das  Schwergewicht 
dieser   Arbeit   lag,    schöne   Erfolge    erzielen. 

Für  die  kriegsblinden  Masseure  ver- 
suchten wir,  in  Krankenhäusern  neue  Stel- 
lungen zu  erobern  bzw.  sie  durch  Unterstüt- 
zung bei  den  Krankenkassen,  Berufsgenos- 
senschaften usw.  in  ihrer  selbständigen  Arbeit 
zu  fördern.  Da  sich  im  Zuge  der  Weiterent- 
wicklung der  Massage  auch  die  Ausbildung 
unserer  kriegsblinden  Masseure  in  der 
Bindegewebsmassage  als  sehr  förderlich 
erwies,  haben  wir  hier  mehrere  Ausbildungs- 
kurse für  kriegsblinde  Masseure  in  der 
Bindegewebsmassage  durchgeführt,  z.  B.  in 
Tegernsee  und  Bad  Salzhausen,  über  100 
kriegsblinde  Masseure  konnten  im  vergan- 
genen Jahr  mit  Erfolg  in  dreiwöchigen  Binde- 
gewebsmassagekursen  unter  Leitung  der  auf 
diesem  Gebiete  besten  Fachkräfte  ausgebilr 
det  werden.  An  dieser  Stelle  gilt  es,  beson- 
ders Herrn  Prof.  Kohlrausch  von  der 
•Universität  Marburg,  der  auf  dem  Gebiete 
der  Bindegewebsmassage  führend  in  Deutsch- 
land tätig  ist  und  der  in  Tegernsee  und  Bad 


Salzhausen  die  Kurse  persönlich  leitete, 
unseren  herzlichsten  Dank  auszusprechen. 
Wir  hoffen,  diejenigen  kriegsblinden  Mas- 
seure, die  aus  zeitlichen  und  dienstlichen 
Gründen  im  vergangenen  Jahr  die  gewünschte 
Ausbildung  in  der  Bindegewebsmassage 
noch  nicht  bekommen  konnten,  in  diesem 
Jahre  noch  zu  einem  Kursus  vereinigen  zu 
können. 

Die  Unterbringung  kriegsblinder  Steno- 
typisten  konnte  im  vergangenen  Jahr, 
soweit  ausgebildete  Kräfte  vorhanden  waren, 
fast  restlos  durchgeführt  werden.  Ja,  in 
vielen  Teilen  des  Bundesgebietes  war  eine 
solche  Nachfrage  nach  gut  ausgebildeten 
kriegsblinden  Stenotypisten,  daß  ein  über- 
gebietlicher  Ausgleich  vorgenommen  wurde 
und  noch  eine  erhebliche  Nachfrage  nach 
kriegsblinden  Stenotypisten  besteht.  Leider 
ist  hier  die  Ausbildung  von  längerer  Dauer 
und  die  Voraussetzungen  sind  nicht  überall 
so  gegeben,  daß  man  in  kürzester  Zeit  ge- 
eignete Kräfte  ausbilden  und  zur  Verfügung 
stellen  kann. 

Leider  liegt  es  bei  der  Unterbringung 
kriegsblinder  Telefonisten  nicht  so 
günstig  wie  bei  den  Stenotypisten.  In  allen 
Teilen  des  Bundesgebietes  warten  noch  viele 
gut  ausgebildete  kriegsblinde  Telefonisten 
seit  Jahren  auf  eine  berufliche  Unterbrin- 
gung. Obwohl  der  Telefonistenberuf  gerade 
für  Blinde  besonders  geeignet  ist  und  sehr 
viele  kriegsblinde  Telefonisten  schon  durch 
eine  jahrzehntelange  Tätigkeit  bei  privaten 
Arbeitgebern  und  Behörden  bewiesen  haben, 


daß  sie  hier  nicht  nur  gleichwertige,  sondern 
infolge  ihrer  blindheitbedingten  konzen- 
trierten Ausübung  ihrer  Tätigkeit  bessere 
Leistungen  als  sehende  Telefonisten  aufzu- 
weisen haben.  Gedächtnis,  Lust  und  Liebe 
zur  Arbeit  und  der  Wille,  sich  ihren  Beruf 
auch  geistig  interessanter  zu  machen,  haben 
hier  meistens  die  Kriegsblinden  veranlaßt, 
mit  ihren  Kenntnissen  über  ihren  Betrieb, 
über  die  Zuständigkeit  der  einzelnen  Be- 
triebsangehörigen usw.  es  zu  Leistungen  zu 
bringen,  die  zur  Freude  des  Betriebes  und 
der  Telefonkunden  schnellste  und  sachgemäße 
Vermittlungen  zustande  bringen.  Oberfläch- 
liche Feststellungen  in  einzelnen  Städten 
haben  ergeben,  daß  überall  noch  geeignete 
Fernsprechvermittlungsstellen  für  Blinde  in 
so  ausreichender  Zahl  vorhanden  sind,  daß, 
selbst  wenn  nur  ein  Bruchteil  dieser  Fern- 
sprechvermittlungsstellen mit  Blinden  besetzt 
worden  wäre,  schon  längst  alle  blinden 
Telefonisten  beruflich  untergebracht  wären. 
Leider  mußten  auch  im  vergangenen  Jahr 
manche  Vorurteile,  die  selbst  in  höchsten 
Fachkreisen  bestanden  hatten,  beseitigt  wer- 
den. Auch  die  Bedenken  und  Befürchtungen, 
die  aus  der  fortschreitenden  Automati- 
sierung der  Fernsprechvermittlungszen- 
tralen entstanden  waren,  konnten  auf  Grund 
eingehender  Feststellungen  und  Verhand- 
lungen mit  den  führenden  Telefonbaufinnen 
als  nicht  begründet  behoben  werden. 
Den  Kriegsblinden,  die  noch  als  Telefonisten 
umgeschult  werden  wollen,  kann  nur  eine 
gründliche  Ausbildung  empfohlen  werden, 
wobei  eine  zeitliche  Mindestbegrenzung  nicht 
möglich  ist,  weil  die  Voraussetzungen  bei 
allen  kriegsblinden  Kameraden  aus  ihrer 
früheren  Vorbildung,  Beruf,  geistigen  Auf- 
fassungsmöglichkeit, weiteren  Verwundun- 
gen usw.  überall  verschieden  sind  und  eine 
verschiedenartige  Umschulung  notwendig 
machen. 

Das  Jahr  1952  muß,  das  ist  unser  fester 
Wille  und  Vorsatz,  auch  dem  letzten  kriegs- 


blinden Telefonisten  eine  befriedigende  Be- 
tätigung bringen.  Es  ist  zu  hoffen,  daß  die 
vielfachen  Hinweise  und  gutachtlichen  Äuße- 
rungen des  Bundesarbeitsministeriums  und 
sonstiger  behördlicher  und  privater  Stellen 
wie  Industrie-  und  Handelskammern  usw. 
dazu  beitragen,  dieses  Ziel  zu  erreichen. 

Aus  Zahlenunterlagen,  die  sich  auf  etwa 
3000  Kriegsblinde  beziehen,  also  weit  weni- 
ger als  die  Hälfte  aller  deutschen  Kriegs- 
blinden, geht  hervor,  daß  im  Vorjahre  129 
Kameraden  inneueBerufe  untergebracht 
wurden  und  daß  sich  14  Kameraden  mit  einer 
selbständigen  Gewerbetätigkeit  auf  eigene 
Füße  gestellt  haben.  Von  den  129  Arbeits- 
vermittlungen beziehen  sich  32  auf  Hand- 
werker, die  in  einen  anderen  Beruf  umge- 
schult worden  sind.  115  Masseure  nahmen 
an  Kursen  für  Bindegewebsmassage  teil. 

Sorgen  um  die  Handwerker 

Größte  Sorge  bereitete  auch  im  vergan- 
genen Jahre  allen  Mitarbeitern  im  Bunde 
und  in  den  dem  Bund  angeschlossenen 
Kriegsblinden-H  andwerkerfürsorge- 
Einrichtungen  die  ausreichende  Beschäftigung 
der  rund  2000  kriegsblinden  Bürsten-  und 
Korbmacher,  Mattenflechter,  Handweber  usw. 
Die  Preisentwicklung  bei  den  Hölzern  und 
Rohstoffen  machte  hier  auch  die  Erhöhung 
des  Betriebskapitals  erforderlich.  Es  gelang 
zwar,  aus  ERP-Mitteln  für  Beschaffung  von 
Rohstoffen  eine  größere  Summe  zu  erhalten, 
die  aber  leider  infolge  Verzögerung  des  Ein- 
satzes sich  nicht  so  auswirken  konnte,  wie 
es  von  uns  gewünscht  worden  wäre.  Wenn 
wir  auch  im  gesamten  Bundesgebiet  einen 
Umsatz  von  über  3  Mill.  DM  erreichten  und 
in  einzelnen  Bundesländern  eine  erfreuliche 
Steigerung  des  Umsatzes  gegenüber  dem 
Vorjahre  herbeiführen  konnten,  so  trat  auf 
Grund  des  Gesamtüberblickes  doch  im  Jahre 
1951  gegenüber  dem  Jahr  1950  keine  Steige- 
rung, sondern  eher,  wenn  man  die  Preis- 
erhöhungen in  Betracht  zieht,  eine  gewisse 


Vom  Echo  des  Jahrbuches 

Minister    und    Abgeordnete    bestätigen    ihre  Verbundenheit    mit    den    Kriegsblinden 


Ähnlich  wie  im  Vorjahr,  hat  auch  jetzt 
wieder  unser  Kriegsblinden- Jahrbuch  in  der 
Öffentlichkeit  einen  starken  Eindruck  er- 
weckt, angefangen  vom  Bundeskanz- 
ler, der  den  Wunsch  aussprach,  daß  das 
Jahrbuch  „das  Verständnis  für  das  schwere 
Los  der  Kriegsblinden  fördern  möge",  bis 
hin  zu  den  vielen  unbekannten  iLesern,  die 
von  den  Darstellungen  oft  auf  das  tiefste 
bewegt  und  auch  überrascht  waren.  Viele 
Briefe  hoher  Behördenstellen  erreichten  unse- 
ren Bundesvorsitzenden.  So  schreibt  der 
Bundesminister  des  Innern,  Dr.  Lehr,  über 
das  Jahrbuch:  „Es  vermittelt  einen  außer- 
ordentlichen Eindruck  von  der  menschlichen 
Willensstärke,  wie  sie  gegen  ein  hartes  Ge- 
schick ankämpft  und  gibt  auch  ein  Bild  von 
der  Gemeinschaftsleistung  der  Organisation, 
die  sich  um  die  Verschönerung  des  Lebens 
unserer  Blinden  erfinderisch  und  tatkräftig 
bemüht."  Bundesminister  Franz  Blücher 
nimmt  das  Jahrbuch  zum  Anlaß,  um  Kam. 
Dr.  Plein  mitzuteilen:  „Ich  werde  ebenso 
wie  in  der  Vergangenheit  nicht  nur  aus 
dem  Bewußtsein  der  Pflicht,  sondern  darüber 
hinaus  auch  mit  dem  Herzen  immer  bei  der 
Vertretung  Ihrer  Anliegen  sein."  Ähnlich 
äußert  sich  Finanzminister  Schäffer,  der 
seiner  Freude  über  den  ungebrochenen  Le- 
bens- und  Schaffenswillen  der  Kriegsblinden 
Ausdruck  gibt,  „denen  ich  auch  in  Zukunft 
helfen  will,  soweit  es  in  meinen  Kräften 
steht."  Auch  Mitglieder  des  Deutschen  Bun- 
destages äußern  sich  mit  großer  Anerken- 
nung, so  besonders  der  Vorsitzende  des 
Kriegsopferausschusses,  Abg.  Dr.  Kurt 
P  o  h  1  e  ,  der  u.  a.  schreibt:  „Ich  hoffe,  daraus 
noch  so  manche  Anregung  für  unsere  gemein- 
same Arbeit  entnehmen  zu  können." 


„Dieses  Buch  ist  mir  die  edelste  und  liebste 
Gabe  zur  Weihnacht",  so  schreibt  die  Bun- 
destagsabgeordnete Frau  Dr.  Maria  Probst 
und  fährt  fort:  „Es  wird  Kraft  daraus  strö- 
men auch  für  das  kommende  Jahr,  in  dem 
wieder  große  und  schwere  Aufgaben  auf  dem 
Gebiete  der  Kriegsopferversorgung  der  Lö- 
sung harren."  Frau  Dr.  Probst  betont  dabei 
ihre  enge  Verbundenheit  mit  dem  Bund  der 
Kriegsblinden  Deutschlands  und  findet  so- 
dann ehrende  Worte  „für  das  so  weithin 
wirkende  Beispiel  fraulicher  Güte  und  müt- 
terlicher Hilfsbereitschaft"  der  verstorbenen 
Gattin  unseres  Bundesvorsitzenden.  Der 
Innen-  und  Sozialminister  von  Rheinland- 
Pfalz,  Dr.  A.  Zimmer,  spricht  in  seinem 
Schreiben  ebenfalls  von  der  Aufmunterung, 
die  für  ihn  das  Beispiel  der  Kriegsblinden 
und  insbesondere  auch  das  Beispiel  unseres 
Kameraden  .  Plein  für  ihn  bedeute.  Ver- 
ständnisvolle Worte  findet  auch  Minister- 
präsident Kopf  (Hannover) :  „Das  Jahrbuch 
hat  mir  wieder  einmal  bestätigt,  von  welch 
großer  sozialer  Bedeutung  es  ist,  den  Kriegs- 
blinden zu  ihrer  eigenen  Befriedigung  und 
zum  allgemeinen  Nutzen  angemessene  Ar- 
beitsmöglichkeiten zu  verschaffen.  Das  Jahr- 
buch bestätigt,  daß  hier  zwar  schon  viel  ge- 
leistet ist,  daß  aber  in  Zukunft  noch  sehr  viel 
zu  tun  sein  wird." 

Wir  könnten  noch  vielerlei  weitere  inter- 
essante Äußerungen  anfügen,  doch  geht  aus 
diesen  Ausschnitten  bereits  überzeugend 
hervor,  in  welch  hohem  Maße  unser  Jahr- 
buch dazu  beiträgt,  das  Verständnis  für  die 
Kriegsblindensache  in  der  Öffentlichkeit  zu 
fördern. 


Minderung  des  Umsatzes  ein.  Wenn  auch 
bei  größerem  Verständnis  von  Behörden  und 
privaten  Auftraggebern  noch  eine  wesentliche 
Steigerung  der  Arbeitsaufträge  für  kriegs- 
blinde Handwerker  herbeizuführen  wäre,  so 
hat  sich  doch  gezeigt,  daß  die  beste  Kriegs- 
blinden-Handwerkerfürsorge  darin  besteht, 
daß  alle  diejenigen  kriegsblinden  Hand- 
werker, die  noch  einer  anderen  beruf- 
lichen Betätigung,  insbesondere  auch  in  der 
Industrie,  zugeführt  werden  können,  baldmög- 
lichst vom  Handwerk  wegkommen. 
Nur  so  ist  es  allein  möglich,  denjenigen 
Kriegsblinden,  die  infolge  anderweitiger  Ver- 
wundungen, ihres  Alters  oder  ihrer  nicht 
mehr  abänderbaren  Wohnlage  auch  weiter- 
hin als  kriegsblinde  Handwerker  tätig  sein 
müssen,  eine  wenigstens  einigermaßen  be- 
friedigende Beschäftigung  durch  Auftrags- 
erteilung zu  verschaffen.  Aber  auch  hier 
muß  der  Umsatz,  wie  er  jetzt  ist,  mindestens 
verdoppelt,  wenn  nicht  sogar  verdreifacht 
werden,  wenn  diesen  kriegsblinden  Hand- 
werkern eine  durchschnittliche  Beschäftigung 
von  50  bis  75  °/o  der  Normalbeschäftigung 
vermittelt  werden  soll. 

Die  Bemühungen,  durch  die  „Deutsche 
Blindenarbeit"  (DBA)  einen  besseren  Schutz 
des  Blindenhandwerks  vor  den  vielen 
Schwindeiunternehmungen  her- 
beizuführen und  eine  größere  Werbung 
durchzuführen,  haben  zwar  erfreuliche  Fort- 
schritte im  vergangenen  Jahr  gebracht,  und 
es  ist  zu  hoffen,  daß  das  in  Vorbereitung 
befindliche  Gesetz  zum  Schutze  des  Absatzes 
von  Blindenwaren  noch  in  der  ersten  Hälfte 
des  Jahres  1952  beschlossen  und  in  Kraft 
gesetzt  wird;  aber  hier  kann  auch  nur  die 
Mitarbeit  aller  Beteiligten  und  insbesondere 
der  Käufer  von  Blindenwaren  zu  einem 
wirklichen  Erfolg  führen.  Allen  Behörden 
und  privaten  Käufern  von  Blindenwaren, 
die  ihre  Aufträge  kriegsblinden  Handwer- 
kern zukommen  lassen  wollen,  kann  deshalb 
nur  dringend  empfohlen  werden,  sie  nur 
denjenigen  zu  erteilen,  die  ihnen  als  selb- 
ständige kriegsblinde  Handwerker  ihres  Be- 
reichs genau  bekannt  sind  oder  diese 
Aufträge  nur  den  anerkannten  Kriegsblin- 
den-Handwerkerfürsorge-Einrichtungen  des 
Kriegsblindenbundes  zu  erteilen,  die  auf  das 
ganze  Bundesgebiet  verteilt  sind  und  auf 
gemeinnütziger  Grundlage  z.  Z.  noch  fast 
2000  kriegsblinde  Handwerker  mit  Aufträgen 
versehen  müssen.  Die  Anschriften  dieser 
Kriegsblinden  -  Handwerkerfürsorge  -  Einrich- 
tungen sind  im  Kriegsblinden-Jahrbuch  ent- 
halten und  können  auch  bei  allen  Gliede- 
rungen des  Bundes  in  Erfahrung  gebracht 
werden. 

Das  Schwerbeschädigtengesetz 

Leider  ist  das  schon  seit  1949  in  Bearbei- 
tung befindliche  Gesetz  zur  Beschäftigung 
von  Schwerbeschädigten  immer  noch 
nicht  fertiggestellt  worden.  Die  Kriegsopfer 
haben  sich  schon  mit  schärfsten  Protesten 
wegen  dieser  Verzögerung  an  die  Öffent- 
lichkeit gewandt.  Immerhin  ist  am  29.  Januar 
wenigstens  insoweit  ein  Fortschritt  herbei- 
geführt worden,  daß  der  Gesetzentwurf  vom 
Bundeskabinett  verabschiedet  wurde  und  nun 
den  gesetzgebenden  Körperschaften  zugeleitet 
wird.  Wir  rechnen  mit  Bestimmtheit  darauf, 
daß  diese  sich  nicht  durch  das  bisherige 
schlechte  Beispiel  beeinflussen  lassen,  son- 
dern das  Gegenteil  unter  Beweis  stellen. 
Wir  haben  noch  manche  Verbesserungs- 
wünsche für  dieses  Gesetz,  von  denen 
wir  hoffen,  daß  sie  im  Bundestag  eine  bessere 
Berücksichtigung  finden,  nachdem  sie  im  Laufe 
der  langen  Vorarbeiten  schon  mehrfach  in 
den  Gesetzentwurf  aufgenommen,  dann  aber 
wieder  gestrichen  wurden.  Wir  Kriegsblinden 
wissen  zwar,  daß  der  Zwang  gerade  für  uns 
Kriegsblinde  keine  geeignete  Voraussetzung 
für  die  Einstellung  und  spätere  Berufsbetäti- 
gung ist.  Wir  mußten  aber  durch  jahrzehnte- 
lange Erfahrungen  erkennen,  daß  doch  in 
sehr  vielen  Fällen  die  gesetzlich  verankerte 


Pflichteinstellung  die  notwendige  Voraus- 
setzung für  die  endgültige  Bereitschafts- 
erklärung für  die  Einstellung  eines  Kriegs- 
blinden war.  Die  Rechtsverordnung  zu  §  26 
BVG  mit  ihren  berufsfördernden  Maßnahmen 
gibt  auch  allen  beteiligten  Behörden,  ins- 
besondere den  Hauptfürsorgestellen  für  Kb.- 
und  Kh. -Fürsorge,  geeignete  Handhaben  und 
Möglichkeiten,  alle  erforderlichen  Sonder- 
maßnahmen für  die  Umschulung,  Versorgung 
mit  besonderen  Hilfsmitteln,  Arbeitsvermitt- 
lung und  nachgehende  Fürsorge  am  Arbeits- 
platz zu  ergreifen. 

Wohnungs-  und  Siedlungsfürsorge 

Schon  bei  der  Berufs-  und  Arbeitsfürsorge 
erwies  sich  die  Wohnungs-  und  Sied- 
lungsfürsorge als  eine  notwendige  und 
vorauszugehende  Maßnahme,  denn  die  be- 
rufliche Unterbringung  war  in  sehr  vielen 
Fällen  von  der  Beschaffung  einer  geeigneten 
Wohnung  am  Arbeitsort  abhängig.  Aber  auch 
sonst  erwies  sich  die  Beschaffung  nicht  nur 
geeigneten,  sondern  überhaupt  menschen- 
würdigen Wohnraumes  tä:  Kriegsblinde  auch 
noch  im  vergangenen  Jahr  1951  als  eine 
dringende  Notwendigkeit.  Trotz  größter  Be- 
mühungen war  es  besonders  in  den  Flücht- 
lingsgebieten von  Schleswig-Holstein,  Nie- 
dersachsen und  Bayern  nicht  möglich  ge- 
wesen, alle  Kriegsblinden  auch  nur  in  men- 
schenwürdige Wohnungen  unterzu- 
bringen. Wenn  auch  in  Bayern  besonders 
viel  getan  wurde  und  wenn  auch  Schleswig- 
Holstein  die  größten  Anstrengungen  machte, 
hier  in  den  schlimmsten  Fällen  abzuhelfen, 
so  waren  doch  immer  noch  im  Jahre  1951 
Fälle  vorhanden,  wo  Kriegsblinde  in  Lagern 
oder  in  den  unwürdigsten  und  die  Ge- 
sundheit gefährdendsten  Wohnungen  unter- 
gebracht waren.  Notdürftig  hergerichtete 
Teile  von  Feldscheunen,  verfallene  Hütten 
an  Berghängen  und  unwürdigste  Dachkam- 
mern und  Vorräume  mußten  Kriegsblinden 
und  ihren  oft  zahlreichen  Familien  als  Unter- 
kunft dienen. 

Ein  Kriegsblinder  mußte  mit  Frau  und 
erwachsenem  Sohn,  der  aus  dem  Kriege  eine 
schwere  Lungentuberkulose  mit  nach  Hause 
gebracht  hatte,  in  zwei  kleinen  Dachkammern, 
von  denen  die  eine  als  Schlafzimmer  für  ihn 
und  seine  Frau,  die  andere  als  Küche,  als 
Arbeitsraum  für  den  kriegsblinden  Bürsten- 
macher und  Schlafraum  für  den  schwer 
lungentuberkulosekranken  Sohn  dienen.  Ar- 
beitsstaub  und  Tuberkelbazillen  waren  das 
tägliche  Gewürz  der  in  der  Küche  bereiteten 
Nahrung.  Wenn  wir  den  Fall  nicht  nament- 
lich belegen  könnten,  könnte  man  nicht  glau- 
ben, daß  solche  Zustände  im  Bundesgebiet 
möglich  wären. 

Wenn  auch  die  ideale  Lösung  für  Kriegs- 
blinde die  Beschaffung  eines  Einfamilien- 
hauses ist  (wir  hatten  es  nach  dem  ersten 
Weltkriege  durch  die  Arbeit  unserer  Schick- 
salsgemeinschaft schon  so  weit  gebracht,  daß 
von    den    damals    rund    3000    Kriegsblinden 

Neuer  Reliefglobus 

Der  „Verein  zur  Förderung  der  Blinden- 
bildung"  (VzFB)  hat  einen  blindengemäßen 
Erdreliefglobus  von  30  cm  Durchmesser  mit 
Schrägachse  herausgegeben.  Et  ist  außerdem 
in  Farben  gehalten,  die  von  Sehrestlern  noch 
gut  zu  erkennen  sind.  Der  Globus  ist  mit 
307  Namensbeschriftungen  in  Schwarzschrift 
für  Städte,  Flüsse,  Seen  und  Inseln  versehen. 
Mit  Hilfe  von  ERP-Mitteln  ist  es  dem 
VzFB  möglich,  diesen  Globus  zu  dem  er- 
mäßigten Preis  von  70, —  DM  je  Stück  ab- 
zugeben. Außerdem  sind  die  Versandkosten 
zu  tragen.  Die  berechnete  Verpackung  wird 
bei  einwandfreier  Rücksendung  derselben 
voll  vergütet.  Bestellungen  sind  zu  senden 
an  den  Verein  zur  Förderung  der  Blinden- 
bildung,  Hannover-Kirchrode, 
Bieekstraße  22. 

Die  Belieferung  erfolgt  im  Rahmen  -  der 
zur  Verfügung  stehenden  Mittel. 


über  2000  im  Besitz  eines  Eigen-Einfamilien- 
hauses  waren)  und  wenn  wir  auch  nach  dem 
jetzigen  Kriege  größten  Wert  darauf  legten, 
diese  Entwicklung  fortzusetzen  und  zu  fördern, 
so  zwang  uns  doch  die  Preisentwicklung  zu 
Anfang  des  Jahres  1951,  hier  eine  abwar- 
tende, vorsichtige  Haltung  einzunehmen.  Wir 
mußten  in  vielen  Fällen  unseren  kriegsblin- 
den Kameraden  den  Rat  geben,  von  der  Be- 
schaffung eines  Eigenheimes  abzusehen, 
weil  verschiedene  kriegsblinde  Kameraden 
mit  ihren  halbfertigen  Bauten  durch  die  Preis- 
entwicklung in  katastrophale  Lagen  kamen. 
Wenn  es  zwar  auch  durch  den  Bund  gelang, 
hier  immer  noch  das  Schlimmste  abzuwenden, 
so  konnte  doch  niemandem  mehr  empfohlen 
werden,  auf  solch  ungewissen  Finanzplänen 
den  Aufbau  vorzunehmen. 

Wenn  es  trotzdem  in  vielen  Fällen  im 
Bundesgebiet  gelungen  ist,  auch  noch  im 
Jahr  1951  Kriegsblinden-Eigenheime  fertig- 
zustellen, so  zeugt  das  von  der  großen  Findig- 
keit, Energie  und  unermüdlichen  Willenskraft 
sowohl  der  Leiter  der  einzelnen  Gliederungen 
wie  auch  der  kriegsblinden  Siedlerkameraden 
selbst.  Diese  haben  manchmal  bitterste  Not 
und  Hunger  gelitten  und  auf  alles  verzichtet, 
um  ihr  Häuschen  zustande  zu  bringen. 

Das  Hauptgewicht  wurde  aber  auf  die  Be- 
schaffung von  Wohnungen  gelegt,  und  es 
konnte  vielen  kriegsblinden  Kameraden  eine 
Neubauwohnung  beschafft  werden.  Die 
Kapitalabfindung  konnte  in  vielen  Fällen  auch 
jenen  Kriegsblinden  noch  helfen,  die  schon 
daran  gezweifelt  hatten,  das  notwendige 
Kapital  für  den  Bau  eines  Eigenheims  zu- 
sammenzubringen. Selbstverständlich  bleibt 
für  alle  Kriegsblinden,  insbesondere  für  die- 
jenigen, die  durch  weitere  Verletzungen  und 
Gesundheitsstörungen  noch  mehr  als  andere 
an  ihre  Häuslichkeit  gebunden  sind,  der 
Besitz  einer  geeigneten  und  in  allen  Teilen 
vertrauten  Wohnung,  in  der  sie  sich  ohne 
fremde  Hilfe  überall  hin  bewegen  können, 
also  der  Besitz  eines  Einfamilienhauses  mit 
kleinem  Garten,  die  beste  Voraussetzung, 
um  sich  trotz  der  Blindheit  zu  Hause  wohl- 
zufühlen  und  das  Schicksal  der  Blindheit 
leichter  zu  überwinden.  Mietswohnungen 
mit  öfterem  Wechsel  sind  für  die  seelische 
Eingewöhnung  der  Kriegsblinden  die  schlech- 
teste Voraussetzung.  Wir  werden  daher  auch 
weiterhin  bemüht  sein,  allen  Kriegsblinden 
zu  einer  solchen  Dauerwohnung  zu  verhelfen. 
In  vielen  Fällen  konnten  auch  durch  Ankauf 
von  Althäusern  mit  Hilfe  der  Kapital- 
abfindung die  Möglichkeiten  einer  sol- 
chen Dauerwohnung  geschaffen  werden.  Es 
zeigte  sich  hier  deutlich,  wie  wichtig  es  ist, 
daß  den  Kriegsblinden  durch  Kapitalabfindung 
und-  sonstige  billige  Kredite  die  Beschaf- 
fung von  Eigenheimen  ermöglicht  wird.  Es 
muß  anerkannt  werden,  daß  trotz  der  großen 
Schwierigkeiten  des  vergangenen  Jahres  auf 
diesem  Gebiete  unserer  Arbeit  Vorbildliches 
geleistet  wurde,  wovon  nachstehende  Zahlen 
einen  kleinen  Überblick  geben: 

An  Hand  zahlenmäßiger  Beispiele 
aus  dem  Gebiet  der  Siedlungsfürsorge  ergibt 
sich  allein  aus  Mitteilung  von  acht  Landes- 
verbänden, ohne  so  große  Landesverbände 
wie  Bayern,  Nordrhein,  Hessen  und  Schles- 
wig-Holstein, also  für  weit  weniger  als  die 
Hälfte  aller  deutschen  Kriegsblinden,  daß 
außer  45  vermittelten  Neubau-Wohnungen 
169  Eigenheime  erstellt  wurden,  und  zwar  alle 
169  Eigenheime  unter  Inanspruchnahme  einer 
Kapitalabfindung.  An  weiteren  Teilzahlen 
liegen  Berichte  vor,  wonach  allein  in  drei 
bayerischen  Bezirken  insgesamt  weitere  137 
Eigenheime  gebaut  wurden.  Bei  den  genann- 
ten acht  Landesverbänden  ist  es  naturgemäß 
so,  daß  in  den  großstädtischen  Verbänden 
wie  Hamburg  und  Berlin  der  Eigenheimbau 
auf  größte  Schwierigkeiten  stieß  und  nur 
wenig  Erfolg  hatte. 

Kriegsblindenkur-  und  Erholungsfürsorge 

Nachdem  uns  schon  das  Jahr  1950  beacht- 
liche Erfolge  auf  dem  Gebiete  der  Kriegs- 
blindenkur- und  -Erholungsfürsorge 


Allgemeine 
Privat-Haftpflichtversicherung 

Allen  Kriegsblinden  ist  durch  ihren  zustän- 
digen Bezirk  oder  Landesverband  ein 
Merkblatt  über  eine  allgemeine  Privat- 
Haftpflichtversicherung  zugegangen,  auf  das 
die  Frauen  unserer  kriegsblinden  Kameraden 
besonders  aufmerksam  gemacht  werden. 

Die  Bundesleitung  hat  es  nach  schwierigen 
Verhandlungen  ermöglicht,  daß  sich  nicht  nur 
Halter  von  Führhunden  an  dieser  Versiche- 
rung beteiligen  und  gegen  eine  geringe 
Jahresprämie  das  ganze  Jahr  vor  Haftungen 
aus  solchen  Schäden  schützen  oder  sichern 
können,  die  sie  und  die  im  Merkblatt 
genannten  Angehörigen  und  Hilfspersonen 
anrichten  können  oder  die  ihnen  als 
Wohnungsinhaber  oder  Eigentümer  von 
selbst  bewohnten  Eigenheimen  erwachsen, 
sondern  alle  anderen  Kriegsblin- 
den dieselbe  Möglichkeit  haben.  Voraus- 
setzung dieser  Gruppenversicherung  ist  aber, 
daß  möglichst  alle  Mitglieder  des  Bundes 
sich  beteiligen  und  spätestens  bis  1.  März 
19  5  2  ihre,  dem  Merkblatt  beigefügte  Bei- 
trittserklärung dem  Bezirk  oder  Landes- 
verband schriftlich  einreichen.  Die  Ver- 
sicherung gilt  ab  1.  April  auf  ein  Jahr.  Wer 
später  eintritt,  muß  trotzdem  den  vollen 
Jahresbetrag  noch  nachzahlen.  Die  Kame- 
raden, die  schon  eine  private  Haftpflicht- 
versicherung abgeschlossen  haben,  wissen, 
daß  die  allgemein  übliche  Jahresprämie  fast 
das  Dreifache  beträgt. 

Es  wird  besonders  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, daß  im  Gegensatz  zu  den  üblichen 
Haftpflichtversicherungen  hier  jene  Bestim- 
mung fortfällt,  wonach  nur  Haftleistungen 
von  über  20, —  DM  ersetzt  werden.  Unsere 
Vereinbarungen  sehen  vielmehr  vor,  daß 
auch  Haftleistungen,  deren  Betrag  unter 
20, —  DM  liegt,  von  der  Versicherung  ge- 
deckt werden.  Leider  wurde  es  übersehen, 
den  Landesverbänden  den  Fortfall  dieser 
Beschränkungsklausel  mitzuteilen.  (AHB  §  3, 
II,  Abs.   1). 

Es  sollte  daher  kein  Kriegsblinder  ver- 
säumen, sich  durch  Zahlung  dieser  geringen 
Jahresprämie  für  ein  qanzes  Jahr  die  Sicher- 
heit für  sich  und  seine  Familienangehörigen 
vor  Haftungsansprüchen  zu  schaffen. 


gebracht  hatte  und  wir  schon  die  besten 
Vorbereitungen  getroffen  hatten,  diese  Er- 
folge im  Jahre  1951  noch  zu  vergrößern, 
so  wurden  doch  auf  diesem  Gebiete  alle 
Erwartungen  übertroffen.  Zwar  brachte  der 
Beginn  des  Jahres  1951  hier  gewisse  Krisen 
mit  sich,  da  die  ungeklärte  finanzielle  Lage 
(besonders  bezügl.  des  verlorengegangenen 
Betriebskapitals),  aber  auch  die  Umstellung 
auf  die  Regelung  der  Badekuren  nach  dem 
BVG  zu  Schwierigkeiten  führte,  die  erst 
beseitigt  werden  mußten.  Es  gelang  aber  mit 
dem  Bundesarbeitsministerium,  einen  Erlaß 
herbeizuführen,  der  zwar  nicht  all  unseren 
Wünschen  Rechnung  trug,  aber  doch  hinsicht- 
lich der  Mitnahme  von  Begleitpersonen  eine 
einheitliche  Regelung  brachte.  In  den  sieben 
Kriegsblindenkur-  und  -erholungsheimen,  die 
im  vergangenen  Jahr  unseren  Kameraden 
mit  fast  500  Betten  täglich  zur  Ver- 
fügung standen,  konnten  über  tausend  Ver- 
sorgungskuren durchgeführt  werden,  daneben 
noch  eine  größere  Zahl  von  Erholungs-  und 
sonstigen  Aufenthalten.  Mit  Hilfe  der  Landes- 
verbände konnten,  wenn  auch  nur  im  geringen 
Umfange,  an  Ostzonenkameraden 
einzelne  Freistellen  gewährt  werden.  Leider 
erwies  sich  die  Zahl  der  yorhandenen  Plätze 
immer  noch  als  zu  gering,  da  über  500 
kriegsblinde  Kur-  und  Erholungsuchende,  oft 
trotz  bereits  erfolgter  Gewährung  der  Bade- 
kuren, wegen  Platzmangels  nicht  in 
unseren  Heimen  Aufnahme  finden  konnten, 


so  daß  sich  die  Anschaffung  eines  weiteren 
Kriegsblindenkurheims  doch  noch  als  not- 
wendig erweist.  Hoffen  wir,  daß  die  erforder- 
liche Mittelbeschaffung  bald  gelingt  und  uns 
die  Möglichkeit  gibt,  wiederum  in  einem 
vorzüglichen  Kurort  unseren  kriegsblinden 
Kameraden  und  auch  ihren  Pflegepersonen 
neue  Kurmöglichkeiten  erschließt.  Bad  Wild- 
bad im  Schwarzwald,  Bad  Pyrmont,  Bad  Salz- 
hausen bei  Bad  Nauheim,  Seebad  auf  der 
Insel  Borkum,  Braunlage  im  Harz,  Bad  Mün- 
ster am  Stein  bei  Bad  Kreuznach,  und  Söcking 
am  Starnberger  See  sind  Namen,  die  durch 
ihre  Bekanntheit  und  Kurmöglichkeit  allen 
beweisen,  daß  unsere  Schicksalsgemeinschaft 
alles  getan  hat,  den  Kriegsblinden  die  besten 
Kur-  und  Erholungsmöglichkeiten  zu  bieten. 
Die  finanzielle  Entwicklung  ist  dank  bester 
Wirtschaftsführung  auch  so  gewesen,  daß  wir 
sorgloser  dem  neuen  Jahr  1952  auf  diesem 
Gebiete  unserer  Bundesarbeit  entgegensehen 
können.  Söcking,  Braunlage  und  Wildbad 
sind  ganzjährig  geöffnet,  während  die  vier 
anderen  Bäder  entsprechend  den  gebotenen 
Kurmöglichkeiten  ab  1.  März  bis  Ende  Okto- 
ber oder  November  zur  Verfügung  stehen, 
das  Seebad  Borkum  erst  vom  1.  Mai  ab. 

Es  ist  zwar  zu  befürchten,  daß  auch  in 
diesem  Jahre  manchen  Wünschen  auf  eine 
Unterbringung  in  den  Hauptmonaten  des 
Sommers  nicht  Rechnung  getragen  werden 
kann.  Doch  können  hier  die  Kameraden 
selbst  helfen,  indem  sie  in  größerem  Um- 
fange die  Kurmöglichkeiten  des  Winters 
in  den  ganzjährig  geöffneten  Heimen  und  die 
Übergangsmonate  mehr  in  Anspruch 
nehmen. 

Orthopädische 
und   sonstige  Blindenhilfsmittel 

Innerhalb  der  Versorgung  unserer  kriegs- 
blinden Kameraden  mit  orthopädischen  Hilfs- 
mitteln nahm  natürlich  die  Versorgung  mit 
Führhunden  und  Kleinschreib- 
maschinen einen  wichtigen  Raum  ein. 
Auf  beiden  Gebieten  brachte  das  vergangene 
Jahr  ziemlich  den  Abschluß  herbei,  so  daß 
alle  Kameraden,  die  noch  einen  Führhund 
wünschten  bzw.  bei  denen  die  Voraussetzun- 
gen für  die  Gewährung  einer  Kleinschreib- 
maschine gegeben  waren,  mit  diesen  Hilfsmit- 


teln versorgt  sind.  Zahlenmäßige  Beispiele  lie- 
gen zunächst  nur  aus  8  Landesverbänden  vor 
(ohne  Bayern,  Hessen,  Nordrhein  und  Schles- 
wig-Holstein). Danach  sind  —  also  für  weit 
weniger  als  die  Hälfte  aller  deutschen  Kriegs- 
blinden —  im  Vorjahre  1281  Schreibmaschinen 
zur  Verteilung  gekommen.  Während  es  nach 
dem  BVG  aber  mit  der  einmaligen  Belieferung 
mit  Kleinschreibmaschinen  beendigt  ist,  weil 
Ersatz  und  Instandsetzungen  der  Kleinscheib- 
maschinen nach  den  Verwaltungsvorschriften 
zum  BVG  nicht  mehr  von  den  Versorgungs- 
behörden getragen  werden,  wird  die  Beliefe- 
rung mit  Ersatzhunden  noch  weiter  fort- 
dauern. Wenn  sich  auch  im  vergangenen 
Jahr  die  Zahl  der  Führhundbesitzer  entgegen 
unseren  Erwartungen  doch  noch  um  einige 
Hundert  erhöht  hat,  so  ist  sie  doch  im 
Verhältnis  zu  den  Zahlen  nach  dem  ersten 
Weltkriege  aus  den  schon  im  vorjährigen 
Bericht  genannten  Gründen  sehr  gering  ge- 
blieben. 

Diesem  geringen  Bedarf  stand  ein  über- 
höhtes Angebot  von  seifen  viel  zu  vieler 
und  insbesondere  zu  kleiner  Führhundaus- 
bildestellen  gegenüber.  Es  ist  nicht  verwun- 
derlich, daß  bei  dem  dadurch  hervorgerufe- 
nen '  starken  Wettbewerb  die  Auswahl 
der  für  die  Führertätigkeit  wirklich  geeig- 
neten Flunde  stark  unterschiedlich  ist  und 
nicht  immer  den  Anforderungen  genügt,  die 
wir  Kriegsblinde,  die  wir  den  Hunden  unser 
Leben  und  unsere  Gesundheit  anvertrauen 
müssen,  zu  stellen  gezwungen  sind.  Die 
durch  den  Einkauf  geringwertigen  Hunde- 
materials gemachten  Ersparnisse  für  die  Be- 
messung des  Übernahmepreises  der  Hunde 
durch  die  Versorgungsverwaltung  stellt  sich 
in  Wirklichkeit  aber  als  eine  Verteuerung 
dar,  weil  nach  unseren  Erfahrungen  durch 
Nachdressur  und  die  Notwendigkeit  schnelle- 
ren Ersatzes  der  Führhunde  —  insgesamt 
betrachtet  —  der  Versorgungsverwaltung 
viel  größere  Unkosten  als  in  den  anderen 
Fällen  entstehen.  Die  kriegsblinden  Kame- 
raden müssen  mehr  als  bisher  darauf  achten, 
daß  ihnen  nur  bestes  Hundemate- 
rial übergeben  wird,  das  aufs  sorgfältigste 
ausgebildet  ist,  und  müssen  sich  davor  hüten, 
zu  schnell  Anerkennungs-  und  Belobigungs- 
schreiben der  Führhundausbildestelle  auszu- 


Holzschnitt  von  Frans  Masereel 


stellen.  Nach  unseren  Erfahrungen  können 
solche  Anerkennungs-  und  Belobigungsschrei- 
ben erst  nach  mehrmonatiger  Benutzung  des 
Führhundes  am  dauernden  Wohnort  des 
kriegsblinden  Kameraden  überhaupt  nur  An- 
spruch auf  Beachtung  erheben. 

über  kriegsblinde  Führhundhalter  liegen 
aus  zehn  Landesverbänden  (ohne  Nordrhein 
und  Schleswig-Holstein,  die  etwa  Vt  aller 
deutschen  Kriegsblinden  umfassen)  Zahlen 
vor.  In  diesen  zehn  Landesverbänden  werden 
1692  Führhunde  gehalten,  davon  allein 
in  Bayern  340  Führhunde.  In  acht  Landesver- 
bänden (ohne  Bayern,  Hessen,  Nordrhein  und 
Schleswig-Holstein)  wurden  bei  einer  Ge- 
samtzahl von  1206  Führhunden  im  vergan- 
genen Jahr  190  Führhunde  neu  angeschafft. 
Erstaunlich  gering  ist  die  Anzahl  der  bereits 
gewährten  orthopädischen  Beihilfen.  Nach 
ersten  Zahlenangaben  aus  sieben  Landes- 
verbänden sind  bisher  nur  in  80  Fällen  die 
Beihilfen  bereits  gewährt  worden. 

Nach  unseren  Erfahrungen  ist  die  auf  allen 
anderen  Gebieten  weit  fortgeschrittene  Tech- 
n  i  k  noch  nicht  so  für  die  Blinden  dienstbar 
gemacht  worden,  als  wir  es  erwarten  konn- 
ten. Die  sogenannte  Lesemaschine  für  Blinde 
steckt  noch  in  den  Uranfängen,  nicht  nur  in 
ihrer  technischen  Konstruktion,  sondern  auch 
in  der  ideenmäßigen  Vervollkommnung. 
Wenn  die  Firmen,  wie  es  z.  B.  AEG-Magne- 
tophon  schon  getan  hat,  ein  nicht  zu  teures 
und  geeignetes  Gerät  für  Aufnahme  und 
Wiedergabe  von  Magnetophonbändern  her- 
ausbringen und  wenn  in  geeigneter  Anzahl 
den  kriegsblinden  Kameraden  der  Erwerb 
ermöglicht  wird,  steht  unseres  Erachtens  dem 
Aufbau  einer  Hörbücherei  keine  we- 
sentliche Schwierigkeit  mehr  im  Wege.  Es 
muß  aber  darauf  hingewiesen  werden,  daß 
hierdurch  noch  keinesfalls  die  von  Braille 
erfundene  Blindenpunktschrift  ersetzt  wird. 
Wir  wollen  daher  auch  an  dieser  Stelle  dank- 
bar des  Erfinders  der  Braille-Blindenschrift 
aus  Anlaß  der  hundertjährigen  Wiederkehr 
seines  Todestages  gedenken. 

Tätigkeit  der  Geschäftsstelle 

Aus  den  einzelnen  Angaben  unseres  Über- 
blicks werden  die  Kameraden  schon  ersehen 
haben,  welch  gewaltigen  Umfang  die  Arbeit 
in  der  Geschäftsstelle  in  Bonn,  Schumann- 
straße 35,  genommen  hat,  obwohl  die  An- 
gaben noch  nicht  einmal  erschöpfend  sind. 
Bei  der  fortschreitenden  Festigung  unserer 
organisatorischen  Arbeit  mußten  auch  manche 
Einrichtungen  der  Geschäftsstelle  vervoll- 
ständigt werden,  die  bisher  infolge  ander- 
weitiger Aufbauarbeit  zurückgestellt  werden 
mußten.  So  ist  jetzt  die  Mitglieder- 
kartei mit  Ausnahme  von  Bayern  voll- 
ständig in  Bonn,  nach  Landesverbänden  ge- 
trennt, vorhanden.  Der  Aufbau  einer  Sach- 
kartei ist  auch  schon  sehr  weit  gediehen, 
doch  sind  hier  manche  Landesverbände  noch 
im  Rückstand,  weil  die  Mitwirkung  der  Ka- 
meraden teilweise  noch  sehr  zu  wünschen 
übrig  läßt.  Obgleich  wir  volles  Verständnis 
dafür  haben,  daß  die  Überfütterung  mit 
Fragebogen  besonders  vor  1945  und  teil- 
weise auch  nach  1945  lebhaften  Widerwillen 
gegen  die  notwendigen  Erhebungen  erzeugt 
hat,  so  müssen  wir  unsere  Kameraden  doch 
darauf  aufmerksam  machen,  daß  wir  nur  auf 
Grund  genauesten  Zahlenmate- 
rials und  zuverlässigster  Angaben  unserer 
kriegsblinden  Kameraden  in  der  Lage  waren, 
bei  den  gesetzgeberischen  Maßnahmen,  ins- 
besondere auch  beim  Bundesversorgungs- 
recht, d  i  e  Erfolge  zu  erzielen,  die  wir  an- 
erkanntermaßen erreicht  haben.  Wir  bitten 
also  dringend  unsere  Kameraden,  im  eigen- 
sten Interesse  uns  bei  der  Aufstellung  unse- 
rer Suchkartei  durch  zuverlässige  Beantwor- 
tung unserer  Fragen  zu  unterstützen  und 
auch  ihre  Frauen  und  Hilfspersonen  von  der 
'unbedingten  Notwendigkeit  der  Erledigung 
iunserer  Anfragen  und  des  genauen  Durch- 


lesens  unserer  Zeitschrift  und  Rundschreiben 
zu  überzeugen.  Wir  sprechen  diesen  Frauen 
und  Hilfspersonen  für  ihre  Unterstützung 
unseren  herzlichsten  Dank  aus. 

Die  günstige  Aufwärtsentwicklung  unserer 
Erholungsfürsorge  und  der  steigende  Anfall 
des  Schriftverkehrs  mit  der  Schriftleitung 
brachten  ebenfalls  für  die  Bundesgeschäfts- 
stelle eine  wesentliche  Erweiterung  der  Ar- 
beit. Es  muß  festgestellt  werden,  daß  ins- 
besondere grundsätzliche  Fragen  in  größerem 
Maße  als  früher  nur  der  Bundesleitung  zu- 
geleitet wurden,  die  aber  eine  intensivere 
Bearbeitung  erforderlich  machten. 

Nachstehende  Zahlen  vermögen  wenigstens 
für  diejenigen,  die  etwas  mit  der  Bundes- 
arbeit vertraut  sind,  einen  kleinen  Einblick 
in  die  umfangreiche  Geschäftsstellentätigkeit 
zu  gewähren.  Im  Jahre  1951  fanden  zwei 
Bundesbeiratssitzungen  statt,  wovon  die  eine 
über  zwei  Tage  dauerte  und  die  erste  mit  der 
vorangegangenen  Tagung  der  Kriegsblinden- 
Arbeitsfürsorgeeinrichtungen  sich  ebenfalls 
über  zwei  Tage  erstreckte.  Wer  weiß,  in 
welch  konzentrierter  Form  Fragen  von  grund- 
sätzlichster Bedeutung  hier  den  Landesver- 
bandsleitern vorgelegt  und  von  ihnen  bera- 
ten werden,  der  kann  ermessen,  welche  Ar- 
beit auf  und  vor  und  nach  diesen  Tagungen 
anfällt.  Daneben  fanden  noch  drei  besondere 
Bundesvorstandssitzungen  statt.  Im  vergan- 
genen Jahr  fand  ebenfalls  in  der  Erholungs- 
fürsorge eine  Sitzung  des  Heimausschusses 
statt.  Der  Bundesvorsitzende  nahm  im  Jahre 
1951  an  31  Tagungen  von  den  Landes- 
verbänden und  Bezirken  teil,  die  ebenfalls 
eine  intensive  Vor-  und  Nachbearbeitung 
erforderlich  machten.  Daneben  war  auch  seine 
Teilnahme  an  Tagungen  der  Deutschen  Blin- 
denarbeit  e.  V.  erforderlich.  Im  vergangenen 
Jahr  fanden  4  Tagungen  des  Bundesaus- 
schusses für  Kb-  und  Kh-Fürsorge  statt,  drei 
Tagungen  des  Beratenden  Beirates  des  Ver- 
sorgungsrechts beim  Bundesarbeitsministe- 
rium und  zweimal  eine  Teilnahme  des  26er 
Bundestagsausschusses  für  Kriegsopfer-  und 
Kriegsgefangenenfragen.  Daneben  kamen  die 
,  unzähligen  Besprechungen  in  den  einzelnen 
Bundesministerien  und  sonstigen  Bundes- 
stellen. Die  Dringlichkeit  mancher  Ange- 
legenheiten machte  es  erforderlich,  im 
Jahre  1951  in  großem  Umfange  Sonderrund- 
schreiben zu  versenden,  so  daß  neben  den 
7  allgemeinen  Rundschreiben,  die  jedesmal 
in  einer  Anzahl  von  über  150  Exemplaren 
zum  Versand  gelangen,  noch  18  Sonderrund- 
schreiben an  die  Landesverbandsleiter  ver- 
schickt werden  mußten.  Die  Bundesgeschäfts- 
stelle hatte  im  vergangenen  Jahr  4489  Post- 
eingänge und  4350  Postausgänge  zu 
verzeichnen. 

So  können  wir  auch  voller  Dankbarkeit 
auf  die  Arbeit  des  vergangenen  Jahre*s  zu- 
rückblicken. Leider  konnte  mir  meine  treueste 
Mitarbeiterin,  meine  Frau,  seit  Ende  Juni 
vergangenen  Jahres  nicht  mehr  bei  der  Be- 
wältigung der  ungeheuren  Arbeitslast  behilf- 
lich sein.    Aber  bis  zuletzt  waren   all   ihre 


Kriegsblinde  in  der  Telegrammaufnahme 


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RADIO 


Die  bei  der  Deutschen  Bundespost  tätigen 
Kriegsblinden  werden  in  der  Hauptsache  bei 
den  Fernsprechämtern  am  Zahlengeber  be- 
schäftigt. Diese  Tätigkeit  wird  mit  der  zu- 
nehmenden Mechanisierung  in  naher  Zukunft 
durch  den  Selbstwählfernverkehr  fast  ganz 
in  Fortfall  kommen.  Um  diesen  Kriegsblin- 
den für  die  Zukunft  einen  Arbeitsplatz  zu 
sichern,  hat  die  Oberpostdirektion  Dort- 
mund Maßnahmen  ergriffen,  diese  Kriegs- 
blinden für  die  Telegrammaufnahme  umzu- 
schulen. Beim  Fernsprechamt  in  Bochum  er- 
halten sie  ihre  theoretische  und  praktische 
Ausbildung  am  Aufnahmetisch.  Zur  Erleich- 
terung des  theoretischen  Unterrichts  steht 
den  Schülern  die  Telegraphenordnung  VI,  1 
und  Allgemeines  aus  der  Telegraphenord- 
nung VI,  2,  sowie  ein  Merkblatt  über  Rede- 
wendungen im  Telegramm-  und  Zusprech- 
dienst in  Punktschrift  zur  Verfügung. 
Für  den  späteren  Dienst  in  der  Telegramm- 
aufnahme ist  diese  Lektüre  als  Nachschlage- 
werk unentbehrlich.  Allgemein  war  man  bis- 
her der  Ansicht,  daß  eine  Beschäftigung  von 
Kriegsblinden  in  der  Telegrammaufnahme 
nur  an  kleinen  Ämtern  möglich  sei.  Seit 
dem  1.  Oktober  1951  wird  nun  ein  Kriegs- 
blinder, nachdem  er  seine  Prüfung  mit 
„  g  u  t"  bestanden  hat,  beim  Fernsprech- 
amt Dortmund  in  der  Telegrammauf- 
nahme beschäftigt.  Hiermit  ist  der  Beweis 
geliefert,  daß  ein  Kriegsblinder  sehr  wohl 
an  einem  großen  Fernsprechamt  in  der 
Telegrammaufnahme  tätig  sein  kann. 

Das  Publikum  hat  sich  längst  daran  ge- 
wöhnt, daß  nun  eine  freundliche  Männer- 
stimme ihre  Wünsche  entgegennimmt.  Mit 
Hilfe  der  Stenomaschine  wird  das  Telegramm 
in  Blindenschrift  aufgenommen 
und  durch  Abtasten  des  Stenostreifens  dem 
Teilnehmer  zum  Vergleichen  zurückgelesen. 
Nunmehr  erfolgt  die  Übertragung  mit  der 
Schreibmaschine  auf  das  amtliche  Formblatt 
und  wird  nach  Fertigstellung  an  den  Spring- 


schreiber weitergeleitet.  Auf  Wunsch  der 
Teilnehmer  erfolgt  die  Gebührenberechnung 
sofort.  Selbständig  und  sicher  werden  die 
Arbeiten  zur  größten  Zufrieden- 
heit  der  Amtsleitung  ausgeführt. 

Kriegsblinder  Oberpostsekretär  Schild 


Unser  Kamerad  Bruns  (Dortmund)  ist  der  erste 
Kriegsblinde,  der  am  Groß-Fernsprechamt  in  der 
Telegrammaufnahme  tätig  ist.  Wenn  man  von 
Einzelfällen  absieht,  in  denen  Kriegsblinde  mit 
Hille  eines  Dimalons,  also  eines  Tonautnahme- 
gerätes,  diesen  Posten  bekleiden,  so  ist  dieser 
Berulszweig  neu.  Nur  in  Wunstori  bei  Hannover 
ist  seit  einigen  Jahren  ein  Kriegsblinder  mit  Erlolg 
in  der  Telegrammaulnahme  tätig,  der  ebenialls 
wie  Kamerad  Bruns,  den  unser  Bild  zeigt,  den 
Telegrammlext  zunächst  mit  einer  Stenomaschine 
in  Punktschrilt  aulschreibt.  Die  Oberpostdirektion 
Dortmund  bildet  weitere  Kriegsblinde  für  dieses 
Fach  aus. 


Gedanken  bei  der  Kriegsblindenarbeit  und 
sie  verschob  sogar  die  ärztliche  Behandlung 
und  die  Untersuchung  ihrer  Krankheit,  und 
direkt  von  einer  großen  Fahrt  im  Dienste 
der  kriegsblinden  Kameraden  ging  sie  ins 
Krankenhaus,  um  nach  kurzen  Wochen,  die 
wiederum  in  großen  Maßen  selbst  auf  dem 
Krankenlager  der  Sorge  für  meine  Arbeit 
im  Dienste  der  Kameraden  galten,  aus  dem 
Leben  zu  scheiden.  Die  zahlreiche  Beteili- 
gung und  Anteilnahme  fast  aller  kriegsblin- 
den Kameraden  sind  für  mich  und  meine 
Frau  die  beste  Anerkennung  und  der  Dank 
für  diese  restlose  Aufopferung  gewesen. 
Das  Versprechen  meiner  treuen  Mitarbeiter, 
insbesondere  der  Landesverbandsleiter,  das 
Kamerad  Schütz  in  ihrer  aller  Namen  am 
offenen  Grabe  gab,  mir  noch  mehr  als  bisher 
in  der  Arbeit  zu  helfen,  war  mir  ein  Ansporn 
und  gab  mir  die  Kräfte,  trotz  meines  großen 
Verlustes  die  Kriegsblindenarbeit  weiter  zu 
leisten.  Voller  Dankbarkeit  erkenne  ich  auch 
an,  daß  gerade  die  Arbeit  für  meine  kriegs- 
blinden Kameraden  mir  über  manche  dunkle 
Stunden  der  letzten  Monate  hinweggeholfen 
hat.  Ich  danke  allen  Mitarbeitern  im  Bunde, 
insbesondere  den  Landesverbands-  und  Be- 
zirksleitern und  Sachbearbeitern,  denen  ge- 
rade im  vergangenen  Jahr  insbesondere  bei 
der  Durchführung  des  BVG  eine  ungeheure 
Arbeitslast  aufgebürdet  war. 

Mein  Dank  gilt  aber  auch  allenFreun- 
d  e  n  und  Gönnern  der  Kriegsblindensache, 
die  uns  auch  im  vergangenen  Jahre  treu  und 
redlich  unterstützt  und  mit  ihrem  großen 
Verständnis  geholfen  haben.  Wir  können 
überhaupt  dankbar  anerkennen,  daß  das 
Verständnis  für  unser  Schicksal  in  weiten 
Kreisen  unseres  Volkes  wesentlich  vertieft 
und  die  Unterstützung  zugenommen  hat. 


Das  Hohelied  der  Dankbarkeit  für 
unsere  Frauen  kann  leider  mit  Worten 
nicht  gesungen  werden.  Es  hat  Ende  Novem- 
ber vergangenen  Jahres  einen  beredten  Aus- 
druck durch  die  Tatsache  gefunden,  daß  auf 
Wunsch  der  Kameraden  eins  unserer  schön- 
sten Kriegsblindenkurheime,  das  Heim  in 
Münster  am  Stein  bei  Bad  Kreuznach,  den 
Namen  einer  der  Frauen  erhielt,  die  als 
Sinnbild  für  alle  Kriegsblinden-Frauen  wohl 
auf  Grund  ihrer  jahrzehntelangen  Tätigkeit 
in  der  Kriegsblindenarbeit  gelten  kann.  Es 
liegt  in  ihrem  Geiste,  wenn  wir  die  Ehrung, 
die  sie  durch  diese  Namensgebung  eines 
unserer  Kriegsblindenkurheime  erfahren  hat, 
so  auffassen.  Aber  auch  den  Kräften,  die 
auf  unseren  Geschäftsstellen  uns  schon  seit 
langer  Zeit  aus  tiefinnerster  Verpflichtung 
heraus  helfen  und  keine  Mühe  und  Über- 
stunden scheuen,  gilt  unser  herzlicher  Dank. 

Ausblick 

Dieser  stolze  Rückblick  läßt  uns  auch 
voller  Hoffnungen  der  Arbeit  im  Jahre  1952 
entgegensehen.  Wir  wissen,  daß  das  neue 
Jahr  ernste  Sorgen  und  viele  mühevolle  Ar- 
beit wieder  mit  sich  bringt.  Wir  haben  schon 
auf  eine  schwere  Sorge  bezüglich  der  Erhal- 
tung der  Kaufkraft  unserer  Versorgung  mit 
allem  Ernste  hingewiesen.  Auch  sonst  wird 
auf  dem  Gebiete  der  Gesetzgebung  noch 
schwere  Arbeit  zu  leisten  sein.  Wir  erinnern 
nur  an  das  Gesetz  zur  Beschäftigung  Schwer- 
beschädigter, das  Sozialgerichtsbarkeitsgesetz, 
den  Lastenausgleich  und  vieles  andere.  Es 
ist  also  kein  Grund  vorhanden  anzunehmen, 
daß  die  unbeugsame  Kampf-  und  Willens- 
kraft und  die  einheitliche  Geschlossenheit 
unserer  Schicksalsgemeinschaft  nicht  mehr  so 
erforderlich  wäre,  wie  in  den  beiden  vergan- 


genen  Jahren.  Gerade  das  Gegenteil  ist  der 
Fall.  Wir  müssen  organisatorisch  noch  fester 
zusammenstehen,  noch  unermüdlicher  jeder 
Kamerad  an  seinem  Platz,  und  vor  allem 
die  Landesverbands-  und  Bezirksleiter  in 
ihrer  verantwortungsvollen  Tätigkeit  als  Bei- 
spiel für  alle  Kameraden,  die  ihnen  ver- 
trauen, alle  Kräfte  einsetzen,  um  die  ge- 
achtete Sonderstellung  auch  weiterzuerhalten, 
die  sich  die  Kriegsblindenschicksalsgemein- 
schaft  im  ganzen  deutschen  Volke  erworben 
hat. 

Jeder  Kriegsblinde  weiß,  daß  er  durch  sein 
Schicksal  nicht  mehr  Träger  eines  einzelnen 
Namens  sondern  Träger  einer  Schicksals- 
bezeichnung geworden  ist,  die  ihn  ver- 
antwortlich macht  für  die  Ach- 
tung oder  Nichtachtung,  die  man 
all  seinen  11000  kriegsblinden  Kameraden 
entgegenbringt.  Darum  gilt  es  im  Jahr  1952 
für  jeden  kriegsblinden  Kameraden,  noch 
vertrauensvoller  und  noch  intensiver  in  sei- 
ner Schicksalsgemeinschaft  mitzuarbeiten,  in 
der  Öffentlichkeit  allüberall  um  größeres  Ver- 
ständnis zu  werben  und  so  die  Achtung  aller 
zu  erwerben.  Wir  aber,  meine  Kameraden, 
die  das  Glück  haben,  gewählt  und  getragen 
von  dem  Vertrauen  unserer  Kameraden 
ehrenamtlich  an  leitender  Stelle  in  dieser 
Schicksalsgemeinschaft    arbeiten    zu    können, 


müssen  und  wollen  uns  durch  unser  Beispiel, 
durch  treue  kameradschaftliche  Verbunden- 
heit, durch  mitfühlendes  Verstehen  und  durch 
Einsatz  all  unserer  Kräfte  dieses  Vertrauens 
würdig  erweisen.  Wir  wissen  —  und  alle 
anderen  Kameraden  sollen  es  auch  wissen 
— ,  daß  wir  damit  gerade  unseren  Frauen 
und  Hilfspersonen  eine  fast  untragbare  Be- 
lastung aufbürden.  Wir  hoffen  aber,  daß  sie 
uns  im  neuen  Jahre  ebenso  freudig  und  un- 
ermüdlich helfen,  wie  es  im  vergangenen 
geschehen  ist.  Enttäuschungen  werden  uns 
auch  im  neuen  Jahre  nicht  erspart  bleiben, 
wenn  sie  uns  aber  wie  unser  Schicksal  selbst 
noch  unbeugsamer  machen,  zum  Wohle 
der  Kriegsblindenschicksalsgemeinschaft  in 
treuer  und  einheitlich  geschlossener  Kame- 
radschaft zu  arbeiten  und  zusammenzustehen 
und  uns  durch  nichts  trennen  zu  lassen,  dann 
braucht  uns  auch  um  den  Erfolg  unserer 
Arbeit  im  neuen  Jahre  nicht  bange  zu  sein. 
Was  wir  deutschen  Kriegsblinden  dabei  mit- 
helfen können,  so  an  dem  seelischen  und 
materiellen  Aufbau  unseres  Volkes  mitzu- 
arbeiten und  unserem  Volke  und  der  gan- 
zen Welt  hierzu  den  Frieden  zu  erhalten, 
das  wollen  wir  trotz  unseres  Schicksals  gern 
und  freudig  tun.  Bei  all  unseren  Bestrebun- 
gen soll  uns  der  alte  Wahlspruch  unserer 
Kriegsblindenschicksalsgemeinschaft  leiten: 
„Vorwärts  und  aufwärts!" 


Der  Kündigungsschutz  für  Schwerbeschädigte 


Bundesarbeitsminisler  Storch  hat  dem  Bundes- 
tag die  baldige  Vorlage  des  Schwerbeschädigten- 
gesetzes angekündigt.  Der  Entwurf  des  Gesetzes 
wurde  mit  den  Organisationen  im  Beratenden  Bei- 
rat iür  das  Versorgungswesen  beim  BAM  be- 
handelt. Hinsichtlich  des  im  folgenden  bespro- 
chenen Kündigungsschutzes  ergeben  sich  künftig 
wahrscheinlich    keine    wesentlichen    Änderungen. 

Die  Kündigungsschutzbestimmungen  des 
Schwerbeschädigtengesetzes  (§§  13  bis  17) 
bilden  neben  der  gesetzlichen  Einstellungs- 
pflicht  einen  wichtigen  und  unentbehrlichen 
Faktor  auf  dem  Gebiete  der  Arbeits-  und 
Berufsfürsorge  für  Schwerbeschädigte.  Wäh- 
rend durch  die  gesetzliche  Einstellungspflicht 
des  Arbeitgebers  die  berufliche  Unterbrin- 
gung des  Schwerbeschädigten  erleichtert  wer- 
den soll,  hat  der  Kündigungsschutz  den  Zweck, 
dem  Schwerbeschädigten  den  Arbeitsplatz 
nach  Möglichkeit  zu  erhalten  bzw.  ihn  vor 
einer  ungerechtfertigten  Kündigung  zu  schüt- 
zen. Ohne  Kündigungsschutz  würde  beson- 
ders in  Zeiten  wirtschaftlichen  Tiefstandes 
der  größte  Teil  der  Schwerbeschädigten  sich 
seinen  Arbeitsplatz  nicht  erhalten  können. 
Der  Zweck  dieses  Aufsatzes  soll  es  sein, 
über  diese  wichtigen  gesetzlichen  Bestimmun- 
gen, über  die  in  Kreisen  der  Beteiligten  oft 
erhebliche  Unkenntnis  besteht,  die  notwen- 
dige Aufklärung  zu  geben. 

Die  Vorschriften  über  den  Kündigungs- 
schutz schränken  das  freie  Bestimmungsrecht 
des  Arbeitgebers  insoweit  ein,  als  er  zur 
rechtswirksamen  Entlassung  eines  Schwer- 
beschädigten der  Zustimmung  der 
Hauptfürsorgestelle  bedarf.  Solange 
die  Zustimmung  nicht  erteilt  ist,  bleibt  das 
Arbeitsverhältnis  des  Schwerbeschädigten 
bestehen.  Eine  Ausnahme  von  der  Zustim- 
mungspflicht besteht  nur  dann,  wenn  der 
Arbeitgeber  dem  Schwerbeschädigten  aus 
einem  wichtigen  Grunde  fristlos  kün- 
digt, über  die  Rechtswirksamkeit  der  frist- 
losen Kündigung  hat  im  Anfechtungsfalle 
das     Arbeitsgericht    zu     entscheiden. 

Der  Kündigungsschutz  gilt  schlechthin  für 
alle  im  Betrieb  beschäftigten  Schwerbeschä- 
digten. Kündigungsschutz  und  Einstellungs- 
pflicht sind  Schutzmaßnahmen,  die  selbstän- 
dig nebeneinanderstehen.  Dabei  geht  der 
Kündigungsschutz  weiter  als  der  Einstellungs- 
zwang.   Er  gilt  auch  für  die  über  die  gesetz- 


liche Einstellungspflicht  hinaus  beschäftigten 
Schwerbeschädigten. 

Zustimmungsbedürftig  ist  lediglich  die 
Kündigung  durch  den  Arbeitgeber.  Der 
Schwerbeschädigte  selbst  kann  jederzeit  ent- 
sprechend den  allgemeinen  gesetzlichen  oder 
vertraglichen  Bestimmungen  ohne  Zustim- 
mung der  Hauptfürsorgestelle  kündigen.  Er 
kann  auch  im  Falle  einer  ihm  gegenüber 
ausgesprochenen  Kündigung  auf  den  Kün- 
digungsschutz verzichten,  indem  er  sich  mit 
der  Lösung  des  Arbeitsverhältnisses  einver- 
standen erklärt.  Hier  erübrigt  sich  dann  eine 
Entscheidung  der  Hauptfürsorgestelle. 

Auch  zu  einer  Änderung  wesentlicher 
Arbeitsvertragsbedingungen  —  etwa  Ände- 
rung des  Arbeitsvertrages,  Lohnminderung 
usw.  —  ist,  wenn  der  Schwerbeschädigte  mit 
den  Absichten  des  Arbeitgebers  nicht 
einverstanden  ist,  grundsätzlich  die 
Zustimmung  der  Hauptfürsorgestelle  erfor- 
derlich. 

Der  Kündigungsschutz  kommt  andererseits 
nur  bei  einer  Kündigung  zur  Auswir- 
kung, besteht  also  nicht,  wenn  das  Arbeits- 
verhältnis ohne  Kündigung  endet.  Das  ist 
nach  §  620  BGB  der  Fall,  wenn  die  Dauer  des 
Arbeitsverhältnisses  von  vornherein  fest  be- 
stimmt ist.  Ist  ein  Arbeitsvertrag  aber  auf 
bestimmte  Zeit,  z.  B.  ein  Jahr,  abgeschlossen, 
jedoch  seine  jeweilige  Verlängerung  man- 
gels Kündigung  um  unbe- 
stimmte Zeit  vorgesehen, 
so  ist  eine  Kündigung  und 
damit  auch  die  Zustim- 
mung der  Hauptfürsorge- 
stelle  erforderlich. 

Die  Zustimmung  der 
Hauptfürsorgestelle  ist 
nicht  erforderlich,  wenn 
ein  Schwerbeschädigter 
von  einem  Arbeitgeber, 
der  seine  Einstellungs- 
pflicht erfüllt  hat,  aus- 
drücklich nur  zur  vor- 
übergehenden Aushilfe, 
für  einen  vorübergehen- 
den Zweck  oder  versuchs- 
weise angenommen  wird, 
es  sei  denn,  daß  das  Ar- 
beitsverhältnis über  drei 
Monate  hinaus  fortgesetzt 
wird   (§   17). 


Durch  den  Zwang,  zu  der  Kündigung  eines 
Schwerbeschädigten  die  Zustimmung  der 
Hauptfürsorgestelle  einholen  zu  müssen,  ist 
der  Arbeitgeber  in  seiner  Personalpolitik 
stark  eingeschränkt.  Zwar  ist  es  selbstver- 
ständliche Pflicht  der  Hauptfürsorgestelle, 
die  wirtschaftlichen  Notwendigkeiten  des 
Betriebes  zu  berücksichtigen.  Dennoch  er- 
schien es  dem  Gesetzgeber  geboten,  beim 
Vorliegen  bestimmter  Tatbestände  der  Haupt- 
fürsorgestelle in  ihrer  Entscheidung  über  Zu- 
stimmungsanträge Bindungen  aufzuerlegen. 
Darum  bestimmt  §  14  des  Schwerbeschädigten- 
gesetzes, daß  die  Hauptfürsorgestelle  die  Zu- 
stimmung zur  Kündigung  eines  Schwer- 
beschädigten nicht  versagen  soll,  wenn  der 
Arbeitgeber,  der  seine  Einstellungspflicht 
erfüllt  hat,  auf  den  freiwerdenden  Arbeits- 
platz im  Einvernehmen  mit  der  Hauptfür- 
sorgestelle einen  anderen  Schwerbeschädig- 
ten einstellt,  der  in  ähnlichem  Umfang  wie 
der  bisherige  erwerbsb'eschränkt  ist.  Das  gilt 
jedoch  nicht,  wenn  der  zu  Entlassende  ein 
Vertrauensmann  der  Schwerbeschädigten  ist. 
Ob  die  Voraussetzungen  des  §  14  erfüllt 
sind,  entscheidet  allein  die  Hauptfürsorge- 
stelle. Besondere  Umstände,  etwa  die  be- 
sonders schwierige  anderweitige  Unterbrin- 
gung des  Schwerbeschädigten,  können  jedoch 
die  Versagung  der  Zustimmung  rechtfer- 
tigen. 

Die  Vorschriften  der  §§  15  und  16  des 
Schwerbeschädigtengesetzes  machen  der 
Flauptfürsorgestelle  die  Zustimmung  zur 
Kündigung  unter  bestimmten  Voraussetzun- 
gen zur  Pflicht  (Auflösung  oder  wesentliche 
Einschränkung  des  Betriebes).  Hier  gilt  meist 
die  Regelung,  daß  noch  für  drei  Monate  vom 
Kündigungstage  ab  Lohn  oder  Gehalt  zu 
zahlen  ist.  Die  Vorschrift  der  Lohn-  oder 
Gehaltszahlung  für  die  Dreimonatsfrist  soll 
es  dem  Schwerbeschädigten  bzw.  der  Haupt- 
fürsorgestelle erleichtern,  einen  neuen  Ar- 
beitsplatz ausfindig  zu  machen. 

Die  Hauptfürsorgestelle  hat  in  jedem  Falle 
unter  gebührender  Berücksichtigung  der  bei- 
derseitigen Interessen  nach  pflichtmäßigem 
Ermessen  zu  entscheiden.  Sie  wird  daher 
Wert  darauf  legen,  die  Verhältnisse  an  Ort 
und  Stelle  vor  der  Entscheidung  einwand- 
frei zu  klären.  Soweit  das  nicht  in  jedem 
Falle  durch  ihre  Außenbeamten  möglich  ist, 
wird  die  örtliche  Fürsorgestelle  mit  den  Er- 
mittlungen .  beauftragt.  Bei  Aufklärung  der 
Sachlage  kann  der  etwa  vorhandene  Ver- 
trauensmann der  Schwerbeschädigten  viel- 
fach wertvolle  Hilfe  leisten.  Den  Parteien 
wird  Gelegenheit  gegeben,  ■  ihren  Stand- 
punkt in  der  Angelegenheit  darzulegen.  In 
manchen  Fällen  kann  durch  Betriebsüber- 
prüfung der  Arbeitgeber  von  der  Möglich- 
keit der  Weiterbeschäftigung  des  Schwer- 
beschädigten überzeugt  und  eine  Zurück- 
nahme der  Kündigung  erreicht  werden.  In 
geeigneten  Fällen  wird  die  Hauptfürsorge- 
stelle mit  Erfolg  einen  Vergleich  zwischen 
den  Parteien  anstreben  und  damit  oft  uner- 


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sprießliche  Arbeitsverhältnisse  beseitigen.  Die 
verantwortungsbewußte  Hauptfürsorgestelle 
wird  immer  nach  Kräften  bemüht  sein,  ihre 
Entscheidung  so  zu  treffen,  daß  beide  Par- 
teien bei  objektiver  Überlegung  keinen 
Grund  zur  Beanstandung  finden. 

Nach  §  4  der  Ausführungsverordnung  zum 
Schwerbeschädigtengesetz  kann  die  Haupt- 
fürsorgestelle, wenn  örtliche  Bedürfnisse  es 
erfordern,  alle  oder  einzelne  Fürsorge- 
steilen  ihres  Bezirks  ermächtigen,  über 
die  Erteilung  oder  Zustimmung  zu  einer  Kün- 
digung gegenüber  einem  bei  einem  priva- 
ten Arbeitgeber  beschäftigten  Schwerbe- 
schädigten zu  entscheiden.  Gegen  diese  Ent- 
scheidung können  der  Arbeitgeber  und  der 
Schwerbeschädigte  die  Entscheidung  der 
Hauptfürsorgestelle  anrufen. 

Gemäß  §  21  des  Schwerbeschädigtengeset- 
zes kann  gegen  die  Entscheidung  der  Haupt- 
fürsorgestelle Beschwerde  beim  Schwer- 
beschädigtenausschuß bei  der  Hauptfürsorge- 
stelle, der  sich  aus  dem  Leiter  der  Haupt- 
fürsorgestelle und  aus  Vertretern  der  Arbeit- 
geber und  der  Schwerbeschädigten  zusam- 
mensetzt, erhoben  werden.  Die  Beschwerde- 
frist beträgt  nach  §  49  in  Verbindung  mit 
§  45  der  Mil.-Reg. -Verordnung  Nr.  165 
einen  Monat. 

Gegen  die  Entscheidung  des  Schwerbeschä- 
digtenausschusses bei  der  Hauptfürsorge- 
stelle kann  nach  der  gleichen  Verordnung 
innerhalb  derselben  Rechtsmittelfrist  Klage 
beim  Landesverwaltungsgericht  erhoben 
werden.  —  Im  übrigen  sind  die  Gerichte  an 
die  Entscheidung  der  Hauptfürsorgestelle 
bzw.  des  Schwerbeschädigtenausschusses  ge- 
bunden. Sie  können  lediglich  nachprüfen,  ob 
überhaupt  eine  rechtswirksame  Entscheidung 
vorliegt  bzw.  der  Rahmen  des  pflichtmäßigen 
Ermessens  nicht  überschritten  wurde. 

Anträge  auf  Zustimmung  zur  Kündigung 
von  Schwerbeschädigten  häufen  sich  erfah- 
rungsgemäß in  Zeiten  einer  ungünstigen 
Wirtschaftslage,  während  bei  Hochkonjunk- 
tur das  Bestreben,  Arbeitskräfte  abzustoßen, 
naturgemäß  seltener  ist.  Die  Hauptfürsorge- 


stelle wird  sich  aber  besonders  bei  ungün- 
stiger Wirtschaftslage  in  erhöhtem  Maße 
bemühen,  den  Schwerbeschädigten  den 
Arbeitsplatz  zu  erhalten,  da  sie  wegen  ihrer 
unzureichenden  Renten  auf  einen  Arbeits- 
verdienst angewiesen  sind.  Leider  geben  in 
manchen  Fällen  Schwerbeschädigte  durch 
ihr  persönliches  Verhalten  selbst  Anlaß  zur 
Kündigung.  Für  die  Hauptfürsorgestelle  sind 
das  erklärlicherweise  die  unangenehmsten 
Entscheidungsfälle. 

Einige  Zahlen  aus  der  Tätigkeit  der 
„Hauptfürsorgestelle  Westfalen" 
auf  diesem  Gebiete  mögen  beweisen,  wie 
sich  der  Kündigungsschutz  für  Schwerbeschä- 
digte praktisch  auswirkt:  In  der  Zeit  vom 
1.  April  1950  bis  zum  31.  März  1951  wurden 
der  Hauptfürsorgestelle  Westfalen  insgesamt 
991  Anträge  auf  Zustimmung  zur  Kündigung 
von  Schwerbeschädigten  vorgelegt.  Den 
Hauptanteil  daran  hatten  Bergbaubetriebe, 
denen  es  vielfach  an  Beschäftigungsmöglich- 
keiten für  die  durch  Unfälle  oder  Bergbau- 
untauglichkeit  laufend  stark  anfallenden 
Schwerbeschädigten  fehlt.  Von  den  vorge- 
nannten- 991  Anträgen  mußte  in  595  Fällen 
die  Zustimmung  erteilt  werden.  In  162  Fäl- 
len wurde  die  Zustimmung  versagt.  64  Kün- 
digungen wurden  nach  Verhandlungen  zu- 
rückgenommen. 170  Fälle  fanden  durch  Ver- 
gleich oder  sonstwie  ihre  Erledigung. 

In  dem  gleichen  Zeitraum  hatte  der  Schwer- 
beschädigtenausschuß bei  der  Hauptfürsorge- 
stelle über  119  Beschwerden  gegen  Entschei- 
dungen der  Hauptfürsorgestelle  zu  entschei- 
den. Davon  wurden  80  Beschwerden  als 
unbegründet  zurückgewiesen.  36  Beschwer- 
den konnte  meist  infolge  nachträglich  ein- 
getretener Änderung  der  Verhältnisse  statt- 
gegeben werden.  Drei  Beschwerden  wurden 
zurückgenommen. 

Abschließend  kann  festgestellt  werden, 
daß  sich  der  Kündigungsschutz  nach  dem 
Schwerbeschädigtengesetz  außerordentlich 
bewährt  hat  und  aus  der  sozialen  Gesetz- 
gebung nicht  mehr  wegzudenken  ist. 

Landesober  Inspektor  Sielker 


Was  erwarten  wir  von  der  Sonderfürsorge? 

Zehn  Grundforderungen  zur  Durchführung  von  Sondermaßnahmen  für  Kriegsblinde 


Wir  leben  in  einer  Zeit,  in  welcher  der 
öffentlichen  Fürsorge  eine  größere  Bedeu- 
tung denn  je  zukommt.  Weite  Kreise  unseres 
Volkes  haben  kein  oder  nur  ein  unzurei- 
chendes Einkommen  und  müssen  zur  Fristung 
ihres  nackten  Lebens  von  der  amtlichen 
Fürsorge  unterstützt  werden  oder  bedürfen 
der  Hilfe  für  den  Neuaufbau  ihres  Daseins. 
Unter  ihnen  befinden  sich  auch  Zehntausende, 
die  wegen  einer  erlittenen  Kriegsdienst- 
beschädigung vollständig  erwerbsunfähig 
oder  nur  mehr  beschränkt  arbeitsfähig  sind 
oder  denen  der  Krieg  ihren  Ernährer  ge- 
raubt hat.  Hier  muß  die  Fürsorge  als  die 
sorgende  Mutter  ihre  wohltätigen  Hände 
ausstrecken,  um  auf  diese  Weise  wenigstens 
die  härteste  Not  abzuwenden. 

Wir  unterscheiden  nach  den  Reichsgrund- 
sätzen über  Voraussetzung,  Art  und  Maß 
der  öffentlichen  Fürsorge  vom  4.  12.  24  zwi- 
schen der  allgemeinen  und  der  ge- 
hobenen Fürsorge.  Während  in  der  all- 
gemeinen Fürsorge  die  gesetzlichen  Pflicht- 
leistungen begrenzt  sind,  können  in  der 
gehobenen  Fürsorge  erheblich  weitergehende 
Maßnahmen  durchgeführt  werden.  Handelt 
es  sich  doch  im  letzteren  Falle  um  einen 
Personenkreis,  der  durch  die  verheerenden 
Folgen  zweier  Weltkriege  einen  beträcht- 
lichen Schaden  an  Leben  und  Gesundheit 
erlitten  und  in  vielen  Fällen  die  frühere 
Existenzgrundlage  vollständig  verloren  hat. 
Seine  schwierige  Lage  ist  nicht  etwa  durch 
Selbstverschulden  oder  sonstige,  etwa  zu- 
fällige   Zeitumstände    bedingt,    sondern    in- 


folge eines  pflichtgetreuen  Einsatzes  für  das 
Volksganze  hervorgerufen  worden.  Aus 
dieser  unbestreitbaren  Tatsache  erwächst  für 
ihn  der  Anspruch  auf  eine  petsön- 
1  i  c  he  ,  berufliche  und  wirtschaft- 
liche Betreuung,  die  notwendig  ist, 
um  die  ihm  verbliebenen  und  die  inzwischen 
neu  entfalteten  Kräfte  in  neue  Lebensformen 
zu  bringen  und  sie  als  Ganzes  nutzbar  zu 
machen. 

Dieser  grundlegende  Neuaufbau  ist  bei 
uns  Kriegsblinden  in  jedem  Falle  zur  zwin- 
genden Notwendigkeit  geworden.  Die 
schwere  Verwundung  mit  ihren  kaum  zähl- 
baren Folgeerscheinungen  hat  uns  die  ehe- 
dem mit  großen  Hoffnungen  aufgebaute 
Lebens-  und  Berufsgrundlage  restlos  zerstört 
und  uns  vor  ein  unvorstellbares  Chaos  ge- 
stellt. Jeder  von  uns  mußte  von  Grund  auf 
neu  beginnen,  wir  mußten  lernen  und  immer 
wieder  dazulernen,  insbesondere  lernen,  im 
Leben  auf  vieles  zu  verzichten.  Diesen  viel- 
seitigen Erfordernissen  kann  der  Kriegs- 
blinde nur  gerecht  werden,  wenn  Einrich- 
tungen bestehen,  die  ihm  eine  weitgehende 
Hilfe  angedeihen  lassen. 

Dazu  gehört: 

1.  Eine  eingehende  Beratung  des  Kriegs- 
blinden mit  dem  Ziele,  ihm  das  verlorene 
Selbstvertrauen  wieder  zurückzugeben 
und  den   neuen  Lebensweg  aufzuzeigen, 

2.  eine  sachgemäße  Berufsberatung, 
bei  welcher  die  Frage  geklärt  werden 
soll,    ob    der    Kriegsblinde    freiberuflich 


schaffen    will    oder    eine    betriebsgebun- 
dene Tätigkeit  bevorzugt, 

3.  eine  gründliche  blindentechnische  und 
blindenberufliche  Umschulung  nach 
einem  zeitgemäß  ausgerichteten  Lehr- 
plan innerhalb  einer  Sondereinrichtung, 
in  der  den  besonderen  Bedürfnissen  der 
Späterblindung  weitgehend  Rechnung  ge- 
tragen wird  und  die  geeignet  ist,  eine 
umfassende  Berufsertüchtigung  für  einen 
erfolgversprechenden  Einsatz  zu  gewähr- 
leisten, 

4.  eine  im  Anschluß  an  die  Berufsausbil- 
dung durchzuführende  Arbeitsver- 
mittlung unter  Berücksichtigung  der 
Kenntnisse  und  Fähigkeiten  des  Kriegs- 
blinden, oder  bei  der  Selbständigmachung 
eines  Kriegsblinden  eine  erschöpfende 
Beratung,  auf  welche  Weise  der  erlernte 
Beruf  mit  Aussicht  auf  Erfolg  ausgeübt 
werden  kann, 

5.  die  Bereitstellung  aller  erforderlichen 
blindentechnischen  Hilfsmittel,  wie 
Schreibapparate,  Punktschriftmaschinen, 
Schreibmaschinen,  Werkzeuge  und  die 
sonstigen  Maschinen  für  einen  blinden 
Handwerker, 

6.  die  Vermittlung  von  Wohn-  und 
Arbeitsräumen  oder  die  Schaf- 
fung von  Eigenheimen,  entweder  durch 
Ankauf  von  Altanwesen  oder  Erstellung 
von  Neusiedlungen,  ferner  Bereitstellung 
der  hierfür  benötigten  Geldmittel  zu 
günstigen  Bedingungen, 

7.  eine  großzügige  finanzielle  Unterstützung 
zur  Hausstandsgründung,  wo- 
bei zu  beachten  ist,  daß  die  eigene  Häus- 
lichkeit für  den  Kriegsblinden  einen 
wesentlichen  Bestandteil  für  seine  innere 
Befriedigung  und  die  Festigung  seiner 
wirtschaftlichen  Existenz   bedeutet, 

8.  die  Sicherstellung  einer  ausreichenden 
Erholungsfürsorge  zur  Erhaltung 
und  Stärkung  der  Arbeitskraft  des 
Kriegsblinden  und  seiner  Pflegeperson, 
sowie  die  Übernahme  der  Kosten  für 
die  Krankenbehandlung  des 
Kriegsblinden  und  seiner  Familienange- 
hörigen, soweit  hierfür  ein  anderer 
Kostenträger  nicht  vorhanden  ist, 

9.  die  Gewährung  angemessener  Erzie- 
hungsbeihilfen für  eine  ordnungs- 
gemäße Schul-  und  Berufsausbildung  der 
Kinder  der  Kriegsblinden, 

10.  eine  gutorganisierte  nachgehende 
Fürsorge,  die  zum  Ziele  haben  soll,  dem 
Kriegsblinden  und  seiner  Familie  in  allen 
Fragen  und  in  jeder  Lebenslage  Auf- 
klärung und  Hilfe  angedeihen  zu  lassen. 

Wir  Kriegsblinden  wissen  aus  der  Ver- 
gangenheit, daß  die  eben  aufgezeichneten 
Forderungen  nur  im  Rahmen  einer  Son- 
derfürsorge erfüllt  werden  können. 
Diese  von  uns  begehrte  Sonderfürsorge 
kann  weder  durch  die  allgemeine  Fürsorge 
noch  innerhalb  einer  Kb.-  und  Kh. -Fürsorge 
durchgeführt  werden,  mit  anderen  Worten, 
sie  soll  aus  dem  Rahmen  der  übrigen  Für- 
sorge herausgenommen  und  Zentralstellen 
übertragen  werden.  Hierdurch  soll  erreicht 
werden,  daß  die  in  der  Fürsorge  strenge 
Begrenzung  der  Leistungen  wegfällt  und  an 
deren  Stelle  ein  Maßstab  angelegt  wird,  der 
den  ganz  anders  gearteten  Bedürfnissen  des 
Schwerstbeschädigten  sinngemäß  Rechnung 
trägt.  Der  Schwerstbeschädigte  unter- 
scheidet sich  von  dem  hilfsbedürftigen 
Fürsorgeempfänger  so  erheblich,  daß  eine 
Gleichstellung  mit  diesem  von  vornherein 
ausgeschlossen  und  abgelehnt  werden  muß. 
Die  Fürsorge  bedeutet  für  ihn  eine  notwen- 
dige Ergänzung  der  knappen  Rentenversor- 
gung, auf  die  er  im  Interesse  seiner  sozialen, 
beruflichen  und  gesellschaftlichen  Stellung 
Anspruch   erheben   kann. 

In  wahrer  Erkenntnis  dieser  Sachlage  hatte 
die  Reichsregierung  in  dem  Änderungsgesetz 


zum  RVG  vom  3.  7.  34  in  Art.  5  §  1  fol- 
gende   gesetzliche   Regelung   getroffen: 

„Um  die  Fürsorge  für  die  Kriegsblinden 
und  Hirnverletzten  zu  vereinheitlichen  und 
zu  verbessern,  wird  sie  den  Landesfürsorge- 
verbänden  —  Hauptfürsorgestellen  —  zur 
Durchführung  übertragen." 

Zum  Vollzug  dieser  gesetzlichen  Vorschrift 
wurden  in  der  Folgezeit  Durchfüh- 
rungsbestimmungen erlassen,  und 
zwar: 

a)  Die  Bekanntmachung  des  RAM  vom 
21.  9.  34, 

b)  (in  Bayern)  das  Bayer.  Fürsorgegesetz 
vom  30.  3.  35,  in  dem  die  Aufbringung 
der  Geldmittel  für  die  Kriegsblinden-  und 
Hirnverletztenfürsorge  geregelt  wurde, 

c)  die  VO  der  Reichsregierung  vom  28.  6.  40, 
in  der  der  Personenkreis  und  die  für  ihn 
zu  treffenden  Maßnahmen  genau  um- 
schrieben wurden. 

In  dem  Runderlaß  des  Bundesinnenmini- 
sters vom  17.  3.  50  wurde  in  Ziffer  17  aus- 
drücklich erwähnt,  daß  die  VO  vom  28.  6.  40 
weiterhin  vollinhaltliche  Gültigkeit  hat 
und  nicht  außer  Kraft  gesetzt  ist.  Wir  fragen 
uns  daher:  Warum  fordern  wir  immer  noch 
die  zentralisierte  Kriegsblindenfürsorge, 
wenn  diese  bereits  besteht?  Der  Volksmund 
gebraucht  des  öfteren  die  Redewendung: 
„Das  steht  nur  auf  dem  Papier."  Ähnlich 
verhält  es  sich  mit  der  Sonderfürsorge  für 
Schwerstbeschädigte,  die  im  Bundesgebiet 
praktisch  bisher  auch  nur  auf  dem  Papier 
steht. 

Allen  Kriegsblinden  ist  es  unverständlich, 
daß,  obgleich  das  BVG  schon  fast  seit  14 
Monaten  in  Kraft  gesetzt  ist,  die  Vorschrif- 
ten der  §§  25—27  BVG  über  die  soziale 
Fürsorge  und  darunter  auch  besonders  die 
Vorschriften  über  die  Sonderfürsorge  für 
Kriegsblinde,  Hirnverletzte,  Pflegezulage- 
empfänger usw.  praktisch  noch  nicht  ver- 
wirklicht werden  konnten,  weil  die 
Rechtsverordnung  zu  §  26  BVG  und  die  Vor- 
schriften zu  §§  25—27  BVG  erst  am  12.  12. 
1951  in  Kraft  gesetzt  wurden  und  z.  B.  be- 
züglich der  Erziehungsbeihilfen  noch  immer 
der  ergänzenden  Erlasse  bedürfen,  um  durch- 
geführt zu  werden.  Die  Kriegsblinden  erwar- 
ten nun  dringend,  für  sich  und  die  ihnen 
gleichgestellten  schwerstverletzten  Kamera- 
den die  beschleunigte  Durchführung 
der  nach  dem  BVG  vorgesehenen  Sonder- 
maßnahmen, wie  sie  in  den  oben  genannten 
10  Punkten  dargelegt  wurden. 

Wir  freuen  uns  übrigens  ganz  besonders, 
daß  in  den  Verwaltuhgsvorschriften  bei  den 
Sondermaßnahmen  für  Kriegsblinde  auch  der 
selbständig  tätigen  Kriegsblin- 
den und  ihre  Unterstützung  durch  geeignete 
Maßnahmen  von  Seiten  der  Hauptfürsorge- 
stellen gedacht  wurde.  Christian  Wilhelm 

Die  Sonderfürsorge  für  Kriegsblinde 

Nach   den   Verwaltungsvorschriften 
zum  BAG  §  25  Absatz  2 

I. 

1.  In  den  Verwaltungsvorschriften  ist  die 
ausschließliche  Zuständigkeit 
der  Hauptiürsorgestellen  für  die 
Kriegsblinden,  Ohnhänder  und  sonstigen 
Empfänger  einer  Pflegezalage  sowie  Hirn- 
verletzten eindeutig  lestgelegt.  Eine  Über- 
tragung der  Entscheidungsbefugnis  ist  nicht 
zulässig. 

2.  Maßgebend  lür  die  Entscheidung,  wer 
als  Kriegsblinder . . .  anzusprechen  ist,  ist 
aHein  die  Versorgungsbehörde  and  deren 
rechtskräftiger  Rentenbescheid.  Die  Entschei- 
dung des  zuständigen  Versorgungsamtes  ist 
lür  andere  Behörden  bindend. 

3.  Die  Hauptiürsorgestellen  haben  die  ge- 
samte öffentliche  Fürsorge  für  Kriegs- 
blinde . . .  und  der  Familienmitglieder  durch- 


zuführen, deren  Ernährer  der  Kriegsblinde  . . . 
ist  oder  ohne  die  Schädigung  voraussichtlich 
geworden  wäre.  Dies  gilt  nicht  für  Familien- 
mitglieder, die  nach  besonderen  Vorschriften 
in  Anstaltspllege  untergebracht  sind. 

Die  Zuständigkeit  der  Hauptiürsorgestellen 
bleibt  auch  dann  bestehen,  wenn  sich  diese 
Familienangehörigen  vorübergehend  oder  bei 
Kindern  in  Berufsausbildung  außerhalb  des 
Haushaltes  belinden. 

Wegen  der  Eigenart  und  der  Schwere  der 
Lebensbedingungen  der  Kriegsblinden  . . .  ist 
diese  Zuständigkeit  auch  auf  den  Verwandten 
oder  Verschwägerten  auszudehnen,  der 
anstatt  des  Ehegatten  mit  dem  Beschädigten 
in  Haushaltsgemeinschait  lebt  und  ihn  pilegt. 
Personen,  deren  Trennung  von  der  Haus- 
haltsgemeinschait eine  ollensichtliche  Härte 
bedeutet,  können  den  obigen  Personen  gleich- 
gestellt werden. 

II. 

1.  Das  Schwergewicht  der  Betreuung  liegt 
in  der  Arbeitstürsorge.  Sorgtältige 
Beruisberatung  und  Ausbildung  haben  der 
Arbeitsvermittlung  vorauszugehen.  Die  ver- 
mittelten Arbeitsverhältnisse  sind  zu  über- 
wachen und  am  Arbeitsplatz  eine  besondere 
Betreuung,  evtl.  unter  Einschaltung  des 
Werksarztes,  durchzuführen. 

Selbständigen  Kriegsblinden  ...  ist 
bei  der  Einrichtung  und  beim  Aufbau  ihrer 
Existenz  seitens  der  Hauptfürsorgestellen 
nachdrücklich  Hilfe  zu  leisten.  Späterhin  sind 
sie  auch  durch  Vermittlung  von  Arbeits- 
aufträgen zu  unterstützen. 

2.  Die  Hauptiürsorgestellen  sollen  die 
Kriegsblinden  . . .  bei  der  Beschattung  aus- 
reichenden und  gesunden  Wohnraums, 
eriorderlichenialls  auch  durch  finanzielle 
Maßnahmen,  unterstützen. 

Das  Bestreben  nach  einem  Eigenheim  oder 
nach  einem  grundstücksgleichen  Recht  sollen 
die  Hauptfürsorgestellen  durch  Rat  und  Hilfe, 
soweit  irgend  möglich,  unterstützen  durch 
Vermittlung  von  Darlehnsgewährung. 

Auch  Ehe-  und  Haushaltsgründung  soll 
den  Kriegsblinden  .  . .  durch  finanzielle  Maß- 
nahmen erleichtert  werden. 


3.  Soweit  Erholung  zur  Erhaltung  von 
Gesundheit  und  Arbeitsfähigkeit  erforderlich 
ist,  soll  sie  Kriegsblinden  ...  in  ausreichen- 
dem Maße  durch  die  Hauptfürsorgestellen 
gewährt  werden.  Die  Mitnahme  einer  Be- 
gleitperson, insbesondere  der  Eheirau,  soll 
bei  Kriegsblinden  und  Ohnhändern,  in  be- 
sonderen Fällen  auch  bei  Hirnverletzten  und 
sonstigen  Emplängern  einer  Pflegezulage,  er- 
möglicht werden. 

* 

Auf  Grund  dieser  in  den  Verwaltungsvor- 
schriften genannten  Sondermaßnahmen  für 
Kriegsblinde,  deren  Aufzählung  keinesfalls 
erschöpfend  sein  soll,  ist  den  Hauptfürsorge- 
stellen, und  zwar  in  ausschließlicher  Zustän- 
digkeit, weitestgehend  die  Möglichkeit  ge- 
geben, der  schweren  Lage  der  Kriegsblinden 
in  jeder  Beziehung  gerecht  zu  werden.  In 
der  Hauptsache  dürften  die  hierfür  erforder- 
lichen Mittel  als  Kriegsfolgelasten  in  aus- 
reichendem Maße  durch  die  Bundesregierung 
zur  Verfügung  gestellt  werden.  Soweit  dies 
in  besonderen  Fällen,  z.  B.  bei  der  Woh- 
nungs-  und  Siedlungsfürsorge,  nicht  der  Fall 
ist,  müssen  wir  der  Hoffnung  Ausdruck  ge- 
ben, daß  die  Länder  wie  früher,  gerade 
für  diese  zentralisierte  Fürsorge  für  Kriegs- 
blinde, in  ausreichendem  Maße  die  erforder- 
lichen finanziellen  Mittel  zur  Verfügung 
stellen. 

Da  alle  diese  Sondermaßnahmen  eine  ver- 
ständnisvolle Einfühlung  in  das  Schicksal 
der  Kriegsblindheit  erfordern,  dürfte,  soweit 
nicht  schon  bei  den  Hauptfürsorgestellen  ge- 
eignete Kriegsblinde  mit  der  Durchführung 
der  Sonderfürsorge  für  Kriegsblinde  betraut 
sind,  es  notwendig  und  zweckmäßig  sein, 
zur  Mitwirkung  die  zuständige  Gliede- 
rung der  Schicksalsgemeinschaft  der  deut- 
schen Kriegsblinden  heranzuziehen. 
Vertrauen  und  Verständnis  sind  gerade  bei 
der  Fürsorge  die  wichtigste  Grunri 'age  jeder 
durchzuführenden  Maßnahme  und  Voraus- 
setzung der  besten  Auswirkuna  bei  den 
Kriegsblinden.  Die  kriegsblinden  Kameraden 
können  daher  voller  Vertrauen  darauf  rech- 
nen, daß  ihnen,  wenn  sie  in  eine  Notlage 
geraten,  durch  die  Hauptfürsorge- 
stellen geholfen  wird. 


OfiiJ  de*t  ^^ft^ej^eraa^u^c^v 


Erfolgreiche  Arbeitsvermittlung 

Als  Erfolg  der  verschiedenen  intensiven 
Bemühungen  und  nicht  zuletzt  der  großen 
Werbeveranstaltung  im  Steglitzer  Rathaus 
ist  in  Westberlin  zu  verzeichnen,  daß 
zu  Anfang  dieses  Jahres  noch  21  Blinde  beim 
Senat  oder  bei  den  Bezirksämtern  als  Büro- 
kräfte eingestellt  worden  sind,  darunter  auch 
eine  Anzahl  von  Kriegsblinden.  Angesichts 
der  besonderen  Schwierigkeiten  in  Berlin, 
die  z.  B.  eine  Unterbringung  als  Industrie- 
arbeiter praktisch  unmöglich  machen,  ist 
dieser  Erfolg  unseres  Kameraden  Bischoff 
höchst  bemerkenswert. 

Selbstlose  Siedlungshilfe 

Vorbildliche  Haltung 
einer  Gemeindeverwaltung 

Wie  wir  aus  dem-  Bezirk  Oldenburg 
erfahren,  hat  die  Gemeindeverwaltung  D  ö  t  - 
1  i  n  g  e  n  ,  Kr.  Oldenburg,  unserem  kriegs- 
blinden Kameraden  Karl-Heinz  Schütte  aus 
Barel  i.  O.  zur  Errichtung  eines  Eigenheimes 
kostenlos  einen  Bauplatz  zur  Verfügung  ge- 
stellt. Der  Bürgermeister  Schwarting  und  der 
Gemeindedirektor  Willms  haben  die  Ge- 
meindemitglieder zur  Mithilfe  bei  der 
Errichtung  dieses  Eigenheimes  aufgerufen. 
Eine  durchgeführte  Sammlung  ergab  den  Be- 
trag von  fast  3000, —  DM,  der  durch  die 
beiden  genannten,  wahrhaft  echten  „Ge- 
meindeväter" aus  eigener  Tasche  auf  3000r-^- 


DM  abgerundet  wurde.  Anfuhren  und  Hand- 
reichungen besorgten  Arbeitslose  und  Bauern 
kostenlos. 

Dieses  vorbildliche  und  verständnisvolle 
Verhalten  hat  nur  wenig  Parallelen.  Nur  bei 
Düren  und  bei  Detmold  sind  in  den  letzten 
Jahren,  soweit  wir  wissen,  zwei  Eigenheime 
für  Kriegsblinde  auf  Grund  einer  ähnlich 
selbstlosen  Aktivität  der  Gemeinde  fertig- 
gestellt worden.  Hoffen  wir,  daß  dieses  neue 
Beispiel  aus  Oldenburg  bald  Schule  macht! 

„Wir  Jecken  halten  zusammen" 

Karnevalssitzung  der  Kölner  Kriegsblinden 

War  das  ein  Abend  im  großen  Sartorysaal 
am  30.  1.  1952!  Die  Kölner  Kriegsblinden 
veranstalteten  nach  langer  Pause  wieder 
einmal  eine  karnevalistische  Sitzung,  die  zu 
einer  prunkvollen,  also  einer  Prunksitzung, 
wurde.  Hätten  die  närrischen  Kölner  geahnt, 
was  sie  hier  erwartete,  der  1500  Menschen 
fassende  Saal  wäre  viel  zu  klein  gewesen. 
Selbst  die  großen  Karnevalsgesellschaften 
vermögen  kaum  mit  einem  solchen  Pro- 
gramm aufzuwarten.  Das  ist  keine  Über- 
treibung; die  Kölner  Presse  äußerte  sich 
ähnlich  Man  hört  oft,  die  bekannten  Kölner 
Karnevalisten  seien  nur  um  des  Geldes 
willen  so  närrisch.  Aber  hätten  sich  dann  so 
viele  beliebte  Obernarren  kostenlos  iür 
unsere  Sitzung  zur  Verfügung  gestellt,  daß 
gar  nicht  alle  auftreten  konnten?  Dieses 
prächtige   Erlebnis   verdanken  wir  in  erster 


8 


Linie  unserem  allezeit  regen  Bezirksvorsit- 
zenden Christian  Hamann  und  dem  Karne- 
valspräsidenten Klaus  Bintz,  der  schon  vor 
dem  Kriege  immer  dafür  sorgte,  daß  die 
Kriegsblinden  im  Kölner  Karneval  nicht  zu 
kurz  kamen,  und  der  auch  diese  Sitzung 
leitete. 

Als  der  Elferrat  einzog,  der  diesmal  — 
für  Köln  —  erstmalig  aus  Kriegsblinden  be- 
stand, außer  dem  Präsidenten  natürlich,  pas- 
sierte ein  Malheur,  das  wir  als  ein  gutes 
Omen  ansahen.  Die  letzten  Fünf  des  Rates 
verloren  beim  Hinaufsteigen  einer  Treppe 
die  Verbindung  und  standen  hilflos  da,  bis 
ein  Ober  sie  ins  Schlepptau  nahm  und  zur 
Bühne  brachte.  Und  dann  hörten  wir  ein 
vierstündiges,  pausenloses  Programm,  ein 
Alaafgeschrei,  ein  Raketensteigenlassen,  ein 
Klatschen  und  eine  Lachsalve  nach  der 
anderen,  ' 

Zunächst  wären  zu  nennen  die  Tanzkorps 
der  Roten  Funken,  der  Luftflotte,  der  Treuen 
Husaren  und  der  Rheinflotte,  die  alles  mit 
ihrer  Farbenpracht  und  ihren  unnachahm- 
lichen Tänzen  in  Entzücken  setzten.  Und  erst 
die  Funkenmariechen  in  ihrer  Mitte,  die  so 
wunderbar  tanzen  und  .  .  .  küssen  können! 
Das  erfuhren  selbst  die  prominenten  Ehren- 
gäste, die  sie  für  ihre  schönen  Darbietungen 
„mündlich"  belohnen  mußten.  Sehr  an- 
sprechend waren  auch  der  Kellermeister 
(Fritz  Grunding),  der  zur  Einleitung  Wein- 
und  Rheinlieder  sang,  und  Martin  Däntier, 
der  echte  Kölsche  Boor,  der  äußerlich  einer 
alten  Bronzestatue  glich  und  uns  mit 
humor-  und  geistreichem  Vortrag  erfreute. 
Dann  erschien  Fibbes  Kneip  und  sang  sein 
Loblied  auf  die  Kölsche  Mund-  und  Eigen- 
art und  machte  Vorschläge,  wie  sie  erhalten 
und  gepflegt  werden  können.  Als  erster 
kletterte  Jupp  Weller  als  Tünnes  in  die 
Butt.  Allein  die  unheimlich  monotone  Sprech- 
weise, in  der  er  seine  witzige  Rede  zum 
Besten  gab,  reizte  schon  zum  Lachen.  Nach 
ihm  wurde  uns  Hans  Schiffer,  guter  Nach- 
wuchs auf  dem  Kölner  Karnevalsschlager- 
markt, serviert.  Er  sang  sein  Lied  von  den 
musikalischen    Bohnen:     „Bei    Schmitze    jitt 


et  Bunnezupp,  fupp,  fupp,  fupp".  Er  wurde 
abgelöst  vom  Büttenredner  Paul  Müller,  der 
als  UNO-Soldat  zu  uns  sprach.  Köstlich,  wie 
er  seine  politische  Rede  mit  angloamerikani- 
schen  Akzenten  zu  würzen  verstand!  Was 
dann  auf  uns  einstürmte,  klingt  uns  heute 
noch  in  den  Ohren:  die  Negerköpp,  ein 
Kölner  Kegelklub,  18  Mann  hoch.  Es  war 
eine  einzige,  eine  einzigartige  Geräusch- 
kulisse, an  der  selbst  unsere  schwerhörigen 
Kameraden  ihre  Freude  hatten.  Sie  lösten 
durch  ihre  Krachmacherei,  ihre  originelle 
Kostümierung  und  akrobatischen  Tanzkunst- 
stückchen tolle  Lachsalven  aus. 

Nach  der  hier  vorgesehenen  Pause  ge- 
lüstete es  niemand  im  Saale.  Es  ging  weiter 
mit  Hans  Vey,  der  in  der  Butt  die  Nöte 
eines  Schrotthändlers  schilderte.  Mit  Klatsch- 
marsch geleiteten  wir  sodann  Willi  Klett 
in  die  Butt.  Als  „Hä  selvs"  ist  er  weit  über 
Köln  hinaus  bekannt  und  weiß  seinen  Zu- 
hörern in  jedem  Jahr  eine  neue  treffliche 
Rede  vorzusetzen.  Wie  sagte  er  noch?  Er 
habe  das  ganz  bestimmte  Gefühl,  daß  er 
jeck  sei,  und  wir  Jecken  müßten  viel  mehr 
zusammenhalten;  wir  sähen  ja,  wo  die  Ver- 
nünftigen uns  hingebracht  hätten!  Nach 
ihm  trat  das  Gesangs-  und  Tanzpaar  Latz 
und  Lätzchen  ins  Rampenlicht.  Sie  gleichen 
tatsächlich  fast  einer  Latte  und  einem  Lätt- 
chen  und  erregten  so  viel  Heiterkeit,  daß 
wir  bedauerten,  die  beiden  nicht  sehen  zu 
können.  Dafür  hatten  wir  mehr  von  den 
vier  Botzen  und  ihrer  Sangeskunst.  Auch 
Leo  Kowalski  vom  NWDR  beglückte  uns  mit 
seiner  Anwesenheit.  Hans  Herpens  schrieb 
die  Texte  zu  seinen  Schlagern  und  trug  sie 
vor,  u.  a.  das  Lied  „Dreimal  darfst  du  raten". 

Daraufhin  folgte  der  würdige  Abschluß. 
Unser  Präsident  Klaus  Bintz  rief  die  Ge- 
mahlin unseres  Christian  auf  die  Bühne  und 
ehrte  in  ihr  alle  Frauen  der  Kriegsblinden 
durch  ein  Geschenk  stollwerkscher  Prägung 
und  einen  herzhaften  Kuß! 

An  Ehrengästen  begrüßten  wir  den 
Herrn  Regierungspräsidenten,  Dr.  Warsch, 
Herrn  Oberbürgermeister  Görlinger,  mehrere 
Kölner  Stadtverordnete,  unseren  Bundesvor- 


sitzenden Dr.  Peter  Plein,  den  Landesver- 
bandsleiter Nordrhein,  Otto  Jansen,  vier 
Vertreter  der  Firma  Stollwerk,  die  es  uns 
ermöglichte,  die  Auftretenden  für  ihre 
Mühewaltung  mit  leckeren  Sachen  zu  be- 
lohnen, und  andere. 

Diese  sorglosen  Stunden  werden  uns  noch 
lange  in  guter  Erinnerung  bleiben,  und  wir 
freuen  uns  schon  auf  die  Fortsetzung  im 
nächsten  Jahre.  Gabriel  Mertens 

Berufsjubiläen 

40  Jahre  bei  der  Hüttenunion 

Der  Kriegsblinde  Josef  Gerlach, 
Dortmund-Hörde,  Am  Marksbach  12,  feierte 
am  10.  Dezember  1951  sein  40jähriges  Arbeits- 
jubiläum. Seit  1911  ist  er  bei  der  Dort- 
mund-Hörder-Hüttenunion  tätig.  Nach  seiner 
Erblindung  im  Jahre  1917  stellte  ihn  das 
Werk  sofort  wieder  ein  und  beschäftigte  ihn 
in  der  Ankerwickelei.  Seit  dieser  Zeit  ist  er 
als  Stabankerwickler  tätig  und  hat 
sich  durch  seinen  Fleiß  und  sein  ruhiges 
Wesen  das  größte  Vertrauen  seiner  Firma 
erworben.  Das  Werk  ehrte  den  Jubilar  in 
einer    Feierstunde    an    seinem    Arbeitsplatz. 

Schild 
30  Jahre  Lotterie-Einnehmer 

Sein  Geschäftsjubiläum  zur  30jährigen 
Tätigkeit  als  Lotterie-Einnehmer  kann  am 
22.  März  der  Kamerad  PaulDreier,  (20b) 
Wolfenbüttel,  Breite  Herzogstraße  13,  be- 
gehen. Ihm  wurde  1922  von  der  damaligen 
Preuß. -Süddeutschen  Klassenlotterie  die  von 
seinem  Vater  zu  seinen  Gunsten  nieder- 
gelegte Einnahme  übertragen.  Kamerad  Dreier 
baute  diese  in  Schneidemühl  weiter  aus  und 
hatte  gute  Erfolge  für  sich  und  seine  Spieler. 
Nach  dem  Verlust  der  Heimat  ist  es  ihm 
gelungen,  sich  in  Wolfenbüttel  in  seinem 
alten  Beruf  als  Lotterie-Einnehmer  der  Nord- 
westdeutschen Klassenlotterie  wieder  eine 
neue  Existenz  zu  schaffen.  Hoffen  wir  — 
nicht  zuletzt  auch  zur  Freude  von  Kamerad 
Dreier  — ,  daß  er  in  der  neuen,  am  7.  März 
beginnenden  Lotterie  wieder  an  manche  bei 
ihm  spielende  Kriegsblinde  dicke  Beträge 
auszahlen  kann! 


Kriegsblinder 

(Emsländer),  34  J.,  1,72  gr.,  sehr 
gut  aussehend,  mit  eig.  Haus 
(Neubau)-  in  ländlicher  Gegend, 
wünscht  die  Bekanntschaft  eines 
gut  kath.  Mädels  oder  Witwe 
ohne  Anhang,  nicht  unter  28  J., 
zw.  Heirat.  Nur  ernstgem.  Zu- 
schriften erbeten  unter  R.  L.  an 
„Der  Kriegsblinde",  Bielefeld, 
Stapenhorststraße  138 


Junges  Mädchen 

26  J.,  1,75  gr.,  berufst.,  ordent- 
lich und  solide,  mit  kl.  Körper- 
fehler, sucht  auf  diesem  Wege 
die  Bekanntschaft  eines  lieben 
und  netten  Kriegsblinden.  Alter 
bis  35  J.  Zuschriften  mit  Bild 
(zurück)  unt.  A.  BS.  a.  d.  Schriftl. 
Bielefeld,  Stapenhorststraße  138. 


Kriegsbl.  Bürstenmather 

schuldl.  gesch.,  1,75  gr.,  schlank, 
ev.:  blond,  37  J.,  sucht  zwecks 
baldiger  Heirat  liebevolle  und 
treue  Kameradin  im  Alter  von 
35  bis  40  J.  Witwe  mit  Kind 
sehr  angenehm.  Vollständige 
Wohnungseinrichtung  Vorhand. 
Zuschriften  erbeten  unter  Seh.  B. 
an   die   Schriftleitung. 


Flüchtlingsfrau 

35  J.,  mit  12j.  Tochter,  möchte 
Ib.  Kriegsblinden  kennenlernen. 
Zuschriften  erbeten  unter  B.  L. 
an  die  Schriftleitung,  Bielefeld, 
Stapenhorststraße    138. 


Kriegsbl.  Bürstenmacher 

28  J.,  1,67  gr.,  schlank,  dunkel, 
kath.,  Wohnung  vorh.,  wünscht 
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nett.  Mädel  entsprechend.  Alters 
zw.  späterer  Heirat.  Zuschriften 
erb.  unt.  B.  D.  a.  d.  Schriftleitg., 
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10 


Mein  Heim  meine  Welt   /  Beispiele  aus  Unterfranken 


Die  Situation  bis  1939 

Die  soziale  Kriegsbeschädigten-  und  Kriegs- 
hinterbliebenenfürsorge in  Bayern  hat  bald 
nach  dem  1.  Weltkrieg  die  Schaffung  von 
Eigenheimen  für  die  Kriegsopfer,  vor  allem 
für  die  Schwerstbeschädigten,  als  eine  be- 
sonders förderungswürdige  Aufgabe  heraus- 
gestellt. Diesem  Gebiet  wurde  daher  auch  in 
den  folgenden  Jahren  besondere  Aufmerk- 
samkeit gewidmet. 

Der  bayer.  Staat  gewährte  in  großzügiger 
Weise  Staatsbaudarlehen  und  für  Schwer- 
kriegsbeschädigte noch  Zusatzdarlehen,  mit 
denen  die  Hausneubauten  im  wesentlichen 
finanziert  werden  konnten.  Schon  im  Jahre 
1926  wurde  die  Zinsverpflichtung  für  die 
staatlichen  Darlehen  aufgehoben,  die  Kriegs- 
blinden hatten  fortan  nur  eine  Tilgung  von 
4  j  v.  H.  zu  leisten,  die  später  noch  weiter 
ermäßigt  worden  ist. 

1  Bei  den  gegebenen  Verhältnissen  konnten 
die  Kriegsblinden  in  Bayern  großzügig  an- 
gesiedelt werden.  Für  die  rund  400  Kame- 
raden in  Bayern  des  1.  Krieges  wurden  da- 
mals fast  300  Neusiedlungen  erstellt,  ein 
weiterer  Teil  wurde  im  Zuge  des  Anwesens- 
Erwerbs  seßhaft  gemacht;  auch  hierfür  wur- 
den staatliche  Ankaufsdarlehen  zu  den  glei- 
chen Bedingungen  wie  die  Baudarlehen  ge- 
währt. Nur  ein  sehr  geringer  Prozentsatz  der 
bayer.  Kameraden  blieb  ohne  Eigenheim. 

Wer  zwischen  den  beiden  Kriegen  das 
Glück  hatte,  die  Kriegsblinden  mit  ihren 
Familien  im  eigenen  Heim,  auf  eigener 
Scholle  aufzusuchen,  dem  wurde  deutlich  be- 
wußt, daß  diese  Art  der  Fürsorge  die  erfreu- 
lichsten Erfolge  zeitigte:  Versöhnung  mit 
dem  Schicksal,  Ausgleich  der  Widerwärtig- 
keiten des  Alltags,  Friede  und  Wohlfahrt 
für  den  Erblindeten  und  seine  Familie.  Die 
Freiheit  und  Unabhängigkeit  im  vertrauten 
Räume,  Arbeit  und  Aufenthalt  im  Garten 
und  Hofwesen,  die  gesunde  Atmosphäre  für 
die  heranwachsenden  Kinder,  das  liebevolle 
Einrichten,  Verschönern  und  Pflegen  der 
Heimstätte  erzeugten  nicht  nur  berechtigten 
Besitzerstolz,  sondern  vor  allem  die  fried- 
volle Ruhe  des  Geborgenseins  vor  einer 
gefahrvollen  Außenwelt  mit  ihrer  Hast  und 
den  mannigfachen  unausbleiblichen  Enttäu- 
schungen. 

Voll  Wehmut  und  doch  auch  voll  stillen 
Glückes  gedenken  viele  Kameraden  des 
1.  Krieges  der  frohen  Zeit  ihrer  jungen  Ehe 
und  der  mit  den  blühenden  Gärten  wett- 
eifernden Kinderschar,  der  Söhne,  die  in 
Gottes  freier  Natur  und  in  den  sonnendurch- 
fluteten Räumen  des  Siedlungshauses  zu 
lebensfrohen,  kraftstrotzenden  Jünglingen 
heranwuchsen.  Viele  verließen  auf  Nimmer- 
wiederkehr das  Elternhaus,  gaben  ihr  Leben 
hin  draußen  auf  den  Schlachtfeldern,  wie 
auch  zahlreiche  der  trauten  Heimstätten  der 
Kriegsfurie  zum  Opfer  fielen. 

Nach  1945 

j  Bei  dem  Zusammenbruch  1945  stand  man- 
cher der  fleißigen  Siedler  verzweiflungsvoll 
am  Grabe  seiner  Habe.  Aber  wer  einmal  in 
der  Vergangenheit  sich  Kräfte  aus  dem  eige- 
nen Heim  hatte  holen  können,  überwand  als- 
bald den  Schock,  und  die  kriegsblinden  Sied- 
ler und  ihre  Frauen,  zwar  jetzt  mit  grauen 
Haaren,  aber  mit  frischer  Tatkraft  und  einem 
mutigen  Herzen,  gingen  an  den  Wieder- 
aufbau ihrer  Ruinen.  Heute  sind  die  Kriegs- 
schäden an  den  Siedlungen  der  bayer.  Ka- 
meraden größtenteils  beseitigt. 

Außergewöhnlich  groß  ist  aber  auch  die 
Sehnsucht  der  jungen  Kameraden  nach 
einer  Heimstätte,  sehr  verständlich  vor  allem 
deshalb,  Weil  viele  von  ihnen  noch  sehr  ein- 
geengt wohnen,  sich  zum  Teil  in  Notunter- 
künften oder  gar  in  Flüchtlingslagern  be- 
finden. Für  die  jungen  und  die  heimatver- 


triebenen  Kameraden   ist   daher   das   eigene 
Heim  Ziel  heißen  Strebens. 

Der  soziale  Wohnungsbau  bietet  eine  gute 
Grundlage,  insbesondere,  wenn  die  Vollzugs- 
behörden von  der  dringenden  Notwendigkeit 
und  dem  überaus  großen  Segen  eines  eige- 
nen Heimes  für  Kriegsblinde  überzeugt  wer- 
den können.  Es  ist  auch  hier  mit  Genug- 
tuung festzustellen,  daß  sich  die  Oberste 
Siedlungsbehörde  im  bayer.  Staatsministe- 
rium des  Innern  mit  Bekanntmachung  vom 
19.  5.  50  bereit  erklärt  hat,  bei  Kriegsblinden 
besondere  Finanzierungsmaß- 
nahmen durchzuführen,  sofern  sich  Schwie- 
rigkeiten ergeben  sollten. 

Regierungsstellen  helfen 

Der  Bauabschnitt  der  Regierung  von  Un- 
terfranken in  Würzburg  hat  den  unter- 
stellten Kreisbauämtern  u.  a.  die  folgende 
Weisung  gegeben: 

„Vom  Bund  der  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands e.  V.,  Bezirk  Unterfranken,  wurde  be- 
richtet, daß  der  Kriegsblinde  X  bestrebt  ist, 
sich  in  diesem  Jahr  ein  Eigenheim  zu  er- 
richten. (Kapitalabfindung  ist  beantragt).  An- 
gesichts des  besonders  belastenden  Zustan- 
des  des  Antragstellers  ist  dieses  Gesuch  als 
das  vordringlichste  im  Landkreis  zu 
behandeln.  Zur  Inangriffnahme  seines  Vor- 


ES     STARBEN: 

LANDESVERBAND  BAYERN 
Schlötzer,  Anton,  Deiningen,  Kreis  Nörd- 
lingen,  geb.  am  31.  7.  1880,  gest.  am  9.  1. 
1952. 

LANDESVERBAND  BERLIN 
Zimmermann,     Georg,     Berlin-Frohnau, 
Markgrafenstraße  48,  gestorben  am  23.  8. 
1951. 
W  e  n  d  t ,  Eduard,  Berlin-Schöneberg,  Kolon- 
nenstraße 51,  gestorben  am  20.  9.  1951. 

LANDESVERBAND  HAMBURG 

L  ü  h  r ,  Helmut,  und  Frau,  Hamburg  13, 
Kielerortallee  25,  gestorben  am  8.  1.  1952. 

B  r  a  a  k ,  Friedrich,  Hamburg  13,  Beim 
Schlump  13/Keller,  geb.  am  11.  11.  1879, 
gestorben  am  22.  1.  1952. 

Frau  Emilie  Ponik,  gest.  11.  11.  1951. 
LANDESVERBAND  HESSEN 

Kempf,  Albert,  Groß-Krotzenburg  bei  "Ha- 
nau, Hainstraße  2,  gestorben  am  3. 12. 1951. 

LANDESVERBAND  NIEDERSACHSEN 
Suzuka,  Vinzenz,  Oldenburg  i.  O.,  Ste- 
dingerstraße,  gestorben  am  21.  12.  1951  im 
Alter  von  54  Jahren. 

LANDESVERBAND  SCHLESWIG-HOLSTEIN 

W  e  g  n  e  r  ,  Johannes,  Mölln/Lauenburg,  Am 
Wall  4,  geb.  24.  7.  1889,  gestorben  am 
9.  12.  1951. 

LANDESVERBAND 
WÜRTTEMBERG-NORDBADEN 

L  i  e  b  1 ,  Franz,  Bauschiott,  Kreis  Pforzheim, 
gestorben  am  12.  11.  1951  im  Alter  von 
70  Jahren. 

Schroth,  Eugen,  Pforzheim-Brötzingen, 
geb.  am  26.  9.  1895,  gestorben  am  7.  12. 
1951. 

Heinickel,  Willy,  Nürtingen  i.  Württ., 
geb.  am  1.  1.  1921,  gestorben  am  15.  12. 
1951. 

Dr.  Hartmann,  Adolf,  Stuttgart-W.,  Wie- 
landstraße  24a,  geb.  am  1.  5.  1874,  gestor- 
ben am  22.  1.  1952. 

Fecker,  Konrad,  Steinhofen,  Kr.  Hechin- 
gen, geb.  am  27.  9.  1902,  gestorben  am 
23.  Januar  1952. 

MÖGEN    SIE    IN    FRIEDEN    RUHEN  1 


habens    ist    ihm    jedmögliche    Unterstützung 
angedeihen  zu  lassen." 

In  einem  weiteren  Schreiben  hat  sich  die 
gleiche  Regierungsstelle  bereit  erklärt,  dem 
kriegsblinden  Siedler  auch  die  erststellige 
Hypothek  über  die  Landesversicherungs- 
anstalt Unterfranken  zu  beschaffen. 

Insgesamt  waren  nach  dem  Krieg  einschl. 
der  heimatvertriebenen  Kameraden  130  Mit- 
glieder des  Bezirks  ohne  Heimstätte. 
In  den  letzten  Jahren,  vor  allem  1950,  haben 
bereits  37  von  ihnen  eigenen  Grund 
bezogen  oder  wird  der  Neubau  in  nächster 
Zeit  bezugsfertig.  Für  das  kommende  Jahr 
sind  wieder  größere  Siedlungsvorhaben  ge- 
plant. In  anderen  Regierungsbezirken 
Bayerns  liegen  die  Verhältnisse  zum  Teil 
noch  günstiger.  In  Oberfranken  konnten 
beim  gleichen  Siedlungsbedürfnis  schon  45' 
Kriegsblinde  bodenständig  gemacht  werden. 
Diese  Zahlen  beweisen,  daß  in  Bayern  auch 
die  zweite  Siedlungsaktion  für  Kriegs- 
blinde rüstig  vorwärts  schreitet. 

Tatkräftige  Kameraden 

Den  jungen  Kameraden  ist  bei  ihrem 
Streben  nach  einem  eigenen  Heim  ein  hohes 
Lied  zu  singen. 

Der  Kamerad  G.  in  einem  Spessartdorf, 
vollblind  und  am  rechten  Arm  schwer  ver- 
letzt, gräbt  und  schaufelt  den  Bau- 
grund aus.  Seine  Frau  hilft  tatkräftig  mit. 
Der  Kamerad  bricht  durch  einen  Sturz  in  die 
Grube  den  Arm.  Im  Krankenhaus  hält  es  ihn 
nicht  lange,  er  muß  an  seinen  Bauplatz  zu- 
rück. Die  Frau  wird  überfahren;  dem  beschä- 
digten Bein  gönnt  sie  nur  kurze  Ruhe,  bald 
ist  auch  sie  wieder  von  früh  bis  Abend  auf 
dem  Bau.  Heute  ist  das  Haus  fertig,  behag- 
lich sind  die  Räume,  die  Bewohner  glücklich. 

Im  Januar  1945  mußte  ein  kriegsblinder 
Landwirt  aus  Ostpreußen  mit  seiner  Familie 
fliehen.  Sie  kamen  nach  Dänemark  und  im 
Mai  1945  in  ein  Flüchtlingslager  dortselbst. 
Im  Januar  1950  wurde  der  Kamerad  in 
einem  Flüchtlingslager  in  Unterfranken  ge- 
funden. In  wenigen  Wochen  schon  hatte  er 
eine  gute  Wohnung.  Mann  und  Frau  streb- 
ten aber  als  freie  Bauern  wieder  nach 
eigener  Scholle.  Sie  sparten  und  schafften 
nach  Kräften;  die  Rentennachzahlung  wurde 
für  das  Siedlungshaus  bereit  gehalten.  Heute 
ist  es  fertig.  Weihnachten  1951  feierte  die 
Familie  im  eigenen  Heim! 

Die  Familie  eines  Frontsoldaten  wird  in 
Düsseldorf  ausgebombt;  der  Mann  steht  noch 
im  Feld.  Frau  und  Kinder  kommen  aufs 
Land.  Der  Soldat  erhält  Fronturlaub.  Er 
wohnt  mit  seiner  Familie  in  einer  Dachstube. 
Das  Dorf  im  lieblichen  Saaletal  mit  seinen 
Mulden  und  Höhen,  seinen  Weinbergen  und 
Wäldern  beeindruckt  ihn  stark.  Er  geht 
zurück  zur  Front,  kehrt  aber  bald  wieder  — 
ohne  Augen,  ohne  Hände,  fast  gehörlos! 
Nach  der  Lazarettzeit  wohnt  auch  er  in  der 
bekannten  Dachstube.  In  die  Stadt  will  er 
nicht  mehr.  Er  wünscht  sieb  dringend  ein 
eigenes  Heim,  und  zwar  dort,  wo  er  die  neue 
Heimat  letztmals  auf  sich  wirken  ließ.  Der 
Blick  ist  in  seine  Seele  gegraben.  Das  Bau- 
vorhaben ist  schwierig.  Der  Kamerad  harrt 
aus,  er  bemüht  sich  selbst  tatkräftig  um  eine 
Lösung;  sie  wird  schließlich  gefunden.  Heute 
steht  das  Haus  auf  dem  gewünschten  Platz. 
Der  schwergeprüfte  Kamerad  erklärt  beim 
ersten  Besuch  spontan  aus  übervollem 
Herzen:  „Ich  bin  in  den  wenigen  Wochen  ein 
froher  und  glücklicher  Mensch  geworden. 
Mein  Heim  ist  das  Schönste,  was  mir 
geschaffen  werden  konnte!" 

Der  Brief  einer  Kameradenfrau 

Die  Frau  des  kriegsblinden  Kameraden  St. 
in  A.  schreibt:  „Im  Februar  1949  las  ich  in 
einer  ■  oberbayerischen  Zeitung  die  Heirats- 
annonce eines  Kriegsblinden.  Er  war  in 
Tegernsee,  wo  er  lesen  und  schreiben  lernte. 
Als  ich  ihn  besuchte,  mußte  ich  feststellen, 
daß  er  nicht  nur  blind  war,  sondern  auch  ein 


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Bein,  eine  Hand  verloren  hatte  und  daß  die 
andere  Hand  verstümmelt  war.  Das  hinderte 
uns  aber  nicht,  zusammenzukommen.  Ich 
fuhr  mit  ihm  in  seine  Heimat,  wir  heirateten 
noch  im  gleichen  Jahr  und  erhielten  eine 
Stube  bei  den  Schwiegereltern.  Es  gab  aber 
bald  Meinungsverschiedenheiten.  Eine  andere 
Wohnung  war  nicht  zu  beschaffen.  Wir  ent- 
schlossen uns  zum  Hausneubau.  Die  Ge- 
meinde gab  den  Bauplatz.  Im  Jahre  1950  ge- 
lang die  vorläufige  Finanzierung  des  Neu- 
baues. Ende  des  Jahres  wurde  das  Haus 
bezogen.  Die  Restkosten  waren  schwer  auf- 
zubringen. Es  wurde  aber  geschafft.  Heute 
bewohne  ich  mit  meinem  Mann  und  einer 
Mietpartei  im  Oberstock  das  schöne  Heim 
mit  Garten,  in  dem  ich  fleißig  arbeite.    Mein 


Mann  findet  sich  in  Haus  und  Hof  allein  zu- 
recht. Wir  führen  jetzt  ein  nahezu  sorgen- 
freies Leben.  Mit  meinen  Schwiegereltern  ist 
wieder  alles  in  bester  Ordnung.  Mein  Mann 
ist  stolz  auf  sein  eigenes  Heim.  Ich  wünsche 
jedem  Kriegsblinden  und  seiner  Familie  ein 
solch  schönes  Heim." 

Diese  wenigen  Beispiele  sprechen  für  sich. 
Die  Summe  der  Siedlungsfürsorge  für  die 
Kriegsblinden  ist  Segen  über  Segen!  Aus 
tiefstem  Herzen  ist  daher  der  Wunsch  aus 
dem  Brief  von  Frau  St.  zu  unterstreichen: 

Jedem  Kriegsblinden  im  gan- 
zen deutschen  Vaterland  das 
große  Glück  eines  Eigenheimes! 

J.  F. 


Wie  steht  es  um  die  Kriegsblindenhücherei  in  Marburg? 


Seit  Monaten  geht  durch  Rundfunk  und 
Zeitung,  bald  da,  bald  dort  im  ganzen  Bun- 
desgebiet,' die  Nachricht  von  der  Überfüh- 
rung der  Kriegsblindenbibliothek  nach  Mar- 
burg mit  ihrem  Wiederaufbau  daselbst.  Dia 
Meldungen  darüber  variieren,  das  Tatsäch- 
liche daran  verschiebt  sich,  Wesentliches 
wird  fortgelassen,  Unwesentliches  oder  gar 
Falsches  hinzugefügt.  In  der  österreichischen 
Kriegsblindenzeitschrift  wurde  z.  B.  eine 
Nachricht  darüber  gebracht,  die  den  Marbur- 
ger Wiederaufbau  der  Kriegsblindenbücherei 
in  Zusammenhang  bringt  mit  dem  Neuauf- 
bau der  ehemaligen  Preußischen  Staats- 
bibliothek aus  Berlin,  die  seit  Kriegsende 
hier  in  Marburg  als  „Westdeutsche  Biblio- 
thek" eingerichtet  ist.  Dieser  Zusammenhang 
ist  konstruiert  und  völlig  abwegig.  Da  ge- 
legentlich all  dieser  Nachrichten  auch  hier 
und  da  mein  Name  genannt  worden  ist, 
sind  mir  schon  wiederholt  Schreiben  zuge- 
gangen, in  denen  sich  Menschen  als  Biblio- 
thekare oder  als  Sekretärinnen  um  eine  An- 
stellung bewerben.  Andere  machen  mir  seit- 
her ihren  persönlichen  Besuch  und  kommen 
mit  dem  gleichen  Anliegen  oder  bieten  sich 
gegen  Bezahlung  oder  ehrenamtlich  für  Blin- 
denschriftübertragungen  an. 

Es  scheint  nun  also  wirklich  an  der  Zeit, 
daß  in  unserem  Organ  die  Kameraden,  die 
sich  schon  mit  Anfragen  an  die  Bundesleitung 
bzw.  an  die  Schriftleitung  gewandt  haben, 
über  die  Zusammenhänge  aufgeklärt  werden. 
Den  Ausgang  dieser  Kette  von  verwirrenden 
Nachrichten  bildet  ein  Aufsatz,  der  Anfang 
August  aus  der  Feder  einer  Frau  B.  auf 
Grund  vertraulicher  Informationen  ohne 
mein  Wissen  und  meinen  Willen  in  der 
„Oberhessischen  Presse"  veröffentlicht  wurde. 
Was  ist  an  alledem  richtig  oder  falsch,  und 
wie  sind  die  Zusammenhänge  im  einzelnen? 

Richtig  ist,  daß  unser  langjähriges  Ehren- 
mitglied, Frl.  Elisabeth  Siebert  (Marburg), 
ihre  Villa  mit  Garten  testamentarisch  dem 
„Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands"  ver- 
schrieben hat.  über  die  Verdienste,  die 
große  Dankbarkeit  und  Verehrung,  die  sich 
Frl.  Siebert,  genannt  Schwester  Lieschen, 
unter  den  Kriegsblinden  beider  Weltkriege 
erworben  hat,  habe  ich  bereits  anläßlich  der 
Erneuerung  ihrer  Ehrenmitgliedschaft  am 
4.    Februar    1951    im    vorjährigen    Februar- 


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heft  dieses  Blattes  ausführlicher  berichtet. 
Die  Schenkung  ihres  Hauses  mit  16  Räumen 
und  einem  dazugehörenden  schönen  Garten 
mit  alten  Obstbäumen  sollte  den  Abschluß 
und  Höhepunkt  ihrer  opferbereiten  Liebe 
und  selbstlosen  Fürsorge  für  „ihre  lieben 
Kameraden"  bilden.  Kamerad  Dr.  Plein  be- 
auftragte mich,  alle  Verhandlungen  in  Sa- 
chen des  Hauses  mit  Frl.  Siebert  zu  führen. 
In  dem  Bestreben,  das  Haus  noch  zu  Leb- 
zeiten von  Frl.  Siebert  zweckdienlich  für  den 
Bund  zu  verwenden,  tauchte  der  Plan  auf, 
vordringlich  die  Bibliothek  aus  ihrem  schlecht 
verwahrten  Zustande  in  Braunlage  zu  be- 
freien und  sie  hier  im  Hause  Schwanallee  11 
neu  aufzubauen.  Ich  selbst  hatte  mich  ledig- 
lich bereit  erklärt,  die  Bücherei  einer  not- 
wendigen Revision  zu  unterziehen  und  für 
ihre  Ergänzung  und  Verwaltung  Sorge  zu 
tragen,  damit  dem  Bund  keine  Auslagen  für 
einen  Bibliothekar  entstünden.  Mein  Plan 
ging  auch  dahin,  das  Haus  zu  einer  Kultur- 
zentrale des  Bundes  zu  machen,  wobei  an 
das  sprechende  Buch,  an  Vorlese-  und  Vor- 
tragsabende, die  freilich  in  erster  Linie  den 
Marburger  Kameraden  zugute  gekommen 
wären,  gedacht  war.  Außerdem  eignet  sich 
das  Haus  in  seiner  ruhigen  Lage  sehr  gut 
zur  Erholung  für  Kameraden,  die  in  Er- 
innerung an  ihre  Lazarett-  und  Studien-  oder 
Umschulungszeit  sich  hier  einmal  treffen 
möchten. 

Nicht  richtig  sind  die  Angaben  über  die 
Anzahl  der  Bücher  und  über  den  Beginn  des 
Neuaufbaues  hier  in  Marburg.  Schätzungs- 
weise sind  noch  etwa  drei-  bis  vier- 
tausend Bände  vorhanden,  die  bisher 
mehr  oder  minder  gut  verwahrt  in  unserem 
Erholungsheim  in  Braunlage  gelagert  waren. 
Inzwischen  hat  Kamerad  Rosner  aus  Kassel 
sie  auf  unser  Ersuchen  hin  nach  Kassel  ge- 
holt, und  es  ist  seitdem  meine  größte  Sorge, 
die  Bücherei  so  bald  als  möglich  hierher  nach 
Marburg  zu  schaffen  und  mit  der  Durchsicht 
und  ihrem  Wiederaufbau  zu  beginnen.  Dazu 
aber  müssen  hier  im  Hause  von  Frl.  Siebert 
erst  die  räumlichen  Voraussetzungen  ge- 
schaffen werden,  und  hier  liegt  das  eigent- 
liche Problem.  Die  für  die  Unterbringung  der 
Bücherei,  für  Vorträge  und  kulturelle  Ver- 
anstaltungen geeigneten  Räume  im  Parterre 
und  1.  Stock  sind  zur  Zeit  noch  bewohnt,  und 
es  ist  bisher  nicht  möglich  gewesen,  für  die 
betreffenden  Mieter  eine  andere,  ange- 
messene Wohnung  zu  finden.  Zwangsmaß- 
nahmen können  nicht  angewandt  werden. 
Außerdem  ist  Marburg  wohnungsmäßig  eine 
übervölkerte  Stadt.  Bisher  ist  lediglich  die 
Kellerwohnung  und  ein  Zimmer  im  Parterre 
frei  geworden,  und  das  hiesige  Wohnungs- 
amt hat  sich  in  dankenswerter  Weise  bereit 
erklärt,  uns  jede  frei  werdende  Wohnung 
für  die  Zwecke  des  Bundes  zu  überlassen. 
Mehr  läßt  sich  im  Augenblick  über  das 
ganze  Problem  unserer  Kriegsblinden- 
bücherei   nicht    sagen.  Dr.    Ludwig 


.  PERSÖNLICHES 

Der  Landesverband  Rheinland-Pfalz  be- 
glückwünscht unseren  Kameraden  Josef 
Theisen  (Liesenich  über  Karden  a.  d.  Mo- 
sel, Kr.  Zell)  und  seine  Ehefrau  zur  g  o  1  d  e  - 
n  e  n  H  o  c  h  z  e  i  t  am  5.  2.  1952.  Dem  Jubel- 
paar gelten  unsere  besten  Segenswünsche. 

Aus  dem  Landesverband  Hessen  wird 
mitgeteilt,  daß  unser  Kamerad  Georg  Ochs 
(Frankfurt,  Böttgerstraße  6)  am  22.  8.  Vater 
eines  Sohnes,  Eberhard,  geworden  ist.  Unsere 
Glückwünsche  kommen  hier  zwar  etwas  spät, 
aber  darum  doppelt  herzlich. 

Auch  die  Hochzeit  unseres  Kameraden  Karl 
Höfner  (Frankfurt-Bonames,  Hinterg.  1) 
und  seiner  Frau  Helene  Regina,  geb.  Stech, 
hätte  schon  längst  bekanntgegeben  werden 
müssen.  Wir  holen  es  heute  nach  und  wün- 
schen von  Herzen  die  Erfüllung  all  ihrer  Zu- 
kunftswünsche. 

Geheiratet  hat  ebenfalls  im  Landesverband 
Hessen,  und  zwar  am  26.  12.  1951,  unser 
Kamerad  Helmut  Richter,  Gelnhausen, 
Weiherfeldsiedlung  16.  Auch  diesem  jungen 
Paar  gelten  unsere  herzlichsten  Wünsche 

Schließlich  ist  noch  zu  melden,  daß  unser 
Kamerad  Franz  Emil  K  o  s  e  r  ,  Jügesheim 
(Kr.  Offenbach),  Ludwigstraße  54,  glücklicher 
Vater  eines  kleinen  Jungen  namens  Jürgen 
geworden  ist.  Möge  der  Kleine  zur  Freude 
seiner  Eltern  heranwachsen! 

Aus  dem  Bezirk  Süd-Hannover  wird 
die  Vermählung  von  Kam.  Anton  Missius 
und  Frau  Herta,  verw.  Mau,  gemeldet  (Wahm- 
beck,  Kr.  Northeim  bei  Hannover,  Lange 
Straße  64).  Dem  jungen  Paar  gelten  unsere 
allerbesten   Glückwünsche. 

Erfolge  kriegsblinder  Künstler 
Staatlich  angekauft 

Der  kriegsblinde  Bildhauer  Jakob 
Schmitt,  über  dessen  Arbeiten  im  letz- 
ten Jahrbuch  berichtet  wird  und  dessen 
Bildwerk  „Der  Blinde"  auf  der  Umschlag- 
seite  des  Januarheftes  zu  sehen  war,  be- 
teiligte sich  mit  Erfolg  an  einer  Ausstellung 
des  „Vereins  Mainzer  bildender  Künster" 
im  Haus  am  Dom  zu  Mainz.  Die  Kunst- 
kritiker der  Presse  zollen  den  Arbeiten  un- 
seres Kameraden  Schmitt  große  Achtung.  Der 
„Wiesbadener  Kurier"  hebt  besonders  sein 
Selbstporträt  hervor,  das  „von  bannender 
Eindringlichkeit"  sei.  Die  Zeitschrift  „Nobis" 
spricht  ebenfalls  von  dem  sehr  nachhaltigen 
Eindruck  dieser  Plastiken.  Es  spreche  aus 
ihnen  „Menschliches,  der  persönlich-schick- 
salhaften Sphäre,  ein  heiliger  Ernst  der  Ge- 
staltung durch  überwindende  Hingabe  an  das 
Leben.  Von  der  gewaltigen  Formleistung 
des  blinden  Künstlers  sei  gar  nicht  ge- 
sprochen. Ihr  gerecht  zu  werden,  ist  dem 
Sehenden  ohnehin  nicht  möglich." 

Eine  der  ausgestellten  Arbeiten,  die  kleine 
Bronze  „Hände  mit  Blume",  hat  das  Kul- 
tusministerium Rhe  inl  a  n  d -Pf  alz 
erworben.  Damit  hat  Kam.  Schmitt  zum 
erstenmal  seit  dem  Zusammenbruch  von, 
maßgebender  Stelle  eine  Anerkennung  ge- 
funden, die  er  bei  dem  hohen  künstlerischen 
Rang  seiner  Arbeiten  vollauf  verdient  und 
zu  der  wir  ihm  herzlich  gratulieren. 

Erfolge  eines  Tenors 

Unter  den  kriegsblinden  Sängern  er- 
freut sich  unser  Kamerad  Willi  Segar- 
rek  (Tenor)  wachsender  Erfolge.  Im 
„Westdeutschen Tageblatt"  lesen  wir  in  einer 
Kritik:  „Aus  reinem  Tonansatz  entfaltete  sich 
Willi  Segarreks  italienisch  anmutender  Tenor 
zu  einer  freien  und  unbeschwerten  Höhe. 
Seine  Stimme  führt  vom  strahlenden  Forte 
bis  in  den  feinsten  Hauch  im  Piano.  Dazu 
offenbarte  der  Sänger  in  den  Schumann-  und 
Strauß-Liedern  eine  vorbildliche  Charakteri- 
sierungskunst."     '. 


12 


£~S\  letzte  Jxc^c^^c^ic^t 


Nach  dem  Tode  des  Gründers  der  italieni- 
schen Blindenvereinigung,  Aurelio  Nicolodi 
(s.  Januarheft  S.  16),  hat  das  internationale 
Blindenwesen  einen  neuen,  schweren  Verlust 
erlitten.  Am  12.  Dezember  1951  verstarb 
Dr.  Robert  B.  Irwin,  der  ehemalige 
Direktor  der  American  Foundation  for  the 
Blind  und  der  American  Foundation  for 
Overseas  Blind.  Dr.  Irwin,  selbst  ein  Blinder, 
war  in  den  letzten  Jahren  im  internationalen 
Blindenwesen  vor  allem  hervorgetreten  als 
Vorsitzender  der  ersten  großen  Weltkonfe- 
renz, die  1949  in  Oxford  nach  18  Jahren 
Unterbrechung  erstmalig  wieder  stattfand. 
Noch  im  Septemberheft  1951  unserer  Zeit- 
schrift berichteten  wir  davon,  daß  Dr.  Irwin 
neben  Helen  Keller  und  zwei  anderen  be- 
deutenden Vertretern  der  internationalen 
Blindenschaft  zum  Ehrenmitglied  des  Welt- 
rats für  die  Blindenwohlfahrt  ernannt  wurde. 


&M  watete  Sjckadapi&un&e, 

Partie  aus  dem  Fernschachturnier 
für  Blinde  1951 

Königsgambit 
Weiß:  F.  Steidele.  Schwarz:  Nixdorf, 
1.  e4  e5  2.  f4  e:f4  (spielbar;  jedoch  kann  die 
Verteidigung  des  Mehrbauern  Schwarz  zum 
Nachteil  gereichen.  Die  stärkste  Erwiderung 
ist  2.  —  d5  3.  e:d5  e4  4.  Sc3  Sf6  usw.)  3.  Sf3 
Le7  4.  Lc4  Sh6  (die  Zugfolge  4.  —  Lh4+  5. 
g3  f:g3  6.  0-0!  sichert  Weiß  einen  starken 
Angriff)  5.  0-0  g5  6.  d4  d6  7.  Dd3  a6?  (ein 
Tempoverlust)  8.  Sc3  Le6  9.  Ld2  Lf6  10.  L:e6 
f:e6  11.  e5  Lg7  12.  e:d6  c:d6  13.  Tael  Kf7? 
(Kd7  war  noch  am  erträglichsten,  wonach 
Schwarz  vielleicht  einen  Gegenangriff  hätte 
einleiten  können.  Der  Textzug  gibt  Weiß 
Gelegenheit,  durch  eine  schöne  Kombination 
das  Schicksal  des  Schwarzen  zu  besiegeln) 
14.  S:g5+!  D:g5  15.  L:f4  Dg6  16.  L:h6+  Lf6 
17»  Se4!  D:h6  18.  T:f6+  D:f6  19.  S:f6  Kf:6 
20.  Df3+  Ke7  21.  Dg4  Kd8  22.  Dg7  Te8  23. 
D:b7  Te7  24.  D:a8  Kc8  25.  Tfl  —  und  Schwarz 
gab  auf. 

Partie  aus  den  Kölner 
Mannschaftsmeisterschafts- 
kämpfen  (A-Klasse,   2.    Brett; 
am  1  3.  1.  195  2) 
Damenbauernspiel 

Weiß:  Mertens,  ESV  Turm  Köln  2 
Schwarz:  Richarz,  Torringen  1 
1.  d4  e6  2.  c4  Sf6  3.  Sc3  Lb4  4.  Dc2  d5 
5.  a3  L:c:  6.  b:c3  b6  7.  e3  Lb7  8.  Sf3  0-0 
9.  Ld3  Sbd7  10.  c:d5  e:d5  (auf  10.  —  L:d5 
folgt  11.  c4  nebst  Lb2  mit  guten  Angriffsaus- 
sichten für  Weiß)  11.  0-Ö  Tc8  12.  Se5  g6 
(es  drohte  13.  S:d7  D:d7  [S:d7]  14.  Lf5! 
[L:h2+])  13.  S:d7  (stärker  als  Sf3)  13.  —  D:d7 

14.  Lb2   c5!   (macht   den  beabsichtigten  Zug 

15.  c4  zunichte)  15.  De2  c4  16.  Lc2  De7 
(nun  hilft  er  Weiß,  aus  der  Einengung 
herauszukommen)  17.  a4!  Se8  18.  La3  Sd6 
19.  Dg4  f5  20.  Dg3  Tcd8  21.  De5  Tfe8  22.  D:e7 
T:e7  23.  L:d6  T:d6  24.  Tfbl  Tde6  25.  g3  La6 
26.  Ldl  Tb7  27.  Tb4  Kg7  28.  Tabl  Tee7  29.  Lf3 
Ted7  30.  h4  h6  31.  Kg2  Kf6  32.  Thl  Tb8 
33.  Kfl  Lb7  34.  Kg2  Lc6  35.  Thbl  Tdb7 
36.  Ldl  a5  37.  Tb2  b5?  38.  a:b5  T:b5  (nicht 
etwa  38.  —  L:b5??  wegen  39.  La4!)  39.  T:b5 
T:b5  40.  Tal!  Hier  nahm  Weiß  das  Remis- 
angebot von  Schwarz  an,  weil  er  annahm, 
nach  40.  —  Tb3  den  Bauern  c3  zu  verlieren. 
Dies  war  jedoch  ein  Irrtum,  z.  B.  40.  —  Tb3 
41.  T:a5  T:c3?  42.  Ta6!,  und  Weiß  gewinnt. 
Auf  jeden  Fall  aber  hätte  Weiß  den  Bauern 
a5  und  damit  auch  mit  großer  Wahrschein- 
lichkeit <iie  Partie  gewonnen. 

Gabriel    Mertens,    Köln-Nippes, 
Escher  Straße  63 


Auch  wir  Deutschen  gedenken   in  Dankbar- 
keit    und     Ehrfurcht     dieses     bedeutenden 

Mannes. 

* 

Der  französische  Ministerrat  hat  beschlos- 
sen, die  sterblichen  Überreste  von  Louis 
Braille,  dem  Erfinder  der  Blindenschrift, 
aus  der  bisherigen  Grabstätte  in  seinem  Hei- 
matdorf Coupvrai  nach  Paris  in  das  Pan- 
theon, der  Ruhestätte  der  Großen  der 
Nation,  zu  überführen. 
* 

In  Westberlin  herrscht  neuerdings  ein  un- 
erfreuliches Durcheinander  und  Ne- 
beneinander verschiedener  Z  i  v  i  1  b  1  i  n  - 
denvereinigungen.  Es  bestehen  neu- 
erdings außer  dem  Allgemeinen  Blindenver- 
ein, der  durch  die  Unterschlagungsaffäre 
seines  Vorsitzenden  Goldbeck  sehr  gelitten 
hat,  ein  Verein  der  Späterblindeten  und  eine 
Deutsche  Fachgemeinschaft  blinder  Büro- 
angestellter und  blinder  Telefonisten  e.  V. 
Nun  hielt  am  24.  Januar  als  vierte  Vereini- 
gung der  „Berliner  Blindenhund"  (Selbst- 
hilfe und  Gemeinnütziger  Blindenbund)  unter 
seinem  Vorsitzenden  Schmalisch  seine  Grün- 
dungsfeier ab.  Da  auch  innerhalb  des  All- 
gemeinen Blindenvereins  noch  eine  beson- 
dere Fachgruppe  der  blinden  Büroangestell- 
ten besteht,  können  sich  nur  noch  wenige 
Kenner  unter  den  Berliner  Zivilblinden  zu- 
rechtfinden. 

Aus  einer  interessanten  Aufstellung 
des  Bundesarbeitsministeriums, 
die  auf  Angaben  der  Landesregierungen 
fußt,  ist  zu  entnehmen,  daß  in  der  Bundes- 
republik insgesamt  4  129  493  Personen  Emp- 
fänger von  Versorgungsbezügen  sind  (ein- 
schließlich 980  257  Witwen).  Eine  Minderung 
der  Erwerbsfähigkeit  von  30  °/o  liegt  bei 
568  430  Beschädigten  vor,  von  70  °/o  bei 
183  398  Beschädigten.  Erwerbsunfähig 
sind  insgesamt  67  792.  Die  Beschädigten  der 
Bundesrepublik  insgesamt  machen  eine 
Summe  von  1  543  053  aus.  Von  ihnen  waren 
am  30.  11.  v.  J.  57,6%  umanerkannt.  Von 
den  Erwerbsunfähigen  fällt  ein  verhältnis- 
mäßig hoher  Anteil  in  Hessen  (6485  Er- 
werbsunfähige bei  139  774  Beschädigten)  und 
ein  etwas  geringerer  Anteil  in  Bayern 
(11819  Erwerbsunfähige  bei  351493  Beschä- 
digten) und  Baden  auf.  Von  den  Erwerbs- 
unfähigen waren  am  30.  11.  v.  J.  insgesamt 
93,2  °/o  umanerkannt.  Baden  und  Bayern 
haben  verhältnismäßig  die  meisten  Beschä- 
digten aufzuweisen.  So  macht  Baden  z.  B.  nur 
2,9  °/o  der  Bevölkerung  der  Bundesrepublik 
aus,  verzeichnet  aber  3,4  °/o  aller  Versor- 
gungsberechtigten. Bayern  verzeichnet  21,1 
Prozent  aller  Versorgungsberechtigten,  macht 
aber  nur  19  °/o  der  Bevölkerung  aus.  Die 
Länder  Hamburg,  Bremen  und  Nordrhein- 
Westfalen  liegen  etwas  unter  dem  Durch- 
schnitt. 

* 

„R  e  a  d  e  r  '  s  Digest",  die  meistgelesene 
Zeitschrift  der  Welt,  wird  nun  auch  für  Blinde 
auf  Schallplatten,  und  zwar  in  eng- 
lischer Sprache,  herausgegeben.  Sie  erscheint 
jetzt  mit  einex  Monatsauflage  von  über 
15,5  Millionen  Heften  in  elf  Sprachen  und 
auch  in  Blindenschrift;  die  USA- Auflage 
umfaßt  allein  9,5  Millionen  Exemplare. 
* 

Der  Bayerische  Blindenbund  er- 
hielt die  Erlaubnis,  eine  öffentliche  Samm- 
lung in  ganz  Bayern  zu  veranstalten.  Vom 
9.  Febr.  bis  9.  März  werden  „Bausteine" 
zu  25  Pf  für  ein  Blindenwohnheim  verkauft. 
* 

Im  Festsaal  des  Blindenheimes  in  Josef- 
stadt in  Wien  fand  erstmalig  ein  öster- 
reichisches     Schach    -    Meister- 


schaftsturnier für  Blinde  statt.  Bei 
16  Teilnehmern  konnte  der  Kriegsblinde 
Hans  Cevart  aus  Untergraden  (Steiermark) 
den  dritten  Platz  belegen.  Sieger  und  Mei- 
ster von  Österreich  wurde  Herr  Grusch  aus 
Oberösterreich.  Der  Präsident  des  National- 
rates, Kunschack,  überraschte  die  Teilnehmer 
des  Turniers  durch  seinen  Besuch. 
* 

Am  22.  Januar  wurde  die  Blinden- 
anstalt in  Augsburg  durch  ein  Groß- 
feuer heimgesucht.  U.  a.  wurde  das  gesamte 
Dachgeschoß  vernichtet,  in  dem  Weiden  im 
Werte  von  fast  12  000  DM  gelagert  waren. 
Der  gesamte  Sachschaden  wird  auf  100  000,— 

DM  geschätzt. 

* 

In  Würzburg  wurde  die  Blinden- 
anstalt, die  im  nächsten  Jahr  ihr  hundert- 
jähriges Bestehen  feiern  wird,  wieder  auf- 
gebaut und  durch  den  Bischof  von  Würzburg 

geweiht. 

* 

In  Paris,  der  Hauptstadt  der  leichten  Muse, 
öffnete  jetzt  „Der  Maulwurf"  auf  dem  Bou- 
levard Saint  Denis  seine  Tore,  ein  Kaba- 
rett, das  nur  für  Blinde  da  ist.  Nicht 
nur  die  Gäste,  auch  die  vortragenden  Künst- 
ler sind  Blinde,  ob  Musiker  oder  Sänger, 
Dichter  oder  Conferencier. 
* 

Zu  fünf  Jahren  Zuchthaus  und  Ein- 
ziehung seines  Vermögens  verurteilte  laut 
einer  ap-Meldung  eine  Strafkammer  in  Ost- 
berlin den  51jährigen  blinden  Kauf- 
mann Broszat  wegen  „Verbrechens"  gegen 
die  sowjetzonalen  Bestimmungen  zum  Schutz 
des  innerdeutschen  Handels.  Der  Angeklagte 
wurde  beschuldigt,  als  Lieferant  blinder  am- 
bulanter Händler  in  Ostberlin  Schnürsenkel 
usw.  in  Westberlin  eingekauft  zu  haben. 
Broszat  hatte  diese  Artikel  bestellt,  nachdem 
die  behördliche  Zuteilung  dieser  Waren  an 
den  privaten  Handel  zugunsten  der  Staat- 
lichen Verkaufsorganisation  (HO)  gekürzt 
und  seine  blinden  Kunden  durch  den  Waren- 
mangel in  Not  geraten  waren. 
* 

Der  Ministerrat  der  Sowjetzonenrepublik 
hat  eine  Subvention  des  Blinden- 
handwerks  mit  1,2  Millionen  DM-Ost 
beschlossen.  Man  hofft,  daß  nunmehr  das 
Blindenhandwerk  preispolitisch  mit  dem 
sehenden  Handwerk  gleichstehen  kann.  Zur 
Förderung  des  Blindenwesens  wurde  auch 
die  Errichtung  einer  Oberschule  für 
Blinde  angekündigt,  um  ihnen  den  Besuch 
der  Hochschulen  zu  ermöglichen. 
* 

In  der  Ostzone  ist  im  Rahmen  der  Ver- 
gebung eines  Versehrtensportabzeichens  ein 
Blindensportabzeich  e  n  mit  beson- 
deren Bedingungen  geschaffen  worden.  Die 
Pflichtübungen  für  Vollblinde  sehen  in  der 
jüngsten  Altersklasse  (16 — 32  Jahre)  neben 
gymnastischen  Übungen  und  Klettern  an  Tau 
oder  Stange  ein  300-m-Schwimmen  in  belie- 
biger Zeit  und  einen  10-km-Fußmarsch  vor. 
Daneben  100-m-Lauf  in  17,5  Sek.,  Weitsprung 
aus  dem  Stand  (2,00  m)  oder  Hochsprung  aus 
dem  Stand  (0,90  m),  Kugelstoßen  (6,00  m), 
1000-m-Lauf  (4,30  Min.)  und  andere  Übungen 
zur  Auswahl.  Bezeichnenderweise  muß  auch 
eine  Prüfung  in  „Gesellschaftlichen 
Fragen"  abgelegt  werden,  z.B.:  „Die  Auf- 
gaben der  demokratischen  Sportbewegung 
im  Kampf  um  die  Erhaltung  des  Friedens 
und  die  nationale  Einheit  Deutschlands". 
* 

In  Chemnitz  kündigte  der  Vorsitzende  des 
Landesblindenausschusses  Sachsen,  Min.-Rat 
Hausdorf,  die  Einführung  eines  Tonband- 
gerätes als  „Sprechendes  Buch"  für 
Blinde  an.  Noch  in  diesem  Jahr  sollen  50 
Geräte  in  der  Ostzone  zur  Ausgabe  ge- 
langen. Es  kann  kein  Zweifel  darüber  be- 
stehen, daß  es  sich  hier  um  Geräte  handelt, 
die  aus  Westdeutschland  in  die  Ostzone  ein- 
geführt werden  müssen. 


13 


cv 


a*n 


rvc/ver 


Ein  Kriegsblindenhörspiel? 

„Das     Lied    der     Wildgänse"     (München) 

Ein  interessantes  Hörspiel,  dieses  „Lied 
der  Wildgänse"  von  Helmut  Habrich.  Das 
muß  man  den  Münchener  Preisrichtern  schon 
zubilligen.  Interessant  wenigstens  in  der 
im  Grunde  balladesken  Komposition  und  der 
Selbständigkeit  des  Stils.  Aber  was  meint 
der  Autor?  Was  bleibt  zurück?  Trifft  etwa 
seine  Hoffnung  zu,  daß  „etwas  Trost"  in 
seinem  Hörspiel  liegen  möge?  Wenn  F.  C. 
Kobbe  in  seinem  Schlußwort  auch  betont, 
daß  erst  die  Gesamtproduktion  ein  Hörspiel 
ausmache,  so  bleibt  primär  doch  der  Autor 
und  vor  allem:  der  gewählte  Stoff,  der  Kon- 
flikt, die  Zielrichtung.  Hier  entscheidet  sich 
der  Rang  eines  Hörspiels.  Und  wenn  man 
daraufhin  prüft,  was  Habrich  mitzuteilen 
hat,  so  bleibt  verblüffend  wenig  zurück:  näm- 
lich nichts  als  die  recht  verquollene,  neuro- 
tische Wesensart  eines  jungen  Mannes,  der 
über  ein  amouröses  Erlebnis  aus  seiner  Sol- 
datenzeit in  Frankreich  nicht  hinwegkommt. 
Aus  einem  unverkennbaren  Pubertätsblick- 
winkel hält  er  für  Liebe,  was  ihm  da  be- 
gegnet ist,  und  er  macht  mit  verblendeter 
Hartnäckigkeit  wahr,  daß  er  „nie  davon  los- 
kommen" wird.  Liebe?  Zwischen  ihm  und 
jener  Französin  besteht  keinerlei  innere 
Übereinstimmung,  und  das  wird  sogar  auf 
recht  geschickte  Weise  dem  Hörer  deutlich 
gemacht.  So  begreift  der  Hörer  nicht  den 
Vorrang  dieser  Bindung:  der  Soldat  verliert 
später  im  Osten  sein  Augenlicht,  ist  also 
geradezu  gezwungen,  einen  neuen  Anfang 
zu  machen,  verharrt  aber  im  Vergangenen 
und  in  der  Erinnerung  und  stößt  die  Hand 
einer  ihn  aus  innerster  Zuneigung  liebenden 
Frau  zurück.  Offenbar  will  er  sein  Leben 
lang  vom  Verlorenen  zehren.  Die  Erblindung 
drängt  den  Mann  zu  sinnlos  scheinendem 
Verzicht  statt  zu  einer  Wandlung.  Uns 
scheint,  Habrich  ist  auf  halbem  Wege  stehen- 
geblieben. Sein  ohnehin  relativ  kurzes  Hör- 
spiel hätte,  wenn  wirklich  Trost  davon  hätte 
ausgehen  sollen,  zeigen  müssen,  wie  sein 
Held  von  seinem  Komplex  geheilt  wird,  not- 
falls dadurch,  daß  er  heute,  zehn  Jahre  spä- 
ter, zu  seiner  Marie  nach  Frankreich  reist. 
So  aber  bleibt  er  ein  Unglückseliger,  auch 
wenn  er  es  nicht  wahr  haben  will.  —  Was 
H.  G.  Stamm  als  Spielleiter  und  was  die 
ganz  ausgezeichneten  Sprecher  aus  dem  bis- 
weilen recht  literarischen  Gehabe  des  Manu- 
skripts gemacht  haben,  verdient  Bewunde- 
rung. Die  Gespräche  erhielten  den  gerade 
hier  nicht  leichten  Ton  echter  Wahrhaftigkeit 
und  aus  den  Figuren  des  Autors  wurden 
Menschen. 

Und  dazu  zwei  andere  Urteile 

Die  vorstehende  Kritik  über  „Das  Lied  der 
Wildgänse"  drückt  die  —  natürlich  subjektive  — 
Meinung  der  Schriltleilung  aus.  Eine  ganze  An- 
zahl Zuschriften  bayerischer  Kriegsblinder  läßt 
erkennen,  daß  das  Hörspiel  viel  Interesse  fand, 
aber  daß  es  nicht  a/s  „Kriegsblindenhörspiel"  zu 
bezeichnen  ist.  Unser  Kamerad  Dr.  Roll  Binder 
aus  Landshut  widmet  dem  Hörspiel  eine  aus- 
führliche Betrachtung,  um  die  ihn  die  Schriitleitung 
gebeten  hatte.  Wir  können  wegen  Platzmangels 
nur  die  wichtigsten  Punkte  wiedergeben.  Dr.  Bin- 
der bejaht  Stoit  und  Inhalt  des  Hörspiels, 
dessen  Titel  er  übrigens  nicht  für  sonderlich  glück- 
lich hält,  macht  aber  verschiedene  Einwände 
gegen  die  Form,  und  zwar  auch  hinsichtlich  der 
Aufführung.  Hier  habe  sich  zwar  H.  C.  Blech  be- 
währt, doch  sei  die  Rolle  der  jungen  Französin 
mit  Erni  Wilhelmi  weniger  glücklich  besetzt  ge- 
wesen (eine  Meinung,  die  die  Schriitleitung  nicht 
teilen  kann).  Dr.  Binder  fährt  dann-  fort: 

„In  New  York  ebenso  wie  in  Monte  Carlo, 
um  nur  zwei   aus  der  Liste  der  weit  über 


dreitausend  Stationen  in  USA  und  West- 
europa zu  nennen,  wird  die  Sendezeit  an 
Großfirmen  für  Werbe-  und  Reklamezwecke 
verkauft.  Jede  Sekunde  kostet  viel  Geld. 
Diese  Großfirmen,  gleichgültig  ob  sie  Likör 
oder  Haarwaschpulver  verkaufen,  bringen 
den  Rundfunkhörern  oft  ausgezeichnete  Hör- 
spiele. Naturgemäß  reicht  niemals  die  Zeit. 
Die  Hörspiele  müssen  daher  zusammen- 
geschnitten werden.  Der  Hauptdarsteller 
macht  dabei  den  „Erzähler",  d.  h.  er  blendet 
verbindende  Worte  zwischen  den  einzelnen 
Szenen  ein.  Eine  Methode,  die  also  ihren 
Ursprung  in  den  Gesetzen  der  Rentabilität 
hat. 

Deutsche  Stationen  fangen  immer  mehr  und 
mehr  an,  diese  Methode  nachzuahmen.  Es 
wird  dadurch  dem  Regisseur  ebenso  wie  dem 
Verfasser  unendlich  leicht  gemacht,  hörspiel- 
technische oder  dramaturgische  Schwierig- 
keiten zu  überwinden.  Ob  man  es  sich  dabei 
nicht  manchmal  gar  zu  leicht  macht?  Man 
spürte  das  besonders  in  den  Liebesszenen 
dieses  Hörspiels,  so  gut  auch  manche  An- 
sätze waren. 

Die  viel  zu  häufigen  Unterbrechun- 
gen der  Szenen  durch  kommentierende, 
erläuternde  Worte  des  Hauptdarstellers  las- 
sen die  Liebe  zwischen  dem  deutschen  Sol- 
daten und  der  jungen  Französin  nicht  echt 
erscheinen.  Es  wirkt  alles  ein  bißchen  ge- 
künstelt. Ganz  im  Gegensatz  zu  französi- 
schen Schauspielen  oder  Hörspielen,  bei 
denen  man  geradezu  garantieren  möchte, 
daß  die  jeweiligen  beiden  jungen  Darsteller 
bis  über  die  Ohren  verliebt  sind.  Den  beiden 
guten  Hörspielsprecherinnen  Erni  Wilhelmi 
und  Agnes  Fink  war  es  daher  auch  nicht 
möglich,  sich  so  zu  entfalten,  wie  sie  dies 
bereits  in  anderen  Werken  bewiesen  haben. 

Und  etwas  anderes:  Man  kann  geteilter 
Meinung  sein,  ob  kriegsblind  zu  werden  ein 


besonderes    Glück    des    Himmels    oder    ein 
lebenslänglicher    Schrecken    auf    Erden    ist. 
Schließt  man  sich  der  letzteren  Meinung  auch 
nur    mit    Vorbehalten    an,    und    diese    kann 
mathematisch    genau    bewiesen    werden,    so  ? 
müßte    man    sagen,    daß    der    Verfasser    die 
Tragik  des  Blindwerdens  nicht  so   ausgear- 
beitet hat,  als  sie  es  verdienen  würde.  Diej 
Tragik,    kriegsblind    zu    werden,    mag    der 
Verfasser    des    Hörspiels    vielleicht    selbst; 
richtig  empfunden  und  gefühlt  haben,  sicher- 
lich ist  es  ihm  aber  nicht  gelungen,  die  Trag- 
weite  dieses  ungeheuren  Schicksalsschlages 
dem  Hörer,  der  noch  sieht,  in  seiner  vollen; 
Wirkung  zum  Bewußtsein  zu  bringen. 

Ohne  Zweifel  ist  mit  diesem  Hörspiel  eine; 
gute  Wahl  getroffen  worden,  sicherlich 
könnte  aber  aus  einem  so  guten  Stoff  in 
harmonischer  Zusammenarbeit  zwischen  Ver- 
fasser und  Regisseur  noch  viel  mehr  heraus- 
geholt werden." 

Unser  Kamerad  Eberhardt  aus  München 
ist  entschieden  einer  negativen  Meinung  und 
schreibt,  daß  das  Hörspiel  ihn  enttäuscht  habe. 
Er  meint  dann  u.  a.  weiter: 

„Das  Kriegsblindehschicksal  wird  nur  ge- 
streift, und  dabei  erschüttert  den  Verwunde- 
ten im  Lazarett  die  Entstellung  des  Gesichtes 
mehr  als  die  Erblindung.  Vergeblich  erwar- 
tete ich  etwas  von  dem  beginnenden  Existenz- 
kampf des  Blindgewordenen.  So  aber  war.  es 
eine  reine  Liebesgeschichte,  bei  der  mich  ge- 
wisse moralische  Seiten  obendrein  störten.. 
Ich  ziehe  dann  lieber  besinnliche  Hörspiele 
vor  wie  etwa  das  eine  Woche  später  von 
München  gesendete  Hörspiel  „Ein  Mord  für 
die  Welt".  Das  „Lied  der  Wildgänse"  war 
zwar  nicht  schlecht,  aber  auch  nicht  so  aus- 
gezeichnet, daß  es  einen  Preis  verdient 
hätte.  Dem  Geist  und  den  Ansprüchen  der 
meisten  Hörer  wird  es  jedoch  gewiß  genügt 
haben." 


14. 

2. 

20.00 
20.00 
20.30 

17. 

2. 

18. 

2. 

19. 

2. 

20.30 
21.00 

20. 

2. 

20.01 
20.15 

21. 

2. 

20.30 

24. 

2. 

26. 

2. 

27. 

2. 

20.30 
20.45 
21.05 

28. 

2. 

20.00 
21.00 

3. 

3. 

4. 

3. 

20.20 
20.30 

5. 

3. 

20.30 
21.00 

6. 

3. 

9. 

u. 

10.  3. 

11. 

3. 

12. 

3. 

20.30 

17. 

3. 

18. 

3. 

fDrogratfttftvorsaiau  für  -f^örspiele 

München/UKW:  „Moral"  von  Ludwig  Thoma 

NWDR:  „Herz  der  Welt"  von  Heinz  Pauck  und  Harald  Braun 

Beromünster:  „Der  Teufel"  nach  Alfred  Neumann 

Stuttgart:  „Dje  Reise  nach  Braunschweig"  von  Max  Gundermann 

Stuttgart:  „Vater  braucht  eine  Frau"  von  Herbert  Dührkop 

Frankfurt:  „Leonce  und  Lena"  Lustspiel  von  Georg  Büchner 

Südwestfunk:  „Wenn  wir  alle  Engel  wären"  von  Heinrich  Spoerl 

Frankfurt/UKW:  „Spanische  Hochzeit"  von  Günther  Weisenborn 

München:  „Der  letzte  König"  von  Helmuth  Backhaus 

RIAS:  „Gefallene  Engel"  von  Noel  Coward 

Stuttgart:  „Der  eingebildete  Kranke"  von  Moliere 

Südwestfunk/UKW:  „Ich  kannte  die  Stimme"  von  Wilh.  Wehmeyer 

München/UKW:  „Die  Schwestern"  von  Alix  Dufresne 

NWDR:  „Lumpazi  Vagabundus  am  Rhein"  j 

Stuttgart:  „Die  törichten  Jungfrauen  oder  Weiberwirtschaft"  von  J.  M.  Bauer 

Frankfurt/UKW:  „Tartüff",  Komödie  von  Moliere 

Stuttgart:  „Die  Flucht"   von  John  Galsworthy 

Südwestfunk/UKW:  „Wendemarke"  nach  William  Faulkner 

RIAS:   „Josip  und  Joana"  von  Rüdiger  Syberberg 

München:  „Das  Irrlicht"  von  Horst  Lange 

München/UKW:    „Seltsames  Beispiel   einer  weiblichen  Rache"   nach  Diderot 

von  Charles  Regnier  * 
Südwestfunk:  „Ein  Mann  verläßt  seine  Frau"  von  Walter  Jens 
Frankfurt:  „Der  Verfolgte"  von  Friedrich  Roemer  nach  Siegfried  Lenz 
Frankfurt/UKW:  „Retour"  von  Pierre-Maurice  Richard 
München:  „Der  Revisor"  von  Nicolai  Gogol 
Südwestfunk:  „Die  Querulantin"  von  Hermann  Stahl 
Südwestfunk/UKW:  „Wenn  wir  alle  Engel  wären"  von  Heinrich  Spoerl 
München/UKW:  „Das  Irrlicht"  von  Horst  Lange 
NWDR:  „Elektra" 

Frankfurt:  „Denn  sie  sollen  getröstet  werden"  nach  Alan  Paton 
Frankfurt/UKW:  „Der  Verfolgte"  von  Friedrich  Roemer  nach  Siegfried  Lenz 
Südwestfunk:  „Die  Antwort"  von  Otto  Schräg 
Südwestfunk/UKW:  „Die  Antwort"  von  Otto  Schräg 
Frankfurt:  „Cäsar  und  Kleopatra"  von  Bernard  Shaw 
Frankfurt/UKW:  „Eleonora  Düse"  von  Arthur  Fauser 

Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel-Preis  der  Kriegsblinden"! 


14 


Emil  Wilh.  Sondermann 

Gummersbach 

Spinnerei,  Strick-  und  Wirkwaren-Fabrik 


C.  A.  Baldus  &  Söhne 

103 1  Kommanditgesellschaft  lirOl 

Osberghausen  (Bezirk  Köln) 

Spinnerei  /  Strick-  und  Wirkwaren-Fabrik 
Telefon  2715  Gummersbach 


Chr.Höver&Sohn 

'    Edelstahlwerk      *', 

Berghausen  (Bez.  Kujnf 

SkhncllorehstäKle 

WerkzeuggTiBstählc  ■"• 

legiert   und    unlegiert   für 

"-.^   jeden  Verwendungszweck 

Werkteagc   und  Stähle  für   die. 

^teinindustrle 


Busch  &Co. 

Fabrik  zahnärztlicher  Instrumente 
Engelskirchen 

Fernruf  75 


STAHL 


Edelstahl 
Edelstahlformguß 

Schmidt  &  Clemens 

Edelstahlwerk 

Berghausen  bei  Engelskirchen 

(Bezirk  Köln) 


Kordt  &  Rosch,  Wipperfürth  (Rhld.) 

Preß-,  Stanz-  und  Hammerwerk 


Krawinkel  &  Schnabel 

Gummersbach 


Chr.  Müller  &  Sohn 

Bergneustadt 

Streichgarn-Spinnerei 


Strick-  und 
Wirkwaren-Fabrik 


Biumbergbohrer  G.m.b.H.,  Engelskirchen,  Bez.Köin 

a* 


Qualitäts-Spiraibohrer-Fabrik 


Alb.  Reusch 


SPINNEREI    -    STRICKEREI 


Derschlag 


Gustav  Jaeger 

Ründeroth  (Rhld.) 

Seit  1879 

Ründerother 

Geschäftsbücherfabrik 


Geschäftsbücher 
Schulartikel  /  Notizbücher 


Heinrich  Geldmacher 

Papierfabriken 

Erzeugung:  Tüten-,  Pack-  u.  Tauenpapiere 
aller  Art,  Beklebepapier,  Ta- 
petenrohpapier  in  allen  Spe- 
zialsorten,  Isolierrohrpapier 
u.  Rohpappe,  Briefumschlag- 
papier, Hülsenpapier, 
Karteikarton 

Verarbeitung:  Spinnerei -Hülsen -Isolierrohr 


Winterborn 

Fernrai  207  u.  259  Nümbrecht 

Felderhoferbrücke 

(Hoffnungsthal) 

Ruf  204  Ruppichteroth 

Post  Hennef  (Sieg) 

Papier- 
verarbeitungswerk 
in  Guxmühlen 

Fernruf  224  Nümbrecht 
Post  Wiehl-Land 


Homburger  Papierfabrik 

gegr.  1650       ehem.  Fürstliche  Papiermühle        gegr.  1650 

^ ■       seit  -1806  im  Familienbesitz  i 


Wilhelm  Geldmaiher 
Nümbrecht- Papiermühle,  Bezirk  Köln,  Post  Wiehl 

Telefon  Nümbrecht  313/314 

Tapetenrohpapier  aller  Art,  Tüten  und  Packpapiere 


15 


Kritische    Betrachtung    eines    Lesers 

Unserer  Bundeszeitung  ist  die  Aufgabe 
gestellt,  über  unseren  begrenzten  Kreis  hin- 
aus auch  die  Öffentlichkeit  anzusprechen,  um 
bei  ihr  echtes  Verständnis  für  unsere  Lage 
zu  erwecken.  Je  lebendiger  die  Darstellung 
unserer  Anliegen  ist,  um  so  lebhafter  wird 
die  Wirkung  sein.  Es  kommt  also  auf  das 
Bild  an,  das  wir  von  uns  selbst  in  Umlauf 
setzen,  auf  unser  Selbstporträt,  denn  von 
ihm  hängt  ab,  wie  wir  gesehen  und  beur- 
teilt werden.  Dieses  Bild  wird  sich  natur- 
gemäß aus  einer  Vielfalt  an  Erscheinungen 
zusammensetzen,  die  auch  Gegensätze  in  sich 
birgt.  Damit  wird  zugleich  einer  Idealisie- 
rung und  Typisierung  vorgebeugt,  die  beide 
ebenso  unerwünscht  sind  wie  die  bestehen- 
den Vorurteile. 

Um  einen  wahrheitsgetreuen  Querschnitt 
zu  erhalten,  läßt  die  Schriftleitung  neben 
anderen  Mitarbeitern  möglichst  viele  Kame- 
raden selbst  zu  Worte  kommen. 

Nun  wird  von  seiten  ernsthafter  Kamera- 
den der  Vorwurf  erhoben,  in  dem  bisher  ge- 
zeigten Bilde  würden  die  Lebensfrohen,  die 
Glücklichen  und  Begabten  unberechtigt 
mehr  in  Erscheinung  treten  als  der 
Durchschnitt.  Vor  allem  würden  die 
Unglücklichen,  die  nicht  mit  ihrem  Schicksal 
Zurechtgekommenen  ganz  in  den  Hintergrund 
gedrängt. 

Dadurch  komme  die  zu  Verallgemeinerun- 
gen neigende  Öffentlichkeit  zu  einer  ein- 
seitigen Vorstellung  von  uns  Kriegsblinden, 
zur  Vorstellung  nämlich,  daß  unser  Los  mit 
einiger  Willenskraft  und  einem  Schuß  Hu- 
mor verhältnismäßig  leicht  zu  tragen  sei. 
In  der  Folge  wird  befürchtet,  unser  Opfer 
werde  zu  gering  bewertet.  Auch  könnten  die 
Kameraden,  die  noch  nicht  zu  einer  einträg- 
lichen Arbeit  gefunden  hätten,  in  den  Ver- 
dacht geraten,  daß  bei  ihnen  ein  nicht  durch 
die  Erblindung  bedingter  charakterlicher 
Mangel  vorliege.  Schließlich  bestehe  die  Ge- 
fahr, die  bisher  gewährten  Versorgungs-  und 
Versicherungsleistungen  und  beruflichen 
Vergünstigungen  könnten  geschmälert  oder 
zum  mindesten  nicht  verbessert  werden,  da 
ja  die  Kriegsblinden  nach  ihren  eigenen  An- 
gaben dasselbe  zu  leisten  imstande  seien 
wie  ihre  sehenden  Berufskollegen. 

Ist  der  Vorwurf  der  Einseitigkeit  berech- 
tigt? Daß  die  veröffentlichten  Einsendungen 
im  „Kriegsblinden"  von  Erfolgen,  von  Selbst- 
überwindung und  von  neuer  Lebensbejahung 
zeugen,  wird  wohl  nicht  verwundern.  Von 
den  Stunden  der  Verzweiflung  und  Anfech- 
tung erzählt  niemand  gern.  Auch  ist 
es  natürlich,  daß  die  Beiträge  von  dem  auf- 
geschlosseneren und  regsameren  Teile  un- 
serer Kameraden  stammen.  Der  Beruf  spielt 
dabei   keine   Rolle.   Es   sind   alle   vertreten, 


die  Handwerker  wie  die  sogenannten  Intel- 
lektuellen. Ihr  Antrieb  zum  Schreiben  rührt 
nicht  von  geistiger  Überlegenheit  her,  son- 
dern aus  dem  ehrlichen  Bemühen,  im  gegen- 
seitigen Gedankenaustausch  sich  und  den 
anderen  weiterzuhelfen  und  darüber  hin- 
aus der  Öffentlichkeit  zu  beweisen,  daß  der 
Blinde  keineswegs  zu  werktätiger  und 
geistiger  Unfähigkeit  verdammt  ist.  Wenn 
hierbei  neben  dem  Abbau  von  Vorurteilen 
auch  ein  Abbau  rührseligen  Mitleids  be- 
wirkt wird,  ist  dies  nur  zu  unserem 
Vorteil  und  wird  nur  von  den  wenigen 
bedauert,  die  sich  der  Firma  Nimm  und  Co. 
verschrieben  haben. 

Die  Befürchtung  freilich,  daß  unser  Los 
allzu  leicht  gewogen  werde,  hat  leider  ihre 
Berechtigung.  Es  gibt  Mißgünstige  genug,  die 
erkannt  haben,  daß  sich  unser  eigener  Opti- 
mismus als  brauchbare  Waffe  zu  unserem 
Nachteil  verwenden  läßt.  Diese  Neider 
stehen  nicht  nur  im  Lager  der  Friedens- 
blinden oder  anderer  Versehrtengruppen. 
Es  gibt,  wie  in  jüngster  Zeit  bekannt  wurde, 
genügend  obrigkeitliche  „Einsparer",  denen 
die  hohen  Ausgaben  für  die  Opfer  des  Krie- 
ges ein  Dorn  im  Auge  zu  sein  scheinen. 

Was  ist  also  zu  tun?  Soll  die  Schriftleitung 
in  Zukunft  den  Erfolgreichen  und  Lebens- 
frohen einen  Maulkorb  umhängen,  um  damit 
die  beanstandete  Einseitigkeit  zu  beheben? 
Sollen  mehr  als  bisher  die  dunklen  Seiten 
unseres  Daseins  hervorgehoben,  und  soll  ins- 
besondere von  denen  berichtet  werden,  die 
noch  immer  nicht  ihr  seelisches  Gleichgewicht 
gefunden  haben? 

Nein,  laßt  die  schreiben,  die  schreiben 
wollen,  wie  seither  auch! 

Doch  bei  allem  Selbstbewußtsein,  bei  aller 
Freude  an  beglückenden  Erlebnissen  und  Er- 
folgen, den  bitteren  Tropfen  der  Selbstkritik 
dürfen  wir  nicht  vergessen.  Prahlerei  ist  un- 
angebracht, schon  um  der  Kameradschaft 
willen.  Wir  unter  uns  brauchen  uns  doch 
nichts  vorzumachen.  Wir  kennen  unsere 
neuralgischen  Punkte,  unsere  leichte  Erreg- 
barkeit und  jähen  Stimmungsumschläge. 
Wer  über  die  ewig  lauernden  Tücken  des 
Objekts  und  unsere  kleinen  Schwächen  mit 
Humor  zu  schreiben  versteht,  soll  dies  tun. 
„Man  kann  ruhig  darüber  sprechen!"  Aber 
psychologische  Analysen  und  propagandi- 
stische Hintergedanken  sind  fehl  am  Platze. 
Daß  wir  normale  Menschen  geblieben  sind, 
haben  wir  genugsam  bewiesen.  Den  Blinden 
als  Übermenschen  darzustellen  oder  als  be- 
sonders Begnadeten,  ist  abgeschmackt.  Was 
uns  erfinderisch  macht,  ist  unsere  Not.  Diese 
Not  ist  immer  gegenwärtig  und  fordert  uns 
zu  immer  neuer  Überwindung  heraus.  Mag 
der  einzelne  seine  Leistungen  der  eigenen 
Kraft,  einem  günstigen  Geschick,  verdienter 
oder     unverdienter 

Gnade  zuerkennen, 

so  hat  doch  keiner 
das  Recht,  andere 
geringer  zu  achten, 
weil  sie  mit  ihrem 
Schicksal  nicht  fertig 
wurden.  Wissen  wir 
denn,  was  gerade 
in  ihnen  zerstört 
wurde?  Wir  haben 
nur  die  Pflicht,  sie  in 
unseren  kamerad- 
'  schaftlichen  Schutz 
zu  nehmen. 
F.  Mezger,  Tübingen 


iippettteftei! 


■MWWUiUOnww 


BEUGE  VOR  DURCH 


fb 


'anriavm. 


PASTillEW 

FARBWERKEHOECHST  v»m*&  &S&M*  SßuUm  +  SBuu^  Frankfurt  (M)-Höchst 


Man  vergleiche  dazu 
auch  den  Beitrag  auf 
der  ersten  Seite  die- 
ses Heltes^-  mit  der 
überschritt  „Heroisie- 
rung?"   Die  Schriltltg. 


Irren  ist  menschlich 

Hätten  wir  Kulturmenschen  den  einstmali- 
gen Spürsinn  der  Nase  behalten,  so  irrten 
wir  weniger.  Wie  gut  also,  daß  ich  meinen 
Vierbeiner  besaß  und  seine  Nase! 

Das  Land  Baden  ist  zwar  nui  klein  und 
war  es  immer,  dennoch  immerhin  groß  ge- 
nug, daß  man  sich  auf  einem  Spaziergang 
verirren  kann,  wenn  man  durch  die  Buchen- 
wälder streift  und  dabei  nicht  auf  Ausgangs- 
wege, Kreuzwege  und  Straßengabelungen 
achtet.  Wo  es  besonders  schön  war  in  die- 
sem Waldgebiet  um  Heidelberg,  da  hatten 
wir  uns  gelagert  und  in  die  Stille  des  Wal- 
des hinein  geträumt.  Dann  waren  wir  wieder 
ein  Stück  gelaufen,  und  wieder  lockte  ein 
herrlich  stiller  Waldweg.  Wegzeichen  gab 
es  allerdings  nicht  ... 

Unser  Führhund  konnte  sich  nun  mal 
tüchtig  in  seiner  seltenen  Freiheit  bewegen. 
Ihn  interessierten  weniger  die  herrlichen 
Buchen,  sondern  all  das,  was  da  kribbelte 
und  krabbelte  auf  dem  Waldboden.  Immer 
blieb  er  interessiert  zurück,  ließ  uns  aber 
dennoch  nicht  aus  den  Augen  oder  Nase. 

Doch  nun  begann  es  Abend  zu  werden 
und  wir  mußten  daran  denken,  umzukehren, 
denn  soviel  wußten  und  schätzten  wir,  es 
mußte  ziemlich  weit  sein  bis  zur  Stadt,  wo 
man  angeblich  sein  Herz  verliert.  Schneller 
schritten  wir  aus  und  wußten  jetzt  nur,  daß 
wir  der  untergehenden  Sonne  abgewandt 
unseren  Weg  gehen  mußten.  Es  dämmerte 
bereits,  und  noch  immer  konnten  wir  nichts 
von  Heidelberg  wahrnehmen.  Kein  Mensch 
kam  vorbei,  kein  Fahrzeug,  kein  Reiter, 
nichts,  gar  nichts.  Es  schien  also,  als  seien 
wir  die  einzigen  Menschen  auf  dieser  Erde, 
und  ein  Hund.  Da  zeigte  sich  endlich,  immer 
noch  mitten  im  Wald,  eine  Wegegabelung. 
Pech  —  woher  waren  wir  gekommen,  von 
rechts  oder  links?  Meine  Frau  wußte  es  auch 
nicht,  und  nun  standen  wir  hilflos  und  fremd 
in  der  stillen,  dunkelnden  Einsamkeit.  Un- 
ser Orientierungssinn  versagte.  Was  nun? 

Meine  Frau  schluckte  heimlich  an  den  Trä- 
nen, denn  sie  fühlte  sich  ja  als  Führung  ver- 
antwortlich. Da  kam  mir  der  rettende  Ge- 
danke: der  Hund,  sein  Spürsinn  und  sein 
Orientierungssinn  würden  wohl  nicht  ver- 
sagen!   Und  ich  rief  ihn  heran. 

„So",  sagte  ich  tröstend  zu  der  Meinen, 
„nun  paß  mal  auf,  wie  der  selbst  im  Dun- 
keln den  Weg  findet,  dorthin,  wo  wir  her- 
gekommen sind  und  wo  sein  Futternapf 
steht."  Ich  befestigte  die  lange  Leine  an 
seinem  Halsband  und  hieß  ihn  vorangehen. 
Wir  folgten  mit  Hoffnung  und  doch  auch  Ban- 
gigkeit im  Herzen. 

Der  Hund  nahm  den  Weg  zur  Linken,  ob- 
wohl meine  Frau  glaubte,  wir  müßten  am 
Nachmittag  auf  dem  rechten  Weg  hergekom- 
men sein.  Lange  gingen  wir  so,  vom  Hund 
geführt  und  schwiegen,  denn  es  war  doch 
eine  Verstimmung  eingetreten.  Man  machte 
sich  bestimmt  Sorge  um  uns  dort  in  der 
Stadt,  zumal  es  nun  ganz  dunkel  war.  Und 
sich  nun  gar  einem  Hund  anvertrauen,  und 
„wider  besseres  Wissen",  wie  meine  Frau 
grollte? 

Da  endlich  zeigte  sich  Licht  in  der  Ferne. 
Schneller  schritten  wir  jetzt  und  von  Hoff- 
nung neu  belebt,  doch  ob  es  Heidelberg 
sein  würde?  Endlich  blieb  der  Wald  hinter 
uns  zurück  und  drunten  im  Neckartal  lag 
Heidelberg  mit  seinen  vielen  Lichtern.  Meine 
Frau  atmete  froh  auf.  Der  Hund  also,  ohne 
jemals  vorher  diese  Gegend  begangen  zu 
haben,  er  hatte  sich  nicht  geirrt  und  hatte 
ganz  instinktiv  den  rechten  Weg  gefunden, 
obwohl  er  bei  seinem  Umherstreifen  sicher- 
lich nicht  auf  die  Gegend  geachtet  hatte.  Wir 
haben  uns  zwar  noch  öfter  im  Leben  auf 
.Wegen  .und  an  Menschen  geirrt,  nie  aber, 
wenn  der  Hund  unser  Führer  war,  ja,  man 
konnte  behaupten,  der  Hund  irrte  sich  nie, 
selbst  nicht  an  Menschen,.  Fritz  Bloch 


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ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS   UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 


NR.  7  .  3.  JAHRGANG 


MÄRZ   1952 


VERLAGSORT  BIELEFELD 


Cjresundheit  und  Stärke  sind  wohl  ein  hohes  Gut; 

aber  verachtet  ihr  nicht  jeden, 

der  sie  nur  braucht  zu  leerem  Gepräge? 


Ist  denn  der  Mensch  ein  sinnlich  Wesen  nur, 


daß  auch  das  höchste  Gefühl  des  leiblichen  Lebens 


ihm  alles  sein  darf? 


SCHLEIERMACHER 


AUS    DEM    INHALT 


Seite 

„Hörspielpreis  der  Kriegsblinden"  erstmalig  vergeben  .       .         1 

,,DU",  Gedicht  des  Kameraden  Rudolf  Ferbers  ....         1 

„Darfst  du  die  Stunde  rufen?" 

Von  Dr.  Lotz   (Hamburg) 2 

„Doch   das   Gehör   verleiht   den   rechten    Glauben   mir"    — 

Zur  Deutung  der  menschlichen  Stimme. 

Von  Thea  von  Beckerath 3 

Verrät  die  Stimme  den  Körperbau? 

Von    Franz    Feistner 4 

Politische   Wochenschrift  in  Blindendruck 5 

Aus    den   Landesverbänden 8 

Heinrich  Funk  gestorben 

Aus  Württemberg-Nordbaden 

Karneval  in  Düsseldorf 

Etwas   über  unsere   Kameraden   im   Osten 9 

Blindenführhunde      in     Frankreich     im      18.     Jahrhundert. 

Von  Dr.  Hans  Haupt 10 

Zur  Verständigung  zwischen  Mensch  und  Hund   (Zu  einem 

neuen    Buch) 12 


Seite 

Lesermeinung 

Ein  Vorschlag  zur  Führhundbelieferung. 

Von    Franz    Lewin 12 

Haben  wir  eine   Sonderstellung? 

Von    Hans    Haule 13 

Kriegsblinde    im    Sport    (Kamerad    Schiffmann    geht    nach 

Helsinki) 13 

Neuer  Blindenberuf  bewährte  sich  (Abhörer  im  Rundfunk- 
sender).    Von    Prof.  Dr.  W.  Nestel    und    Obering.  Ehlers       15 
Für  unsere  Schachfreunde 

Von  Gabriel  Mertens  (Köln) 15 

Kleine    Neuigkeiten 16 

Vom    Sichgehenlassen 

Von  Kamerad  Hans  Lehmann  (Marburg)       ....       17 

Programmvorschau    für   Hörspiele 17 

Der  Kriegsblinde  im  Rechtsstudium 

Von  Wolfgang  Schmidt   (Göttingen) 18 

Das  Billett  der  Königin 

Erzählung  von  Stefan  Andres 20 

Beim    Buchhändler 20 


Kriegsblinder  O  hnhände  r  beim  Skilauf"  —  dies  Foto  für  die  erste  Umschlagseite  erhielten  wir  von  Barbara  Seidl- 
Herberz  (Diessen-Ammersee).    Das  Foto  aut  der  Umschlagrückseite  stammt  von  dpa-Soltau. 


341  -  692  -  687  -  686  -  685  -  684  -  683  -  681  -  680  -  679  -  678  -  677  -  676  -  623  -  612  -  613  -  614  -  654  -  655  -  656  -  657  -  667  -  669  -  662  -  661  -  673  -  674  -  675  -  592  -  596  -  588  -  589  -  590  -  591  -  644 


.Der  Kriegsblinde',  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 
Mürlenbach-Eifel.)  Verantwortlicher  Schriftleiter:  Friedr.  Wilh.  Hymmen,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138.  „Der  Kriegsblinde"  erscheint  monatlich.  Anzeigenverwaltung: 
Bund  der  Kriegsblinden   Deutschlands  e.   V.,    Selbstverlag,   Wiesbaden,  Rheinstraße  73.  Die  Zeitschrift  ist  der  IVW  angeschlossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT    FÜR    VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BVNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  Y. 


Nr.  7    .   3.  Jahrgang    .    März  1952    .   Verlagsort  Bielefeld 


„Hörspielpreis  der  Kriegsblinden"  erstmalig  vergeben 

Der  erste  und  bisher  einzige  deutsche  Hörspielpreis  —  Preisträger  wurde  Erwin  Wickert 
Die  Rundfunkzeitschrift  „Hör  zu"  beteiligt  sich  mit  einem  Preis  von  2000  DM 


.  Die  deutschen  Kriegsblinden  wollen  nicht 
immer  nur  die  Nehmenden  und  Fordernden 
sein,  Und  so  brennend  auch  die  sozialpoliti- 
schen Probleme  sind,  es  erschöpft  sich  in 
ihnen  nicht  einseitig  das  Tätigkeitsfeld  des 
Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands.  Ge- 
rade der  Kriegsblinde  braucht  ja  nicht  nur 
ein  äußerlich,  sondern  auch  ein  innerlich 
erfülltes  Leben.  Die  Quellen  dazu  sind  ver- 
schiedenster und  vielfältiger  Art,  und  eine 
dieser  Quellen  ist  ohne  Frage  der  Rundfunk. 

„Das  Rundfunkhören  ist  mein  geistiges 
Lebenselement  geworden",  sagte  einer  der 
kriegsblinden  Preisrichter,  die  sich  am  29.  Fe- 
bruar im  Frankfurter  Funkhaus  zur 
Preisrichtersitzung  zusammenfanden.  Diese 
Äußerung  werden  gewiß  Tausende  unserer 
Kameraden  unterschreiben.  Der  Rundfunk, 
in  der  Öffentlichkeit  cft  als  kulturgefährdend 
verdächtigt,  ist  für  alle  blinden  Menschen  zu 
einem  großen  Segen  geworden.  Und  so 
repräsentieren  die  Kriegsblinden  als  die 
dankbarsten  und  intensivsten  Rundfunk- 
hörer die  gesamte  deutsche  Hörer- 
schaft, vor  allem  jene  Hörerschaft,  die 
nicht  nur  gleichgültige  Hörer  sind,  sondern 
„Zuhöre  r". 

Deshalb  wird  in  Fachkreisen  und  in  der 
Öffentlichkeit  der  „Hörspielpreis  der  Kriegs- 
blinden", dessen  Stiftung  unsere  Zeitschrift 
veranlaßt  hat,  als  Preis  der  gesamten  Hörer- 
schaft gewertet,  zumal  er  ohne  Beeinflussung 
durch  irgendeine  Rundfunkanstalt  vergeben 
wird.  Das  bedeutet  nur  die  Wahrung  der  er- 
forderlichen Unabhängigkeit  des  Preisge- ' 
richts,  nicht,  etwa  irgendein  Mißtrauen  oder 
gar  eine  Gegnerschaft  zu  den  Sendern.  Im 
Gegenteil:  dem  Rundfunkschaffen  —  und 
hier  insbesondere  dem  Hörspiel  —  zu 
dienen,  das  ist  ja  ein  gemeinsames  Anliegen, 
das  die  Preisstiftung  mit  den  Rundfunk- 
anstalten eng  verbindet.  Von  diesem  Ein- 
vernehmen zeugt  allein  schon  die  Tatsache, 
daß  die  Arbeitsgemeinschaft  der  öffentlich 
rechtlichen  Rundfunkanstalten  der  Bundes- 
republik die  Kosten  für  die  Preisrichter- 
sitzung übernahm,  wofür  wir  auch  an  dieser 
Stelle  noch  einmal  unseren  aufrichtigen  Dank 
aussprechen  möchten,  und  von  diesem  Ein- 
vernehmen- zeugt  auch  die  gastliche  Auf- 
nahme, die  uns  bei  der  Preisrichtersitzung 
durch  den  Hessischen  Rundfunk  in  seinem 
neuen  Frankfurter  Funkhaus  gewährt  wurde. 

Bei  Beginn  der  Sitzung  begrüßte  Herr 
Intendant  Eberhard  Beckmann 
in  Gegenwart  der  leitenden  Herren  des 
Hessischen  Rundfunks  die  anwesenden  Preis- 
richter, wobei  er  darauf  hinwies,  daß  ja  für 
den  Rundfunk  bei  einer  Hörspielsendung 
alle  Hörer  sozusagen  „blind"  seien  und  daß 
deshalb  die  Kriegsblinden  mit  Recht  das 
Hörspiel  hier  zu  ihrer  eigenen  Sache  machen. 


Auch  die  anderen  Herren  des  Senders,  von 
denen  sich  besonders  der  Programmreferent 
des  Intendanten,  Herr  Wolfhart  Mül- 
ler, und  der  Leiter  der  Abteilung  Publizi- 
stik, Herr  Dr.  E.  K.  Fischer,  sowie  Herr 
Schneider  als  Leiter  der  Pressestelle  um 
ein  gutes  Gelingen-  der  Tagung  bemühten, 
zeigten  höchstes  Interesse  am  Verlauf  der 
Tagung. 

Die  Preisrichter 
Die  in  das  Preisgericht  berufenen  Rund- 
funkkritiker  —  angesehenste  Fachleute 


DU 


Manchmal  ist  mir's,  als  sah'  ich  die  Sterne 

zitternd  und  nah. 

Ist's  nur  ein  Traumbild? 

Erinnerung?  Sehnen? 

Ich  sehe  die  Landschaft,  sehe  die  Ferne, 

wie  ich  sie  einst  in  der  Jugend  sah. 

Ist's  nur  ein  Traumbild? 

Erinnerung?  Sehnen? 

Jetzt  bist  du  da  . . . 

Gib  mir  die  Hand, 

daß  ich  dich  fühle, 

tief,  wo  das  Verborgene  ruht; 

denn  was  ich  sah, 

ist  innig  verwandt 

wie  ich  dich  fühle, 

tief,  wo  das  Verborgene  ruht. 

RUDOLF  FERBERS 


aus  der  ganzen  Bundesrepublik  — ,  waren  zu 
unserer  großen  Freude  alle  erschienen,  ob- 
wohl sie  großenteils  recht  weite  Reisen  zu 
machen  hatten.  Es  waren  die  Herren  Dr. 
Bonte  („Neue  Zeitung",  München),  Dr. 
habil.  Eckert  (Hamburg),  Dr.  habil. 
Gieß  (Heidelberg)  und  Horst  Krüger 
(Freiburg)  gekommen.  An  Stelle  des  durch 
seine  Berufung  in  den  NWDR  Hamburg  aus- 
geschiedenen Dr.  Schwitzke  nahm  als  fünfter 
Fachmann  H.  W.  von  Meyenn  (Bielefeld) 
an  der  Sitzung  teil.  Gleichberechtigt  gehör- 
ten fünf  Kriegsblinde  dem  Preisgericht  an: 
die  Kameraden  Boncelet  (Berlin),  Huth 
(Koblenz),  Schönfeld  (Bolsternag,  Würt- 
temberg) und  Wurthmann  (Opladen). 
An  Stelle  des  plötzlich  erkrankten  Kamera- 
den Dr.  Binder  (Landshut)  sprang  der  Be- 
zirksvorsitzende von  Frankfurt.  Kamerad 
Cyrus,  ein.  Elftes  Mitglied  und  Vorsitzen- 
der des  Preisgerichts  war  der  Schriftleiter 
der  Zeitschrift  „Der  Kriegsblinde",  von  der 
bekanntlich  die  Initiative  zu  dem  Hörspiel- 
preis ausging.  Friedr.  W.  Hymmen  (Bielefeld). 


Zur  besonderen  Freude  aller  Anwesenden 
hatte  es  auch  unser  Bundesvorsitzender, 
Amtsgerichtsrat  Dr.  P 1  e  i  n  ,  trotz  seiner 
übergroßen  Beanspruchungen  möglich  ge- 
macht, an  der  Sitzung  teilzunehmen.  Er  wies 
mit  kurzen,  bewegenden  Worten  zu  Beginn 
der  Sitzung  und  auch  bei  einem  Presse- 
empfang  am  Nachmittag  auf  die  Eigenart 
der  Erlebnisfähigkeit  der  Kriegsblinden  hin 
und  auf  ihre  besonders  wache  Anteilnahme 
an  den  Sendungen  des  Rundfunks,  wobei 
allerdings  das  rechte  Zuhören  eine  Kunst 
sei,  die  —  wie  beim  Vorlesen  —  erst  nach 
Monaten  geduldiger  Übung  recht  beherrscht 
werde. 

Es  war  eine  strapaziöse,  fast  zwölfstün- 
dige  Sitzung,  denn  immerhin  galt  es,  eine 
große  Anzahl  von  Hörspielbändern  abzu- 
hören, die  wir  (auf  Grund  einer  brieflichen 
Vorentscheidung  der  Preisrichter)  von  ver- 
schiedenen Sendern  angefordert  hatten,  und 
es  galt,  darüber  in  einem  Kreis  zu  disku- 
tieren, dessen  Teilnehmer  naturgemäß  von 
recht  verschiedenen  Standorten  aus  das  Hör- 
spiel beurteilen.  Der  literarisch  und  funk- 
kritisch erfahrene  Sachkenner  saß  dem 
kriegsblinden  Hörer  gegenüber,  der  nicht 
zuerst  nach  der  künstlerischen  Form,  sondern 
nach  dem  inneren  Ergebnis  und  Erlebnis 
fragt.  Aber  gerade  diese  Spannungen  mach- 
ten die  Sitzung  für  alle  Teilnehmer  frucht- 
bar und  anregend,  und  nicht  nur  die  kriegs- 
blinden Preisrichter,  auch  die  Fachkritiker 
äußerten  zum  Schluß  des  Tages,  daß  diese 
Begegnung  ihnen  äußerst  lehrreich  gewesen 
sei. 

Die  Maßstäbe  des  Urteils 

Die  besondere  Eigenart  unseres  Hörspiel- 
preises ist  es,  im  Gegensatz  z.  B.  zu  den 
meisten  Filmpreisen,  nicht  nur  nach  der 
formalen  künstlerischen  Qualität  zu  fragen. 
Bei  der  Bekanntgabe  unserer  Planung  (siehe 
Julih<»ft  1951   „Der  Kriegsblinde")  hieß  es: 

„Wenn  wir  nach  dem  , besten  deutschen 
Hörspiel  fragen,  so  meinen  wir  damit  das 
gewinnreichste,  also  jenes  Hörspiel,  das  uns 
noch  lange  nach  der  Sendung  am  tieisten  be- 
wegt und  das  uns  innerlich  bereichert.  Wir 
suchen  also  jenes  Hörspiel,  das  vom 
Menschlichen  her  uns  anredet  und 
uns  eine  Hilfe  gibt,  mit  dem  Dasein  besser 
fertig  zu  werden  oder  die  Zusammenhänge 
und  Aufgaben  unseres  eigenen  Lebens 
besser  zu  verstehen." 

.  Diese  Zielsetzung  des  Preises  machte  das 
Urteil  weitaus  schwerer,  als  wenn  nur  nach 
der  künstlerischen  und  rundfunkgemäßen 
Könnerschaft  eines  Autors  zu  fragen  gewesen 
wäre.  Andererseits  sollte  selbstverständlich 
ein  Hörspiel  preisgekrönt  werden,  dessen 
Aussagekraft   verbunden   ist  mit   einem 


hohen  Ranq  auch  der  künstleri- 
schen Gestaltung.  So  ergaben  sich 
z.  B.  umfangreiche  Diskussionen  um  das 
Hörspiel  „Die  Krankheit  des  Herrn  Satory" 
von  Waldemar  Maaß  (urgesendet  vom 
NWDR  Hamburg).  Unser  Kamerad  Wurth- 
mann  setzte  sich  mit  großer  Leidenschaft 
gerade  für  dieses  Hörspiel  ein,  weil  es  den 
Menschen  von  heute  wirklich  etwas  angehe. 
Die  Geduld  und  zuverlässige  Treue  einer 
Frau,  auch  über  Enttäuschungen  hinweg,  die 
sie  von  ihrem  Mann  erfährt,  das  ist  hier  das 
in  der  Tat  vorzüglich  gewählte  und  mit 
prächtiger  Gesinnung  behandelte  Thema. 
Aber  die  Mehrheit  der  Preisrichter  konnte 
sich  dennoch  nicht  entschließen,  diesem 
Hörspiel  den  Preis  zuzuerkennen,  weil  die 
künstlerische  Gestaltung  dem  Autor  nicht 
überzeugend  gelungen  ist. 

Aussage  oder  Form? 

Und  umgekehrt:  ein  Hörspiel  von  einer 
so  glänzenden,  bannenden  formalen  Kraft 
wie  Günter  Eichs  „Träume"  entzieht  sich 
aller  helfenden,  weisenden  Aussage.  In 
quälenden  Visionen  wird  die  Angst  darge- 
stellt, wie  sie  den  Menschen  von  heute  be- 
gleitet, ohne  daß  Eich  dazu  ein  Wort  des 
Trostes  oder  des  Ausweges  sagt.  So  wider- 
sprach auch  dieses  Hörspiel  der  eigentlichen 
Zielsetzung  des  Hörspielpreises  und  fand 
nicht  die  nötige  Zustimmung  der  Preisrichter. 

Mancherlei.  Hörspiele  wurden  während 
der  Sitzung  abgehört  oder  doch  teilweise 
abgehört.  Starke  Eindrücke  hinterließ  außer 
den  genannten  Werken  noch  „St.  Louis 
Blues"  von  Wuttig  (urgesendet  vom  NWDR 
Berlin),     das     bewegende     Schicksal     eines 


schwarzen  Jazztrompeters  mit  einer  groß- 
artigen Beherrschung  aller  funkischen  Mittel 
schildernd,  oder  „Der  Soldat  und  die  Puppe" 
von  Ulrich  (Bayerischer  Rundfunk),  ein  Hör- 
spiel, das  den  Konflikt  eines  deutschen  Sol- 
daten im  letzten  Kriegsjahr  zum  Gegenstand 
hat.  Auch  Christian  Bocks  „Nachtgespräche" 
wurden  immer  wieder  diskutiert,  ein  Hör- 
spiel, das  in  einer  —  im  Gegensatz  zur 
Stuttgarter  Ursendung  —  leider  veränderten 
Form  jetzt  unter  dem  Titel  „Hinter  sieben 
Fenstern  brennt  noch  Licht"  erneut  zur  Sen- 
dung gelangt. 

Das  preisgekrönte  Hörspiel 

Das  Preisgericht  einigte  sich  schließlich  in 
später  Stunde  auf  das  Hörspiel  „Darfst 
du  die  Stunde  rufen?"  von  Erwin 
Wickert  (Heidelberg),  ein  Hörspiel,  das  die 
Frage  der  Euthanasie,  also  der  Tötung 
unrettbar  Leidender,  zum  Gegenstand  hat. 
Es  geht  in  diesem  Hörspiel  im  Grunde  um 
die  Bejahung  des  Leides,  um  ein  Sich-Über- 
winden,  nicht  zuletzt  um  des  geliebten  an- 
deren Menschen  willen.  Das  Preisgericht  gibt 
zu  dieser  Entscheidung  die  folgende 
Begründung  bekannt; 

„Das  Preisgericht  hatte  die  Aulgabe,  die  im 
Jahre  1951  gesendeten  deutschen  Hörspiele 
nicht  nur  in  ihrer  künstlerischen  Qualität, 
sondern  zugleich  auch  nach  dem  Maß  ihrer 
menschlich  gewinnreichen  Aussage  zu  prüien. 
Die  Wahl  iiel  nach  eingehendem  Abwägen 
auf  Erwin  Wickerts  Hörspiel  „Darist  du  die 
Stunde  ruten?" ,  weil  hier  ebenso  mutig  wie 
verantwortungsvoll  ein  menschliches  Pro- 
blem unserer  Zeit  aufgegriffen  wird,  näm- 
lich die  Bewältigung  des  Leidens  und  Ster- 


Darfst  du  die  Stunde  rufen?" 


55 


Unser  Kamerad  Dr.  L  o  t  z  (Hamburg)  ist 
ein  besonders  aufmerksamer  und  kritischer 
Freund  des  Hörspiels.  Schon  im  Spätsommer 
des  vorigen  Jahres  schickte  er  uns  die  fol- 
gende Betrachtung  zu  dem  jetzt  preis- 
gekrönten Hörspiel,  das  damals  auch  im 
UKW-Programm  des  NWDR  zu  hören  war. 
Wir  drucken  diese  Betrachtung  gänzlich  un- 
verändert hier  ab: 

Wie  wohltuend:  ein  modernes  ernstes  Hör- 
spiel ohne  Psychopathen  und  Neurotiker,  — 
Menschen  „wie  du  und  ich".  Was  diese 
Menschen  erleben,  könnten  unsere  eigenen 
Leiden,  Ängste  und  Kample  sein;  wir  be- 
gleiten sie,  wie  man  liebe  nahe  Angehörige 
durch  schwere  Stunden  begleitet.  Was  die 
junge  Frau  Eilermann  durchmachen  muß,  ist 
nicht  ein  neurotischer  „Komplex" ,  sondern 
-die  Angst  des  lebenbejahenden  jungen  Men- 
schen vor  dem  Sterben,  —  meine  und  deine 
A.ngst,  mit  der  wir  alle  uns  früher  oder 
später  auseinandersetzen  müssen. 

Darf  man  die  Todesstunde  rufen,  die  Qualen 
eines  unheilbaren  Kranken  verkürzen?  — 
Vielleicht  kommen  viele  von  uns  von  einer 
natürlichen  Bejahung  der  Euthanasie  her.  Sie 
scheint  uns  so  selbstverständlich  human,  und 
der  Film  „Ich  klage  an"  wußte  alle  Beweis- 
gründe dafür  der  Vernunft  und  dem  Gefühl 
sehr  eindrücklich  zu  machen.  Alles,  was  der 
Gatte  der  Kranken  im  Hörspiel  dem  Pro- 
fessor der  Klinik  entgegenhält,  um  ihn  zum 
Helfen  zu  bewegen,  sind  vielleicht  unsere 
eigenen  Argumente. 

Und  dann  findet  der  Professor  aus  der 
Weisheit  seines  Alters  und  seiner  langen 
Erfahrung  an  Sterbebetten  Worte,  die  uns 
aufhorchen  lassen  und  verborgene  Tiefen  an- 
rühren. Worte  über  die  Ehrfurcht  vor  dem 
Tode,  über  sein  Erleben,  und  daß  selbst 
kleine  Menschen  oll  einen  großen  Tod  sterben. 
Nicht  der  Paragraph  des  Gesetzbuches  hält 
ihn  zurück,  auch  nicht  nur  das  ärztliche  Ethos, 
das   ihn  bis  zur  allerletzten  Minute   gegen 


den  Tod  ankämpfen  läßt,  sondern  diese  tiele 
religiöse  Ehrlurcht  vor  dem  Geheimnis  des 
Todes,  an  das  er  mit  Menschenhand  nicht  zu 
rühren  wagt. 

„Sie  geben  mir  wohl  Spritzen,  die  die 
Schmerzen  betäuben;  aber  die  entsetzliche 
Angst  lassen  Sie  mir" ,  hatte  die  junge  Frau 
ihn  angeklagt.  Seine  Güte  weiß  ihr  auch 
diese  Angst  zu  nehmen  und  ihr  tut  dem 
Weg  zu  ihrer  letzten  Reife  helfend  beizu- 
stehen. —  Erschütternd,  wie  sie  über  sich 
selbst  hinauswächst  und  die  Kraft  findet,  die 
Schmerzen  weiter  zu  ertragen.  Nun  ist  sie 
bereit,  bewußt  durch  die  Pforte  des  Todes 
zu  gehen',  ihren  eigenen  Tod  zu  sterben  . . . 

Daß  der  UKW-Funk  eine  Pause  des  Schwei- 
gens einschaltete,  um  den  tiefen  Eindruck 
des  Hörspiels  nachklingen  zu  lassen,  wurde 
dankbar  empfunden. 

Vielleicht  sind  manche  Hörspiele  literarisch 
wertvoller,  in  der  Gestaltung  'noch  künstle- 
rischer. Was  aber  diese  Sendung  über  sie 
erhebt,  ist  die  tiefe  menschliche  Bedeutung, 
die  uns  unmittelbar  anspricht.  Sie  ist  uns 
eine  Hilfe,  mit  unserem  eigenen  Schicksal 
und  unseren  eigenen  Lebensschwierigkeiten 
fertig  zu  vserden.  Keine  scharfsinnigen  philo- 
sophischen Erörterungen  über  das  Problem 
des  Todes,  auch  keine  tieienpsychologische 
Anatomie  der  Seele,  sondern  die  schlichte 
menschliche  Wirkung  eines  tatsächlichen 
Lebens  und  Sterbens.  —  So  werden  wir  ge- 
zwungen zu  innerer  Selbstbesinnung  und 
zur  Stellungnahme  letzten  Lebenstragen 
gegenüber.  Diese  Fragen  sind  nicht  an  einem 
Hörspielabend  lösbar-,  sie  begleiten  uns 
weiter,  verbunden  mit  der  lebendigen  Er- 
innerung an  die  Menschen  dieses  Hörspiels. 

Um  dieser  inneren  Bereicherung  willen 
kommt  diese  Sendung  iür  die  Aaszeichnung 
mit  dem  Hörspielpreis  der  Kriegsblinden  in 
Betracht.  Es  wäre  dringend  zu  wünschen, 
daß  dies  Hörspiel  auch  im  NW  DR-Programm 
der  Mittelwelle  gesendet  würde. 


bens.  Dabei  kann  es  nach  Meinung  des 
Preisgerichts  nicht  die  Aulgabe  eines  Hör- 
spiels sein,  endgültige  Antworten  zu  geben, 
sondern  es  soll  Anlaß  zum  Nachdenken  und 
zur  Besinnung  bieten.  Diese  Aulgabe  eriüllt 
Wickerts  Hörspiel  in  einer  besonders  glück- 
lichen und  dem  Rundlunk  gemäßen  Weise, 
auch  wenn  die  dramaturgische  Gestaltung 
noch  einzelne  Wünsche  oilenläßt. 

Die  Entscheidung  war  deshalb  nicht  leicht, 
weil  die  Hörspiele  aller  westdeutschen 
Rundtunkanstalten  zu  berücksichtigen  waren 


Bundesbeiratssitzung   in   Wiesbaden 

Vom  8.  bis  10.  März  wird  in  Wiesbaden 
eine  Sitzung  des  Bundesbeirates  des  Bundes 
der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.  statt- 
finden. Dem  Bundesbeirat  gehören  die  Vor- 
sitzenden aller  Landesverbände  an.  über- 
aus wichtige  Themen  stehen  auf  der  Tages- 
ordnung, außer  den  Berichten  der  Bundes- 
leitung und  der  Sachbearbeiter  vor  allem 
versorgungsrechtliche  Fragen,  Fragen  der 
Arbeits-  und  Berufsfürsorge  sowie  der  sozia- 
len Fürsorge  nach  dem  BVG.  Auch  das 
Schwerbeschädigtengesetz  wird  ausführlich 
zur  Debatte  stehen.  Wir  berichten  über  die 
Tagung  im  nächsten  Heft  unserer  Zeitschrift. 


und  unter  ihnen  eine  Anzahl  weiteier  be- 
achtenswerter Werke  vorlag.  Besondere 
Anerkennung  landen  „Träume"  von  Günter 
Eich  und  „St.  Louis  Blues"  von  Wuttig. 
Bearbeitungen  nach  ausländischen  Autoren 
und  Uebersetzungen  wurden  nicht  in  Be- 
tracht gezogen." 

Ergänzend  zu  dieser  Erklärung  darf  hier 
wohl  gesagt  werden,  daß  mit  Erwin 
Wickert  ein  Rundfunkautor  ausgezeichnet 
wurde,  der  sich  durch  die  Wahl  seiner 
Themen,  durch  den  großen  Ernst  und  durch 
die  Wahrhaftigkeit  bei  ihrer  Behandlung  mit 
Recht  viele  Freunde  unter  den  Rundfunk- 
hörern gemacht  hat.  Es  seien  hier  von  seinen 
Hörspielen  nur  „Lot  und  Lots  Weib"  ge- 
nannt sowie  „Alkestis".  Dr.  Wickert,  ein 
Vertreter  der  jüngeren  Generation,  ist  auch 
durch  seine  Hörfolgen  über  Ostasien,  wo  er 
lange  gelebt  hat.  und  über  die  Geschichte 
des  Dritten  Reiches  bekanntgeworden,  nicht 
zuletzt  aber  auch  durch  sein  Romanschaffen. 

Erfreulich  ist,  daß  mit  dem  preisgekrönten 
Hörspiel  auch  der  Sender  Stuttgart  ausge- 
zeichnet wird,  der  durch  die  Aktivität  und 
durch  den  künstlerischen  Mut  seiner  Hör- 
spielarbeit unter  Gerhard  Prager  vorbild- 
lich ist. 

Was  ist  der  Preis? 

Der  Preis  selbst  besteht  in  einer  kleinen 
B r o nz e p 1 a s  t  i  k  „Der  Entenfänger",  die 
der  kriegsblinde  Bildhauer  Jakob 
Schmitt  (Mainz)  geschaffen  hat.  Zur 
Stiftung  eines  Geldpreises  sah  sich  der  Bund 
der  Kriegsblinden  Deutschlands  verständ- 
licherweise nicht  in  der  Lage.  Im  übrigen 
gibt  es  vielerlei  solche  nur  symbolische 
Preise,  wie  die  berühmten  „Oscars"  in  den 
Vereinigten  Staaten  —  Pokale,  die  als 
Filmpreise  verliehen  werden.  Es  wurde  aber 
bereits  von  verschiedenen  Sendern  in  Aus- 
sicht gestellt,  das  preisgekrönte  Werk  auf- 
zuführen, so  auch  anläßlich  des  Presse- 
empfangs im-  Frankfurter  Funkhaus  von 
HerrnDr.  Lauterbach,  dem  Leiter  der 
Hörspielabteilüng  des  Hessischen  Rundfunks. 

„Hör  zu"  beteiligt  sich 

Während  dieser  Pressekonferenz,  an  der 
Vertreter  vieler  in-  und  ausländischer  Blätter 
und  Agentüren  teilnahmen,  gab  Herr  Dr. 
Fillies,  der  Leiter  der  süddeutschen  Redak- 
tion der  Rundfunkzeitschrift  „Hör  zu",  spon- 
tan bekannt,  daß  er  unter  dem  Eindruck  der 
Wichligkeit  unserer  Unternehmung  und 
unter  dem  Eindruck  des  hohen  Niveaus,  von 


dem  sie  getragen  sei,  im  Namen  des  Ver- 
lages und  des  Hauptschriftleiters  Eduard 
Rhein  einen  Betrag  von  2000  DM  zusätzlich 
zur  Verfügung  stelle.  1000  DM  soll  der 
preisgekrönte  Autor  erhalten,  und  1000  DM 
sollen  in  Form  von  Rundfunkgeräten 
dem  Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands 
zur  Verfügung  gestellt  werden.  Unter  dem 
Beifall  der  vielen  Versammelten  wurde 
diese  zusätzliche  Stiftung  dankbar  ange- 
nommen. 

überhaupt  war  gerade  das  Interesse  der 
Rundfunkfachpresse  sehr  groß.  Vertreter  der 
Rundfunkfachpresse  waren  als  Gäste  zur 
Beobachtung  der  Sitzung  eingeladen,  und  so 
nahmen  an  der  gesamten  Preisrichtersitzung 
außer  Herrn  Dr.  Fillies  auch  der  Chef- 
redakteur vom  „  Radio- Almanach",  Herr 
Röhrich,  sowie  der  Chefredakteur  des  In- 
formationsdienstes „Kirche  und  Rundfunk", 
Herr  Dr.  Tank,  und  andere  Fachleute  teil. 

Der  einzige  deutsche  Hörspielpreis 

Der  Grund  dafür,  daß  in  der  Fachwelt  und 
in  der  Öffentlichkeit  dieser  „Hörspielpreis 
der  Kriegsblinden"  eine  so  große  Beachtung 


findet,  liegt  nicht  zuletzt  darin,  daß  hier  der 
erste  deutsche  Hörspielpreis  überhaupt  ver- 
geben worden  ist.  Bisher  hatte  noch  nie 
eine  zusammenfassende  Wertung  und  Sich- 
tung der  Hörspielpläne  eines  Jahres  in  die- 
ser Weise  stattgefunden,  eine  bedauerliche 
Lücke,  die  jetzt  geschlossen  wurde. 

Wir  Kriegsblinden  aber  wollen  mit  der 
Vergebung  dieses  Preises  eiqentlich  nur 
dies:  allen  Hörspielautoren  dan- 
ken für  die  vielen  reichen  Geschenke,  die 
wir  von  ihnen  empfangen  haben  Wer  dankt 
ihnen  sonst?  Die  Tagespresse  übergeht 
meist  in  völlig  ungerechtfertigter  Weise  die 
Aufführungen  im  Rundfunk,  obwohl  manche 
Hörspiele  eine  Zuhörerschaft  haben,  die 
nach  Millionen  zählt.  Nur  allmählich  wird 
das  Hörspiel  als  literarische  Gattung  ernst- 
genommen. Hier  das  Ansehen  des  Hörspiels 
zu  fördern  und  die  Autoren  zu  ermutigen, 
nicht  zuletzt  auch:  durch  die  Wahl  des 
preisgekrönten  Werkes  dem  gesamten  deut- 
schen Hörspielschaffen  einen  gewissen 
Akzent  zu  geben  — -,  das  ist  unser  Haupt- 
anliegen. 


?? 


Doch  das  Gehör  verleiht  den  rechten  Glauben  mir' 

Betrachtungen  und  Erfahrungen  zur  Deutung  der  menschlichen  Stimme 


Den  Menschen  an  der  Stimme  erkennen 
oder  wiedererkennen  ist  von  größter  Be- 
deutung für  den  Blinden  und  seine  Welt- 
orientierung, will  er  aus  der  Verschlossen- 
heit, die  ihm  der  Verlust  eines  der  beiden 
wichtigsten  Sinnesorgane  auferlegte,  zur 
Offenheit  des  menschlichen  Bezuges  kommen. 
Die  Wiedererkennbarkeit,  über  das  Gehör 
zu  prüfen,  unterscheidet  Dr.  W.  Mühlen- 
siepen  in  seinem  Aufsatz  „Stimme  und 
Sprache"  (Novemberheft)  die  unwillkürliche 
Unveränderlichkeit  der  Stimme  von  der 
willkürlichen  Veränderbarkeit  seiner 

Sprechweise.  Prof.  Winkler  schränkt 
in  seiner  Erwiderung  im  gleichen  Heft  diese 
Unterscheidung  auf  ein  jeweiliges  Mehr 
oder  Minder  an  Veränderlichkeit  sowohl  der 
Stimme  als  auch  der  Sprechweise  ein.  Blei- 
bende Wesenszüge  der  Persönlichkeit 
werden  mindere  Veränderlichkeit  zeitigen 
als  fallweiser  Wechsel  des  Redegegenstandes 
oder  der  Stimmung. 

Dieser  Feststellung  möchte  ich  noch  eine 
weitere  Betrachtung  anschließen.  In  der  All- 
tagserfahrung begegnen  uns  Stimme  und 
Sprechweise  zumeist  im  Verbände  sprach- 
lichen Ausdrucks,  der  nur  noch  gelegentlich 
impulsiv  unterbrochen  wird  von  wortlosen, 
unartikulierten    Stimmlauten,    wie    sie    vor- 


kommen z.  B.  als  Schrei  des  Schmerzes,  des 
Schreckens,  als  Ausruf  der  Überraschung, 
des  Zorns,  der  Begeisterung,  als  Lachen 
aller  Gefühlszustände,  vom  Gelächter  des 
Hohnes  bis  zur  Lachkaskade  gelöster  Heiter- 
keit. In  diesem  Ausdrucksgeschehen  reiner 
wortloser  Laute  erfahren  wir  den 
Menschen  nicht  nur  im  Sinne  seiner  momen- 
tanen Erregbarkeit  und  situationsgebunde- 
nen Verhaltensweise.  Der  Urlaut  der  Ge- 
fühle erlaubt  noch  weitreichendere  Rück- 
schlüsse auf  den  Grad  seiner  Innerlichkeit 
und  damit  auf  ihm  eigentümliche  Wesens- 
züge der  Echtheit.  Mit  einem  Lachen  kann 
der  Mensch  einer  Antwort  entgehen,  einer. 
Situation  ausweichen,  sich  einer  Stellung- 
nahme entziehen  und  damit  dem  Zeug- 
nis seiner  Eigentlichkeit,  seiner  Echtheit. 

Aber  diese  mehr  oder  weniger  tief  an- 
gesetzten Urlaute  gehören  in  unserer  heu- 
tigen Verkehrssprache  zu  den  seltenen 
Unterbrechungen  eines  im  ganzen  wort- 
gebundenen Redeflusses.  Das  bedeutet  in 
Hinsicht  auf  die  Unterscheidbarkeit  von 
Stimme  und  Sprechweise,  daß  sie  praktisch 
nur  in  Verbindung  miteinander 
auftreten.  Je  erwachsener  ein  Mensch  wird, 
um  so  fester  verkitten  sich  diese  beiden 
Bestandteile.     Was    beim    kleineren    Kinde 


noch  leicht  in  seiner  Unverbundenheit  aus- 
einander zu  hören  ist:  Tonmelodie  in; 
ihrer  Modulationsfülle,  in  der  Abgesetzt- 
h  e  i  t  das  Sprechband  noch  wenig  artiku- 
liert, mit  seinen  kindlich  zerdehnten  Vokal- 
akzenten—  man  darf  nur  einmal  das  Magne- 
tophonband einer  Kinderstimme  rückwärts 
ablaufen  lassen,  um  das  genau  zu  ver- 
folgen— ,  das  verbindet  sich  nach  den  Bruch-' 
Übergängen  der  Pubertät  mit  zunehmender 
Bewußtheit  zu  einem  gesteuerten  Mitein- 
ander von  Stimme  und  Sprech- 
weise, bei  persönlicher  Gestaltungskraft 
zu  einer  durchgegliederten  Ganzheit  der 
Stimmsprache,  um  erst  im  Greisenalter  wie- 
der mählich  auseinanderzufallen:  diesmal 
zerbröckelt  die  Stimme  zuerst  und  die 
charakteristische  Konturiertheit  der  Sprech- 
weise hebt  sich  deutlicher  ab. 

Vom  „Leib"  über  die  „Seele"  zum  „Geist" 
reicht,  was  in  Merkmalen  der  Stimmlage, 
Klangfarbe,  Lautstärke,  im  Melos,  Rhythmus, 
Tempo,  in  der  Artikulation  und  Akzen- 
tuierung nur  auseinandergefaltet,  tatsächlich 
in  der  menschlichen  Rede  innig  ver- 
bunden in  seiner  Wirkeinheit  vernehm- 
bar wird. 

IL 

Dürfen  wir  uns  aber  in  der  Deutung  auf 
unser  Ohr  verlassen?  Wie  kommt  es 
zu  der  Aussage,  der  sprachliche  Stimmaus- 
druck sei  unser,  der  Menschen  eigenstes 
Ausdrucksgebiet?  Sollten  wir  nicht  besser, 
um  den  Menschen  in  seiner  Person  zu  er- 
kennen, andere  Ausdrucksfehler  bevorzugen: 
seine  Mimik  und  Gestik,  seinen  Gang  be- 
obachten? Oder  den  Niederschlag  seiner 
Bewegung  in  der  Handschrift?  Oder  aber 
den  mittelbaren  Ausdruck  seiner  Werk- 
gestaltungen in  Kunst,  Wissenschaft  oder 
Technik  erforschen? 

Nun,  all  das  geschieht.  Dennoch  bleibt  die 
Frage  nach  der  Eigenheit  des  stimmsprach- 
lichen Ausdrucksgebietes  brennend  für  den 
Blinden,  der,  um  eine  Wahrnehmungsfähig- 
keit verarmt,  auch  in  der  Erkenntnismöglich- 
keit verkürzt  zu  sein  befürchten  muß.  Die 
Antwort  erteilt  ihm,  der  bereits  ein  beson- 
deres Feingefühl  für  alles  Hörbare  ent- 
wickelte, der  eigene  Stellenwert,  den  das 
Ohr  unter  allen  den  Menschen  verfügbaren 
Sinnen  einnimmt.  Dem  „schauenden"  Grie- 
chen wird  der  „Hörende"  der  Testamente 
gegenübergestellt,  fragt  man  nach  diesen  bei- 
den Säulen  des  abendländischen  Menschen- 
bildes. Der  heilige  Thomas  betet:  „Gesicht, 
Gefühl,  Geschmack  betrügen  sich  in  mir, 
allein  das  Ohr  verleiht  den  rechten  Glauben 
mir". 

Auf  der  Ebene  der  Ausdruckserscheinun- 
gen   hat    Klages    der    Unmittelbarkeit    des 


Von  der  Preisrichtersilzung  imFrankfurter  Funkhaus.  Linkes  Bild:  Preisrichter  vor  dem  Mikrophon  des  Hessischen  Rundfunks.  Von  rechts  nach  links: 
Dr.  G.  Eckert  (Hamburg),  Dr.  H.-G.  Bonte  (München)  und  der  Schriftleiter  unserer  Zeitschrift.  Ganz  links  Herr  Krüger-Loreptzen  (Radio  Frankfurt).  Rechtes 
Bild:  Kriegsblinde  Preisrichter  lauschen  einem  Hörspiel.  Von  rechts  nach  links:  Die  Kameraden  Boncelet  (Berlin),  Huth  (Koblenz)  und  Wurthmann  (Opladen). 


Sprechens  die  entsprechende  Unmittelbar- 
keit des  Hörens  zugesellt;  denn  wir  haben 
sonst  kein  Organ,  das  Unmittelbares 
bewirken  könne,  keines,  das  etwa  Gestalten, 
Farben,  Lichter  hervorbringt.  Die  Unmittel- 
barkeit, mit  der  der  menschliche  Mund 
Geräusche,  Klänge,  Töne  erzeugt,  macht  es 
aus,  das  wir  „am  Dynamismus  der  klingen- 
den Welt  als  ihn  Bewirkende  teil- 
nehmen". 

Gehen  wir  diesem  Gedankengange  weiter 
nach,  können  wir  fragen:  Warum  hört  der 
Mensch,  wo  er  ebensogut  und  bequemer 
lesen  könnte?  Warum  hört  er  Vorträge, 
Reden,  Predigten,  Dichtungen,  Theaterstücke, 
Kollegs?  Warum  spielt  der  Hör-  Saal  die 
große  Rolle,  wie  jegliche  Schule  in  erster 
Linie  über  das  Ohr  ihre  Lernenden  erreicht? 
Weil  erst  der  tönende,  sprechende  Mensch 
den  Werken  der  Kunst  und  Wissenschaft 
eine  Unmittelbarkeit  verleiht,  die  die  Un- 
mittelbarkeit des  Hörers  aufrufen  kann; 
weil  erst  durch  den  Mund  des  Sprechers 
hindurch  der  tote  Buchstabe  sein  eigentliches 
Leben  wiedergewinnt  und  Leben  im  Hören- 
den zu  wecken  vermag.  In  der  Unmittelbar- 
keit seiner  Sprechweise  hören  wir,  ob  der 
Mensch  echt  oder  unecht,  wahr  oder  falsch 
ist,  und  ob  wir  seinen  Aussagen  Glauben 
schenken  dürfen  oder  nicht. 

III. 

Wenn  wir  nun,  das  Gemeinte  zu  verdeut- 
lichen, mit  Goethe  gesprochen,  die  Seele 
vom  „Erstaunen  in  die  Betrachtung  über- 
gehen lassen  wollen",  so  müssen  wir  uns 
den  experimentellen  Stimm-  und 
Sprechuntersuchungen    zuwenden. 

Wie  sieht  in  unserem  Fall  eine  solche 
„Betrachtung"  aus?  Wie  steht  es  mit  der 
Erfaßbarkeit  der  Eindrücke  von  Stimme  und 
Sprechweise?  Wie  erfolgt  die  charakterolo- 
gische  Zuordnung?  Die  Aufnahme  der  Ver- 
suchsperson erfolgt  auf  Magnetophonband 
mit  einer  festgelegten  Folge  immer  gleicher 
Leseproben  —  um  der  Vergleichbarkeit 
willen  - —  und  in  freier  Aussprache,  die  all- 
mählich die  Künstlichkeit  der  Versuchs- 
situation abbaut  zugunsten  einer  natürlichen 
Auflockerung. 

Können  wir  im  Rahmen  der  unwillkür- 
lichen Sprechart  Stimmlage,  Klangfarbe, 
Lautstärke  eher  dem  leibbedingten 
Lebensgrund  zuordnen,  so  geben  uns  Melo- 
die, Rhythmus  und  Tempo  Aufschluß  über 
die  beweglicheren  Gestimmtheiten  der  Ge- 
fühle und  ihrer  Antriebe.  Die  mehr  oder 
weniger  klar  artikulierte  Wortgestalt  (aus 
Vokalen  und  Konsonanten  gebildet)  verrät 
uns  einiges  über  Art  und  Ausmaß  bewußter 
Gestaltungskräfte,  über  den  Grad  intellek- 
tueller Steuerungen  und  willens- 
mäßiger Haltungen,  für  welche  in  gleicher 
Weise  Heraushebungen  und  Absetzungen 
im  Satzgefüge  aufschlußreich  sind. 

Die  solcherweise  auseinandergefaltete 
Sprechart  persönlichen,  unwillkürlichen  Cha- 
rakters wird  aber  tatsächlich  nur  erfahrbar 
in  der  Variationsbreite  ihrer  mehr  oder 
minder  willkürlichen  Veränderbar- 
keit, wie  sie  äußere  und  innere  Faktoren 
veranlassen  mögen:  äußere  „Reize",  innere 
Gefühle,  Affekte,  Stimmungen,  Planungen, 
Wollungen,  die  sich  am  „Sinn"  der  Rede, 
dem  Redegegenstand  ablesen  lassen.  Womit 
sich  die  weitere  Frage  stellt:  „Wie  weit  ist 
der  Stimm-  und  Sprechausdruck  dem 
Sprachinhalt     angemessen? 

Fraglos  gilt  die  Ausdrucksunlersuchung 
nur  so  weit,  als  wir  vom  bewußt  gesetzten 
Ausdruckszeichen  das  unbewußt  spon- 
tane zu  unterscheiden  wissen.  Da  mag  es 
verwunden^  wenn  wir  nun  gerade  beim 
Schauspieler  diese  Unterscheidung  aufzu- 
suchen uns  bemühen,  um  an  ihm  die  Gesetze 
der  Gültigkeit  des  stimmlichen  Sprechaus- 
drucks für  die  Person  zu  erarbeiten.  Ein 
kleines  Beispiel  mag  zum  Schluß  aufzeigen, 
wie  eben  hier,  wo  die  stimmlich-sprachliche 


Ausdrucksfähigkeit  des  Schauspielers  in  sich 
als  gesichert  anzusehen  ist,  die  beobachtende 
Einstellung  auf  die  spontanen  Zeichen  ein- 
mal, weiterhin  auf  die  Sinngemäßheit  des 
Ausdrucks  ergiebig  werden  kann  für  die 
charakterologische  Bedeutung  der  Person, 
die  allein  den  schauspielerischen  Ausdruck 
mit  Leben  zu  erfüllen  vermag. 

IV. 
Ein  jugendlicher  Schauspielschüler,  der 
den  Sprung  ins  erste  Engagement  ansetzen 
will,  ist  unser  Probant.  Er  wählt,  wie  alle 
unsere  Schauspieler  -  Versuchspersonen  die 
erste  Sprechprobe  —  ein  Rollenrezitat  — 
frei  aus,  in  seinem  Falle  den  Faustmonolog 
als  für  ihn,  seine  Person  und  sein  schau- 
spielerisches Können  wesentlichen  Ausdruck. 
Mit  warmem  baritonalem  Stimmklang,  in 
der  Tiefenlage  verhüllter,  sensibler,  nach 
der  Höhe  zu  sich  metallisch  verfestigend, 
spricht  er  die  Verse  schwingend,  melodiös, 
im  gedrängten  Tempo,  die  Satzfolgen  gleich- 
sam wie  Bälle  jonglierend,  immer  rascher, 
immer  geballter,  ein  gefühlsbewegter  Dar- 
steller mit  klug  gliederndem  Aufbau,  reich 
begabt  nach  Seiten  der  Gefühlsinnerlichkeit, 
der  Raschheit  seelischer  Abläufe  und  der 
Gestaltungskraft.  Das  Vorherrschen  voka- 
lischer Artikulation  setzt  als  Mangel  eine 
gewisse  Spannungslosigkeit,  die  spürbar 
wird  am  leicht  Forcierten  der  hohen  Ton- 
gebung  im  Affekt,  der  stoßweisen  Akzen- 
tuierungen, am  allzu  Gedrängten,  Atem- 
losen der  Satzballungen  und  nicht  zuletzt 
an  den  Pausen,  die  Löcher  reißen  mitten 
hinein  in  den  Fluß  der  Verse  und  ihren 
Atembogen,  Leere,  unausgefüllte  Löcher: 
„O  sähst  du,  voller  Mondenschein"  . . . 
(Loch!)  . . .  „zum  letzten  Mal  auf  meine  Pein". 


Die  Pause  ist  nicht  durchatmet,  als  zöge  sich 
der  eben  noch  Drängende  gleichsam  zurück, 
halte  sich  auf,  immer  häufiger  fallen  die 
Löcher  heraus,  unterbrechen  den  Rhythmus, 
bremsen  das  Tempo. 

Hier  haben  wir  mitten  im  künstlerisch 
gestalteten  willkürlichen  Ausdrucks- 
geschehen ein  unwillkürliches  spontanes 
Zeichen  aufgespürt;  dieser  Spur  folgen  wir- 
nach.  Auch,  wenn  wir  das  Anfängertum,  die 
jugendliche  Lebensunerfahrenheit  berück- 
sichtigen, haben  wir  dennoch,  wie  sich  aus 
weiteren  Proben  ergibt,  die  ich  hier  nicht 
darlegen  kann,  an  diesem  Merkmal  eine 
Wesenseigentümlichkeit  erfaßt.  Wie  die  zu- 
sammenfassende Charakterdeutung  ergibt, 
ist  der  junge  Mann,  so  gefühlsbetont  mit 
reicher  innerer  Erlebnisfähigkeit,  intuitiver 
Denkbeweglichkeit  und  ästhetischem  Ge- 
staltungsvermögen er  auch  ist,  doch  zwie- 
spältig veranlagt:  labil  im  Lebens- 
gefühl und  resignierend  im  Selbstgefühl.  Er 
atmet  eben  nicht  durch!  Zur  Verwirklichungs- 
möglichkeit seiner  Teichen  Gaben  fehlt  es 
noch  an  der  Anstrengungs-  und  Willens- 
bereitschaft. Will  er  auf  seinem  Weg  ins 
Leben  der  Realität  des  Daseinskampfes  ge- 
wachsen sein,  so  muß  das  Spannungsver- 
hältnis von  seinen  schönen  Gaben  zu  An- 
trieben und  Willenskräften  sich  noch  her- 
stellen. 

Der  Mensch  bleibt  erkennbar  an 
Stimme  und  Sprechweise,  auch 
der  sich  willkürlich  verändernde  Schau- 
spieler. Den  Wolf  erkannten  die  sieben 
Geislein  an  der  Stimme,  er  mußte  erst 
Kreide  schlucken,  damit  sie  ihm  die  Mutter 
glaubten.  Das  menschliche  Ohr  ist  nicht  so 
leicht  verführbar.     Thea  von  Beckerath 


Verrät  die  Stimme  den  Körperbau? 


„Sprich,  daß  ich  dich  sehe!"  so  überschrieb 
Herr  Prof.  Winkler  seinen  Aufsatz  in  der  No- 
vember-Ausgabe und  sprach  damit  Worte  aus, 
die  für  uns  eine  tiefe  Bedeutung  haben  kön- 
nen. Die  Leistungen  des  Blinden,  der  aus 
der  Stimme  sogar  das  Aussehen  seiner  Mit- 
menschen bestimmen  konnte,  erscheinen  uns 
fiappierend,  ebenso  die  Sicherheit,  mit  der 
Herr  Prof.  Winkler  eine  ihm  unbekannte 
Frau  beschrieb,  allein  an  Hand  deren  Spre- 
chens. Diese  Beispiele  lassen  uns  erkennen, 
wie  weit  man  die  Stimmdeutung  treiben 
kann.  In  dem  geschilderten  Fall  des  Blinden 
haben  wir  einen  Schicksalsgefährten  vor 
uns,  der  sich,  ohne  Fachmann  zu  sein,  rein 
gefühlsmäßig  der  Stimmdeutung  bediente, 
die  er  kraft  seines  inneren  Sehvermögens, 
ausgezeichnet  handhabte. 

Diese  Kräfte,  die  uns  das  innere  Sehen 
mehr  oder  wehiger  stark  ermöglichen,  machen 
unser  „Einfühlungsvermögen"  aus. 
Darin  liegt  das  Geheimnis,  das  uns  den  Um- 
gang mit  Menschen  und  somit  auch  die 
Stimmdeutung  erlaubt.  Jeder  Mensch  besitzt 
Einfühlungsvermögen,  denn  sonst  wäre  uns 
die  Verständigung  unmöglich.  Natürlich  ist 
es  verschieden  stark  vorhanden  und  ein- 
zelne können  es  bis  zum  sogenannten  Hell- 
sehen steigern.  Wir  haben  aber  als  Kriegs- 
blinde gerade  durch  die  Lichtlosigkeit  eine 
gewisse  Steigerung  dieser  Kräfte  erfahren. 
Ob  diese  Kräfte  jedoch  schon  bis  zur  Stimm- 
deutung reichen,  das  ist  für  jeden  Kamera- 
den eine  andere  Frage.  Dazu  möchte  ich 
sagen,  daß  wir  diese  Eigenschaft  in  stär- 
kerem Maße  besitzen,  als  wir  oft  anneh- 
men. Wir  müssen  nur  lernen,  von  ihr  Ge- 
brauch zu  machen.  Bei  uns  kommt  es  auf 
das  Hinhören  an.  Es  zu  üben,  kann  uns 
nur  von  Nutzen  sein. 

Was  kann  uns  dazu  dienlich  sein?  Fange 
bei  dir  selbst  an  und  achte  darauf,  w  i  e  du 
sprichst  und  w  a  s  du  sprichst,  überlege  nach- 
her, warum  du  in  dieser  oder  jener  Situation 
eben    das    gesagt    hast.    Gib    dir    über    dich 


selbst  Rechenschaft  und  suche  dich  selbst  erst 
einmal  zu  erkennen.  Stelle  diese  Erkenntnis' 
deinen  tatsächlichen  Handlungen  gegenüber. 
Dann  versuche,  dies  auf  andere  zu  übertra- 
gen. Bevor  du  ein  Urteil  über  einen  Men- 
schen sprichst,  überlege,  wie  du  in  der  glei- 
chen Situation  gehandelt  hättest.  Wenn  du 
dich  so  in  seine  Lage  hineinversetzt  hast, 
wird  dein  Urteil  oft  anders  ausfallen  als 
sonst.  So  wirst  du  leichter  Zugang  zu  Men- 
schen und  Dingen  finden. 

Das  sollen  nur  kleine  Anregungen  sein, 
die  das  Einfühlungsvermögen  schärfen.  Gar 
bald  bemerkt  man  dann  in  der  Stimme  und 
Sprechweise  eines  Menschen  bestimmte  Merk- 
male, die  in  den  vergangenen  Aufsätzen 
schon  genügend  kommentiert  wurden.  Auf 
diese  Merkmale  wird  man  achten  müssen. 
Erst  muß  man  sie  erkennen,  d.  h.  alle  Merk- 
male, die  in  der  Stimme  einer  Person  ver- 
borgen liegen,  sind  festzustellen,  und  erst 
jetzt  kann  man  mit  der  Stimmdeutung  an- 
fangen. Nur,  wenn  man  die  einzelnen  Merk- 
male in  Beziehung  zueinander  setzt  und 
stets  das  Ganze  im  Auge  behält,  bekommt 
man  ein  richtiges  Bild. 

Wie  kommen  wir  aber  dazu,  aus  der  Stimme 
nicht  nur  auf  den  Charakter,  sondern  auch 
auf  das  Aussehen  eines  Menschen  schlie- 
ßen zu  können?  Mit  anderen  Worten:  Wie 
kommen  wir  zu  dem  „Sprich,  daß  ich  dich 
sehe?"  Berühren  wir  damit  nicht  die  Gren- 
zen unserer  Leistungsfähigkeit?  Es  wird 
sicher  viele  geben,  die  diese  Grenze  über- 
schreiten können,  wie  der  anfangs  erwähnte 
Blinde.  Aber  sind  das  nicht  Ausnahmen? 
Ich  möchte  dieser  Ansicht  nur  zum  Teil 
widersprechen.  Auch  ich  glaube,  daß  es 
schwierig  ist,  rein  gefühlsmäßig  auf 
das  Aussehen  eines  Menschen  nach  der 
Stimme  zu  schließen.  Dazu  benötigt  man  ein 
Einfühlungsvermögen,  das  nur  schwer  er- 
reichbar ist.  Kombinationsgabe  und  Phanta- 
sie kommen  hinzu.  Trotzdem  möchte  ich  be- 
haupten, daß  viele  diesem  Punkt  schon  sehr 


nahe  sind,  nur  ist  es  ihnen  nicht  bewußt. 
Ich  denke  dabei  an  mich  selbst  und  bin  über- 
zeugt, daß  es  den  meisten  ebenso  geht. 
Spreche  ich  zum  Beispiel  mit  einem  Menschen, 
so  habe  ich  eine  bestimmte  Vorstellung  von 
ihm,  auch  wenn  ich  nicht  absichtlich  auf 
seine  Stimme  achte.  Er  kann  mir  ganz  un- 
bekannt sein,  trotzdem  sehe  ich  ihn  irgend- 
wie vor  mir.  Nicht  direkt  bildhaft,  aber  ich 
habe  eine  verschwommene  Vorstellung.  Es 
könnten  wer  weiß  wieviel  Personen  sein, 
die  ich  vor  meiner  Erblindung  noch  nie  ge- 
sehen habe,  so  habe  ich  doch  jeden  anders 
vor  mir,  selbst  in  der  Erinnerung.  Gewiß 
haben  wir  alle  das  schon  an  uns  bemerkt 
und  das  zeigt  uns  doch  eigentlich,  daß  w  i  r 
mehr  sehen,  als  wir  annehmen. 
Diese  Möglichkeit  gilt  es  auszuschöpfen! 

Man  überlege:  Der  Sehende  nimmt  durch 
das  Auge  zuerst  die  äußere  Gestalt  eines 
Menschen  wahr  und  schließt  von  ihr  auf  den 
Charakter.  Physiognomie,  Mimik  und  Gestik 
lassen  auf  die  Seele  schließen.  Demnach 
müßte  einer  bestimmten  Gestalt  auch  ein 
bestimmtes  inneres  Wesen  entsprechen,  zu- 
mindest ungefähr.  Sonst  wäre  ja  der  Körper 
nicht  Ausdrucksträger  der  Seele.  Mit  ande- 
ren Worten:  die  Seele  bedient  sich  des  Kör- 
pers, um  sich  auszudrücken,  sich  mitzuteilen. 
Der  Ausdruck  des  Körpers  ist  uns  durch  die 
Erblindung  nicht  mehr  zugänglich.  Uns  bleibt 
fast  nur  die  Sprache.  Erkennen  wir  nun  in 
der  Stimme  seelische  Zustände  oder  Eigen- 
schaften, so  wissen  wir,  daß  diese  Eigen- 
schaften sich  auch  im  Körper  wider- 
spiegeln. Wir  müssen  jetzt  also  den  um- 


gekehrten Weg  gehen  und  vom  Charakter 
auf  den  Körper  schließen. 

Hierzu  leistet  uns  ein  Buch  von  Prof. 
Kretschmer  wertvolle  Dienste.  Es  trägt 
den  Titel:  „Körperbau  und  Charakter". 
Kretschmer  stellt  darin  drei  Körperbautypen 
heraus,  denen  bestimmte  Charaktereigen- 
schaften entsprechen.  In  meinem  ersten  Auf- 
satz beschrieb  ich  zwei  Stimmtypen.  Auf  der 
einen  Seite  standen  die  „Gemütsmenschen", 
die  gesellig  und  mitteilsam  sind,  also  extra- 
vertiert, und  auf  der  anderen  Seite  die  in 
sich  gekehrten  und  verschlossenen  Menschen, 
die  introvertiert  sind.  Diesen  entsprechen 
ungefähr  die  zwei  Haupttypen  Kretschmers, 
die  sich  nach  außen  hin  oft  sachlich  und 
nüchtern  geben.  Ihr  Körperbau  ist  nach 
Kretschmer  lang,  hager,  knochig.  Der  pyk- 
nische"  Typus,  der  den  Gemütsmenschen 
(extravertiert)  verkörpert,  ist  kleiner  und 
hat  stets  rundliche  Formen.  Cäsar  meinte 
ihn,  als  er  von  den  wohlbeleibten  Männern 
mit  Glatze  sprach,  die  er  um  sich  haben  wollte. 
Etwa  in  der  Mitte  liegt  dann  der  „athle- 
tische" Typus. 

Diese  knappen  Anmerkungen  sind  natür- 
lich sehr  grob,  und  man  muß  schon  das  Buch 
selbst  lesen,  um  eine  klare  Unterscheidung 
herausholen  zu  können.  Näher  darauf  ein- 
zugehen, würde  hier  zu  weit  führen.  Aber 
ich  hoffe,  doch  wenigstens  Fingerzeige  ge- 
geben zu  haben.  Vielleicht  kann  mancher 
Kamerad  dadurch  etwas  mehr  Sicherheit  im 
Umgang  mit  seinen  Mitmenschen  erlangen, 
um  —  wenn  möglich  —  sogar  sagen  zu 
können:  „Sprich,  daß  ich  dich  sehe!" 

Franz  Feistner 


Die  Frage  der  Soforthilfe- Abgabe  der  Kriegsblinden 

Die  Milderungsbestimmungen  für  kriegsblinde  Gewerbetreibende 


Durch  das  Gesetz  über  die  Soforthilfe  sind 
manche  schwierige  Fragen  aufgetaucht,  deren 
Erörterung  und  Klärung  auch  die  Kameraden 
interessieren  dürften;  insbesondere  die  Frage, 
in  welchem  Umfange  die  Soforthilfe-Ver- 
pflichtungen eines  Kriegsblinden  ermä- 
ßigt bzw.  gestundet  werden  können. 
Es  soll  im  folgenden  versucht  werden,  an 
Hand  der  gesetzlichen  Bestimmungen  und 
Verwaltungsanweisungen  einen  gewissen 
Überblick  über  die  Materie  zu  geben. 

Der  Abgabepflicht  unterliegt  das  Betriebs- 
vermögen im  Sinne  der  §§  54  bis  66  des 
Reichsverwertungsgesetzes.  Als  Betriebs- 
vermögen im  Sinne  dieses  Gesetzes  gelten 
auch  Wirtschaftsgüter,  die  Gewerbetreibenden 
außerhalb  ihres  Gewerbebetriebs  oder  Nicht- 
gewerbetreibenden gehören,  soweit  den  Um- 
ständen nach  anzunehmen  ist,  daß  sie  dazu 
bestimmt  sind,  zum  Verkauf,  zum  Tausch 
oder  zu  ähnlichen  Zwecken  verwendet  zu 
werden(nichtgewerblichesVorratsvermögen). 
(§  3  Ziffer  3  Salz  1  und  2  SHG).  Schulden 
und  sonstige  Verbindlichkeiten  irgendwel- 
cher Art,  die  mit  dem  Betriebsvermögen  in 
wirtschaftlichem  Zusammenhang  stehen,  sind 
nur  abzugsfähig,  soweit  die  Voraussetzun- 
gen des  Abs.  2  vorliegen  (§  7  Abs.  1  SHG). 

Bei  der  Einziehung  der  Abgabe  ist  —  ab- 
gesehen von  den  allgemeinen  Bestimmungen 
des  Gesetzes  über  die  Stundung  von  Sofort- 
hilfeabgabe vom  4.  Dezember  1951  —  ins- 
besondere in  den  Fällen  erheblicher  Kriegs- 
schäden, Kriegsfolgeschäden  und  dergl.  auf 
die  Zahlungsfähigkeit  des  Abgabepflichtigen 
Rücksicht  zu  nehmen  (§  22  SHG).  Ist  der  Ab- 
gabepflichtige durch  erhebliche  Schäden  oder 
durch  Kriegsfolgeschäden  im  Sinne  des  §31 
des  Gesetzes  und  des  §  21  dieser  Verord- 
nung (Währungsschäden,  Flüchtlingsverluste, 
Kriegssachschäden,  Verluste  der  politisch  Ver- 
folgten, Schaden  durch  Demontagen,  Resti- 
tutionen usw.)  in  eine  seine  Existenz  bedro- 
hende Notlage  geraten,  so  ist  bei  der  Prüfung 


seiner  Zahlungsfähigkeit  auf  notwendige 
Maßnahmen  des  Abgabepflichtigen  zur  Siche- 
rang seiner  Existenz  Rücksicht  zu  nehmen. 
Bei  Flüchtlingsbetrieben  und  Schwer- 
beschädigtenbetrieben ist  bei  der 
Einziehung  der  Abgabe  auf  die  erschwerten 
Verhältnisse,  unter  denen  diese  Betriebe 
arbeiten,  Rücksicht  zu  nehmen  (§  60  Satz  1 
und  3  StDVO-SHG). 

Aus  dem  Wortlaut  dieser  Gesetzesbestim- 
mungen ist  gegenüber  den  sonstigen  Sofort- 
hilfeabgabepflichtigen keine  abweichende 
Regelung  für  Blinde  oder  Kriegsblinde  zu 
entnehmen. 

Nun  hat  aber  der  Bundesminister  der 
Finanzen  durch  Erlaß  vom  2.  Dezember 
1949  —  LA  8601  —  25/49  —  nähere  Anwei- 
sungen über  die  Ermessensstundungen  aus 
wirtschaftlichen  Gründen  zu  den  §§59  und  60 
StVDO — SHG  gegeben,  wobei  es  u.  a.  heißt, 
daß  „dem  Abgabepflichtigen  die  Mittel  be- 
lassen werden  müssen,  die  ihm  eine  beschei- 
dene Lebensführung  für  sich  und  die  von 
ihm  zu  unterhaltenden  Personen  ermög- 
lichen". Diese  Anordnung  soll  aber  keine 
sLarre  Regelung  für  alle  vorkommenden 
Fälle  bedeuten,  so  daß  in  einzelnen  Fällen 
Besonderheiten  der  wirtschaftlichen  Lage 
eine  andere  Entscheidung  zugunsten  oder 
zuungunsten  des  Abgabepflichtigen  recht- 
fertigen. 

Unter  Abs.  III  dieses  Erlasses  wird  so- 
dann ausgeführt,  daß  bei  der  Frage,  welche 
Mittel  dem  Abgabepflichtigen  zur  Deckung 
des  gesamten  Lebensbedarfs  zu  belassen 
sind,  in  der  Regel  die  monatlichen  Durch- 
schnittseinkunftsbeträge von  150, —  DM  für 
den  Haushaltsvorstand,  30, —  DM  für  die 
Ehefrau  und  25, —  DM  für  jeden  Ange- 
hörigen im  Sinne  des  §  10  StAnpG,  dem  tat- 
sächlich voller  Unterhalt  gewährt  wird,  an- 
genommen werden  können. 

Sodann  hat  der  Bundesminister  der  Finan- 
zen   in    Ergänzung   zu    dieser    Verwaltungs- 


anweisung in  seinem  Erlaß  vom  28.  7.  50  — 
LA  8601  —  125/50  —  bestimmt,  daß  bei 
Schwerbeschädigten  und  bei  Blinden  außer 
den  Werbungskosten  der  durch  ihre  Ver- 
sehrtheit  verursachte  besondere  Aufwand 
mit  einem  Mindestbetrag,  und  zwar  bei 
Blinden  von  100, —  DM,  ohne  näheren  Nach- 
weis berücksichtigt  wird. 

Hieraus  ergibt  sich,  daß  der  Bundes- 
minister der  Finanzen  die  außergewöhn- 
lichen Verhältnisse  der  kriegsblinden  Ge- 
werbetreibenden in  seinen  Milderungs- 
bestimmungen bereits  anerkannt  und  be- 
achtet hat.  Da  es  sich  bei  dem  in  Frage  Rom- 
menden erhöhten  Stundungsbetrag  nach  dem 
Wortlaut  aber  nur  um  einen  „Mindest- 
betrag" handelt,  wird  durch  den  Erlaß  nicht 
ausgeschlossen,  daß  im  Einzelfalle  eine  wei-. 
tere  Erhöhung  durch  das  Finanzamt  zuge- 
billigt werden  kann.  Andererseits  ist  aber 
kaum  anzunehmen,  daß  der  Bundesminister 
der  Finanzen  grundsätzlich  für  Kriegsblinde 
eine  weitere  —  generelle  —  Erhöhung  an- 
erkennen wird,  da  schon  nach  diesem  Er- 
gänzungserlaß Renten,  die  Schwerbeschä- 
digte erhalten,  sowie  angemessene  Hilfe- 
leistungen im  Krankheitsfall  den  Einkunfts- 
beträgen nicht  zuzurechnen  sind. 

Daher  können  kriegsblinde  Gewerbe- 
treibende keinen  erhöhten  Freibetrag  für  die 
Beschäftigung  von  zusätzlichen  Arbeits- 
kräften geltend  machen,  die  sie  durch  ihre 
Erblindung  einstellen  mußten.  Es  darf  nicht 
übersehen  werden,  daß  die  hierdurch  ent- 
stehenden Mehrausgaben  bereits  bei  der  Ein- 
kommen- als  auch  bei  der  Gewerbesteuer  als 
Betriebsausgaben  Berücksichtigung  finden. 
Ein  besonderer  Freibetrag  außer  den  oben 
erwähnten  Milderungsbestimmungen  er- 
scheint nicht  gerechtfertigt,  da  sonst  eine 
doppelte  Berücksichtigung  der  Kriegsbeschä- 
digung eintreten  würde. 

Politische  Wochenschrift  in 
Blindendruck 

Der  Verlag  der  Blindenstudienanstalt  Mar- 
burg beabsichtigt,  ab  1.  April  d.  J.  eine 
„Politische  Wochenschrift"  in 
Blindendruck  herauszugeben.  Sie  wird  im 
Mittelformat,  im  Umfang  von  12  Platten 
(24  Seiten)  erscheinen.  Der  Bezugspreis  wird 
voraussichtlich  pro  Heft  29  Pf  bis  34  Pf  zu- 
züglich 7  Pf  Versandkosten  betragen.  Er 
wird  sich  nach  der  Auflagenhöhe  richten, 
d.  h.  je  höher  die  Abonnentenzahl,  um  so 
niedriger  der  Bezugspreis.  Seine  endgültige 
Höhe  wird  noch  bekanntgegeben.  Alle  Inter- 
essenten werden  gebeten,  Bestellungen  bal- 
digst aufzugeben.  Die  Bestellungen  sind  zu 
richten  an:  Verlag  der  Blindenstudienanstalt, 
M  a  r  b  u  r  g  /  Lahn,  Liebigstraße   11. 

Wir  freuen  uns  über  diese  neue,  wichtige  Be- 
reicherung des  Blindenschriftwesens,  die  in 
Zuschriften  an  unsere  Schriftleitung  auch  von 
vielen  Kameraden  oft  gewünscht  worden  ist. 

Dr.  Blums  Lesegerät 

Im  Zeitfunk  des  Nordwestdeutschen  Rund- 
funks war  am  25.  Februar  erstmalig  für  die 
Öffentlichkeit  zu  hören,  wie  die  Lese- 
maschine des  Dipl.-Ing.  Dr.  Blum  arbeiten 
wird.  Diese  Lesemaschine,  von  der  in  der 
Tagespresse  immer  wieder  die  Rede  ist,  soll 
in  Schwarzdruck  gedruckte  Texte  im  Laut- 
sprecher in  einzelnen  Sprechlauten  hörbar 
machen.  Das  Experiment  im  NWDR  bewies, 
daß  dieses  Verfahren  nach  kurzer  Eingewöh- 
nung erstaunliche  Möglichkeiten  birgt.  Aller- 
dings teilte  Dr.  Blum  mit,  daß  er  für  die 
Entwicklung  des  Gerätes  noch  300  000  DM 
benötige  und  eine  Zeit  von  mindestens  drei 
weiteren  Jahren.  Das  Bundes-Innenministe- 
rium  hat  die  Erfindung  nun  der  Deutschen 
Forschungsgemeinschaft  in  Bad  Godesberg 
zur  Begutachtung  vorgelegt.  In  dem  jetzt  er- 
folgten Gutachten  wird  das  Lesegerät  als 
eine  „sehr  ernsthafte,  gründlich  durchge- 
arbeitete Erfindung"  bezeichnet. 


250 
JAHRE 


J 


Surtdwiger  Messingwerk 

vorm.  Gebr.  von  der  Becke  K.-G. 

Hemer-Sundwig  (Kreis  Iserlohn) 


B'eche,  Bänder,  Rohre,  Grob-  und  Feindrähte  aus:  Messing,  Tombak,  Bronze,  Neusilber 


Gegr.  1698 


Heinrich  Stamm 

G.m.  b.  H. 
Grüne,  Kreis  Iserlohn 


Metall-,  Grob- 
und  Feindrahtwerke 

in  Phosphorbronze,  Tombak, 
Messing  und  Kupfer 

Antennenlitze  •  Bürstendraht 


Parallel-Schraubstöcke 

System  HEUER  DRP. 

ganz  aus  Stahl  geschmiedet 
verbürgt  unzerbrechlich 


Heuer- Hammer,  Grüne  Kreis  Iserlohn 


Fröndenberger 
Kettenfabrik 


-Hcintick  ^tiintc 

Fröndenberg  (Ruhr) 
Ketten  aller  Art 


Edelstahl  we  rke 

J.  C.  Söding  &  Halbach 

Hagen  in  Wesff. 


Schnelldrehstähle 
Werkzeugstähle  für 
Kalt-  und  Warmarbeit 
Rost-,  säure-  und 
hitzebeständige  Stähle 
Physikalische  Stähle 


Gegr.  178J 


Blanke  Edelstahle 
legiert  und  unlegiert 
gezogen  u.  geschliffen 
Hochleistungs- 
Heizleiter-Legierungen 
in  Drähten,  Bändern, 
Wendeln 


SCHWERTER 
SCHWARZGUSS 

* 

Walter  Hundhausen  K.G. 

Schwerte-Ruhr 


Bockhacker  Herde  und  Ofen 


Bockhacker  Werk 


SEIT     1885 

Herd-  und  Ofenfabrik 


Gevelsberg  i.W. 


MÜLLER  &  CO.,  G.M.B.H. 
SCHWELM 


Eiserne  Fässer  und  Großgefäße 


Otio  Meyer 

PRÄZISIONSWERK 

Ennepetal-  Milspe 


Radbolzen,  Federbolzen,  Spezialschrauben,  Buchsen 


Härterei  —  Vergüterei  —  Glüherei 


Pappen-  u.  Papierverarbeitungswerk 
H.W.Casack  &  Co.,  Fröndenberg -Ruhr 


WER  WEISS. 
WAS.. 

.,  für  ein  Pedal  sein  Fahrrad  hat  —  was  für  eine  Kette- 
was für  eine  Nabe . .   ? 

Tragen  diese  Teile  das   (jjj  Zeichen,  so  sind  sie  gut. 
Es  sind  die  Erzeugnisse  einer  Firma,  die  mit  Stolz  von 
sich  sagen  kann: 

Es  gibt  kein  Land  in  der  Welt,  in  dem    UfliOfl    Erzeug- 
nisse nicht  gebraucht  werden. 

Die  Fahrer  der  leichten  Maschinen,  die  Sportfahrer, aber 
wissen  es  ohnehin  seit  Jahrzehnten: 


gut  ist  umon 


•• 


EISENWERK  RODINGHAUSEN 

KOMMANDITGESELLSCHAFT 

Lendringsen  (Kreis  Iserlohn) 

Hauptwerk:  Lendringsen  (Kr.  Iserlohn)  /  Zweigwerk:  Wickede  (Ruhr) 

Fernsprecher:  Lendringsen,  Menden  Kreis  Iserlohn,  Sa.-Nr.  2052 


Graugtity,  roh  und  fertig  bearbeitet  /  Stahlformgufy,  roh  und  fertig  bearbeitet 
Schwerarmaturen,  Maschinenbau,  Baubeschläge,  Hausrat 


Verschlußdrähte,  Stahlband,  Verschluß- 
geräte, Blumendrähte,  Imkerei -Artikel 
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H  E  M  E  R  i.  Westf. 


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Papier-  und  Pappenfabriken 
Fröndenberg /Ruhr 


C^fiM 


de*t  Sa^t^ccj^erru^i^LCf^ 


Heinrich  Funk  f 
Nachruf    des    Landesverbandes 


Hessen 


Am  5.  Februar  1952  verschied  nach  langer, 
schwerer  Krankheit  im  66.  Lebensjahr  der 
langjährige  Bezirksleiter  des  Bezirks  Wies- 
baden, Heinrich  F^„k.  Im  Jahre  1°1p  an  der 
Somme  verwundet,  führte  ihn  sein  Weg 
schon  kurz  nach  seinem  Ausscheiden  aus  der 
Wehrmacht  zu  seinen  Schicksalsgefährten, 
die  sich  bereits  damals  im  „Bund  erblindeter 
Krieger"  zusamengefunden  hatten.  Es  war 
seine  feste  Überzeugung,  daß  der  einzige 
Weg  der  Vertretung  der  Belange  der  deut- 
schen Kriegsblinden  bei  Staat  und  Öffent- 
lichkeit nur  durch  gewählte  Vertreter  der 
vom  gleichen  Schicksal  betroffenen  Kamera- 
den vorgenommen  werden  könne.  Seine 
Fähigkeiten  und  seine  überaus  große  Kame- 
radschaftlichkeit führten  dazu,  daß  er  bereits 
im  Jahre  1921  zum  Bezirksleiter  des  damali- 
gen Bezirkes  Mainz-Wiesbaden  im  Bund 
erblindeter  Krieger  gewählt  wurde.  Seine 
Verdienste  um  die  Schicksalsgestaltung  sei- 


MATTHAUS  HAUCK 

Bauunternehmung  —  Würzburg 


ner  Mitglieder  brachten  es  mit  sich,  daß  er 
über  30  Jahre  bis  zu  seinem  Tode  das  Ver- 
trauen seiner  Kameraden  besaß.  Selbst 
Handwerker,  war  ihm  die  Einrichtung  von 
Handwerkerfürsorgeeinrichtungen  eine  Her- 
zensangelegenheit. In  Würdigung  seiner  un- 
ermüdlichen Arbeit  für  die  Schicksalsgemein- 
schaft der  deutschen  Kriegsblinden  wurde 
er  auf  dem  Landesverbandstag  des  Landes- 
verbandes Hessen  zum  Ehrenmitglied 
seines  Landesverbandes  erhoben.  Mit  Hein- 
rich Funk  verliert  der  Landesverband  Hessen 
einen  verdienten  Funktionär  und  allseits 
beliebten  Kameraden.  In  tiefer  Trauer  ver- 
neigen sich  die  Kameraden  des  Landesver- 
bandes und  insbesondere  des  Bezirkes  Wies- 
baden vor  seinem  Grabe,  in  ihren  Herzen 
aber  werden  sie  ihm  stets  ein  treues  Geden- 
ken bewahren. 

Aus  Württemberg-Nordbaden 

Bei  den  Ulmer  Kriegsblinden  herrschte 
Frohsinn  und  Scherz,  aber  auch  Arbeitsam- 
keit und  Ernst. 

Am  2.  Februar  trafen  sich  die  Ulmer 
Kameraden  in  Söflingen  zu  einer  der 
Faschingszeit  angepaßten  Zusammenkunft, 
wozu  auch  die  Neu-Ulmer  eingeladen  wur- 
den. In  froher,  humorvoller  Stimmung  ver- 
flogen die  Stunden  nur  allzu  rasch,  und  man 
durfte  viel  Freude  erleben.  Auch  an  der  not- 
wendigen Tanzgelegenheit  fehlte  es  nicht. 
Ebenso  hat  die  gute  Küche  der  Wirtin,  Mutter 
Rampf,  und  ihr  heiteres  Wesen  sowie  ihre 
edle  Weinspende  viel  zur  Erhöhung  der 
Stimmung  beigetragen.  Mitternacht  war  schon 
vorüber,  als  sich  die  Teilnehmer  auf  den 
Heimweg  begaben. 

Noch  im  gleichen  Monat,  am  20.  Februar, 
hielt  die  Bezirksgruppe  „Donau"  (Ulm-Heiden- 
heim) des  Landesverbandes  Württemberg- 
Nordbaden  ihre  diesjährige  erste  Versamm- 
lung im  Gasthof  zum  „Bärengärtle"  in  Ulm 
ab.  Kurz  vor  11  Uhr  eröffnete  der  Bezirks- 
gruppenleiter die  Versammlung  und  hieß 
auch  den  Landesverbandsvorsitzenden,  Kam. 
Schnaitmann  (Stuttgart),  herzlich  will- 
kommen. Mit  einem  teilnahmsvollen  Gruß 
gedachte  er  dabei  der  deutschen  Brüder  und 
Schwestern,  welche  noch  in  Gefangen- 
schaft schmachten.  Man  müsse  es  als 
eine  himmelschreiende  Ungerechtigkeit  emp- 
finden, wenn  heute,  nachdem  die  .  Waffen 
schon  fast  sieben  Jahre  ruhen,  noch  nicht 
alle  in  ihre  Heimat  zurückgekehrt  seien. 


8 


Die  Tagesordnung  war  mit  13  Punkten  sehr 
reichhaltig.  Der  Geschäftsbericht 
des  Landesverbandes  gab  darüber 
Aufschluß,  daß  von  Seiten  der  Geschäftsstelle 
Stuttgart  auch  im  verflossenen  Jahre  für  die 
dem  Landesverband  angehörenden  690  Mit- 
glieder alles  getan  wurde,  was  möglich  war 
und  daß  manch  schöner  Erfolg  verbucht  wer- 
den konnte.  Dem  Bericht  über  das  Kriegs- 
blindenerholungsheim  „Rudolf-Schnaitmann- 
Haus"  Wildbad  war  zu  entnehmen,  daß 
sich  dort  alles  in  gutem  Zustande  befindet 
und  die  Inanspruchnahme  des  Hauses  eine 
sehr  rege  war,  so  daß  in  den  Sommermonaten 
gar  nicht  alle  Anmeldungen  berücksichtigt 
werden  konnten.  Dies  sei  ein  Zeichen,  daß 
der  Erwerb  des  Hauses  eine  unbedingte  Not- 
wendigkeit gewesen  sei.  Betont  muß  hier 
werden,  daß  die  meisten  der  Kriegsblinden 
eine  geistige  oder  körperliche  Arbeit  voll- 
bringen und.  daß  dabei  ihre  Kräfte  weit  mehr 
in  Anspruch  genommen  werden  als  bei  den 
sehenden  Mitmenschen.  Daher  ist  auch  mehr 
Erholung  für  uns  notwendig.  Dieser  Einsicht 
haben  sich  auch  die  maßgebenden  staatlichen 
Stellen  nicht  verschlossen  und  ließen  dem 
Heim  ihre  Unterstützung  zuteil  werden.  Mit 
Stolz  schauen  die  Kameraden  auf  das  herr- 
liche Heim.  Die  Kassenführung  sowohl  beim 
Landesverband  als  auch  beim  Kriegsblinden- 
heim Wildbad  war  in  mustergültiger  Ordnung. 

Ebenso  zeigte  der  Bericht  des  Bezirks- 
gruppenobmanns ein  erfreuliches  Bild.  Es 
ging  daraus  hervor,  daß  auch  von  dieser 
Stelle  alles,  was  möglich  war,  im  Interesse 
der  Mitglieder  und  zur  Förderung  und  Pflege 
der  Kameradschaft  getan  wurde. 

Von  seiten  der  Versammlungsteilnehmer 
wurden  dem  Landesverbandsleiter  sowie  dem 
Bezirksgruppenobmann  für  die  geleisteten 
Arbeiten  Dank  und  Vertrauen  ausgesprochen. 
—  Bei  den  Neuwahlen  wurde  der  bisherige 
Bezirksgruppenobmann,  Kam.  Karl  Nägele, 
Ulm,  Pfarrer-Schultes-Weg  20,  einstimmig 
wiedergewählt.  An  Stelle  des  bisherigen 
zweiten  Bezirksobmanns,  Kam.  August  Laup- 
heimer,  wurde  der  Kam.  Willy  S  t  ä  n  g  1  e  , 
Mähringen  bei  Ulm,   gesetzt.  —  Zum  Dele- 


giertentag, welcher  alljährlich  einmal  in  Stutt- 
gart stattfindet,  wurden  die  Kam.  Fritz  Schürle 
(Ulm)  und  Karl  Hennegriff  (Heidenheim) 
berufen. 

Anschließend  wurden  noch  viele  die  Kriegs- 
blinden berührenden  Fragen  besprochen,  wie 
z.B.  Krankenversicherung,  Haftpflicht  usw.; 
ebenso  wurde  über  andere  akute  Dinge  Rat 
und  Auskunft  erteilt,  so  daß  die  arbeitsreiche, 
in  Harmonie  und  Sachlichkeit  verlaufene 
Tagung  erst  gegen  18  Uhr  geschlossen  wer- 
den konnte.  K.  N. 

Karneval  in  Düsseldorf 

Gern  kamen  die  Mitglieder  des  Bezirks 
Düsseldorf  der  Einladung  ihres  Vorstandes 
zur  Prunksitzung  am  13.  2.  1952  in  der 
Löwenburg  in  Düsseldorf-Grafenberg  nach. 
Schon  früh  waren  die  närrisch  geschmückten 
Räume  mit  fröhlichen  Menschen  gefüllt,  die 
voller  Spannung  den  Aufmarsch  des  Elfer- 
rates erwarteten,  der  in  diesem  Jahre  erst- 
malig in  prächtigen  Mänteln  erschien.  Wie- 
derum hatte  sich  der  Ring  Düsseldorfer  Kar- 
nevalisten  und  Büttenredner  unter  der  be- 
währten Leitung  von  Paul  Schummer  un- 
eigennützig zur  Verfügung  gestellt  und  der 
Zeremonienmeister  Peter  Solbach  konnte 
über  sechs  Stunden  lang  die  besten 
Parodisten  und  Vortragskünstler  in  die  Butt 
bringen.  Den  Kameraden  war  am  Saalein- 
gang ein  nettes  Zehrgeld  in  die  Hand  ge- 
drückt worden.  Die  zahlreich  erschienenen 
Ehrengäste  aus  den  Fürsorge-  und  Versor- 
gungsstellen wurden  von  dem  Vorsitzenden 
Max  Heinemann  herzlich  begrüßt  und  konn- 
ten sich  bald  davon  überzeugen,  daß  die 
Kriegsblinden  den  rheinischen  Karneval  mit 
der  gleichen  Begeisterung  zu  feiern  ver- 
stehen wie  ihre  glücklicheren  sehenden  Mit- 
menschen. Das  „Helau"  -Rufen  und  Mützen- 
schwenken  nahm  kein  Ende,  als  zum  Schluß 
der  Sitzung  auch  noch  das  Prinzenpaar  er- 
schien. Mit  launigen  Reden  wurden  ihm  von 
dem  Vorsitzenden  einige  scherzhafte  Ge- 
schenke überreicht.  Hoch  gingen  die  Wogen 
der  Freude  und  es  wurde  späte  Nacht,  ehe 
sich  die  letzten  Teilnehmer  entschlossen,  die 
Stätte  des  närrischen  Treibens  zu  verlassen. 
Alle,  die  dabei  gewesen,  waren  einer  Mei- 
nung:  „Das  war  mal  wieder  ein  Festl" 


Die  Prinzessin  Venetia-Irmgard  freut  sich  über  eine  Bürste,  die  ihr  gerade  bei  der  karnevahstischen 

Veranstaltung  der  Düsseldorfer  von  dem  Bezirksvorsitzenden,  unserem  Kameraden  Max  Heinemann 

(Dritter  von  links),  überreicht  worden  ist.  Die  Prinzessin  freut  sich  mit  Recht,  denn  die  Bürste  ist 

feinste  Kriegsblinden-Handwerksware, 


Etwas  über  unsere  Kameraden  im  Osten 


Im  Hinblick  auf  eine  von  uns  allen  er- 
sehnte Wiedervereinigung  Deutschlands  und 
auf  die  Kameradschaft,  die  alle  Kriegsblin- 
den von  Ost  und  West  verbindet,  ist  ein 
Vergleich  der  Verhältnisse  in  Ost-  und 
Westdeutschland  sicher  interessant.  Immer 
wieder  hört  man  im  Westen  die  Frage:  Wie 
lebt  ihr  Kameraden  im  Osten?  Einiges  dar- 
über sei  hier  berichtet: 

Während  nach  dem  Zusammenbruch  1945 
allgemein  in  ganz  Deutschland  die  Auffas- 
sung vorherrschte,  alles,  was  mit  „Krieg" 
zusammenhängt,  müsse  ausgemerzt,  also  dif- 
famiert werden,  und  damit  auch  „kriegs"- 
beschädigt  und  „kriegs"blind,  ist  man  im 
Westen  bald  zu  einer  ruhigeren  Überlegung 
gekommen.  Im  Osten  ist  aber  heute  noch 
oder  mehr  denn  je  gültig,  daß  „Kriegs- 
beschädigter" —  ganz  genau  genommen  — 
gleichzusetzen  ist  mit  „Kriegsverbrecher". 
Warum  sonst  lehnt  man  jede  Sonderstellung 
des  Kriegsbeschädigten  gegenüber  Zivil- 
beschädigten grundsätzlich  ab?  So  handelt 
man  in  unserm  Falle  nach  dem  oberfläch- 
lichen Prinzip:  blind  ist  blind.  Bezeichnender- 
weise hat  man  aber  —  aus  taktischen,  poli- 
tischen Erwägungen  —  im  Ostsektor  Berlins 
1950  eine  Verordnung  für  Kriegsbeschädigte 
und  gleichzeitig  eine  für  Zivilbeschädigte 
erlassen.  Seltsamer  Widerspruch!  Macht  man 
also  doch  einen  Unterschied?  Dann  aber, 
wenn  kriegsbeschädigt  nicht  zivilbeschädigt 
ist,  ist  auch  kriegsblind  nicht  zivilblind. 

Wohlgemerkt,  diese  Verordnung  ist  nur 
für  Ostberlin  erlassen,  nicht  für  die  Ost- 
z  o  n  e.  Es  ist  ja  immer  ein  grundsätzlicher 
Unterschied  zu  machen  zwischen  Ostsek- 
tor Berlins  und  der  Ostzo'ne.  In  Ost- 
berlin besteht  also  schon  eine  gesetzliche 
Regelung.  Allerdings  mit  sehr  schäbigen 
Rentensätzen.  Ich  setze  voraus,  daß  die 
Lebensmittelpreise  usw.  ungefähr  geläufig 
sind.  Rente  wird  überhaupt  erst  ab  662/s  Pro- 
zent Erwerbsminderung  gezahlt.  In  unserem 
besonderen  Fall:  Ein  Blinder  (blind  ist  blind) 
erhält  monatlich,  da  er  100  °/o  erwerbsunfähig 
ist,  100  Ostmark,  jetzt  erhöht  auf  110  Ost- 
mark, und  dazu  50  Mark  Pflegegeld.  Für  die 
Beurteilung     der     Blindheit     (Hilflosigkeit) 


gelten  dieselben  strengen  Maßstäbe  wie  im 
Westen.  Insgesamt  also  160  Ostmark. 
Für  zusätzliche  Leiden,  wie  Hirnverletzung, 
Amputationen  usw.,  gibt  es  keinerlei  Renten- 
erhöhung. Steht  der  Kamerad  in  Arbeit,  so 
tritt  bereits  ab  190  Mark  Monatsverdienst 
Rentenkürzung  ein.  Bis  360  Mark  be- 
hält er  noch  3/io  der  Rente.  Darüber  hinaus 
fällt  die  Rente  fort.  Sie  ruht  dann.  Eine 
etwaige  Invalidenrente  wird  nicht  gezahlt, 
dagegen  muß  jeder  in  versicherungspflich- 
tiger Beschäftigung  stehende  Kamerad  Bei- 
träge zur  Invalidenversicherung  leisten. 
Das  Pflegegeld  von  50  Mark  bleibt  ihm 
immer.  Der  leichteren  Vergleichbarkeit 
wegen  seien  die  Kinderzuschläge  nicht  er- 
wähnt. Ein  Zuschlag  für  die  Ehefrau  erfolgt 
nur,  wenn  diese  gleichfalls  erwerbsunfähig 
ist.  Er  beträgt  monatlich  10  Mark.  Nur  Er- 
werbstätigen kann  ein  Führhund  geliefert 
werden.  Das  Futtergeld  für  den  Hund  be- 
trägt jetzt  25  Mark.  Kann  er  aber  keinen 
Führhund  halten,  erhält  er  nicht  etwa  einen 
Ausgleich  dafür.  In  ein  Blindenheim  können 
nur  Berufstätige  verschickt  werden. 
Diese  Heime  halten  aber  keinen  Vergleich 
mit  unseren  westlichen  Kriegsblindenheimen 


ES     STARBEN: 

LANDESVERBAND   BAYERN 
Schrotberger,  Ludwig,  Nürnberg,  Lud- 
wig-Feuerbach-Straße, geb.  am  17.  2.  1892, 
gest.  am  26.  1.  1952. 

LANDESVERBAND   NORDRHEIN 
D  r  a  m  s  c  h ,     Adolf,     Hoffnungsthal,     Blei- 
feld 55,  gest.  am  10.  1.  1952. 
Behr,  Karl,  Köln-Mülheim,  Keupstraße  114, 

gest.  am  20.  1.  1952. 
K  e  1 1  e  r ,   Jakob,   Bad    Godesberg,    Lützow- 
straße  1,  gest.  am  4.  2.  1952. 

WÜRTTEMBERG-NORDBADEN 
G  e  r  w  i  g  ,    Eberhard,     Sindelf  ingen,     Kreis 
Böblingen,  Daimlerweg  15,  geb.  am  23.  9. 
1913,  gest.  am  29.  1.  1952. 

MÖGEN    SIE    IN    FRIEDEN    RUHEN! 


aus.  Da  ja  blind  gleich  blind  ist,  sind  hier 
Kriegs-  und  Zivilblinde  gemeinsam  anwesend. 
Damit  fällt  schon  die  wichtigste  Voraus- 
setzung für  eine  geistige  Erholung,  die  Ver- 
bundenheits-Atmosphäre, fort,  die  uns  so 
wohltuend  erfaßt,  wenn  Menschen  zusammen- 
kommen, die  aus  gleichen  Ursachen,  fast 
gleichen  Ereignissen  das  gleiche  schwere 
Leiden  tragen.  Zum  anderen  ist  die  Ver- 
pflegung nicht  sehr  gut,  da  ja  im  Osten 
immer  noch  die  Rationierung  besteht.  Zu- 
sätzlich wurde  in  einigen  Heimen  beispiels- 
weise Pferdefleisch  gereicht.  — ■  Ihr  versteht 


PERSÖNLICHES 

Unser  Kamerad  Erich  Bartels,  Hans- 
ahlen Nr.  46,  Post  Schneverdingen  (Lüne- 
burger Heide)  und  seine  Frau  wurden 
durch  die  Geburt  eines  gesunden  Stamm- 
halters erfreut.  Der  Junge  soll  Hartmut 
heißen  Wir  wünschen  dem  kleinen  Heidjer 
eine    gedeihliche    Entwicklung    zur    Freude 

seiner  Eltern. 

* 

Unser  Kamerad  Hermann  Seidel  und 
seine  Frau  Hilde,  geb.  Vogt  aus  Schiefbahn, 
Bezirk  M.  -Gladbach,  freuen  sich  über  die 
Geburt  eines  zweiten  Jungen,  Ulrich  (29.  1. 
1952).  Möge  der  Junge  zu  einem  tüchtigen 
und  frohen  Mann  heranwachsen! 


Aus  dem  Landesverband  Rheinland- 
Pfalz  wird  uns  mitgeteilt,  daß  dem  Be- 
zirksleiter von  Koblenz-Montabaur,  Kam. 
Franz  Pung  aus  Kirchesch  und  seiner 
Frau  der  ersehnte  Stammhalter  geschenkt 
wurde.  Alle  Kameraden  freuen  sich  von 
Herzen  mit. 

In  Briedel  (Mosel)  feierten  am  12.  2.  unser 
Kamerad  Rudolf  F  r  a  n  z  e  n  und  seine  Frau 
Margarete,  geb.  Serwatius  das  Fest  der 
silbernen  Hochzeit.  Wir  wünschen  dem  Ju- 
belpaar viel  Glück  und  Segen. 

Auch  beglückwünscht  der  Landesverband 
Rheinland-Pfalz  unseren  Kameraden  Werner 
B  a  1  z  e  r  und  Frau  aus  Mettweiler  zur  Ge- 
burt des  Stammhalters  Bernhard,  der  am 
24.  Januar  zur  Welt  kam.  Wir  alle  wünschen 
viel  Glück! 


QUALITÄTSWAREN  zu  günstigen  Preisen 

liefert  die  Kaffeerösterei  des  Kriegsblinden 

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ohne  Übernahme  von  Kosten). 
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Meister,  Kriegsblinder,  Wei- 
her bei  Bruchsal  (Baden),  Brun- 
nenstraße 27.  Liefere  auch  an 
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also:  Ein  eigenartiges  Gefühl  beschleicht  uns, 
wenn  wir  von  gemeinsamen  Ausflügen, 
Feiern  und  Weihnachtsbescherungen  der 
Kriegsblinden  in  Westdeutschland  hören. 
Zwar  hat  man  in  einigen  Bezirken  des  Ost- 
sektors auch  m  a  1  eine  Feier  für  die  Blinden 
veranstaltet.  Mit  Bohnenkaffee  und  Kuchen. 
Sogar  mit  reichlich  Kaffee  und  Kuchen.  Trotz- 
dem blieb  das  Gefühl  des  Unbefriedigtseins, 
es  fehlte  der  kameradschaftliche  Zusammen- 
klang. Vor  Weihnachten  erhielt  in  Ostberlin 
jeder  Blinde  von  der  VAB  (Vers.-Anstalt 
Berlin)  15  Gramm  (in  Worten:  fünfzehn) 
Bohnenkaffee  und  ein  Täfelchen  (50  Gramm) 
Schokolade.  Allerdings  mußte  er  dafür 
50  Pf  bezahlen. 

Für  alle  Betreuung  ist  die  VAB  zuständig. 
Schon  vor  drei  Jahren  gab  die  VAB  den 
Blinden  eine  Bescheinigung  zur  bevorzugten 
Belieferung  mit  Ledersohlen.  Bis  heute  ist  es 
noch  niemand  gelungen,  darauf  eine  Leder- 
sohle zu  bekommen.  Arbeitet  der  Blinde  im 
Betrieb,  bekommt  er  eventuell  einen  Bezug- 
schein für  Schuhe  durch  seine  Gewerkschaft. 
Die  anderen  kaufen  sich  Schuhe  auf  dem 
schwarzen  Markt  oder  im  Westsektor  zum 
Umrechnungskurs.  Für  seine  Ehefrau  so- 
wieso, denn  die  ist  ja  nicht  berufstätig.  An 
einen  Lodenmantel,  wie  er  den  Westkame- 
raden selbstverständlich  ist,  ist  gar  nicht  zu 
denken.  Oder  gar  an  eine  Blindenuhr?  Und 
seitdem  die  Rationierung  der  Oberbeklei- 
dung fortgefallen  ist,  kann  sich  ja  jeder 
Blinde  Hosen  frei  kaufen,  er  hat  ja  dafür  die 
50  Mark  Pflegegeld.  Für  die  Unterwäsche 
erhält  er,  wie  jeder  andere,  eine  Textil- 
Punktkarte  mit  30  Punkten.  Dafür  bekommt 
er  ein  Oberhemd  (18  Punkte)  und  eine  Un- 
terhose (12  Punkte).  Woher  bekommt  er  nun 
Strümpfe  oder  den  doch  wohl  erwiesenen 
Mehrverbrauch   an   Wäsche? 

Eine  Vertretung  der  Kriegsblinden  gibt  es 
nicht,  ist  nicht  zugelassen.  Nicht  mal  eine 
Organisation  der  Zivilblinden!  Wozu  auch? 
Wird  nicht  die  VAB  praktisch  von  der  Ost- 


Gewerkschaft  (FpGB)  geleitet?  Die  soge- 
nannten Bezirks-Blindenpfleger  sind  Einrich- 
tungen dieser  VAB.  Aber  der  FDGB  kann, 
niemals  die  Interessen  der  Blinden  mitver- 
treten. Sein  Mitgliederkreis  sind  ja  gerade 
die  noch  Leistungsfähigeren,  die  selbst  ge- 
nügend Forderungen  haben.  Die  Ellbogen- 
menschen, hier  Aktivisten  genannt,  werden 
selbstverständlich  die  Schwächeren,  also  die 
Blinden  mit  ihren  Wünschen,  an  die  Wand 
drücken.  Wie  bitter  nötig  wäre  hier  eine 
Organisation   der  Kriegsblinden! 

Was  hier  für  den  Ostsektor  Berlins  gesagt 
ist,  trifft  in  noch  stärkerem  Maße  für  die 
Ost  zone  (die  DDR)  zu.  In  der  Ostzone 
gibt  es  noch  kein  Rentengesetz  für  Kriegs- 
beschädigte. Die  einzelnen  Länder,  Provin- 
zen, Städte  oder  Landkreise  verfahren  ganz 
verschieden  und  willkürlich.  Während  an 
einem  Ort  für  einen  Blinden  mit  Amputa- 
tionen monatlich  60  Mark  Pflegegeld  gezahlt 
werden,  zahlt  man  anderenorts  25  Mark 
oder  gar  nichts.  (Mir  ist  der  Fall  eines 
kriegsblinden  Doppelamputierten  bekannt, 
der  65  Mark  Invalidenrente  und;  60  Mark 
Pflegegeld  erhält.  Und  das  bei  den  Preisen!) 
Stellenweise  zahlt  man  Invalidenrente  (nach 
Klebekarten)  und  überläßt  das  Weitere  den 
örtlichen  Fürsorgestellen  (Wohlfahrt).  Die 
Kameraden  der  Zone  sind  also  noch  schlimr 
mer  daran  wie  die  des  Ostsektors.  Geplant 
ist  in  der  DDR  ein  allgemeines  „Bürger- 
V  e  r  s  o  r  g  u  n  g  s  -  G  e  s  e  t  z",  das  dann 
auch  von  Ostberlin  übernommen  werden 
soll.  Da  aber  an  diesem  Gesetz  keinerlei  Ver- 
treter der  davon  Betroffenen  mitarbeiten, 
wird  es  nur  von  finanziellen  Interessen  der 
DDR  diktiert  sein,  und  es  läßt  deshalb  nicht 
viel  Gutes  erwarten. 

Ein  ganzer  Teil  Kameraden  der  Ostzone 
und  des  Ostsektors .  hat  schon  Fühlung 
mit  dem  Bund  der  Kriegsblinden  gefunden. 
Leider  ist  die  Betreuung  dieser  Kameraden 
sehr  schwer.  Wo  aber  eine  solche  Verbin- 


dung hergestellt  werden  konnte,  hat  dies 
bei  den  Ostkameraden  nur  Freude  und  eine 
ungeheure  Dankbarkeit  ausgelöst,  sowohl 
gegenüber  dem  Bund  als  auch  den  einzelnen 
Westkameraden  gegenüber,  nicht  vornehm- 
lich der  Pakete  wegen,  so  bitter  nötig  sie 
leider  sind,  als  vielmehr  wegen  des  Kon- 
taktes mit  der  großen  Gemeinschaft  aller 
Kameraden.  Verständlicherweise  wagt  es 
ein  Teil  Ostkameraden  nicht,  mit  den  West- 
kämeraden in  Verbindung  zu  treten  oder 
auch  nur  auf  ein  Schreiben  zu  antworten.  Sie 
befürchten  schädliche  Folgen.  Natürlich  gibt 
es  auch  hier  im  Osten  einige  wenige  Krähen, 
die  ihr  eigenes  Nest  beschmutzen  und  die 
um  ihrer  persönlichen  Vorteile  willen  in  das 
große,  von  der  Propaganda  vorgeschriebene 
Hörn  blasen.  So  gibt  sich  ein  gewisser  Run- 
kel  als  Kriegsblinder  zur  Propaganda  für  den 
sogenannten  .Groscourth-Ausschuß  her,  einer 
Ostberliner  Gründung  als  schwächliches  Ge- 
genstück zum  Westberliner  Kampfbund  ge- 
gen Unmenschlichkeit.  Sonst  will  man  von 
„Kriegs"blinden  nichts  wissen,  hier  betont 
man  ihn.  Der  Kriegsblinde  Dr.  Dartsch  will 
im  Grunde  auch  nicht  mehr  wahrhaben,  daß 
er  kriegsblind  ist  und  mimt  den  Vorsitzen- 
den eines  Friedenskomitees.  Wir  sind  be- 
stimmt alle  für  den  Frieden,  denn  wir  haben 
ja  dem  Krieg  einiges  zu  „verdanken",  aber 
nur  als  Propagandapferd,  obendrein  vor 
einem  recht  kriegerisch  bewehrten  Karren 
des  Hasses  —  nein,  dazu  sind  wir  uns  zu 
schade. 

Vieles,  was  den  Westkameraden  schon 
wieder  zur  Selbstverständlichkeit  wurde,  ist 
den  Ostkameraden  entweder  Erinnerung 
oder  erst  vages  Zukunftshof fen.  Westkame- 
raden, glaubt  nicht  etwa,  daß  die  Ostkame- 
raden euch  etwas  mißgönnen,  im  Gegenteil. 
Ihr  brecht  ja  aüfch  unserer  Zukunft  eine  Bahn. 
Und  wir  danken  euch  für  alles,  was  ihr 
einem  von  uns  Gutes  tut.  Helft,  daß  sie  nie- 
mals den  Glauben  verlieren  an  das  Wort: 
Wir  sind  doch  Kameraden!  £u* 


Blindenführhunde  in  Frankreich  im  18.  Jahrhundert 


In  unserem  Straßenleben  begegnen  uns 
häufig  Blinde,  die  von  Hunden  geleitet 
werden.  Die  vorzügliche  Führarbeit  eines 
gut  abgerichteten  Hundes,  der  vor  jedem 
Kantstein  anhält  und  allen  Hindernissen 
aus  dem  Wege  geht  und  dadurch  seinen 
Herrn  sicher  sogar  durch  den  stärksten  Ver- 
kehr führt,  versetzt  uns  in  großes  Erstaunen. 
Dem  aufmerksamen  Beobachter  mögen  bei 
der  Gelegenheit  Gedanken  kommen,  ob  sich 
Blinde  schon  immer  durch  Führhunde  haben 
leiten  lassen.  Bei  genauerer  Nachforschung 
wird  er  dann  in  Erfahrunq  bringen,  daß 
deren  Verwendung  sich  wohl  bis  in  die  An- 
tike zurückverfolgen  läßt,  daß  sie  jedoch 
erst  zu  Beginn  der  Neuzeit,  insbesondere 
dann  im  18.  Jahrhundert  in  Frankreich,  eine 
große  Bedeutung  gewann. 

Letzteres  zeigen  viele  Darstellungen  Blin- 
der mit  Hunden,  die  aus  jener  Zeit  in  unse- 
rem westlichen  Nachbarland  erhalten  sind. 
Aus  ihrer  Zahl  sei  vor  allem  auf  die  des 
französischen  Malers  C.  Vernet  hingewie- 
sen (s.Abb.).  Auf  diesem  als  „Les  Aveugles" 
(Die  Blinden)  bezeichneten  Bilde  sind  zwei 
von  Hunden  geleitete  blinde  Musikanten  zu 
erkennen,  von  denen  der  eine  ein  Sänger, 
der  andere  ein  Oboespieler  ist.  Beide  halten 
den  Hund  an  einer  Leine  Derartige  Abbil- 
dungen sind  nicht  allein  auf  das  18.  Jahr- 
hundert beschränkt.  Ihre  Reihe  läßt  sich  ;n 
Frankreich  sogar  bis  weit  in  das  19.  Jahr- 
hundert hinein  fortsetzen. 

Schriftliche  Hinweise  auf  den  Ge- 
brauch von  Hunden  für  die  Blindenführung 
sind  hingegen  sehr  selten.  Ein  sehr  früher 
findet  sich  bei  dem  blinden  Elsässer  Schrift- 
steller G.  C.  Pfeffel  (1736-^-1809)  in  des- 
sen „Biographie  eines  Pudels".  Sie  wurde 
vermutlich  nach  1793  abgefaßt  und  erschien 


erst  nach  dem  Tode  des  Verfassers  im  Jahre 
1810  im  ersten  Band  seiner  „Prosaischen 
Versuche".  In  dieser  Schilderung,  in  der  der 
Hund  als  Erzähler  seiner  Lebensgeschichte 
auftritt,  wird  von  einem  kriegsblinden  Sol- 
daten und  seinem  Pudel  berichtet.  Der  Hund 
wurde  in  Preußen  zur  Zeit  Friedrichs  des 
Großen  geboren  und  von  einem  französi- 
schen Soldaten  erworben,  der  ihm  den 
Namen  Joli  gab  und  ihm  allerlei  Kunst- 
stücke beibrachte,  die  er  in  Wirtshäusern 
vorführen  mußte.  Später  aber  wurde  er  dem 
Soldaten  durch  einen  Marioneltenspieler  ab- 
gekauft, und  es  begann  jetzt  für  ihn  ein 
abenteuerlicher  Lebensabschnitt.  Erst  das 
Ende  der  Erzählung  führt  ihn  wieder  mit 
dem  Soldaten  zusammen,  der  ihn  von  einem 
Scharfrichter  zurückerhält.  Als  der  Lands- 
knecht zunehmend  sein  Augenlicht  verliert, 
wird  der  Pudel  Joli  sein  Führer.  „An  einer 
dünnen  Schnur,  wozu  hätte  er  eines  Strickes 
bedurft,  schritt  ich  langsam  vor  ihm  her,  und 
schützte  seinen  Fuß  vor  den  Steinen,  und 
seinen  Körper  vor  den  Stößen  der  noch 
fühlloseren  Menschen.  Eine  Strecke  von  fünf 
bis  sechs  Meilen  war  der  Schauplatz  unserer 
Wanderungen.  Die  Almosen  fielen  nun  etwas 
reichlicher,  und  wenn  die  Quelle  versiegen 
wollte,  so  holte  ich  einige  meiner  Kunst- 
stücke hervor,  welche  oft  mehr  als  der  An- 
blick eines  leidenden  Bruders  auf  die  Ge- 
müter wirkten".  Auf  der  gemeinsamen  Wan- 
derschaft macht  sich  in  einem  Städtchen  ein 
Junge  an  den  Hund  heran,  um  entweder 
diesen  in  seine  Gewalt  zu  bekommen  oder 
doch  den  Blinden  zu  necken.  „Er  trat  mir 
näher,  und  schnitt  mit  einer  Schere  meine 
Leits'chnur  entzwei,  die  er  anfaßte,  um  mich 
wegzuführen."  Als  daraufhin  der  Knabe 
vom   Pudel   gebissen   wird.,   erscheinen   kurz 


■wsS=' 


Diesem  Stich  von   Le  Blond  liegt  eine  Zeichnung 
von  Abraham  Bosse  aus  der  Zeit  um  1640  zugrunde, 
ist  also  die  wohl  Irüheste  Abbildung  eines  Blin- 
den der  Pariser  „Quinze-Vingts"  mit  Hund. 


10 


ianach  zwei  Stadtknechte,  um 
Joli  zu  töten.  Der  Blinde,  der 
sich  über  ihn  beugt  und  um  des- 
sen Leben  fleht,  wird  von  der 
Kugel,  die  seinem  treuen  Kame- 
raden durch  den  Kopf  fährt, 
ebenfalls   durchbohrt. 

Wenn  auch  diese  Erzählung 
kein  historischer  Bericht,  son- 
dern eine  Fabel  ist,  so  spiegeln 
sich  doch  die  damaligen  Lebens- 
verhältnisse darin.  Unbestreit- 
bar weist  sie  den  Blindenhund 
in  jener  Zeit  nach  und  macht  es 
sicher,  daß  Pfeffel  diesen  als  Be- 
gleiter blinder  Bettler  gekannt 
hat;  vielleicht  aber  hat  Pfeffel 
auch  selbst  Versuche  mit  einem 
solchen  Hund  gemacht.  Dafür 
lassen  sich  freilich  keinerlei  An- 
haltspunkte finden.  Der  Name 
des  Soldaten  (Lafleur)  und  des 
Hundes  weisen  eindeutig  auf 
französische  Anregungen  hin, 
wie  überhaupt  in  Frankreich 
vielfach  die  Quellen  der  Fabeln 
Pfeffels  zu  suchen  sind.  Es  ist 
deshalb  durchaus  berechtigt,  aus 
dieser  Erzählung  auf  eine  häu- 
fige Verwendung  der  Blinden- 
hunde in  Frankreich  im  18.  Jahr- 
hundert zu  schließen.  Allerdings  sind  aus 
dieser  Zeit  auch  aus  anderen  Ländern  Ab- 
bildungen blinder  Bettler  und  Musikanten 
mit  Hunden  erhalten. 

Von  besonderer  Bedeutung  ist  es  in- 
dessen, daß  sich  damals  in  Paris,  übrigens 
zum  erstenmal  in  der  Geschichte,  auch  die 
Angehörigen  eines  Blindenhospitals  durch 
Führhunde  leiten  ließen.  Es  handelt  sich  um 
die  Blinden  der  schon  im  Jahre  1254  ent- 
standenen berühmten  Blindenanstalt  der 
„Quinze-Vingts".  Früher  wurde  durchweg 
angenommen,  daß  der  französische  König 
Ludwig  der  Heilige  sie  nach  seinem  ersten 
Kreuzzuge  für  300  durch  die  Sarazenen  ge- 
blendete französische  Ritter  —  somit  für 
Kriegsblinde  —  begründet  habe.  In  neuerer^ 
Abhandlungen  wird  jedoch  darauf  hinge- 
wiesen, daß  das  Hospital  nicht  für  Ange- 
hörige des  Adels,  sondern  für  die  Unter- 
bringung der  armen  Blinden  der  Stadt  Paris 
errichtet  worden  ist.  Immerhin  aber  scheint 
Ludwig  der  Heilige  wohl  durch  die  Ver- 
heerungen, die  die  ägyptische  Augenentzün- 
dung unter  seinen  Kreuzfahrern  angerichtet 
hatte,  auf  die  Blinden  seiner  Heimat  auf- 
merksam geworden  zu  sein.  Darüber,  daß 
sich  die  in  dieser  Anstalt  untergebrachten 
Blinden  im  18.  Jahrhundert  gut  abgerichtete 
Hunde  gehalten  haben,  weisen  indessen  die 
Archive  der  „Quinze-Vingts"  keinerlei  Auf- 
zeichnungen auf.  Sie  verfügen  nur  über 
solche  Angaben,  aus  denen  hervorgeht,  daß 
sich  die  Blinden  bei  ihren  Spaziergängen  — 
abgesehen  von  einem  Stock  —  sehender  An- 
gehöriger des  Hospitals  oder  kleiner  Jungen 
bedient  haben. 

Sehr  wichtig  ist  es  darum,  daß  es  eine 
Reihe  von  Abbildungen  aus  dem  18.  und 
sogar  eine  aus  dem  17.  Jahrhundert  gibt, 
die  die  Verwendung  von  Führhunden  durch 
Angehörige  dieser  Anstalt  beweisen.  An 
erster  Stelle  ist  ein  Stich  (s.  Abb  )  zu  nennen, 
der  in  Paris  im  Musee  Carnavalet  auf- 
bewahrt wird  und  von  Le  Blond  nach  einer 
Zeichnung  von  Abraham  Bosse  ausgeführt 
wurde.  Dies  Bild  soll  durch  Bosse  vermut- 
lich in  der  Zeit  von  1640 — 1645  entworfen 
worden  sein.  Auf  ihm  wird  ein  Angehöriger 
des  Hospitals  der  „Quinze-Vingts"  in  ste- 
hender Haltung  dargestellt.  Er  hält  einen 
Stock  mit  einer  Gabenschale  in  der  Hand. 
Vor  seinen  Füßen  sitzt  ein  kleiner  Hund, 
vermutlich  ein  Pudel,  der  dem  Anschein 
nach  mit  dem  Bein  des  Blinden  durch  eine 
Leine   verbunden   ist.   Die   Lilie   auf   dessen 


äS&£s 


Ein  Spottbild  aus  dem  Jahre  1712,  das  tür  den  Forscher  sehr 
aufschlußreich  ist.  Hier  werden  Brillen  iür  die  Pariser  Blinden 
angeboten,  und  einer  der  Blinden  wird  otlensichtlich  von  einem 
Hund   geleitet.'  Foto:   Bibliotheque   Nationale,   Paris 


Rock  kennzeichnet  ihn  als  Angehörigen  des 
Hospitals  der  „Quinze-Vingts".  Sie  war  die 
Berechtigungsmarke  zum  Betteln,  die  den 
„Armen  des  Königs"  durch  die  Polizei  ver- 
liehen worden  war  und  sie  als  solche  hervor- 
hob. Unter  dem  Stich  befindet  sich  ein  Vier- 
zeiler, dessen  Übersetzung  etwa  folgender- 
maßen lautet:  „Muß  man  nicht  gestehen,  daß 
ich  zu  beklagen  bin  und  daß  in  den  Gefahren, 
die  ich  fürchten  muß,  da  ich  das  Unglück 
habe,  kein  Augenlicht  zu  besitzen,  meine 
Führung  von  einem  Stock  und  einem 
Hund  abhängig  ist." 

Nach  dieser  wohl  frühesten  Abbildung 
eines  Blinden  der  „Quinze-Vingts"  mit  Hund 
gebührt  an  zweiter  Stelle  einem  in  der 
Bibliotheque  Nationale  in  Paris  vorhande- 
nen Stich  von  Francois  Ertinger  „Lunetes 
pour     les     Quinzevingts"     (Brillen     für     die 


Quinze-Vingts)  vom  Jahre  1712  besondere 
Beachtung.  Darauf  ist  eine  Straße  zu  sehen, 
auf  der  ein  Brillenverkäufer  Brillen  an  An- 
gehörige der  „Quinze-Vingts"  abgibt.  Diese 
verwenden  alle  einen  Stock.  Einer  von  ihnen 
wird  von  einem  Hund,  vermutlich  einem 
Pudel,  geleitet.  Letzterer  wird  an  der  Leine 
gehalten,  die  am  rechten  Handgelenk  des 
Blinden  befestigt  ist  (s.  Abb.).  Auf  einem  im 
Jahre  1753  im  Louvre  ausgestellten  Öl- 
gemälde Chardins  ist  ebenfalls  ein  Blinder 
dieser  Anstalt  erkennbar,  der  einen  Hund 
mit  sich  führt.  Noch  auf  manchen  anderen 
Stichen  und  Gemälden  dieser  Zeit  finden  sich 
Blinde  mit  Hunden,  die  oft  offensichtlich  die 
Funktion  eines  Führhundes  haben. 

Außer  diesen  Abbildungen  legen  auch 
schriftliche  Nachrichten  von  der  Verwen- 
dung von  Blindenführhunden  durch  die 
„Quinze-Vingts"  Zeugnis  ab.  So  berichtet 
der  bedeutende  Wiener  Augenarzt  Beer 
im  Jahre  1813  in  seinem  Buch  „Das  Auge", 
daß  die  „Quinze-Vingts"  „fast  durchaus  von 
wohlabgerichteten  Hunden  in  dem  weit- 
läufigen Paris  geleitet  werden".  Auch  weiß 
er  zu  erzählen,  daß  Franzosen,  die  damals 
Wien  besetzt  hielten,  jedesmal  in  ein  lautes 
Freudengeschrei  ausbrachen,  wenn  sie  den 
Wiener  Blinden  R  e  i  s  i  n  g  e  r  mit  seinem 
Führhund  erblickten  und  „ihn  bald,  indem 
er  alle  Montage  in  der  Alsterkasserne  sein 
Brod  faßt,  so  lieb  gewannen,  daß  sie  ihm 
recht  landsmännisch  schon  von  weitem  zu- 
riefen: ah  voilä  le  Parisien!"  Nach  diesen 
Worten  scheinen  die  Blinden  von  Paris  um 
das  Jahr  1800  häutig  einen  Führhund  be- 
sessen zu  haben.  Der  Anblick  dieser  vier- 
beinigen Führer  wird  natürlich  Fremden, 
die  die  französische  Hauptstadt  besuch- 
ten, besonders  aufgefallen  sein.  Dement- 
sprechend hat  auch  der  deutsche  Dichter 
Friedrich  Hebbel,  als  er  in  Paris  weilte, 
in  seinen  Tagebüchern  am  3.  Dezember  1843 
seinen  Eindruck  mit  folgenden  Worten  fest- 
gehalten: „Ich  sah  heute  zum  erstenmal 
einen  Blinden,  den  sein  Hund,  ein  junger, 
muntrer  Pudel,  führte.  Der  Alte  spielte 
eine  Violine  und  hatte  einen  Strick  um  den 
Leib  gebunden,  an  dem  der  Hund  befestigt 
war;  das  Thier  that  immer  einige  Schritte 
vorwärts,  dann  stand  es  still"„ 


Wie  wir  es  heute  noch  aus  dem  Orient  kennen,  so  war  es  bis  vor  einigen  Jahrzehnten  auch  in 
Europa:  das  Los  der  Blinden  war  es,  betteln  zu  müssen.  Eine  wirklich  durchgreifende  Wandlung 
haben  in  Deutschland  eigentlich  erst  die  Kriegsblinden  des  1.  Weltkrieges  durchgesetzt,  die  sich 
die  verschiedensten  neuen  Arbeitsmöglichkeiten  erschlossen.  Aber  nicht  deshalb  zeigen  wir  diese 
Abbildung,  sie  soll  hier  nur  ein  dokumentarisches  Zeugnis  aus  den  Anlangen  des  Führhundwesens 
sein.  (Ein  Gemälde  von  C.  Vernet,  „Les  Aveugles",  18.  Jahrh.) 


11 


Ebenfalls  der  Schweizer  Blinde  B  i  r  r  e  r 
erwähnt  (1847),  er  habe  einige  Jahre  zuvor 
gehört,  daß  „in  Paris  mancher  Blinde  einen 
Pudel  zum  Führer  habe  .  .  ."  Aus  der  Zeit 
vor  etwa  100  Jahren  soll  übrigens  (nach 
H.  "v.  Zobeltitz)  eine  nette  Anekdote  über 
einen  klugen  französischen  Blindenführhund 
stammen.  Dieser  war  der  Begleiter  eines 
blinden  Bettlers.  Als  nun  eines  Tages  sein 
Herr  schwer  erkrankte  und  nicht  seinen  ge- 
wohnten Platz  aufsuchen  konnte,  soll  diesen 
der  treue  Vierbeiner  allein,  und  zwar  mit 
dem  Hut  des  Blinden  im  Maule,  zur  Ent-  . 
gegennahme  milder  Gaben  aufgesucht  haben. 

Die  Bilder  und  die  schriftlichen  Hinweise 
dürfen  als  hinreichende  Belege  dafür  ange- 
sehen werden,  daß  in  Frankreich  im  17.  und 
18.  Jahrhundert,  sogar  bis  etwa  zum  Jahre 
1850  der  Führhund  kein  seltener  Begleiter 
eines  Blinden  war.  Daß  er  dort  jedoch  zeit- 
weise eine  tägliche  Erscheinung  gewesen 
sein  muß,  ergibt  sich  aus  der  französischen 
Redewendung:  crier  comme  un  aveugle  qui 
a  perdu  son  chien  (schreien  wie  ein  Blinder, 
der   seinen   Hund  verloren   hat),   die   in   der 


Bedeutung  „mit  allen  Kräften  schreien"  ge- 
braucht wird.  Im  einzelnen  zeigt  sich  ferner, 
daß  die  „Quinze-Vingts"  in  der  Zeit  von 
zumindest  1645  bis  1850  Führhunde  ver- 
wandt haben,  über  die  Art  ihrer  Abrichtung 
fehlen  allerdings  alle  Angaben.  Es  ist  aber 
anzunehmen,  daß  sie  durch  die  Blinden  selber 
erfolgt  sein  wird,  wie  das  damals  auch  sonst 
üblich  war. 

Diese  Ausführungen  veranschaulichen,  daß 
Frankreich  in  der  genannten  Zeitspanne  in 
der  Entwicklung  des  Führhundwesens  eine 
führende  Stellung  eingenommen  hat.  In- 
dessen lassen  die  Bemerkungen  Beers  und 
Birrers  darauf  schließen,  daß  die  Benutzung 
von  Führhunden  in  anderen  Ländern  —  zu- 
mindest in  Deutschland  —  große  Beachtung 
fand.  Im  19.  Jahrhundert  scheint  jedoch  der 
Führhund  in  Frankreich  an  Bedeutung  ver- 
loren zu  haben,  bis  er  dann  im  20.  Jahr- 
hundert, und  zwar  im  Jahre  1916  in 
Deutschland  durch  Geheimrat  Stalling, 
zu  neuem  Leben  erweckt  wurde. 

Dr.  Hans  Haupt 


Zur  Verständigung  zwischen  Mensch  und  Hund 

Ein  unentbehrlicher  Ratgeber  für  jeden  Hundefreund 


Es  gehört  zu  den  erfreulichen  Erschei- 
nungen auf  dem  deutschen  Büchermarkt  1951, 
daß  er  hervorragende  kynologische  Arbeiten 
herausgebracht  hat,  die  den  bedeutendsten 
Werken  des  Auslandes  auf  diesem  Gebiete 
gleichwertig,  wenn  nicht  überlegen  sind. 
Nachdem  die  „Gesellschaft  für  Hundefor- 
schung" in  ihrer  im  Verlag  Dr.  Paul  Schöps, 
Frankfurt  a.  M.,  erscheinenden  Zeitschrift 
das  Buch  von  H.  Brüll  „Der  Blindenführhund" 
veröffentlicht  hat,  gebührt  dem  Verlag 
Gersbach  und  Sohn,  Braunschweig,  das  Ver- 
dienst, die  lange  Zeit  vergriffene  und  sehn- 
lich erwartete  Dressurlehre  von  Kon- 
rad Most  „Die  Abrichtung  des  Hundes, 
individuell  und  ohne  Strafen"  neu  und  um- 
gearbeitet aufgelegt  zu  haben.  Die  Tatsache, 
daß  trotz  zweimaliger  längerer  Unterbre- 
chungen durch  die  beiden  Weltkriege  jetzt 
die  12.  Auflage  vorliegt,  zeigt  am  besten  die 
Bedeutung  der  Mostschen  Arbeit.  Es  darf 
wohl  ohne  Übertreibung  gesagt  werden,  daß 
diese  Bedeutung  für  das  Hundewesen  nicht 
hoch  genug  eingeschätzt  werden  kann.  Für 
dessen  Entwicklung  war  das  Werk  Mosts 
umwälzend.  Seine  Dressurlehre  wurde  rich- 
tunggebend. Der  neue,  umgearbeitete  Most 
gehört  zu  den  Standardwerken  der  kynolo- 
gischen  Literatur. 

,  Der  Verfasser  dieses  hervorragenden  Bu- 
ches, der  Ehrenmitglied  der  „Gesellschaft 
für  Hundeforschung"  und  der  „Gesellschaft 
für  Tierpsychologie"  ist,  war  im  ersten  Welt- 
krieg Sachverständiger  der  Obersten  Heeres- 
leitung für  das  gesamte  Diensthundwesen 
der  damaligen  Wehrmacht.  Auch  die  Wei- 
marer Republik  wußte  seine  umfassenden 
kynologischen  Kenntnisse  zu  schätzen,  in- 
dem sie  ihn  mit  der  Leitung  des  Referats 
zur  Erforschung  des  Flundes  und  des  Dienst- 
hundwesens in  der  Reichswehr  betraute. 

Most  ist  Wissenschaftler  und  Praktiker 
zugleich.  Als  besonderes  Verdienst  ist  ihm 
anzurechnen,  daß  er  es  als  erster  unter- 
nahm, „die  Lücke  zu  schließen,  die  in  der 
Seelenkunde  zwischen  den  Forschungsergeb- 
nissen und  deren  Auswertung  für  die  Ab- 
richtung des  Hundes  bestand".  Seine  in  die- 
sem Sinne  entwickelte  Abrichtelehre  ist  bis- 
her einzig  in  ihrer  Art  geblieben. 

Einleitend  weist  Most  darauf  hin,  daß  der 
Mensch  von  Jugend  auf  viel  Falsches  über 
das  Seelenleben  der  Tiere  lernt.  Dadurch 
wird  er  verleitet,  in  ihnen  oft  denkende  und 
unsere  Sprache  verstehende  Lebewesen  zu 
erblicken.  Jede  Vermenschlichung  muß  sich 
aber  bei  der  Abrichtung  sehr  nachteilig  aus- 
wirken, da  sie  zwangsläufig  zu  falschen  Ein- 


wirkungen auf  den  Hund  führt.  Viel  freu- 
diger und  schneller  lernt  dieser,  weit  Zuver- 
lässigeres leistet  er,  so  betont  Most,  wenn 
man  die  Abrichtung  dem  Auffassungsver- 
mögen und  dem  Gefühls-  und  Triebleben 
des  Hundes  anpaßt.  Es  leuchtet  ein,  daß 
dadurch  dem  Hunde  viel  Leid  und  dem  Men- 
schen viel  Ärger  erspart  bleiben.  Jeder  Ab- 
schnitt des  227  Seiten  und  32  Abbildungen 
enthaltenden  Buches  legt  davon  beredtes 
Zeugnis  ab.  (Preis  9,50  DM.) 

Den  Inhalt  des  Buches  eingehend  zu  wür- 
digen, ist  nicht  möglich.  Indessen  soll  über 
die    Unterordnungsleistungen    etwas    gesagt 


werden,  da  diese  die  unentbehrliche  Grund- 
lage für  alle  Gebrauchshunde,  also  auch  für 
den  Führhund,  abgeben.  Brüll  hebt  dies  in 
seinem  eingangs  erwähnten  Buch  über  den 
Blindenführhund  besonders  hervor  und  ver- 
weist dabei  auf  das  grundlegende  Werk  von 
Most.  Dabei  betont  er,  daß  von  den  Unter- 
ordnungsleistungen das  Herankommen 
besonders  wichtig  sei  und  daß  dies  nicht  oft 
genug  geübt  werden  könne.  Und  nun  hat 
Most  gerade  das  Herankommen,  das  er  als 
ein  Kapitel  für  sich  bezeichnet,  sehr  ein- 
gehend erörtert.  Man  erlebt  eine  packende, 
eigenartige  und  noch  nie  dagewesene  Dar- 
stellung des  Zustandekommens  dieser  so 
wichtigen  Leistung  und  dazu  mit  so  ein- 
leuchtenden Begründungen,  daß  der  Hunde* 
besitzer  sich  gestehen  muß,  seinen  vier- 
beinigen Begleiter  häufig  falsch  behandelt 
zu  haben.  Köstlich  ist  dabei,  was  der  Ver- 
fasser über  das  vermeintliche  „böse  Ge- 
wissen" des  Hundes  sagt  und  wie  er 
überzeugend  nachweist,  daß  der  Hund  in 
unserer  Fehlannahme  eines  solchen  oft  un- 
nötigen Leiden  ausgesetzt  ist. 

In  welcher  Weise  die  Vermenschlichung 
zu  vermeiden  ist,  führt  Most  klar  und  jeder- 
mann verständlich  vor  Augen.  Er  zeigt,  daß 
es  sich  bei  der  Abrichtung  nicht  um  ein  ein- 
sichtiges, sondern  um  ein  rein  gedächthis- 
mäßiges  Lernen  handelt  und  setzt  den  Un- 
terschied zwischen  diesen  beiden  Lernarten 
anschaulich  auseinander. 

Es  kann  auf  die  lehrreichen  und  von  echter 
Tierliebe  getragenen  Ausführungen  des  Au- 
tors hier  leider  nicht  weiter  eingegangen 
werden.  Aus  dem  Gesagten  ist  aber  bereits 
ersichtlich,  daß  das  bahnbrechende  Werk 
von  Konrad  Most  einen  unentbehrlichen  Rat- 
geber für  jeden  Hundefreund  darstellt  und 
dazu  angetan  ist,  das  Verhältnis  zwischen 
Mensch  und  Hund  so  innig  wie  möglich  zu 
gestalten.  Damit "  dürfte  ein  Wunsch  aller 
Führhundhalter  erfüllt  sein!  Dr.  H.  Haupt 


Kein  Lieferungsvertrag! 
Ein  Vorschlag  zur  Führhundbelieferung 

Die  Führhundfrage  wurde  nach  dem  Zu- 
sammenbruch besonders  wichtig.  Die  Nach- 
frage war  sehr  groß  geworden,  und  geschäfts- 
tüchtige Unternehmer  erkannten  gute  Mög- 
lichkeiten darin.  Wieviel  Arbeit  ist  unseren 
Obleuten  wohl  daraus  erwachsen  (die  Menge 
an  Papier  und  Porto  wäre  ja  nur  ein  sehr 
unvollständiger  Maßstab),  wieviel  Ärger  und 
Nervenaufreiberei  hat  es  die  Kameraden 
gekostet,  wenn  der  Hund  nicht  das  war,  was 
er  sein  sollte.  Diese  Arbeit  und  Nervenkraft 
wäre  zum  größten  Teil  nicht  nötig  gewesen, 
wenn  die  Belieferungsart  eine 
andere  wäre.  Es  ist  heute  so:  Der  Kamerad 
hat  einen  Antrag  beim  Versorgungsamt 
gestellt,  und  wenn  der  Antrag  genehmigt  ist, 
erhält  er  von  einer  Ausbildungsstelle  den 
Zeitpunkt  der  Lieferung  genannt.  Das  Ver- 
sorgungsamt hat  mit  einer  Ausbildungsstelle 
einen  Liefervertrag  geschlossen  und  daher 
den  Lieferauftrag  dorthin  erteilt.  Mit  dem 
Erscheinen  des  Kameraden  in  der  Aus- 
bildungsstelle beginnt  oft  auch  schon  sein 
Verdruß.  Die  Zeit  zwischen  dem  Augenblick, 
in  dem  er  den  Hund  an  die  Hand  bekommt 
und  der  sogenannten  Abnahme  ist  sehr  ver- 
schieden und  beträgt  in  einem  Falle  gerade 
so  viel  Stunden  wie  im  anderen  Wochen. 

Bei  der  Abnahme"  überzeugt  sich  ein 
Beamter  davon,  ob  der  Hund  ausgebildet  ist 
und  ob  der  Blinde  damit  gehen  kann.  Dann 
wird  dem  Kameraden  noch  ein  Schriftstück 
zur  Unterschrift  vorgelegt,  in  dem  er  das 
Eigentums-  und  Besitzverhältnis  anerkennt, 
dann  aber  auch  oft  noch  seine  Zufriedenheit 


mit  dem  Hund  und  dessen  Ausbildung 
bestätigen  muß.  Wirkt  letzteres  dann  nicht 
fast  wie  eine  Art  von  Erpressung,  wenn 
vorher  geäußerte  Beanstandungen  völlig 
unbeachtet  blieben?  Eine  gewünschte  Ände- 
rung des  Abnahmeprotokolls  unterbleibt 
verständlicherweise  sofort,  wenn  die  Ab- 
nahme dadurch  hinausgezögert  wird.  Es  wird 
jeder  lieber  den  vorliegenden  Text  unter- 
schreiben als  sich  unnötig  herumstreiten  und 
aufhalten. 

Wie  unzufrieden  geht  mancher  mit  seinem 
Hund  nach  Hause,  z.  B.  ein  Beinamputierter, 
dem  der  Hund  zu  stark  zieht.  Das  Fehlerhafte 
an  dem  Belieferungsverfahren  wird  jedem 
an  einem  ähnlichen  Fall  deutlicher  erkennbar: 

Manche  Fürsorgestellen  gaben  Unter- 
stützungen in  Form  von  Gutscheinen,  die  für 
einen  bestimmten  Gegenstand  ausgestellt 
und  auch  nur  von  einer  auf  dem  Gutschein 
genannten  Firma  beliefert  werden  durften. 
Man  braucht  nicht  unbedingt  dabei  gewesen 
zu  sein,  um  sich  vorstellen  zu  können,  wie 
solche  Kunden  vielfach  behandelt  wurden. 
Die  Ware  war  ja  praktisch  sdion  verkauft, 
und  mit  dem  Hinweis,  daß  gerade  nur  dieses 
eine  Stück  vorrätig  sei,  konnte  alles,  aber 
auch  alles  abgesetzt  werden.  Solch  ein 
Käufer  hätte  sich  höchstens  durch  Verzicht 
schützen  können,  und  das  verbot  ihm  ja  die 
Notlage.  Wie  anders  stand  derjenige  da, 
dem  die  Hauptfürsorge  eine  Beihilfe  gab  und 
nur  nach  dem  Kauf  den  Beleg  erhielt.  Wie 
jeder  andere  Kunde  wählte  er  Laden  und 
Ware  und  wurde  auch  wie  jeder  andere,  an 
dem  verdient  wird,  behandelt. 

Bei  der  Hundelieferung  ist  es  ebenso.  Mit 
dem  Lieferungsauftrag  ist  die  Ausbildung.3- 


12 


stelle  des  Geschäftes  sicher.  Gewiß  hat 
jeder  Kamerad  die  Möglichkeit,  ohne  Hund 
nach  Hause  zu  gehen.  Doch  gehört  dazu  schon 
eine  beträchtliche  Entschlußkraft,  zumal  er 
bei  dem  heutigen  Verfahren  die  ganzen  Ver- 
hältnisse gegen  sich  hat.  In  dem  Abnahme- 
beamten wird  er  nur  äußerst  selten  einen 
Helfer  finden.  Bei  einer  Ausbildungsstelle 
hat  stets  derselbe  Beamte  zu  tun.  Dadurch 
entwickelt  sich  naturgemäß  leicht  ein  persön- 
liches, d.  h.  ein  gewisses  Vertrauensverhält- 
nis, so  daß  der  Beamte  vieles  vom  Stand- 
punkt der  Ausbildungsstelle  sehen  lernt.  Bei 
Meinungsverschiedenheiten  steht  auf  der 
anderen  Seite  oft  nur  der  Blinde.  Wir  dürfen 
nicht  an  der  Tatsache  vorbeigehen,  daß  bei 
den  meisten  Menschen,  die  mit  Nichtsehen- 
den  keinen  Umgang  haben,  der  Begriff 
„blind"  —  mindestens  unbewußt  —  gleich- 
bedeutend mit  nicht  oder  doch  sehr 
beschränktzurechnungsfähig  ist. 
Dieses  Vorurteil  beruht  oft  nur  auf  augen- 
blicklicher Gedankenlosigkeit,  wie  z.  B.  wenn 
ein  Arzt  nicht  den  Blinden,  sondern  dessen 
Begleitperson  nach  den  Beschwerden  usw. 
fragt,-  er  wird  sich  dessen  sofort  bewußt, 
wenn  er  merkt,  daß  der  Blinde  das  selbst 
sagen  kann.  Meistens  ist  es  jedoch  tiefer 
verwurzelt  und  .  jeder  Nichtsehende  muß 
dieses  Vorurteil  immer  wieder  erst  über- 
winden. Ein  erbrachter  Gegenbeweis  wird 
dann  auch  oft  n  i  c  h  t ,  wie  in  anderen  Fällen, 
verallgemeinert,  sondern  er  gilt 
dann  nur  für  die  Person,  die  ihn  erbrachte. 
Dieses  Vorurteil  wird  nun  häufig  noch  durch 
das  vermeintlich  falsche  Verhalten  des 
Blinden  unterstützt.  Wenn  z.  B.  der  Blinde 
auf  eine  Frage  nicht  antwortet,  weil  er  über- 
zeugt davon  ist,  daß  sie  einem  anderen  galt, 
oder  bei  einem  Gruß  auf  der  Straße  für  den 


Grüßenden  unverständlich  reagiert,  wird  es 
dem  Sehenden  selten  zum  Bewußtsein 
kommen,,  daß  er  und  nicht  der  Blinde  sich 
falsch  benommen  hat. 

Wie  nun,  wenn  gar  der  Beamte  schon  ent- 
sprechend darauf  vorbereitet  wird,  daß  von 
einem  Kameraden  Beanstandungen  erwartet 
werden?  Der  Kamerad  hat  so  nicht  nur  den 
Geschäftsmann,  sondern  auch  den  Beamten 
gegen  sich  und  die  Auseinandersetzung  mit 
dem  Versorgungsamt.  Diese  Umstände  muß 
man  berücksichtigen,  wenn  man  in  einem 
Schreiben  einer  LVA  unter  anderem  folgen- 
des liest:  „Im  übrigen  kann  die  LVA  dem 
Blinden,  der  von  Hunden  im  allgemeinen 
wenig  und  von  Blindenführhunden  oft  gar 
nichts  versteht,  nicht  das  Recht  darüber  zu- 
sprechen, darüber  zu  entscheiden,  ob  der 
Hund  gut  ausgebildet  ist  oder  nicht.  Das 
Recht,  darüber  zu  entscheiden,  steht  einzig 
und  allein  der  LVA  zu". 

Wie  anders  würde  sich  alles  Bei  der 
Belieferung  gestalten,  wenn  die  Ausbildungs- 
stelle nicht  einen  Liefervertrag, 
sondern  der  Kamerad  die  Zusage  der  Kosten- 
übernahme in  vorgesehener  Höhe  erhalten 
würde!  Es  soll  sich  dabei  keineswegs  um 
eine  Art  Blankovollmacht  handeln,  und  ein 
in  dieser  Weise  geändertes  Verfahren  würde 
weder  eine  Verteuerung  einschließen  noch 
würde  es  die  gewiß  notwendige  Abnahme 
durch  die  Behörde  behindern.  Viele  Dinge 
regelten  sich  dann  von  selbst,  deretwegen 
heute  der  Amtsschimmel  benötigt  wird.  Das 
jetzige  Verfahren  mag  zwar  durch  ein 
35jähriges  Alter  geheiligt  sein,  hat  aber  wohl 
auch  ebenso  lange  seine  Fehlerhaftigkeit 
bewiesen.    Ob  mein  Vorschlag  nicht   einmal 

erörtert  werden  sollte? 

Franz  Lewin  (Oldenburg) 


Haben  wir  eine  Sonderstellung? 


Unser  alter,  bewährter  Kamerad  Haule  aus 
Tuttlingen  schrieb  an  Kamerad  Mezger  (Tübin- 
gen) einen  Brief,  in  dem  es  u.  a.  heißt: 

Wenn  ich  zu  Deinem  Artikel  in  der  Fe- 
bruar-Nummer des  „Kriegsblinden"  im  Zu- 
sammenhang mit  dem  Leitartikel  des  Kam. 
Hymmen  Stellung  nehmen  soll,  so  muß  ich 
vorausschicken,  daß  ich  mir  darüber  klar  bin: 
unsere  Grundeinstellung  ist  insofern  etwas 
verschieden,  als  Du  reiner  Realist  bist,  wäh- 
rend ich  gewisse  Illusionen  im  Menschen- 
leben für  bedeutsam  halte.  . 

Doch  nun  zum  Hauptgegenstand:  Meines 
Erachtens  besteht  die  Hauptursache  der 
Komplikation  in  der  Schwierigkeit,  mit  un- 
serer Bundeszeitschrift  einerseits  bei  unsern 
sehenden  Mitmenschen,  vor  allem  den  Be- 
hördenvertretern, für  uns  zu  werben  und 
andererseits  zugleich  unsere  Schicksals- 
genossen zu  betreuen.  Einerseits  sollen 
hervorragende  Leistungen  von  Kriegsblinden 
ihre  Anerkennung  finden  und  die  Jungkame- 
raden zu  Leistungen  angereizt  werden,  an- 
dererseits muß  vermieden  werden,  daß 
Spitzenleistungen  zum  Maßstab  dessen 
gemacht  werden,  was  von  jedem  Kameraden 
als'  Durchschnittsleistung  erwartet  werden 
kann,  da  dies  unverantwortliche  Folgen 
haben  müßte.  Einerseits  sollen  unsere  Kame- 
raden dazu  gebracht  werden,  mit  Humor  und 
Seelengröße  ihr  Schicksal  zu  überwinden, 
andererseits  dürfen  die  sehenden  Mitmen- 
schen darüber  nicht  im  Zweifel  gelassen  wer- 
den, daß  wir  uns  lebenslänglich  nicht  an 
unser  Blindsein  gewöhnen  können  und 
daß  dies  uns,  je  älter  wir  werden,  um  so 
schwerer  drückt,  daß  die  Versorgungsbehörde 
also  nicht,  wie  sie  es  bei  Kriegsbeschädigten 
gern  tut,  den  Umstand  der  Gewöhnung  an 
den  neuen  Körperzustand  als  Faktor  gegen 
uns  einsetzt.  Einerseits  müssen  unsere  Kame- 
raden zu  Mäßigung  in  den  finanziellen  An- 
sprüchen angehalten  werden,  andererseits  darf 
gegenüber  den  Versorgungsbehörden  keine 


Zurückschraubung  unserer  berechtigten  For- 
derungen erfolgen  und  muß  immer  wieder 
betont  werden,  daß  jeder  finanzielle  Erfolg, 
den  der  Kriegsblinde  durch  Arbeitseinsatz 
erreicht,  mit  unverhältnismäßig  hohem  Ver- 
brauch an  Kraft  erkauft  ist.  Es  ist  also  fast 
unmöglich,  unsere  Bundeszeitung  in  der  ge- 
nannten doppelten  Aufgabe  wirklich  befrie- 
digend zu  verwenden. 

.  .  .  Doch  nun  möchte  ich  noch  zwei  andere 
Punkte  besprechen. 

Erstens  zur  Frage,  ob  wir  Kriegsblinde 
eine  Sonderstellung  einnehmen  und 
über  die  Sehenden  hinausgehoben  werden 
dürfen.  Dies  wird  von  Euch  verneint.  Ich  bin 
der  Meinung,  es  schadet  nichts,  wenn  unsere 
Kameraden  zu  der  Überzeugung  gebracht 
werden,  sie  seien  durch  ihre  Erblindung 
irgendwie  über  den  Kreis  ihrer  Mitmenschen 
hinausgehoben,  allerdings  nicht  im  Sinne  von 
Wunderknaben  und  Gemütsathleten  oder 
von  Helden,  die  verherrlicht  werden  wollen 
und  müssen,  sondern  im  Sinne  einer  be- 
sonderen Aufgabe,  die  uns  durch 
unser  Schicksal  zugemessen  ist.  Wir  wissen, 
daß  unsere  Mitarbeiter,  Nachbarn  und  an- 
dere vom  Schicksal  irgendwie  heimgesuchte 
Mitmenschen  auf  uns  sehen  und  sich  in  ihrer 
eigenen  Haltung  durch  uns  unbewußt  beein- 
flussen lassen.  Ihnen  ein  gutes  Beispiel 
zu  geben,  ist  also  unsere  besondere  Aufgabe. 
Warum  sollen  wir  das  unsern  Kameraden 
nicht  vorhalten?  Ich  stehe  nicht  an,  jedem 
Leid  und  jedem  schweren  Geschick  eine 
positive  Seite  zuzusprechen,  und,  wenn  Du 
dieses  Wort  auch  in  Deinem  Artikel  ab- 
lehnst, eine  „Gnade",  die  daraus  erwächst, 
wenn  wir  dieses  Leid  und  dieses  schwere 
Schicksal  anständig  und  beispielgebend 
tragen.  Ich  lebe  seit  32  Jahren  als  Kriegs- 
blinder in  Tuttlingen  und  darf,  ohne  mich 
nun  hier  hervorheben  zu  wollen,  für  mich 
buchen,  daß  die  Tuttlinger  bei  mir  einen 
meist  guten  Humor  feststellen  konnten  und 


L 


daß  viele  Menschen  in  schlechten  Zeiten 
sich  von  mir  eine  Aufmunterung  verabreichen 
ließen. 

Und  das  zweite:  Ist  es  nicht  durchaus 
natürlich,  daß  sich  das  Fehlen  unseres  Ge- 
sichtssinns von  selbst  in  der  Schärfung  an- 
derer Sinne,  nicht  nur  des  Körpers,  sondern 
auch  der  seelischen  Fähigkeiten  aus- 
gleicht, wie  ich  es  in  meinem  Weihnachts- 
geschichtlein ausgeführt  habe?  Solche  Fähig- 
keiten können  entwickelt  und  genutzt  wer- 
den, man  kann  sie  auch  vernachlässigen  und 
wieder  verlieren.  Warum  sollen  wir  unsere 
Kameraden,  auch  die  bescheidenen,  schwa- 
chen nicht  hierauf  aufmerksam  machen?  Ich 
sehe  hierbei  eine  Erziehungsaufgabe  ins- 
besondere auch  unserer  Bundeszeitschrift. 
Daß  schließlich  jeder,  der  seine  Mitmenschen 
zu  Leistungen  anreizen  will,  das  Höchstmaß 
dessen  vor  Augen  stellt,  was  erreicht  werden 
kann,  auch  wenn  er  genau  weiß,  daß  besten- 
falls ein  schwacher  Durchschnittserfolg  her- 
auskommt, das  geht  jedem  Pfarrer  auf  der 
Kanzel  und  jedem  Erzieher  so.  — 

Ich   bin    am   Ende    meiner    Stellungnahme. 

Nimm,  lieber  Friedrich,   samt  Deiner   lieben 

Frau  Gemahlin  herzliche  Grüße  von  Deinem 

Haule  mit  Fraule. 

Kriegsblinde  im  Sport 

Unser  Kamerad  Richard  Schiffmann 
Olympiamasseur  für  Helsinki 

Das  Diaderma-Haus  in  Heidelberg  sandU 
unseren  Kameraden  Richard  Schiffmann  zu| 
Internationalen  Wintersportwoche  nach  Gar- 
misch. Er  hatte  die  Aufgabe,  hauptsächlich 
die  deutschen  Teilnehmer  an  den  Olympi- 
schen Spielen  in  Oslo  zu  massieren.  Erika 
Kraft,  Freimuth  Stein,  der  Paarläufer  Braun 
u.  a.  vertrauten  sich  seinen  Händen  an.  Frei- 
muth Stein  wäre  nach  Empfang  der  Massage 
—  nach  dem  Training  —  am  liebsten  wieder 
auf  das  Eis  gegangen,  so  frisch  fühlte  er  sich. 
Auch  der  Weltmeister  Dick  Button  er- 
fuhr bald  von  der  segensreichen  Wirkung 
der  Schiffmannschen  Massage.  Dies  hatte 
zur  Folge,  daß  nun  auch  der  weltberühmte, 
Trainer  von  Dick  Button,  Lusi,  seine  Ehefrau, 
die  an  Ischias  litt,  Schiffmann  zur  Behand- 
lung überließ.  Selbst  eine  der  Putzfrauen  des 
Eis-Stadions  konsultierte  Schiffmann  ihrer 
schmerzenden  Füße  wegen.  Allgemein  be- 
dauerte man,  daß  der  Wintersportverband 
keinen  Masseur  nach  Oslo  mitnahm. 

Der  Leichtathletik-Verband  hat  bereits 
unseren  Kameraden  Schiffmann  für  die  Olym- 
pischen Spiele  in  Helsinki  verpflichtet;  als 
2.  Masseur  den  Stuttgarter  Käsberger,  der 
gleichzeitig  die  Betreuung  unseres  Kame- 
raden Schiffmann  übernehmen  wird. 

Prächtiger  Sporterfolg 

Unser  Kamerad  J.  O.  Bertholdt  aus 
Nürnberg  war  schon  vor  dem  ersten  Welt- 
krieg ein  guter  und  bekannter  Schwimmer. 
Trotz  seiner  Erblindung  und  trotz  seines 
Alters  von  jetzt  immerhin  55  Jahren  ist  er 
dem  Schwimmsport  treu  geblieben,  und  er 
erfreut  sich  in  Nürnberger  Sportkreisen  größ- 
ten Ansehens.  Kürzlich  nahm  er  als  einziger 
Kriegsblinder,  obendrein  recht  kurz  ent- 
schlossen und  dementsprechend  unvorberei- 
tet, an  dem  1.  Versehrtenschwimmen  in 
Nürnberg  teil.  Obwohl  Kam.  Bertholdt  arges 
Pech  durch  seinen  zu  späten  Absprung  hatte, 
holte  er  die  anderen  Versehrten  Kameraden, 
die  bereits  bis  zu  7  Metern  Vorsprung  hatten, 
wieder  ein  und  belegte  einen  auch  in  der 
Nürnberger  Presse  stark  beachteten  3.  Platz 
beim  50-m-Brustschwimmen.  Wäre  Kamerad 
Bertholdt  also  rechtzeitig  gestartet,  so  hätte 
es  zum  vollen  Siege  gereicht.  Na,  vielleicht 
beim  nächsten  Mal  . .  . 

Die  sportliche  Aktivität  unseres  Nürnber- 
ger Kameraden  ist  geradezu  vorbildlich.  Be- 
sonders unsere  jüngeren  Kameraden  sollten 
ihm  nacheifern,  und  gerade  der  Schwimm-, 
sport  gibt  dazu  reiche  Möglichkeiten. 


13 


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14 


Neuer  Blindenberuf  bewährte  sich 

Die  Arbeit  der  blinden  Abhörer  in  der  technischen  Programmüberwachung  des  NWDR 

Von  Prof.  Dr.-Ing.  Werner  Nestel  und  Obering.  Heinz  Ehlers,   NWDR  -  Hamburg 


,  Im  Rahmen  seiner  mit  technisch  über- 
wachenden Aufgaben  betrauten  Senderüber- 
wachung hat  der  NWDR  eine  Abteilung  ein- 
gerichtet, die  die  ausgestrahlten  Programme 
kritisch  abhört.  In  der  technischen  Programm- 
Überwachung  werden  auftretende  technische 
Fehler  im  Übertragungsweg  zwischen  Mi- 
krofon-Verstärker und  Sendern  und  im 
Sender  selbst  festgestellt  und  erkannt.  Diese 
Abteilung  ist,  da  sie  wertvolle  Hinweise 
zur  Erzielung  der  höchsten  Betriebssicherheit 
gibt,  ein  wichtiger  Bestandteil  innerhalb  des 
Räderwerks  des  NWDR  geworden.  Mehr 
und  mehr  interessieren  sich  andere  Rund- 
funkanstalten der  Westzonen  und  auslän- 
dische Sendegesellschaften  für  diese  Ein- 
richtung. 

Als  diese  Abteilung  1948  ins  Leben  ge- 
rufen wurde,  übernahmen  den  Abhördienst 
Ingenieure,  da  man  der  Ansicht  sein 
mußte,  daß  technisch  geschulte  Kräfte  dieser 
Aufgabe  am  besten  gerecht  werden  können. 
Es  zeigte  sich  aber  sehr  schnell,  daß  das 
stundenlange  Abhören  außerordentlich  er- 
müdet und  die  Konzentration  bei  weniger 
interessierenden  Sendungen  schnell  nach- 
ließ. Dabei  wurden  Fehler,  die  nur  kurz- 
zeitig auftreten,  sehr  oft  überhört. 

Um  die  Aufnahmefähigkeit  der  Abhören- 
den zu  erhalten,  verkürzte  man  die  Arbeits- 
zeiten. Bei  den  notwendigen  Neueinstellun- 
gen wurde  auch  ein  Blinder  engagiert.  Der 
Vergleich  der  registrierten  Fehler  zeigte 
sehr  bald,  daß  gerade  dieser  Blinde 
eine  wesentlich  größere,  gleichbleibendere 
Aufmerksamkeit  aufbringen  konnte'  als 
seine  sehenden  Mitarbeiter. 

In  Übereinstimmung  mit  Herrn  Dr.  Nestel, 
dem  technischen  Direktor  des  NWDR,  wer- 
den nunmehr  die  sehenden  Mitarbeiter  der 
Abhörabteilung  nach  und  nach  durch  Blinde 
—  vor  allem  durch  Kriegsblinde  — 
ausgetauscht,  und  es  entstand  die  technische 
Programmüberwachung  im  heutigen  Ausmaß, 
in  der  z.  Z.  zwölf  Blinde  beschäftigt  werden. 
Diese     Abteilung    ist    damit    die     sozialste 


$M  undete  SdiacfofiieuncLe 

En  passant 

En  passant  ist  eine  Schachregel,  die  jeder 
Schachspieler  kennen  sollte,  die  aber  viele, 
insbesondere  Anfänger,  nicht  kennen.  Ich  will 
sie  hier  kurz  erläutern.  Steht  ein  Bauer  in 
der  gegnerischen  Hälfte,  in  diesem  Falle  ein 
weißer  auf  der  Linie  5  oder  ein  schwarzer 
auf  der  Linie  4,  und  der  Gegner  zieht  einen 
Bauern  aus  der  Grundstellung  2  Felder  vor, 
so  daß  er  neben  den  Bauern  auf  der  Linie  5 
bzw.  4  zu  stehen  kommt,  kann  er  von  letz- 
terem en  passant  (im  Vorbeigehen)  geschla- 
gen werden.  Das  geschieht  in  der  Weise,  daß 
der  zu  schlagende  Bauer  weggenommen,  der 
schlagende  jedoch  nicht  auf  das  Feld  gesetzt 
wird,  auf  dem  der  geschlagene  Bauer  gestan- 
den hat,  sondern  auf  das  Feld,  das  von  dem 
gegnerischen  Bauern  übersprungen  wurde, 
also  auf  das  Feld  der  Linie  6  bzw.  3,  so  daß 
es  im  Endeffekt  so  aussieht,  als  ob  ein  regel- 
rechtes Schlagen  stattgefunden  hätte.  Es  muß 
nicht  geschlagen  werden.  Falls  geschlagen 
wird,  muß  es  allerdings  sofort,  mithin  beim 
nächsten  Zug,  geschehen  und  kann  nicht 
später  nachgeholt  werden.  Geht  der  vor- 
ziehende Bauer  zuerst  auf  die  Linie  6  bzw.  3, 
wird  hier  nicht  geschlagen  und  setzt  sich 
dann  neben  den  gegnerischen  Bauern,  so 
kann  er  von  diesem  nicht  mehr  geschlagen 
werden.  In  der  Schachschrift  wird  das  en- 
■passant-Schlagen  gekennzeichnet,  indem  man 
hinter  den  Zug  e.'p.  schreibt,  z.  B.:  exd5  e.  p. 


innerhalb  des  Gefüges  des  NWDR  geworden. 
Die  Auswahl  der  Blinden  wird  in  Zusammen- 
arbeit mit  den  Sozialbehörden  durch  eine 
Eignungsprüfung  getroffen. 

Die  A  b  h  ö  r  r  äu  m  e  der  technischen  Pro- 
grammüberwachung sind  nach  rundfunk- 
akustischen Verhältnissen  gebaut  worden. 
Die  Blinden  sitzen  in  schalldichten  Kabinen 
vor  einer  Lautsprecherkombination  mit  gro- 
ßem Frequenzumfang.  Griffbereit  auf  einem 
Tisch  stehen  die  Telefonapparate  mit  Sprech- 
verbindung nach  dem  Funkhaus  oder  Sen- 
der und  die  Blindenschreibmaschine  zur  Re- 
gistrierung der  festgestellten  Fehler.  Ein 
Schaltbrett  gibt  die  Möglichkeit,  den  Aus- 
gangspegel des  Funkhauses  mit  dem  Pegel 
der  Empfänger  zu  vergleichen. 

Die  technische  Betreuung  der  Geräte  hat 
der  aufsichtsführende  Ingenieur,  der  sich  mit 
einem  Blick  durch  die  großen  Fenster  der 
schalldicht  schließenden  Türen  von  der  ord- 
nungsmäßigen Funktion  der  Geräte  über- 
zeugen kann.  Er  ist  der  Helfer  und  Berater 
der  Blinden  in  allen  technischen  Fragen. 

Zu  Füßen  des  Abhörers  auf  einer  Matte 
liegt  der  Führhund.  Mit  aufmerksamen 
Augen  verfolgt  er  jeden  Handgriff.  Er  ist 
seinem  Herrrn  mit  der  ganzen  Liebe  und 
Treue  eines  Tierherzens  ergeben  und  wartet 
geduldig,  bis  die  sechsstündige  Arbeitszeit 
vorüber  ist.  Sicher  führt  er  den  Blinden  jeden 
Tag  zwischen  Arbeitsplatz  und  Wohnung 
durch  den  Großstadtverkehr. 

Was  blinde  Abhörer  meinen 

Wenn  man  nun  untersucht,  weshalb  ge- 
rade Blinde  für  diesen  neu  geschaffenen  Be- 
ruf des  Abhörens  ganz  besonders  geeignet 
sind,  ist  es  zweckmäßig,  die  Abhörer  selbst 
zu  Wort  kommen  zu  lassen.  Herr  Erich 
Bollmann  sagt  zu  seinem  Beruf: 

„Ich  bin  der  Ansicht,  daß  der  Abhördienst 
beim  Rundfunk  als  Beruf  dem  Blinden  eben- 
sosehr entgegenkommt,  wie  er  sich  beson- 
ders für  ihn  eignet.  Das  Wesentlichste  für 
mich  ist,  daß  ich  die  Tätigkeit  unabhängig 
und  ohne  jede  fremde  Hilfe  aus- 
üben kann  und  mehr  noch  —  daß  meine 
Erblindung  bei  dieser  Arbeit  bedeutungslos 
ist.  Das  heißt  viel  und  steigert  fraglos 
meine  Arbeitsfreude  und  die  meiner  Kol- 
legen. Da  es  in  diesem  Beruf  auf  das  Hören 
ankommt,  das  Hören  aber  notwendigerweise 
ein  selbstverständlicher  Teil  meines  Lebens 
geworden  ist,  bringt  dies  auch  noch  eine 
große  Sicherheit  bei  der  Ausübung  meiner 
Arbeit.  Wenn  man  auch  nicht  sagen  kann, 
daß  ein  Blinder  ein  besseres  Gehör  als  ein 
Sehender  habe,  so  muß  man  doch  feststellen, 
daß  es  geübter  und  geschärfter  ist  und  daß 
ein  Blinder  akustische  Eindrücke  durch  seine 
Übung  rascher  verarbeiten  kann.  Bei  unse- 
rem Beruf  kommt  hinzu,  daß  wir  ihn  un- 
gestört ausüben  können,  da  wir  optisch  nicht 
abgelenkt  werden. 

Natürlich  gibt  es  auch  für  unseren  Beruf 
Erschwernisse.  Wenn  auch  die  materiell  ge- 
sicherte Existenz  in  den  gut  ausgestatteten 
Räumen  der  Senderüberwachung  das  innere 
Gleichgewicht  für  die  gute  Durchführung  un- 
serer Tätigkeit  gibt,  so  ist  es  doch  eine 
Anstrengung,  mehr  als  sechs  Stunden 
unseren  Beruf  auszuüben.  Das  immer- 
währende Stillsitzen  vor  den  Lautsprechern 
ist  durchaus  eine  körperliche  Arbeit,  die  zur 
Anstrengung  werden  kann.  Doch  glaube  ich, 
daß  der  Beruf  geistig  und  körperlich  und 
auch  auf  lange  Zeit  von  dem  Blinden  aus- 
geübt weden  kann!" 

Ein  anderer  blinder  Mitarbeiter  der  Sender- 
überwachung, Herr  Jürgen  C  o  1 1  a  s  i  u  s  , 
sagte  zu  dem  gleichen  Thema: 


„Der  Nichtsehende  muß  sein  Ohr  in  jeder 
Lage  und  Stunde  aufnahmebereit  halten, 
weil  es  das  wichtigste  Verbindungsoigan 
mit  der  Außenwelt  darstellt.  Er  muß  auch 
schnell  erkennen,  die  aufgenommene  Viel- 
zahl der  Geräusche  zu  unterscheiden  und 
diese  auf  ihren  Ursprung  hin  zu  deuten.  Die 
stete  Aufnahmebereitschaft  und  das  Zer- 
legen und  Deuten  erfordern  höchste  Kon- 
zentration. Die  Fähigkeit  zu  allem  wird  nur 
durch  Uebung  erworben.  Der  Blinde  muß 
diese  Fähigkeit  immer  wieder  zu  steigern 
versuchen,  um  das  Fehlen  des  Gesichts- 
sinnes in  möglichst  großem  Umfang  auszu- 
gleichen. Für  den  Sehenden  liegt  dieses 
Muß  nicht  vor,  weshalb  er  sich  nicht  sonder- 
lich um  die  Übung  und  Erweiterung  dieser 
Fähigkeiten  bekümmert. 

Ein  so  geschultes  und  geübtes  Ohr  und 
die  damit  verbundene  Konzentrationsfähig- 
keit ist  die  Hauptvoraussetzung  im  Abhör- 
dienst. Die  ständige  Inanspruchnahme  dieser 
Fähigkeiten  im  täglichen  Leben  befähigt  den 
Nichtsehenden  zu  größerer  Dauerleistung 
beim  Abhören.  Schädlich  im  Abhördienst 
und  abstumpfend  wirken  sich  übermäßige 
Lautstärke  und  das  Eindringen  von  Fremd- 
geräuschen aus.  In  den  Kabinen  der  Sender- 
überwachung sind  die  Voraussetzungen  ge- 
geben, den  Abhördienst  auf  Jahre  hinaus 
auszuüben,  ohne  daß  die  Arbeitsleistungen 
gemindert  werden. 

Das  Abhören  darf  aber,  wenn  es  befrie- 
digen soll,  keine  rein  schematische  Arbeit 
werden  und  die  Auswertung  darf  nicht  nur 
als  Statistik  dienen,  die  zu  den  Akten  gelegt 
wird.  Die  Erfahrung  der  Abhörer  muß  aus- 
gewertet werden,  man  muß  ihnen  beratende 
Funktionen  einräumen." 

Der  Kriegsblinde  Gerhard  Ziervogel  sagt 
mit  wenigen  Sätzen:  „Nach  fast  zwei- 
jähriger Dienstzeit  stelle  ich  fest, 
daß  ich  mit  der  gleichen  Frische  und  Bereit- 
schaft meine  Tätigkeit  ausübe.  Da  ich  als 
Nichtsehender  keinerlei  Ablenkung  durch 
äußere  Einflüsse  während  meiner  Dienstzeit 
habe,  kann  ich  mit  großer  Konzentration  auf 
die  Sendung  achten.  Durch  meinen  neuen 
Beruf  bin  iah  ein  vollwertiges  Mitglied  in 
der  Kette  der  arbeitenden  Gemeinschaft  ge- 
worden." ; 

Mit  diesen  Beobachtungen  blinder  Mit- 
arbeiter, die  seit  zwei  Jahren  diese  Tätig- 
keit ausüben,  ist  das  Wesentlichste  über  den 
neuen  Blindenberuf  gesagt.  Jede  Abteilung 
muß  sich  durch  die  Ergebnisse  ihrer  Arbeit 
einen  Platz  in  der  Gemeinschaft  erobern. 
Das  ist  bei  einer  Überwachungsabteilung 
nicht  sehr  einfach.  Betriebstechnik  und  Pro- 
grammschaffende mußten  erst  die  richtige 
Einstellung  und  das  Vertrauen  zu  der  Ar- 
beit des  Abhörers  finden. 

Die  sorgfältig  geführten  Statistiken,  die 
die  Ausfälle  im  technischen  Übertragungs- 
weg bis  zum  Sender  und  im  Sender  selbst 
in  Kuryen  nachweisen,  und  Fehlerübersichten 
im  Programmauslauf  zeigten  nach  kurzer 
Zeit  eine  abnehmende  Tendenz.  So 
wird  eine  weitgehende,  betriebsmäßige 
Stabilisierung  des  Übertragungsweges  und 
der  korrekte  Ablauf  der  Sendung  erreicht. 
Die  technische  Programmüberwachung  mit 
ihren  blinden  Mitarbeitern  erfüllt  damit  ihre 
Aufgabe. 

Für  Filmfreunde 

Nach  einer  Entscheidung  des  Wirtschafts- 
ministeriums sind  die  Filmtheater  verpflich- 
tet, Schwerkriegsversehrten  (mit  einer  Min- 
derung der  Erwerbsfähigkeit  von  über  70  %>) 
Eintrittskarten  zum  halben  Preis 
zu  verkaufen,  und  zwar  für  alle  Plätze  und 
alle  Vorstellungen.  Bei  Schwerbeschädigten, 
die  eine  Begleitung  benötigen,  also  z.  B.  bei 
Kriegsblinden,  wird  es  bei  den  Filmtheatern 
durchweg  so  gehandhabt,  daß  auch  die  Be- 
gleitperson nur  den  halben  Eintrittspreis  zu 
entrichten  hat. 


15 


<-s\ict*tc JVcusUfKeticst, 


Der  Bundesrat  hat  zu  dem  von  der  Regie- 
rung vorgelegten  Entwurf  eines  Schwer- 
beschädigtengesetzes 95  Abänderungs- 
anträge  beschlossen  und  den  Entwurf  an 
den  Bundestag  weitergeleitet. 
* 

Aus  einer  Aufstellung  im  Bundesversor- 
gungsblatt geht  hervor,  daß  unter  den  deut- 
schen Kriegsblinden  insgesamt  945  Kamera- 
den außer  ihrer  Erblindung  weitere 
schwerste  Beschädigungen  (Am- 
putationen, Doppelamputationen  usw.)  da- 
vongetragen haben.  Der  Prozentsatz  dieser 
zusätzlichen  schweren  Verwundungen  liegt 
besonders  hoch  in  Nordrhein-Westfalen  (246 
Kameraden)  und  Württemberg-Baden  (116 
Kameraden),  ebenso  in  Rheinland-Pfalz  (bei 
380  Kriegsblinden  83  Fälle)  und  in  Baden 
(152  Kriegsblinde  und  41  Fälle).  Aus  der 
gleichen  Aufstellung  geht  hervor,  daß  2349 
Kleinschreibmaschinen  an  Kriegsblinde  aus- 
gegeben wurden,  davon  vergleichsweise  sehr 
wenig  in  Nordrhein-Westfalen  (180  Schreib- 
maschinen bei  1457  Kriegsblinden)  und  Rhein- 
land-Pfalz (52  Schreibmaschinen  bei  380 
Kriegsblinden),  während  Bayern,  Hessen, 
Hamburg  und  Niedersachsen  sehr  viel  gün- 
stiger dastehen. 

* 

„Die  üblen  Methoden,  mit  denen  Geschäfte- 
macher aus  den  traurigsten  Folgen  des  Krie- 
ges, mit  dem  Leid  der  Blinden  und  Schwer- 
beschädigten, Kapital  zu  schlagen  wissen, 
müssen  klar  und  deutlich  als  das  bezeichnet 
werden,  was  sie  sind,  als  Schwindel 
und  Mordsschweinerei",  sagte  der 
Vorsitzende  der  IV.  Bielefelder  Strafkammer 
in  einem  Betrugsprozeß  gegen  einen  Han- 
delsvertreter, der  Fabrikware  als  Blinden- 
ware  verkauft  hatte.  Bei  dem  Prozeß  ergab 
sich  schweres  Belastungsmaterial  gegen  eine 
ganze  Anzahl  von  weiteren  „Generalvertre- 
tern" und  Firmen,  so  daß  weitere  Prozesse 
folgen  werden. 

Seit  22  Jahren  besteht  in  den  Vereinigten 
Staaten  die  Organisation  „Das  sehende 
Auge",  die  Führhunde  ausbildet  und  ver- 
mittelt. Bis  jetzt  konnten  1800  Blinde  mit 
Hunden  versorgt  werden.  Die  Methoden  der 
Ausbildung  sind  aus  Deutschland  übernom- 
men, und  auch  die  Hunde  stammen  fast  aus- 
schließlich aus  deutscher  Zucht.  (Schäfer- 
hunde, Boxer  und  Dobermann-Pinscher.)  Die 
Organisation  wird  lediglich  durch  Beiträge 
fördernder  Mitglieder  finanziert.  Ein  fertiger 
Führhund  kostet  150  Dollars  einschließlich 
Ausrüstung  und  einmonatiger  Einarbeitung 
des  Blinden.  Unbemittelten  wird  diese  Summe 
aber  auch  ganz  oder  teilweise  erlassen. 
* 

In  der  einzigen  Führhundschule  Schleswig- 
Holsteins,  der  Schule  Lockstedter 
Lager,  verließ  in  diesen  Tagen  der  100. 
Hund  die  Ausbildung.  Leiter  der  Schule  ist 
der  Landwirt  und  Hundezüchter  Gilde. 
* 

Nach  Mitteilung  der  in  S  e  e  h  e  i  m  ge- 
legenen einzigen  Blindenführhundschule  in 
Hessen  bestehen  z.  Z.  erhebliche  „Nach- 
wuchssorgen". Und  zwar  ist  es  sehr 
schwierig,  eine  auch  nur  einigermaßen  aus- 
reichende Anzahl  guter  deutscher  Schäfer- 
hunde für  die  Ausbildung  zu  erhalten,  übri- 
gens besitzt  die  Führhundschule  Seeheim 
jetzt  15  mustergültige  Hundezwinger,  die 
auf  einem  von  der  Gemeinde  Seeheim  zur 
Verfügung  gestellten  Waldstück  aufgebaut 
werden  konnten. 

* 

Die  Bundesvorstände  von  Gewerk- 
schaftsbund, VdK  und  Reichs- 
bund kamen  bei  einer  gemeinsamen  Be- 
ratung in  Bonn  überein,   durch  Zusammen- 


arbeit eine  Neuordnung  des  Sozialrechtes  zu 
erreichen.  Die  sozialen  Leistungen  auf  vielen 
Gebieten  wurden  als  unbefriedigend  be- 
zeichnet. ^ 

Nach  dem  österreichischen  Versorgungs- 
gesetz waren  sogenannte  „sühnepflichtige 
Personen",  also  aus  der  Zeit  des  Dritten 
Reiches  politisch  belastete  Kriegsbeschädigte, 
von  der  Versorgung  ausgeschlos- 
sen. Nunmehr  hat  der  Verfassungsgerichts- 
hof'auf  Initiative  der  Vorarlberger  Landes- 
regierung diesen  Paragraphen  des  Kriegs- 
opferversorgungsgesetzes aus  formaljuristi- 
schen Gründen  als  verfassungswidrig  auf- 
gehoben. ^ 

In  Österreich  ist  eine  Kriegsblinden- 
Lotterie  zur  ständigen  alljährlichen  Ein- 
richtung geworden.  Zur  Zeit  läuft  die  dritte 
Lotterie  seit  Kriegsende,  mit  der  der  „Ver- 
band der  Kriegsblinden  Österreichs"  Mittel 
für  die  Durchführung  seiner  Fürsorgeauf- 
gaben beschafft.  Sowohl  die  öffentlichen  Lot- 
terievertriebsstellen als  auch  alle  kriegs- 
blinden Mitglieder  bemühen  sich  um  den 
Verkauf  von  Losen.  Die  Haupttreffer  können 
in  barem  Geld  oder  —  ohne  Abzug  einer 
staatlichen  Gebühr  von  25  °/o  —  in  Form 
gegenständlicher  Gewinne  eingelöst  werden. 
An  der  Spitze  der  Gewinne  steht  ein  Ein- 
familienhaus (Holzhaus).  —Auch  der  Landes- 
verband Württemberg-Baden  unse- 
res Bundes  veranstaltet  z.  Z.  eine  Kriegs- 
blinden-Lotterie,  deren  Ertrag  dem  Erho- 
lungsheim in  Bad  Wildbad  zugute  kommen 
soll.  Auch  hier  sind  die  Haupttreffer  Woh- 
nungseinrichtungen usw. 
* 

Verschiedentlich  haben  wir  bereits  auf  eine 
Schriftenreihe  zur  Sozialversicherung  hinge- 
wiesen, die  im  Verlag  August  Glenz,  Essen- 
Bredeney,  Einigkeitstraße  48,  erscheint.  Die 
Schrift  „Was  muß  jeder  von  der  Angestell- 
tenversicherung wissen?"  ist  nunmehr  in 
10.  Auflage  mit  allen  Neuerungen  aus  dem 
Jahre  1951  erschienen.  Preis  dieser  emp- 
fehlenswerten, sehr  gemeinverständlichen 
Broschüre:  1,90  DM. 

* 

Wie  wir  aus  Kreisen  der  Filmindustrie 
erfahren,  ist  eine  Synchronisierung  oder  ein 
Verleih  des  französischen  Blindenfilms  „Die 
Nacht  ist  mein  Reich"  in  Deutschland  zur 
Zeit  nicht  geplant. 
* 

Bill  Lambert  war  im  Kugelstoßen  bereits 
1944/45  amerikanischer  Meister.  Vor  zwei 
Jahren  erlitt  er  bei  einem  Boxkampf  eine 
Verletzung,  die  ihn  völlig  erblinden  ließ. 
Mit  großer  Selbstenergie  begann  er  trotzdem 
wieder  das  Training  und  hat  sich  nun  für  die 
USA-Hallenmeisterschaften  gemeldet  und 
hofft,  an  der  Olympiade  in  Helsinki  beim 
Kugelstoßen  teilnehmen  zu  können.  Im  Trai- 
ning erreichte  er  kürzlich  eine  Weite  von 
16,70  m.  Lambert  —  1,93  m  groß  und  mit 
einem  Gewicht  von  118  Kilo  —  war  vor 
seiner  Erblindung  am  Beginn  einer  verhei- 
ßungsvollen Karriere  als  Opernsänger. 
* 

Seit  1923  besteht  in  New  York  ein  Theater, 
dessen  Schauspieler  sämtlich  blind  sind.  Es 
ist  das  Lighthouse-Theater  und  es  hat  sich 
bis  heute  künstlerisch  und  organisatorisch  in 
zunehmendem  Maße  durchgesetzt.  Das 
Theater  hat  nur  weibliche  erblindete  Mit- 
glieder und  engagiert  nur  selten  sehende 
Gäste.  Die  sehenden  Zuschauer  vergessen 
bei  den  Aufführungen,  daß  die  Schau- 
spielerinnen blind  sind.  Angesehene 
amerikanische  Theaterfachleute  und  Drama- 
tiker setzen  sich  immer  wieder  für  diese 
sicherlich  einzigartige  Bühne  ein. 


„Das  Mitleid  hat  mich  hier  in  Deutschland 
schon  mehr  gehemmt  als  unterstützt,"  er- 
klärte ein  erblindeter  amerikanischer 
Student,  der  in  den  letzten  Wochen  „per 
Anhalter"  und  ganz  allein  4000  km  inner- 
halb Deutschlands  zurückgelegt  hat.  Er  stu- 
diert auf  diese  erstaunliche  Weise  Germa- 
nistik und  spricht  zum  Teil  sogar  einzelne 
Dialekte.  „Ä  Kättsche"  verlangt  er  in  der 
Frankfurter  Straßenbahn,  und  in  Heidelberg 
„ä  Strooßebohnkaad".  Nur  der  Verkehr  ist 
ihm  in  den  engen  deutschen  Straßen  un- 
heimlich. 

"  * 

Die  „Bell  Telephone  Company"  in  New 
York  hat  einen  HandstockfürBlinde 
erfunden,  der  Ultraschallwellen  in  der  Geh- 
richtung aussendet  und  Hindernisse  hören 
läßt,  sobald  der  Stock  auf  das  Straßenpflaster 
gestellt  wird.  In  der  Nähe  der  Krücke  be- 
findet sich  ein  Mikrofon,  das  mit  einem  in 
der  Anzugtasche  zu  tragenden  Verstärker 
verbunden  ist.  Vom  Verstärker  aus  ertönen 
Warnzeichen  in  einem  unauffälligen  kleinen 
Kopfhörer. 

* 

Es  gibt  schon  merkwürdige  Dinge:  Eine 
blinde  Frau  im  Südosten  Englands  läßt  sich 
statt  von  einem  Hund  von  ihrem  schwarz- 
weißen Kater  „Tidy"  führen. 

Nicht  weniger  merkwürdig  ist  eine  andere 
Meldung  aus  England:  Ein'  wertvoller  Hund, 
der  durch  eine  Krankheit  sein  Augenlicht 
verloren  hat,  wird  durch  einen  Blindenführ- 
hund  spazierengeführt.  Die  beiden 
Hunde  laufen,  durch  eine  kurze  Kette  ver-1 
bunden,    dicht   nebeneinander. 

In  der  Schweiz  herrscht  eine  verwirrende 
Fülle  von  Stellen,  die  sich  mit  der  Hilfe  für 
Blinde  befassen.  Von  Kanton  zu  Kanton  ist 
das  Blindenwesen  anders  gegliedert.  Allein 
im  Kanton  Zürich  bestehen  nicht  weni- 
ger als  sechs  verschiedene  Organisationen, 
die  alle  die  Betreuung  von  Blinden  zum 
ausschließlichen  oder  teilweisen  Gegenstand 
ihrer  sozialen  Tätigkeit  gemacht  haben. 
* 

Nachdem  kürzlich  bereits  ein  griechischer 
erblindeter  Pianist  in  Berlin  und  in 
Paris  Aufsehen  erregte,  machte  jetzt  ein 
erblindeter  ungarischer  Pianist  in  Paris,  Jenö 
Lenyei,  bei  seinem  Auftreten  vor  Teilneh- 
mern der  UNO-Tagung  geradezu  Sensation. 
Der  jttnge  Ungar  war  jahrelang  in  einem 
deutschen  KZ,  wo  ihm  sein  kunstvolles 
Klavierspiel  vor  mancherlei  Gefahren  rettete. 
* 

In  Jerusalem  erscheint  neuerdings 
eine  Zeitschrift,  die  erstmalig  in  arabischer 
Sprache  in  Punktschrift  hergestellt  wird,  vor- 
nehmlich für  eine  Blindenanstalt  in  der 
Jerusalemer  Altstadt. 
* 

Mit  einem  Kostenaufwand  von  7  Mill.  DM 
baut  die  Bundesregierung  in  Bad  Pyrmont 
die  erste  Bundeskuranstalt  für 
Kriegsversehrte.  Der  imposante  Neu- 
bau mit  sechs  Geschossen  streckt  sich  in  den 
ersten  Umrissen  bereits  am  Südhang  des 
Königsbergs  entlang.  Diese  Bundeskuranstalt 
wird  außer  einer  eigenen  Turnhalle  und 
einem  kleinen  Hallen-Schwimmbad  viele 
Spezialabteilungen,  z.  B.  für  Hirn-Chirurgie, 
enthalten.  Die  Heilquellen  werden  durch 
unterirdische  Leitungen  direkt  in  das  neue 
Gebäude  geleitet.  Auch  ein  Haus  für  die 
Forschung  wird  entstehen. 
* 

Die  Bundesregierung  hat  dem  Bundestag 
einen  Gesetzentwurf  zugeleitet,  der  eine 
Vereinheitlichung  der  bisher  unter- 
schiedlichen Länderbestimmungen  über  das 
Fürsorgewesen  vorsieht.  Der  Gesetz- 
entwurf ermöglicht  vor  allem  unverschuldet 
in  Not  geratenen,  betagten  oder  schwer  er* 


16 


werbsbeschränkten  Personen  eine  bessere 
Hilfe.  Bei  Zivilbehörden  wird  unbeschadet 
weitergehender  Länderregelungen  ein  Min- 
destbedarf für  Pflege  in  Höhe  eines  vollen 
Richtsatzes  anerkannt. 
* 
Der  bisherige  „Konstruktions-Ausschuß"  ist 
in  einen  beratenden  Beirat  für  Ortho- 
pädie —  Technik  beim  Bundesmini- 
sterium für  Arbeit  umgewandelt  worden. 
Besondere  Aufgabe  des  Beirats  ist  die  Prü- 
fung von  Neukonstruktionen  von  Kunst- 
gliedern,   orthopädischen    Hilfsmitteln    und 

Arbeitshilfen. 

* 

Die  Königliche  Blindenschule  in  Edinburgh 
bringt  neuerdings  eine  Blindenschriftausgabe 
der  Monatsschrift  „Der  Hausarzt"  im 
Umfange  von  je  80  Seiten  heraus.  Die  Mo- 
natsschrift wird  von  der  Britischen  medi- 
zinischen Gesellschaft  herausgegeben. 
* 

Der  seit  1904  erblindete  ehemalige  Schorn- 
steinfegermeister Gustav  Reß  aus  Brake  bei 
Bielefeld,  der  jetzt  73  Jahre  alt  ist,  hat  in 
diesen  Tagen  seine  2  4.  Erfindung,  eine 
Spezial-Schornsteinfegerleiter,  als  Patent  an- 
gemeldet. Reß  hat  als  Blinder  ein  heute  hoch 
angesehenes  Großhandelsgeschäft  in  Schorn- 
steinfeger-Bedarfsartikeln gegründet.  Als 
27jähriger  hatte  er  bei  einer  Gasexplosion 
das  Augenlicht  verloren. 
* 

Auf  Anregung  des  Kulturausschusses  der 
Stadt  Münster  (Westfalen)  und  in 
Zusammenarbeit  auch  mit  dem  Bund  der 
Kriegsblinden  wird  in  den  Räumen  der 
Stadtbücherei  in  Kürze  eine  eigene  B  1  i  n  - 
denbücherei  eingerichtet  werden. 

Vom  Sichgehenlassen 

Nie  werde  ich  ein  kleines  Erlebnis  ver- 
gessen, daß  ich  einmal  als  Lehrling  einer 
Eisenwarenhandlung  hatte.  Mein  Chef,  ein 
sehr  korrekter  und  immer  auf  tadellose 
Manieren  bedachter  Geschäftsmann,  saß  in 
Gedanken  versunken  am  Fenster  seines 
Büros.  Ich  konnte  ihn  durch  die  halbgeöff- 
nete Tür  beobachten,  und  so  sah  ich  denn, 
wie  er  langsam  seine  Hand  hob  und  mit 
einem  Finger  in  der  Nase  herumbohrte, 
dann  sich  mit  dem  Ergebnis  dieser  Betätigung 
befaßte  und  es  in  die  Luft  schnellen  ließ. 
Ich  war  starr.  Mein  Chef,  der  jede  Kleinig- 
keit rügte!  Seit  diesem  Tage  waren  alle 
weisen  Lehren,  die  er  mir  gab,  in  den  Wind 
gesprochen.  Und  doch  hat  dieses  kleine  Er- 
lebnis sein  Gutes  gehabt.  Immer  muß  ich 
daran  denken,  wie  häßlich  es  aussieht  und 
was  für  Folgen  es  haben  kann,  wenn  man 
sich  gehen  läßt.  Bei  mir  wirkt  dieses  Bild 
noch  immer  wie  ein  Rippenstoß. 

Man  glaubt  ja  so  oft,  es  wäre  niemand  in 
.  der  Nähe.  Ja,  oft  glaubt  man  das,  aber  . . . 
Ein  krasser  Fall:  Ich  saß  einmal  mit  meiner 
Begleiterin  in  einem  Speiselokal.  Nicht  weit 
von  mir  in  einer  Nische  löffelte  ein  Kamerad 
seine  Suppe.  Plötzlich  knöpfte  er  Rock  und 
Hemd  auf,  kratzte  sich  kräftig  Brust  und 
Seite,  knöpfte  Rock  und  Hemd  wieder  zu 
und  löffelte  seelenruhig  weiter.  Meine  Be- 
gleiterin, die  mir  dies  gleich  erzählte,  wun- 
derte sich  zwar  nur  über  die  stark  behaarte 
Brust,  aber  ich  war  doch  ein  bißchen  ver- 
legen geworden.  Mein  Kamerad  hatte  be- 
stimmt nicht  gewußt,  daß  die  Nische  an 
dieser  Stelle  eine  Lücke  besaß.  Nun  schön, 
solche  kleinen  „Reflexbewegungen"  werden 
sich  wohl  kaum  immer  vermeiden  lassen, 
aber  sie  dürfen  um  Himmels  willen  nicht 
Zur  Gewohnheit  werden.  Es  könnte  sehr 
häßlich  wirken. 

Vor  einigen  Jahren  nahm  ich  an  einem 
Lehrgang  teil.  Beim  Unterricht  saß  uns  die 
neue  Englisch-Lehrerin  gegenüber.  Plötzlich 
holte  der  Kamerad  neben  mir  seine  Glas- 
augen heraus,  baute  sie  vor  sich  auf,  putzte 


JDrograMwivorscUau  für  j~4örspieu 


16.  3. 

17.  3. 

18.  3. 

19.  3. 

20.  3. 

23.  3. 

24.  3. 

25.  3. 

26.  3. 

27.  3. 

28.  3. 

29.  3. 

30.  3. 
1.  4. 


2.  4. 

3.  4. 

4.  4. 
6.  4. 

8.  4. 

9.  4. 

10.  4. 


11.  4. 

12.  4. 

14.  4. 

15.  4. 


15.00 
16.50 
17.00 
20.00 
20.00 
20.05 
20.30 
20.00 
20.05 
20.15 

20.15 
20.30 
20.30 
20.00 
20.40 
22.30 
17.00 
20.00 
20.05 
20.05 
20.50 
20.15 

20.30 

21.05 
20.30 

20.30 
20.45 
21.00 
20.10 
20.35 
19.30 
20.15 
17.00 
20.15 
20.00 
20.30 

20.30 
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20.30 
20.30 
21.00 
20.00 
20.30 

10.00 
20.30 


20.30 


NWDR/UKW-West:   „Fortsetzung  folgt"  von  Paul  Schaaf. 
Beromünster:  „Nordpolflieger  Andree"  von  Paul  Lang. 
Stuttgart:   „Das  Klavier  des  Prokuristen"  von  G.  Weisenborn. 
Bremen:  „Hans  Brüggemann"  von  Hans  Ehrke. 
NWDR/UKW-Nord:   „Die  Landung"  von  Curt  Langenbeck. 
Stuttgart/UKW:  „Geschiedene  Leute"  von  Christian  Bock. 
Frankfurt:    „Cäsar  und  Cleopatra"   von  Shaw  von  H.   Goertz. 
München:  „Moral"  nach  Ludwig  Thoma  von  E.  Steinberger. 
Frankfurt/UKW:   „Eleonora  Düse"  von  A.  Fauser. 
NWDR/UKW-West:    „Das    vergnügliche    Leben    der    Doktorin 
Löhnefink"   von  C.  Beste. 

München/UKW:  „Ein  Ring  mit  rotem  Stein"  von  Heinz  Ulrich. 
Stuttgart:  „Die  Glasmenagerie"  nach  Tenessee  Williams. 
Südwestfunk:  „Die  gekaufte  Prüfung"  von  Günter  Eich. 
NWDR:  „Ein  Platz  an  der  Sonne"  nach  Theodore  Dreiser. 
Bremen:  „Stoppt  das  Karussell"  von  Alwyne  Whatsley. 
München:   „Der  Ruhetag"   nach  Paul  Claudel. 
Stuttgart:  „Wann  spricht  das  Herz?"  von  Hans  Rothe. 
Beromünster:  „Der  kleine  Prinz"  nach  Saint-Exupery. 
München:   „Sein  vorletzter  Wille",  Lustspiel  von  Franz  Seitz. 
Stuttgart/UKW:   „Der  eingebildete  Kranke"  nach  Moliere. 
Frankfurt:  „In  die  Nacht  hinein"  von  Oda  Schaefer. 
NWDR/UKW-West:      „En    Duorp    steiht    Kopp"     von     Franz 
Mehring. 

Südwestfunk:  „Wer  erbt  das  Himmelreich?"  von  Kurt  Heynicke. 
Frankfurt/UKW:    „Cäsar  und  Cleopatra"   von  Bernard  Shaw. 
München:  „Schweigen  um  Jeanette"  von  Oskar  Wessel. 
Südwestfunk/UKW:   „Ein  Mann  verläßt  seine  Frau"  von  Wal- 
ter Jens. 

Stuttgart:   „Prozeß  Sokrates"  von  Hans  Kyser. 
München/UKW:   „Der  Revisor"  nach  Gogol. 
NWDR:  „Volpone"  nach  Ben  Jonson  von  E.  Drolinvaux. 
NWDR/UKW-Nord:   „Herz  der  Welt"   (nach  dem  Film). 
Beromünster:  „Das  Lächeln  der  Gioconda"  nach  Aldons  Huxley. 
NWDR:   „Die  große  Masche"  von  Otto-Heinz  Jahn. 
Beromünster:    „Sir  Michaels  Abenteuer"   von  Kurd  E.  Heyne. 
Stuttgart:   „Der  Drachenthron"  von  Oscar  Wessel. 
NWDR/UKW-West:    „Der  neue  Mantel"   nach  Nicolai  Gogol. 
München:  „Seltsames  Beispiel  weiblicher  Rache"  nach  Diderot. 
Südwestfunk:  „Die  Tage  sind  gezählt"  von  Josef  Martin  Bauer. 
Frankfurt/UKW:  „In  die  Nacht  hinein"  von  Oda  Schaefer. 
Stuttgart:    „Eine   Stunde    Aufenthalt"    von   v.    Hoerschelmann. 
NWDR:  „Kaspische  Mäuse"  von  Gustav  Albert  Mulach. 
NWDR/UKW-Nord:   „Das  war  mein  Leben"    (Sauerbruch). 
Stuttgart:   „Der  Einzug  des  Königs"  von  Dorothy  Sayers. 
München:    „Die   schwäbische  Schöpfung"  von  Seb.  Sailer. 
SUdwestfunk:   „Die  begnadete  Angst"  von  Georges  Bernanos. 
Südwestfunk/UKW:  „Die  Querulantin"  von  Hermann  Stahl. 
Bremen:    „Begnadete  Angst"   von  G.  Bernanos. 
NWDR:  „Die  Andere  und  ich"  von  Günter  Eich. 
Stuttgart:  „Das  Heilige  Abendmahl"  von  Dorothy  Sayers. 
Frankfurt:  „Simon"  von  Franz  A.  Hoyer. 
Stuttgart:  „Die  Herren  dieser  Welt"  von  Dorothy  Sayers. 
Stuttgart:  „König  der  Schmerzen"  von  Dorothy  Sayers. 
Frankfurt/UKW:  „Unser  Herr  Vater"  nach  Clarence  Day. 
Frankfurt:    „Das  verschlossene   Haus"    von  Michael   Harward. 
Südwestfunk:  „Barbara  dividiert  durch  elf"  von  Egon  Jameson. 
Frankfurt/UKW:    „John  Gabriel  Borkman"   von  Henrik  Ibsen. 


Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel-Preis  der  Kriegsblinden"! 


sie  sorgfältig  mit  dem  Taschentuch  ab  und 
schnippste  sie  wieder  hinein.  Ich  hatte  von 
diesem  Vorfall  nichts  bemerkt,  aber  in  der 
Pause  erzählte  es  mir  meine  Helferin  und 
meinte,  daß  die  Lehrerin  sehr,  sehr  blaß 
geworden  wäre.  Bei  meinem  Karneraden  war 
es  bestimmt  nur  eine  gewisse  Nervosität, 
die  uns  leider  noch  immer  viel  zu  schaffen 
macht. 

Ich  selbst  hatte  die  unschöne  Angewohn- 
heit, die  Stirn  auf  die  Tischplatte  zu  legen, 
wenn  ich  über  irgend  etwas  nachdachte; 
sogar  in  Gesellschaft  geriet  ich  oft  in  Ver- 
suchung, es  zu  tun.  Ich  kenne  Kameraden, 
deren  Hände  während  der  Unterhaltung 
oder  auch,  wenn  sie  in  Gedanken  versunken 
sind,  im  Haar  Löckchen  drehen  oder  ständig 
an  ihrer  Nase  zupfen  oder  mit  ihren  Fingern 


akrobatische  Kunststückchen  vollbringen, 
wobei  manche  es  zu  einer  beachtenswerten 
Fertigkeit  gebracht  haben.  Haben  wir  schon 
einmal  überlegt,  wie  so  etwas  auf  den  Zu- 
schauer wirkt? 

Es  ist  ja  so  leicht,  etwas  zu  kritisieren, 
aber  doch  durchaus  nicht  so  schwer,  uns 
einmal  selbst  zu  beobachten,  sei  es 
auf  der  Straße,  sei  es  bei  Tisch  oder  in 
Gesellschaft,  überall  gibt  es  leider  tausen- 
derlei Möglichkeiten,  sich  so  recht  nach 
Herzenslust  gehen  zu  lassen.  Für  Kriegs- 
blinde eine  doppelte  Gefahr:  denn  erstens 
sieht  man  auf  uns,  und  zweitens  fehlt  uns 
die  Kontrolle  des  Auges.  Und  drittens:  er- 
fahrungsgemäß fällt  es  auf  uns  alle  zurück, 
wenn  ein  einzelner  von  uns  sich  blamiert. 
Hans  Leh  ma  n  n   (Marburg) 


17 


Der  Kriegsblinde  im  Rechtsstudium 


„Wie  studieren  unsere  Kameraden  eigentlich 
Und  wie  verläuft  solch  ein  Studium?"  —  Diese 
Frage  wurde  letzthin  mehrlach  an  die  Schriitleitung 
gerichtet.  Wir  baten  einen  kriegsblinden  Studenten, 
uns  diesen  Ausbildungsweg  zu  schildern.  Hier 
seine   Antwort: 

Unter  den  wenigen  zur  Wahl  stehenden 
Möglichkeiten,  durch  das  Studium  einer 
wissenschaftlichen  Disziplin  die  Grundlage 
für  -einen  späteren  Beruf  zu  legen,  erfreut 
sich  die  Rechtswissenschaft  unter  den 
Kriegsblinden  einer  besonderen  Bevorzu- 
gung. Schon  eine  relativ  große  Zahl  der  im 
ersten  Weltkrieg  Erblindeten,  die  noch  heute 
in  einem  Beruf  der  Justiz  oder  Verwaltung 
tätig  sind,  gingen  diesen  Weg.  Noch  ein- 
drucksvoller ist  die  Zahl  der  während  des 
zweiten  Weltkrieges  erblindeten  Kamca- 
den,  die  einer  juristischen  Ausbildung  zu- 
strebten. Die  Gründe  hierfür  sind  mannig- 
faltig. In  erster  Linie  ist  es  der,  daß  die 
juristische  Disziplin  mit  ihrer  abstrakten, 
logisch-konstruktiven  Denkweise  beherr- 
schend auf  die  Kopf-  und  Gedächtnisarbeit 
und  auf  das  Wort  abgestellt  ist,  also  in 
gewissen  Grenzen  von  weiterer  Hilfe  be- 
freit. Aber  auch  die  große  Zahl  der  Berufe, 
die  sich  nach  dem  Abschluß  des  Studiums 
und  der  Ausbildung  im  Rechtsleben,  etwa 
als  Justiz-  oder  Verwaltungsbeamter,  Syn- 
dikus oder  freier  Anwalt,  ergeben,  sind  stark 
ausschlaggebend.  Nicht  zuletzt  aber  war  für 
die  große  Zahl  der  nach  dem  zweiten  Welt- 
krieg zur  Universität  strömenden  Kriegs- 
blinden maßgebend,  daß  ihre  älteren 
Kameraden  ihnen  ein  Arbeitsfeld  er- 
schlossen haben,  das  bewiesenermaßen  sich 
als  für  uns  begehbar  zeigte. 

Es  sei  nun  hier  in  kurzen  Zügen  —  nicht 
für  den  Juristen,  sondern  für  den  daran 
Interessierten  —  der  Ausbildungsgang  be- 
leuchtet, den  der  Kriegsblinde  im  Rechts- 
studium zu  beschreiten  hat.  Vorweg:  er  geht 
ihn  so,  wie  jeder  andere  Student,  also 
ohne  jede  Anpassung  des  Universitäts- 
betriebes an  die  besonderen  Eigenarten  des 
Blinden,  wie  sie  etwa  in  einer  Blinden- 
schule naturgemäß  zu  finden  ist.  Und  es 
wäre  ferner  einleitend  die  Illusion  zu  be- 
seitigen, daß  das  Studentenleben  im  Rahmen 
'  unserer  allgemein  schlechten  Verhältnisse 
noch  so  sorgenlos,  vergnügungssüchtig  und 
bevorzugt  wäre  wie  zu  Bismarcks  Zeiten;  es 
ist  heute  zu  einem  harten,  zielbewußten 
Streben  nach  einer  raschen,  gründlichen  Fach- 
ausbildung geworden,  die  mit  größten 
Opfern  an  Gesundheit,  Freizeit  und  finan- 
zieller Einbuße  durchgeführt  wird. 

Das  Rechtsstudium  ist  an  eine  Mindest- 
semesterzahl  von  6  Semestern  (das  Semester 
zu  6  Monaten)  gebunden;  der  ungeheuren 
Stoffülle  wegen  wird  jedoch  diese  Zahl 
zwangsläufig  vielfach  um  ein  oder  mehrere 
Semester  überschritten.  In  diesem  Zeitraum 
wird  dem  Studenten  in  Vorlesungen,  deren 
Besuch  und  deren  Wahl  ihm  die  „akade- 
mische Freiheit"  ziemlich  freistellt,  theore- 
tisch der  gesamte  Bereich  des  Rechtes  vor- 
geführt und  zur  geistigen  Bearbeitung  emp- 
fohlen. Unter  einer  Vorlesung,  die  die 
allgemein  übliche  Unterrichtsform  der  Uni- 
versität ist,  stellt  man  sich  am  besten  einen 
speziellen  Vortrag  vor,  der  von  einem  für 
dieses  Fachgebiet  bestellten  Professor  ge- 
halten wird.  Bis  auf  wenige  bevorzugte 
Naturen  kommt  der  Student  nur  mit  dem 
natürlichen  Menschenverstand  ausgerüstet 
und  ohne  jede  juristische  Kenntnis  zur  Uni- 
versität. 

Demgemäß  muß  er  von  unten,  dem  Pri- 
mitivsten, zu  lernen  beginnen:  die  in  die 
Vorzeit  zurückreichende  Rechtsgeschichte, 
grundlegende  systematische  Teilungen  inner- 
halb des  Faches,  Überblicke  usw.,  und  so 
kommt  er  dann  langsam  zum  theoretischen 


Lernen  der  gesetzlichen  Vorschriften,  der 
bekannten  Unzahl  von  Paragraphen  und 
Artikeln.  Und  wer  sich  einmal  die  Mühe 
macht,  verstehen  zu  wollen,  welch  ungeheure 
Stoffülle  der  Jurist  zu  beherrschen,  also  auch 
zu  lernen  hat,  muß  sich  klarmachen,  daß 
das  nicht  mit  der  rechtlichen  Würdigung  des 
Kaufes  eines  Anzuges  oder  Grundstücks,  der 
Bestrafung  eines  Diebes  oder  Ehebrechers 
sein  Bewenden  hat,  sondern  im  gleichen 
Maße  das  Verfassungsleben  der  Regierung, 
Akte  der  Verwaltung  und  vieles  mehr  um- 
faßt. Ergänzt  wird  dieses  theoretische  Lernen 
aus  Vorlesungen  und  Büchern  durch 
Übungen,  in  denen  man  erstmalig  selbst 
gezwungen  ist,  einen  „Fall"  zu  entscheiden. 
Selbstverständlich  handelt  es  sich  hier  nur  um 
die  übungsweise  exerzierte  Anwendung  des 
Gelernten,  während  diese  Tätigkeit  ernstlich 


Der  kriegsblinde  Student  nennt  seiner  Studien- 
hellerin  die  Titel  der  Bücher,  die  sie  tür  ihn  in 
der  Seminarbibliothek  entnehmen  soll.  Die  Stu- 
dienhelierin  ist  es  auch,  die  dem  kriegsblinden 
Studenten  die   wissenschaftlichen   Werke  vorliest. 

erst  in  der  folgenden  praktischen  Ausbildung 
getrieben  wird.  In  einem  Wort:  die  Univer- 
sität vermittelt  die  theoretischen  Grund- 
begriffe in  einer  umfassenden  Darstellung 
des  gesamten  Rechtes. 

Abgeschlossen  wird  diese  Ausbildung 
durch  die  „1.  juristische  Staatsprüfung". 
Dieses  Staatsexamen  will  in  einer  teils 
schriftlichen,  teils  mündlichen  Prüfung  mit 
recht  hohen  Anforderungen  die  Eignung 
des  Kandidaten  für  eine  weitere  Ausbildung 
feststellen.  Jedoch  ist  nach  Ablegung  dieser 
Prüfung  nur  die  Ausbildung  an  der  Uni- 
versität beendet:  es  folgt  die  mehr- 
jährige Ausbildung  in  der  Praxis  (Gericht, 
Staatsanwalt,  Rechtsanwalt)  als  Referendar. 
Erst  nach  dieser  Zeit  wird  der  Schüler  des 
Rechts  durch  eine  erneute  Prüfung,  die  die 
Ausbildung  endgültig  abschließt,  zum 
Assessor  ernannt,  und  damit  erst  beginnt 
die  eigentliche,  freie  Berufstätigkeit. 

Es  wurde  eingangs  gesagt,  daß  diesen 
komplizierten,  langwierigen  Weg  der 
Kriegsblinde  unbevorzugt  wie  jeder  än- 
dere geht.  Wie  aber  handhabt  er 
dies,  wo  er  doch  grundlegenden  Ein- 
schränkungen unterworfen  ist  und  von 
völlig  anderen  Voraussetzungen  aus- 
gehen muß?  Zunächst  ist  die  Umstellung 
zu    einem    rein    akustischen   Lernen 


zu  überwinden.  Kurz^-heißt  das,  daß  man  zu 
trainieren  hat,  das  Gehörte  in  der  Vor- 
lesung oder  beim  Nachlesen  möglichst  rasch 
zu  verdauen  und  sich  zusätzlich  dafür  ein, 
gutes  Gedächtnis  zu  schaffen.  Jedenfalls  istf 
dieser  Vorgang  nicht  selbstverständlich  für 
uns,  die  wir  vor  der  Verwundung  unser 
Lernen  und  das  Gedächtnis,  wie  „jeder 
Mensch",  überwiegend  von  der  Tätigkeit  des 
Auges  abhängig  machten.  Wie  rasch  mani 
diesen  Prozeß  der  Entwicklung  einer  neuen! 
Lernmethode  bewältigt,  ist  sehr  verschieden.; 
Das,  was  man  lernen  soll  und  will,  entnimmt» 
man  zunächst  den  Vorlesungen  und  Bücherni 
Doch  um  ins  Kolleg  zu  gelangen  und  um  denf 
dort  gebotenen  Anregungen  zum  Lesen  und! 
Bearbeiten  bestimmter  Stoffgebiete  in  Bii- 
ehern  nachkommen  zu  können,  benötigt  manj 
eine  Hilfsperson.  Wie  man  dieses-; 
Problem  —  eines  der  Hauptprobleme  über-? 
haupt  —  überwindet,  ist  der  Initiative  des? 
einzelnen  weitgehend  überlassen.  Äußerst 
verschieden  wird  demgemäß  auch  dieses 
Problem  gelöst;  es  hat  sich  hier  weitgehend 
der  Begriff  eines  „Studienhelfers"  heraus- 
gebildet, womit  man  eine  Person  kenn- 
zeichnet, die  es  übernimmt,  den  Kriegsblin- 
den zu  seinen  Vorlesungen  usw.  zu  begleiten, 
vor  allem  ihm  durch  Vorlesen  die  Literatur 
zugänglich  zu  machen  und  ihm  nach  Diktat 
Schreibarbeiten  zu  besorgen.  Kurz:  der  Stu- 
dienhelfer ( oder  Studienhelferin)  soll  die 
durch  die  Verwundung  bedingten  und  durch 
eigene  Initiative  unüberwindlichen  Hinder- 
nisse überbrücken  und  dem  Kriegsblinden 
ein  möglichst  reibungsloses  Studium  ermög- 
lichen. 

Naturgemäß  kommt  nicht  jede  Person  in 
Betracht,  die  Möglichkeiten  schwanken  zwi- 
schen der  Beteiligung  an  der  Arbeit  eines 
Mitstudierenden  und  der  stunden-  oder  zeit- 
weiligen Verpflichtung  eines  Studienhelfers. 
Es  ist  dem  Kriegsblinden  —  so  lehrt  jeden- 
falls die  Erfahrung  —  unmöglich,  sich  auch 
nur  annähernd  in  diesem  umfassenden  Stu- 
dium allein  auf  die:  Blindenhilfsmittel  zu 
verlassen;  entweder  sie  stehen  nur  völlig 
unzureichend  zur  Verfügung  (wie  etwa  die 
Literatur)  oder  die  Handhabung  kann  eben 
nur  ein  mehr  oder  weniger  glückliches  Be- 
helfsmittel sein.  Hierin  liegt  ein  nicht  un- 
wesentlicher Unterschied  zu  dem  studieren- 
den Friedensblinden,  wenn  selbst  auch  er 
nicht  allein  mit  seinen  Hilfsmitteln  aus- 
kommt. Den  Neuentwicklungen  der  Technik 
wie  dem  Dimafon  und  der  Entwicklung  des 
Kameraden  Schramm  wird  ohne  Zweifel 
schon  hier,  nicht  erst  in  der  Praxis,  ein  be- 
glückendes Maß  an  Einwirkungsmöglich- 
keiten gegeben  sein. 

Das  Studium  des  Kriegsblinden  ist  gleich- 
zeitig seine  Berufsausbildung.  Der  Staat 
gewährt  und  finanziert  sie  bei  Vorliegen 
gewisser  Voraussetzungen.  Der  Schwerpunkt 
aber  liegt  hier,  wie  in  jeder  Tätigkeit  des 
Kriegsblinden,  in  der  wachsenden  Zufrieden- 
heit, die  der  Fortschritt  verbürgt  und  dem 
Bewußtsein,  durch  eine  liebgewonnene  pro- 
duktive Arbeit  gleichgeachtetes  Glied  der 
Gemeinschaft  sein  zu  dürfen. 

Aber  eins  muß  jeder  kriegsblinde  Student 
wissen:  die  Berufsaussichten  sind 
nicht  gerade  rosig,  und  es  bedarf  harter 
Energie  und  reichen  Wissens,  um  sich  durch- 
zusetzen. 

Wolfgang  Schmidt,  Göttingen 


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Von  Stefan  Andres 


Der  Baron  B.,  Wie  viele  angesteckt  von  der 
großen  Langeweile  einer  zu  Ende  gehenden 
Epoche,  verbrachte  die  zwischen  Festlich- 
keiten und  Landpartien  ihm  übriggebliebene 
Zeit  mit  Schriftstellerei.  Und  auch  in  dieser 
Beschäftigung,  einer  von  den  vielen,  die  den 
Mangel  an  Eingebung  und  Erfindung  mit 
Findigkeit  und  anschmiegsamer  Galanterie 
zu  verkleiden  wissen,  stieß  er  eines  Tages, 
die  Bibliothek  eines  Freundes,  der  Mitglied 
des  königlichen  Orchesters  war,  nach  einer 
Anregung  durchstöbernd,  auf  ein  Buch,  das 
eine  Theorie  des  Gitarrenspiels  enthielt  und 
von  einem  erfahrenen  Musiker,  indes  un- 
zulänglichen Schriftsteller,  zusammengetragen 


Zeichnung:  G.  Büsemeyer 

war.  Und  obgleich  er  nichts  von  der  Kunst 
des  Gitarrenspiels  verstand,  der  Freund 
überdies  ihm  sein  Vorhaben  ausdrücklich  ab- 
riet, beschloß  er,  noch  das  Buch  in  den  Hän- 
den, eine  anmutige,  leicht  erlernbare  und  in 
geschliffenstem  Stil  gehaltene  Theorie  des 
Gitarrenspiels  zu  verfassen,  die  seinen 
Namen  -auch  in  den  Kreisen  der  Musik  be- 
liebt machen  sollte. 

Das  Buch  erschien,  und  nicht  nur  in  den 
Musiksalons  wurden  die  Sachkenntnis  und 
die  scharmante  Art  der  Anleitung  besprochen 
und  bewundert.  Denn  der  Verfasser  erhielt 
eines  Tages  ein  Billett  von  der  Königin,  das 
ihn  nach  Versailles  bestellte.  Der  Baron,  er- 
freut und  bestürzt  zugleich,  ahnte  indes  nicht, 
daß  die  Königin,  nachdem  sie  ihn  huldreich 
und  freigebig  mit  Komplimenten  überhäuft, 
nun  auch  alsbald  eine  Gitarre  bringen  lassen 
würde  mit  der  Aufforderung,  ihr  zu  bewei- 
sen, er  sei  ebenso  meisterhaft  im  Spiel  wie 
■  in  der  Anleitung. 

Der  Galante  jedoch  rettete  sich  noch  für 
den  Augenblick,  indem  er  ein  Rheuma  in  den 
Fingern  vorschützte,  konnte  allerdings  ihrer 
königlichen  Eindringlichkeit  nicht  entrinnen 
und  sagte  zu,  daß  er,  wie  gewünscht,  bereit 
sei,  Ihrer  Majestät  das  Gitarrenspiel  in  den 
körnenden  Wochen  beizubringen. 

Blaß  und  verstört  kam  er  zu  seinem 
Freund,  aus  dessen  Bibliothek  er  die  unheil- 
volle Anregung  empfangen,  teilte  ihm  die 
königliche  Ehrung,  die  ihn  zur  Verzweiflung 
triebe,  mit,  und  nachdem  sie  alle  Auswege, 
sogar  Flucht,  Krankheit  und  plötzliche  gei- 
stige Gestörtheit  durchdacht  und  wieder  als 
unmöglich  verworfen  hatten,  beschloß  der 
unglückliche  Verfasser  der  Theorie,  in  aller 
Stille  bei  seinem  Freunde  Stunden  zu 
nehmen. 


Indem  er  nun  seine  Unsicherheit,  die  sich 
alsbald  gar  zu  kraß  herausstellte,  immer  be- 
tretener mit  quälendem  Rheuma  entschul- 
digte und  die  mitleidige  Schülerin  das  nächste 
Mal  ihren  Leibarzt  eigens  zur  Gitarrestunde 
herbeizuholen  versprach,  um  die  Hand  des 
Meisters  zu  untersuchen,  da  blieb  B.  nichts 
übrig,  als  der  Königin  ein  Billett  zu  schicken, 
auf  dem  er  sich  als  ernstlich  krank  entschul- 
digte. Der  so  mit  Güte  und  Verehrung  Ver- 
folgte wurde  nach  einigen  Tagen  vom  Leib- 
arzt der  Königin  dabei  betroffen,  wie  er 
mit  geschicktester  Hand  die  Billardkugel 
stieß,  und  es  wäre  dem  Baron  aus  seiner 
dilettierenden  und  frivolen  Eitelkeit,  mit  der 
er  sich  auf  das  Glatteis  einer  vorgetäuschten 
Kunst  begeben  hatte,  daraus  beinahe  ein 
Schicksal,  zum  mindesten  das  der  Lächerlich- 
keit, erwachsen,  hätte  nicht  der  große  Gang 
der  Weltgeschichte  dem  Dilettanten  geholfen 
und  eben  in  diesen  Tagen  die  Meute  der 
Pariser  gegen  Versailles  in  Bewegung  ge- 
setzt, die  auf  ihren  kranken  Gitarremeister 
wartende  Schülerin  und  Königin  aus  ihren 
Gemächern  geholt  und  in  die  Tuilerien  nach 


Paris  übergeführt.  Erschüttert  und  auf  eine 
seltsame  Weise  beschämt,  schickte  er  der 
Königin  ein  Billett,  auf  dem  er  nur  ver- 
merkte: „Meine  verehrteste  Königin!  Es  reut 
mich  nicht  so  arg,  daß  ich  Plagiator  und 
Dilettant  bin,  aber  daß  ich  Ihre  Anmut  und 
Güte  betrog,  das  werde  ich  immer  bereuen!" 
Die  Antwort  der  Königin,  eines  der  letzten 
Billetts,  bevor  die  verschärfte  Haft  ihr  sol- 
ches verbot,  lautete:  „Herr  Baron!  Hätte  ich 
je  von  anderer  Seite  erfahren,  daß  Sie  auf 
so  scharmante  Weise  mich  und  die  Öffentlich- 
keit hinters  Licht  führten,  was  wäre  mir 
übriggeblieben,  als  in  Erinnerung  zu  lächeln 
und  Sie  für  einen  Galan  großen  Formats  zu 
halten.  Nun  aber,  da  Sie  mich  mit  Ihrer 
Selbstanklage  überfallen  und  sich  einen  Be- 
trüger heißen,  mich  eben  damit  aber  eine 
Betrogene,  muß  ich  Sie  an  meine  derzeitige 
Verfassung  erinnern!  Denn  warum  vergaßen 
Sie,  daß  ich  in  die  Lage  versetzt  bin,  in  der 
eine  große  Enttäuschung  nicht  mehr  möglich 
ist,  eine  kleine  aber  eben  deshalb  um  so 
bitterer  ist?  Mir  verblieb  nichts  als  ein  paar 
kleine  Illusionen,  darunter  auch  Ihre  .Theo- 
rie' und  Ihr  Rheuma  .  .  .  Um  diese  bin  ich 
nun  durch  diesen  Brief  ärmer  geworden, 
teurer  Baron.  Und  Sie  verlangen,  das  sollte 
ich  Ihnen  verzeihen?" 


<~söc4j^cy3uj^/tJZ4id£^ 


A.  v.  Hatzfeld  —  ein   blinder   Dichter 

Der  seit  Jahrzehnten  erblindete  Dichter 
Adolf  von  Hatzfeld  gehört  zweifellos  zu 
den  bedeutenden  Köpfen  unserer  Gegen- 
wartsliteratur, vielen  bekannteren  Namen 
des  Augenblickserfolges  weit  überlegen. 
Hatzfeld  drängt  sich  nicht  vor,  er  gehört  zu 
den  Stilleren,  vielleicht  schon,  weil  er  vor- 
nehmlich Lyriker  ist,  aber  Männer  mit  Spür- 
sinn wie  Hermann  Hesse  oder  Thomas  Mann 
wissen  seinen  Reichtum  an  Sprache  und  Bil- 
dern zu  schätzen.  Der  Hundt-Verlag  in 
Hattingen  legt  jetzt  gesammelte  Gedichte 
Hatzfelds  vor,  „M  e  1  o  d  i  e  des  Herzens", 
ein  großformatiger,  schöner  Band  von  86  Sei- 
ten (Preis  7,80  DM).  Hatzfeld  hat  es  sicher- 
lich nicht  leicht,  sich  zu  behaupten,  denn  es 
muß  für  ihn  das  Mißtrauen  naheliegen,  daß 
manche  Anerkennung  ihm  mehr  mit  Respekt 
vor  seiner  Blindheit  als  mit  Respekt  vor 
dem  Werk  gezollt  wird.  Ob  er  deshalb  in 
seinen  Gedichten  in  so  auffälliger  Stetigkeit 
sich  vom  Schauen  regieren  läßt?  Bei 
kaum  einem  sehenden  Lyriker  finden  wir 
jede  Darstellung  so  sehr  auf  das  Licht,  auf 
die  Farben,  überhaupt  auf  das  Auge  abge- 
stellt, nicht  auf  das  Fühlen  oder  das  Horchen, 
ja,  nicht  einmal  eigentlich  auf  das  „Schauen" 
im  tieferen  Sinn,  nicht  auf  die  Bemühung  um 
Weisung  oder  Deutung.  Das  ist  an  diesen 
Gedichten  ohne  Zweifel  .enttäuschend. 
Wohl  finden  wir  hier  kraftvolle  oder  zarte 
Bilder  voll  dichtesten  Naturerlebens  —  und 
gerade  uns  Blinden  tut  es  gut,  solche  Verse 
zu  lesen  —  aber  vergeblich  suchen  wir  Aus- 
sagen, die  uns  eigentlich  und  tief  innerlich 
angehen.  Im  Gegenteil:  manches  ist  so  not- 
voll und  deprimierend,  was  Hatzfeld  uns  von 
seinem  Wesen  offenbart,  daß  es  uns  eher 
hungrig  als  satt  macht.  Das  muß  einmal  ge- 
sagt werden,  obwohl  kein  Zweifel  daran 
bestehen  kann,  daß  hier  ein  Dichter  zu  uns 
spricht,  der  über  edelste  Gaben  und  Mög- 
lichkeiten verfügt.  Es  bleibt  nur  die  Frage, 
,  ob  er  diese  Gaben  richtig  anwendet.  Oder 
wird  er  überschätzt? 

Ein  herrliches  Kinderbuch 

Schon  vor  einem  Jahr  wiesen  wir  auf  die 
unvergleichlich  schönen  Bände  „W  u  n  d  e  r  - 
bare  Fahrten  und  Abenteuer  der 
kleinen  Dott"  hin.  Tamara  Ramsay  läßt 
hier  mit  einem  kleinen  zwölfjährigen  Mädel 
unserer  Tage  wundersame  Verzauberungen 
geschehen,    und   verwoben    mit    spannungs- 


geladenen, märchenhaften  Begegnungen,  ler- 
nen die  kleinen  Leserinnen  auf  die  leben- 
digste Weise  unsere  deutsche  Heimat  ken- 
nen: nicht  nur  die  Natur,  z.  B.  die  Vogelwelt, 
sondern  auch  die  Landschaft  —  im  ersten 
Band  ist_  es  Westprignitz,  im  zweiten  Band 
vornehmlich  Sachsen  —  und  vor  allem:  ihre 
Geschichte.  Sie  spaziert  mit  Friedrich  dem 
Großen  durch  unsere  heutige  Welt  —  eine 
großartige  Szene  —  oder  sie  erlebt  den 
30jährigen  Krieg,  sie  lernt  das  Brückenmänn- 
chen von  Dresden  kennen  —  Geschehnisse 
und  Gestalten  werden  den  Kindern  leben- 
diger, als  es  die  Schule  vermitteln  kann. 
Und  daß  der  Schauplatz  das  Land  hinter  dem 
Eisernen  Vorhang  ist,  macht  das  Buch  uns 
so  besonders  wertvoll.  Auch  dies  ist  ja 
deutsche  Heimat.  Manches  zehnjährige,  aber 
sicherlich  alle  12-  bis  14jährigen  Mädel  wer- 
den an  den  Bänden  Freude  und  Gewinn 
haben.  Jeder  Band  —  hervorragend  aus- 
gestattet —  kostet  zwar  über  11  Mark,  ist 
aber  diesen  Kaufpreis  wert.  (Union  Deutsche 
Verlagsgesellschaft) 

Im  übrigen:  Vorsicht  bei  Kinder-  und  Ju- 
gendbüchern! Es  ist  oft  haarsträubend,  was 
an  Unwahrhaftigkeit  und  Kitsch  zu  finden 
ist.  Den  ahnungslosen  Kindern  gefällt  es  so, 
aber  es  verdirbt  ihren  Geschmack. 


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ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS   UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 


NR.  8  .  3.  JAHRGANG 


APRIL  1952 


VERLAGSORT  BIELEFELD 


DAS  WORT  ZUFALL  IST  QOTTESLÄSTERUNQ 
NICHTS  UNTER  DER  SONNE  IST  ZUFALL 


L  E  S  S  I  N  g 


ES  QIBT  KEINEN  ZUFALL, 
UND  WAS  UNS  BLINDES  UNQEFÄHR  NUR  DÜNKT, 
QERADE  DAS  STEIQT  AUS  DEN  TIEFSTEN   QUELLEN 


SCHILLER 


AUS    DEM    INHALT 


Seite 
War  es  ein  Zufall?    Von  F.  W.  H 1 

Die  vordringlichsten  Aufgaben  der  Kriegsblindenbetreuung. 
(Die  Beratungen  bei  der  Bundesbeiratssitzung  in  Wies- 
baden)   1 

Bevorzugte  Abfertigung?    Von  Th.  GM.         .....         2 

Das  Gesetz  über  die  Beschäftigung  Schwerbeschädigter  — 
Entschließung  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands   e.    V 3 

Pressestimmen   zum   Hörspielpreis 4 

Die    Kapitalabfindung.     Von    Oberverwaltungsrat    Seuferle         5 
Ein  neues  Zeichengerät  —  auch  für  Blinde. 

Von  Dr.  med.  Hille 6 

Wir  dürfen  nicht  blind  sein.    Von  Franz  Feistner     ...         7 

Aus  den  Landesverbänden 10 

Christian  Hutschreuther  gestorben 
Landesverbandstag  in  Niedersachsen 


Seite 


„Sieg  über  das  Dunkel"  —  Glanzvolle  Premiere  in  Berlin 

Friedrich  Ramann  gestorben 
Lesermeinung 13 

Wer  wird  Sportmeister  der  Kriegsblinden? 
Von  Franz  Schmitgen 
Ist  Jagen  und  Fischen  für  Kriegsblinde  waidgerecht? 

Von  K.  Schulz 15 

Für  unsere  Schachfreunde.    Von  Gabriel  Mertens     ...       15 

Kleine  Neuigkeiten 16 

Vorfrühling.    Gedicht  von  Kam.  Hans  Schmalfuß       ...       16 

Der  Kritiker  am  Lautsprecher 18 

Programmvorschau  für  Hörspiele 18 

Ein  Beispiel  menschlicher  Bewährung.   (Aus  der  Ansprache 

Erwin  Wickerts  bei  der  Übergabe   des  Hörspielpreises)       19 
Ostergedanken  um  den  Galgenberg. 

Erzählung  von  Kam.  K.  Schulz "  .       20 

Selbstorientieren   —   aber   wie?    Von    Dr.    Kurt    Wintterlin       20 


Unser  Tilelioto  —   „L  a  n  d  s  c  h  a  1  t  bei  S  e  e  I  e  1  d"   —  ist  dem  Buch  „Meine  Berge"  von  Luis  Trenker  (Verlag  C.  Bertelsmann, 
Gütersloh)  mit  Ireundlicher  Genehmigung  des  Verlages  entnommen.  —  Das  Foto  auf  der  Umschlagrückseite  —  „Tiroler  Bauer"  — 

ist  von  Kur  t  Hege 


799  -  802  -  803  -  804  -  791  -  792  -  797  -  796  -  795    -  756  -  758  -  762  -  761   -  763  -  778  -  786  -  787  -    708  -  707   -  698  -  699  -  705  -  729  -  710  -  709 


.Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 

Mürlenbach-Eifel.)   Verantwortlicher  Schriftleiter:   Friedr.   Wilh.   Hymmen,    Bielefeld,    Stapenhorststraße   138.     „Der  Kriegsblinde"  erscheint     monatlich.       Anzeigenverwaltung: 
Bund   der   Kriegsblinden    Deutschlands   e.    V.,    Selbstverlag,    Wiesbaden,   Rheinstraße  73.  Die   Zeitschrift  ist  der  IVW  angeschlossen.  —  Druck:  Presse-Druck  GmbH.,  Bielefeld, 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.V. 


Nr.  8   .   3.  Jahrgang    .    April  1952    .   Verlagsort  Bielefeld 


War  es  ein  Zufall? 


Selten  sprechen  Kriegsblinde  über  ihre 
Verwundung,  noch  seltener  über  das,  was 
sie  im  Krieg  erlebt  oder  nach  ihrer  Verwun- 
dung erlitten  haben.  Sie  schweigen  —  nicht 
aus  Abgestumpftheit  oder  weil  sie  längst 
vergessen  und  überwunden  hätten,  was  hin- 
ter ihnen  liegt,  sondern  weil  diese  Fragen 
ans  Zentrum  ihres  Daseins  rühren,  an  oft 
unverheilte  Narben,  die  anzutasten  immer 
wieder  bitter  schmerzt.  Dennoch  aber  sollte 
man  nicht  deshalb,  weil  man  den  Schmerz 
fürchtet  und  dieses  Anrühren  schwer  zu  be- 
wältigender, lastender  Fragen,  auch  vor 
sich  selbst  schweigen  und  diese  Fragen 
sorgsam  umgehen. 

Denn  wieviel  würde  erträglicher,  wenn 
mancher  —  und  nicht  nur  ein  Kriegsblinder! 
—  über  das  Lastende  und  Ungeklärte  hinweg 
zu  einer  klärenden  Freiheit  vorstoßen  würde, 
die  ihm  sein  Schicksal  verständlicher  macht! 
Die  gefährliche  Frage  nach  dem  „Warum?" 
oder  „Warum  gerade  ich?"  ist  nicht  zu 
lösen  aus  einer  Einstellung  des  Protestes 
und  der  Opposition  heraus,  sondern  nur  nach 
einer  männlichen  Bejahung.  Dafür  ein  Bei- 
spiel: 

Drei  kriegsblinde  Kameraden  saßen  zu- 
sammen, und  da  fiel,  als  man  auf  das  eigene 
Schicksal  zu  sprechen  kam,  das  mit  Selbst- 
verständlichkeit hingeworfene  Wort:  „Ja, 
wenn  die  Kugel  nur  einen  Zentimeter  weiter 
links  geflogen  wäre,  dann  könnte  ich  noch 
sehen!"  Und  ein  anderer  läßt  seine  Gedan- 
ken in  der  gleichen  Richtung  spielen:  „Ja, 
warum  konnte  ich  nicht  einen  Schritt  weiter 
nach  links  gehen?  Warum  mußte  die  Mine 
gerade  an  dieser  Stelle  liegen  und  nicht 
fünf  Zentimeter  seitwärts?  Es  ist  eben  alles 
Zufall!" 

Zufall?  Ja,  wollen  und  können  wir  diesem 
ungreifbaren  Gespenst  des  Zufalls  alle  Macht 
überlassen,  wie  wir  es  mit  solchen  Fragen 
tun?  Wenn  eine  planlose,  launenhafte  Willkür 
über  uns  am  Werk  ist,  dann  allerdings  kön- 
nen wir  kaum  Ruhe  und  Trost  finden,  denn 
dann  herrscht  über  uns  ja  ein  grauenvolles, 
elendes  Chaos.  Wer  könnte  das  ertragen? 
Wer  möchte  sich  einer  so  sinnlos  waltenden 
Macht  ausgeliefert  wissen?  Nein,  nicht  der 
Zufall,  dieser  höhnische  Verächter  jeden 
Maßes  und  Rechtes,  kann  diese  Welt  regie- 
ren, sondern  nur  eine  unbeeinflußbare,  alles 
wissende,  alles  umgreifende  Ordnung. 
Das  sei  unser  Glaube,  auch  wenn  diese  gött- 
liche Ordnung  oft  undurchschaubar  ist  in 
ihren  Eingriffen.  Es  ist  ja  ein  Walten,  das 
über  den  Menschen  steht  und  daher  nicht 
von  uns  begreifbar  ist. 

Es  gibt  eine  Antwort  auf  unsere  bitteren 
oder  anklagenden  Rufe:  „Warum?"  Es  muß 
diese  Antwort  geben.  Das  zu  wissen,  ist 
schon  Trost  genug  —  zu  wissen  also  nur 
dies,  daß  es  eine  solche  Antwort  gibt,  gültig 
und    segensreich.    Die    Antwort    selbst    zu 


kennen,  steht  uns  vielleicht  nicht  zu.  Wir 
haben  nur  das  Recht,  darauf  zu  vertrauen, 
daß  eine  solche  Antwort  uns  einst  gegeben 
wird.  Ahnen  können  wir  die  Antwort,  er- 
spüren können  wir  sie,  wir  können  darum 
ringen,  aber  eben  immer  in  der  Gewißheit, 
daß  nicht  ein  leerer  Zufall  unserem  Schicksal 
eine  Wende  gab.  Denn  wäre  alles  Geschehen 
ein  zufälliges.,  ein  wirres  Spiel  zusammen- 
hanglos verpuffender  Ereignisse,  fremd  ge- 
gen alle  Gesetzlichkeiten  und  Wertungen,  so 
wären  wir  Menschen  einer  grauen  Verlassen- 
heit preisgegeben,  in  der  es  keinen  mäch- 
tigen Schutz  und  keine  Rettung  vor  dem  Un- 
gewissen und  Bösen  gibt.  Woher  sollte  auch 
nur  ein  einziger  Mensch  noch  seine  Berufung 
und  Bestimmung  empfangen?  Wo  könnte  es 
noch  Verantwortung  geben  in  einer  Welt 
gesetzesfremden  Wirrsals?  Wie  könnte  noch 
mit  deinem  Leid  ein  Auftrag  verbunden  sein, 
der  deinem  Leben  einen  neuen  Sinn  gibt? 

Nein,    keiner    sollte    mehr    von     „Zufall" 
sprechen.  Wir  dürfen  glauben,  daß  wir  uns 


geborgen  fühlen  dürfen  unter  einer  uns  alle 
gewaltig  umschließenden  Ordnung.  Das  erst 
macht  es  uns  möglich,  unser  Leid  —  und 
auch  unser  Glück  —  bejahend  zu  tragen.  Das 
ist  eine  Sache  der  Zuversicht,  also  der  inner- 
sten Kräfte,  nicht  des  Verstandes,  der  nach 
„vernünftigen"  Gründen  fragt.  Wie  sollten 
wir  kleinen  Menschen  begreifen  können,  was 
Wille  und  Absicht  eines  höchsten  Gesetz- 
gebers ist?  Sein  Walten  unterliegt  nicht  un- 
serem Urteil,  und  in  Ehrfurcht  müssen  wir 
uns  ihm  beugen.  Aber  ist  das  nicht  ungleich 
beglückender,  als  ein  Sichbeugen  vor  dem 
Zufall? 

Gerade  in  dieser  Osterzeit  sollten  wir  ein- 
mal darüber  nachdenken.  Jeder,  der  unter 
einem  schweren  Leid  zu  seufzen  hat,  ist  in 
Bruderschaft  verbunden  mit  dem  Leidens- 
mann am  Kreuz,  und  jeder  kann  mit  ihm 
auch  eine  Auferstehung  erfahren.  Wie  blaß 
und  dumm  wird  es  da,  sich  selbst  als  Opfer 
eines  heimtückisch   bösen  Zufalls  zu  sehen. 

F.  W.  H. 


Die  vordringlichsten  Aufgaben  der  Kriegsblindenbetreuung 

Die  Beratungen  bei  der  Bundesbeiratssitzung  in  Wiesbaden 


Am  Samstag,  dem  8.  und  Sonntag,  dem 
9.  März  1952,  fand  im  Taunushotel  zu  Wies- 
baden die  5.  ordentliche  Bundesbeiratssitzung 
des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands 
e,  V.  statt.  Teilnehmer  und  allein  stimm- 
berechtigt waren  die  sämtlich  anwesenden 
Vorsitzenden  der  12  Landes- 
verbände. Selbstverständlich  nahmen 
auch  die  Mitglieder  des  Bundesvorstandes 
und  die  Sachbearbeiter  an  der  Sitzung  teil. 
Wiederum  stand  eine  umfangreiche  Tages- 
ordnung zur  Debatte.  Trotzdem  wurde  jeder 
Punkt  mit  großer  Gründlichkeit  erörtert,  an 
beiden  Tagen  bis  spät  in  die  Nacht  hinein, 
und  ohne  den  leisesten  Mißklang  in  einem 
Geist  echter,  ja  froher  Kameradschaft.  Bei 
allem  Ernst  der  Beratungen  und  bei  aller 
körperlichen  und  geistigen  Anstrengung  kam 
also  auch  immer  wieder  jene  überlegene  und 
im  Lachen  verbindende  Humor  zum  Durch- 
bruch, der  eine  echte  Kameradschaft  aus- 
zeichnet und  eigentlich  erst  beglaubigt.  Nicht 
zuletzt  war  dieser  gute,  tragende  Geist  der 
Sitzung  unserem  Bundesvorsitzenden  Dr. 
Plein  und  der  Art  seiner  Verhandlungs- 
führung zuzuschreiben,  der  bei  aller  Leiden- 
schaft in  der  Sache  und  bei  aller  Präzision 
doch  alles  andere  als  ein  Bürokrat  oder  ein 
Paragraphenreiter  ist. 

Es  ist  hier  gar  nicht  möglich,  auch  nur  an- 
nähernd die  Beratungspunkte  zu  erörtern. 
Allein  das  zusammenfasende  Protokoll  der 
Sitzung  umfaßt  28  eng  beschriebene  Manu- 
skriptseiten, Es  seien  hier  nur  einige  Punkte 
genannt,  die  jeden  Kameraden  interessieren 
dürften.  So  wurde  z.  B.  zu  Beginn  der  Sitzung 


beraten,  in  welcher  Weise  der  Landes- 
verband Bayern,  ohne  die  Satzungen 
unseres  Bundes  zu  verletzen,  eine  eigene, 
eingetragene  juristische  Person  schaffen 
könne,  die  für  die  Kriegsblinden-Arbeits- 
fürsorge  in  Bayern  als  Gesellschafter  fun- 
gieren kann.  Die  bayerischen  Kameraden 
Birngruber  und  Wendel  betonten  dabei,  daß 
sie  keinen  Partikularismus  betreiben  wollen 
und  daß  sie  selbstverständlich  die  ge- 
schlossene Einheit  unserer  Schicksalsgemein- 
schaft bejahen. 

Ein  anderer  Punkt  der  Erörterungen  des 
ersten  Tages  bezog  sich  auf  unkamerad- 
schaftliche Aktionen  eines  einzelnen  kriegs- 
blinden Außenseiters,  der  mit  seinen  Ver- 
suchen, selbständig  tätige  Handwerker- 
kameraden für  egoistische  Ziele  ein- 
zuspannen, in  einer  geradezu  kläglichen  und 
lächerlichen  Weise  gescheitert  ist.  Auch  hier 
bewies  und  bewährte  sich  erneut  die  groß- 
artige Geschlossenheit  unserer  Schicksals- 
gemeinschaft. 

Mit  der  Entgegennahme  der  Be- 
richte begann  der  zweite  Sitzungstag.  Der 
wichtigste  dieser  Berichte,  nämlich  der  Ge- 
schäftsbericht der  Bundesleitung,  ist  unseren 
Lesern  im  Januar-  und  Februarheft  der  Zeit- 
schrift unter  der  seit  vielen  Jahren  traditio- 
nellen Überschrift  „Rückschau  und  Ausblick" 
bekanntgeworden.  Ergänzungen  dazu,  ins- 
besondere hinsichtlich  der  Gesetzgebung, 
wurden  bekanntgegeben  und  lebhaft  erörtert. 
Der  Bundesschatzmeister,  Kamerad  Leo  Kratz, 
legte  den  Bundesbeiratsmitgliedern  den 
Jahres-Kassenbericht        schriftlich 


vor  und  erläuterte  ihn.  Außer  dem  ordent- 
lichen Kassenbericht,  der  dem  im  Vorjahr 
genehmigten  Haushaltsvoranschlag  ent- 
sprach, war  aus  Gründen  der  Übersichtlich- 
keit ein  außerordentlicher  Kassenbericht 
aufgestellt  worden,  insbesondere  mit  den 
Einnahmen  aus  Spenden,  Werbeaktionen 
usw.  und  den  Ausgaben  für  das  Kriegs- 
blindenhaus  in  Bonn.  Auch  über  einen 
unserem  Bund  zugefallenen  Nachlaß  wurde 
Abrechnung  gegeben.  Kam.  Bischoff  (Berlin) 
ciab  in  diesem  Zusammenhang  Bericht  über 
die  unserem  Bund  wieder  zugesprochenen 
Berliner  Grundstücke  Wilhelms- 
höhe, Metfesselstraße  und  Mehringdamm, 
bei  denen  es  sich  um  schwer  verwendbare 
Trümmergrundstücke   handele. 

Kam.  Bierwerth  (Göttingen)  gab  als  Leiter 
der  Erholungsfürsorge  einen  Bericht 
über  sein  Sachgebiet.  Auch  hier  hatten  die 
Bundesbeiratsmitglieder  einen  schriftlichen 
Geschäftsbericht  nebst  Bilanz  erhalten.  Es 
wurde  die  erfreuliche  Entwicklung  des  Jahres 
1951  unterstrichen,  die  es  u.  a.  auch  ermög- 
licht hat,  die  Verpflegung  noch  wesentlich  zu 
verbessern.  Große  Sorgen  macht  allerdings 
die  Platzzuteilung,  da  für  die  Sommer- 
monate viele  Zurückweisungen  erfolgen 
müssen,  während  manche  Heime  im  Winter 
oder  in  den  Ubergangsmonaten  infolge  einer 
meist  unverständlichen  Voreingenommenheit 
der  Kameraden  oft  schwach  belegt  sind.  In 
Zukunft  sollen  die  Landesverbände  bei  der 
Platzzuteilung,  die  anteilsmäßig  den  Landes- 
verbänden zugeteilt  wird,  noch  mehr  als 
bisher  Einfluß  erhalten.  Die  Kameraden  Birn- 
gruber  und  Schnaitmann  ergänzten  den  Be- 


Bevorzugte  Abfertigung  ? 

Es  ist  bekanntlich  ein  seit  Jahrzehnten  fest- 
stehender Grundsatz,  daß  Schwerbeschädigte 
bei  allen  Behörden  und  Schaltern  den  unbe- 
strittenen Vortritt  haben  und  bevorzugt  ab- 
gefertigt werden  sollen.  Allerdings  —  wohl 
jeder  von  uns  hat  schon  die  leidige  Erfah- 
rung gemacht,  daß  die  anderen  Wartenden 
nicht  gerade  erbaut  davon  sind,  wenn  man 
z.  B.  am  Postschalter  sein  Vortrittsrecht  gel- 
tend machen  will.  Manche  Wartenden  sind 
sogar  recht  entrüstet  und  wir  hören  dann: 
„Ja,  wir  haben  auch  keine  Zeit,  uns  eilt  es 
auch",  oder  man  kann,  wenn  leichter  Be- 
schädigte unter  den  Wartenden  sind,  den 
Vorwurf  vernehmen:  „Wir  sind  auch  Be- 
schädigte." Viele  von  uns  ziehen  ein  be- 
schwerliches Warten  deshalb  diesen  uner- 
quicklichen Streitereien  vor. 

Daß  aber  gar  eine  Behörde  das  Vortritts- 
recht der  Schwerbeschädigten  nicht  anerkennt, 
ist  neu.  Die  nachfolgende  Mitteilung,  die  hier 
nicht  von  einem  kirchlichen  Standpunkt  aus 
beleuchtet  werden  soll  und  die  wir  dem 
„Berliner  Blatt"  entnehmen,  ist  hoffentlich 
einzigartig.  An  der  Tür  der  Rechtsantrags- 
stelle im  Amtsgericht  Spandau 
(Westberlin)  hängt  ein  Plakat  mit  folgender 
Bekanntmachung : 

„Nach  Möglichkeit  werden  bevorzugt  ab- 
gefertigt: 1.  Kirchenaustritte,  An- 
träge auf  Erteilung  des  Auseinandersetzungs- 
scheins zur  Wiederverheiratung.  2.  Schwer- 
beschädigte mit  amtlichen  Ausweis,  Vormün- 
der und  Pfleger  mit  Bestallung  sowie  ge- 
brechliche Personen  ..." 

Nun  schön,  mancher  mag  es  mit  einem 
Kirchenaustritt  sehr  eilig  haben  und  es  mag 
auch  eine  wenig  zeitraubende  Sache  sein,  — ■ 
aber  man  kann  darüber  doch  nur  verwundert 
den  Kopf  schütteln,  wenn  man  deswegen 
Schwerbeschädigte  vor  der  Tür  stehen  läßt. 
Wie  gesagt,  es  vergeht  dir  oft  die  Lust,  den 
Ausweis  vorzuzeigen,  und  wenn  es  dir  in 
den  Knien  noch  so  schwach  wird  .  .  . 

Th.  GM. 


rieht  mit  Mitteilungen  über  die  Heime  in  • 
Söcking  und  Wildbad.  Das  Heim  in  Söcking 
besuchten  im  Vorjahr  324  Bayern  und 
76  Nichtbayern.  80  bayerische  Kameraden 
besuchten  andere  Heime.  Vom  Heim  in 
Wildbad,  das  noch  im  Dezember  voll  belegt 
gewesen  ist,  wurde  berichtet,  daß  wie  im 
Vorjahr  auch  in  diesem  Sommer  versucht 
werden  soll,  10  bis  12  Zimmer  außerhalb  des 
Kurheimes  zu  bekommen,  um  noch  mehr 
Kameraden  aufnehmen  zu  können.  Die  Heil- 
erfolge seien  gerade  bei  den  Winterkuren 
ganz  hervorragend. 

Von  echter  Kameradschaft  zeugten  die  Be- 
ratungen darüber,  ob  man  den  Kriegs- 
blindenwitwen  für  den  Aufenthalt  in 
unseren  Heimen  eine  Ermäßigung  des  Selbst- 
zahlerpreises von  5,50  DM  gewähren  könne. 
Es  fand  der  Beschluß  einhellige  Zustimmung, 
daß  den  Witwen,  wenn  sie  als  Selbstzahler 
kommen,  in  den  Übergangsmonaten  der 
Aufenthalt  zu  einem  Preis  von  3, —  DM  täg- 
lich gewährt  werden  könne. 

Inzwischen  war  der  Bundestagsab- 
geordnete Viktor  Preusker  (FDP) 
eingetroffen,  dem  Kam.  Dr.  Plein  nach  einer 
herzlichen  Begrüßung  das  Wort  erteilte.  In 
wohltuender  und  überzeugender  Weise 
stellte  sich  Abg.  Preusker  auf  die  Seite  der 
Kriegsblinden,  deren  Anliegen  immer  zu  ver- 
treten er  versprach.  Als  einer  der  jüngsten 
Abgeordneten  —  bei  Kriegsausbruch  war  er 
26  Jahre  alt  —  hat  er  aus  seinem  Miterleben 
des  Krieges  bis  zum  bitteren  Ende  trotz  aller 
Schwierigkeiten  seine  Mitverantwortung  am 
Wiederaufbau  gesehen  und  sich  der  poli- 
tischen Mitarbeit  zur  Verfügung  gestellt. 
Vornehmlich  für  Wirtschafts-  und  Wohnungs- 
fragen zuständig,  gab  er  dem  Bundesbeirat 
einen  interessanten  Überblick  über  die 
gegenwärtige  Lage,  deren  erfolgreiche 
Meisterung  eine  unbedingte  Voraussetzung 
für  die  Sozialgesetzgebung  ist  und  bleibt. 
Abg.  Preusker  ging  sodann  auf  die  Einzel- 
fragen ein,  die  Kam.  Dr.  Plein  in  seiner  Be- 
grüßung mit  den  Problemen  des  Schwer- 
geschädigtengesetzes und  der  Versorgungs- 
gerichtsbarkeit angeschnitten  hatte.  Abg. 
Preusker  will  sich  dafür  einsetzen,  daß  im 
Gesetz  ausdrücklich  vermerkt  werde,  daß 
jeder  für  Blinde  geeignete  Arbeitsplatz  mit 
Blinden  besetzt  werde  und  Betriebe  mit  200 
oder  mehr  Arbeitnehmern  auf  je  200  Arbeit- 
nehmer einen  Blinden  einstellen  müßten, 
wenn  nicht  die  Berliner  Regelung  (auf  je  100 
Arbeitnehmer  ein  Blinder)  zu  erreichen  sei. 

Mehrere  Landesverbandsleiter  brachten  in 
der  anschließenden  Diskussion  besondere 
Sorgen  oder  Vorschläge  zum  Ausdruck,  z.  B. 
zu  dem  geplanten  Blindenwarenschutzgesetz, 
wobei  der  Abgeordn'ete  Preusker  sehr  viel 
Verständnis  für  unsere  Sache  bewies  und 
auch  die  Unterstützung  seiner  Fraktion  bei 
der  Durchsetzung  der  verschiedenen  An- 
liegen zusagte. 

Feierliche  Überreichung  des  Hörspielpreises 

In  den  Mittagsstunden  des  9.  März  fand 
im  Rahmen  der  Bundesbeiratssitzung  unter 
Teilnahme  vieler  Ehrengäste  die  feierliche 
Überreichung  des  diesjährigen  „Hörspiel- 
preises der  Kriegsblinden"  an  den  Dichter 
Erwin  Wickert  (Heidelberg)  statt.  Dr.  Plein 
begrüßte  zunächst  die  Gäste,  darunter  Frau 
Ministerialrätin  Dr.  Spangenberg,  die  den 
verhinderten  Kultusminister  Metzger  vertrat, 
sowie  den  Vertreter  der  Stadt  Wiesbaden, 
Herrn  Stadtrat  Jost,  den  Bundestagsabgeord- 
neten Preusker,  den  Vertreter  des  Hessischen 
Rundfunks,  Dr.  Lauterbach,  Herrn  Pfarrer 
Göding  als  Vertreter  der  Kirche,  Herrn  Do- 
zenten Dr.  Giesz  als  Vertreter  der  im  Preis- 
gericht tätigen  Fachkritiker  sowie  Herrn  Dr. 
Fillies  als  Vertreter  der  Rundfunkzeitschrift 
,,Hör  zu".  Leider  war  Herr  Staatssekretär 
a.  D.  Bredow,  der  seine  Teilnahme  zugesagt 
hatte,  im  letzten  Augenblick  am  Erscheinen 
verhindert  worden. 


Friedr.  W.  Hymmen  berichtete  zu  Beginn 
über  den  Sinn  des  Hörspielpreises  und  über 
den  Verlauf  der  Beratungen  des  Preis- 
gerichts, dem  fünf  Kriegsblinde  und  fünf  der 
angesehensten  Rundfunkkritiker  angehört 
haben.  Das  besondere  Ziel  der  Beratungen 
sei  es  gewesen,  jenes  Hörspiel  auszuzeich- 
nen, das  nicht  nur  durch  seinen  rundfunk- 
eigenen, künstlerischen  Charakter,  sondern 
auch  durch  die  menschliche  Wirkung  auf  den 
Hörer  am  glücklichsten  der  Aufgabe  eines 
Hörspiels  entspreche.  Er  gab  sodann  den 
Namen  des  Preisträgers  bekannt:  D  r.  E  r  w  i  n 
Wickert,  dessen  von  der  Sendestella 
Heidelberg  des  Süddeutschen  Rundfunks  ur- 
gesendeten  Hörspiels  „Darfst  du  die  Stunde 
rufen?"  als  bestes  aller  1951  gesendeten  Hör- 
spiele  zu  bezeichnen  sei. 

Wer  kann  die  Stunde  rufen? 

Nachdem  Dr.  Plein  den  mit  seiner  Gattin 
erschienenen  Preisträger  unter  großem  Bei- 
fall aufs  herzlichste  begrüßt  hatte,  erteilte  er 
Frau  Ministerialrätin  Dr.  Span- 
ge n  b  e  r  g  das  Wort,  die  sich  in  sehr  fein- 
sinniger und  kenntnisreicher  Weise  für  die 
hohe  Bedeutung  des  Hörspiels  aussprach.  Das 
Hörspiel  sei  die  neue  Kunstform,  so  meinte 
sie,  und  sie  bestätigte  insbesondere  die  aus- 
gezeichnete Wahl  des  Preisgerichtes,  wenn 
gerade  dieses  Hörspiel  von  Erwin  Wickert 
ausgezeichnet  worden  sei.  Die  Kriegsblinden 
hätten,  als  das  Schicksal  sie  heimsuchte,  trotz 
der  aufbrechenden  Verzweiflung  nicht  die 
Stunde  ihres  Todes  gerufen.  „Dann  kam  die 
Gnade,  auch  die  haben  Sie  nicht  ruleh 
können  ...  Sie  sind  die  Berufenen,  neben 
den  wenigen  echten  Hörspieldichtern,  die 
den  Menschen  das  sagen  können,  den 
Menschen,  die  verlernt  haben,  zu  lauschen 
und  zu  schauen;  sie  können  nur  noch  hören 
und  sehen.  Nur  wer  wie  Sie  reifen  durfie, 
der  kann  wieder  in  die  Tiefe  lauschen. 
Bringen  Sie  uns  diese  Bilder  der  Tiefe,  darin 
ist  Ihr  Schicksal  Gnade  gewor- 
den, nicht  nur  für  Sie  selbst,  sondern  auch 
für  die  anderen  Menschen." 

In  ähnlicher  Weise  bestätigte  Stadtrat 
Jost  die  hohe  Bedeutung  des  Hörspiel- 
preises. Auch  Bundestagsabgeordnetcr 
Preusker  unterstrich  die  besondere  Ziel- 
setzung dieses  Preises,  nämlich  jenes  Hör- 
spiel auszuzeichnen,  das  „am  wenigsten  dem 
Schein,  dem  Vergänglichen,  am  meisten  aber 
der  Wahrhaftigkeit,  dem  Menschlichen  und 
dem  Unvergänglichen  diene."  Es  müsse  zur 
höchsten  Ehre  für  die  deutschen  Künstler 
werden,  aus  den  Händen  der  Kriegsblinden 
den  Preis  zu  erhalten.  —  Auch  die  Worte 
von  Pfarrer  Göding  zeugten  von  ähnlich 
großem  Verständnis. 

Herr  Dr.  Lauterbach,  der  Leiter,  der 
Abteilung  Hörspiel  beim  Hessischen  Rund- 
funk, wandte  sich  in  seiner  Ansprache  gegen 
die  geringe  Beachtung  des  Hörspiels  in  der 
Presse  und  gab  seiner  Befriedigung  darüber 
Ausdruck,  daß  Herrn  Dr.  Wickert  der  Preis 
zugefallen  sei.  Die  Rundfunkanstalten  seien 
den  deutschen  Kriegsblinden  sehr  dankbar 
dafür,  daß  mit  diesem  Preis  dem  Hörspiel 
und  seinen  Dichtern  in  der  Öffentlichkeit  zur 
berechtigten  Anerkennung  verholten  werde. 

Sodann  übergab  der  erste  Bundesvor- 
sitzende mit  Worten  höchster  Anerkennung 
und  Freude  die  als  Preis  vom  Rundfunk  ge- 
stiftete Plastik  „Der  Entenfänger" 
unseres  kriegsblinden  Kameraden  Jakob 
Schmitt  aus  Mainz  dem  Dichter,  der  mit  be- 
wegten Worten  für  die  Ehrung  dankte.  Aus 
dieser  Ansprache  drucken  wir  an  anderer 
Stelle  unserer  Zeitschrift  die  wesentlichen 
Teile  ab.  Zum  Schluß  nahm  Erwin  Wickert 
noch  die  Ehrung  der  Rundfunkzeitschrift 
,,  H  ö  r  z  u  "  entgegen,  die  Herr  Dr.  Fillies  im 
Auftrage  seines  Verlages  überbrachte. 

Nach  dieser  erhebenden  Feier,  die  alle  An- 
wesenden offensichtlich  auf  das  tiefste  beein- 


druckte,  vereinigte  ein  gemeinsames  Mittag- 
essen die  Bundesbeiratsmitglieder  und  die 
Gäste. 

Organisatorische  Fragen 

Der  Nachmittag  begann  mit  Erörterungen 
über  die  Entwicklung  unserer  Zeitschrift, 
denen  sich  organisatorische  Fragen  an- 
schlössen, u.  a.  auch  die  Frage  der  Auslands- 
vertretung und  unsere  Mitarbeit  im  Welt- 
blindenrat.  Es  wurde  beschlossen,  als  Sach- 
bearbeiter für  Auslandsfrayen  den 
Landesverbandsleiter  von  Südbaden,  Kam. 
Alfons  Schramm,  zu  beauftragen,  der 
außer  dem  Bundesvorsitzenden  Dr.  Plein 
auch  in  den  Weltblindenrat  entsandt  werden 
soll.  Vielerlei  Einzelfragen,  von  der  Betreu- 
ung der  Ostzonenkameraden  bis  hin  zur  Ein- 
führung einer  Unfallversicherung  für  die  im 
Dienst  unseres  Bundes  ehrenamtlich  tatigen 
Kameraden  wurde  besprochen. 

Schwer  lösbar  schien  das  Problem  der 
Unterbringung  und  Verwendung  der 
Kriegsblindenbücherei,  die  bisher 
in  Braunlage  gelagert  hat.  Die  ursprüngliche 
Planung,  die  Bücherei  in  Marburg  einzurich- 
ten, mußte  aus  verschiedenen  Gründen  fallen 
gelassen  werden.  Auf  Antrag  des  Kameraden 
Schütz  (Dortmund)  wurde  nun  beschlossen, 
die  Kriegblindenbücherei  für  die  in  Aus- 
sicht genommene  Punktschriftbücherei  in 
Münster,  über  die  wir  im  vorigen  Heft  mit 
einer  kurzen  Notiz  berichteten,  zur  Verfü- 
gung zu  stellen. 

Mit  allgemeinem  Bedauern  wurde  zur 
Kenntnis  genommen,  daß  unser  Kamerad 
Karl  Wendel  (München)  sein  Amt 
als  Sachbearbeiter  für  Handwerkerhagen 
und  als  Vorstandsmitglied  der  Deutschen 
Blindenarbeit  zur  Verfügung  gestellt  hat, 
und  zwar  wegen  Überlastung,  da  er  nicht 
nur  die  Kriegsblindenarbeitsfürsorge  in 
München,  sondern  auch  den  großen  Bezirk 
Oberbayern  übernommen  hat.  Dr.  Plein 
sprach  Kam.  Wendel  im  Namen  des  Bundes 
für  seine  bisher  geleistete  aufopfernde  Mit- 
arbeit seinen  Dank  aus.  Als  Nachfolger  in 
der  DBA  ist  bereits  Kam.  R  o  s  n  e  r  (Kassel) 
gewählt  worden,  der  auf  Wunsch  des  Bundes- 
vorsitzenden und  des  Bundesbeirates  die 
Nachfolge  des  Kam.  Wendel  übernommen 
hat.  Da  im  Bundesvorstand  durch  den  Kam. 
Neil  die  Interessen  des  Kriegsblindenhand- 
werks  genügend  vertreten  sind,  wurde  zu- 
nächst von  der  Wahl  eines  besonderen  Sach- 
bearbeiters für  Handwerkerfragen  ab- 
gesehen. Es  wurde  in  diesem  Zusammenhang 
hervorgehoben,  daß  die  Zusammenarbeit  im 
Bundesvorstand  überaus  harmonisch  sei. 
Versorgungsrecht 

Von  großer  Bedeutung  waren  aie  Erörte- 
rungen zu  dem  Punkt  „versorgungsrechtliche 
Fragen  und  Sonderfürsorge".  Insbesondere 
wurden  die  Fragen  der  Versorgungs- 
gerichtsbarkeit erörtert,  deren  bal- 
dige Klärung  der  Bund  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  mit  Entschiedenheit  fordert,  da- 
mit die  Berufungen  erledigt  werden  können. 
Unser  Bund  hat  schon  seit  längerer  Zeit  des- 
halb die  Vorab-  Einrichtung  von  Versor- 
gungsgerichten gefordert. 

Nicht  weniger  dringlich  ist  eine  Klärung 
der  Frage  der  Entziehung  der  Sozial- 
r  e  n  t  e  n  bei  berufstätigen  Kriegsblinden. 
Hier  wird  in  verschiedenen  Ländern  noch 
sehr  widerspruchsvoll  vorgegangen,  doch  ist 
e~  nicht  leicht,  in  Kürze  eine  einheitliche 
und  günstige  Lösung  des  Problems  bei  den 
höchsten  Instanzen  zu  erwirken. 

Hinsichtlich  der  Sozialfürsorge  wurde  be- 
kanntgegeben, daß  die  Berufsberatung 
für  Kriegsblinde  nach  einem  begrüßens- 
werten Erlaß  des  Bundesarbeitsministeriums 
L  im  engsten  Einvernehmen  mit  der  Hau  l> 
fürsorgestelle  zu  geschehen  hat,  die  'hrer- 
seits  gerade  auch  hier  mit  der  Kriegsblinden- 
organisation  zusammenarbeitet.  In  lebhafter 
Aussprache    wurden    eine    Anzahl    weiterer 


Einzelfragen  der  Fürsorge  erörtert  und  Er- 
fahrungen ausgetauscht. 

Das  Schwergewicht  dieser  Beratungen  lag 
bei  der  Erörterung  des  im  Regierungsent- 
wurf vorliegenden  Gesetzes  zur  Einstellung 
von  Schwerbeschädigten.  über- 
haupt steht  ja  die  Berufsfürsorge  im  Vorder- 
grund der  Arbeit  unseres  Bundes.  Immer 
noch  muß  ein  Teil  unserer  Kam2raden,  die 
unter  der  Arbeitslosigkeit  schweren  see- 
lischen Schaden  nehmen,  untergebracht  wer- 
den. So  erwarten  die  Kriegsblinden  eine 
besondere  Berücksichtigung  durch  das  Ge- 
setz, und  zwar  vornehmlich  unter  dem  Ge- 
sichtspunkt der  Fürsorge.  Vor  allem  geht  es 
darum,  daß  bestimmte,  für  Blinde  besonders 
geeignete  Arbeitsplätze  auch  nur  den 
Blinden  vorbehalten  bleiben.  Neben 
der  Berufsberatung  ist  auch  die  Auswahl 
der  Plätze  eine  fürsorgerische  Angelegenheit, 
die  daher  nicht  von  der  Arbeitsverwaltung, 
sondern  von  den  Hauptfürsorge- 
stellen geleistet  werden  muß.  Kam. 
Weber  (Düsseldorf)  erstattete  über  den  Ge- 
setzentwurf und  seine  Probleme  dem  Bundes- 
beirat Bericht,  und  nach  längerer  Aussprache 
wurden  die  Grundzüge  einer  Eingabe  fest- 
gelegt, mit  der  die  Bundesleitung  unser'a 
Forderungen  bei   der   Bundesregierung   vor- 


bringen wird.  Wir  drucken  den  Wortlaut 
dieses  Beschlusses  weiter  unten  ab. 

Auch  Fragen  der  Handwerkerfür- 
sorge bis  hin  zu  dem  prozentualen  Um- 
fang, den  der  Vertrieb  von  Zusatzwaren  ein- 
nehmen soll,  wurden  erörtert.  Die  Fragen 
der  Neuregelung  der  Handwerkerfürsorge  in 
Hamburg  und  Schleswig-Holstein  konn- 
ten, wie  der  Bundesvorsitzende  darlegte,  be- 
friedigend gelöst  werden.  Künftig  sind  die 
Landesverbände  Hamburg  und  Schleswig- 
Holstein  allein  stimmberechtigte  Gesell- 
schafter der  Kriegsblinden-Arbeitsgeinein- 
schaft  St.  Georg  in  Hamburg. 

Zum  Schluß  der  Tagung  wurden  verschie- 
dene Einzelfragen  behandelt,  so  z.  B.,  daß 
Aussicht  besteht,  weitere  Schlagwerkuhren 
für  Ohnhänder  zu  beschaffen.  Auch  die  An- 
regung aus  Kameradenkreisen,  eine  Sport- 
meisterschaft durchzuführen,  wurde  zur  De- 
batte gestellt,  und  der  Eifer  unserer  Schach- 
spieler wurde  schließlich  mit  der  Aussetzung 
eines  Preises  für  die  Schachmeisterschaften 
belohnt. 

Mitternacht  war  längst  vorbei,  als  die 
Sitzung  geschlossen  werden  konnte  und  Dr. 
Plein  den  Bundesbeiratsmitgliedern  den 
Dank  für  ihre  Mitarbeit  bei  der  Lösung 
ernster  Aufgaben  aussprach. 


Das  Gesetz  über  die  Beschäftigung  Schwerbeschädigter 

Entschließung  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V. 


Die   Bundesleitung   hat   die   folgende   Entschlie- 
ßung an  die  maßgeblichen  Instanzen  geleitet: 

Der  Bundesbeirat  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  hat  sich  auf  seiner  Arbeits- 
tagung in  Wiesbaden  im  März  d.  J.  ein- 
gehend mit  dem  Regierungsentwurf  über  die 
Beschäftigung  Schwerbeschädigter  befaßt.  Be- 
reits seit  dem  1.  Weltkrieg  hat  unsere  Orga- 
nisation die  berufliche  Versorgung  der 
Kriegsblinden  als  eine  ihrer  Hauptaufgaben 
angesehen,  ist  doch  die  befriedigende  Arbeit 
für  den  Kriegsblinden  eine  unerläßliche  Vor- 
aussetzung, um  mit  seinem  harten  Geschick 
fertig  zu  werden.  Durch  das  tatkräftige  Mit- 
wirken unserer  Schicksalsgemeinschaft  und 
das  gute  Beispiel  zahlreicher  im  Beruf  stehen- 
der Kriegsblinder  war  es  in  der  Vergangen- 
heit möglich,  eine  große  Zahl  Kriegsblinder 
in  den  verschiedensten  Berufen  unterzu- 
bringen. Durch  den  2.  Weltkrieg  ist  die  Zahl 
der  Kriegsblinden  in  der  Bundesrepublik  auf 
über  7000  angestiegen.  Hinzu  kommt  noch 
die  große  Zahl  der  Zivilblinden,  die  nach 
dem  Regierungsentwurf  ebenso  wie  die 
Kriegsblinden  zu  vermitteln  sind  und  deren 
Zahl  ein  Vielfaches  der  Kriegsblinden  be- 
trägt. Die  Zahl  der  zu  vermittelnden  Blinden 
ist  daher  sehr  groß,  besonders  da  viele  hei- 
matvertriebene Kriegsblinde  noch  keinen 
Arbeitsplatz  gefunden  haben  und  viele,  bis- 
her als  Handwerker  tätige  Blinde,  infolge 
der  vollständigen  Aussichtslosigkeit,  hierin 
auch  nur  eine  einigermaßen  befriedigende 
Berufsbetätigung  zu  finden,  neuen  Berufs- 
möglichkeiten zugeführt  werden  müssen. 
Allein  die  Zahl  der  Kriegsblinden,  die  z.  Z. 
durch  die  gemeinnützigen  Kriegsblinden- 
Handwerkerfürsorgeeinrichtungen  unserer 
Schicksalsgemeinschaft  betreut  werden,  be- 
trägt rund  2000,  die  Zahl  der  blinden  Hand- 
werker insgesamt  über  7000,  von  denen 
mindestens  die  Hälfte  anderen  Berufen  zu- 
geführt werden  muß,  wenn  für  den  Rest  eine 
Beschäftigungsmöglichkeit  mit  durchschnitt- 
lichen Monatsverdiensten  von  80  bis  100  DM 
erreicht  werden  soll.  Z.  Zt.  erreicht  der 
Monatsverdienst  eines  blinden  Handwerkers 
durchschnittlich  nicht  einmal  30  DM  monatlich. 

Die  Kriegsblinden  erwarten  bei  dieser 
gesteigerten  Zahl  der  zu  vermittelnden  Blin- 
den, daß: 

1.  die  bevorzugte,  berufliche  Beratung,  Untv. 
bringung  und  Betreuung  der  Blinden  zen- 


tralisiert von  den  auf  diesem  Gebiete 
durch  jahrzehntelange  Erfahrung  bewähr- 
ten Hauptfürsorgestellen  mit 
tatkräftigster  Unterstützung  der  Arbeits- 
verwaltung durchgeführt  wird. 

2.  Im  §  4  des  Entwurfes  bitten  wir  nach 
Absatz    1    folgenden   Zusatz   zu   bringen: 

„Für  Blinde  geeignete  Arbeitsplätze 
müssen  bevorzugt  mit  einem  Blinden  be- 
setzt werden.  Arbeitgeber,  die  in  ihren 
Betrieben  über  wenigstens  200  Arbeits- 
plätze verfügen,  müssen  jeden  200. 
Arbeitsplatz  mit  einem  Blinden  be- 
setzen. 

3.  Die  im  §  9  Abs.  2  vorgesehene  Ausgleichs- 
abgabe in  Höhe  von  30  DM  monatlich  ist 
mindestens  auf  5  0DM  monatlich  zu  er- 
höhen. 

Begründung: 

Wenn  wir  auch  vom  Standpunkte  der 
Kriegsblinden  zum  Regierungsentwurf  ver- 
schiedene Wünsche  haben  und  grundsätzlich 
nicht  verstehen  können,  daß  man  einerseits 
die  Zahl  der  Vermittlungsberechtigten  nach 
dem  Gesetz  ohne  zwingende  Gründe  ver- 
mehrt, andererseits  aber  die  Pflichtquote 
bei  den  privaten  Arbeitgebern  von  8  auf 
6  Prozent  heruntersetzt  und  durch 
beide  Maßnahmen  die  in  erster  Linie  unter- 
zubringenden Schwerkriegsbeschädigten,  die 
noch  in  größerer  Zahl  auf  ihre  berufliche 
Unterbringung  warten,  beeinträchtigt,  so 
haben  wir  uns  doch  auf  die  für  Blinde  haupt- 
sächlichen drei  Forderungen  beschränkt.  Wir 
hoffen,  daß  in  Anerkennung  unserer  beschei- 
denen Forderungen  diese  aber  restlos  in  der 
von  uns  gewünschten  Form  in  das  Gesetz 
hineingebaut  werden.  Zur  Begründung  un- 
serer Forderung  zu  Punkt  1  weisen  wir  dar- 
auf hin,  daß  wir  unter  Aufrechterhaltung 
unserer  Auffassung,  daß  die  Blinden  nicht 
nur  befähigt,  sondern  auch  gewillt  sind,  auf 
den  ihnen  vermittelten  Arbeitsplätzen  voll- 
wertige Arbeit  zu  leisten,  sie  doch  sowohl 
bei  der  Berufsberatung  wie  bei  der  Berufs- 
vermittlung, während  der  beruflichen  Tätig- 
keit und  auch  sonst  in  jeder  Beziehung  zur 
Erhaltung  ihrer  Arbeitskraft  ständiger  für- 
sorgerischer Betreuung  bedürfen.  Nur  durch 
eine  möglichst  vom  Kriegsblinden  selbst  be- 
triebene oder  unterstützte,  vorgehende  und 
nachgehende  Fürsorge  konnte  es  erreicht 
werden,  daß  die  Kriegsblinden  die  Staunens- 


■werten  beruflichen  Leistungen  vollbringen 
konnten,  wie  sie  nach  dem  1.  Weltkriege 
und  auch  jetzt  nach  dem  2.  Weltkrieg  mit 
Recht  die  Bewunderung  der  Öffentlichkeit 
erregen.  Hierzu  gehört  aber  noch  mehr  wie 
bei  anderen  Schwerbeschädigten  bei  den 
Kriegsblinden  dieWohnungs-  und  Erholungs- 
fürsorge, die  Beschaffung  geeigneter  Blin- 
denhilfsmittel  und  sonstige  fürsorgerische 
Betreuung,  die  nur  als  ein  Ganzes  aufgefaßt 
und  durchgeführt  werden  kann.  Wenn  wir 
auch  voll  und  ganz  anerkennen,  daß  die 
Arbeitsverwaltung  hier  mit  all  ihren  großen 
Möglichkeiten  die  Arbeit  der  Hauptfür- 
sörgestellen  unterstützen  muß,  so  sind  wir 
doch  der  Auffassung,  daß  diese  fürsorge- 
rische Betreuung  in  erster  Linie  und 
federführend  den  Hauptfürsorgestellen  ver- 
bleiben muß,  die  auf  diesem  Gebiet  auf  eine 
jahrzehntelange  Praxis  und  Erfahrung  zu- 
rückblicken können. 

ZuPunkt2:  Die  berufliche  Beschäftigung 
von  Blinden  ist  in  Anbetracht  des  Umstan- 
des,  daß  in  erster  Linie  alle  bisherigen 
Arbeitsplätze  fast  ausschließlich  nach  für 
sehende  Arbeitnehmer  geltenden  Gesichts- 
punkten geschaffen  wurden,  außerordentlich 
schwierig.  Die  Erfahrung  hat  gelehrt,  daß 
hier  in  Zusammenarbeit  von  wohlwollenden 
Arbeitgebern,  verständnisvollen  Fürsorgern 
und  unwiderstehlich  nach  Arbeit  drängen- 
den, geeigneten  Blinden  erst  die  Arbeits- 
plätze geschaffen  werden  müssen,  auf 
denen  Blinde  vollwertige  Arbeit  zu  leisten 
imstande  sind.  Die  Arbeitsmöglichkeiten  für 
Blinde  konnten  erst  zum  größten  Teil  nach 
Überwindung  festgewurzelter  Vorurteile  und 
größter  Widerstände  durch  vorbildliche  Lei- 
stungen geeigneter  Kriegsblinder  geschaffen 
werden.  Wir  erinnern  hier  insbesondere  an 
den  Beruf  des  blinden  Telefonisten,  des  blin- 
den Beamten  und  Angestellten  bei  Behörden 
und  sonstigen  Betrieben,  des  blinden  Geistes- 
arbeiters und  andere.  Es  dürfte  daher  von 
uns  keine  unberechtigte  Forderung  sein,  daß, 
wenn  es  in  Betrieben,  die  der  Einstellungs- 
pflicht des  Gesetzes  unterworfen  sind,  solche 
für  Blinde  geeigneten  Arbeitsplätze  gibt, 
diese  Arbeitsplätze  bevorzugt  mit  Blinden 
besetzt  werden  müssen.  Bei  der  Art  des 
Schicksals  der  Blindheit  und  seiner  Schwere 
sind  auch  solche  Arbeitsplätze  nur  in  ganz 
bescheidenem  Umfange  geschaffen  und  vor- 
handen, und  wenn  den  Kriegsblinden  der 
Segen  der  Arbeit  aus  einer  seelischen  Vor- 
aussetzung für  die  Meisterung  ihres  schwe- 
ren Schicksals  durch  Berufsbetätigung  ge- 
bracht werden  soll,  dann  müssen  all  diese 
Stellen  in  erster  Linie  Blinden  vorbe- 
halten werden.  Darüber  hinaus  vertreten 
wir  aber  die  Auffassung,  daß  Arbeitgeber, 
die  mehr  als  200  Arbeitnehmer  beschäftigten, 
bei  einigem  Wohlwollen  nicht  nur  die  Mög- 
lichkeit, sondern  die  Verpflichtung  haben, 
auf  je  200  Arbeitnehmer  einen  Arbeitsplatz 
einzurichten,  der  einem  Kriegsblinden  ge- 
stattet, vollwertige  Arbeitskraft  zu  sein. 
Das  arbeitstherapeutische  Beispiel  dieses 
Kriegsblinden  mit  der  besonderen  Heraus- 
stellung der  Arbeitsbetätigung  als  eine  see- 
lische Notwendigkeit  für  jeden  Menschen 
rechtfertigt  gegenüber  diesen  größeren  Be- 
trieben allein  schon  unsere  Forderung.  Die 
Erfahrungen  in  Berlin,  wo  eine  solche  Be- 
stimmung mit  der  Verpflichtung  besteht, 
schon  bei  100  Arbeitnehmern  einen  Blinden- 
platz  zu  schaffen,  haben  gezeigt,  daß  diese 
Bestimmung  sich  zum  Segen  der  nach  einer 
Berufsbetätigung  strebenden  Blinden  und 
nicht,  wie  von  einigen  Seiten  behauptet 
wurde,  zu  deren  Schaden  ausgewirkt  hat. 
Niemand  kam  auf  den  Gedanken,  daß 
Arbeitgeber  mit  weniger  als  100  beschäf- 
tigten Arbeitnehmern  überhaupt  keinen  Blin- 
den einzustellen  brauchten.  Dies  wird  auch 
schon  eindeutig  dann  klargestellt,  wenn  un- 
sere Forderung  zu  II  Abs.  1  berücksichtigt 
wird,  wonach  jeder  für  Blinde  geeignete 
Pflichtplatz  mit  einem  Blinden  besetzt  wer- 


den muß.  Diese  Bestimmung  hat  bisher  in 
keinem  Falle  dazu  geführt,  daß  auch  nur 
einem  Arbeitgeber  durch  Zwangsarbeits- 
vertrag ein  Blinder  aufgenötigt  werden 
mußte.  In  den  vergangenen  Jahrzehnten 
ist  es  im  Falle  von  Kriegsblinden  niemals 
zu  solchen  Zwangseinstellungen  von  Blinden 
gekommen,  andererseits  haben  aber  diese 
Bestimmungen  dazu  beigetragen,  daß  die 
Bereitschaft  und  die  Voraussetzung,  Blinde 
einzustellen,  durch  diese  Bestimmungen  bei 
vielen  Arbeitgebern  gefördert,  ja,  überhaupt 
geschaffen  werden  konnte. 

Zu  P  u  n  k  t  3  :  Die  Höhe  der  im  §  9  Abs.  2 
vorgesehenen  Ausgleichsabgabe  von 
monatlich  30  DM  ist  nicht  nur  nach  unserer 
Auffassung,  sondern  auch  nach  der  Auf- 
fassung derjenigen  Arbeitgeber,  die  bereit 
sind,  aus  ihrer  sozialen  Einstellung  heraus 
sogar  über  das  Gesetz  hinaus  Schwerbeschä- 
digte einzustellen,  viel  zu  gering  und  bietet 
mehr  einen  Anreiz  zur  Nichtein- 
steilung als  zur  Einstellung  von  Schwer- 
beschädigten. Eine  solch  niedrige  Ausgleichs- 
abgabe stellt  nicht  nur  eine  Belohnung  der 
unsozial  eingestellten  Arbeitgeber  dar,  son- 
dern   unterstützt    die    Bequemlichkeit    vieler 


Personalsachbearbeiter,  denen  die  geeignete 
Unterbringung  und  Beschäftigung  eines 
Schwerbeschädigten,  insbesondere  eines 
Schwerstbeschädigten  und  darunter  eines 
Blinden,  mehr  Kopfschmerzen  verursacht 
als  die  Bezahlung  der  Ausgleichsabgabe  von 
30  DM  monatlich.  Wir  sind  daher  der  Auf- 
fassung, daß  diese  Ausgleichsabgabe  min- 
destens auf  50  DM  erhöht  werden  muß,  nicht 
weil  wir  hoffen,  daß  dadurch  mehr  Aus- 
gleichszahlungen eingehen,  sondern  weil  wir 
erwarten,  daß  diese  erhöhte  Ausgleichs- 
abgabe gerade  böswillige  und  gleichgültige 
Einstellungsverpflichtete  veranlaßt,  ihrer 
Einstellungspflicht  nachzukommen. 

Wir  bitten,  unsere  vorstehenden  Forde- 
rungen bei  der  Neugestaltung  des  Gesetzes 
zu  berücksichtigen  und  uns  dabei  zu  unter- 
stützen, allen  Kriegsblinden,  die  noch  eine 
Berufsbetätigung  wünschen  und  noch  für 
eine  Berufsbetätigung  geeignet  sind,  einen 
Arbeitsplatz  zu  vermitteln,  der  ihnen  hilft, 
ihr  schweres  Schicksal  der  Blindheit  zu 
meistern. 

Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V. 

1.  Vorsitzender: 

gez.  Amtsgerichtsrat  Dr.  Plein. 


Pressestimmen  zum  Hörspielpreis 


Die  deutsche  Tagespresse  hat  neben  der  Rund- 
iunkiachpresse  dem  „Hörspielpreis  der  Kriegs- 
blinden" große  Beachtung  geschenkt.  Viele  große 
Blätter  brachten  teils  recht  umfangreiche  eigene 
Betrachtungen,  von  denen  wir  hier  einzelne 
typische  Sätze  abdrucken: 

„Keine  Institution  hat  bisher  einen  Preis 
für  gesendete  Hörspiele  gestiftet.  Jetzt  haben 
es  die  dankbarsten  und  intensivsten  Hörer 
getan:  die  Kriegsblinden  .  .  .  Mit  Recht  wurde 
das  Schwergewicht  bei  der  Prüfung  auf  die 
menschliche  Seite  gelegt  (ohne  daß  Zuge- 
ständnisse an  den  Rang  der  formalen  Be- 
wältigung gemacht  wurden),  weil  sich  das 
Hörspiel  nicht  an  exklusive  Kreise  wendet, 
sondern  an  alle,  und  das  bringt  auch  mensch- 
liche Verantwortung  mit  sich.  So  vertraten 
die  Kriegsblinden  nicht  nur  insofern  die 
Hörerschaft,  als  vor  dem  Lautsprecher  jeder- 
mann sozusagen  „blind"  ist,  sondern  auch 
darin,  daß  sie  auf  inneren  Zuspruch  ange- 
wiesen sind  —  wie  mehr  oder  weniger 
jedermann."         (iD  ie  Zei  f ,  Hamburg,  13.  3.) 

„Daß  es  die  Kriegsblinden  sind,  die  einen 
solchen  Einfall  hatten,  wirkt  verblüffend 
einfach  und  überzeugend.  Es  sollte  nicht 
ebenso  einfach  hingenommen  werden  von 
denen,  denen  der  Preis  geschenkt  wird.  Da- 
mit ist  nicht  nur  der  Hörspielautor  gemeint, 
nicht  nur  auch  die  Funkdramaturgie  .  .  ., 
sondern  vor  allem  wird  der  Preis  dem 
Hörer  selbst  zu  seiner  Nachdenklichkeit  ge- 
stiftet. Denn  es  ist  ein  Hörerkreis,  der  sich 
meldet,  der  die  Ehrung  vornimmt,  seine 
Freude  und  seine  Dankbarkeit  bezeugt,  der 
ermutigt  und  verwirft." 

(„F  rankiurter   Allgemeine",    3.    3.) 

„Endlich  einmal  wurde  außerhalb  des 
Rundfunks  und  der  Rundfunkpresse  das 
deutsche  Hörspiel  wirklich  ernst  genommen, 
nicht  nur  mit  einigen  schönen  Worten,  son- 
dern mit  einer  großartigen  Initiative." 

(„F  unk-  lllustr  ier  te",    Stuttgart,    16.    3.) 

„Seltsamerweise  hat  es  bisher  zwar  eine 
Reihe  von  Hörspiel-Wettbewerben  der  ein- 
zelnen Rundfunkstationen  gegeben,  aber 
noch  keinen  von  einer  Vertretung  der  Hörer- 
schaft ausgeschriebenen  Hörspielpreis.  Im 
Vorjahr  entschloß  sich  nun  der  Bund  der 
Kriegsblinden,  hier  eine  Bresche  zu  schlagen." 
(„N  eue   Zeitung",   München,   3.   3.) 

„Wieder  einmal  ist  von  einer  Gemein- 
schaft außerhalb  des  Rundfunks  eine  Lücke 
ausgefüllt  worden,  die  zu  schließen  eigent- 


lich Sache  des  Rundfunks  selbst  gewesen 
wäre  ..." 

(„Radio-  Alma  nach",    Frankfurt,    16.    3.) 

„Es  sollte  allen,  die  am  Rundfunk  arbeiten 
und  für  ihn  verantwortlich  sind,  zu  denken 
geben,  daß  sie  neben  den  Fachkritikern  eine 
große  Anzahl  von  Hörern  haben,  die  nicht 
weniger  scharfsinnig  urteilen  und  die  vom 
Rundfunk  mehr  verlangen  als  Unterhaltung 
und  billige  Gebrauchskunst." 

(„S  onntagsblati",    Hamburg,    16.    3.) 

„Daß  es  gerade  die  Kriegsblinden  sind,  die 
vom  Hörspiel  mehr  als  einen  nur  künst- 
lerischen Genuß  erwarten,  ist  sehr  bezeich- 
nend, und  es  ist  sehr  dankenswert.  Die 
Kriegsblinden  sind  ja  legitimiert,  nicht  nur 
die  Hörerschaft  insgesamt  zu  repräsentieren 

—  wer  dürfte  diesen  Anspruch  sonst  stellen! 

—  sie  sind  auch  legitimiert  dazu,  vom  Hör- 
spiel einen  inneren  Ertrag,  einen  mensch- 
lichen Gewinn  zu  verlangen,  eine  Hilfe  in 
den  Konflikten  unserer  Tage." 

(„Westfälische     Nachrichten", 
Münster,    11.   3.) 

„Kein  Zweifel:  von  diesem  Hörspielpreis 
wird  ein  nützlicher  Anstoß  ausgehen  .  .  .  Die 
Kriegsblinden  sind  für  den  Autor  die  wür- 
digste Instanz,  von  der  er  die  Ehrung  ent- 
gegennehmen kann.  Freilich:  Reichtümer 
können  von  ihnen  nicht  vergeben  werden. 
Und  so  hat  „Hör  zu!"  es  als  eine  Ehren- 
pflicht gegenüber  den  Kriegsblinden  und 
gegenüber  dem  deutschen  Hörspiel  be- 
trachtet, den  Preis  nach  der  materiellen 
Seite  hin  noch  gewichtiger  zu  machen." 

(„Hör  zu  !",   16.  3.) 

„Die  Auszeichnung  ist  von  großer  Bedeu- 
tung, da  hier  zum  erstenmal  und  mit  Ernst 
der  Versuch  gemacht  wurde,  das  deutsche 
Hörspielschaffen  zu  sichten  und  zu  werten. . . 
Es  ist  zu  hoffen,  daß  dieser  erste  deutsche 
Hörspielpreis,  mit  dem  von  der  Öffentlich- 
keit her  endlich  einmal  das  deutsche  Hör- 
spiel wirklich  ernst  genommen  wird,  eine 
Ermutigung  für  die  Autoren  ist  —  und  für 
die  Hörer." 

(„Kölnische   Rundschau".    8.    3.) 

„Zu  diesem  Hörspielpreis  wäre  zweierlei 
zu  sagen.  Erstens,  daß  Wickerts  Hörspiel  mit 
der  Frage,  wie  wir  Menschen  mit  dem  Leiden 
und  dem  Sterben  fertig  werden,  abseits 
aller  billigen  Aktualität  etwas  immer  Aktu- 
elles aufgriff,  etwas  allgemein  Menschliches. 
Zweitens,  daß  die  Kriegsblinden  wahrschein- 
lich   die    besinnlichsten     und    leidenschaft- 


liclisten  Rundfunkhörer  sind.  Um  den  An- 
blick der,  sei  sie,  wie  sie  wolle,  dennoch 
schönen,  bunten  Welt  betrogen,  bedürfen 
sie  der  Anregung  durch  das  Wort,  und  hier 
ist  wohl  die  Technik  einmal  uneingeschränkt 
zu  loben,  weil  sie  diesen  Leidenden  mühelos 
schenkt,  was  sie  sonst  entbehren  müßten." 
(„Der  Mit  tag",  22.  3.) 

„.  .  .  eine  Jury  der  feinnervigsten  Ver- 
treter, die  die  Hörerschaft  überhaupt  zur 
Verfügung  hat.  Wir  wollen  hoffen,  daß  auch 
künftighin  das  beste  Hörspiel  des  Jahres 
von  den  Hörern  gesucht  und  —  gefunden 
wird."  („Sürag",  Oltenburg,  23.  3./ 

„Die  Kriegsblinden  sind  die  am  feinsten 
reagierenden  Hörspielhörer.  Nur  was  ohne 
jeden  Rest  ins  Akkustische  übersetzt  ist,  be- 
glückt sie  ganz.  Damit  ist  schon  ein  recht 
wichtiger  Maßstab  für  die  Beurteilung  von 
Hörspielen  gewonnen." 

(„Westfälische  Zeitung",  Bielefeld,  18.3.) 

„Die  starke  Resonanz,  die  der  von  den 
Kriegsblinden  gestiftete  Hörspielpreis  ge- 
funden hat,  ist  ein  Zeichen  dafür,  daß  das 
Hörspiel  als  eigene  Kunstform  sich  weiter 
durchsetzt." 

(„Frankfurter   Rundschau",    10.   3.) 

„Was  aber  sollte  das  beste  Hörspiel  sein? 
Kann  man  bei  einem  Instrument  wie  dem 
Rundfunk  nur  nach  ästhetischen  oder  künst- 
lerisch formalen  Gesichtspunkten  urteilen? 
Gerade  die  Kriegsblinden  erwarten  mit  Recht 
mehr."     („W  es  tfale npos  t",  Hagen,  21.  3.) 

„Daß  die  Kriegsblinden,  denen  das  Durch- 
halten zu  einer  unerläßlichen  Maxime  ihres 
Lebenswillens  überhaupt  wurde,  gerade 
diesem  Stück  die  Krone  gaben,  ist  verständ- 
lich und  gut." 

( „F  r  ankf  ur  t  e  r  Allgemein  e",   10.  3.) 

„Es  werden  Hörspiele  herausgestellt,  die 
dem  Menschen  in  der  Not  eine  positive  sitt- 
liche Hilfe  bieten,  um  sein  Schicksal  zu 
meistern."  rKp  T  e  iburg  er  Kath.  Kirchenblatt") 

„Im  Grunde  kommt  es  vielleicht  gar  nicht 
so  sehr  auf  den  Namen  des  preisgekrönten 
Hörspielautors  an,  sondern  darauf,  daß  mit 
diesen  Bemühungen  dem  literarischen  und 
öffentlichen  Ansehen  des  Hörspiels  gedient 
wird.  Nicht  zuletzt  auch  darauf  —  und  das 
war  ein  Hauptanliegen  der  Kriegsblinden: 
den  deutschen  Hörspielautoren  zu  danken 
für  das,  was  Millionen  von  Hörern  von 
ihnen  empfangen." 

(„Schwab.  Landeszeitung" ,  Au  g  s  b  u  r  g  ,  22.  3.) 

„Bei  der  Verleihung  des  ersten  deutschen 
Hörspielpreises  durch  den  „Bund  der  Kriegs- 
blinden" ist  die  Forderung  aufgestellt  wor- 
den: „Wichtiger  als  literarische  und  ästhe- 
tische Gesichtspunkte  muß  die  gewinnreiche 
Aussage  sein".  Das  entspricht  durch- 
aus den  Bemühungen  des  Hessischen  Rund- 
funks. Das  Hörspiel  soll  —  ohne  lehrhaft  zu 
sein  —  Werte  vermitteln,  es  muß  genügend 
Gehalt  besitzen,  um  über  die  Stunde  hinaus 
zu  wirken;  es  soll  die  Welt  in  ihrer  Buntheit 
und  den  Menschen  in  seiner  Größe  und 
Schwäche  spiegeln." 

(Hessischer  Rundfunk,  Pressedienst,  28.  3.) 

„Man  kann  getrost  den  Hörspiel-Preis  ganz 
sachlich  als  eine  wichtige  Wegmarke 
der  Hörspiel-Geschichte  bezeich- 
nen. Er  packt  die  Frage  an:  Was  war?  Was 
ist?  Was  kann  besser  werden?  So  meint  es 
der  Hörer,  und  für  ihn  ist  das  Beste  gut 
genug.  Millionen  stehen  hinter  dem  so 
erfreulich  aktiv  sich  einschaltenden  Kriegs- 
blinden . . .  Daß  sie,  zu  Preisrichtern  berufen 
durch  ihre  schicksalsmäßige  Legitimation  wie 
durch  das  Vorrecht  ihrer  Initiative  bei  der 
Schaffung  des  Hörspiel-Preises,  nicht  nur  an 
sich  und  ihre  eigenen  Bedürfnisse  denken, 
sondern  allen  Hörern  dienen  wollen,  adelt 


Die  Kapitalabfindung 


Von  Oberverwaltungsrat  Seuferle,  Leiter  der  Hauptfürsorgestelle  Stuttgart 


ihren  Einsatz." 


(.Hör  z  u",  30.  3.) 


Die  Hingabe  einer  Kapitalabfindung  an 
Stelle  der  Rente  war  schon  nach  den  frühe- 
ren Versorgungsgesetzen  möglich.  Die  Grund- 
lagen dazu  sind  im  Gesetz  über  die  Kapital- 
abfindung von  Militärversorgungsgebühr- 
nissen  vom  3.  7.  1916  geschaffen  und  die 
damals  statuierten  Grundsätze  dann  in  das 
Reichsversorgungsgesetz  von  1920  und  in 
das  Wehrmachtsfürsorge-  und  -Versorgungs- 
gesetz von  1938  übernommen  worden.  Unter 
den  jetzigen,  durch  die  Kriegsfolgen  beding- 
ten Verhältnissen  kommt  der  Kapitalabfin- 
dung eine  fast  größere  Bedeutung  zu  als 
nach  dem  ersten  Weltkriege.  Dies  wird  durch 
die  Tatsache  deutlich,  daß  allein  im  Gebiet 
der  Bundesrepublik  durch  den  totalen  Krieg 
rund  4  Millionen  Wohnungen  völlig  zerstört 
oder  bis  zur  Unbrauchbarkeit  beschädigt 
worden  sind.  Zahllose  Menschen  leben  rein 
wohnungsmäßig  gesehen  unter  den  unwür- 
digsten und  ungesundesten  Verhältnissen, 
sind  zum  großen  Teil  weit  von  ihren  Arbeits- 
stätten weg  untergebracht  und  bilden  ein 
großes  Heer  sogenannter  Pendelarbeiter, 
deren  körperliche  und  seelische  Belastungs- 
fähigkeit durch  das  Zurücklegen  der  Wege 
in  einem  Ausmaße  beansprucht  werden,  das 
auf  Dauer  gesehen  ungute  Auswirkungen 
für  ihre  Gesundheit  befürchten  läßt. 

Die  ursprüngliche  Absicht  des  Gesetzgebers 
bestand  darin,  den  Kriegsopfern  durch  die 
Zahlung  ihrer  Rente  in  Form  eines  Kapitals 
entweder  die  wirtschaftliche  Eingliede- 
rung oder  den  Bau  eines  Eigenheims 
zu  ermöglichen.  Die  Gewährung  einer  Kapi- 
talabfindung an  Stelle  der  Grundrente  nach 
dem  BVG  ist  nur  für  Beschädigte  mit  einer 
Minderung  der  Erwerbsfähigkeit  um  wenig- 
stens 50  v.  H.  vorgesehen.  Voraussetzung 
für  die  Hingabe  der  Abfindung  ist  nach  wie 
vor  der  Erwerb  oder  die  wirtschaftliche 
Stärkung  eigenen  Grundbesitzes 
oder  aber  der  Erwerb  grundstücks- 
gleicherRechte.  Darüber  hinaus  jedoch 
findet  Anerkennung  noch  der  Erwerb  der 
Mitgliedschaft  in  einem  als  gemeinnützig 
anerkannten  Wohnungs-  oder  Siedlungs- 
unternehmen, sofern  hierdurch  die  Anwart- 
schaft auf  baldige  Zuteilung  einer  Wohnung 
oder  Siedlerstelle  durch  das  Unternehmen 
sichergestellt  ist,  auch  kann  Kapitalabfindung 
zum  Abschluß  eines  Bausparvertrags  mit 
einer  Bausparkasse  oder  mit  dem  Beamten- 
heimstättenwerk für  die  gleichen  Zwecke  in 
Betracht  kommen. 

Unter  grundstücksgleichen  Rechten  ist  nach 
den  Verwaltungsvorschriften  zu  §§  72  bis  80 
BVG  das  Miteigentum  an  einem  Grundstück 
oder  ein  Stockeigentum  zu  verstehen. 
Unter  gewissen  Voraussetzungen  kann  nun- 
mehr eine  Kapitalabfindung  auch  zum  Er- 
werb eines  Wohnungseigentums 
oder  eines  Dauerwohnrechtes  nach  dem 
Wohnungseigentumsgesetz  vom  15.  3.  1951 
(BGBl.  I,  S.  175)  gewährt  werden,  nicht  je- 
doch zum  Erwerb  einer  Mietwohnung  oder 
für  die  Hingabe  von  Baukostenzuschüssen 
für  eine  solche. 

Unter  wirtschaftlicher  Stärkung  im  obigen 
Sinne  ist  die  Entschuldung  oder  Ver- 
besserung der  Belastungsverhältnisse  eines 
Grundstücks,  die  Instandsetzung  und  Erweite- 
rung von  Wohn-  und  Geschäftsgebäuden, 
Erwerb  von  Landflächen  zur  Vergrößerung 
bereits  vorhandenen  Grundbesitzes,  aber 
auch  die  Ausführung  von  Bodenverbesserun- 
gen zu  verstehen.  Die  Gewährung  einer 
Kapitalabfindung  ist  dann  ausgeschlossen, 
wenn  das  Eigentum  an  dem  Grundstück  erst 
nach  einer  längeren  Bewährungszeit  auf 
den  Beschädigten  übertragen  werden  soll,  es 
sei  denn,  der  Grundstückseigentümer  oder 
Bauherr  verpflichtet  sich  vertraglich,  im  Falle 
der  späteren  NichtÜbertragung  des  Eigentums 


die  Kapitalabfindung  zurückzuzahlen.  Zum 
Bau  oder  Erwerb  von  Mietshäusern,  die 
vorwiegend  Erwerbszwecken  dienen  sollen, 
ist  die  Abfindung  im  allgemeinen  nicht  zu 
gewähren. 

Eine  weitere  Voraussetzung,  um  in  den 
Besitz  der  -Abfindung  zu  kommen,  ist,  daß 
der  Beschädigte  Eigentümer  des  in  Frage 
stehenden  Grundstücks  wird.  Der  Umstand, 
daß  die  Ehefrau  als  Miteigentümerin  des 
Grundstücks  eingetragen  ist  oder  eingetragen 
werden  soll,  steht  der  Bewilligung  nicht  ent- 
gegen, doch  muß  der  Beschädigte  selbst  a  1  s 
Miteigentümer  eingetragen  sein 
und  sein  Anteil  mindestens  dem  Wert  der 
Höhe  der  Kapitalabfindung  entsprechen.  Die 
Abfindung  kann  bewilligt  werden,  wenn  der 
Beschädigte  das  21.  Lebensjahr  vollendet 
und  das  55.  Lebensjahr  noch  nicht  zurück- 


Bundesleitung  dankt  dem  Rundfunk 

Auch  an  dieser  Stelle  spricht  der  Bund 
der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.  noch 
einmal  seinen  herzlichen  Dank  an  die  Arbeits- 
gemeinschaft der  öffentlich-rechtlichen  Rund- 
funkanstalten der  Bundesrepublik  aus.  Die 
Arbeitsgemeinschaft  hat  es  in  großzügiger 
und  selbstloser  Weise  ermöglicht,  den  „Hör- 
spielpreis der  Kriegsblinden"  zu  vergeben, 
vor  allem  durch  die  Finanzierung  der  Preis- 
richtersitzung in  Frankfurt.  Der  Bund  der 
Kriegsblinden  Deutschlands,  der  sich  mit  dem 
deutschen  Rundfunk  in  dem  gemeinsamen 
Ziel  einig  weiß,  das  Ansehen  des  Hörspiels 
in  der  Öffentlichkeit  zu  heben,  hat  die  be- 
reitwillige Hilfe  der  Arbeitsgemeinschaft  mit 
großer  Dankbarkeit  angenommen,  aber  auch 
als  Verpflichtung  dafür,  diesen  ersten  deut- 
schen Hörspielpreis  mit  besonders  verant- 
wortungsvollem Ernst  zu  beraten  und  zu 
vergeben. 


gelegt  hat;  Ausnahmen  können  auch  nach 
dem  55.  Lebensjahr  zugestanden  werden.  Es 
darf  jedoch  nach  Art  des  Versorgungsgrundes 
nicht  zu  erwarten  sein,  daß  innerhalb  des 
Abfindungszeitraumes  die  Rente  wegfällt 
bzw.  die  Erwerbsminderung  auf  weniger  als 
50  v.  H,  absinkt,  daneben  muß  für  eine 
nützliche  Verwendung  des  Geldes  Gewähr 
bestehen.  Antrag  auf  Abfindung  wird  am 
besten  bei  dem  Versorgungsamt  gestellt,  das 
für  die  Zahlung  der  Reute  zuständig  ist, 
jedoch  kann  der  Antrag  auch  bei  der  amt- 
lichen Fürsorgestelle  für  KB  und  KH  oder 
bei  einer  sonstigen  Behörde,  etwa  dem  Bür- 
germeisteramt angebracht  werden. 

Der  Antragsteller  ist,  sobald  erkennbar 
wird,  daß  er  Abfindung  begehrt,  ausdrück- 
lich darauf  hinzuweisen,  daß  über  seinen 
Antrag  erst  nach  Abschluß  einer  sorg- 
fältigen Prüfung  entschieden  wird.  Weiter 
ist  zu  empfehlen,  solange  der  Bewilli- 
gungsbescheid nicht  erteilt  ist,  keine 
bindenden  Verträge  abzuschließen, 
die  mit  der  Kapitalabfindung  erfüllt  werden 
sollen.  Die  Verwaltungsbehörde,  also  das 
Versorgungsamt  —  bzw.  Landesversorgungs- 
amt —  veranlaßt  sodann  eine  amtsärztliche 
Untersuchung  des  Antragstellers,  bei  der 
festgestellt  wird,  ob  vom  ärztlichen  Stand- 
punkt aus  Bedenken  gegen  die  Kapitalabfin- 
dung bestehen,  sowie  ob  durch  eine  etwaige 
Ansiedlung  eine  günstige  Beeinflussung  der 
Schädigungsfolgen  erwartet  werden  kann. 
Sodann  werden  die  Vorgänge  der  Haupt- 
fürsorgestelle für  Kriegsbeschädigte  mit  dem 
Ersuchen  zur  Prüfung  übergeben,  ob  für 
eine  nützliche  Verwendung  des  beanspruch- 
ten Geldes  Gewähr  besteht.  Hierüber  erhält 
der  Antragsteller  Mitteilung,  worauf  dann 
die  Prüfung  der  Nützlichkeit  der  beabsich- 


tigten  Verwendung  der  Kapitalabfindung 
einsetzt.  Diese  Prüfung  hat  sich  insbesondere 
auf  die  Familien-  und  Vermögensverhältnisse 
des  Antragstellers,  seine  persönliche  Eignung 
zu  der  beabsichtigten  Verwendung  der  Ab- 
findung, auf  den  zur  Errechnung  des  Ver- 
wendungszweckes erforderlichen  Geldbetrag 
sowie  auf  die  Beschaffenheit,  die  Belastungs- 
verhältnisse, den  Preis  des  zu  erwerbenden 
Grundstücks  und  die  Kosten  eines  etwa  be- 
absichtigten Baues  zu  erstrecken.  Die  für  die 
Prüfung  erforderlichen  Unterlagen  sind  von 
Amts  wegen  zu  beschaffen.  Der  Antragsteller 
hat  dabei  mitzuwirken. 

Weiter  wird  geprüft,  ob  und  welche  Maß- 
nahmen zur  Sicherung  des  Zwecks  der 
Abfindung  erforderlich  erscheinen.  Insbeson- 
dere auch,  ob  nach  Lage  des  Falles  die  Ein- 
tragung einer  Sicherungshypothek  angezeigt 
erscheint.  Gewährt  wird  eine  Kapitalabfin- 
dung für  einen  Zeitraum  von  10  Jahren, 
ausgezahlt  die  auf  8  Jahre  bemessene 
Grundrente,  der  Antragsteller  kann 
also  im  Höchstfalle  jeweils  mit  dem  Acht- 
fachen des  Jahresbetrags  seiner  Grundrente 
rechnen,  worauf  der  Anspruch  auf  die 
Gebührnisse,  an  deren  Stelle  die  Abfindungs- 
summe tritt,  für  die  Dauer  von  10  Jahren 
mit  Ablauf  des  Monats  der  Auszahlung 
erlischt. 

Obwohl  nicht  behauptet  werden  soll,  daß 
es  sich  bei  der  Inanspruchnahme  einer 
Kapitalabfindung  um  billiges  Geld  handelt, 
bedeutet  der  so  gewählte  Weg  der  Kapital- 


beschaffung für  die  Antragsteller  doch  meist 
die  einzige  Möglichkeit,  die  zum  Bau  eines 
Eigenheims  oder  zum  Erwerb  eines  grund- 
stücksgleichen Rechts  benötigten  Eigenmittel 
aufzubringen.  Die  Nützlichkeit  der  Verwen- 
dung der  Abfindung  wird  durch  die  zustän- 
dige Hauptfürsorgestelle  sehr  eingehend  und 
recht  kritisch  überprüft.  Es  muß  also  u.  a. 
feststehen,  daß  nach  Lage  der  Verhältnisse 
damit  gerechnet  werden  kann,  daß  der  An- 
tragsteller mindestens  10  Jahre  ohne  die 
ihm  kraft  Gesetzes  zustehende  Grundrente 
auszukommen  vermag.  Kann  ein  Ge- 
suchsteller aus  Gründen,  die  nicht  unbedingt 
in  seiner  Person  liegen  müssen,  für  einen 
längeren  Zeitraum  auf  seine  Grundrente 
nicht  verzichten,  so  muß  das  Vorliegen  der 
Nützlichkeit  verneint  werden,  da  ja  sonst 
durch  Einbehalten  der  Grundrente  unter  Um- 
ständen zwangsläufig  fürsorgerechtliche  Hilfs- 
bedürftigkeit des  Antragstellers  herbeige- 
führt werden  würde.  Erst  wenn  alle  Voraus- 
setzungen sorgfältig  überprüft  sind,  trifft 
die  Verwaltungsbehörde  —  Landesversor- 
gungsamt —  die  endgültige  Entscheidung 
über  den  Antrag. 

Erscheint  die  nützliche  Verwendung  des 
Geldes  nicht  gewährleistet,  so  ist  bindend 
vorgeschrieben,  daß  dem  Antragsteller  vor 
der  Entscheidung  nochmals  Gelegenheit  zur 
Äußerung  zu  geben  ist.  Aber  auch  durch  die 
Bewilligung  wird  ein  Anspruch  auf  Zahlung 
der  Abfindungssumme  noch  nicht  begründet; 
Gläubiger   oder   Erben   können   sie   deshalb 


Ein  neues  Zeichengerät  —  auch  für  Blinde 


Bei  der  Ausbildung  von  blinden  Masseuren 
in  der  „Massagebehandlung  innerer  Krank- 
heiten" erwies  es  sich  als  Nachteil,  daß  man 
Tast-Ergebnisse  nicht  aufzeichnen  und  damit 
auch  keine  klare  Vorstellung  von  dem  ge- 
winnen konnte,  was  sich  der  blinde  Masseur 
ertastet  und  was  er  sich  dementsprechend 
wahrscheinlich  vorstellt. 

Für  Ausbildungs-  und  Unterrichtszwecke, 
für  den  Erfahrungsaustausch  zwischen  Arzt 
und  Masseur  und  aus  sehr  bedeutsamen 
wissenschaftlichen  Gründen  mußte  deshalb 
eine  Vorrichtung  entwickelt  werden,  mit  der 
man  sowohl  das,  was  der  Massierende  er- 
tastet, als  auch  die  Lage  der  Schmerzen,  die 
der  Kranke  empfindet,  möglichst  genau  und 
nicht  in  irgendein  vorgedrucktes  Schema, 
sondern  gleich  in  das  photographische  Bild 
des  Patienten  einzeichnen  kann. 

Diese  Vorrichtung  konnte  jetzt  zum  Pa- 
tent angemeldet  werden. 

Ihre  Wirkungsweise  kann  die  Abbildung 
verdeutlichen.  Sie  zeigt  die  Photographie 
eines  Knaben,  in  die  die  Umrisse  seines  Kör- 
pers, aber  auch  seiner  Badehose,  des  Rippen- 
bogens, des  Mundes  usw.  zusätzlich  mit 
weißen  Strichen  eingezeichnet  erscheinen. 
Tatsächlich  erfolgte  das  Einzeichnen  natür- 
lich nicht  in  die  Photographie,  sondern  es 
wurde  der  Knabe  im  Dunkeln  und  vor  der 
entsprechend  eingestellten  Kamera  mit  dem 
Zeichengerät  abgetastet,  und  es  wurde  dabei 
das  Aufleuchten  einer  beweg- 
lichen Lichtguelle  photographiert. 
Zum  Schluß  wurde  dann  das  Bild  des  Knaben 
auf  das  gleiche  Filmstück   aufgenommen. 

Damit  wird  es  möglich,  die  besonderen 
Tastleistungen  des  blinden  Masseurs  unter 
Beweis  zu  stellen;  denn  man  braucht  ihm  nur 
die  Aufgabe  zu  stellen,  einen  Patienten  mit 
der  Vorrichtung  abzutasten  und  kann  dann 
das  photographierte  Ergebnis  seiner  Unter- 
suchung mit  den  Ergebnissen  anderer  Unter- 
sucher am  gleichen  Patienten  vergleichen. 
Auf  die  gleiche  Weise  kann  auch  der  blinde 
Masseur  seine  Tast-Testergebnisse  mühelos 
und  exakt  aufzeichnen  und  z..  B  dem  Arzt 
vorlegen,  um  ihm  so  Einblick  in  den  Krank- 
heitsbefund und  in  Verlauf  und  Wirkungs- 
weise der  Behandlung  zu  geben. 


Da  man  statt  eines  Patienten  jeden  be- 
liebigen Gegenstand  mit  dem  Gerät 
abtasten  und  die  Vorrichtung  mannigfach 
kombinieren  kann,  dürften  sich  noch  viele 
Anwendungsmöglichkeiten  gerade  auch  für 
Blinde  herausfinden  lassen.  Anregun- 
gen werden  gern  entgegengenommen. 

Dr.  med.  Johannes  Hille, 
(24b)  Neustadt/Holst.,  Kreienredder  2. 


Photographie  eines  Knaben,  in  die  mit  der  neuen 
Vorrichtung  von  Dr.  med.  Hille  aui  photogra- 
phischem Wege  die  abgetasteten  Umrisse  des 
Körpers,  der  Kleidung  und  Einzelheiten  des  Ge- 
sichtes  eingetragen  wurden. 


nicht  beanspruchen.  In  dem  erteilten  Bescheid 
sind  der  Verwendungszweck  der  Abfindung 
und  die  Empfangsberechtigten  zu  bezeichnen 
sowie  eine  Frist  für  den  Nachweis  der  be- 
stimmungsgemäßen Verwendung  zu  setzen, 
im  Falle  der  nicht  rechtzeitigen  oder  bestim- 
mungsmäßigen Verwendung  der  Abfindung 
steht  dem  Fijäkus  ein  Rückforderungsrecht  zu. 

Vor  Ablauf  von  10  Jahren  können  dem 
Abgefundenen  die  kapitalisierten  Bezüge 
gegen  Rückzahlung  eines  Teils  der 
Abfindungssumme  dann  wieder  bewilligt 
werden,  wenn  wichtige  Gründe  dafür  vor- 
liegen. Die  Verpflichtung  zur  Rückzahlung 
beschränkt  sich  nach  Ablauf  des  1.  Jahres 
auf  92  v.  H.  der  Abfindungssumme,  nach 
Ablauf    des    9.    Jahres    noch    auf    12    v.    H. 

Die  Ausführung  der  Entscheidung  nach 
Maßgabe  der  in  dem  Bescheid  des  Landes- 
versorgungsamts enthaltenen  Auflagen  und 
die  Überwachung  der  weiteren  nützlichen 
Verwendung  einer  Abfindung  obliegen  der 
Hauptfürsorgestelle  unter  Mitwirkung  der 
Fürsorgestelle  des  Wohnortes  des  Abgefun- 
denen. Die  Maßnahmen  zur  Verhinderung 
der  Weiterveräußerung  eines  erworbenen 
Grundstückes  sind  im  wesentlichen  nicht  zu- 
gunsten des  Fiskus,  sondern  insbesondere 
auch,  soweit  es  sich  um  die  Eintragung  einer 
Sicherungshypothek  handelt,  mehr  oder 
weniger  zum  Schutze  des  Antragstellers  ge- 
dacht. 

Stirbt  der  Antragsteller  inner- 
halb der  Zeit,  für  die  Kapitalabfindung 
gewährt  worden  ist,  so  besteht  für  die  recht- 
mäßigen Erben  keine  Pflicht  zur  Zurück- 
zahlung der  Kapitalabfindung.  Besonders 
vermerkt  zu  werden  verdient,  daß  aus  der 
Bewilligung  der  Abfindung  nicht  auf  Aus- 
zahlung geklagt  werden  kann.  Die  Geschäfte 
der  freiwilligen  Gerichtsbarkeit  bei  der 
Durchführung  der  von  der  zuständigen  Ver- 
waltungsbehörde (Landesversorgungsami) 
angeordneten  oder  verlangten  Maßnahmen 
zur  Verhinderung  alsbaldiger  Weiterver- 
äußerung des  Grundstücks  oder  des  an  ihm 
bestehenden  Rechts  sind  kosten-  und  stempel- 
frei. Diese  Vorschrift  findet  auf  die  den 
Notaren  zukommenden  Gebühren  und  Aus- 
lagen keine  Anwendung. 

Nach  dem  Grundsteuergesetz  in  der  Fas- 
sung vom  10.  August  1951  (BGBl.  1951  S.  524) 
ist  in  §  30  folgende  Steuervergünsti- 
gung für  abgefundene  Kriegsbeschädigte 
vorgesehen:  „Der  Veranlagung  der  Steuer- 
meßbeträge für  Grundbesitz  solcher  Kriegs- 
beschädigten, die  zum  Erwerb  oder  zur  wirt- 
schaftlichen Stärkung  ihres  Grundbesitzes 
eine  Kapitalabfindung  auf  Grund  des  Ge- 
setzes über  die  Versorgung  der  Opfer  des 
Krieges  vom  20.  Dezember  1950  erhalten 
haben,  ist  der  um  die  Kapitalabfindung  ver- 
minderte Einheitswert  zugrunde  zu  legen. 
Die  Vergünstigung  wird  nur  so  lange  gewährt, 
als  die  Versorgungsgebührnisse  wegen  der 
Kapitalsabfindung  in  der  gesetzlichen  Höhe 
gekürzt  werden." 

Fallen  die  Voraussetzungen  für  die  Ver- 
günstigung weg,  so  ist  der  Steuermeßbetrag 
mit  Wirkung  vom  Beginn  des  folgenden 
Rechnungsjahres  an  zu  berichtigen.  Eine 
weitere  Vergünstigung  besteht  insoweit,  als 
bei  unmittelbarer  Begleichung  der  Erwerbs- 
kosten eines  Grundstücks  mit  Kapitalabfin- 
dung nach  Maßgabe  des  §  8  des  Grunderwerb- 
steuergesetzes die  Grunderwerb- 
steuerbefreiung dann  eintritt,  wenn 
der  Kaufpreis  den  15fachen  Betrag  der 
Kapitalabfindungssumme  nicht  überschreitet. 

Die  genannten  steuerlichen  Vergünstigun- 
gen sind  für  die  Antragsteller  auf  Kapital- 
abfindung von  spürbarer  wirtschaftlicher  Be- 
deutung. 

Trotz  der  unbestreitbaren  Vorzüge,  die  die 
Inanspruchnahme  einer  Kapitalabfindung  an 
Stelle  von  fortlaufend  zu  zahlender  bzw.  zu 
gewährender  Grundrenten  bieten,  weil  sie 
den  Antragstellern  das  sonst  meist  nicht  zu 
beschaffende  Kapital  in  die  Hand  geben, 
muß  jeder  Beschädigte  gegebenenfalls  sehr 


sorgfältig  prüfen,  ob  er  auch  wirk- 
lieh in  der  Lage  ist,  10  Jahre  auf  die  in 
Betracht  kommende  Grundrente  zu  verzich- 
ten. Oft  sind  die  Anstrengungen  und  Ent- 
behrungen, die  Beschädigte  sich  und  ihren 
Familien  auferlegen,  um  ein  Eigenheim  zu 
erhalten,  so  groß,  daß  sie  fast  über  deren 
Kräfte  gehen.  Andererseits  bleibt  häufig  kein 
anderer  Weg,  als  mit  Hilfe  der  Abfindung 
ein  Eigenheim  zu  erwerben,  um  die  Trennung 
von  der  Familie  dann,  wenn  ein  Schwer- 
beschädigter auf  einem  Arbeitsplatz  unter- 
gebracht ist,  der  mit  seinem  Familienwohn- 
sitz nicht  zusammenfällt,  zu  beseitigen.  Viele 
Heimatvertriebene,  die  zugleich  Schwerbe- 
schädigte sind,  mußten  dem  Zwang  der  Um- 
stände folgend  oftmals  zunächst  in  Gebieten 
angesetzt  werden,  in  denen  sie  ihrer  Schädi- 
gung wegen  beruflich  nur  schwer  oder  gar 
nicht  versorgt  werden  können.  Müssen  sie 


dann  eine  Arbeit  annehmen,  die  für  sie 
versehbar  ist,  die  aber  andererseits  minde- 
stens die  Woche  über  eine  Trennung  von 
ihrer  Familie  bedeutet,  so  reichen  Einkom- 
men und  Rente  zusammen  meist  nicht  aus, 
um  den  Lebensunterhalt  der  Familie  und 
die  Kosten  für  den  getrennten  Haushalt  zu 
bestreiten.  Das  Bestreben  Schwerbeschädigter, 
mit  den  Familien  zusammenzuwohnen,  ist 
nicht  nur  verständlich,  sondern,  da  sie  ja 
ohne  eine  gewisse  Pflege  ihrer  Angehörigen 
einfach  nicht  bestehen  können,  ein  zwingen- 
des Gebot.  Insoweit  kommt  der  Kapital- 
abfindung auch  in  bezug  auf  die  binnen- 
ländische Umsiedlung  eine  nicht  geringe  Be- 
deutung zu,  und  es  bleibt  nur  zu  hoffen  und 
zu  wünschen,  daß  in  jedem  Etatjahr  hin- 
reichend Mittel  für  den  in  Frage  stehenden 
Zweck  durch  die  Bundesregierung  bereit- 
gestellt werden  können. 


Wir  dürfen  nicht  blind  sein 


Es  ist  früher  Vormittag  und  ich  bin  allein 
im  Zimmer.  Im  ganzen  Hause  ist  es  still, 
und  nur  von  draußen  dringt  ab  und  zu  das 
Lärmen  spielender  Kinder  an  mein  Ohr. 
Eigentlich  weiß  ich  jetzt  nicht,  was  ich  tun 
soll,  aber  da  bemerke  ich  plötzlich,  wie  es  im 
-Zimmer  heller  wird.  Ein  Sonnenstrahl  hat 
meine  Hand  getroffen  und  das  macht  mir  das 
Zimmer  hell.  Ich  schaue  zum  Fenster  und 
sehe,  wie  sich  gerade  die  Sonne  über  die 
Platanen  des  Schulgartens  schiebt  und  ihre 
Bündel  zu  mir  wirft.  Mein  Blick  folgt  dem 
Strahl  und  sieht,  wie  er  über  meine  Hand 
hinweg  auf  den  hellgrauen  Teppich  fällt, 
dessen  Gewebe  sich  an  dieser  Stelle  vei- 
goldet.  Wie  ein  ins  Zimmer  gehaltener  Stab 
sieht  der  Sonnenstrahl  aus,  in  dessen  durch- 
sichtigem und  leuchtendem  Inneren  un- 
zählige winzige  Staubteilchen  munter  tanzen. 
Ich  hebe  meine  Hand  mitten  hinein  und 
baue  mit  dem  Schatten  der  Finger  allerlei 
Figuren  in  das  goldgelbe  Oval  auf  dem 
Teppich.  Mir  gefällt  diese  Spielerei,  und  ich 
versuche,  diesem  Strahl  zu  folgen,  wenn  er 
immer  näher  nach  dem  Fenster  geht,  je 
höher  die  Sonne  steigt.  Leider  dauert  dieses 
Spiel  nicht  lange,  denn  bald  ist  die  Sonne 
verschwunden,  und  ich  merke  auch,  wie  es 
im  Räume  wieder  etwas  dunkler  wird. 
Sonderbar,  denke  ich. 

Obwohl  ich  total  schwarzblind  bin,  sehe 
ich  doch,  was  um  mich  herum  geschieht,  und 
das  macht  mich  glücklich;  denn  ich  habe  die 
Kraft —  durch  das  Wärmeempfinden  auf  der 
Hand  angeregt  —  mit  meinem  geistigen 
Auge  dies  sehend  zu  erleben. 

Indem  ich  daran  denke,  fällt  mir  ein  Artikel 
ein,  den  mir  meine  Frau  vor  längerer  Zeit 
aus  einer  Tageszeitung  des  Ruhrgebieles 
vorgelesen  hat.  Es  war  im  vergangenen 
Jahr,  als  die  Haus-  und  Straßensammlung 
für  Kriegs-  und  Zivilblinde  abgehalten 
wurde.  Ein  Reporter  dieser  Zeitung  hatte 
deshalb  einige  Blinde  —  darunter  auch 
Kriegsblinde  —  besucht,  um  in  einem  Artikel 
deren  Aussagen  und  seine  Eindrücke  nieder- 
zuschreiben. Einer  dieser  Berichte  ist  mir 
noch  deutlich  in  Erinnerung,  und  ich  muß 
immer  wieder  an  ihn  denken,  wenn  ich  mir 
die  Umwelt  vor  mein  inneres  Auge  führe. 
Der  Bericht  erzählte  von  einem  Kriegs- 
blinden, der  in  Zurückgezocjenheit  sein 
Dasein  fristet.  Neben  allerlei  sehr  zweifel- 
haften Anschauungen  stand  da  dem  Sinne 
nach  etwa  folgendes:  Der  Kriegsblinde  lebt 
mit  seiner  Frau  in  einer  kühl  und  nur  zweck- 
mäßig eingerichteten  Wohnung,  deren 
Schmucklosigkeit  sofort  ins  Auge  fällt.  Nach 
Befragen  antwortete  die  Frau:  „Warum 
sollen  wir  unsere  Wohnung 
schmücken?  Mein  Mann  kann  es  doch 
nicht  sehen,  und  ich  würde  ihm  sein  Leiden 
dadurch  nur  immer  wieder  deutlich  machen. 
Deshalb  habe  ich  auch  alle  Bilder  von  den 


Wänden  genommen  und  als  einzigen 
Schmuck  haben  wir  eine  kleine  Figur  behal- 
ten, die  mein  Mann  auch  abtasten  kann." 

Soweit  der  ungefähre  Bericht  der  Zeitung. 
Was  soll  man  nun  dazu  sagen?  Gewiß,  die 
Frau  hat  sehr  rücksichtsvoll  gehandelt  und 
ihre  Selbstlosigkeit  muß  uns  Bewunderung 
abringen.  Möchten  wir  alle  aber  nicht  diesen 
Kameraden  fragen,  ob  das  so  sein  muß? 
Abgesehen  davon,  daß  es  keinesfalls  bei  den 
Kriegsblinden  im  allgemeinen  so  ist,  so 
scheint  mir  doch  dahinter  ein  tiefes  Problem 
zu  stecken,  das  der  Erörterung  wert  ist.  Ich 
weiß  nicht,  wer  dieser  Kamerad  ist.  Ich  will 
ihm  auch  keinen  Vorwurf  machen,  aber  ich 
fühle,  daß  manchem  von  uns  etwas  bewußt 
gemacht  werden  muß,  was  —  um  der  Zu- 
friedenheit Willen  —  von  größter  Bedeu- 
tung ist. 

Bleiben  wir  bei  dem  eben  erwähnten 
Kameraden.  Warum  will  er  seine  Wohnung 
"schmucklos  haben,  ohne  Bilder,  ohne  die 
wohnlich  machenden  Kleinigkeiten,  ohne 
das,  was  über  den  notwendigen,  praktischen 
Bedarf  hinausgeht?  Wir  wissen  es  alle.  Bei- 
nahe jeder  von  uns  wird  diesen  Zustand 
durchgemacht  haben.  Es  ist  der  innere  Hader 
oder  die  Verzagtheit,  die  das  Schicksal  nicht 
überwinden  lassen.  Hier  dürfen  wir  nicht 
schelten,  sondern  müssen  helfen.  Tief  in 
diesen  Kameraden  nagt  das  Gefühl:  blind 
zu  sein! 

Sie  sind  blind  an  Leib  und  Seele.  Sollten 
wir  uns  ihrer  nicht  ganz  besonders  an- 
nehmen? Es  gibt  aber  noch  einen  anderen 
Grund,  der  wirklich  blind  macht,  und  zwar: 
„Innere  Abgestumpftheit."  In  diesen  Kame- 
raden ist  mit  dem  Augenlicht  auch  allmählich 
das  innere  Licht,  das  innere  Auge  er- 
loschen. Beide  meine  ich  nun,  wenn  ich 
sage:  „Wir  dürfen  nicht  blind  sein!"  Was 
der  Körper  uns  versagt,  muß  die  Seele  neu 
zum  Leuchten  bringen.  Wir  stecken  wie  in 
einem  Gefängnis,  in  das  kein  Licht  mehr 
dringt,  aber .  es  ist  nicht  hohl.  Eine  Seele 
waltet  weise  darin,  und  sie  ist  imstande,  auch 
die  dickste  Mauer  unseres  Gefängnisses  zu 
sprengen.  Wir  müssen  uns  nur  auf  sie  be- 
sinnen, d.  h.,  wir  müssen  sie  die  Umwelt 
erleben  lassen,  kraft  unserer  Er- 
innerung, die  durch  die  Phantasie  zum 
Bilde  wird.  •  ; 

Am  Anfang  meiner  Zeilen  schilderte  ich 
einen  Sonnenstrahl  im  Zimmer  und  wie  ich 
als  Kriegsblinder  diesen  sehe.  Mancher  wird 
vielleicht  darüber  lächeln  und  es  für  über- 
trieben halten,  aber  weiß  er  denn  auch,  daß 
darin  ein  Glück  liegt,  das  uns  das  Leben  er- 
träglich und  lebenswert  macht?  Es  ist  nicht 
damit  getan,  daß  wir  die  Dinge  so  ungefähr 
in  der  Erinnerung  behalten,  nein,  wir  müssen 
sie  richtig  „sehen",  sehen  mit  allen  Einzel- 
heiten, mit  den  Farben  —  wie  einst. 


Wir  dürfen  nicht  einfach  die  Dinge 
denken,  sondern  müssen  sie  tatsächlich 
anschauen.  Von  der  Tür  bis  zum  Fensler 
sind  es  nicht  einfach  sechs  Schritte,  sondern 
dazwischen  liegt  ein  Raum,  den  ich  sehen 
muß;  der  Schrank  ist  nicht  ein  soundso- 
breites Etwas  an  dieser  oder  jener  Wand, 
an  dem  ich  soundso  vorbeikomme,  sondern 
der  Schrank  hat  eben  diese  Form,  hat  Türen, 
Knöpfe  und  Verzierungen,  die  ich  sehe; 
schließlich  habe  ich  beim  Essen  nicht  einfach 
einen  Haufen  von  Kartoffeln,  Fleisch  und 
Gemüse  auf  dem  Teller,  sondern  vor  mir 
steht  ein  weißer  Teller  mit  Kartoffeln  in 
gelblicher  Tönung,  daneben  das  graufarbene 
Fleisch  und  auf  der  anderen  Seite  das  bunte 
Gemüse.  Ich  will  damit  sagen,  daß  ich  die 
Dinge  nicht  nur  wissen,  sondern  sie  bildhaft 
vor  mir  sehen  muß.  Wenn  man  z.  B.  bedenkt, 
daß  man  nicht  nur  mit  dem  Munde,  sondern 
auch  mit  den  Augen  ißt,  dann  wird  sich 
mancher  nicht  mehr  über  seine  Appetitlosig- 
keit wundern.  Natürlich  müssen  wir  die 
Dinge  erst  tastend  erfassen  oder  sie  uns  von 
unserem  Begleiter  erklären  lassen,  sozusagen 
um  die  technischen  Daten  zu  erfahren,  aber 
dann  liegt  es  sofort  an  uns,  dieses  ertastete 
oder  erfahrene  Ding  kraft  unseres  inneren 
Sehvermögens  sofort  in  ein  plastisches  Bild 
umzusetzen. 

Wir  müssen  soweit  kommen,  daß  wir, 
wenn  wir  an  einen  Stuhl  stoßen,  diesen 
gleich  vor  uns  sehen.  Tun  wir  das  nicht, 
verlieren  wir  immer  mehr  die  bildliche  Vor- 
stellung von  den  Dingen  und  entfernen  uns 
somit  von  der  Wirklichkeit.  Erstens  wird  uns 
dadurch  eine  Orientierung  immer  schwieriger 
und  zweitens  werden  wir  seelische  Sonder- 
linge, was  auch  eine  innerseelische  Verar- 
mung zur  Folge  hat.  Ich  meine  nun,  daß  sich 
jeder  Kamerad  im  „inneren  Sehen"  üben 
sollte,  und  er  wird  nicht  zuletzt  die  Freude 
auch  an  kleinen  Dingen  zurückgewinnen. 
Jetzt,  da  unsere  Kurheime  wieder  die  Mel- 
dungen für  den  Sommer  annehmen,  wird 
sich  mancher  eintragen  lassen,  um  frohe 
Ferien  zu  erleben.  Für  meinen  Teil  möchte 
ich  diesen  Kameraden  wünschen,  daß  sie  auf 
allen  Wegen,  die  sie  in  diesen  schönen 
Gegenden  gehen,  die  Augen  öffnen  und  die 
Schönheit  dieser  Paradiese  im  naturgetreuen 
Bilde  mit  nach  Hause  nehmen,  um  sich  noch 
lange  der  blauen  Berge,  des  stillen  Sees 
und  der  sich  wiegenden  Wälder  erinnern  zu 
können.  Vielleicht  hängt  mancher  dann  ein 
Bild  eben  dieser  schönen  Gegend  in  sein 
Zimmer  und  sagt  dann  froh,  wenn  ihn  je- 
mand fragt:  „Da  war  ich,  das  habe  ich 
gesehen!"  Franz  F  eis  tue  t 


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Christian  Hutschreuther  gestorben 

Nachruf  des  Landesverbandes  Bayern 

Am  26.  Februar  1952  verstarb  nach  langer, 
schwerer  Krankheit  unser  Ehrenvorsitzender 
des  Bezirkes  Oberfranken,  Kamerad 
Christian  Hutschreuther,  im  Alter  von  56  Jah- 
ren. Der  Bezirk  Oberfranken  und  darüber 
hinaus   der  gesamte  Landesverband  Bayern 


verliert  in  ihm  einen  Kameraden,  dessen 
Name  mit  allen  geschaffenen  sozialen  Ein- 
richtungen unserer  Schicksalsgemeinschaft 
auf  immer  verbunden  sein  wird.  Kaum  aus 
dem  Lazarett  entlassen,  gründete  er  im  Jahre 
1918  die  Kreisgruppe  Oberfranken  des  da- 
maligen „Bundes  erblindeter  Krieger".  Mit 
Umsicht  und  Weitblick  leitete  er  lange  Jahre 
die  Geschicke  seiner  Kreisgruppe  und  war 
am  Auf-  und  Ausbau  der  Arbeitsvermittlung 
in  Bayreuth  hervorragend  beteiligt,  so  daß 
diese,  dank  seiner  Initiative,  Vorbild  für 
ganz  Deutschland  und  Grundlage  unserer 
jetzt  bestehenden  Arbeitsfürsorge-Einrich- 
tungen wurde.  Im  Landesverband  machte  er 
sich  besonders  bei  der  Schaffung  und,  Ein- 
richtung des  Kriegsblinden-Erholungsheim.es 
sehr  verdient  und  war  lange  Jahre  im  Heim- 
ausschuß tätig.  Seine  Fähigkeiten  und  das 
Vertrauen  der  Kameraden  beriefen  ihn  fer- 
ner .zum  Obmann  des  Bundesausschusses  des 
seinerzeitigen  Bundes  erblindeter  Krieger 
Deutschlands. 

Nach  dem  Zusammenbruch  wurde  er  1947 
mit  der  Gründung  des  Bezirkes  Oberfranken 
des  Bundes  Erblindeter  Versehrter  Bayerns 
beauftragt  und  leitete  als  Vorsitzender  bis 
1950  die  Geschicke  seiner  alten  und  neuen 
Gruppe.  In  Anerkennung  seiner  Verdienste 
um  die  Belange  unserer  Schicksalsgemein- 
schaft ernannte  ihn  der  Landesverband  zum 
Ehrenvorsitzenden  des  Bezirkes 
Oberfranken.  Mit  der  Witwe  des  Verstor- 
benen, Frau  Sophie  Hutschreuther,  Münch- 
berg,  Hermannstraße  5,  und  seinen  Hinter- 
bliebenen  trauern   auch  wir   um   den   allzu 


früh  Entschlafenen,  dem  wir  stets  ein  ehren- 
des Gedenken  bewahren  werden. 

Seine  Beisetzung  erfolgte  unter  starker 
Beteiligung  seiner  Kameraden,  dem  Landes- 
verband, den  Bezirksvorsitzenden  vonMittel- 
und  Unterfranken  sowie  dem  Vertreter  der 
Hauptfürsorge,  auf  dem  Stadtfriedhof  zu 
Münchberg. 

Der  Landesverbandsvorsitzende: 

Birngruber 

Der  Bezirksvorsitzende: 

Lukas 

Nachruf  der  Ortsgruppe 

Im  Namen  aller  Kameraden  der  Ortsgruppe 
Münchberg  zum  Tode  von  Christian  Hutsch- 
reuther schreibt  K.  Böhm  u.  a.  das  folgende: 

In  tiefem  Schmerz  standen  wir  am  Grabe 
unseres  lieben  Kameraden  Christian  Hutsch- 
reuther, der  nach  unserem  Ermessen  allzu 
früh  von  uns  gegangen  ist.  In  der  Hoffnung 
auf  ein  neues  Leben  in  einer  neuen  und 
besseren  Welt  durfte  man  ihn  zur  letzten 
Ruhe  betten. 

Man  braucht  im  Leben  nicht  Glück  zu 
haben,  um  zufrieden  und  glücklich  zu  sein. 
Letzteres  ist  ein  Geschenk  von  Gott  und  ist 
auch  unserem  lieben  Kameraden  Christian 
zuteil  geworden.  Für  Volk  und  Vaterland 
hatte  er  sein  Bestes  gegeben.  Es  ist  kein 
leichtes  Los,  durch  diese  Welt  den  Weg  im 
Dunkeln  zu  gehen.  Trotz  allem  Schweren 
und  mancher  Enttäuschung  hatte  er  den 
Glauben  an  Gott  und  die  Menschheit  nicht 
verloren.  Mit  ganzer  Kraft  und  eisernem 
Willen  ist  er  seinen  Lebensweg  gegangen. 
In  vorbildlicher  Weise  hat  er  dabei  sein 
Wissen  und  sein  ganzes  Sein  in  den  Dienst 
aller  Menschen  und  besonders  seiner  Kame- 
raden gestellt.  Für  jeden  fand  er  den  rechten 
Rat,  weit  über  unsere  Grenzen  hinaus  konnte 
er  sich  darum  einer  großen  Beliebtheit  er- 
freuen. Wie  kein  anderer,  so  ist  er  allen  ein 
guter  Kamerad  gewesen. 

Wer  durch  das  dunkle  Tal  gemußt 
nach  langer  Zeit,  nach  langer  Zeit 
erkennt  er  wohl  in  tiefster  Brust, 
der  Schmerz  war  Seligkeit. 

Landesverbandstag  Niedersaclisen 

Am  2.  März  hielt  der  Landesverband 
Niedersachsen  im  Beisein  des  1.  Bundesvor- 
sitzenden, Kam.  Dr.  Plein,  in  Hannover 
seinen  diesjährigen  Landesverbandstag  ab. 
Die  Berichte  des  1.  Vorsitzenden,  des  Kas- 
sierers und  der  Sachbearbeiter  ergaben,  daß 
eine  umfangreiche  Arbeit  geleistet  weiden 
mußte  und  geleistet  wurde.  Sie  ergaben  aber 
auch  die  Schwierigkeiten,  die  dadurch  ent- 
standen, daß  die  Landesverbandsleitung  nicht 
in  der  Hauptstadt  des  Landes,  sondern  in 
Göttingen  liegt.  Da  jedqch  die  Delegierten 
der  Ansicht  waren,  daß  ein  Wechsel  in  der 
Leitung  des  Landesverbandes  z.  Z.  für  die 
Organisation  nicht  zweckmäßig  sei,  wurde 
der  Wahl  der  vom  bisherigen  1.  Vorsitzen- 
den, Kam.  Bierwerth,  vorgeschlagenen  bei- 
den Kameraden  nicht  nähergetreten. 


Das  Wahlergebnis  war:  1.  Vorsitzen- 
der: A.  Bierwerth  (Göttingen),  2.  Vor- 
sitzender: A.  J  o  n  a  s  (Hermannsburg),  Schrift- 
führer: A.  Martens  (Oldenburg),  Kas- 
sierer: W.  E  i  1  e  r  s  (Hannover),  Sachbearbei- 
ter die  Kam.  K  n  a  a  c  k  und  Schwager. 
Außerdem  soll  der  Vorsitzende  des  neu  zu 
schaffenden  Beirats  der  Arbeitsgemeinschaft 
kriegsblinder  Bürstenmacher  dem  Vorstand 
als  Sachbearbeiter  angehören. 

Sodann  wurde  die  Satzung  für  die  aus  der 
bisherigen  „Niedersächsischen  Kriegsblinden- 
arbeitsgemeinschaft  Braunschweig"  neu  zu 
schaffenden  Arbeitsgemeinschaft 
kriegsblinder  Bürstenmacher  in  Niedersachsen 
und  Bremen  beraten  und  ihre  endgültige 
Form  beschlossen.  Diese  neue  GmbH,  wird 
im  Verein  mit  der  bereits  bestehenden  Ar- 
beitsgemeinschaft kriegsblinder  Weber  künf- 
tig die  Niedersächsische  Kriegsblindenarbeits- 
fürsorge  darstellen.  Als  Geschäftsführer  der 
neuen  GmbH,  wurde  Kam.-W.  B  o  d  e  (Han- 
nover-Langenhagen)  bestätigt. 

Im  weiteren  Verlauf  der  Tagesordnung 
wies  der  Landesverbandsleiter  darauf  hin, 
daß  in  der  Zeit  vom  1.  bis  10.  April  1952 
wiederum  eine  Sammlung  im  Rahmen 
der  Freien  Wohlfahrtsverbände  in  Nieder- 
sachsen durchgeführt  wird.  Ein  Drittel  der 
aufkommenden  Gelder,  jedoch  nicht  über 
150  000  DM,  geht  an  die  Wohlfahrtsverbände, 
zwei  Drittel  und  der  etwa  über  450  000  DM 
eingehende  Betrag  geht  an  die  Blindenschaft. 
über  die  Aufschlüsselung  der  Gelder  inner- 
halb der  Blindenschaft  wird  noch  beraten 
werden,  doch  steht  der  Landesverbandstag 
auf  dem  Standpunkt,  daß  die  gleiche  Auf- 
schlüsselung wie  früher  eingehalten  werden 
soll. 

Kam.  Dr.  Plein  gab  dann  Aufklärungen 
über  das  BVG  und  das  im  Entwurf  vorliegende 
Schwerbeschädigten-Einstellungsgesetz.  Nach 
Erledigung  kleinerer  Punkte  der  Tagesord- 
nung, verschiedenen  Mitteilungen  und  Erledi- 
gung von  Anfragen  wurde  die  Tagung  um 
19  Uhr  geschlossen.  Abschließend  kann  ge- 
sagt werden,  daß  die  Tagung  erfolgreich 
war;  sie  gab  den  Delegierten  viele  neue 
Anregungen  mit  auf  den  Weg,  die  sie  zum 
Wohle  aller  Mitglieder  anwenden  können. 
Einen  besonderen  Wert  bekam  die  Tagung 
durch  die  Anwesenheit  des  Kam.  Dr.  Plein, 
dem  für  sein  Erscheinen  herzlichst  gedankt 
wurde. 

Bunter  Nachmittag  im  Funkhaus 

Eine  besondere  Freude  erlebten  wir  hanno- 
verschen Kameraden,  als  wir  am  31.  -März 
vom  Vorstand  des  Bezirks  Zentral-Han- 
n  o  v  e  r  zu  einem  „Bunten  Nachmit- 
tag." im  neuen  Rundfunkhaus  eingeladen 
wurden. 

In  dem  behaglich  ausgestatteten  Senden 
saal  rollte  vor  unseren  Ohren  ein  zwei- 
stündiges, buntes  Vielerlei  musikalischer 
Darbietungen  ab.  Es  hatte  schon  seinen  Reiz, 
daß  wir  als  getreueste  Hörer  —  denn  das 
dürfen  wir  als  Blinde  wohl  für  uns  in  An- 
spruch nehmen  —  den  unmittelbaren  Ablauf 
einer  Rundfunkaufnahme  miterleben  konnten. 
Es  ist  schwer  zu  sagen,  was  aus  der  Fülle 
der  Darbietungen  besonders  ansprach.  Alles 
Gebotene  wurde  mit  großem  Beifall  aufge- 
nommen: die  geistreiche  und  launige  An- 
sage,   der    „pulvertrockene"    Humor   Harald 


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Nielsens,  der  Gesang  einer  jungen,  blinden 
Schicksalsgefährtin,  die  musikalische  Um- 
rahmung durch  die  beiden  Orchester  des 
Senders  Hannover  und  nicht  zuletzt  das  Auf- 
treten einiger  Berliner  Gäste.  Gerade  die 
scharf  gepfefferten  politischen  Chansons 
Günther  Neumanns  wurden  mit  stürmischer 
Heiterkeit  beantwortet.  Wir  freuen  uns  schon 
darauf,  diesen  „Bunten  Nachmittag"  dem- 
nächst über  den  NWDR  noch  einmal  hören 
zu  können^  Wir  Kriegsblinden  danken  dem 
Vorstand  unseres  Bezirks,  vor  allem  aber 
auch  der  Leitung  des  hannoverschen  Senders 
für  die  frohen  Stunden  —  und  nicht  zuletzt 
für  die  Gastfreundlichkeit,  die  es  uns  ermög- 
lichte, noch  bis  in  den  späten  Abend  bei 
Frohsinn  und  Tanz  beisammen  zu  sein.      ; 

A.  L. 

Josef  Schlüter  65  Jahre  alt 

Der   Glückwunsch  des  Bezirks  Münsterland 

Am  6.  Mai  1952  begeht  unser  Bezirks  Vor- 
sitzender, Kam.  Josef  Schlüter,  Münster, 
Gutenbergstraße  19,  seinen  65.  Geburtstag. 
Seit  seinem  16.  Lebensjahre  steht  Kam. 
Schlüter  im  Dienste  der  Nächstenliebe,  trat 
er  doch  schon  in  jungen  Jahren  als  Pfleger 
in  ein  Krankenhaus  in  Düsseldorf  ein.  Diese 
Pflegetätigkeit  wurde  durch  die  aktive 
Dienstzeit  unterbrochen,  die  er  beim  rhei- 
nischen Fuß-Artillerie-Regiment  8  in  Metz 
verbrachte.  Bei  Ausbruch  des  ersten  Welt- 
krieges wurde  er  als  Sanitäter  eingezogen, 
erwarb  sich  an  der  Westfront  das  EK  2.  und 
1.  Klasse  durch  die  Bergung  Verwundeter 
unter  Einsatz  seines  eigenen  Lebens.  Als 
ihm  1918  ein  Schrappnell  sein  Augenlicht 
raubte,  ließ  er  sich  in  einem  Lazarett  auf  den 
Beruf    eines    Stenotypisten    umschulen    und 


trat  1919  als  solcher  beim  Oberfinanzpräsi- 
dium  in  Münster  ein. 

Sein  Drang  zur  Hilfsbereitschaft  ließ  ihn 
1919  die  Untergruppe  Münster  im  damaligen 
Bund  erblindeter  Krieger  gründen,  deren 
1.  Vorsitzender  er  wurde.  Seit  dieser  Zeit 
steht  Kam.  Josef  Schlüter  ununterbrochen 
dem  jetzigen  Bezirk  Münsterland,  der  nun- 
mehr über  120  Kameraden  umfaßt,  als  Vor- 
sitzender vor,  so  daß  er  mehr  als  die  Hälfte 
seines  Lebens  in  den  Dienst  der  Kameraden 
und  der  Organisation  stellte,  und  jeder 
Kamerad,  der  mit  einem  Anliegen  zu  ihm 
kam,  fand  bei  ihm  Rat  und  Hilfe.  1951  schied 
er  als  OBersekretär  aus  dem  Dienste  der 
Finanzverwaltung  aus,  um  sich  ganz  seinem 
Amte  als  Vorsitzender  unseres  Bezirkes 
widmen  zu  können. 

Wir  wünschen  dem  Kameraden  Schlüter 
zu  seinem  65.  Geburstage  von  Herzen  alles 
Gute  und  weiterhin  beste  Gesundheit!  Möge 
er  uns  noch  recht  viele  Jahre  als  Vorsitzen- 
der zur  Seite  stehen. 

Tagung  in  Augsburg 

Am  19.  März  fand  die  Jahreshauptver- 
sammlung der  Zweigniederlassung 
Augsburg  der  Bayerischen  Kriegsblinden- 
Arbeitsfürsorge  statt.  Der  Geschäftsführer 
der  Bayerischen  Kriegsblinden-Arbeitsfür- 
sorge,  Kam.  Wendel  (München)  und  Innungs- 
obermeister Kamm  (Augsburg)  waren  an- 
wesend und  konnten  feststellen,  daß  die  im 
Jahre  1950  geschaffene  Zweigstelle  Augs- 
burg sich  zu  einem  festen  wirtschaftlichen 
Instrument  entwickelt  hat,  das  sich  segens- 
reich für  die  in  Schwaben  wohnenden  kriegs- 
blinden Handwerker  auswirkt. 


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„Sieg  über  das  Dunkel" 

Eine  glanzvolle  Premiere  in  Berlin 


Nach  langer  intensiver  Vorbereitung  konnte 
endlich  am  11.  März  in  Berlin  die  Festauf- 
führung des  Kriegsblindenfilms  „Sieg  über 
das  Dunkel"  durchgeführt  werden.  Die  Ame- 
rikanische Universal-Filmgesellschaft  veran- 
staltete am  4.  März  als  Auftakt  zu  der  Fest- 
aufführung eine  Pressekonferenz,  wodurch 
die  breite  Öffentlichkeit  auf  dieses  Ereignis 
aufmerksam  gemacht  wurde. 

Das  Filmtheater  „Filmbühne  Wien" 
legte  für  diese  Veranstaltung  ein  festliches, 
dem  Sinn  des  Films  entsprechendes  Gewand 
an.  Der  Vorraum  und  die  Bühne  des  Theaters 
boten  einen  reichen,  geschmackvollen  Blu- 
menschmuck. Die  Festaufführung  wurde  um- 
rahmt durch  den  Vortrag  des  3.  Brandenbur- 
gischen Konzertes  von  Johann  Sebastian 
Bach,  gespielt  vom  Berliner  Philharmo- 
nischen Orchester  unter  der  Leitung 
von  Karl  Ristenpart.  Der  Leiter  des 
Filmtheaters,  Direktor  Tuntsch,  begrüßte  die 
anwesenden  Gäste,  darunter  ganz  besonders 
den  Regierenden  Bürgermeister  von  Berlin, 
Prof.  Dr.  h.  c.  Ernst  Reuter  und  Persön- 
lichkeiten des  Berliner  Senats,  insbesondere 
aber  die  200  Kriegsblinden,  die  als  Gäste  an 
dieser  Veranstaltung  teilnahmen. 

Der  Vorsitzende  des  Landesverbandes  Ber- 
lin, Kamerad  Axel  B  i  s  c  h  o  f  f ,  wies  als  er- 
ster Redner  die  Anwesenden  mit  einer  kur- 
zen Ansprache  auf  die  Bedeutung  des  Films 
hin,  der  in  seiner  Fassung  zwar  das  Schick- 
sal eines  amerikanischen  Kriegsblinden  zeige, 
dessen  Erlebnisse  jedoch  den  Kriegsblinden 
der  ganzen  Welt  gemeinsam  seien.  Dennoch 
sei  es  sehr  zu  bedauern,  daß  dieser  Film 
nicht  in  Deutschland  geschaffen  wurde,  denn 
gerade  unsere  Heimat  mit  ihren  rund  10  000 
Kriegsblinden  beider  Weltkriege  hätte  sich 
dieser  segensreichen  Aufgabe  widmen  sollen. 
Das  Verständnis  der  sehenden  Umwelt  für 
die  aus  dem  Licht  herausgerissenen  Men- 
schen lasse  in  der  heutigen  Zeit  ganz  beson- 


ders zu  wünschen  übrig.  Vorurteile  müßten 
begraben  werden,  denn  der  Blinde  gehöre 
als  gleichwertiges  Glied  in  die  menschliche 
Gesellschaft,  nur  so  könne  er  seine  Dunkel- 
heit.überwinden.  Dieser  Film  solle  ganz  be- 
sonders dazu  beitragen,  eine  Brücke  des  Ver- 
ständnisses zu  schlagen  zwischen  der  sehen- 


Der   Regierende   Bürgermeister    von   Berlin,   Prot. 

Reuter,    bei    der    festlichen    Premiere    von    „Sieg 

über  das  Dunkel" 

den  Umwelt  und  den  Blinden,  und  er  sei 
gleichzeitig  ein  Werbefilm  für  den  Frie- 
den, denn  zehntausend  Kriegsblinde  seien 
eine  dokumentarische  Anklage  gegen  den 
Krieg. 

Kam.  Bischoff  sprach  zum  Schluß  seiner  die 
Gäste  offensichtlich  tief  anrührenden  Worte 
der  Filmgesellschaft  Universal-International, 
dem  Philharmonischen  Orchester  und  der 
Direktion    des   Filmtheaters    den   Dank    der 


Der  Vorsitzende  des  Landesverbandes  Berlin, 
Kam.    Axel   Bischoil,    spricht   zu   den    Gästen 

Kriegsblinden  für  die  großartige  Unterstüt- 
zung aus  und  bat  dann  alle  Ehrengäste,  zu 
ihrem  Teil  dazu  beizutragen,  daß  weiteste 
Kreise  der  Bevölkerung  den  Film  besuchen. 
Mit  den  Worten:  ,,Zu  den  tiefbewegenden 
Ausführungen  meines  Freundes  Axel 
Bischoff  kann  kaum  etwas  hinzugefügt 
werden",  begann  der  Leiter  der  Abteilung 
Sozialwesen,  Herr  Senator  Otto  Bach, 
seine  kurze  Ansprache.  Indem  er  auf  die 
Handlung  des  Films  näher  einging,  unter- 
strich er  besonders  die  seelische  Überwin- 
dung, die  jeder  Blinde  durchmachen  muß. 
Die  Tatsache,  daß  dem  Blinden  von  der 
Natur  die  Fähigkeit  gegeben  wurde,  seine 
übrigen  Sinne  bei  der  Überwindung  der 
Dunkelheit  intensiver  als  andere  Menschen 
gebrauchen  zu  könnnen,  hat  ihn  befähigt, 
sich  wieder  in  die  menschliche  Gesellschaft 
einzuordnen.  Nicht  Mitleid  will  der  Blinde, 
sondern  ein  verständnisvolles  Entgegen- 
kommen in  seinem  Kampf  um  die  An- 
erkennung in  der  Gemeinschaft.  Die  Rente, 
die  man  dem  Blinden  gewährt,  ist  eine 
große  finanzielle  Hilfe,  aber  darüber  hinaus 
bedarf  der  Blinde  einer  umfangreichen  für- 
sorgerischen Betreuung,  die  mit  der  beruf- 
lichen Umschulung  beginnt.  Herr  Senator 
Bach  ging  dann  besonders  auf  die  Szene  im 
Film  ein,  wie  dem  Kriegsblinden  Larry  be- 
wußt wird,  daß  sein  bester  Freund  ein  Neger 
ist,  und  Larry  ist  von  seinen  Eltern  gegen 
die  schwarze  Rasse  erzogen  worden.  So  wie 
Larry,  bedingt  durch  seine  Erblindung, 
gelernt  hat,  Vorurteile  zu  überwinden,  so 
sollten  auch  die  Völker  endlich  alle  Hinder- 
nisse überbrücken,  damit  der  Frieden  zum 
Wohle  der  ganzen  Menschheit  gewährleistet 


Glückwünsche  für  Minister  Storch 

Der  Bundesvorsitzende,  Kam.  Dr.  Plein, 
übermittelte  dem  Bundesarbeitsminister  Herrn 
Anton  Storch  zu  seinem  60.  Geburtstag  am 
1.  April  die  Glückwünsche  der  deutschen 
Kriegsblinden  und  überreichte  ihm  als  schlich- 
tes Geschenk  einen  von  einem  Kriegsblinden 
gefertigten  Roßhaarbesen  und  eine  von 
einem  Kriegsblinden  handgewebte  Kissen- 
platte, Der  Minister  läßt  allen  Kriegsblinden 
seinen  herzlichsten  Dank  übermitteln. 

Suchmeldung 

Res.-Lazarett  Neustadt/O.S. 

Welche  Kameraden  waren  im  Jahre  1942 
im  Reservelazarett  in  Neustadt,  Oberschle- 
lien  (Kloster  der  Barmherzigen  Brüder)?  Mel- 
dungen, die  im  Interesse  eines  Kameraden 
dringend  erbeten  werden,  sind  zu  richten  an 
„Der  Kriegsblinde",  Bielefeld,  Stapenhorst- 
straße  138. 


11 


wird.  —  Nach  beiden  eindrucksvollen  Reden 
wurde  der  Film  gezeigt,  der  seine  tiefe,  nach- 
haltige Wirkung  auf  das  Publikum  nicht  ver- 
fehlte. Mit  anhaltendem  Beifall  aller  An- 
wesenden fand  die  glanzvolle  Premiere  einen 
Abschluß,  wie  sie  ein  Film  selten  erlebt  hat. 

Günter  Böttcher 

Berliner  Pressestimmen 

Die  Premiere  des  Films  „Sieg  über 
das  Dunkel"  am  Kurfürstendamm  in 
Berlin  war,  wie  immer  wieder  gesagt  wird, 
„das"  kulturelle  Ereignis  der  Woche.  Das 
geht  auch  aus  den  meist  sehr  umfangreichen 
und  durchweg  begeisterten  Kritiken  der 
Berliner  Presse  hervor.  Wir  zitieren  im 
folgenden  einige  bezeichnende  Sätze: 

Die  „Neue  Zeitung"  schreibt  unter 
der  Überschrift  „Ein  wunderbarer  Film"  u.  a.: 
„Der  Film  geht  oft  hart  an  die  Grenze  des 
Erträglichen.  Er  erläßt  dem  Betrachtenden 
nichts.  Aber  er  entläßt  uns  besser,  weil  wir 
nun  wissen,  was  es  auf  sich  hat,  wenn  ein 
Nebenmann  ohne  Augen  durchs  Leben  gehen 
muß.  Nie  läßt  er  laues  Mitleid  oder  Senti- 
mentalität ein,  und  doch  steht  er  unter  dem 
merklichen  Diktat  des  Herzens.  Ein  wunder- 
barer Film." 

„Der  Tag"  schreibt  von  „diesem  muti- 
gen, diesem  erschütternden  und  dennoch 
nicht  bedrückenden  Filmwerk"  u.  a.:  „Wir 
brauchten  mehr  solcher  Filme,  die  den  vom 
Schicksal  Geschlagenen  ohne  Schönrederei 
und  ohne  kränkendes  Mitleid  Mut  machen  .  . 
Hier  wird  nicht,  wie  sonst  bisweilen,  Erblin- 
dung als  dramatischer  Filmeffekt  ausgewertet 
(am  unsaubersten  in  der  „Sünderin");  hier 
wird  Menschliches  angesprochen  in  einer 
klaren,  noblen,  vorbildlichen  Weise." 

„Die  Kritik  freut  sich",  heißt  es  in  der 
„Berliner  Stimme":  „Drehbuch,  Regie 
und  Schauspieler  versanken  weder  in  tristem 
Pessimismus,  noch  machten  sie  in  rosigem 
Optimismus  —  hier  war  alles  einfach,  natür- 
lich und  zwingend."  . 

„Dieser  Film  ist  ein  starker  Trost  für  alle 
diejenigen  Menschen,  denen  ein  ähnliches 
Schicksal  begegnete.  Aber  seine  großartige 
Darstellung  und  sein  künstlerisches  Takt- 
gefühl machen  ihn  auch  für  die  Außenstehen- 
den sehenswert,  die  sich  nicht  aus  einem 
unangebrachten  Unbehagen  diesem  Eindruck 
entziehen  dürfen",  so  heißt  es  im  „  V  o  1  k  s  - 
blatt  ". 

In  manchen  Kritiken  wird  der  Film  „Sieg 
über  das  Dunkel"  ausdrücklich  weit  über 
den  Rang  des  Films  „Herz  der  Welt",  der 
kurz  zuvor  in  Berlin  erstaufgeführt  wurde, 
gesteift.  In  der  „Nachtdepesche" 
heißt  es  u.  a.:  „Was  Harald  Braun  mit  seinem 
Film  „Das  Herz  der  Welt"  nicht  gelungen 
ist,  die  Apokalypse  des  Krieges  in  einen 
Spielfilm  zu  bannen,  Mark  Robson,  dem 
Hollywooder  Regisseur,  gelang  der  Wurf  .  ... 
Ein  Film  von  hohem,  ethischem  Wert.  Viele 
sollten  ihn  sehen.  Alle  werden  in  seinem 
Bann  stehen." 

Im  „Telegraf  "  heißt  es:  „Daß  der  Film 
keine  Rührung,  sondern  Achtung  erweckt,  ist 
das  höchste  Lob,  was  zu  spenden  ist.  Arthur 
Kennedy  gibt  mit  unglaublichem  Einfüh- 
lungsvermögen den  Blinden.  Beifall  und 
Erschütterung  kamen   sich  einander   gleich." 

Auch  der  „Steglitzer  Anzeiger" 
nennt  den  Film  „ein  Meisterstück",  und 
schreibt:  „Da  gibt  es  weder  eine  rührselige 
Sentimentalität  noch  einen  billigen  „Ist-ja- 
alles-halb-so-wild!"-Optimismus;  wie  die  Er- 
schütterungen echt  sind,  so  kommt  der 
Glaube  an  das  Leben  aus  der  Kraft  der  Liebe, 
des  Verstehens  und  des  Verstandenwerdens." 

Interessant  ist  auch  im  „Tagesspie- 
gel" das  Urteil:  „...Schritt  für  Schritt  lebt 
man  eine  Odyssee  mit,  eioe  aufregende 
Forschungsreise  ins  Dunkel,  in  das  unbe- 
kannte Sinnenreich  des  Menschen.  Der  gran- 
diose Tatsachengeist  der  Amerikaner  feiert 


einen  herrlichen  Triumph.  Die  physiologisch- 
psychologischen Prüfungsgänge  sind  ver- 
wegener als  der  wildeste  Abenteurerfilm 
und  spannender  als  die  pathetischste  Staats- 
aktion." 

Und  „  D  e  r  A  be  n  d  "  meint:  „Es  ist  immer 
wieder  die  große  Überraschung,  daß  auch 
solche  Filme  in  Hollywood  entstehen." 

ES     STARBEN: 

LANDESVERBAND  BERLIN 
Held,    Albert,    Berlin    SO    36,    Manteuf  fel- 
straße. 

LANDESVERBAND  BAYERN 

M  a  r  e  i  s  ,  Hans,  Feldkirchen  b.  Westerhara, 

geb.  ain  20.   1.   1890,  gest.  am  31.  1.   1952. 

W  i  1 1  n  e  r  ,  Kurt,  Erlangen,  Siedlerstr.  5, 

gest.  am  20.  2.  1952  im  Alter  von  69  Jahren. 

LANDESVERBAND    NIEDERSACHSEN 
Freiherr  v.  Uslar-Gleichen,  Alex- 
ander, Major  a.  D.,  Göttingen,  Friedländer 
Weg  11,  gest.  am  15.  3.  1952  im  78.  Lebens- 
jahr. 

LANDESVERBAND  NORDRHEIN 
Frau  Katharina  Neuerburg,  geb.  Joeb- 
ges,  Köln-Mülheim,  Glücksburgstraße  17, 
Ehefrau  unseres  Kam.  Jakob  Neuerburg, 
geb.  am  21.  1.  1881,  gest.  am  29.  2.  1952. 
Frau  Veronika  B  r  i  n  g  s,  geb.  Morschhausen, 
geb.  am  20.  7.  1895,  gest.  am  21.  1.  1952, 
Ehefrau  unseres  Kam.  Heinrich  Brings, 
Köln-Rath,  Rösrather  Straße  232. 

LANDESVERBAND  WESTFALEN 

F  ä  1  k  e  r  ,  Friedrich,  Dortmund,  Hermann- 
straße  18,  gest.  am  10.   11.   1951. 

Witte,  August,  Lübbecke,  Friedrichstr.  1, 
gest.  am  20.  1.  1952. 

Brandt,  Friedrich,  Raesfeld  (Westf.),  gest._ 
am  13.  12.  1951. 

Hörstmann,  Willi,  Stemmer,  Bierpohl- 
weg 165,  gest.  am  7.  12.  1951. 

Büllesbach,  Hermann,  Recklinghausen, 
Theodor-Esch-Str.  26,  gest.  am  14.  2.  1952. 

W  i  e  m  a  n  n  ,  Otto,  Gevelsberg,  Hagener 
Straße  236,  gest.  am  27.   12.  1951. 

Joch  he  im,  Johannes,  Bielefeld, 
Wittekindstr.  37,  geb.  am  17.  11.  1873, 
gest.  am  20.  3.  1952. 

WÜRTTEMBERG-NOSDBADEN 
Renschier,  Adolf,  Pforzheim,  Mälsch- 
bachstraße  9,  geb.  am  16.  9.  1873,  gest. 
am  2.  3.  1952. 
G  ü  e  1 1 1  e  r  ,  Albert,  Ulm  a.  d.  D.,  Reichen- 
auer  Weg  12,  geb.  am  22.  2.  1875,  gest.  am 
10.  3.  1952. 

MÖGEN  SIE  IN  FRIEDEN  RUHN! 

-T 

Friedrich  Ramann  f 

Das  Beispiel  einer  Schicksalsmeisterung 

Am  3.  März  1952  starb  in  Fladungen  (Rhön) 
der  Kamerad  Friedrich  R  a  m  a  n  n,  noch  nicht 
73  Jahre  alt.  Ramann  war  von  Beruf  Müller, 
hatte  im  ersten  Krieg  die  beiden  Augen  und 
die  rechte  Hand  verloren.  Er  übte  trotz  die- 
ser Verletzung  seine  alten  Beruf  aus.  Was 
er  leistete,  hat  die  Bewunderung  aller  der- 
jenigen hervorgerufen,  die  ihn  in  seinem 
Wirkungskreis  kennenlernen  durften.  Seine 
Arbeit,  sein  Fleiß  und  seine  Energie  wurden 
bereits  1932  auf  einem  Filmstreifen  festge- 
halten. Der  Film  hat  in  Hamburg  und  Berlin, 
in  Stuttgart  und  Würzburg  und  wo  er  sonst 
noch  gezeigt  wurde,  Erstaunen  und  Hoch- 
achtung vor  einem  Mann  ausgelöst,  der  trotz 
seiner  schweren  Beschädigung  Taten  voll- 
brachte, die  für  uns  alle,  vor  allem  aber  für 
die  Sehenden,  kaum  glaubhaft  schienen. 

Mit  Kamerad  Ramann  ist  ein  bescheidener 
und  lebensfroher,  kluger  und  energischer 
Kamerad  gegangen.  Er  lebt  in  uns  in  treuem 
Gedenken  fort  als  ein  Mann  der  Einfachheit, 
der  Kraft  des  Willens  und  des  Mutes. 

J.  Friedet  —  Bezirk  UiUerfranken 


PERSÖNLICHES 

Ehrentage 

Unser  Kam.  Wilhelm  Brandenburg 
und  Frau  Elis.,  geb.  Krämer,  aus  Bing  er  - 
brück  konnten  am  22.  3.  1952  das  Fest  der 
goldenen  Hochzeit  feiern.  Kam.  Brandenburg 
feierte  am  10.  4.  1952  seinen  80.  Geburtstag. 
In  echter  Kameradschaft  bewirteten  die  Ehe^ 
1  eute  an  ihrem  Festtage  unser  Kamerad 
Schmitt  (Bingen-Rüdesheim)  in  seinem  Hause. 

Ebenso  kann  unser  Kam.  Johann  Held/ 
Bad  Harzburg,  Burgstraße  31,  und  seine 
Ehefrau  am  17.  4.  1952  das  Fest  der  goldenen 
Hochzeit  begehen. 

Unser  Kam.  Hubert  Meierhoff  (Bez. 
Braunschweig)  und  seine  Ehefrau  feierten 
am  2.  4.  das  Fest  der  silbernen  Hochzeit. 

Am  10.  Februar  konnte  unser  Kam.  Julius 
Aust  in  Flensburg,  Egerstieg  6,  seinen 
75.  Geburtstag  feiern.  (Früher  Breslau- 
Kosel,  Sachsenweg  2). 

Der  Bezirk  Westhannover  übermittelt 
seinem  Kam.  Bezirkskassierer  Emil  K  ö  r  i  t  z 
und  seiner  Ehefrau  Lina,  geb.  Klaus,  aus 
Äff  er  de  195,  Kr.  Hameln  (Weser),  die 
herzlichsten  Glückwünsche  zur  Silberhochzeit. 

Vermählungen 

Heinrich  Fölger,  Wethmar,  Münster- 
straße 21,  mit  Maria  Bernardine  Haverkamp, 
am  22.   1.   1952. 

Robert  Liedtke,  Bielefeld,  August- 
Bebel-Straße  34,  mit  Eva,  geb.  Burkatzki,  am 
12.  2.  1952. 

Der  staatlich  geprüfte  Masseur  Kam.  Eber- 
hard Sorg,  Weiden  au  (Sieg),  Bismarck- 
straße  21,  und  die  staatl.  geprüfte  Fuß- 
pflegerin Eva  Renate  Fritze  gründeten  am 
22.  3.  eine  staatlich  geprüfte  Ehe  und'  eine 
gemeinschaftliche,   staatlich   geprüfte   Praxis.; 

•    Geburten 

Kam.  -Georg    B  1  e  u  1'  und    Frau,    Eseh-f 
hof  en  (Lahn),  am  6.  2.  52  ein  Stammhalter, 
„Valentin  Josef". 

Kam.  Heinz  Hei  lemann,  Clausthal- 
Zeil  e  r  f  e  1  d  ,  Mühlenstraße  7,  und  Frau 
Elisabeth,  geb.  von  Daak,  am  24.  2.  1952  der 
dritte  Sohn,  „Rolf". 

Kam.  Walter  Mocke  und  Frau,  Ein- 
beck, Bahnhofstraße  4,  im  Februar  eine 
Tochter. 

Kam.  Josef  Sagemüller  und  Frau, 
Verl  Nr.  188b  über  Gütersloh,  das  dritte; 
Kind,  „Maria  Bernadette",  am  13.  2.  1952. 

Kam.  Michael  Jisuk,  Homberg, 
Stellbergstraße  2,  I.,  eine  Tochter  namens 
„Christa"   am  10.  3.   1952. 

Kam.  Karl  Oppermann  und  Frau, 
S  tadt.oldendorf,  Kreis  Holzminden 
(Weser)*  Försterberg  3,  am  10.  3.  1952,  ein 
Mädchen. 

Kam.  Rechtsanwalt  Walter  Christ  und 
Frau  Charlotte,  München  13,  Konrad- 
straße 16,"  am  3.  2.  1952  das  dritte  Kind, 
„Gabriele". 

Kam.  Johannes  Helms  und  Frau,  Salz- 
hausen bei  Lüneburg,  Haus  Nr.  39a,  das 
vierte  Kind,  „Edeltraut". 

Kameradin  Frau  Hildegard  E  c  k  o  Ld  , 
Holsterhausen,  Paralielstraße  22,  ein. 
Sohn,   „Rainer",  am  31.   1.   1952. 

Wirallegratulieren! 


Sbman 

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Tuben  95  -  65  -  35  Pfg   >.  Popierge schell 

12 


Wer  wird  Sportmeister  der  Kriegsblinden? 


Unser  Kamerad  Franz  Schmitgen- aus  Franken- 
thal, der  trüher  als  Sportlehrer  tätig  war,  wendet 
sich  mit  einer  bemerkenswerten  Anregung  an 
alle  kriegsblinden  Leser.  Wir  drucken  seine  Zu- 
schritt ab,  ohne  zunächst  Stellung  dazu  zu  nehmen. 
Unsere  Bundesleitung  wird  auf  diesen  Vorschlag 
aber  um  so  eher  eingehen,  je  mehr  Zuschriften 
aus  Kameradenkreisen  beweisen,  daß  der  Wunsch 
nach  einer  solchen  sportlichen  Prüfung  unter 
den  Kriegsblinden  sehr  verbreitet  ist.  Also  — 
schreibt  uns  und  verbessert  oder  ergänzt 
die  hier  folgenden  Vorschläge  des  Kameraden 
Schmitgen! 

Die  Wiedereinführung  des  Sportabzeichens 
mit  den  Sonderbedingungen  für  Versehrte 
ist  von  uns  kriegsblinden  Sportsfreunden  sehr 
begrüßt  worden.  Mancher  Kamerad  besitzt 
bereits  das  Sportabzeichen  und  wartet  auf 
eine  neue  Möglichkeit  der  Bewährung.  Da 
möchte  ich  für  dieses  Jahr  der  Olympiade 
als  begeisterter  Freund  des  Sportes  einen 
Vorschlag  unterbreiten,  der  hoffentlich  bei 
vielen  gleichgearteten  Kameraden  Zustim- 
mung, und  falls  der  Vorschlag  durchgeführt 
wird,  rege  aktive  Beteiligung  findet.  Der 
Vorschlag  lautet:  Wir  tragen  im  Rahmen  des 
Kriegsblindenbundes  in  allen  Disziplinen, 
die  zur  Erreichung  des  Sportabzeichens  vor- 
geschrieben sind,  einen  Wettkampf  aus.  Im 
einzelnen  schlage  ich  vor: 


1.  Schwimmen:  100  m  und  300  m; 

2.  Laufen:  100  m,  400  m,  3000  m,  5000  oder 
10  000  m; 

3.  Aus   dem   Stand:   Hochsprung   und   Weit- 
sprung; 

4.  Kugelstoßen  bestarmig;  Steinstoßen  beid- 
armig; 

5.  Tandemfahrt  über  20  km. 

Nach  meiner  Meinung  ist  es  bedauerlich, 
daß  letztere  Disziplin  bei  den  Dauerübungen 
für  Kriegsblinde  noch  nicht  aufgenommen 
worden  ist.  Dabei  wird  die  Dauerübung  von 
den  sehenden  Prüflingen  zumeist  auf  dem 
Rad  erledigt.  Eine  solche  Übung  wäre  durch- 
aus jener  gleichzusetzen,  die  man  im  Renn- 
boot mit  drei  anderen  Leuten  ebenfalls  er- 
füllen kann! 

Als  Austragungsort  schlage  ich  den  Monat 
Juli  vor.  Die  Art  der  Durchführung  würde 
unsere  Organisation  nur  ganz  geringfügig 
belasten,  denn  sie  könnte  so  erfolgen,  daß 
jeweils  am  Wohnort  des  Kameraden 
wie  beim  Erwerb  des  Sportabzeichens  die 
Bedingungen  vor  zwei  amtlichen  Prüfern  für 
das  Sportabzeichen  abgelegt  werden  und 
amtlich  bestätigt  über  den  Bezirksvorsitzen- 
den unseres  Bundes  dem  Landesverband  ein- 
gereicht werden.  Seitens  der  Bundesleitung 
könnten  dann  für  die  besten  kriegsblinden 
Sportler  ehrende  Urkunden  ausgestellt  wer- 


den. Sehr  schön  wäre  es,  wenn  sich  diese 
besten  Sportler  dann  an  den  diesjährigen 
Versehrtensportmeisterschaften  beteiligen 
könnten.  Vielleicht  läßt  sich  das  ermöglichen. 

Wettkämpfe,  vielleicht  im  Rahmen  eines 
Bezirks,  würden  nur  dort  durchzuführen  sein, 
wo  mehr  als  fünf  Meldungen  abgegeben 
werden.  Um  einen  Überblick  zu  gewinnen, 
empfehle  ich,  daß  schon  jetzt  alle  In- 
teressenten mit  zwei  Postkarten  ihre  Be- 
teiligung anmelden,  eine  Postkarte  geht  an 
den  Bezirksvorsitzenden,  die  andere  an  die 
Schriftleitung  „Der  Kriegsblinde",  Bielefeld, 
Stapenhorststr.  138.  Meldungsschluß  würde 
der  1.  Juni  sein  müssen. 

Noch  eins:  Spezialisten  können  sich 
für  eine  einzelne  der  genannten  Diszi- 
plinen entscheiden,  so  daß  also  z.  B.  der 
beste  kriegsblinde  Schwimmer  für  eine 
Strecke  von  300  m  oder  der  beste  Kriegs- 
blinde im  Kugelstoßen  ermittelt  würde. 
Denkbar  ist  darüber  hinaus  eine  Punktewer- 
tung in  einem  Fünfkampf.  Alle  kriegs- 
blinden Sportler,  vor  allem  auch  jene,  die  in 
früheren  Jahren  gern  Sport  betrieben  haben 
und  einmal  wieder  Lust  hätten,  auf  den 
Sportplatz  zu  gehen,  mögen  bald  der  Schrift- 
leitung ihre  Meinung  zu  dem  Vorschlag 
sagen  und  ihre  Vorschläge  mitteilen.  Selbst- 
verständlich müßten  auch  verschiedene 
Altersklassen      eingerichtet      werden. 

Also :  meldet  euch  alle,  und  zwar 
möglichst  umgehend.  Wir  wollen  unseren 
glücklicheren,  nichtversehrten  Sportkame- 
raden von  ehemals  beweisen,  daß  wir  auch 
auf  dem  Gebiet  des  Sports  die  Alten  ge- 
blieben sind.  Franz   Schmitgen 


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Kriegsblinder  Ohnbänder 

29  J.,  168  gr.,  sport-  und  natur- 
liebend, wünscht  die  Bekannt- 
schaft eines  lieben  Mädels  von 
25  bis  33  J.  zw.  späterer  Heirat. 
Zuschriften  erbeten  unter  G.  R. 
an  die  Schriftleitung,  Bielefeld, 
Stapenhorststr.  138. 


Sudetendeutscl er 

Kriegsblinder 

59  J.,  evang.,  wünscht  Bekannt- 
schaft mit  älterem  Frl.  od.  Frau 
ohne  Anhang  zw.  spät.  Heirat. 
Zuschr.  erb.  unter  B.  Beu.  an  die 
Schriftleitung,  Bielefeld,  Stapen- 
horststraße   138. 


Warmherzige  u.  geistig  inter. 
Frau,  33  J.,  mit  5j.  Töchterchen, 
möchte  alleinstehendem  Kriegs- 
blinden durch 

Wirtschaftsliinrung 

■  helfen.   Zuschriften  erb.  unter  K. 
'  E. '  an    die    Schriftleitung,    Biele- 
feld, Stapenhorststr.  138. 


Kriegsblinder 

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14 


(Ist  Jagen  und  Fischen  für  Kriegsblinde  waidgerecht? 


[Unser  kriegsblinder  Kamerad  K.  Schulz,  Revier- 
iörster,  schreibt  uns: 

Der  Jäger  oder  Fischer  wird  bei  dieser 
Frage  wehmütig  lächeln  oder  entrüstet  auf- 
begehren. Gut,  es  stand  schon  oft  das 
Thema  „Die  Frau  als  Jägerin"  zur  Debatte 
und  es  wurde  viel  darüber  gesagt  und  ge- 
schrieben; warum  nicht  einmal  solche  absurd 
klingende  Frage? 

Herr  Kollege  von  der  grünen  Farbe,  — 
Sie,  passionierter  Jäger,  und  Sie,  meine 
Fischer-  und  Sportfischerfreunde,  kennen  Sie 
das  prickelnde  Gefühl?  Ja,  gewiß,  Sie 
kennen  es! 

-  Nach  einem  Regenguß,  dunstig  liegen  die 
Blößen  da  .  .  .  —  man  muß  hin,  der  Bock 
tritt  heute  hier  bestimmt  aus.  Oder:  West- 
wind, schwül,  in  der  Ferne  rollt  schon  der 
Donner.  Ein  Gewitter  ist  im  Anzug.  Treibt 
es  da  nicht  den  Angler  hinaus?  Hält  er  es 
dann  noch  in  seiner  Klause  aus? 

Doch,  um  es  zur  allgemeinen  Beruhigung 
vorwegzunehmen,  mit  der  Jagd  ist  es  natür- 


lich aus!  Dankbar  aber  bin  ich  dem  Kolle- 
gen, der  mich  zur  Brunft  mit  hinausnimmt, 
mich  auf  einem  Hochsitz  verstaut  und  mich 
dann  wieder  abholt.  Auch  ist  es  eine  alte, 
liebe  Erinnerung,  wenn  bei  Revierfahrten  es 
plötzlich  „nach  Sauen  stinkt".  Halt,  prrr! 
Einige  Minuten  verharren  an  der  Stelle.  Der 
Geruch  von  Wald,  Moos  und  vorüber- 
gewechseltem Schwarzwild  wird  gierig  in 
den  „Windfang"  eingesogen.  Früher,  ja, 
früher  .  .  . 

1  Doch  die  zweite  Frage  sieht  nun  etwas 
anders  aus.  Zunächst  stelle  ich  fest:  Der  Aal- 
fischer legt  die  Aalschnüre,  stellt  seine  Aal- 
körbe und  angelt  des  Nachts.  Der  Sport- 
fischer angelt  mit  dem  Blinker  und  der 
Forellenjäger  holt  die  Forellen  mit  der  Hand 
unter  Steinen  und  aus  Uferlöchern  hervor. 

Was  hat  das  nun  mit  dem  Augenlicht  zu 
tun?  Zum  mindesten  nicht  sehr  viel!  Um 
schnell  etwas  vorwegzunehmen:  Wenn  mich 
die  schlaflosen  Nächte  hinaustreiben  —  ich 
habe  es  nämlich  sehr  bequem  —  und  meine 
Nacht-Aalangeln  am  Straßenrand  liegen  und 
ich  auf  einer  Bank  vor  meiner  Wohnung 
sitze,  dann  höre  ich  es  oft: 

„Kiek,  er  angelt  all  wedder!  Ick  denk,  der 
kann  nich  kieken?" 

Nein,  das  kann  er  leider  nicht,  aber  seine 
Aale  kann  er  trotzdem  angeln.  Zu  den  Vor- 
bereitungen und  einigen  kleinen  Spitzfindig- 
keiten muß  man  sein  „wandelndes  Augen- 
licht", die  Frau,  oder  sonstwen  zur  Hand 
haben.  Meine  Frau  macht  es  schon  tadellos 
Und  sucht  mir  des  Nachts  mit  der  Sturm- 
laterne die  erforderlichen  Tauwürmer  zum 
Aalköder;  mitfühlende  Sportangler  bringen 
mir  kleine  Köderfische  und  auch  meine  bei- 
den Mädels  habe  ich  schon  zur  Würmersuche 
eingespannt.  Das  Zurechtmachen  der  Angeln 
und  der  Nachtschnüre  kann  man  allein,  auch 
das  Aufstecken  des  Köders.  Ich  muß  immer 
lächeln,  wenn  ich  höre,  daß  es  schon  zu 
dunkel  sei  und  mein  Angelfreund  sich  erst 
die  Brille  aufsetzen  muß,  um  den  Haken  zu 


beködern.     Ist    doch    auch    lächerlich,    nicht 
wahr?    So  etwas  fühlt  man  doch. 

Ich  habe  meinen  „Wigwam"  nun  in  der 
Elbeniederung  aufgeschlagen,  wo  viel 
Wasser,  Be-  und  Entwässerungsgräben  sind. 
Mit  den  Fischen  ist  es  auch  einigermaßen 
bestellt.  Natürlich  übe  ich  meine  Leiden- 
schaft, die  zweite  neben  dem  Pfeiferauchen, 
hier  aus.  Allerdings  kann  ich  nur  Fische 
angeln,  die  „massiv"  beißen.  Wie  schon  er- 
wähnt: Aal,  auch  Schlei  und  Barsch  mit  Wür- 
mern; Hecht  und  Zander  mit  Köderfischen 
und  im  Herbst  mit  dem  Blinker.  In  der  Elbe 
selbst  —  die  ist  breit  genug  und  man  hat  ge- 
nügend Platz  zum  Werfen  —  angele  ich  mit 
der  Wurfangel  und  Rolle.  Die  Angel  wird 
in  den  Strom  hinausgeschleudert,  die  ca.  80 
bis  100  m  lange  Schnur  treibt  im  Strom  ab 
und  rollt  von  der  Rolle.  Dann  wird  sie  fest- 
gelegt, die  Stange  zwischen  Steine  gesteckt 
und  die  Schnur  straff  gezogen;  denn  ein  Lauf- 
blei von  etwa  80  g  Gewicht  oberhalb  des 
Hakens,  drückt  den  Köder  auf  den  Grund 
und  hält  ihn  dort  fest.  Beißt  nun  ein  Fisch 
und  will  mit  dem  Köder  fort,  zieht  er  die 
Schnur  durch  das  Laufblei,  das  ja  festliegt, 
und  die  eingestellte  Knarre  an  der  Rolle 
signalisiert  den  Biß.  Das  Herz  schlägt  wieder 
bis  an  den  Hals,  man  haut  an  und  wenn  es 
am  anderen  Ende  zappelt,  ist  man  wieder  in 
Fahrt!  Das  frischt  auf! 

Aber  auch  wenn  es  nicht  am  anderen  Ende 
zappelt,  und  das  ist  ja  meistens  der  Fall,  — 
allein  die  Betätigung,  der  frische  Wind,  der 
Geruch  von  Wasser  und  Moder  geben  dem 
Naturfreund  neue  Kraft  und  verscheuchen 
die  Grillen. 

Zusammenfassend  kann  ich  die  Frage  nur 
bejahen!  Warum  sollte  der  passionierte 
kriegsblinde  Angler  nicht  noch  im  Rahmen 
des  Möglichen  seine  Leidenschaft  ausüben? 
Stichhaltige  Gründe,  die  auf  ein  unwaid- 
männisches  Verhalten  schließen  lassen,  sind 
gar  nicht  vorhanden.  Gerade  beim  Angeln 
kommt  es  ja  sehr  auf  das  Gefühl  an  und  in 
zweiter  Linie  erst  auf  das  Sehen. 

Ein  besonderes  und  merkwürdiges  Petri 
Heil,  das  mir  als  Kriegsblinder  zuteil 
wurde,  will  ich  noch  schildern:  Nach  meiner 
Verwundung  war  ich  während  des  Krieges 
im  ehemaligen  Warthegau,  meiner  Heimat, 
im  Forstberuf  tätig.  Die  Gegend  ist  mit 
Seen,  Bächen,  Gräben  und  Fischen  reich  ge- 
segnet. In  den  väterlichen  Fischgewässern 
konnte  ich  meine  alte  Passion  nun  von 
neuem  an  einexerzieren.  Im  Juli  1943  legte 
ich  eines  Tages  eine  Aalschnur  mit  150  Haken 
und  beköderte  sie  mit  kleinen  Fischen.  Am 
andern  Morgen  fuhr  ich  mit  meinem  Vater 
auf  den  See  hinaus,  um  die  Schnur  zu  heben. 
Ich  nahm  die  Schnur  auf,  während  mein 
Vater  den  Kahn  fuhr,  denn  das  Zappeln 
wollte  i  c  h  doch  fühlen.   Ein  Glück,  daß  wir 


zu  zweit  waren!  Plötzlich  zappelte  es  nicht, 
sondern  zog!  Mein  Vater  machte  mir  mit 
dem  Ruf:  „Ein  großer  Karpfen!"  verständlich, 
daß  ich  einen  Koloß  vor  mir  hatte. 

Es  wollte  nicht  in  meinen  Kopf  hinein.  Der 
Karpfen  ist  doch  ein  Friedfisch,  wie  kann  er 
auf  einen  Fischköder  beißen?  Aber  das  half 
nun  alles  nichts,  das  Ziehen  am  anderen 
Ende  ließ  mich  zur  Vorsicht  mahnen.  Die 
Plätze  wurden  gewechselt.  Von  Vätern  fern- 
gesteuert, fuhr  ich  den  Kahn  rückwärts  an 
Land,  während  er  den  Karpfen  hinterherzog. 
An  Land  wurden  die  Plätze  wieder  gewech- 
selt und  ich  bekam  die  Schnur  mit  dem  aus 
dem  Wasser  springenden  Karpfen  in  die 
Hand  gedrückt.  Vater  sprang  in  voller 
Kriegsbemalung  ins  Wasser  und  fing  den 
springenden  Karpfen  buchstäblich  mit  den 
Armen  auf.  Ja,  das  konnte  er  auch,  denn  der 
Fisch  wog  32  Pfund  und  war  1,05  m  lang. 
Die  in  der  Nähe  liegende  staatliche  Fischerei- 
schule bestimmte  das  Alter  mit  18  Jahren. 
Petri  Heil! 

Nachstehend  bringen  wir  eine  Partie  aus 
dem  Vereinsturnier  1952  des  Schachvereins 
„Turm",  Köln,  gespielt  am  13.  3.  1952 

(M. -Klasse) 

Damenbauernspiel 

Weiß:  Mertens  Schwarz:  Gilsdorf. 

1.  d4  d5  2.  Sf3  Sf6  3.  e3  Lf5  4.  Ld3  (besser 
ist  c4  nebst  Db3,  um  auf  b7  zu  drücken. 
Weiß  sollte  sich  nicht  den  guten  Läufer  ab- 
tauschen lassen)  L:d3  5.  D:d3  e6?  6.  Sbd2? 
(Weiß  rechnete  nicht  mit  einem  Eröffnungs- 
fehler des  Schwarzen  und  übersah  daher  den 
vorteilhaften  Zug  6,  Db5  +  )  Sc6  7.  c3  Ld6 
8.  0-0  0-0  9.  e4  d:e4  10.  S:e4  S:e4  11.  D:e4 
h6  12.  Tel  Tb8  13.  Dg4  Df6  14.  Te4  Se7 
15.  Se5  Tbd8  16.  f4  Sf5  17.  De2  a6  18.  g4L:e5 
19.  f:e5  Dg6  20.  Khl  Se7  21.  Ld2  Dh7  22. 
Tgl  c5  23.  g5?  (stärker  war,  den  Angriff  mit 
h4  nebst  h5  fortzusetzen  und  im  gegebenen 
Augenblick  durch  den  Vorstoß  g5  die  Öff- 
nung der  g-Linie  zu  erzwingen.  Durch  den 
frühzeitigen  Vorstoß  wird  Schwarz  eine  Ab- 
riegelung  und  das  Postieren  des  Springers 
auf  f5  ermöglicht.  Den  Bauern  c5  kann  Weiß 
nicht  schlagen;  z.  B.  23.  d:c5?  T:d2!  24.  D:d2 
D:e4  +  )  h5  24.  Th4  c:d4  25.  c:d4  g6  26.  Te4 
Sf5  27.  Lc3  Kg7  28.  a3  Dg8  29.  Tdl  Td5 
30.  Df2  Tfd8  31.  Td2  De8  32.  Kg2  Dc6  33.  Kgl 
Kg8  34.  Tf4  Dd7  35.  Te4  De7  36.  h4  Dd7 
37.  Kh2  Se7  38.  Tf4  Sf5  39.  Te4  Dc6  40.  Dgl 
T5d7  41.  Tf4  Se7  42.  Df2  Sf5  43.  Kgl  Sg7 
44.  Dg2  Db6  45.  Df2  Se8?  46.  d5!  D:f2  47.  T:f2 
e:  d5?(T:d5  wäre  etwas  weniger  unangenehm 
gewesen)  48.  e6!  (das  kostet  eine  Figur;  aber 
es  kommt  noch  schlimmer.  Schwarz  übersah, 
daß  der  bisher  „schlechte"  weiße  Läufer 
plötzlich  sehr  stark  geworden  war)  f:e6?? 
49.  Tf8+  Kh7  50.  Th8  ++  und  die  Kiebitze 
freuten  sich.  Gabriel    Mertens. 


«5 


%&~ffJ» 


Mit  Millionen  von 
Wettlreunden  ständig  im 
Dienste  des  Sports 

West-Süd-Block 


Toto  West    /    Württemberg -Baden  Toto    /    Hessen -Toto   /    Toto  Rheinland/Pfalz 


15 


iLs\(cwlc JxctcufKcttcst, 


Vorfrühling 


Unsere  Borkumfahrer  wird  es  inter- 
essieren, daß  die  sonst  so  gefürchteten 
Winterstürme  in  diesem  Jahr  der  Insel  eine 
erfreuliche  Überraschung  gebracht  haben.  Am 
Strand  wurde  soviel  neuer  Sand  angetrieben, 
daß  der  neue  Badestrand  sich  jetzt 
um  den  ganzen  Nordteil  der  Insel  bis  vor 
die  großen  Hotels  erstreckt. 
* 

Nunmehr  ist  auch  im  Hauptpostamt  Mül- 
heim (Ruhr)  ein  Kriegsblinder  im 
Schalterdienst  tätig.  Es  ist  unser 
Kamerad  Moll,  der  vor  einem  Jahr  seine 
Assistentenprüfung  bestand  und  der  mit 
Hilfe  selbst  ersonnener  Kartenreiter  und 
metallener  Meßwerkzeuge  Briefmarken  gegen 
Hartgeld  verkauft.  In  jüngster  Zeit  machte 
den  ersten  erfolgreichen  Versuch  dieser  Art 
ein  Kamerad  in  Kiel. 
* 

Ein  Gesuch  um  Begnadigung  der  2  0  0  0 
Kriegsblinden,  die  während  des  Bür- 
gerkrieges in  Spanien  auf  kommu- 
nistischer Seite  gekämpft  haben  und  nach 
ihrer  Flucht  ins  Ausland  noch  nicht  in  ihre 
Heimat  zurückzukehren  wagten,  richtete  der 
Präsident  des  spanischen  Blindenverbandes 
an  den  Staatschef  Generalissimus  Franco.  Der 
Verband  will  die  Fürsorge  für  die  Blinden 
nach  ihrer  Rückkehr  übernehmen.  Wenn  uns 
auch  die  genannte  Zahl  als  fast  unglaubhaft 
hoch  erscheinen  will,  so  zeichnet  sich  hier 
doch  ein  von  der  Weltöffentlichkeit  zu  Un- 
recht übergangener,  erschütternder  Vorgang 
ab. 

* 

Wir  berichteten  schon  einmal  über  einen 
öffentlichen  Blumen-  und  Kräuter- 
garten, der  in  dem  englischen  Badeort 
Hastings  speziell  für  Blinde  angelegt  worden 
ist,  also  nicht  für  die  Augen  sondern  für  den 
Geruchs-  und  Tastsinn.  Jetzt  sind  ein  Dutzend 
weiterer  Städte  in  England  diesem  Beispiel 
gefolgt.   Man   errichtet   Beete   in   Brusthöhe, 


Benedict  &  Dannheisser  G.  m.  b.  H. 

Leonische  Spinnerei  und  Weberei 
Telefonschnüre  und  Schwachstromleitungen 

Nürnberg  -  N. 

Äurjere  Bayreuther  Strafe  48 


die  schräg  ansteigen,  so  daß  ein  Blinder 
bequem  Gesicht  und  Hände  an  die  Pflanzen 
bringen  kann.  Stark  duftende  Blumen  und 
Kräuter  oder  Pflanzen  mit  charakteristischen 
Blättern  und  Formen  werden  bevorzugt. 
Namensschilder  mit  metallener  Brailleschrift 
sowie  Geländer  als  Leitvorrichtung  dienen 
dem  Blinden  zur  selbständigen  Orientierung. 

* 
In  der  Ostzone  bemüht  sich  die  Kirche  in 
wachsendem  Maße  um  eine  Hilfe  für  die 
Blinden.  So  trafen  sich  jetzt  in  Leipzig  auf 
Einladung  der  Inneren  Mission  Sachbearbeiter 
für  Blindenfragen,  Der  sogenannte  „  B  1  i  n  - 
dendienst  der  Inneren  Mission" 
bemüht  sich  vor  allem  um  einen  geistlichen 
Dienst  (Blindenbibelstunden  oder  -wochen 
usw.). 

* 

Die  als  Fachlieferant  für  Kokosgarne, 
Faserstoffe,  Borsten  usw.  angesehene  Im- 
portfirma    Johannes     Lucht     &     Co., 

Haben  Sie  sich  bei  der  Lektüre  des  vorigen 
Heftes  mit  dem  Prospekt  der  L ot  t  e  r  i e - E  i n  • 
nähme  R  i  nd  l  e  (Augsburg,  Königsplatz)  be- 
schäftigt? Versuchen  Sie  Ihr  Glück!  Jetzt  beginnen 
die  neuen  Ziehungenl 


Hamburg,  mit  der  auch  viele  Kriegsblinden- 
arbeitsgemeinschaften  und  Handwerker- 
kameraden zusammenarbeiten,  feiert  in  die- 
sen Tagen  ihr  25jähriges  Geschäftsjubiläum. 
Die  Firma  hatte  vor  dem  Kriege  vier  eigene 
Niederlassungen  in  Süd-Indien,  die  mit  dem 
Kriegsende  verlorengingen,  konnte  aber  ihre 
weltweiten  Geschäftsbeziehungen  in  den 
letzten  Jahren  wieder  vorbildlich  aufbauen. 
* 

Die  italienische  Kunstlaufmeisterin  im 
Rollschuhlaufen,  Leda  Pelli,  ist  Sportlehrerin 
an  einer  Blindenschule.  Dort  hat  sie  80  blin- 
den Kindern  das  Rollschuhlaufen 
beigebracht.  Ein  durch  eine  Minenexplosion 
erblindeter  14jähriger  Junge  beherrscht  be- 
reits mit  meisterlicher  Eleganz  die  kompli- 
ziertesten Figuren. 

* 

Der    bayerische    Landtag    hat    durch    ein 
Gesetz     das     an    Friedensblinde     gewährte 
Blindengeld  von  75  DM  auf  90  DM  im 
Monat  heraufgesetzt. 
* 

Eine  Sonderausgabe  der  Programmzeit- 
schrift des  Londoner  Rundfunks  „Radio 
Times"  feierte  ihr  25jähriges  Jubiläum: 
es  ist  die  seit  1927  vom  Britischen  Blinden- 
Institut  gedruckte  Punktschrift-Ausgabe. 
* 

Bei  den  Bemühungen  um  ein  einheitliches 
Weltsystem  der  Punktschrift  hatten  sich 
Schwierigkeiten  mit  der  spanischen  und 
portugiesischen  Sprache  ergeben.  Kürzlich 
traten  Sachverständige  in  Montevideo 
zusammen,  um  wenigstens  das  System  für 
diese  beiden  benachbarten  Sprachgebiete  zu 
vereinheitlichen. 

Das  Nationale  Blindeninstitut  in  London 
hat  weiße  Stöcke  eingeführt,  die 
hell  aufleuchten,  wenn  sie  vom  Scheinwerfer- 
licht getroffen  werden.  Die  ersten  Erfahrun- 
gen haben  gezeigt,  daß  die  neuen  Stöcke 
schon  aus  großer  Entfernung  im  Schein- 
werfer der  Fahrzeuge  sichtbar  werden  und 
damit  für  die  Sicherheit  der  Blinden  überaus 
nützlich  sind. 

In  England  sind  zur  Zeit  125  Kriegsblinde 
als  Masseure  („Physiotherapeuthen") 
tätig.  Sieben  weitere  befinden  sich  noch  in 
der  Ausbildung. 

* 

Die  National-Bibliothek  für  Blinde  in  Eng- 
land bringt  gleichzeitig  mit  der  Schwarzdruck- 
Ausgabe  das  vielbändige  Werk  Chur- 
chills „Der  zweite  Weltkrieg"  heraus.  Es 
sind  bereits  61  Bände  in  Blindenschrift  er- 
schienen. 

In  England  stellte  man  eine  Zunahme  der 
Fälle  von  Blindheit  bei  fr-ühgebo- 
renenKindern  fest.  Infolge  der  Entwick- 
lung in  der  Medizin  ist  zwar  die  Sterblich- 
keitsziffer bei  Frühgeburten  erheblich  gesun- 
ken, aber  Kinder,  die  vor  ein  paar  Jahren 
noch  gestorben  wären,  entwickeln  jetzt  Blind- 
heit. Allein  in  Burmingham  waren  bei  tausend 
Frühgeburten  42  Erblindungen  —  und  zwar 
gerade  bei  besonders  schwächlichen  Kindern 
—  zu  verzeichnen.  Ursache  und  Behandlungs- 
methode der  betreffenden  Augenkrankheit 
(retrolentale  Fibroplasie)  sind  noch  nicht 
gefunden. 

* 

Der  Deutsche  Schachbund  hat  in  Würdi- 
gung der  Bemühungen  um  das  Blinden- 
schach  einen  der  bekanntesten  Schachspieler 
den  internationalen  Schach- 
meister A.  Brinkmann,  als  Turnier- 
leiter für  die  Austragung  der  Schachmeister- 
schaften für  Blinde  in  Meschede  zur  Ver- 
fügung gestellt. 


Kahl  recken  noch  der  Bäume  Aste 

Die  Finger  in  das  Abendblau. 

Die  Straßen  tragen  kleine  Reste 

Vom  Schnee  durchsetzt,  von  Ruß  und  Grau. 

Es  wälzt  sich  des  Verkehres  Schlange; 

Die  Menschen  eilen  ohne  Rast. 

Die  Sonne,  die  sie  schon  so  lange 

Entbehren,   scheint   vergessen   iast. 

In  dieses  Hasten  ohnegleichen 

Dringt   schmelzend   einer   Amsel   Lied. 

Die  Blicke  sich  verwundert  neigen, 

Als  ob   die  Sängrin  es  erriet: 

„Der  Frühling  kommt,  ihr  Menschenkinder! 

Als  erster  Gruß  bin  ich  geschickt. 

Bald  wehn  die  Lülte  wärmer,  linder!" 

Und  manche  Brust  hebt  sich  beglückt. 

Kam.  Hans  Schmalfuß[ 


In  Ergänzung  zu  unserer  Notiz  im  März- 
heft über  die  „Lesemaschine"  des  Dipl.-Ing. 
Dr.  Blum  erfahren  wir,  daß  unter  Umständen 
das  Gerät  die  Druckschriften  nicht  in  hör- 
bare, sondern  in  taktile  Zeichen  umsetzt, 
also  in  solche,  die  der  Blinde  abtasten" 
kann.  Eine  solche  Methode  ist  allerdings 
bereits  von  anderen  Erfindern  früher  mit 
brauchbaren  Lösungen  in  Angriff  genommen 

worden. 

* 

Für  die  Versorgung  der  Blinden  in 
Amerika  mit  „sprechenden  Büchern"  auf 
Schallplatten  stehen  der  Kongreßbücherei 
in  Washington  jährlich  eine  Million1 
Dollar  zur  Verfügung.  Im  Durchschnitt 
braucht  man  zum  Lesen,  d.  h.  zum  Abhören 
eines  sprechenden  Buches  (mehrere  große 
Langspielplatten)  elf  Stunden.  Der  Bücher- 
katalog umfaßt  bereits  288  Seiten.  Technisch! 
weitaus  glücklicher  ist  die  in  Deutschland; 
vorgesehene  Lösung  mit  Magnetophon- 
bändern, die  es  bei  der  Einrichtung  der 
amerikanischen     Bibliothek,     nämlich     1934, 

noch  nicht  gab. 

* 

Unser  Kamerad  Dr.  Hans  Ebbecke 
(Heidelberg),  der  als  humorvoller  Rezitator 
und  Lautensänger  sich  einen  Namen  gei 
macht  hat,  tritt  neuerdings  gemeinsam  mit 
unserem  Kameraden  Willi  Blank  (Wurm- 
berg) auf,  der  als  Akkordeonvirtuose  in 
letzter  Zeit  großen  Erfolg  hatte. 
* 

Eine  bittere  Enttäuschung  erlebte  ein 
selbständig  tätiger,  kriegsblinder  Bürsten- 
macher in  Uelzen.  Wochenlang  blieben 
die  sonst  regelmäßigen  Aufträge  aus,  bis  er 
erfuhr,  daß  eine  angebliche  Vertreterin  in 
seinem  Namen  auftrat  und  Fabrikware  ver- 
kaufte. Obendrein  wurde  er  auch  durch 
einen  anderen  Betrüger,  der  mit  falschen 
Ausweisen  auftrat,  um  erhebliche  Beträge 
geprellt.  Welche  Niedertracht  gehört  zu 
einer  solchen  schändlichen  Ausnutzung  der 
Kriegserblindung  des  Mitmenschen! 
* 

Etwa  hundert  Kriegsblinde  betreiben  in 
England  ein  eigenes  Ladengeschäft; 
vornehmlich  mit  Standardwaren  wie  Schoko1- 
lade,  Tabakwaren,  Schreibwaren  oder  Eis1. 
Die  englische  Kriegsblindenstiftung  „St.  Dun- 
stan's  gewährt  die  Finanzierungsmittel,  z.  B. 
dreihundert  Pfund  als  Geschenk  und  sieben! 
hundert  als  Darlehen.  Während  der  ersten 
sechs  Monate  arbeitet  der  Kriegsblinde  als 
Angestellter  gegen  Gehalt.  Dann  wird  ge- 
prüft, ob  sich  die  Geschäftseröffnung  lohnt. 
Von  den  Einnahmen  erhält  dann  ein  DritteJ 
der  Kriegsblinde,  ein  Drittel  dient  einen» 
Reservefonds  für  geschäftliche  Anschaffunj- 
gen  und  ein  Drittel  einem  Sonderfonds  zum 
Ankauf  einer  Lebensversicherung.  Mit  deii 
Mitteln  des  Reservefonds  zahlt  der  Kriegsf 
blinde  das  Darlehen  der  Stiftung  zurück  unji 
kauft  dadurch  den  Laden.  ! 


16 


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17 


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15.4. 

20.00 

20.15 

20.30 

16.4. 

20.00 

20.30 

20.45 

21.00 

17.4. 

20.20 

20.35 

20.40 

20.40 

18.4. 

20.00 

21.45 

20.4. 

17.00 

21.4. 

20.05 

20.40 

22.4. 

20.05 

20.15 

20.30 

21.00 

23.4. 

20.30 

20.30 

20.45 

21.00 

21.40 

24.4. 

20.15 

20.20 

20.30 

25.4. 

21.00 

21.45 

27.4. 

17.00 

28.4. 

21.45 

29.4. 

20.00 

20.15 

20.30 

30.4. 

20.30 

20.30 

21.45 

2.5. 

21.45 

3.5. 

20.00 

5.5. 

21.30 

6.5. 

20.00 

6.5. 

20.15 

20.30 

21.00 

7.5. 

19.30 

8.5 
9.5. 
9.5. 

11.5. 

13.5. 


14.5. 
15.5. 


20.30 


21.15 
20.00 
21.40 

20.30 


20.30 
20.00 


JDrogrammvorscliau  für  f4örspiele 

München:  „Antrobus  stirbt"  von  K.  F.  Tschon 

NWDR/UKW-West:  „Mit  zwei  Mark  fünfzig  in  der  Tasche"  von  Paul  Schaaf 

Südwestfunk  und  Bremen:  „Barbara  geteilt  durch  elf"  von  Egon  Jameson 

NWDR/UKW-Nord:    „Dunkle  Wünsche"   von  Walther  von  Hollander 

Südwestfunk/UKW:  „Die  begnadete  Angst"  von  G.  Bernanos 

RIAS:  „Der  Desillusionist"  von  Christian  Bock 

BBC  (deutsch):   „Die  alten  Damen"  nach  Hugh  Walpol 

Saarbrücken:  „Der  rote  Simca  von  Kurd  E.  Heyne 

NWDR:   „Fräulein  Else"  von  Arthur  Schnitzler 

Südwestfunk:  Walter  Dirks  über  das  Hörspiel  „Die  gekaufte  Prüfung" 

Beromünster:  „Philoktet"  nach  Sophokles 

Frankfurt:  „Himmelsmusik",  ein  Klangmärchen  von  Peter  Herz 

NWDR:  „Spionage  für  den  Osten",  Tatsachen-Hörspiel  von  J.  Agricolar 

München/UKW:  „Liebelei"  von  Arthur  Schnitzler,  nach  H.  v.  Cube 

NWDR/UKW-West:  „Der  Weg  in  die  Hölle"  von  Peter  Cheyney 

Stuttgart:   „Der  Haifisch  soll  leben"  nach  Mark  Twain,  von  Hans  Hömberg 

Stuttgart/UKW:  „Das  Lied  der  Wildgänse"  von  Helmut  Habrich 

Frankfurt:  „Der  Fuchs"  nach  D.  H.  Lawrence,  von  Erich  Kuby 

Frankfurt/UKW:  „Himmelsmusik"  von  Peter  Herz 

NWDR/UKW-West:   „Weh  dem,  der  nichts  geleistet  hat",  von  R.  O.  Diehl 

Südwestfunk:  „Herr  Lamberthie'r"  von  Louis  Verneuil 

München:  „Das  Wunder  des  Malachias"  (1.  Teil)  von  Bruce  Marshall 

Südwestfunk/UKW:  „Die  Tage  sind  gezählt"  von  Josef  Martin  Bauer 

Stuttgart:  „Die  andere  und  ich"  von  Günter  Eich 

RIAS:  „Mr.  Gillie"  von  James  Bridie 

Bremen:  „Der  Bäcker  und  seine  Frau"  von  Marcel  Pagnol 

München/UKW:  „Antrobus  stirbt"  von  Karl  Richard  Tschon 

NWDR:  „St.  Louis  Blues"  von  Heinz-Oscar  Wuttig 

Saarbrücken:  „Die  Dämonen"  nach  Dostojewskij,  von  Anton  Betzner 

Beromünster:  „Gösta  Berling"  nach  Selma  Lagerlöf  von  Oda  Schäfer 

München:  „Das  Wunder  des  Malachias"  (2.  Teil)  nach  Bruce  Marshall 

NWDR/UKW-West:   „Die  Geschichte  des  Askid  Torgilsson"   von  E.  Rottluff 

Stuttgart:  „Der  Streik  der  Ganoven"  von  Detlev  Motschmann  und  H.  Coubier 

Frankfurt:  „Sie  fielen  aus  Gottes  Hand"  von  H.  W.  Richter 

München/UKW:  „Das  Wunder  des  Malachias"  (1.  Teil)  nach  Bruce  Marshall 

München:  „Liebelei"  von  Arthur  Schnitzler 

NWDR-UKW-West:  „Wenn  de  Hahn  kräht"  von  August  Hinrichs 

Südwestfunk:  „Blick  auf  Venedig"  von  Günter  Eich 

Frankfurt/UKW:  „Der  Fuchs"  nach  D.  H.  Lawrence  von  E.  Kuby 

Stuttgart:   „Erpressung"  von  Patrick  Hamilton 

Südwestfunk/UKW:   „Was  sollen  wir  denn  tun?"   von  Fred  Hoerschelmann 

Bremen:   „Kleider  ohne  Leute"  von  Romain  Gary 

München/UKW:  „Das  Wunder  des  Malachias"  (2.  Teil)  nach  Bruce  Marshall 

Bremen:  „Das  große  Messer"  von  Clifford  Odts 

NWDR/UKW-West:  „Nur  ein  Experiment"  von  Jean  de  la  Varende 

NWDR:  „Karussells  werden  im  Himmel  gemacht"  von  H.  Dührkop 

Frankfurt:  „Das  verschlossene  Haus"  von  Michael  Harward 

NWDR/UKW-West:  „In  alle  Welt  drang  ihre  Kunde"  von  Bastian  Müller 

NWDR:  „Unter  den  Brücken"  von  Walter  Ulbricht 

Frankfurt/UKW:  „Dumala"  nach  Ed.  v.  Keyserling  von  H.  Kettler 

NWDR/UKW-West:  „Erasmus  im  stillen  Winkel"  von  K.  Heynicke 

Südwestfunk:  „Der  Reporter  des  Satans"  von  Paul  Hühnerfeld 

München:  „Auf  dem  Weg  zum  Paradies"  von  Walter  Kolbenhoff 

NWDR:  „Die  sagenhafte  Geschichte  des  Hengstes  Godolphin  Arabian"  nach 

Marguerite  Henry 
Südwestfunk/UKW:   „Der  schlecht  gefesselte  Prometheus"  von  Andre  Gide 
Bremen:  „Mon  Faust"  von  Paul  Valery 
Stuttgart:  „Der  Tramp"  von  Otto  Heinr.  Kühner 
München/UKW:  „Die  Schöne  im  Walde"  von  Jules  Superviell 
NWDR:  „Alle  Menschen  leben  in  Kirchborn"  von  Werner-Jörg  Lüddecke 
NWDR/UKW-West:  „Das  Vermächtnis" 
Frankfurt:  „Das  war  Mama"  von  John  van  Druten 

Südwestfunk:  „Der  Prozeß  um  des  Esels  Schatten"  von  Friedrich  Dürrenmatt 
Frankfurt/UKW:  „Unterm  Birnbaum"  nach  Theodor  Fontane 
Bremen:  „Unkraut  unter  dem  Weizen"  von  Emery  Bonett  und  Erwin  Wickert 
Südwestfunk/UKW:  „Barbara  geteilt  durch  elf"  von  Egon  Jameson 
Stuttgart:  „Um  eine  Viertelmillion"  nach  Hemingway 
NWDR:  „Die  Liebe  der  vier  Obersten"  von  Peter  Ustinov 


Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel-Preis  der  Kriegsblinden"! 


Auch  der  Lärm  hat  sein  Recht 

„Schweigen  um  Jeanette"   (München) 

Das  Erleben  des  Hörens  zum  Thema  eines  i 
Hörspiels  zu  machen,  das  allein  zeugt  schon, 
von  einer  —  leider  ungewöhnlichen  — 
Sicherheit  im  Griff  nach  den  Möglichkeiten, 
die  allein  dem  Rundfunk  vorbehalten  sind. 
Kein  Wunder,  daß  ein  so  erfahrener  und  mit 
Leidenschaft  dem  Mikrophon  verpflichteter 
Rundfunkmann  wie  Oskar  Wessel  der  Autor 
ist.  Er  läßt  ein  junges,  bis  dahin  taubes 
Mädchen  die  Lust  und  die  peinvolle  Last  des 
Hörens  erfahren.  Und  mit  ihr  erfährt  der 
Hörer,  der  abgestumpfte  Mensch  unserer 
Tage,  wie  mörderisch  und  beängstigend  der 
Lärm  unserer  Städte  ist.  „Rhythmus  des  Da- 
seins, Trubel  und  Tempo"  ruft  dieser  Mensch 
dem  geängstigten  Mädchen  voller  Stolz  zu. 
Es  flieht  in  die  vertrautere  Stille.  Und  die 
Versuchung  mag  für  den  Autor  nahegelegen 
haben,  sein  Hörspiel  hier  mit  einem  Plädoyer 
für  die  Stille  und  das  Schweigen  zu  beenden. 
Es  wäre  nicht  unfruchtbar  gewesen,  gerade 
weil  diese  These  den  lärmfreudigen  Men- 
schen nachdenklich  machen  könnte.  Aber 
es  wäre  unwahrhaftig  gewesen,  denn  auch 
die  Stille  kann  zur  Last  werden  —  das  Mäd- 
chen erlebt  das  —  und  erst  in  der  Relation 
zwischen  beiden,  zwischen  dem  Schweigen- 
den und  dem  Lauten,  ist  der  Weg  zu  finden. 
Dieser  Schluß,  daß  eben  beides  zu  akzep- 
tieren ist,  hätte  etwas  klarer  sein  können. 
Fast  mußte  man  den  Eindruck  gewinnen, 
daß  das  Mädchen  Jeanette  den  „Abgrund 
des  Schweigens"  noch  weniger  erträgt  als 
den  Lärm,  und  daß  sie  sich  für  den  Lärm  „da 
draußen"  entscheidet,  überhaupt  ist  das  Hör- 
spiel nicht  ohne  Schwächen,  angefangen  von 
der  Unglaubhaftigkeit  des  Vorgangs,  daß 
Jeanette  sogleich  nach  ihrer  Operation  die 
menschliche  Sprache  versteht  (und  vorher 
elegant  sprach)  bis  hin  zu  sehr  viel  mono- 
logisierenden, erzählenden  und  betrachten- 
den Partien,  die  dem  Ganzen  den  dramati- 
schen Atem  und  die  Rundung  der  Kom? 
Position  nehmen.  So  blieb  vieles  allzu 
skizzenhaft.  Trotzdem  aber  hätten  wir  beim 
Münchener  Preisausschreiben  dieses  Werk 
höher  eingestuft  als  die  an  erster  Stelle 
preisgekrönten  „Wildgänse".  Die  Maßstäbe 
von  Preisgerichten  sind  eben  oft  sehr  ge- 
heimnisvoll. 

1:0  für  die  Amateure 

„Die  große  Masche"  (NWDR) 

Hörspiel  von  Otto  Heinz  Jahn 

Fußball  ist  populär.  Und  man  möchte 
hoffen,  daß  auch  Otto  Heinz  Jahns  Hörspiel 
vom  Fußball  populär  wird,  gerade  weil  es 
die  kritischen  und  bedenklichen  Seiten  des 
Fußballsportes  —  seine  Profittendenz  und 
sein  Managertum  —  attackiert;  und  zwar 
mit  Liebe  zum  Menschen  und  zum  Sport,  so 
daß  ein  Widerspruch  schwer  wird.  Mag  sich 
Jahn  auch  in  der  Komposition  etwas  über- 
nommen haben  —  den  Gesamtrahmen  eines 
großen  Fußballspiels  muß  er  mit  allzu  vielen 
Rückblendungen  erkaufen  —  so  erweist  er 
sein  überdurchschnittliches  Können  doch  an 
einzelnen  ausgezeichneten  Szenen,  beson- 
ders zum  Schluß  hin.  Auch  weiß  er  alle 
Register  funkischer  Möglichkeiten  zu  ziehen, 


Sl 


imperial 

Weinbrand' 


:  ..//  v  c^\       ^_.;;  -    ...  Cura  cao  (41  %) 


18 


etwa  wenn  er  die  glücklich  angelegte  Rolle 
des  Sportreporters  mit  Überleitungen  kon- 
trastiert, die  ein  Toter  spricht,  der  eigent- 
liche Vater  der  Mannschaft.  Mag  auch  man- 
ches Anrempeln  der  Oberligastruktur  nicht 
ganz  fair  und  gerecht  erscheinen,  —  der 
sportfreudige  Hörer  mußte  gerade  durch 
diese  Überspitzungen  nachdenklich  werden. 
Der  Spielleiter  Fritz  Schröder-Jahn  hatte  ein 
prächtiges  Team  hinter  sich,  das  er  mit 
sicherer  Hand  zum  Siege  lenkte.  Daran 
konnten  auch  die  bitterbösen  Proteste  des 
HSV  Hamburg  nichts  ändern.  Wer  in  der 
Öffentlichkeit  und  für  sie  tätig  ist,  der  muß 
auch  öffentliche  Kritik  hinzunehmen  ver- 
stehen. 

Lehrbeispiel  für  Hörspiel-Autoren 

(Südwesllunk) 

Carl  Zuckmayer  hat  kürzlich  vom  Hörspiel 
gefordert,  es  müsse  auch  bei  der  Darstellung 
psychologisch  komplizierter  Vorgänge  für 
den  einfachen  Hörer  verständlich  und  kristall- 
klar in  seinem  Aufbau  sein.  Das  von  einem 
Kriminalfall,  dem  Mord  an  einem  Zollinspek- 
tor, ausgehende  Hörspiel  von  Josef  Martin 
Bauer:  „Die  Tage  sind  gezählt",  das  der  Süd- 
westfunk in  einer  packenden  und  ungemein 
geschlossen  wirkenden  Inszenierung  von 
Gerd  Beermann  brachte,  erfüllt  diese  Forde- 
rung Zuckmayers  und  zeigt,  wie  fruchtbar  es 
sich  gerade  bei  einem  mit  starker  Phantasie- 
kraft begabten  Autor  auswirkt,  wenn  er  sich 
in  strenger  Disziplin  um  die  Möglichkeiten 
und  Gesetze  des  Akustischen  bemüht,  statt 
Behelfe  aus  rundfunkfremden  literarischen 
Bereichen  heranzuziehen.  Bei  J.  M.  Bauer  ge- 
schieht das  deswegen  so  überzeugend,  weil 
zwischen  dem  Beginn  des  Hörspiels  mit  den 
fliehend  gehetzten  Schritten  des  Mörders  im 
Treppenschacht  eines  Mietshauses  und  sei- 
nem Ende,  den  unheimlich  ruhigen  Schritten 
der  Kriminalbeamten,  mit  der  zunehmenden 
Spannung  und  Tragik  sowohl  bei  den  Haupt- 
personen der  Handlung  wie  bei  den  Hörern 
die  Einsicht  wächst  und  schließlich  zu  der 
schweren  und  doch  befreienden  Erkenntnis 
sich  verdichtet:  daß  Schuld  gesühnt  werden 
muß.  Die  mit  ihren  Kindern  in  dürftigen 
Verhältnissen  lebende  Kriegerwitwe,  die  den 
Mörder  verbirgt  und  ihm  dann  zur  Flucht 
verhelfen  will,  bringt  eben  durch  ihre  Liebe 
—  ohne  daß  sie  es  will  —  den  Schuldigen 

Das  Echo  im  Rundfunk 

Der  „Hörspielpreis  der  Kriegsblinden"  fand 
auch  im  deutschen  Rundfunk  ein  lebhaftes 
Echo.  Der  Süddeutsche  Rundfunk 
wird  das  preisgekrönte  Hörspiel  erneut  auf- 
führen; auch  der  Hessische  Rundfunk 
hat  das  Hörspiel  in  sein  Programm  auf- 
genommen, ebenso  unter  ausdrücklicher  Be- 
zugnahme auf  den  Hörspielpreis  zwei  wei- 
tere Werke,  die  das  Preisgericht  in  die  engere 
Wahl  gezogen  hatte.  Beide  genannten  Sen- 
der brachten  außerdem  mehrere  Zeitfunksen- 
dungen (Gespräche  usw.).  Auch  der  NWDR 
wiederholt  eins  der  von  uns  ausgezeichneten 
Hörspiele. 

Programmhinweis 

Der  Südwestfunk  hat  u.  a.,  in  Zu- 
sammenarbeit mit  dem  Landesverband  Süd- 
baden unseres  Bundes,  eine  Hörfolge  fertig- 
gestellt, die  unter  dem  Titel  „Arbeit  ist 
das  Licht  der  Blinden"  am  10.  Mai 
von  16  bis  16.30  Uhr  zu  hören  sein  wird.  Wir 
machen  alle  Kameraden  auf  diese  sicherlich 
interessante  Sendung  aufmerksam. 


zur  Selbsterkenntnis.  Die  wenigen  Figuren 
bleiben  jeweils  in  ihrem  Lebenskreis  und 
wirken  doch,  auch  da,  wo  sie  nur  charakteri- 
siert werden  —  ausgezeichnet  die-  Kinder 
und  der  Grieche  — ,  als  aufeinanderbezogene 
Kräfte.  Es  fällt  kein  moralisierendes,  kein  an- 
klagendes Wort.    Aus  dem  Indirekten  ergibt 


sich  die  Unabweisbarkeit  der  Gewissensmah- 
nung. Josef  Martin  Bauer  beherrscht  die 
nicht  nur  für  Zeichner  erforderliche  Kunst 
des  Weglassens.  Müßte  man  für  einen  Lehr- 
gang zur  Schulung  von  Hörspielautoren  ein 
Musterbeispiel  guter  handwerklicher  Arbeit 
nennen:  hier  ist  es! 


Ein  Beispiel  menschlicher  Bewährung 

Aus  der  Ansprache  des  Dichters  Erwin  Wickert  bei  der  Verleihung  des  Hörspielpreises 


Greve  &  Uhl 

OSTERODE 


Die  Zuerkennung  des  deutschen  Hörspiel- 
preises 1951  für  das  Hörspiel  „Darfst  du  die 
Stunde  rufen?"  hat  mich  überrascht  und  be- 
wegt. Ich  danke  Ihnen  sehr  für  diese  Ehrung 
und  die  Überreichung  der  Plastik  Ihres 
kriegsblinden  Kameraden  Jakob  Schmitt. 
Bewegt  hat  mich  die  Entscheidung,  weil 
Menschen  sie  trafen,  die  am  ernsthaftesten 
hören,  die  Nur-  Hörer  sind  und  für  die  das 
Wort  ein  größeres  Gewicht  hat  als  für  uns 
Augenmenschen;  Menschen,  zu  denen  wir 
Zugang  nur  durch  das  Ohr  finden,  und  die 
ein  viel  sichereres  Gefühl  für  das  falsche  und 
richtige  Wort,  für  den  falschen  und  den  rich- 
tigen Ton  haben. 

Im  vergangenen  Jahr  sind  viele  gute 
deutsche  Hörspiele  gesandt  worden,  die 
künstlerisch  meist  bedeutender  waren  als 
unser  Film  und  oft  auch  gewichtiger  als  das, 
was  uns  heute  das  Theater  bietet.  Einige 
davon  —  ich  will  nur  die  Namen  ihrer  Ver- 
fasser nennen:  Günther  Eich,  Christian  F.ock, 
Wuttig,  Josef  Martin  Bauer  —  .standen  auch 
bei  der  Preisverteilung  zur  Diskussion,  und 
ich  muß  gestehen,  mir  wäre  die  Entscheidung 
sehr  schwer  geworden.  ' 

Wenn  Sie  trotzdem  dem  Hörspiel  „Darfst 
du  die  Stunde  rufen?"  den  Preis  zuerkannten, 
so  ist  das  wohl  nur  so  zu  erklären,  daß 
außer  den  ästhetischen  und  formalen  Grün- 
den noch  andere  den  Ausschlag  gaben.  Das 
Entscheidende  war  für  Sie  vielleicht  nicht 
allein  die  dramaturgische  Durchführung,  eine 
Glätte  oder  Eleganz  der  künstlerischen  Lö- 
sung, sondern  die  Wirkung  auf  den  Hörer, 
auf  den  Menschen.  Und  hierin  begegnet 
sich  Ihre  Auffassung  mit  meinen  Be- 
mühungen. \ 

Das  Hörspiel,  dem  Sie  den  Preis  zuerkann- 
ten, hat  nach  seiner  ersten  Sendung  eine 
Reihe  zustimmender  Urteile  in  der  Fresse 
gefunden,  soweit  sich  die  Presse  heute  über- 
haupt schon  mit  Hörspielen  befaßt.  Sie  wur- 
den für  mich  aber  alle  aufgewogen  durch  den 
Brief  einer  Hörerin,  die  an  einer  unheilbaren 
Krankheit  litt  und  wußte,  daß  bie  in  abseh- 
barer Zeit  daran  sterben  werde.  Sie  schrieb, 
sie  habe  sich  oft  mit  dem  Gedanken  getra- 
gen, ihr  Leben  und  ihr  Leiden  freiwillig  zu 
beenden,  aber  das  Hörspiel  habe  ihr  die 
Kraft  gegeben,  die  Schmerzen  bis  zum  Ende 
zu  ertragen. 

Dieser  erschütternde  Brief  hat  mich  in 
mancher  Hinsicht  beunruhigt;  ganz  ähnlich 
wie  diese  Preiszuteilung.  Zuvor  aber  lassen 
Sie  mich  erklären,  warum  mich  Ihre  Ent- 
scheidung überrascht  hat:  Vielleicht,  so 
dachte  ich  anfangs,  liegt  hier  ein  Miß- 
verständnis vor.  Wollte  man  etwa  mir  an- 
erkennen, daß  ich  mich  gegen  die  Euthanasie 
ausgesprochen  habe?  Aber  lediglich  diese 
Stellung  zu  beziehen,  ist  leicht;  und  wenn 
das  Hörspiel  nur  den  einen  lehrhaften  Zweck 
verfolgt  hätte,  nämlich  die  Verwerflichkeit 
des  sogenannten  Gnadentodes  vor  Augen  zu 
führen,  dann  hätte  es  keinen  Preis  verdient. 
In  einer  Predigt  oder  einem  Essay  kann  man 
den  Gedanken  eher  deutlich  machen.  Aus, 
der  Begründung   des    Preisrichterkollegiums 

.  ging  jedoch  hervor,  „daß  es  nicht  die  Auf- 
gabe des  Hörspiels  sein  kann,  eine  endgül- 
tige Antwort  zu  geben1."  - 

;_■  _Was.gesch.ieht  nun  in  dem  Hörspiel?  Eine 
jnflS«  Frau  leidet  an  einer  unheilbaren 
Krankheit.    Sie  wird  sterben.    Sie  weiß  es, 


aber  sie  will  es  nicht  wissen.  Sie  hofft  auf 
das  Leben  und  fürchtet  den  Tod.  Aber  sie 
fürchtet  auch  das  Leben  und  hofft  auf  den 
Tod.  Sie  sehnt  das  Nichts  herbei  und  schließt 
doch  voller  Entsetzen  die  Augen  vor  dem 
Abgrund.  Und  schließlich  wünscht  sie,  man 
möge  ihre  Leiden  abkürzen.  Erst  als  sie  be- 
greift, welches  Gewissensopfer  sie  damit  von 
ihren  Mitmenschen  verlangt,  ändert  sie  ihre 
Meinung.  Warum?  Hat  sie  nicht  alle  Gründe 
auf  ihrer  Seite?  Ist  ihr  Wunsch  nicht  mensch- 
lich verständlich?  Fordert  das  Mitleid  nicht, 
ihrem  Wunsche  zu  willfahren? 

Sie  verwirft  aber  im  Angesicht  des  Todes 
die  vernünftigen,  die  menschlichen,  die 
humanitären  Gründe  und  unterwirft  sich  det 
Entscheidung  des  Gewissens,  der  Entschei- 
dung Gottes. 

Ist  damit  in  dem  Hörspiel  das  Problem 
der  Euthanasie  gelöst?  Nein.  Jedenfalls 
nicht  für  den,  der  den  Sieg  verstandes- 
mäßiger Gründe  gegen  den  Gnadentod 
erwartet  hätte.  Es  gibt  —  vielmehr:  ich 
weiß  —  keinen  dem  Verstand  einleuchten- 
den Grund  gegen  die  Euthanasie.  Die 
Patientin  trifft  deshalb  ihre  Entscheidung 
auch  nicht  aus  dem  Verstand  heraus.  Sie 
ergreift  die  Lösung,  die  ihr  das  Gewissem 
vorschreibt;  und  darin  findet  sie  die  Ruhe 
und  den  Mut  zum  Leiden  und  Sterben.  Hier 
ist  ein  Bruch  im  Hörspiel:  Die  rational» 
Argumentation  wird  abgebrochen,  weil  sie 
an  dem  Problem  scheitert.  Die  Antwort 
kommt  von  einer  anderen,  einer  höherer 
Ebene;  die  künstlerisch  elegantere  Lösur.c, 
wird  hier  der  existentiellen  Wahrheit  ge- 
opfert. Wenn  das  Hörspiel  sich  vorgenom- 
men hätte,  die  Frage  mit  Gründen  der  Ratio 
zu  beantworten,  dann  konnte  dies  nicht  ge- 
lingen. Denn  das  Problem  ist  nicht  so  ein- 
fach wie  etwa  das  der  Toleranz  in  „Nathan 
dem  Weisen". 

Aber  das  Hörspiel  hatte  sich  nicht  die  Auf- 
gabe gesetzt,  das  Problem  zu  illustrieren,  im 
Dialog  zu  umschreiben  und  zu  analysieren. 
Indem  es  eine  künstlerisch  folgerichtige 
Lösung  aufgab,  wollte  es  den  Appell  an  den 
Menschen  richten,  Werte  setzen,  sich  zu  einer 
Rangordnung  der  Menschen  bekennen,  in 
diesem  Falle  das  göttliche  Gebot  über  das 
der  Humanität  und  des  Mitleids  steilen. 

Daß  dieser  Appell  gehört  wurde,  bestätigt 
der  vorhin  erwähnte  Brief  jener  kranken 
Hörerin,  die  durch  ihn  den  Mut  fand,  das 
Leiden  zum  Tode  zu  übernehmen.  Dennoch 
beunruhigte  mich  dieser  Brief;  und  lassen 
Sie  es  mich  gestehen,  dieselbe  Beunruhigung 
empfand  ich,  als  ich  die  Nachricht  von  der 
Preisverteilung  erhielt.  Ist  es  nicht  sehr 
leicht  für  mich,  der  ich  den  Tod  nicht  so  un- 
mittelbar auf  mich  zukommen  sehe  wie  die 
Hörerin  oder  die  Patientin  im  Stück,  einen 
solchen  Appell  an  meine  Mitmenschen  zu 
richten?  Ist  es  nicht  auch  bequem,  ein  Hör- 
spiel dieses  Appells  wegen  zu  prämiieren, 
solange  wir  nicht  wissen,  wie  w  i  r  uns  in 
einer  solchen  Stunde  bewähren  werden? 
Würden  wir  angesichts  des  Todes  denselben 
Mut  aufbringen,  den  wir. an  der  Patientin 
bewundern? 

Im  Hörspiel   stellt  die  Todgeweihte   dem 
.  zuredenden  Arzt  dieselbe  Frage;  und  er  ant- 
wortet, er  wisse  nicht,  wie  er  sich  dann  ver- 
,  halten  werde.  Vielleicht  werde  auch  er  dann 
..schwach  seim    Und  trotadem  hat  der   Arzt 
den  anderen  Menschen  in  seiner  Umgebung 


19 


etwas  voraus.  Er  hat  den  Unterschied 
zwischen  einer  transzendenzlosen  Humanität, 
der  „falschen  Humanität",  wie  er  es  nennt, 
gegenüber  der  gottverpflichteten  Humanität 
erkannt.  Er  weiß,  daß  sein  Wunsch  Dach  dem 
Gnadentod,  wenn  er  ihn  jemals  äußern 
sollte,  nicht  „rechtens",  sondern  Schwäche 
ist;  daß  die  Entscheidung  der  Patientin,  die 
das   Leiden  zum  Tode  auf  sich  nimmt,   von 


höherem  Rang  ist  als  die  dem  Verstand 
einleuchtenderen  Argumente  der  anderen. 
Die  Patientin  also  gibt  ein  Beispiel  höhe- 
ren menschlichen  Ranges,  an  dein  wir  uns 
bewähren  müssen.  Ein  Beispiel,  das  einen 
Appell  an  uns  richtet,  einen  Befehl.  Das  Hör- 
spiel gewährt  uns  also  keine  bequeme 
Lösung,  sondern  es  fordert  uns  puf,  die 
Lösung  je  und  je  in  uns  selbst  zu  vollziehen. 


Kriegsblinde  erzählen: 

Ostergedanken  um  den  Galgenberg 


Auf  halber  Höhe  des  Kirchhofsberges  blieb 
Lehrer  Schäfer  stehen;  das  Auffahren  eines 
leichten  Federwagens  auf  das  Kopfstein- 
pflaster dort  unten  hinter  der  Kirchhofs- 
mauer hatte  ihn  zum  Innehalten  veranlaßt. 
Das  Gespann  fiel  nun  in  den  Schritt  zu- 
rück. Schäfer  stützte  sich  auf  seinen  Krück- 
stock, knöpfte  seinen  Überzieher  auf,  lüftete 
den  Hut  und  ließ  sich  die  Stirn  vom  frischen 
Märzwind  kühlen.  Sein  Gesicht  wandte  er 
nun  nach  rechts,  voll  in  die  Sonne  und  weit 
über  die  ebenen,  noch  graubraunen  Felder, 
die  ab  und  zu  von  rechteckigen,  grünen 
Wintersaaten  unterbrochen  wurden,  er  sah 
drüben  zum  blauschwarzen  Waldrand,  vor 
dem  sich  einzelne  Birken  und  Birkengruppen 
grauweiß  abhoben,  —  wurde  nun  aber  von 
einem  Kinderjubel,  oben  vom  Berge  her, 
dort  bei  dem  einzelnen  Hause,  in  seiner 
genießenden  Betrachtung  unterbrochen.  Mit 
viel  Gequietsche  und  lauten  Rufen  stürmten 
wohl  vier  bis  sechs  Kleine  vom  Hof  auf  die 
Straße.  Die  hellen  Röckchen  und  Blusen 
leuchteten  in  der  Vormittagssonne,  weiße 
und  hellblaue  Schleifchen  wirbelten  um  die 
Köpfe,  Birkenruten,  deren  hellgrüne  Blätter 
am  Ofen  und  im  warmen  Wasser  vorge- 
trieben waren,  schwenkten  sie  in  der  Luft. 
„Stiep,  stiep,  Osterei  .  .  ."  schallte  es.  Dann 
schoß  die  ganze  kleine  Gesellschaft  unter  die 
Fliederhecke  am  Zaun. 

„Da  habt  ihr  sie  ja  nun,  eure  Schätze,  mur- 
melte Schäfer,  sein  Gesicht  strahlte,  und  noch 
schmunzelnd  sah  er  jetzt  nach  links,  denn 
der  leichte  Jagdwagen  von  Direktor  Riedel 
hielt  nun  neben  ihm. 

„Auf  dem  Osterspaziergang,  Schäfer?  Wo- 
hin des  Wegs?  Aufsteigen,  gefällig?"  Direk- 
tor Riegel  öffnete  die  Schutzdecke,  rückte  zur 
Seite  und  hielt  Schäfer  die  Rechte  entgegen, 
gleichzeitig  zur  Begrüßung  und  als  Hilfe 
beim  Aufsitzen. 

„Sieht  Ihnen  ähnlich,  immer  mit  lachen- 
dem Gesicht.  Allerdings  —  bei  dem  Oster- 
wetter!  Kommen  Sie,  ich  fahre  bei  Ihnen 
vorbei." 

„Nicht  nötig",  dankte  Schäfer,  „laden  Sie 
mich  bei  Ihrer  Villa  dort  am  Waldrande  ab, 
ich  fahre  gern  mit  Ihnen  übers  Feld.  Habe 
heute  den  Kantor  in  der  Kirche  vertreten." 

Im  ruhigen  Schritt  hatte  nun  der  Wagen 
die  Kinder  erreicht.  Sie  hatten  kehrt  ge- 
macht, standen  wie  in  Reih  und  Glied,  mit 
Front  zur  Straße,  staunend  und  gaffend.  Die 
Gesichter  waren  vor  Eifer  gerötet,  die  Nas- 
chen nicht  alle  einwandfrei.  Die  Kleinsten 
hatten  mit  den  Zuckereiern  zu  tun,  kauten 
und  lutschten  und  versuchten,  ihre  Schätze 
in  Hosen-  und  Schürzentaschen  zu  verstauen. 
Liesel  stand  in  der  Mitte  der  Reihe,  sah  über 
die  Köpfe  des  linken  Flügels  hinweg  und 
machte  einen  artigen  Knicks.  Am  rechten 
Flügel  war  ein  kleiner  Kampf  im  Gange. 
Das  Übermaß  des  Osterfundes  wollte  mit 
aller  Gewalt  nicht  in  die  Hosentasche!  Die 
des  kleinen  Nebenmannes  schienen  dagegen 
leer  und  gerade  deswegen,  so  meinte  er 
wohl,  müsse  er  sich  des  Überflusses  beim 
anderen  gewaltsam  bemächtigen.  Der  vom 
Sonenschein  erwärmte,  schlüpfrige  Boden 
sorgte  für  die  Beendigung  des  Streites,  denn 


beide  Rivalen  landeten  mit  ihren  Sonntags- 
hosen auf  dem  nassen  Boden. 

„Na,  die  beiden  bereiten  Mutters  Fest- 
tagsfreude vor",  knurrte  der  Direktor,  „Kin- 
der bringen  doch  weiter  nichts  als  Ärger  und 
Sorgen." 

„Nun,  nun,  nicht  immer  Ärger,  wohl  Sor- 
gen und  auch  Freude,"  erwiderte  Schäfer 
ruhig,  „ich  kann  wohl  mitreden;  mein  Jüng- 
ster von  den  acht  hat  gerade  diese  Ostern 
sein  Lehrerexamen  bestanden.  Ja,  alle  acht 
studieren.  Macht  freilich  Sorge,  aber  sagen 
Sie  selber,  Direktor,  habe  ich  nun  nicht  auch 
Freude?" 

Der  Angeredete  schwieg  zunächst,  sein 
Blick  war  geradezu  ins  Leere  gerichtet.  Nun 
atmete  er  seufzend:  „Mein  einziger  Junge 
hat  mir  ja  nun  zu  diesem  Fest  versprochen, 
sein  Ingenieurexamen  im  nächsten  Jahre 
bestimmt  zu  bestehen.  Allerdings  sein  dritter 
Versuch!  Ich  sage  Ihnen,  Schäfer,  zwei  von 
der  Sorte,  und  ich  wäre  ein  armer  Mann.  Na, 
und  dann  erst  acht  ..." 

Im  leichten  Trab  bog  der  Kutscher  jetzt 
von  der  Straße  ab,  in  den  Feldweg  nach 
halbrechts.  Schäfer  lehnte  sich  vor,  tippte 
ihn  in  den  Rücken  und  bedeutete  ihm,  wie- 
der Schritt  zu  fahren.  Riedel  schien  erstaunt. 
Seelenruhig  lehnte  sich  Schäfer  auf  seinen 
Sitz  zurück.  „Vor  gut  vierzig  Jahren  kam  ich 
als  Junglehrer  hier  her",  begann  er,  „am 
ersten  Karfreitag  machte  ich  diesen  Spazier- 
gang, sehen  Sie  mal  nach  dort,  halblinks!" 

Er  wies  mit  der  Linken  in  die  Richtung. 
Am  dunklen  Kiefernwaldrand  erhob  sich 
eine  helle,  sandige  Anhöhe.  Mitten  darauf 
eine  riesige,  knorrige  Eiche. 

„Der  Galgenberg,  Schäfer." 

„ —  und  rechts  daneben,  wo  die  Birken 
stehen,  der  Franzosenfriedhof.  Die  Kiefern 
wurden  damals  gerade  gepflanzt.  Aber  die 
Eiche,  die  stand  damals  schon  da.  Ein  gutes 
Halbjahrtausend  soll  sie  alt  sein.  Plündernde 
und  mordende  Franzosen  sollen  hier  von 
den  vereinigten  preußisch-russischen  Trup- 
pen  gehängt  und  erschossen  worden  sein, 
und  da  nebenan  sollen  sie  begraben  sein." 
Und  Schäfer  rief  dem  Kutscher  zu:  „Halten 
Sie!" 

Das  Gespann  hielt  jetzt  genau  in  Höhe 
der  Eiche  dort  am  Waldrand,  ein  grauer, 
mächtiger  Stamm.  Die  beiden  gewaltigen 
Seitenäste  ragten  gerade  noch  über  die 
Kiefernwipfel.  Ein  dritter,  riesiger  Seitenast 
ragte  nach  vorn,  deckte  sich  mit  dem  Stamm 


KONSUM 


und  gab  ihm  so  im  noch  unbelaubten  Wipfel 
eine  gleichmäßigere,  breite  Silhouette  gegen 
den  blauen  Himmel.  „Wie  ein  Kreuz  .  .  .", 
meinte  Direktor  Riedel  bedächtig. 

„Ein  Kreuz,  ein  lebendes,  auf  dem  Galgen- 
berg!" Schäfer  sagte  diese  Worte  ruhig  und 
bestimmt  und  gab  dem  Kutscher  das  Zeichen 
zur  Weiterfahrt.  „Mit  meinen  Kindern,"  fuhr 
Schäfer  fort,  „habe  ich  Jahr  für  Jahr  einen 
Osterspaziergang  hierher  gemacht.  Und  wenn 
das  Herz  gerade  nicht  aus  Stein  ist,  berührt 
wohl  jeden  das  Geschehen  in  der  Osterzeit, 
wenn  er  unter  freiem  Himmel,  im  Angesicht 
des  Galgenberges,  die  Osterbotschaft  hört." 
K.  Schulz,  Hamburg 

Selbstorientieren  —  aber  wie  ? 

Nach  dem  Verlust  der  Sehkraft  muß  man 
natürlich  darauf  achten,  wie  man  die  ver- 
bliebenen vier  Sinne  so  gut  wie  möglich  als 
Orientierungsmittel  einschaltet.  Wie  sehr  da- 
bei vor  allem  das  Gehör  und  der  Tastsinn 
durch  Vibration  und  Schallwellen 
unterstützt  werden,  habe  ich  bereits  in  der 
Abhandlung  „Vibration  und  Schallwellen  als 
Orientierungsmittel"  im  Novemberheft  1951 
dieser  Zeitschrift  zu  skizzieren  versucht. 

In  diesem  Zusammenhang  möchte  ich  noch 
folgendes  bemerken:  Ein  wesentliches  Hilfs- 
mittel für  die  Orientierung  sind  vor  allem 
auch  Vorgänge,  welche  sich  im  äußeren 
Ohr  abspielen.  Die  Härchen  im  Gehörgang 
bilden  zusammen  mit  der  Schleimhaut  und 
der  Ohrmuschel  ein  wichtiges  Instrument  für 
Vibrationswahrnehmungen.  Die  hierdurch 
gebildete  Fähigkeit  zur  Bestimmung  der 
Schallrichtung  pflegt  beim  Blinden  feiner 
ausgeprägt  zu  sein  als  beim  Sehenden. 

Es  ist  zu  be'achten,  daß  auch  einzelne 
Körperteile  von  Schwingungen  befallen  wer- 
den können.  Leider  sind  bisher  nur  wenige 
Erfahrungen  gesammelt  worden,  wo  die 
hohen  und  wo  die  tiefen  Töne  in  unserem 
Körper  ansprechen.  Jeder  Vibrationsherd  hat 
wieder  seine  eigene  Note.  Wenn  ich  zum 
Beispiel  auf  eine  Hausmauer  zugehe,  habe 
ich  regelmäßig  den  Eindruck,  daß  Brust,  Kinn 
und  Hände  mir  durch  Wandrückstrahlung 
das  Hindernis  anzeigen.  Es  wäre  dabei  inter- 
essant, festzustellen,  welche  Körperteile  bei 
den  einzelnen  Hindernissen  besonders  an- 
sprechen. 
Drei  Fragen  stehen  also  zur  Debatte: 

1.  An  welcher  Stelle  unseres  Körpers 
sprechen   vor   allem   die   tiefen  Töne   an? 

2.  An  welcher  Stelle  unseres  Körpers 
sprechen  vor  allem  die  hohen  Töne   an? 

3.  Welche  Körperteile  sprechen  bei  den  ein- 
zelnen Hindernissen  in  erster  Linie  an? 

Kameraden,  welche  auf  diesem  Gebiet 
eigene  Erfahrungen  sammeln  konnten,  hätten 
die  Möglichkeit,  ihren  Schicksalsgefährten 
das  Orientieren  zu  erleichtern,  wenn  sie  ihre 
Beobachtungen  der  Redaktion  unserer  Zeit- 
schrift mitteilen  würden.  Es  wäre  jedenfalls 
sehr  zu  begrüßen,  wenn  die  bereits  bekannten 
Tatsachen  auf  diesem  Gebiet  durch  prak- 
tische Erfahrungen  so  erweitert  würden, 
daß  man  allgemein  brauchbare  Richtlinien 
für  das  selbständige  Orientieren  aufstellen 
könnte.  Di.  Kurt  Wintterlin 


fit$fc,  tves/t/ii)  dkaußm  fe/t^/s, 


Q)eb 

daß  tutt/i  d6e<~M/eAmm&  mne/i y/ä//^l. 


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NR.  9.  3.  JAHRGANG  MAI    1952  VERLAGSORT  BIELEFELD 


LERNEN  WIR  UNS  FREUEN, 

SO  VERLERNEN  WIR  AM  BESTEN, 

ANDEREN  WEHE  ZU  TUN! 

NIETZSCHE 


WAS  ES  AUCH  QROSSES  UND  UNSTERBLICHES 

ZU  ERSTREBEN  QIBT,  DEM  MITMENSCHEN 

FREUDE  ZU  MACHEN  IST  DOCH  DAS  BESTE, 

DAS  MAN  AUF  DER  WELT  TUN  KANN. 

PETER    ROSEQQER 


AUS    DEM    INHALT 


Seite 

Hast    du    keine    Aufgabe    mehr?    Von   Kam.    Günther   Ebert 

(Bamberg) 1 

Erste  Begegnung  mit  den  österreichischen  Kameraden  ...  1 

Umfrage  nach  neuen  Blindenberufen 2 

Gründlich  aufgelesen 2 

Nach  Paris  eingeladen  (Braille-Feier) 2 

Kriegsblinder  erhielt  Großes  Verdienstkreuz 3 

Steuer-Erleichterungen  für  Blinde  (Hinweise  für  selbständig 
tätige   oder  lohnsteuerpflichtige   Kriegsblinde)    Von  Dipl.- 

Kaufmann  Rudolf  Langermann 3 

Zehntausend  Blinden-Tastzeichen.  Von  Obering.  Fr.  Wilh.  Gust  5 

Ein  Kriegsblinder  in  der  Telefonzentrale.  Von  Emil  Groß, 
Präsident  des  Gesamtverbandes  der  deutschen  Zeitungs- 
verleger     5 

25  Jahre  Kriegsblinden-Kurheim  Bad  Salzhausen.  Von  Albert 

Bierwerth 6 

Axel  Bischoff  65  Jahre  alt.  Von  Dr.  Peter  Plein 6 


Seite 

Rund  um  die  Berolina.  Von  Axel  Bischoff 7 

Aus  den  Landesverbänden 8 

Neugliederung  des  Landesverbandes  Schleswig-Holstein 
Besatzungsmacht  und  Kriegsblinden-Handwerk 
„Haus  der  Kriegsopferversorgung"  in  Berlin 

Willst    du    nicht   mitmachen?    (Sportarten    für   Blinde).    Von 

Dr.  Kurt  Wintterlin 12 

Er  wollte  sich  doch  bessern.  Von  Heinz  C.  Schwarze    ...  12 

Neues  Patent  eines  kriegsblinden  Bürstenmachers     ....  13 

Eine  Stenografiermaschine 15 

Kleine  Neuigkeiten 17 

Hände.  Gedicht  von  Christoph  Burmester  (Hamburg)    ...  17 

Schachmeisterschaften  1952  für  Blinde  der  Bundesrepublik     .  18 

Der  Kritiker  am  Lautsprecher 18 

Programmvorschau  für  Hörspiele 19 

Ein    sehr    armseliger    Blinder    (Bemerkungen    zu    dem    Buch 

„Der  Blinde"  von  Walter  Jens) 20 


Das  leine  Linienspiel  unseres  Titelbildes  —  „Der  Kriegsblinde    und    die    Blüten"  —  zeichnete  für  uns  Hans   G  r  o  h  e. 
Das   Foto  auf  der   Umschlagrückseite  —   „Lupinen   im  Sonnenlicht"   —  stammt  von  Kurt  Hege. 


151  -  842  -  841  -  840  -  839  -  838  -  837  -  836  -  843  -  844  -  852  -  857  -  858  -  860  -  861  -  863  -  864  -  865  -  866  -  867  -  877  -  876  -  878  -  879 

„Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 
Mürlenbach-Eifel.)  Verantwortlicher  Schriftleiter:  Friedr.  Wilh.  Hymmen,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138.  „Der  Kriegsblinde"  erscheint  monatlich.  Anzeigenverwaltung: 
Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.,  Selbstverlag,  Wiesbaden,  Rheinstraße  73.   Die   Zeitschrift   ist   der   IVW   angeschlossen.   —  Druck:    Presse-Druck   GmbH.,   Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  K 


Nr.  9   .    3.  Jahrgang    .    Mai  1952    .   Verlagsort  Bielefeld 


Hast  du  keine  Aufgabe  mehr? 


Der  Mensch  hat  in  diesem  Dasein  Pflichten 
zu  erfüllen,  von  denen  er  durch  keine  Behin- 
derung befreit  wird,  auch  nicht  durch  die 
Erblindung.  Gewiß,  vielen  von  uns  ist  die 
Fähigkeit  genommen,  eine  nach  außen  groß 
in  Erscheinung  tretende  Aufgabe  zu  leisten. 
Manche  von  uns  vermögen  es  nicht  mehr, 
auch  nur  auf  die  bescheidenste  Weise,  in  den 
Arbeitsprozeß  aktiv  mit  einzugreifen.  Das  ist 
für  diese  Kameraden  sehr  schlimm.  Aber  die 
innere  Befriedigung,  die  uns  die  Arbeit  gibt, 
nämlich  anderen  etwas  zu  geben  und  in- 
mitten der  Gemeinschaft  zu  stehen,  können 
wir  auch  trotzdem  erreichen.  Wir  alle  sind 
durch  viel  Schweres  hindurchgegangen,  und 
wir  leben  äußerlich  in  beständiger  Nacht, 
aber  trotzdem  können  wir  in  unserem  Innern 
einen  Tag  voll  strahlender  Helle  erleben.  Oft 
wird  als  eine  gedankenlose  Phrase  das  Wort 
vom  „inneren  Licht"  dahergeredet,  aber  einen 
Inhalt  erhält  es  doch  nur  dann,  wenn  sich 
dieses  Licht  segensreich  und  spürbar  auf  an- 
dere Menschen  auswirkt,  die  mit  uns  in  Ver- 
bindung kommen. 

Das  geht  gerade  uns  Kriegsblinde  an.  So 
viele  von  uns  leiden  darunter,  daß  sie  keine 
wirkliche  Aufgabe  zu  haben  meinen.  Sie 
wähnen  sich  überflüssig.  Ich  aber  glaube 
ganz  fest,  daß  in  uns  allen  die  Möglichkeit 
zur  Erfüllung  einer  ganz  besonderen  Mission 
vorhanden  ist:  ob  man  sie  nun  darin  sieht, 
anderen  Menschen  ein  Beispiel  der  Schick- 
salsüberlegenheit vorzuleben  oder  ob  man 
es,  wie  ich  es  tue,  nennt:  wir  sollen 
Freude  bereiten.  Im  Grunde  ist  es  das- 
selbe. Ich  meine  damit,  daß  wir  durch  un- 
seren Frohsinn  den  Mitmenschen,  die  mit  uns 
zusammenleben,  einen  inneren  Halt  geben 
können,  ja,  vielleicht  sogar  eine  Richtung  für 
ihr   eigenes   Leben.   Bemühen  wir  uns   also, 

|die  eigenen  Schmerzen  und  Schwierigkeiten 
nicht  im  Mittelpunkt  unseres  Daseins  zu 
sehen,  sondern  sie  in  den  Hintergrund  zu 
schieben,  um  statt  dessen  eine  gelassene  — 
wenn  es  angebracht  ist,  auch  einmal  eine 
ausgelassene  —  Heiterkeit  an  den  Tag  zu 
legen.  Damit  vor  allem  beweisen  wir,  daß 
wir  doch  stärker  sind  als  das  Schicksal,  das 
uns  traf. 

Die  beglückendste  Freude  bereiten  wir  uns 
und  anderen  dadurch,  daß  wir  geben.  Das 
kann  ganz  im  unmittelbaren  Sinn  dieses 
Wortes    geschehen    —    wie    glücklich    etwa 

.  werden  Kinder  durch  ein  Bonbon!  —  aber 
„geben"  kann  man  auch  mit  leeren  Taschen 
viel.  Gebenkönnen  will  zwar  gelernt  und  er- 
fahren sein,  aber  es  ist  das  schönste  auf 
Erden.  Wir  alle  sind  nicht  reich  an  materi- 
ellen Gütern,  aber  schenken  können  wir 
trotzdem:   ein  hilfreiches,   gütiges   Wort  ist 

.  einsamen  und  leidenden  Menschen  meist 
wertvoller  als  ein  Geldschein.  Und  welcher 

.  Leidende  —  mag  er  dem  wohlwollenden 
Trost  glücklicherer  Menschen  auch  nicht 
glauben  —  wird  sich  dem  Wort  eines  Kriegs- 


blinden verschließen?  Der  Leidende  weiß  ja, 
daß  hier  ein  Gefährte  spricht,  der  selbst  Leid 
kennt  und  zu  tragen  weiß.  Leid  und  Einsam- 
keit gibt  es  heutzutage  in  erschreckender 
Fülle,  täglich  läuft  sie  dir  über  den  Weg. 
Hier  hast  du  eine  Aufgabe!  Und  mit  den 
Fröhlichen  sei  von  Herzen  fröhlich!  Auch  das 
ist  ein  Geschenk,  das  du  gibst. 

Und  deine  engste  Umwelt?  Zeigen  wir  un- 
seren Nächsten,  daß  wir  ihnen  dankbar  sind 
für  manchen  Verzicht  und  manche  Hilfe,  die 
sie  uns  gewähren.  Nehmen  wir  dieses  täg- 
liche Helfen  nicht  als  selbstverständlich  hin! 
Und  nicht  von  unseren  Schmerzen  laßt  uns 
sprechen,  auch  nicht  immer  wieder  von-  dem, 
was  wir  verloren  haben!  Und  dann:  es 
schadet  auch  nichts,  wenn  du  den  Deinen  mal 
eine  Kleinigkeit  mitbringst:  wie  freut  sich 
deine  Frau  über  ein  paar  Blumen!  Wie  dank- 


bar ist  deine  Mutter  für  das  kleine  Silber- 
schälchen!  Aber  das  kostbarste  ist  doch 
immer  die  heitere  Harmonie,  die  in 
deine  vier  Wände  zu  zaubern  ganz  von  dir 
abhängen  kann. 

überhaupt:  laßt  uns  durch  unseren  eigenen 
inneren  Frohsinn  dazu  beitragen,  daß  unsere 
Mitmenschen  Freude  und  Lebensbejahung 
gewinnen!  Wie  ich  in  diesem  Augenblick  die 
Frühlingssonne  spüre,  wie  sie  über  Gesicht 
und  Hände  streicht,  so  spüre  ich  auch  ein 
inneres  Strahlen,  das  ich  weitergeben  kann. 
Das  Leben  ist  schön,  Kameraden!  Es  kann 
jedem  von  uns  eine  Fülle  des  Guten  bringen, 
öffnen  wir  unser  Herz,  um  zu  erleben  und 
um  das  Erlebte  weiterzugeben,  immer  mit 
dieser  einen,  uns  auch  selbst  so  beglücken- 
den Aufgabe  im  Herzen:  anderen  Menschen 
Freude  zu  bereiten. 

Günther  Ebert  (Bamberg) 


Erste  Begegnung  mit  den  österreichischen  Kameraden 


Auf  Einladung  des  Vorsitzenden  vom  „Ver- 
band der  Kriegsblinden  Österreichs",  Kame- 
rad Hirsch  (Wien),  nahmen  unser  Bundes- 
vorsitzender, Amtsgerichtsrat  Dr.  Plein,  und 
der  Kamerad  Ing.  Alfons  Schramm  aus  Frei- 
burg an  einer  Aussprache  in  Bregenz  teil. 
Dieses  erste  Treffen  der  Vertreter  der  öster- 
reichischen und  deutschen  Kriegsblinden  nach 
dem  Kriege  wird  von  beiden  Seiten  als  sehr 
bemerkenswertes  und  hocherfreuliches  Ereig- 
nis gewertet.  Schon  die  herzliche  Begrüßung 
zeugte  von  dem  Geist  der  Kameradschaft,  der 
beide  Organisationen  über  die  Grenzen  hin- 
weg verbindet.  In  zwei  Arbeitstagungen  fand 
ein  ersprießlicher  Erfahrungsaustausch  in 
der  Kriegsblindenfürsorge  beider  Länder 
statt.  Am  dritten  Tag  wurden  die  deutschen 
Gäste  zu  der  Jahreshauptversammlung  der 
Vorarlberger  Kriegsblinden  eingeladen.  Am 
Abend  vorher  fand  ein  Kameradschaftsabend 
im  Beisein  der  Spitzen  der  Behörden  statt. 
Kam.  Hirsch  dankte  den  deutschen  Ver- 
tretern nochmals  für  ihr  Erscheinen  und  be- 
tonte ausdrücklich,  daß  die  stattgefundenen 
Aussprachen  in  herzlichem  und  kamerad- 
schaftlichem Geist  gehalten  waren.  Er  bat 
im  Namen  der  österreichischen  Kriegsblin- 
den, allen  deutschen  Schicksalsgefährten  die 
herzlichsten  Grüße  zu  entbieten.  Auch  die 
deutschen  Vertreter  gaben  ihrer  großen 
Freude  über  die  Wiederaufnahme  der  Ver- 
bindung und  ihrem  Dank  für  die  herzliche 
Gastfreundschaft  Ausdruck. 

Kennzeichnend  für  den  Geist  dieser  Be- 
gegnung ist  ein  Brief,  den  maßgebende  Vor- 
arlberger Kameraden  wenige  Tage  später  an 
unseren  Bundesvorsitzenden  Dr.  Plein  schick- 
ten: „Mehr  denn  je  waren  am  Tage  Ihres 
Hierseins  unsere  Herzen  von  dem  Gefühl 
bewegt,  alte,  echte  freundschaftliche  Ver- 
bindung  mit   den   Kameraden   Deutschlands 


gefunden  zu  haben",  so  heißt  es  in  diesem 
Brief.  „Die  Worte,  die  Sie  zu  uns  redeten, 
waren  wie  aus  unserer  eigenen  Seele  ge- 
griffen, und  die  Grüße,  die  Sie  von  den 
Kameraden  Deutschlands  überbrachten,  über- 
strömten unsere  Gefühle,  so  daß  Worte  in 
unserer  Freude  versanken.  Es  war  uns  eine 
große  Ehre,  Ihre  Begegnung  mit  Kamerad 
Hirsch  auf  Vorarlberger  Boden  zu  wissen. 
Euer  Vater  Rhein  durchzieht  auch  unser  klei- 
nes Land  Vorarlberg  im  äußersten  Westen 
Österreichs  . .  .  Ihr  Besuch  wird  noch  öfter  zu 
unserem  Gespräch  werden,  erfüllt  von  der 
gegenseitigen  Liebe  und  Kameradschaft  zu 
Euch  deutschen  Brüdern  jenseits  der  Grenze." 
Auch  die  Bundeszeitschrift  der  österreichi- 
schen Kriegsblinden  widmet  dieser  Begeg- 
nung zwei  umfangreiche  Berichte,  in  denen 
die  große  Bedeutung  dieses  Zusammentref- 
fens hervorgehoben  wird.  Es  heißt  dort: 
„Schon  die  erste  Begegnung  verlief  äußerst 
herzlich,  und  man  konnte  allen  Beteiligten 
die  Freude  an  der  Wiederaufnahme  der  alten 
Beziehungen  anmerken.  Da  sowohl  den  deut- 
schen Delegierten  als  auch  den  Vertretern 
unserer  Organisation  nur  drei  Tage  für  ihre 
Beratungen  zur  Verfügung  standen,  wurde 
sogleich  in  einem  Extrazimmer  des  Hotels 
mit  der  Aussprache  begonnen,  die,  nur  durch 
die  Mahlzeiten  unterbrochen,  von  früh  bis 
in  die  Nacht  andauerte  und  ein  rund  10  0 
Punkte  umfassendes,  von  der  Verbands- 
leitung ■  vorher  zusammengestelltes  Pro- 
gramm, allerdings  nur  in  groben  Zügen,  bis 
Samstagnachmittag  behandelte.  Von  der  ren- 
tialen  und  orthopädischen  Versorgung  über 
die  Berufs-,  Erholungs-  und  kulturelle  Für- 
sorge, einschließlich  der  Führhundeversor- 
gung, Wohnungsfürsorge,  Umschulung,  der 
Werbetätigkeit  und  Sozialversicherung  bis 
zu   den   orthopädischen  Fragen  und   der  An- 


1 


knüpfung  ausländischer  Beziehungen  wurde 
alles,  was  auf  beiden  Seiten  bisher  erzielt 
oder  angestrebt  wurde  oder  werden  soll, 
besprochen,  verglichen  und  geprüft.  Es  kann 
festgestellt  werden,  daß  unsere  Funktionäre 
von  den  deutschen  Kameraden  manche  inter- 
essante und  praktische  Neuheit  erfahren 
konnten,  während  umgekehrt  auch  die  Gäste 
wertvolle  Anregungen  mit  nach  Hause  nah- 
men .. ■'.  Diese  grundlegende  Aussprache  kann 
als  Auftakt  zur  Wiederaufnahme  zwi- 
schenstaatlicher Beziehungen 
unter  den  Kriegsblinden  betrach- 
tet werden  und  stellt  unsere  Organisation 
Vor  neue,  umfangreiche,  aber  dankbare  Auf- 
gaben, zumal  bei  den  Besprechungen  die 
Möglichkeiten,  mit  den  Kriegsblindenorgani- 
sationen  anderer  Länder  in  Verbindung  zu 
treten,  sehr  eingehend  erörtert  wurden.  Lei- 
der war  die  Zeit  der  deutschen  Gäste  nur 
kurz  bemessen,  und  schwer  fiel  allen  der 
Abschied .  .  .  Durch  diese  erste  Fühlung- 
nahme zwischen  der  deutschen  Organisation 
und  unserem  Verband  wurde  die  nach  dem 
ersten  Weltkrieg  begründete  Zusammen- 
arbeit und  gepflegte  Freundschaft  nunmehr 
in  alter  Herzlichkeit  wieder 
aufgenomme  n." 

Und  an  anderer  Stelle  der  österreichischen 
Zeitschrift  wird  ergänzend  von  dem  Kame- 
radschaftsabend berichtet:  „Dr.  Plein  gab  im 
Hinblick  auf  die  Erneuerung  der  Freundschaft 
mit  den  Kameraden  in  Osterreich  seiner 
Freude  Ausdruck  und  sagte  unter  anderem, 
daß  er  es  außerordentlich  geschätzt  habe, 
mit  Kamerad  Hirsch,  einem  alten,  erfahrenen 
und  mit  reichem  Wissen  erfüllten  Kämpfer 
für  das  Wohl  der  Kriegsblinden,  nach  Jahren 
wieder  einmal  zusammenzutreffen.  Im  Laufe 
des  Abends  trugen  die  Kameraden  sehr  zu 
Witz  und  Humor  bei  und  ganz  besonders 
Kam.  Dr.  Plein  und  Kam.  Ing.  Schramm."  Bei 
der  Versammlung  der  Vorarlberger  Kriegs- 
blinden  am   nächsten   Tage    habe   Dr.    Plein 


0  rund  lieh  aufgelesei 


Unter  Kriegsblinden  erzählt  man  sich 
manchmal  dolle  Geschichten  von  Erlebnissen 
mit  Führhunden,  Glasaugen  oder  anderen 
Dingen,  die  das  Schicksal  so  mit  sich  ge- 
bracht hat.  Die  folgende  kleine  Geschichte 
soll  aber  wahr  und  wahrhaftig  passiert  sein. 
Der  Kamerad,  der  sie  erlebt  hat,  wird  es 
bestätigen. 

Also,  dieser  Kriegsblinde  wollte  ein  paar 
Häuser  weiter  zum  Briefkasten,  ohne  Führ- 
hund, denn  er  kannte  ja  den  Weg  sehr  gut, 
und  er  hatte  ja  auch  seinen  treuen  Hand- 
stock bei  sich.  Er  wandert  also,  in  der  einen 
Hand  den  Brief,  in  der  anderen  den  Stock, 
kühn  dahin,  etwas  grollend  darüber,  daß 
seine  Frau  vom  Kinobesuch  noch  nicht  zu- 
rück ist.  Plötzlich  gibt  es  einen  Bums,  dann 
einen  Fluch,  ein  Getöse  —  unser  Freund  war 
gegen  einen  Mülleimer  gerannt,  war  gestol- 
pert und  lag  nun,  alle  Viere  von  sich  ge- 
streckt,  auf  dem  Bürgersteig. 

Nun  beschimpfe  man  nicht  immer  unsere 
Mitmenschen!  Hier  zeigten  sie,  wie  so  oft, 
das  allergrößte,  ja,  allzu  großes  Verständnis. 
Sie  eilten  von  allen  Seiten  herbei,  übereifrig 
und  hilfsbereit.  Zwei  starke  Männer  stellten 
unseren  Kameraden  wieder  auf  die  Beine, 
ein  dritter  klopfte  ihm  hinten  den  Anzug  ab, 
ein  vierter  vorn.  Weitere  hilfreiche  Hände 
steckten  ihm  den  verlorenen  Brief  zu,  man 
setzte  dem  Geduldigen  die  dunkle  Brille 
auf  die  Nase,  den  Hut  auf  den  Kopf,  man 
drückte  ihm  den  Stock  in  die  Finger,  und 
zu  guter  Letzt  schob  man  ihm  auch  den 
Zigarrenstummel  zwischen  die  Lippen. 

Alles  schön  und  gut,  dachte  unser  Kame- 
rad und  schickte  sich  mit  vielen  Dankes- 
worten zum  weitergehen  an."  Nur  kann  ich 
mich  gar  nicht  erinnern,  daß  ich  vorhin 
eine  Zigarre  geraucht  hätte  . . . 


mit  seinen  Ausführungen  und  Grüßen  den 
größten  Beifall  aller  Anwesenden  gefunden. 
Wir  deutschen  Kriegsblinden  erwidern  die 
freudigen  Grüße  der  österreichischen  Kame- 
raden auch  an  dieser  Stelle  auf  das  herz- 
lichste. Die  gastliche  und  kameradschaftliche 
Aufnahme  unserer  Vertreter  verpflichtet  uns 
alle  zu  größtem  Dank.  Der  Bund  der  Kriegs- 
blinden Deutschlands  hat  eine  Abordnung 


österreichischer  Gäste,  an  ihrer 
Spitze  den  Verbandsvorsitzenden,  Kamerad 
Hirsch,  zu  einer  Zusammenkunft  anläßlich 
einer  Tagung  der  Arbeitsfürsorgeeinrichtun- 
gen am  26.  Mai  in  Kassel  nach  Deutsch- 
land eingeladen.  Zu  unserer  großen 
Freude  haben  die  österreichischen  Kamera- 
den ihren  Gegenbesuch  zu  diesem  Termin 
zugesagt. 


Umfrage  nach  neuen  Blindenberufen 

Zu  einem  Aufruf  der  Deutschen    Blindenarbeit    e.    V. 


„Ab  vom  Blindenhandwerk!"  — 
das  ist  das  Leitmotiv  einer  Aktion  der  Deut- 
schen Blindenarbeit  (DBA),  um  die  Zahl  der 
Handwerker  durch  Hinführung  zu  anderen 
Berufszweigen  zu  vermindern.  Die  DBA,  in 
deren  Vorstand  auch  der  Bund  der  Kriegs- 
blinden Deutschlands  vertreten  ist  und  die 
der  Schutzverband  für  alle  blinden  Hand- 
werker ist,  hat  einen  Aufruf  erlassen 
„zur  einheitlichen  Feststellung  von  Arbeiten, 
die  Blinde  zu  leisten  vermögen".  Auf  diese 
Weise  sollen  Erfahrungen  aus  allen  Ländern 
gesammelt  werden,  besonders  auch  für  solche 
Berufsarten,  die  bisher  weniger  bekannt 
sind  und  vielleicht  nur  von  einzelnen 
Schicksalsgefährten  ausgeübt  werden.  Wir 
alle  wissen,  daß  das  Blindenhandwerk,  wie 
es  im  Aufruf  heißt,  „heute  keine  aus- 
reichende Existenzgrundlage  mehr  darstellt". 
Wenn  es  gelingen  sollte,  wenigstens  die 
Zahl  der  in  den  Städten  ansässigen  blin- 
den Handwerker  durch  Unterbringung  in 
andere  Berufe  zu  verringern,  würde  durch 
erhöhte  Arbeitszuteilung  den  in  ländlichen 
Gemeinden  wohnenden  Handwerkern  be- 
trächtlich geholfen.  Ein  Arbeitsplatzwechsel 
ist  außerdem  in  den  Städten  auch  leichter 
möglich,  da  er  hier  nicht  mit  dem  gerade  für 
einen  Blinden  äußerst  schwierigen  Woh- 
nungswechsel verbunden  ist. 

Jeden. von  uns  geht  dieser  Aufruf  etwas 
an,  denn  jeder  von  uns  trägt  eine  Mitver- 
antwortung für  den  Kameraden.  Jeder  Blinde 
also,  der  nicht  einen  der  verbreiteten  Stan- 
dardberufe ausübt,  sollte  sich  überlegen,  ob 
seine  Tätigkeit  nicht  auch  anderen  Schick- 
salsgefährten einen  neuen  Lebensinhalt 
geben  kann.  Die  Lage  aller  blinden  Hand- 
werker ist  so  erschütternd  und  die  Absatz- 
möglichkeiten der  Ware  sind  so  erschwert, 
daß  hier  ein  entscheidender  Einschnitt  not- 
tut. Mit  Recht  werden  also  mit  diesem  Auf- 
ruf nicht  nur  alle  Behörden  und  Betriebe  um 
Mitarbeit  gebeten,  sondern  vor  allem  auch 
die  einzelnen  Blinden  und  ihre  lokalen 
Organisationen. 

Was  soll  berichtet  werden?  Es 
genügt  eine  kurze  Beschreibung  der  Berufs- 
tätigkeit, die  von  einem  Vollblinden  ausge- 
führt werden  kann,  wobei  folgende  vier 
Punkte  bedacht  werden  müssen: 

1.  Ausbildung  (z.  B.:  genügt  Anlernzeit? 
deren  Dauer?) 

2.  Hilfsmittel  (kurze  Beschreibung  beson- 
derer Geräte  usw.,  etwa  notwendige  Zusam- 
menarbeit mit  Sehenden). 

3.  Beurteilung  der  Arbeit  (ist  die.  Arbeit 
auf  lange  Sicht  zu  empfehlen?) 

4.  Bezahlung  (volle  Bezahlung?  Gleich- 
wertigkeit mit  der  Leistung  des  Sehenden?) 

Die  Berichte  sollen  nach  Möglichkeit  durch 
Abbildungen  oder  durch  Gutachten  von 
Arbeitgebern  ergänzt  werden.  Die  eingehen- 
den Berichte  werden  geordnet  und  unter 
Mitarbeit  namhafter  Fachleute  ausgewertet. 
Die  wissenschaftliche  Leitung  dabei  hat 
Prof.  Dr.  med.  Otto  Graf  vom  Max-Planck  - 
Institut  für  Arbeitsphysiologie  in  Dortmund. 

Die  Bundesleitung  des  Bundes  der  Kriegs- 
blinden Deutschlands  hat  den  Aufruf  bereits 
mit  näheren  Unterlagen  an  alle  Landesver- 
bände und  Bezirke  unseres  Bundes  versandt, 
und  wir  möchten  auch  an  dieser  Stelle  noch 


einmal  die  Bedeutung  dieser  Aktion  unter- 
streichen und  die  Bezirksvorstände  um 
baldige    und    sorgfältige    Erledigung    bitten. 

Kriegsblinde  Kameraden,  die  aus  eigener 
Initiative  und  Verantwortung  über  einen 
neuen  oder  wenig  bekannten  Blindenbeinf 
berichten  möchten,  schicken  ihren  Hinweis 
am  besten  .an  den  zuständigen  Bezirksvor- 
sitzenden unseres  Bundes.  Seitens  der  Deut- 
schen Blindenarbeit  wird  beabsichtigt,  be- 
sonders wertvolle  Berichte  und  Vorschläge 
auszuzeichnen. 

Sehr  interessant  wird  nicht  zuletzt  auch 
das  Ergebnis  einer  gleichen  Umfrage  sein, 
die  jetzt  in  Zusammenarbeit  mit  Herrn  Prof. 
Dr.  Graf  an  das  Ausland  ergeht,  um  die 
Erfahrungen  bei  der  Beschäftigung  von  Blin- 
den in  anderen  Ländern  auch  in  Deutschland 
auswerten  zu  können. 

Reiche   Möglichkeiten   haben   sich   in    den  , 
letzten   Jahren  für   Blinde   ergeben,   die   als 
Industriearbeiter   tätig    sind.    Einige 
Beispiele: 

Elektroindustrie  :  Biegen  und 
Stempeln  von  Kontaktfedern  für  Relais;  Be- 
festigen von  Metallklammern  auf  Schiefer- 
sockel mittels  Schrauben;  Einnieten  von  Sil- 
berkontakten in  Relaiskontaktfedern;  Stem- 
peln der  Zeichnungsnummern  auf  Kontakt- 
federh  für  Relais;  Einziehen  von  Schrauben 
in  Schalenhalter;  Zusammensetzungsarbeiten 
an  Elektroherden;  Einsetzen  von  Messing- 
hülsen in  Porzellaneinsätze;  Einführen  von 
Schläuchen  in  ölfiltergehäuse. 

Optische  Industrie:  Vorschrubben 
und  Einpassen  von  Linsen;  Gewindekontrol- 
lieren mittels  Lehren;  Vorschleifen  von 
Linsen. 

Brauereiindustrie:  Aufziehen  von 
Gummischeiben  auf  Patentverschlüsse;  Bedie-- 
nung  der  Flaschenetikettiermaschine;  Reini- 
gen und  Einfetten  von  Spundschrauben;  Ab- 
füllen und  Verschließen  von  Flaschen. 

Vielleicht  kann  dieser  oder  jener  unserer 
Leser  bereits  diese  kurzen  Teilaufstellungen 
ergänzen?  Vielleicht  stellt  gerade  deine  Be- 
rufstätigkeit eine  glückliche  Lösung  auch  für 
andere  dar?  Von  der  regen  Mitarbeit  aller 
Kameraden  und  Bezirke  bei  der  Beantwor- 
tung dieses  Aufrufes  hängt  viel  ab. 

Nach  Paris  eingeladen 

Am  11.  April  hat  die  französische  National- 
versammlung den  Beschluß  der  Regierung, 
die  Gebeine  von  Louis  Braille  in  das 
Pantheon  zu  überführen,  einstimmig  ge- 
billigt. Braille  liegt  in  seinem  Geburtsort 
Coupvray,  einem  40  km  von  Paris  entfernt 
liegenden  Dorf,  beerdigt.  Die  Zeremonien 
der  großen  nationalen  Ehrung  mit  der  Über- 
führung ins  Pantheon  werden  sich  vom 
15.  bis  22.  Juni  abspielen.  Ein  durch  den 
Minister  für  das  Gesundheitswesen  gebil- 
detes Komitee  bereitet  die  Feierlichkeiten 
vor  und  hat  bereits  auch  einen  Vertreter  der 
deutschen  Kriegsblinden  eingeladen.  Die 
Festwoche  zeichnet  sich  durch  eine  Fülle  von 
Veranstaltungen  in  Paris  aus,  u.  a.  auch  durch 
einen  Empfang  beim  Präsidenten  der  Re-, 
publik,  der  auch  bei  einer  offiziellen  Zere- 
monie in  der  Sorbonne  den  Vorsitz  führen 
wird.  Auch  ist  eine  Ausstellung  vorgesehen. 


Kriegsblinder 
erhielt  Großes  Verdienstkreuz 

Im  Rahmen  eines  feierlichen  Staatsaktes 
erfolgte  in  der  Staatskanzlei  zu  Mainz  durch 
den  Ministerpräsidenten  von  Rheinland-Pfalz, 
Altmeier,  die  Verleihung  des  Großen 
Verdienstkreuzes  des  Bundesverdienstordens 
an  unseren  Kameraden  Herbert  Schacht.  Es 
war  die  erste  Verleihung  des  Bundesver- 
dienstordens im  Lande  Rheinland-Pfalz.  16 
weitere  Männer  erhielten  gleichzeitig  das 
Bundesverdienstkreuz.  Alle  Ausgezeichne- 
ten haben  sich  in  den  vergangenen  Jahren 
um  die  Minenräumung,  die  Entschärfung  von 
Blindgängern  und  auch  V-Geschossen  sehr 
verdient  gemacht. 

Unser  mit  einer  besonders  hohen  Auszeich- 
nung bedachte  Kamerad  Herbert  Schacht  ver- 
lor bei  einer  vorzeitigen  Explosion  das  Augen- 
licht, die  linke  Hand  wurde  abgerissen,  die 
rechte  mußte  amputiert  werden.  Außerdem 
erlitt  er  weitere  Verletzungen.  Der  jetzt  32- 
jährige  ehemalige  Feuerwerker  stammt  aus 
Pommern;  und  zwar  aus  Pottangow  im 
Kreise  Stolp.  Als  Soldat  hat  er  den  ganzen 
Krieg  mitgemacht.  Schon  in  amerikanischer 
und  französischer  Gefangenschaft  meldete  er 
sich  freiwillig  zum  Minenräumen.  Nach  sei- 
ner Entlassung  1946  meldete  er  sich  wieder- 
um zu  einem  Minenräumkommando  in  Rhein- 
land-Pfalz. Hier  wurde  er  kurz  nach  der 
Entschärfung  seiner  100  0.  Mine  durch  eine 
Explosion  auf  das  schwerste  verletzt.  Er 
kam  in  das  Versehrtenheim  Dießen  am 
Ammersee  (Oberbayern),  wo  er  sich  noch 
immer  aufhält  und  Sprachen  erlernt,  um  spä- 
ter als  Dolmetscher  tätig  sein  zu  können. 
Hier  im  Versehrtenheim  lernte  er  auch  seine 
Verlobte  kennen.  Der  Lebensmut  dieses  vom 
Schicksal  nicht  gerade  mit  Samthandschuhen 
angefaßten  Kameraden  ist  ungebrochen,  was 
auch  Ministerpräsident  Altmeier  mit  Bewun- 
derung zum  Ausdruck  brachte.  Besondere 
Freude  machte  unserem  Kameraden  das  Ver- 
sprechen   des    Ministerpräsidenten,    für    die 


Der  erste  und  bisher  einzige  Träger  des  Großen  Verdienstkreuzes  in  Rheinland-Pialz  ist  unser 
Kamerad  Herbert  Schacht,  der  im  freiwilligen,  selbstlosen  Einsatz  beim  Minenräumen  das  Augen- 
licht und  beide  Hände  verlor.  Unser  Bild  zeigt  Ministerpräsidenten  Altmeier  von  Rheinland-Pialz 
nach  der  Verleihung  im  Gespräch  mit  Herbert  Schacht,  der  um  den  Hals  den  hohen  Orden  trägt, 
und  dessen  Braut.  Min.-Präsident  Altmeier  versprach  dem  Paar,  das  jetzt  noch  in  Oberbayern  lebt, 
eine  Wohnung  in  Mainz. 


Beschaffung  und  Einrichtung  einer  Wohnung 
sorgen  zu  wollen. 

An  der  Verleihung  nahmen  auch  Innenmini- 
ster Dr.  Zimmer  und  der  Chef  der  Staats- 
kanzlei, Minister  a.  D.  Dr.  H  a  b  e  r  e  r  ,  teil. 
Von  der  Bedeutung  der  Minenräumungs- 
aktion kann  man  sich  eine  Vorstellung 
machen,  wenn  man  durch  die  Worte  des 
Ministerpräsidenten    Altmeier    erfährt,    daß 


700  alte  und  junge  Menschen  durch  explodie- 
rende Blindgänger  oder  Minen  getötet  wor- 
den sind  und  viele  schwerverletzt,  darunter 
zahlreiche  Minensucher. 

Wir  beglückwünschen  im  Namen  der  Bun- 
desleitung und  aller  Kriegsblinden  unseren 
Kameraden  Schacht  zu  der  hohen  Ehrung, 
die  ihm  zuteil  geworden  ist  und  auf  die  auch 
wir  mit  ihm  stolz  sind. 


Steuer -Erleichterungen  für  Blinde 

Hinweise  für  selbständig  tätige  oder  lohnsteuerpflichtige  Kriegsblinde 


Aul  Bitten  vieler  Kameraden  geben  wir  hier  eine  zusammenlassende  Darstellung  aller  Steuer- 
Erleichterungen  für  Blinde,  und  zwar  nach  dem  neuesten  Stand.  Neben  Hinweisen  verschiedener 
Fachleute  wie  z.  B.  unseres  Kameraden  Heim.  Bürger  (Lübbecke)  verdanken  wir  die  folgende  Auf- 
stellung vor  allem  unserem  Kameraden  Dipl.-Kaufmannn  Rudolf  Langermann,  der  als 
Wirtschaftsprüfer  und  Steuerberater  in  Braunschweig  tätig  ist. 

Wir  haben  davon  abgesehen,  diese  Darstellung  mit  der  Erörterung  dringlicher  Fragen  zu  ver- 
binden, etwa  mit  dem  in  letzter  Zeit  mehrlach  von  Kriegsblinden  geäußerten  Wunsch,  daß  die 
Freibeträge  der  allgemeinen  Preissteigerung  angeglichen  werden  möchten,  da  ja  die  Unkosten, 
die  aus  der  Blindheit  erwachsen,  erheblich  gestiegen  sind. 


I.  Einkommensteuer 

a)  Für  Veranlagte 
(also  vornehmlich  für  selbständig  tätige 
Kriegsblinde,  aber  auch  für  Lohnempfänger, 
soweit  sie  außer  Lohn  oder  Gehalt  noch 
andere  Einkünfte  haben,  die  jährlich  mehr 
als  600  DM  betragen,  z.  B.  Angestellten-, 
Invaliden-  oder  Knappschaftsrente,  Einkünfte 
aus  Vermietung  und  Verpachtung  usw.). 

Rechtsgrundlage:  §  33  Einkommen- 
steuergesetz in  der  Fassung  vom  17.  Januar 
1952  (Bundessteuerblatt  1952/1,  Seite  47) 
Ziffer  213  in  der  Fassung  vom  7.  August  1951 
(Bundessteuerblatt  1951/1,  Seite  390).  Dort 
heißt  es: 

„Körperbeschädigten  Personen  sind  auf 
Antrag  wegen  der  Aufwendungen,  die  un- 
mittelbar mit  der  Körperbeschädigung 
zusammenhängen,  an  Stelle  der  tatsächlich 
erwachsenen  Beträge  folgende  Pauschbeträge 
zu  gewähren:" 


Bei  allen  steuerpflichtigen  Blinden,  also 
auch  bei  selbständig  Tätigen,  jährlich  „als 
Pauschbetrag  für  außergewöhnliche  Bela- 
stung" 14  4  0  DM.  Für  selbständig  Tätige 
ist  dies  der  einzige  Pauschbetrag,  im  Gegen- 
satz zu  Lohn-  oder  Gehaltsempfängern. 
„Werbungskosten"  und  „Sonderausgaben", 
die  infolge  der  Erblindung  zu  tragen  sind, 
müssen  also  vom  selbständig  tätigen  Kriegs- 
blinden gesondert  aufgeführt  und  einge- 
reicht werden,  während  der  „erwerbstätige 
Arbeitnehmer"  auch  dafür  Pauschbeträge 
erhält  (siehe  unten).  Zu  den  erwerbstätigen 
Arbeitnehmern  gehören  nicht  solche 
Steuerpflichtige,  die  Arbeitslohn  nur  mit 
Rücksicht  auf  ein  früheres  Dienstverhältnis 
(z.  B.  Ruhegehalt)  beziehen.  Ruhegehalts- 
empfänger haben  also  nur  einen  pauschalen 
Freibetrag  von  1440  DM. 

Der  obengenannte  Pauschbetrag  bezieht 
sich  nur  auf  die  Blindheitsfolgen  unmittel- 
barer Art.  Selbstverständlich  können  weitere 


Steuererleichterungen  in  Anspruch  genom- 
men werden,  auch  wegen  Blindheitsfolgen, 
soweit  nachweisbar  höhere  Ausgaben  nötig 
waren.  Die  Pauschbeträge  stellen  also  keine 
Höchstgrenze  dar.  Auch  kann  ein  Freibetrag 
für  die  unumgänglich  notwendige  Beschäf- 
tigung einer  Hausgehilfin  in  einem  Blinden- 
haushalt  gewährt  werden  (Nr.  124  EStR  1950 
und  Abschnitt  212  EStR  1949),  sofern  der 
Steuerpflichtige  nicht  ein  überaus  hohes 
Einkommen  hat.  Auch  können  außergewöhn- 
liche Aufwendungen  für  Kinder  neben  der 
üblichen  Kinderermäßigung  oder  für  bedürf- 
tige Angehörige  berücksichtigt  werden  usw. 

Im  Gegensatz  zu  Bezügen  aus  der  Ange- 
stellten- und  Invalidenrente,  die  nur  mit 
jährlich  600  DM  steuerfrei  sind,  sind  alle 
Bezüge  nach  dem  Bundesversor- 
gungsgesetz (Grundrente,  Pflegezulage 
usw.)  steuerfrei. 

Für  selbständig  tätige  Kriegsblinde  geben 
wir  als  Muster  in  folgendem  ein 

Beispiel: 
Selbständiger  Masseur, 
Einkünfte  aus  selbständiger  Arbeit  2800  DM, 
Angestelltenversicherungsrente         1320  DM, 

jährlich     4120  DM. 
Dabei   ist  natürlich   zu    beachten,    daß   bei 
den    Einkünften    von    2800    DM    bereits    die 
Betriebsausgaben   (Miete,   Heizung,   Beleuch- 
tung, Wäsche  usw.)  abgezogen  sind. 


HUDSON  Strumpffabrik 


G.  m.  b.  H. 


Stuttgart  -Vaihingen 

Am  Wallgraben  142 


Die  Angestelltenrente  ist  nach  §  3 
Ziffer  4  EStG  mit  600  DM  jährlich  steuerfrei. 

Als  „Sonderausgaben"  stehen  dem  blinden 
Masseur  pauschal  steuerlich  mindestens 
200  DM  jährlich  zu.  Hat  er  höhere  Sonder- 
ausgaben, hierzu  gehören  u.  a.  Versiche- 
rungsbeiträge, Beiträge  an  Bausparkassen, 
langfristige  Sparguthaben  usw.,  so  kann  er 
außerdem  Freibeträge  beantragen,  und  zwar 
jährlich  800  DM  für  sich  selbst  und  400  DM 
für  die  Ehefrau  und  jedes  Kind,  für  das 
ihm  Kinderermäßigung  gewährt  wird.  Ist 
er,  bzw.  die  Ehefrau,  älter  als  50  Jahre,  so 
verdoppeln  sich  diese  Freibeträge.  Unter 
Umständen  können  auch  darüber  hinaus- 
gehende Beträge  noch  zu  50  °/o  anerkannt 
werden.  Abzugsfähig  sind  ferner,  unabhän- 
gig von  diesem  Freibetrage,  Schuldzinsen 
sowie  Vermögens-  und  Kirchensteuer,  und 
zwar  voll  als  Sonderausgaben.  Von  diesen 
Sonderfällen  sei  bei  dem  Beispiel  jedoch 
abgesehen. 

Das  Bruttoeinkommen  von  4120  DM  ver- 
ringert sich  demnach  zunächst  um  den  Frei- 
betrag gem.  §  33  wegen  Blindheit  (1440  DM), 
ferner  bei  der  Angestelltenrente  um  600  DM 
und  ferner  um  die  „Werbungskosten",  die 
wir  hier  mit  dem  offiziellen  Pauschbetrag 
von  312  DM  ansetzen  wollen.  Dazu  wird  der 
Pauschbetrag  für  „Sonderausgaben"  (200  DM) 
abgezogen.  Insgesamt  verringert  sich  das 
Bruttoeinkommen  also  um  2552  DM,  so  daß 
lediglich  1568  DM  steuerpflichtig  verbleiben. 
Die  Steuer  bemißt  sich  nach  dem  Einkom- 
mensteuertarif je  nach  der  Steuergruppe.  Sie 
beträgt  für  Ledige  in  diesem  Falle  97  DM. 

b)    Lohnsteuer 

Rechtsgrundlage:  §26  Lohnsteuer- 
durchführungsverordnung in  der  Fassung 
vom  12.  2.  1952  (Bundessteuerblatt  1952/1, 
Seite  113),  Ziffer  40  Lohnsteuerrichtlinien  in 
der  Fassung  vom  23.  2.  1952  (Bundessteuer- 
blatt 1952/1,  Seite  129). 

Körperbeschädigte  Arbeitnehmer  erhalten 
auf  Antrag  wegen  der  Werbungskosten, 
Sonderausgaben  und  außergewöhnlichen  Be- 
lastungen, die  ihnen  unmittelbar  durch  ihre 
besonderen  Verhältnsse  erwachsen,  einen 
auf  der  Lohnsteuerkarte  einzutragenden 
jährlichen  steuerfreien  Pauschbetrag,  der  bei 
„erwerbstätigen"  Blinden  2  4  0  0DM  beträgt. 
Von  diesem  Pauschbetrag  entfallen  20  v.  H. 
auf  Werbungskosten  (480  DM),  20  v.  H.  auf 
Sonderausgaben  (480  DM)  und  60  v.  H.  auf 
außergewöhnliche  Belastung  (1440  DM).  Bei 
„nicht  Erwerbstätigen"  —  siehe  Punkt  a) 
dieses  Aufsatzes  —  kann  nur  ein  Pausch- 
betrag von  1440  DM  für  „außergewöhnliche 
Belastung"   eingetragen  werden. 

Es  sei  nochmals  wiederholt,  daß  diese 
Pauschbeträge  nur  für  die  besonderen  Be- 
lastungen gelten,  die  durch  den  Körper- 
schaden verursacht  sind.  Es  stehen  also 
dem  Kriegsblinden  Arbeitnehmer  außerdem 
die  in  dem  Lohnsteuertarif  allgemein  ein- 
gebauten Freibeträge  für  Werbungskosten 
(monatlich    26    DM)    sowie    Sonderausgaben 


(monatlich  39  DM)  ohne  Antrag  zu.  Außer- 
dem bleibt  es  jedem  Steuerpflichtigen  un- 
benommen, andere  außergewöhnliche  Be- 
lastungen oder  erhöhte  Werbungskosten 
und  Sonderausgaben,  die  nicht  durch  den 
Körperschaden  bedingt  sind,  geltend  zu 
machen,  —  siehe  auch  Punkt  a)  dieses  Auf- 
satzes. 

Beispiel: 

Blinder  Industriearbeiter,  ver- 
heiratet, mit  zwei  Kindern,  Ostvertriebener. 

An  Einkünften  aus  nicht  selbständiger 
Arbeit  (Arbeitslohn)  sei  ein  Jahresbetrag 
von  3600  DM  angenommen.  In  die  Lohn- 
steuertabelle sind  bereits  als  Verringerung 
eingebaut:  Pauschale  für  „Werbungskosten" 
in  Höhe  von  312  DM.  Dieser  Betrag  erhöht 
sich  wegen  der  Blindheit  (siehe  oben)  um 
480  DM  auf  792  DM;  ferner  ist  laut  Lohn- 
steuertabelle bereits  ein  Pauschalbetrag  von 
468  DM  für  „Sonderausgaben"  eingebaut, 
der  sich  wegen  Blindheit  um  weitere  480  DM 
auf  948  DM  erhöht.  Damit  sind  bereits 
1740  DM  steuerfrei.  Dazu  kommt  nun  der 
Freibetrag  nach  §  33  für  „außergewöhnliche 
Belastung  wegen  Blindheit"  in  Höhe  von 
1440  DM.  Damit  sind  von  dem  Jahreslohn 
in  Höhe  von  3600  DM  bereits  3180  DM 
steuerfrei.  Da  jedoch  der  im  Beispiel  ge- 
nannte Kamerad  Ostvertriebener  ist, 
kann  er  zur  Wiederbeschaffung  von  Hausrat 
und  Kleidung  nach  §  33a  EStG  den  ab  1.  1. 
1952  gültigen  Pauschbetrag  von  840  DM 
außerdem  in  Anspruch  nehmen,  so  daß  er 
völlig  steuerfrei  bleibt,  da  die  Freibeträge 
höher  sind  als  seine  Bruttoeinkünfte.  Dieser 
Kamerad  würde  bei  einem  jährlichen  Ar- 
beitslohn von  4020  DM  immer  noch  steuer- 
frei bleiben,  ebenso  dann,  wenn  er  außer 
dem  Jahreslohn  von  3600  DM  noch  eine  In- 
validenrente in  einer  Höhe  bis  zu  jährlich 
880  DM  beziehen  würde. 

Für  Hinterbliebene 

Die  unter  a)  und  b)  genannten  Pausch- 
beträge gelten  laut  Ziffer  213  (Bundes- 
steuerblatt/I  1951,  Seite  390)  auch  für  die 
Hinterbliebenen  von  Blinden,  sofern  diesen 
Personen  Hinterbliebenenbezüge  oder  ent- 
sprechende Bezüge  auf  Grund  gesetzlicher 
Vorschriften  zustehen,  und  zwar  auch  dann, 
wenn  die  Versorgung  ruht. 

II.  Vermögensteuer 

Rechtsgrundlage:  §  5  Vermögen- 
steuergesetz in  der  Fassung  vom  16.  Januar 
1952  (Bundessteuerblatt  1952/1,  Seite  40). 

Bei  der  Veranlagung  unbeschränkt  steuer- 
pflichtiger natürlicher  Personen  bleiben  ver- 
mögensteuerfrei  (Freibeträge) 

1.  10  000  DM  für  den  Steuerpflichtigen  seihst, 

2.  10  000  DM  für    die    Ehefrau,    wenn    beide 

Ehegatten  unbeschränkt  steuer- 
pflichtig sind  und  nicht  dau- 
ernd getrennt  leben, 

3.  5  000  DM  für    jedes    Kind,    das    das    18. 

Lebensjahr  noch  nicht  voll- 
endet  hat. 

Kinder  im  Sinne  dieses  Gesetzes  sind  ehe- 
liche Kinder,  eheliche  Stiefkinder,  für  ehe- 
lich erklärte  Kinder,  Adoptivkinder,  unehe- 
liche Kinder  (jedoch  nur  im  Verhältnis  zur 
leiblichen  Mutter)    und  Pflegekinder. 

Der  Freibetrag  wird  auf  Antrag  gewährt 
für  Kinder  des  Steuerpflichtigen,  die  das 
25.  Lebensjahr  noch  nicht  vollendet  haben 
und  auf  seine  Kosten  unterhalten  und  für 
einen  Beruf  ausgebildet  werden. 

Weitere  10  000  DM  sind  steuerfrei,  wenn 
die  folgenden  Voraussetzungen  sämtlich 
gegeben  sind: 

1.  Der  Steuerpflichtige  muß  über  60  Jahre 
alt  oder  voraussichtlich  für  mindestens 
3  Jahre  erwerbsunfähig  sein. 

2.  Das  letzte  Jahreseinkommen  des  Steuer- 
pflichtigen darf  nicht  mehr  als  3000  DM 
betragen  haben.  Maßgebend  ist  das  Ein- 


kommen, mit  dem  der  Steuerpflichtige 
für  den  letzten  Veranlagungszeitraum  zur 
Einkommensteuer  veranlagt  worden  ist. 
3.  Das  Gesamtvermögen  darf  nicht  mehr  als 
100  000  DM  betragen. 

III.  Umsatzsteuer 

Rechtsgrundlage:    §    45    Durchfüh- 
rungsbestimmungen zum  Umsatzzteuergesetz 
in    der    Fassung    vom    1.    September    1951 
(Bundessteuerblatt    1951/1,   Seite   482). 
Steuerfrei  sind: 

1..  Die  Umsätze  der  Blinden,  wenn  sie  nicht 
mehr    als    2   Arbeitnehmer   beschäf- 
tigen und  die  Voraussetzungen  der  Steuer- 
freiheit durch  eine  Bescheinigung  des  Be- 
zirksfürsorgeverbandes nachweisen-, 
2.  Die         Blindenbeschäftigungswerkstätten, 
Blindenanstalten,  Blindenvereine  und  ähn- 
liche   Einrichtungen    der    Blindenfürsorge 
mit   den   Lieferungen   von   Gegenständen, 
die  die  von  ihnen  betreuten  Blinden  her- 
gestellt haben  (Blindenware),  und  mit  den 
sonstigen  Leistungen,  die  sie  durch  diese 
Blinden  haben  ausführen  lassen. 
Die  Ehefrau,  die  minderjährigen  Abkömm- 
linge, die  Eltern  des  Blinden  und  die  Lehr- 
linge gelten  nicht  als  Arbeitnehmer  im  Sinne 
des  Absatzes  1  Ziffer  1. 

IV.  Kraftfahrzeugsteuer 

Rechtsgrundlage:  §  9  Durchfüh- 
rungsverordnung zum  Kontrollratsgesetz 
Nr.  14  zur  Änderung  der  Kraftfahrzeug- 
steuergesetze nach  seiner  Änderung  durch 
das  Kontrollratsgesetz  Nr.  51  (Steuer-  und 
Zollblatt  1947,  Seite  184). 

Körperbehinderten,  die  infolge  Geburts- 
fehlers, Unfällen,  Kriegsverletzung  oder 
eines  sonstigen  Körperschadens  zur  Fort- 
bewegung auf  die  Benutzung  eines  Per- 
sonenkraftfahrzeuges nicht  nur  vorüber- 
gehend angewiesen  sind,  kann  auf  Antrag 
die  Kraftfahrzeugsteuer  ganz  oder  zum  Teil 
erlassen  werden. 

Die  Vergünstigung  darf  nur  bei  Personen- 
kraftwagen bis  zu  2400  ccm  Hubraum  ge- 
währt werden,  wenn  besondere  wirtschaft- 
liche Verhältnisse,  insbesondere  die  durch 
die  Beschädigung  verursachte  Erwerbs- 
beschränkung des  Antragstellers,  die  Er- 
hebung der  Steuer  als  unbillige  Härte  er- 
scheinen lassen.  Werden  gelegentlich  an- 
dere Personen  unentgeltlich  mitbefördert 
oder  ist  zur  Hilfeleistung  des  Antragstellers 
die  Mitnahme  einer  Begleitperson  erforder- 
lich, so  steht  dies  der  Vergünstigung  nicht 
entgegen. 

V.  Lastenausgleich 

über  die  vorgesehenen  bzw.  beantragten 
Begünstigungen  kann  erst  nach  Erscheinen 
des  demnächst  zu  erwartenden  Gesetzes  be- 
richtet werden. 

Dipl.-Kaulm.  Rudolf  Langermann 


JTAH? 

AUFZUG^ 

Aufzüge 

Etehtroztige 

Krane 

R.  STAHL  •  Maschinenfabrik 

STUTTGART  1 

Postfach  399 


Zehntausend  Blinden  -Tastzeichen 


Der  Erfinder  der  Blinden-Tastzeichen  für  Te- 
lefonisten, Oberingenieur  Friedrich 
Wilhelm  G  u  s  t  (Siemenswerke,  Speyer),  teilt 
in  dem  iolgenden  Bericht,  um  den  wir  ihn  baten, 
einige  Erfahrungen  aus  seiner  Arbeit  mit. 

Das  Blinden-Tastzeichen,  die  Fernsprech- 
signal-„Lampe"  des  blinden  Telefonisten,  hatte 
dieser  Tage  Jubiläum.  Wir  waren  über- 
rascht und  erfreut,  als  die  Werkstatt  meldete, 
in  Speyer  seien  nach  dem  Zusammen- 
bruch insgesamt  10  000  Blinden- 
Tastzeichen  fabriziert  worden.  Sie  sind 
aber  nicht  nur  fabriziert  worden,  sondern 
samt  und  sonders  hinausgegangen  in  die  Be- 
triebe und  Verwaltungen,  um  den  blinden 
Telefonisten  die  Arbeit  möglich  zu  machen. 
Wieviel  Vermittlungsanlagen  damit  in  Be- 
trieb genommen  werden  konnten,  läßt  sich 
zwar  nur  annähernd  errechnen,  der  Versuch 
soll  aber  dennoch  gemacht  werden.  Für  die 
Bestückung  einer  schnurlosen  Vermittlung 
werden  im  Durchschnitt  etwa  30  Tastzeichen 
gebraucht.  Somit  wären  rund  330  Arbeits- 
plätze eingerichtet  bzw.  f ür  Blindenbedienung 
umgestellt  worden.  Diese  Zahl  liegt  aber  zu 
hoch,  denn  nach  unserem  Eindruck  sind  etwa 
V'3  aller  gelieferten  Tastzeichen  als  Ersatz- 
und  Reserveteile  für  früher  gebaute  (vor 
1945)  Blindenanlagen  verbraucht  worden.  Mit 
rund  200  neuen  Telefonistenplätzen  kommt 
man  der  Wahrscheinlichkeit  schon  näher. 
(Im  Laufe  des  Krieges  wurden  bereits  etwa 
500  Arbeitsplätze  eingerichtet,  von  denen 
wohl  200  bis  300  noch  in  Betrieb  sein  dürf- 
ten. Dazu  kommt  noch  eine  ganze  Anzahl 
von  Schnurvermittlungen,  die  von  Blinden 
bedient  werden,  so  daß  man  zur  Zeit  wohl 
mit  450  bis  500  Arbeitsplätzen  rechnen  kann. 
Die  Schriftleitung.) 

Es  wäre  nun  für  alle  weiteren  Disposi- 
tionen sehr  wertvoll,  einmal  die  Gegenprobe 
zu  machen  und  die  Zahl  der  insgesamt  in 
Betrieb  befindlichen  Blindenplätze  durch 
Zählung  genau  festzustellen.  Vielleicht  fin- 
det sich  in  den  Blindenorganisationen 
jemand,  der  sich  dieser  Aufgabe  annimmt. 
Keineswegs  darf  man  sich  mit  der  vorhin 
errechneten  Zahl,  also  200  Telefonisten- 
stellen seit  1945,  zufrieden  geben  Die  An- 
zahl der  in  der  gleichen  Zeit,  also  in  der 
Zeit  nach  dem  Kriege,  von  allen  Fernmelde- 
firmen zusammengenommen,  fabrizierten  und 
montierten  Anlagen  liegt  um  ein  Vielfaches 
höher.  Nach  rohen  Schätzungen  etwa  30mal 
so  hoch!  So  wird  erkennbar,  wie  groß  das 
Arbeitsfeld  ist,  das  den  Berufsvermittlern 
der  Fürsorgebehörden  noch  offensteht.  Man 
wird  für  den  praktischen  Angriff  der  Auf- 
gabe, blinde  Telefonisten  in  den  Einsatz  zu 
bringen,  wieder  einen  Weg  gehen  müssen, 
der  im  Kriege  schon  mit  gutem  Erfolg  ge- 
gangen wurde,  nämlich  die  Auswertung 
der  Kundenlisten  bei  den  Her- 
stellerfirmen, bei  deren  Vertriebs- 
organisationen und  bei  der  Deutschen  Bun- 
despost. Das  Adressenmaterial,  das  man  vor- 
finden wird,  wird  alle  Fürsorgestellen 
zahlenmäßig      überraschen       Systematischer 

;  als  bisher  kann  nun  die  Stellenwerbung  ein- 
setzen.   Hoffentlich   gehen   die   Dienststellen 

.  der  öffentlichen  Verwaltungen  mit  gutem 
Beispiel  voran.  Bisher,  so  wird  immer  wieder 
geklagt,  sei  das  leider  noch  nicht  der  Fall. 
Die  große  Anzahl  schnurloser  Vermittlun- 
gen, vielfach  erwiesen  die  geeignetste  Tech- 
nik für  den  Blinden,  enthebt  die  Fürsorger 
der  Mühe,  sich  für  technisch  nicht  so  gut 
geeignete  Schnurvermittlungen  zu  verwen- 
den. Damit  soll  diese  Technik  nicht  grund- 
sätzlich als  für  Blinde  ungeeignet  bezeichnet 
werden.  Es  steht  aber  fest,  daß  die  schnur- 
lose Vermittlung,  deren  Eindringen  in  die 
Nebenstellentechnik  unvermindert  anhält, 
für  unsere  Ziele  die  geeignetere  ist.  Es 
würde  den  Rahmen  dieser  Arbeit  sprengen, 
wollten     hier     alle     Begründungen     hierfür 


wiedergegeben  werden.  Wir  glauben,  uns 
auf  unsere  früheren  Schriften  und  Vorträge 
berufen  zu  dürfen.  Mindestens  aber  wird  in 
dem  beinahe  druckreifen  Buch  „Der  blinde 
Telefonist"  über  alle  diese  Dinge  ausführlich 
gesprochen  werden. 

Schließlich  noch  einmal  zurück  zu  unserem 
jubilierenden  Tastzeichen.  Nachdem  im  Zuge 
der  Ausplünderung  unserer  Siemensstädter 
Betriebe  auch  alle  Konstruktionsunterlagen, 
Fabrikationsvorschriften  und  Berechnungen 
für  das  Tastzeichen  verschleppt  wur- 
den, galt  es,  dieses  Material  so  schnell  als 
möglich  wieder  herzustellen.  Das  war  be- 
stimmt kein  leichter  Entschluß  in  Anbetracht 
der  damaligen  Not  an  Personal  und  in  An- 
betracht des  Mangels  an  Mitteln  für  ein  Pro- 
dukt, dessen  wirtschaftliche  Größe,  ge- 
messen an  anderen  Techniken,  kaum  von 
Belang  war  und  auch  heute  noch  kaum  von 
Belang  ist.  Ganz  zu  schweigen  von  den  be- 
sonders großen  Schwierigkeiten,  die  durch 
die  damalige  Materialnot  gegeben  waren. 
Man  hat  sich  aber  von  seinem  Ziel  nicht  ab- 
drängen lassen  und  immer  wieder  auf  die 
soziale  Seite  dieser  Aufgabe  hingewiesen. 
Des  schließlichen  Erfolges  erfreuen  sich 
heute  mehr  als  200  neu  eingestellte  blinde 
Telefonisten,  und  wir  dürfen  auf  Grund  der 


ständig  steigenden  Nachfrage  nach  Tast- 
zeichen überzeugt  sein,  daß  diese  Zahl 
ständig  wachsen  wird. 

Der  Techniker  spricht  nicht  gern  von 
Schwierigkeiten,  wenn  sie  überwunden  sind. 
Die  Kleinheit  des  Bauelementes  aber 
verführt  den  Laien  oft  dazu,  die  Sorgen  und 
Mühen  zu  verkennen,  die  diesem  Gerät  an- 
haften. Wer  weiß  schon,  daß  das  Tast- 
zeichen, so  winzig  es  auch  ist,  aus  19  ver- 
schiedenen Einzelteilen  besteht? 
Und  wer  weiß,  daß  8  verschiedene  Material- 
sorten höchster  Qualität  verwendet  werden 
müssen?  Wer  weiß  weiterhin,  daß  die  unab- 
dinglich  notwendige  Präzision  jedes  einzel- 
nen Teilchens  recht  komplizierte  Werkzeuge 
erfordert  und  daß  für  die  Prüfung  der  ein- 
zelnen Teile,  so  wie  schließlich  des  fertigen 
Produktes  7  verschiedenartige  Prüfeinrich- 
tungen und  Meßwerkzeuge  notwendig  sind? 

Die  Fachleute  pflegen  in  solchen  Fällen  zu 
sagen:  „Das  Ding  hat  es  in  sich",  und  unser 
Tastzeichen  mit  dem  technischen  Namen 
9Fgglvla  hat  es  ganz  besonders  „in  sich". 
Wer  geschickt  genug  ist,  leiste  sich  einmal 
die  Zerlegung  dieses  Bauelementes  in  alle 
seine  Einzelteile.  Er  wird  sich  nicht  wenig 
wundern.  Er  wird  aber  bestimmt  erkennen, 
welche  Unmenge  von  Mühe  und  Sorgfalt  not- 
wendig war,  es  so  zu  entwickeln  und  her- 
zustellen wie  es  heute  in  .seine  Hände 
kommt.  Friedr.  Wilh.  Gust 


Ein  Kriegsblinder  in  der  Telefonzentrale 

Erfahrungen  eines  Verlagsleiters 
Von  Emil  Groß,  Präsident  des  Gesamtverbandes  der  deutschen  Zeitungsverleger 


Zeitungen  haben  viel  zu  telefonieren.  Da 
gibt  es  zu  jeder  Tages-  und  Nachtzeit  Stadt- 
und  Ferngespräche.  So  auch  im  Bielefelder 
Pressehaus.  Da  in  diesem  großen  Gebäude 
neben  einem  Zeitungsunternehmen  ein 
Druckereibetrieb,  eine  Buchhandlung,  Partei-, 
Jugend-  und  Wohlfahrtsunternehmen  und 
eine  Baugenossenschaft  untergebracht  sind, 
ist  ständig  ein  starker  Telefonverkehr  fest- 
zustellen. Dazu  kommt  noch,  daß  an  die 
Haupttelefonzentrale  im  Pressehaus  die 
Büros  des  Zeitungsverlegervereins  ange- 
schlossen sind.  Von  diesen  Büros  werden 
täglich  Dutzende  von  Ferngesprächen  mit 
vielen  Städten  im  Bundesgebiet  geführt.  Be- 
sonders in  den  letzten  Monaten  sind  vom 
Verlegerverein  im  Zusammenhang  mit  der 
Papierkrise  übermäßig  viele  Ferngespräche 
geführt  worden. 

Die  Telefonzentrale  des  Bielefelder  Presse- 
hauses wird  also  ungewöhnlich  stark  in  An- 
spruch genommen.  Die  personelle  Besetzung 
ist  demzufolge  die  wichtigste  Voraussetzung 
für  ein  reibungsloses  Funktionieren.  Von 
Anfang  an  stand  für  die  Geschäftsleitung  des 
Pressehauses  fest,  daß  in  der  Telefonzentrale 
vorwiegend  Kriegsbeschädigte  beschäftigt 
werden  sollen  Das  ist  dann  auch  seit  1946 
geschehen. 

Eines  Tages  machte  das  Bielefelder  Arbeits- 
amt den  Vorschlag,  doch  auch  einmal  einen 
Kriegsblinden  in  der  Telefonzentrale  zu  be- 
schäftigen. Es  wurde  daraufhin  nach  kurzer 
Probezeit  der  Kollege  Rudi  Herter  ange- 
stellt. Dieser  ist  nun  seit  bald  drei  Jahren 
in  seiner  Funktion  als  Telefonist  tätig,  und 
es  kann  hier  bestätigt  werden,  daß  in  all 
diesen  Monaten  keinerlei  Klage  über 
ihn  geäußert  wurde.  Der  Kollege  Herter  hat 
sich  in  sehr  kurzer  Zeit  in  seine  Aufgabe 
hineingearbeitet  und  erfüllt  heute  seinen 
Beruf  wie  seine  anderen  Kollegen 
Er  kommt  morgens  pünktlich  mit  seinem 
Führhund  zum  Dienst.  Die  Telefonapparatur 
ist  mit  dem  Stift-System  versehen  Dadurch 
kann  Herter  die  einzelnen  Telefonanrufe  ab- 
tasten und  kann  verbinden.  Im  Pressehaus 
berücksichtigt  heute  niemand  mehr,  daß 
Herter  Kriegsblinder  ist.  eben  weil  seine 
Dienstleistung  vollwertig  ist.  Wir  sind 


überzeugt,  daß  die  auswärtigen  Anrufer  nie- 
mals bemerken,  daß  sie  von  einem  Kriegs- 
blinden bedient  werden. 

Da  in  unserer  Telefonzentrale  nur  Kriegs- 
beschädigte beschäftigt  sind,  überlassen  wir 
diesen  selbst  die  Diensteinteilung,  damit  sie 
in  kollegialer  Weise  die  Wünsche  der  ein- 
zelnen Kollegen  berücksichtigen  können.  Das 
gilt  für  den  Feiertagsdienst,  für  die  Ferien- 
einteilung und  in  Krankheitsfällen.  Wir  sind 
mit  der  Arbeit  der  Kriegsopfer  in  unserem 
Hause  sehr  zufrieden.  Es  ist  uns  bekannt 
geworden,  daß  es  noch  viele  arbeitslose 
kriegsblinde  Telefonisten  gibt.  Auf  Grund 
unserer  erfreulich  guten  Erfahrungen  kön- 
nen wir  mit  gutem  Gewissen  anderen 
Unternehmungen  die  Beschäftigung 
von  Kriegsopfern,  insbesondere  auch  von 
Kriegsblinden,  im  Telefon- 
dienst nur  empfehlen.  Hier  gibt  es 
die  reale  Möglichkeit,  die  durch  den  Krieg 
schwer  geprüften  Opfer  wieder  einer  sinn- 
vollen Berufsaufgabe  zuzuführen. 

(Aus   dem    „Kriegsblindenjahrbuch    1952') 


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Unser  Kur-  und  Erholungsheim  in  Bad  Salzhausen  wurde  am  1.  Juni  1927,   also   vor  nun   25   Jahren,   vom    Kriegsblindenbund  übernommen  und  hat 
seitdem  Tausenden  von  Gästen  neue  Krait  und  Lebensireude  gegeben.  Links  die  Vorderfront  des  Hauses,  rechts  die  Rückseite. 


(^(lückltCL-ßtes   C^ubi^d 


aum 


25  Jahre  Kriegsblindenkurheim  Bad  Salzhausen/Oberhessen 


Am  1.  Juni  dieses  Jahres  sind  25  Jahre 
verflossen,  seitdem  das  Kriegsblindenheim 
in  Bad  Salzhausen  seiner  Bestimmung  über- 
geben werden  konnte.  Eine  kleine  Kommis- 
sion des  Bundes  erblindeter  Krieger,  be- 
stehend aus  Vertretern  des  Bundesbeirates, 
Bundesvorstandes  und  Heimausschusses  ent- 
schieden sich  nach  Besichtigung  mehrerer 
Häuser  für  den  Ankauf  des  Hauses  „Still- 
fried" in  Bad  Salzhausen.  War  es  die  Zweck- 
mäßigkeit des  Hauses  oder  war  es  mehr  der 
liebliche,  kleine  Badeort,  der  die  Entschei- 
dung des  Bundes  beeinflußte?  Auf  alle  Fälle 
können  wir  heute  sagen,  daß  die  Entschei- 
dung eine  glückliche  war. 

Bad  Salzhausen,  das  in  den  Badeprospekten 
wohl  mit  Recht  als  die  Perle  Hessens  be- 
zeichnet wird,  war  auserkoren,  nun  auch  den 
deutschen  Kriegsblinden  eine  ideale  Er- 
holungsstätte zu  werden.  Die  Mannigfaltig- 
keit der  Quellen  wie  Lithium,  Schwefel,  Stahl 
und  Sole,  sämtlich  in  eine  reizvolle  Land- 
schaft gebettet,  dazu  herrliche  Waldungen, 
waren  so  recht  geeignet,  unseren  Kameraden 
Erholung  und   neue   Arbeitskraft   zu   geben. 

Nach  gründlicher  Instandsetzung,  Erneue- 
rung der  Einrichtung,  konnte  das  Heim  am 
1.  Juni  1927  in  Benutzung  genommen  wer- 
den. Auf  Grund  der  Erfahrungen  wurden  von 
uns  im  Laufe  der  25  Jahre  manche  Verbesse- 
rungen vorgenommen.  Mit  Freude  und  Ge- 
nugtuung können  wir  heute  sagen,  daß  das 
Heim  in  Bad  Salzhausen  zu  den  beliebtesten 
Heimen  des  Bundes  gehört. 

Wegen  der  nur  kurzen  Entfernung  der 
Bäder  und  Quellen  wird  es  gerade  von  geh- 
behinderten und  älteren  Kameraden  bevor- 
zugt. Im  Verlauf  des  letzten  Krieges  wurde 
das  Heim  zweimal  von  der  Wehrmacht  be- 
schlagnahmt und  als  Lazarett  in  Anspruch 
genommen.  Nach  Kriegsschluß  fanden  Aus- 
gebombte und  Kameraden  aus  dem  Osten 
hier  Aufnahme.  Erst  1947  konnte  das  Heim 
wieder  teilweise  als  Erholungsstätte  benutzt 
werden.  Nachdem  unseren  Flüchtlingsfamilien 
andere  Unterkünfte  zugewiesen  waren,  stand 
es  1948  ganz  für  Erholungszwecke  zur  Ver- 
fügung. Trotz  der  vorübergehenden  Zweck- 
entfremdung dürften  weit  über  4000  Kriegs- 
blinde in  Salzhausen  Erholung  gefunden 
haben.  Sie  wie  auch  ihre  Familien  werden 
sich  gern  der  schönen  Stunden  dort  erinnern 
und    werden    immer    wieder    gern    zu    den 


Gästen  des  Hauses  zählen.  Der  Bund  aber 
kann  mit  Stolz  auf  das  25jährige  Bestehen 
des  Heims  zurückblicken.  Tausende  von 
Kriegsblinden  fanden  hier  Gesundung  und 
Kraft  zur  weiteren  Ausübung  des  Berufes, 
Tausende  werden  künftig,  so  hoffen  wir,  das 
gleiche  Glück  haben. 


Das  Heim  aber  hat  innen  und  außen  ein 
neues  Kleid  bekommen  und  erwartet  im 
Jubiläumsjahr  mit  seiner  Leiterin,  Schwester 
Helene  Ernst,  die  es  nun  bereits  14  Jahre 
betreut,  seine  Gäste,  um  auch  ihnen  vier 
Wochen  der  Erholung  und  Entspannung  zu 
geben.  Albert  Bieiwerth 


Axel  Bischoflf  65  Jahre  alt 


Eigentlich  sollte  schon  im  vorigen  Heil  unserer 
Bundeszeitschrilt  folgender  Gruß  aus  Berlin 
stehen:  „Zum  65.  Geburtstag  wünschen  wir  Dir, 
lieber  Axel  Bischof!,  alles  erdenklich  Gute.  Möge 
es  Dir  vergönnt  sein,  noch  viele  Jahre  in  alter 
Frische  bei  uns  zu  bleiben  und  in  alter  Schaffens- 
kraft unser  Wegbereiter  zu  sein.  Dies  wünschen 
von  ganzem  Herzen  Deine  Berliner  Kameraden." 
Nun,  die  Berliner  Kriegsblinden  haben  inzwischen 
ihre  Geburtstagsgrüße  persönlich  und  auf  herz- 
lichste Weise  übermittelt.  Aber  nicht  nur  aus 
Berlin,  sondern  aus  allen  Teilen  Deutschlands 
gelten  dem  bewährten  Kameraden  und  Mit- 
begründer unseres  Bundes  die  allerbesten  Grüße, 
Sie  seien  zusammengefaßt  in  dem  folgenden 
Glückwunsch  unserer  Bundesleitung: 

Am  1.  Mai  d.  J.  vollendete  Kamerad 
Bischoff,  Berlin,  sein  65.  Lebensjahr.  Durch 
seine  Arbeit  im  Dienst  der  deutschen  Kriegs- 
blinden an  verantwortungsvollster  Stelle  hat 
Axel  Bischoff  seinen  Namen  unauslöschlich 
in  die  Geschichte  der  deutschen  Kriegs- 
blinden eingeschrieben.  Schon  früh  im  ersten 
Weltkrieg  verlor  er  sein  Augenlicht  und 
wurde,  wie  wir  alle,  aus  seiner  beruflichen 
Tätigkeit  herausgerissen.  Aus  der  gewerk- 
schaftlichen Schule  kommend,  stellte  er  auch 
bald  als  Kriegsblinder  seine  dort  gewonne- 
nen Erfahrungen  in  den  Dienst  seiner  Kame- 
raden und  war  bestimmend  in  den  Vor- 
arbeiten mit  tätig,  die  zur  Gründung  des 
Bundes  erblindeter  Krieger  Deutschlands 
e.  V.  am  5.  März  1916  führten.  Als  Gründer 
dieser  Kriegsblinden-Schicksalsgemeinschaft 
hat  er  dann  sowohl  in  der  Leitung  des  Be- 
zirkes Großberlin  wie  in  der  Bundesleitung 
bis  zum  Jahre  1929  führend  mitgearbeitet. 
Als  Vertreter  des  Bundes  erblindeter  Krie- 
ger Deutschlands  e.  V.  im  Reichsausschuß  für 
Kriegsbeschädigten-  und  Kriegshinterbliebe- 
nen-Fürsorge wirkte  er  maßgebend  an  der 
Gestaltung  der  Kb-  und  Kh-Versorgung  und 


-Fürsorge,  insbesondere  aber  an  der  versor- 
gungsrechtlichen Gestaltung  für  uns  Kriegs- 
blinde mit.  Von  1923  bis  1929  war  er 
1.  Vorsitzender  der  Kriegsblinden- 
Schicksalsgemeinschaft  und  in  dieser  Zeit 
wurden  wesentliche  Erfolge  in  der  Kriegs- 
blindenversorgung  und  -fürsorge  durch  seine 
Arbeit  erreicht.  Axel  Bischoff  war  weder  ein 
bequemer  Freund  noch  Gegner.  Das  haben 
all  die  kriegsblinden  Kameraden  kennen- 
gelernt, die  mit  ihm  oder  gegen  ihn  zum 
Wohle  der  Kriegsblinden  im  Bunde  tätig 
waren.  Seine  rastlose  Hingabe  an  die  Kriegs- 
blindenarbeit,  seine  temperamentvolle  Be- 
kämpfung jeden  Widerstandes,  sein  großes 
Können  und  seine  großen  Erfahrungen  und 
sein  energisches  Eintreten  für  das  von  ihm 
als  richtig  Erkannte  ließen  ihn  nicht  nur  an 
sich  selbst,  sondern  an  alle  anderen  die 
größten  Anforderungen  stellen.  Wie  so  viele 
unserer  kriegsblinden  Kameraden,  die  ehren- 
amtlich im  Dienste  unserer  Kriegsblinden- 
Schicksalsgemeinschaft  tätig  waren  und  noch 
sind,  hat  er  bei  seiner  Arbeit  Dank  und  Un- 
dank, Gunst  und  Mißgunst,  Anerkennung 
und  Verleumdung,  Verständnis  und  Neid  in 
reichlichem  Maße  kennengelernt.  Unter  Hint- 
ansetzung seiner  persönlichen  und  dienst- 
lichen Belange  mußte  die  Überfülle  der 
Kriegsblindenarbeit  von  ihm  geleistet  wer- 
den. Wie  alle  temperamentvollen  und  in 
ihrer  Arbeit  sich  verzehrenden  Menschen 
konnte  er  lieben  und  hassen  mit  der  Glut 
des  ganzen  Herzens. 

Diesem  aufopfernden  Einsatz  seiner  vollen 
seelischen  und  körperlichen  Kräfte  sind  aber 
auch  die  Erfolge  zu  verdanken,  auf  die  er 
jetzt  nach  Vollendung  seines  65.  Lebens- 
jahres voll  Stolz  zurückblicken  kann.  Wenn 
er  auch  wegen  Erreichung  der  Altersgrenze 
zu  seinem  eigenen  und  unserem  Bedauern 
aus  seiner  beruflichen  Tätigkeit  bei  der  Ver- 


Sicherungsanstalt  Berlin  ausscheiden  muß, 
obwohl  er  doch  noch  erfolgreich  zum  Wohle 
der  beruflichen  Unterbringung  seiner  kriegs- 
blinden Kameraden  gerne  weiter  tätig  ge- 
blieben wäre.,  so  wissen  wir  doch,  daß  ein 
Axel  Bischoff  nach  all  den  Jahren  erfolg- 
reicher Kriegsblindenarbeit  noch  nicht  einen 
geruhsamen  Lebensabend  beginnen  will.  Er 
und  wir  hoffen,  daß  er  sich  jetzt  frei  von 
seinen  beruflichen  Bindungen-  noch  inten- 
siver innerhalb  der  Schicksalsgemeinschaft 
der  deutschen  Kriegsblinden  zum  Wohle  sei- 
ner Berliner  kriegsblinden  Kameraden,  aber 
auch  der  .gesamten  deutschen  Kriegsblinden 
einsetzen  kann  und  wünschen  ihm  hierzu 
beste  Gesundheit  für  sein  weiteres  Leben. 


Seine  in  jahrzehntelanger  Arbeit  gesam- 
melten reichen  Erfahrungen  und  die  aus  sei- 
nem guten  Gedächtnis  begründete  Beherr- 
schung der  versorgungs-  und  fürsorgerecht- 
„lichen  Lage  der  Kriegsblinden  sowie  seine 
umfangreichen  Kenntnisse  auf  dem  Gebiete 
des  Blinden-,  insbesondere  des  Kriegsblin- 
denwesens  sind  für  uns  auch  noch  in  der 
Zukunft  von  unschätzbarer  Bedeutung. 

Die  Bundesleitung  spricht  daher  im  Namen 
der  gesamten  deutschen  Kriegsblinden  dem 
Kameraden  Axel  Bischoff  nebeji  dem  Dank 
und  der  Anerkennung  für  seine  bisher  zum 
Wohle  der  gesamten  deutschen  Kriegs- 
blinden geleistete  Arbeit  die  herzlichsten 
Glückwünsche  aus. 

gez.:  Dr.  Peter  Plein,  1.  Bundesvorsitzender 


Rund  um  die  Berolina 

Aus  der  Tätigkeit  des  Landesverbandes  Berlin  —  Fortschritte  und  Nöte 


Im  Juliheft  1951  unseres  Bundesorgans 
wies  ich  auf  die  außerordentlichen  Schwierig- 
keiten hin,  die  hier  in  Berlin  infolge  der 
besonders  gelagerten  Verhältnisse  bei  der 
Durchführung  des  Berliner  und  des  Bonner 
Versorgungsgesetzes  entstanden  sind.  Das 
Bundesversorgungsgesetz  (BVG)  wurde  in 
Berlin  von  der  gesetzgebenden  Körperschaft 
am  5.  4.  1951  übernommen  und  am  23.  4.  1951 
verkündet.  Die  Schwierigkeiten  waren  in 
Berlin  um  so  größer,  als  ja  hier  zwei  Gesetze 
nebeneinander  liefen,  und  zwar  das 
Berliner  Versorgungsgesetz  und  nunmehr  das 
Bundesversorgungsgesetz.  Es  mußten  alle 
Falle,  die  bereits  nach  dem  Berliner  Gesetz 
anerkannt  waren,  erneut  nach  dem  Bundes- 
versorgungsgesetz umgestellt  werden  und 
dort,  wo  eine  Anerkennung  bisher  überhaupt 
nicht  erfolgte,  mußten  beide  Gesetze  mit 
ihren  verschiedenartigen  Bestimmungen  be- 
rücksichtigt werden.  Erst  im  Juli  1951  konnte 
mit  der  Durchführung  des  BVG  begonnen 
werden,  aber  trotzdem  ist  festzustellen,  daß 
bis  zum  Schluß  des  Jahres  1951  doch  die 
übergroße  Mehrheit  unserer  Kameraden  in 
den  Besitz  des  Rentenbescheides  nach  dem 
BVG  und  der  damit  verbundenen  Nach- 
zahlung gekommen  ist. 

In  bezug  auf  die  orthopädische  Versorgung 
sind  wir  1951  einen  erheblichen  Schritt  vor- 
wärtsgekommen. Die  Versorgung  mit  Klein- 
schreibmaschinen, Bündenuhren,  Regen- 
mänteln und  Handschuhen  ist  so  gut  wie 
abgeschlossen. 

Dies  alles  war  nur  möglich,  weil  zwischen 
Landesversorgungsamt  und  Organisation  ein 
durchaus  vertrauliches  und  außerordentlich 
gutes  Zusammenarbeiten  erzielt  werden 
konnte.  Es  ist  mir  ein  Bedürfnis,  auch  an 
dieser  Stelle  dem  Landesversorgungsamt, 
insbesondere  aber  Herrn  Barth  als  dessen 
Leiter,  für  das  außerordentliche  Verständnis 
zu  danken,  das  wir  bei  ihm  gefunden  haben. 

Weniger  erfreulich  war  die  Entwicklung 
auf  dem  Gebiete  der  Fürsorge.  Auch  wir 
haben  hier  lebhaft  bedauert,  daß  die  Ver- 
waltungsvorschriften zu  den  §§  25 — 27  BVG 
erst  so  verspätet  erlassen  werden  sind.  Die 
Hauptfürsorgestelle  ist  zwar  jetzt 
auch  in  Berlin  ins  Leben  gerufen  worden, 
aber  sie  vermag  ihre  Tätigkeit  nur  in  durch- 
aus beschränktem  Umfange  aufzunehmen  und 
diese  Tätigkeit  beschränkt  sich  zur  Zeit  nur 
auf  die  rein  soziale  Fürsorge.  Die  Verwaltungs- 
vorschriften  zu  §  25  BVG  bringen  zwar  in 
bezug  auf  die  Sonderfürsorge  für  Kriegs- 
blinde recht  klare  Vorschriften  auch  für  die 
Durchführung  der  Berufs-,  Erholungs-  und 
Siedlungsfürsorge,  aber  in  Berlin  wartet  man 
noch  immer  auf  das  neue  Schwerbeschädigten- 
gesetz. Dies  Zögern  ist  um  so  unverständ- 
licher, als  gerade  die  Verwaltungsvorschrif- 
ten zu  §  25  für  die  Sonderfürsorge  durchaus 
klar  gehalten  sind  und  nach  unserer  Auf- 
fassung durch  das  neue  Schwerbeschädigten- 


gesetz keinerlei  Verschlechterung  erfahren 
werden.  Wir  sehen  in  dieser  Verzögerung 
eine  Gefahr,  nicht  zuletzt  deshalb,  weil  ja 
die  Verwaltungsvorschriften  rückwirkende 
Kraft  ab  1.  Oktober  1950  haben  und  die 
Durchführung  um  sq  schwieriger  wird,  je 
weiter  wir  uns  von  diesem  Zeitpunkt  ent- 
fernen. Ich  hoffe,  daß  man  auch  in  Berlin 
die  Verwaltungsvorschriften  durch  den  Senat 
schnellstens  übernimmt  und  auch 
voll  wirksam  werden  läßt. 

Sehr  eingehend  hat  sich  der  Landesver- 
band auch  mit  der  Frage  der  künftigen  Ge- 
staltung des  Schwerbeschädigtengesetzes  be- 
faßt. Der  vorliegende  Regierungsentwurf 
bringt  nach  unserer  Auffassung  doch  Ver- 
schlechterungen, die  nicht  ohne  weiteres  hin- 
genommen werden  können.  Inzwischen  hat 
sich  ja  der  Bundesbeirat  in  seiner  Sitzung 
in  Wiesbaden  sehr  eingehend  mit  dieser 
Frage  beschäftigt  und  die  Stellungnahme  des 
Bundes  in  einer  im  April-Heft  zum  Abdruck 
gekommenen  Entschließung  festgelegt  In  Ber- 
lin wurde  bisher  die  Vermittlung  Blinder 
nach  einer  Verordnung  der  alliierten  Kom- 
mandantur vom  17.  März  1947  durchgeführt, 
nach  der  auf  je  100  Arbeitsplätze 
1  Blinder  eingestellt  werden  soll.  Die  Durch- 
führung dieser  Verordnung  hat  sich  keines- 
wegs hemmend  bei  der  Unterbringung  Blin- 
der ausgewirkt,  sondern  es  war  im  Gegenteil 
mit  Hilfe  dieser  Verordnung  möglich,  noch 
am  Schluß  des  vergangenen  Jahres  2  1  Ar- 
beitsplätze, hauptsächlich  im  Bürobe- 
darf, durch  Blinde  besetzen  zu  können  und 
in  neuester  Zeit  konnten  3  Ohnhänder- 
Kameradenals  Auskunftsangestellte  ver- 
mittelt werden.  Dies  war  ein  beachtlicher 
Erfolg.  Leider  war  es  infolge  der  in  West- 
berlin herrschenden  ungeheuren  Arbeits- 
losigkeit und  der  katastrophalen  Wirtschafts- 
lage nicht  möglich,  in  der  Industrie  Blinde  in 
nennenswerter  Zahl  einzusetzen.  Dies  wird 
erst  bei  einer  Besserung  der  wirtschaftlichen 
Verhältnisse  möglich  sein. 

Es  war  nicht  verwunderlich,  daß  bei  der 
Festsetzung  der  Rente  nach  dem  Berliner  und 
dem  Bundesversorgungsgesetz  manche  Fehler 
unterlaufen  sind,  so  daß  eine  ganze  Reihe 
von  Einsprüchen  erforderlich  war. 
Sie  bezogen  sich  in  erster  Linie  auf  die  Höhe 
der  Pflegezulage.  —  Die  Führhundbeihilfe 
wurde  in  zahlreichen  Fällen  gewährt. 

Schwierigkeiten  besonderer  Art 

Außerordentliche  Beunruhigung  hat  der 
§  29  des  Berliner  Versorgungsgesetzes  hervor- 
gerufen, nach  dem  zwei  Renten  aus  der 
gleichen  Ursache  nebeneinander  nicht  ge- 
währt werden  dürfen.  Dies  bedeutet,  daß  für 
die  Zeit  vom  1.7.  bis  30.9.  1950,  also  für  die 
Zeit,  in  der  das  Berliner  Gesetz  in  Kraft  war, 
die  Invalidenrente  neben  der  Versorgungs- 
rente nicht  gezahlt  wurde.  Hier  ergibt  sich 
ein  erheblicher  Widerspruch  zu  §  87  des  BVG 
und  auch  zu  den  Bestimmungen  der  Reichs- 


versicherungsordnung. Wir  haben  in  allen 
Fällen  Einspruch  gegen  die  Rentenbescheide 
eingelegt  und  es  ist  zu  hoffen,  daß  auch  diese 
leidige'  Angelegenheit  in  unserem  Sinne  er- 
ledigt werden  kann. 

Die  Frage  der  Gewährung  der  I  n  v-a  - 
lidenrente  für  berufstätige  Kame- 
raden ist  noch  nicht  entschieden.  An  unserem 
Standpunkt,  den  ich  ja  bereits  früher  ein- 
gehend dargelegt  habe,  hat  Sich  nichts  ge- 
ändert. Wir  halten  nach  wie  vor  daran  fest, 
daß  der  berufstätige  Blinde  Anspruch  auf 
Invalidenrente  gemäß  der  von  ihm  geleisteten 
Beiträge  hat.  Zweckmäßig  erscheint  uns  aber, 
daß  diese  Frage  im  Verordnungs-  oder  Erlaß- 
wege durch  das  Bundesarbeitsministerium 
geregelt  wird. 

Auf  dem  Gebiete  der  Siedlungsfür- 
sorge sind  wir  mit  unseren  Verhandlungen 
noch  nicht  zum  Abschluß  gekommen.  Wir 
sind  bemüht,  zunächst  die  durch  Kriegs- 
einwirkung zerstörten  Eigenheime  unserer 
Kameraden  wieder  aufzubauen  und  es  besteht 
begründete  Hoffnung,  daß  wir  auch  hier  ein 
günstiges  Ergebnis  erzielen. 

Badekuren  konnten  im  vergangenen  Jahr 
in  einer  ganzen  Anzahl  Fälle  erwirkt  werden. 
Berlin  besitzt  ja  selbst  keine  Erholungs- 
möglichkeiten, so  daß  wir  in  jedem  einzelnen 
Falle  auf  die  Heime  in  Westdeutschland  und 
Süddeutschland  angewiesen  sind.  Es  soll  aber 
auch  hier  von  mir  dankbar  anerkannt  werden, 
daß  seitens  der  Leitung  unserer  Abteilung 
Erholungsfürsorge  in  weitgebendem  Maße 
den  Anträgen  aus  Berlin  entsprochen  wurde. 

Die  Kriegsblindenarbeitsgemein- 
schaft  Berlin  hat  sich  in  der  sehr  kurzen 
Zeit  ihres  Bestehens  kräftig  entwickelt.  Ver- 
gessen wir  nicht,  daß  sie  erst  seit  einem  Jahr 
ihre  Tätigkeit  aufgenommen  hat  und  daß 
naturgemäß  im  ersten  Jahr  erhebliche  Zu- 
schüsse für  Ersteinrichtungen  geleistet  wer- 
den müssen.  Es  kann  aber  damit  gerechnet 
werden,  daß  sich  unsere  Arbeitsgemeinschaft 
in  absehbarer  Zeit  in  durchaus  günstigem 
Sinne  weiterentwickeln  wird. 

Gehört  Spandau  zum  Ostsektor? 

In  organisatorischer  Hinsicht  entwickelte 
der  Landesverband  1951  eine  überaus  rege 
Tätigkeit.  All  das,  was  im  Bundesgebiet  an 


r. 

DasBeste 

vw/Rcaders  Digest 

bringt  im  neuen  Mai-Heft  eine 

14seitige  Zusammenfassung  aus 

dem  Buch 

Der  Wille  zum  Leben 

Jeder  von  uns  trägt  einen  Trieb 
zur    Selbstzerstörung    genau    so 
wie  den  Willen  zum  Leben  in 
sich.    Dr.    A.    A.    Hutschnecker 
zeigt  auf,  wie  Ihre  Gesundheit, 
so  lange  Sie  auch  leben  mögen, 
tiefgehend   durch  Ihre  seelischen 
Erregungen  beeinflußt  wird,  und 
wie  Sie  Krankheiten  durch  die 
Kenntnis  ihrer  tieferen  Ursachen 
aus    dem    Weg    gehen    können. 

Diesen   sowie  weitere   26  hoch- 
interessante   Artikel    lesen    Sie 
im  neuen  Mai-Heft  der  bekann- 
ten Monatsschrift 

Das  Beste  aus  Raeder's  Digest 

überall  im  Buch-  und  Zeitschrif- 
tenhandel für  1  Mark. 

Aufgaben  im  großen  zu  leisten  ist,  muß 
L»er  in  Berlin  im  kleinen  wiederholt  werden. 
Allerdings  besteht  darin  noch  ein  Unterschied: 
c?*'e  unselige  Spaltung  Berlins  in  zwei  Stadt- 
verwaltungen und  zwei  Währungsgebiete 
macht  sich  auf  Schritt  und  Tritt  fühlbar.  Von 
den  Auswirkungen  macht  man  sich  außer- 
halb Berlins  kaum  eine  rechte  Vorstellung. 
Dies  ist  schließlich  auch  nicht  verwunderlich, 
wenn  man  erleben  muß,  daß  selbst  amtliche 
Stellen  außerhalb  Berlins  über  die  räumlichen 
und  sonstigen  Verhältnisse  so  gut  wie  nicht 
unterrichtet  sind.  Was  soll  man  z.  B.  dazu 
sagen,  wenn  eine  bahnamtliche  Stelle  in 
Westdeutschland  kürzlich  eine  an  uns  gerich- 
tete Sendung  nach  Berlin-Spandau  zurück- 
w  i.e  s  mit  dem  Bemerken,  daß  Spandau  im 
Ostsektor  Berlins  liege!  Eine  Neuigkeit  für 
uns  Berliner!  Wenn  das  schon  am  grünen 
Holz  passiert,  dann  darf  man  sich  nicht  wun- 
dern, wenn  im  allgemeinen  eine  völlige  Un- 
kenntnis über  die  Teilung  Berlins  vorherrscht. 
Auch  unsere  Kameraden  werden  sich  draußen 
kaum  ein  rechtes  Bild  machen  und  ich  möchte 
deshalb  zum  Schluß  ganz  kurz  die  Teilung 
Berlins  schildern.  Berlin  gliedert  sich  in  einen 
Ostsektor  (russisch)  und  drei  Westsektoren 
(amerikanisch,  britisch,  französisch). 


Die  20  Verwaltungsbezirke  Berlins  verteilen 
sich  auf  die  einzelnen  Sektoren  wie  folgt: 

Zu  den  Westsektoren  gehören  die  Ver- 
waltungsbezirke Kreuzberg,  Neukölln,  Schöne- 
berg, Steglitz,  Tempelhof  und  Zehlendorf 
(amerikanischer  Sektor);  Charlot- 
tenburg, Spandau,  Tiergarten,  Wilmersdorf 
(britischer  Sektor);  Reinickendorf  und 
Wedding  (französischer  Sektor).  Die 
übrigen  acht  Bezirke  gehören  zum  russischen 
Sektor  Berlins. 

Diese  unsinnige  und  unselige  Zerreißung 
einer  Großstadt  führt  naturgemäß  oft  zu 
unhaltbaren  Zuständen,  um  so  mehr,  als  die 
Sektorengrenzen  oft  mitten  durch  eine  Straße 
hindurchgehen,  so  daß  die  eine  Seite  zum 
russischen  Sektor  und  die  andere  zum  ameri- 
kanischen Sektor  gehört.  Es  ist  nicht  ganz 
leicht,  die  Belastung,  die  durch  solche  Ver- 
hältnisse auch  seelisch  besteht,  zu  ertragen 
und  selbst  wer  in  der  öffentlichen  Verwaltung 
tätig  ist,  findet  sich  oft  nicht  mehr  zurecht. 
Wir  Berliner  jedenfalls  würden  es  mit  äußer- 
ster Dankbarkeit  begrüßen,  wenn  diesen  Zu- 
ständen ein  Ende  bereitet  werden  könnte 
und  Berlin  wieder  zu  einer  einheitlichen  und 
freien  Stadt  werden  wird. 

Axel   Bischoff,   Berlin 


o/uj  d&n  ^t^^^^e/^pü/^^fv 


Neugliederung  des  Landesverbandes 
Schleswig  •  Holstein 

Wie  wir  bereits  in  der  Dezember-Nummer 
.unserer  Bundeszeitschrift  mitteilten,  hat  der 
Vorstand  des  Landesverbandes  Schleswig- 
Holstein  die  Neugliederung  des  Landesver- 
bandes beschlossen.  Dem  Wunsche  der  Ka- 
meraden folgend,  sind  jedoch  nicht  vier,  son- 
dern nur  drei  Bezirke  gebildet  worden, 
und  zwar: 

a)  Bezirk  Nord  mit  dem  Sitz  in 
Schleswig,  umfassend  die  Kreise  Eckern- 
förde, Eiderstedt,  Flensburg,  Husum,  Norder- 
dithmarschen,  Rendsburg,  Schleswig,  Süder- 
dithmarschen  und  Südtondern; 

(Bezirksleiter:  Kam.  Joachim  Gnutz- 
:m  a  n  n  in  Schacht- Audorf,  Kreis  Rendsburg, 
Lange  Reihe); 

b)  BezirkMitte  mit  dem  Sitz  in  Kiel, 
umfassend  die  Kreise  Bad  Segeberg,  Eutin, 
Kiel,  Neumünster,  Oldenburg,  Pinneberg, 
Plön  und  Steinburg; 

(Bezirksleiter:  Kam.  Herbert  Strauch- 
mann in  Kiel,  Arfrade  2a); 

c)  Bezirk  Süd  mit  dem  Sitz  in  L  ü  - 
;beck,  umfassend  die  Kreise  Lauenburg  a. 

d.  Elbe,  Lübeck  und  Stormarn; 
;      (Bezirksleiter:  Kamerad  Peter  Szelag 
lin    Rensefeld    bei    Bad    Schwartau,    Linden- 
i  Straße  10). 

Die  bisherigen  Kreisgruppen  bleiben  als 
j  Unterbezirke  bestehen.  Die  Kameraden  wer- 
!den  gebeten,  sich  nunmehr  mit  ihren  Wün- 
schen und  Anliegen  nur  noch  an  die  für 
;,  sie  zuständigen  Unterorgane  zu  wenden. 
'  Durch  die  Arbeitspläne  ist  eine  individuelle 
iund  intensive  Betreuung  der  Kameraden 
|  gewährleistet. 

* 

Bei  dem  Landesversorgungsamt  des  Lan- 
des Schleswig-Holstein  in  Neumünster, 
!  Steinmetzstraße  1,  haben  die  versorgungs- 
:  ärztliche  Untersuchungsstelle  und  die  ortho- 
<  pädische  Versorgungsstelle  am  1.  April  1952 
|  ihren  Betrieb  aufgenommen.       H.  K. 

Besatzungsmacht! 

und  Kriegsblindenhandwerk 

Die  US-Dienststelle  Nürnberger  Military 
Post,  Engr.  Proo.  Officer,  zeigt  für  das 
Kriegsblindenhandwerk  besonderes  Ver- 
ständnis.  Vor   allem   sind  es  U.    S.   Officer 


Hugh  H.  Hurlahe  und  Mr.  Hamann,  die  sich 
immer  wieder  persönlich  dafür  einsetzen, 
daß  die  Bayer.  Kriegsblindenarbeitsfürsorge 
Gem.  G.  m.  b.  H.,  Zweigniederlassung  Nürn- 
berg, Aufträge  für  Bürsten  und  Besen,  Pinsel 
und  dergl.  erhält.  In  den  Verhandlungen  er- 
wies sich,  daß  die  beiden  Herren  ein  ganz 
besonderes  Verständnis  und  ein  tiefes  Mit- 
empfinden für  die  Schwerkriegsbeschädig- 
ten, insbesondere  die  Kriegsblinden,  haben, 
und  daß  sie  in  vollem  Umfang  verstehen, 
was  Arbeit  für  den  Lichtlosen  bedeutet.  Es 


ES  STARBEN: 

LANDESVERBAND  BERLIN 
M  e  h  1  e  s  ,    Heinz,    Beflin-Tempelhof ,    Prüß- 
straße    48,    durch    tragischen   Unglücksfall, 
gest.  am  15.  3.  1952 

LANDESVERBAND  HAMBURG 
G  o  e  t  j  e  n  ,  Hinrich,  Hamburg  39,  Novalis- 
weg 24b,  gest.  am  13.  4.  1952 

LANDESVERBAND  HESSEN 
Jungmann,  Ottmar,  Gladenbach  Kr.  Bie- 
denkopf, gest.  im  Februar  1952 

LANDESVERBAND  NIEDERSACHSEN 
Fahrenholz,    Helmut,    Anderten/Hann., 
geb.  23.  8.  1917,  gest.  am  4.  5.  1952 

RHEINLAND-PFALZ 
Brandenburg,    Wilhelm,    Bingerbrück, 
Martin-Luther-Stift,    gest.    am    6.    4.    1952 
im  Alter  von  fast  80  Jahren 

LANDESVERBAND  WESTFALEN 

Meier,  Elisabeth,  Herlinghausen, 
Witwe  des  Kriegsblinden  Heinrich  Meier, 
gest.  am  2.  10.  1951 

Die  Kriegsblinde  Frau  Anna  Schülting, 
Coesfeld,  Weberstraße  7,  gest.  am  29.  4. 
im  Alter  von  56  Jahren 

Ehefrau  des  Kam.  Karl  Wohlgehage, 
Dortmund-Hörde,  Cimberstraße  40,  gest. 
im  November  1951 

B  i  s  d  o  r  f ,  Walter,  Witten-Annen,  Rudolf- 
König-Straße  17,  gest.  am  6.  4.  1952  im 
Alter  von  57  Jahren 

U  h  1  m  a  n  n  ,  Gustav,  Gelsenkirchen,  Im 
Bühl  1,  gest.  am  28.  4.  1952  im  Alter  von 
75  Jahren 

Kroger,  Bernhard,  Wattenscheid,  Dicke- 
bankstraße 4,  gest.  am  28.  4.  1952  im  Alter 
yon  59  Jahren 

MÖGEN  SIE  IN  FRIEDEN  RUHEN! 


ist  nur  zu  wünschen,  daß  dieses  Verhältnis 
sich  weiter  entwickelt  und  auch  andere 
Dienststellen  der  Besatzungsmacht  umfaßt. 
Jedenfalls  würde  damit  vielen  kriegsblinden 
Handwerkern  wieder  Arbeit  und  Verdienst 
und  somit  Freude  und  Licht  gegeben. 

„Haus  der  Kriegsopfer  Versorgung" 
in  Berlin 

Das  Landesversorgungsamt  Berlin  hat  in 
Wilmersdorf,  Sächsische  Straße  Nr.  28,  ein 
neues,  schönes  Gebäude  erhalten,  das  „Haus 
der  Kriegsopferversorgung",  das  am  3.  April 
feierlich  eingeweiht  werden  konnte.  Damit 
ist  endlich  ein  Provisorium  beendet,  das  bei 
der  Durchführung  des  Versorgungsgesetzes 
in  Berlin  unendliche  Schwierigkeiten  bereitet 
hat.  Die  katastrophale  Raum-  und  Personal- 
not machte  die  Durchführung  des  Gesetzes 
fast  unmöglich.  An  der  Einweihung  nahmen 
als  Vertreter  des  Bundes-Arbeitsministeriums 
auch  Min. -Rat  Dr.  Schönleiter  und  Min. -Rat 
Dr.  Pötzold  teil. 

Das  Mitteilungsblatt  des  Landesversor- 
gungsamtes Berlin,  „Kriegsopferversorgung", 
gab  das  Märzheft  als  Sondernummer  zur  Ein- 
weihung des  neuen  Gebäudes  heraus.  Es 
gehen  daraus  nicht  nur  interessante  sta- 
tistische Angaben  hervor  —  288  118  Perso- 
nen stellten  in  Berlin  als  Beschädigte  oder 
Hinterbliebene  Versorgungsanträge!  — ,  son- 
dern es  wird  auch  ein  hochinteressantes  Bild 
von  der  Besonderheit  des  neuen  Dienstgebäu- 
des gegeben.  In  sinnvoller  Zweckmäßigkeit 
haben  die  Architekten  und  die  Verwaltung 
die  Aufgabe  des  Baues  bei  seiner  Einrich- 
tung berücksichtigt:  von  der  Geländerführung 
bis  hin  zu  einem  Sondereingang  und  Sonder- 
Warteraum  für  Selbstfahrer  wurde  alles  be- 
dacht, was  dem  Kriegsbeschädigten  den  Be- 
such erleichtern  kann.  Das  Haus  enthält  nicht  I 
nur  eine  Beobachtüngsstation,  eine  röntgen- 
ärztliche Station  usw.,  sondern  auch  eine 
Gehschule  mit  Laufbrücken,  Kontrollspiegeln 
und  Kletterwand.  Mit  Recht  wurde  dieses 
auch  dem  Schönheitssinn  so  wohltuend  ent- 
sprechende, in  Material  und  Farbe  innen  wie 
außen  harmonische  Gebäude  als  eine  der 
mustergültigsten  Einrichtungen  Deutschlands 
auf  dem  Gebiet  der  Kriegsopferversorgung 
bezeichnet.  Um  einen  Begriff  von  der  Größe 
des  siebenstöckigen  Gebäudes  zu  geben,  sei 
vermerkt,  daß  29  000  Quadratmeter  Innen-, 
putz  und  3500  Quadratmeter  Außenputz  bei 
der  Errichtung  zu  verzeichnen  waren. 

Wir  freuen  uns  über  diesen  Fortschritt,  der 
auch  unseren  Berliner  Kameraden,  die  in 
mancher  Hinsicht  unter  besonderen  Schwie- 
rigkeiten zu  leiden  haben,  zugute  kommen 
wird. 

Filmerfolg  in  Berlin 

Bereits  15  Berliner  Lichtspielhäuser,  dar- 
unter große  und  angesehene  Theater,  haben 
nach  der  glanzvollen  Premiere  in  der  „Film- 
bühne Wien"  den  amerikanischen  Kriegs- 
blindenfilm  „Sieg  über  das  Dunkel" 
in  diesen  Wochen  aufgeführt.  Weitere  Häu- 
ser haben  die  Aufführung  für  die  aller- 
nächste Zeit  angekündigt.  Es  ist  zu  hoffen, 
daß  alle  Westberliner  Lichtspielhäuser  die- 
ses unter  dem  Protektorat  des  Kriegsblinden- 
bundes  stehende  Filmwerk,  das  bei  Presse 
und  Publikum  gerade  in  Berlin  einen  un- 
gewöhnlichen Erfolg  hatte,  aufführen. 

Handwerkertagung  in  Kassel 

Die  Leiter  aller  Kriegsblinden-Handwerker- 
fürsorgeeinrichtungen  des  Bundesgebietes 
werden  am  2  6.  Mai  in  Kassel  zu  einer 
Beratung  zusammenkommen.  Wichtige  Fra- 
gen stehen  zur  Debatte,  angefangen  von 
dem  Gesetzentwurf  zum  Schutze  des  Ver- 
triebes von  Blindenwaren  bis  hin  zur  Frage 
des  Einkaufs  von  Rohstoffen.  Die  Tagung 
erhält  besondere  Bedeutung  durch  die  für 
den  folgenden  Tag,  den  27.  Mai,  geplante 
Vorstandssitzung  der  Deutschen  Blinden- 
arbeit  e.  V.,  die  ebenfalls  in  Kassel  statt- 
findet. 


8 


Das  Magnetofon -Bandgerät 

Der  „  B  1  i  h  d"e  n  s  e  k  r  e  t  ä  r  ",  das  Ma- 
gnetofonbandgerät  KL  15  der  AEG,  ist  in  den 
vergangenen  Monaten  bereits  vielfach  im 
Rahmen  der  Berufsfürsorge  an  Kriegsblinde 
geliefert  worden.  In  den  meisten  Fällen  fand 
erfreulicherweise  eine  Kostenübernahme 
durch  öffentliche,  z.  B.  durch  Hauptfür-sorge- 
stellen,   statt.  Die  ersten  Erfahrungsberichte 

•  beweisen,  daß  dieses  neue  technische  Hilfs- 
mittel den  Erwartungen  der  Kameraden  weit- 
gehendst  entspricht.  In  Beantwortung  vielerlei 
Anfragen  weisen  wir  hier  noch  einmal  darauf 
hin,  daß  der  Leiter  des  Landesverbandes  Süd- 
baden unseres  Bundes,  Ing.  A.  Schramm, 
Freiburg,  Kirner  Straße  11,  bereit 
ist,  Tongeräte  und  Zubehör  mit  einem  Ra- 
batt von  22Va  °/o  zu  vermitteln,   allerdings 

"  ausschließlich  für  den  Blindenbedarf,  -  was 
von  Fall  zu  Fall  nachgeprüft  wird.  Bei  einer 
Anzahlung  von  20  %>  des  Gesamtkaufwertes 
kann  der  Rest  in  10  Monatsraten  bezahlt 
"werden.  Anfragen  und  Aufträge  —  sowohl 
von  Behörden  als  auch  von  Selbstbeziehern 
—  sind  an  die  obengenannte  Anschrift  direkt 
zu  richten. 

Erfolgreicher  Akkordeon  -Virtuose 

Der  kriegsblinde  Akkordeon-Vir- 
tuose Willi  Blank  aus  Wurmberg  bei 
Pforzheim,  der  u.  a.  für  den  Süddeutschen 
Rundfunk  und  neuerdings  auch  für  den  Süd- 
westfunk spielt,  erhielt  auf  Grund  seiner 
letzten  Rundfunkübertragung  ein  Angebot, 
auf    vier   Monate   nach   Lake    George 


(USA)  zu  kommen.  Blank  lehnte  das  An- 
gebot ab,  um  zunächst  einmal  in  der  Heimat 
noch  festeren  Fuß  zu  fassen. 

PERSÖNLICHES 

Ehrentage 

Am  17.  April' feierte  unser  im  1.  Weltkrieg 
erblindete  Kamerad  Johann  Heldt,  Bad 
Harzburg,  Burgstraße  31  (früher  Berlin- 
Neutempelhof),  seine  goldene  Hochzeit. 

Unser  Kamerad  David  Wiegand  und 
seine  Ehefrau  Katharina,  geb.  Beetz,  Solin- 
gen, Meigen  41,  begingen  am  9.  5.  1952 
das  goldene  Ehejubiläum. 

Unser  Kamerad  Albert  Engelhardt 
und  seine  Ehefrau  Emma,  geb.  Schöne,  Vel- 
bert, Losenburg  4,  feierten  am  9.  4.  1952 
das  Fest  der  Silberhochzeit. 

Am  27.  4.  1952  feierte  unser  Kamerad 
Wilhelm  Hintze,  Berlin-  Charlotten- 
burg, Sybelstraße  58,  seinen  70.  Geburtstag. 

Unser  Kamerad  E  r  n  s  t  O  s  s  e  n  b  r  ü  g  g  e, 
Steinkirchen  (Kreis  Stade)  feierte  am 
1.  April  1952  sein  25jähriges  Geschäfts- 
jubiläum. Am  1.  4.  1927  eröffnete  er  in 
Steinkirchen  ein  Gemischtwarengeschäft. 

Geburten 

Kamerad  TheodorWinkels.Weeze 
(Bez.  Geldern),  und  Frau  Martha  am  29.  3. 
1952  das  zweite  Kind,  „Rita". 

Kamerad  Robert  Liedtke,  Bielefeld, 
August-Bebel-Straße  34,  und  Frau  Eva,  geb. 
Burkatzki,  ein  Sohn  namens  Peter. 


Kamerad  Gerhard  Fischer  und  Frau, 
Bielefeld,  Ravensberger  Straße  36,  am 
14.  4.  1952  eine  Tochter  „Irmgard".  (Kamerad 
Fischer  bezog  gleichzeitig  eine  neue  Woh-, 
nung  und  —  als  Einhänder  —  einen  Arbeits- 
platz als  Telefonist.) 

Kamerad  WernerFernholz  und  Frau 
Hedwig,  Iserlohn,  Woestestraße  4,  am 
6.  4.  1952  ein  Sonntagsjunge  „Wolfgang". 

Kamerad  Kurt  Mayerhauser  und 
Frau,  Berlin-  Charlottenburg,  Knobels- 
dorffstraße  24,  ein  kräftiger  Junge. 

Kamerad  HansBenten  und  Frau,  Dor- 
sten, Alter  Postweg  65,  am  10.  12.  1951, 
ein  Sohn  „Werner  Antonius". 

Kamerad  Anton  Kurzaj,  Gelsen- 
kirchen- Buer,  Horster  Straße  33.  am 
27.  12,   1951   eine  Tochter  „Charlotte". 

Kamerad  Heinrich  Gaul  und  Frau,  Lohra 
(Kreis  Marburg),  am  13.  12.  eine  Tochter 
Helga. 

Kamerad  Hermann  G  n  a  u  und  Frau, 
Niederklein  (Kr.  Marburg),  am  2.  11. 
ein  Sohn  Gerhard. 

Kamerad  Herbert  Becker  und  Frau, 
Marburg,  Georg- Voigt-Straße  42,  am 
3.  2.  eine  Tochter  Mareile. 

Kamerad  Robert  S  e  i  b  e  1  und  Frau, 
Achenbach,  Kr.  Biedenkopf,  am  5.  2. 
eine  Tochter  Brigitte. 

Kamerad  Willi  Hummel  und  Frau, 
Marburg,  Freiherr-von-Stein-Straße  14, 
am  7.  2.  eine  Tochter. 

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unserer  Vertreter  tragen  die  bekannte  Schutzmarke  —  zwei  zur  Sonne  ge- 
streckte Hände  —  und  das  Wort  „Blindenarbeit"  Wenn  Ihnen  die  Anschrift 
der  für  Ihr  Gebiet  zuständigen  Arbeitsgemeinschaft  der  kriegsblinden  Hand- 
werker unbekannt  ist,  so  fragen  Sie  an  bei:  „Der  Kriegsblinde",  Bielefeld, 
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11 


Willst  du  nicht  mitmachen? 

Kleiner  Speisezettel  über  Turn-  und  Sportarten  für  Blinde 


-  Die  Anregung,  kriegsblinde  Sportmeister 
zu  ermitteln  (Aprilheft)  und  die  Förderung 
des  Versehrtensports  im  allgemeinen  (z.  B. 
die  Einrichtung  des  Versehrtensportheims 
Isny-Mairhöfen  im  Allgäu)  lassen  die  Frage 
wieder  in  den  Vordergrund  treten,  welche 
Turn-  und  Sportarten  für  Blinde  besonders 
geeignet  sind,  zumal  jetzt  im  Frühling  die 
Sportplätze  wieder  locken. 

Mit  dem  Begriff  „Mangel  an  Bewe- 
gung" werden  sich  wohl  für  die  meisten 
Schicksalsgefährten  unerfreuliche  Vorstel- 
lungen über  Stockungen  im  Ablauf  des 
menschlichen  Organismus,  vor  allem  Ver- 
dauungsstörungen, verbinden.  Es  ist  bekannt, 
daß  diese  Störungen  durch  entsprechenden 
Bewegungssport  erheblich  zu  mildern,  wenn 
nicht  zu  beseitigen  sind.  Welche  Turn-  und 
Sportarten  kommen  nun  gerade  für  uns 
Blinde  in  Betracht? 

Beim  Bodenturnen  und  bei  der  Morgen- 
gymnastik brauchen  wir  uns-  keinerlei  Be- 
schränkungen aufzuerlegen.  Als  Geräte  sind 
vor  allem  die  „gute,  alte  Hantel"  zu  nennen, 
die  durch  ihr  Eigengewicht  die  Armmusku- 
latur  vor  immer  neue  Aufgaben  stellt.  Neben 
die  Hantel  tritt  das  Ausziehgerät,  der  Ex- 
pander. Wem  das  Ausziehen  sämtlicher 
5  Stränge  zu  schwer  ist,  kann  einige  weg- 
lassen (bis  auf  einen,  versteht  sich).  Der 
Expander  hat  den  Vorteil,  daß  auch  Rücken- 
übungen möglich  sind.  Wem  daran  gelegen 
ist,  seine  Wut  über  die  Widerwärtigkeiten 
des  täglichen  Lebens  gründlich  auszulassen, 
dem  bietet  der  Punchingball  die  prächtigste 
Gelegenheit  dazu.  Natürlich  muß  er  in  einer 
für  die  Körpergröße  richtigen  Höhe  mon- 
tiert sein. 

Wenden  wir  uns  einer  Turnhalle  zu,  so 
ergibt  sich  erfreulicherweise,  daß  der  Blinde 
sämtliche  Geräte  benutzen  kann,  bei  wel- 
chen kein  Anlauf  erforderlich  ist  Es  sind 
dies  vor  allem  der  Barren,  das  Reck,  die 
Kletterstange  und  das  Kletterseil.  Wer  früher 
gern  an  Geräten  geturnt  hat,  sollte  sich  die 
Freude  an  dieser  Sportart  nicht  entgehen 
lassen. 

Erst  recht  aber  sollte  der  Sportplatz  dir 
wieder  vertraut  werden.  Viele  Übungen  der 
Leichtathletik,  wie  z.  B.  Kugelstoßen,  lassen 
sich  in  vollem  Wettbewerb  mit  dem  sehen- 
den Sportkameraden  durchführen.  Auch 
Springen  aus  dem  Stand  ist  ohne  fremde 
Hilfe  möglich. 

Bei  Hoch-  und  Weitsprung  darf  nach  vor- 
herigem Abtasten  der  Seilhöhe  bzw.  der 
Absprungstelle  auch  der  notwendige  Anlauf 
sehr  bald  kein  Hindernis  bilden.  Sehr  gut 
möglich  ist  auch  das  Speerwerfen,  schwie- 
riger schon  ist  Schleuderball  und  vor  allem 
Diskus,  aber  mancher  kriegsblinde  Kamerad, 
beherrscht  auch  diese  Technik  wieder  und 
ist  mit  Recht  stolz  darauf. 

Beim  Laufen  ist  besonders  der  Waldlauf 
hervorzuheben,  welcher  in  Begleitung  eines 
sehenden  Sportkameraden  zu  einem  wirk- 
lichen Genuß  werden  kann. 

Daß  Wett-,  vor  allem  Ballwettkämpfe 
nicht  mehr  in  Betracht  kommen,  werden 
manche  bedauern.  Trösten  wir  uns  damit, 
daß  wir  wenigstens  vor  den  Unfällen  ver- 
schont bleiben,  die  z.  B.  beim  Fußballspiel 
so  häufig  einzutreten  pflegen.  Es  gibt  aber 
dafür  viele  Wassersportarten,  die  sich  ge- 
rade für  Blinde  recht  gut  eignen.  So  wurde 
das  Schwimmen  bereits  von  den  Blinden- 
lazaretten  aus  eifrig  betrieben.  Bei  Schwimm- 
bassins kann  man  sich  ganz  gut  dazu  er- 
ziehen, den  Bassinrand  immer  wieder  mit 
der  Hand  abzutasten.  Bei  Wettkämpfen 
empfehlen  viele  Kameraden  Bahnseile  auf 
Korken.  Kleine  Zusammenstöße  mit  anderen 
Schwimmern  darf  man,  wenn  man  sich  im 
Wasser    tummelt,    natürlich   nicht    allzu    tra- 


gisch nehmen.  Und  auf  einen  Kopfsprung 
vom  Dreimeter-Sprungbrett  kann  man 
schließlich  auch  verzichten.  Bei  sommerlichen 
Seebädern  wird  die  Orientierung  durch  die 
gute  Schallübertragung  auf  der  Wasserober- 
fläche wesentlich  erleichtert.  Kluge  Kame- 
radenfrauen setzen  dem  freiheitsdurstigen 
Schwimmer  eine  leuchtende  Badekappe  auf, 
um  ihn  beobachten  zu  können,  ohne  daß  er 
sich  nach  den  schwächeren  Schwimmstößen 
seiner  Frau  richten  muß.  Und  noch  ein  herr- 
licher, ungemein  gesunder  Wassersport,  bei 
dem  der  ganze  Körper  durchgearbeitet  wird: 
das  Rudern!  Auch  hier  stehen  wir  den  Sehen- 
den in  nichts  nach,  und  mancher  Kriegs- 
blinde hat  seine  schönste  Feierabendfreude 
im  Boot  und  bei  den  Kameraden  seiner 
Rudermannschaft. 

Neben  diese  sommerlichen  Sportarten  tritt 
im  Winter  der  Skisport.  Voraussetzung  ist 
hier,  daß  man  sich  in  dem  betreffenden  Ge- 
lände sehr  genau  auskennt.  Man  muß  also 
wissen,  wie  lange  ein  abfallender  Hang  sich 
hinzieht  und  wann  er  wieder  in  eine  Stei- 
gung übergeht.  Natürlich  werden  beim  Ski- 
sport die  Schwierigkeiten  geringer  und  der 


persönliche  Genuß  entsprechend  größer, 
wenn  sehende  Begleitpersonen  ständig  uns 
uns  sind. 

Und  schließlich  noch  die  einfachste  körper- 
liche Bewegung,  das  Gehen,  das  Wandern. 
Jeder  von  uns  weiß,  daß  Wanderungen,  be- 
sonders Bergwanderungen,  für  Blinde  gleich- 
falls zu  Naturerlebnissen  eigener  Art  werden 
können.  Das  Einhaken  ist  bei  Wanderungen 
allerdings  zu  lästig.  Notfalls  stellen  zwei 
aneinandergeknotete  Taschentücher  oder  ein 
abgebrochener  Zweig  eine  freiere  Verbin- 
dung von  Hand  zu  Hand  her.  Und  Gehen 
ohne  Begleitung?  Nun,  wir  haben  ja  die 
Möglichkeit,  mit  Hilfe  des  Stocks  auf  ver- 
kehrsfreien, bekannten  Wegen  wenigstens 
kleinere  Entfernungen  zurückzulegen.  Nicht 
vergessen  sei  hier  das  Fahren  mit  dem 
Tandem,  welches  ähnlich  wie  Skilaufen  und 
Wandern  die  Beinmuskulatur  zu  ihrem  Recht 
kommen  läßt. 

Bei  Ausübung  der  genannten  Turn-  und 
Sportarten  je  nach  Lust  und  Liebe  besteht 
die  Aussicht,  daß  Funktionsstörungen  des" 
Körpers  wieder  verschwinden,  ferner,  daß 
Selbstbewußtsein  und  Lebensfreude  sich  stei- 
gern, und  nicht  zuletzt:  daß  auch  eine  äußerst 
wichtige  Erscheinung  regelmäßig  bleibt,  näm- 
lich .. .  der  Schlaf! ,  Dt.  Kurt  Wintterlin 


Er  wollte  sich  doch  bessern! 


„Das  ist  ja  herrlich,  wir  haben  das  ganze 
Schwerbeschädigtenabteil  für  uns  alleine!" 
rief  Frau  Gaby  erfreut  aus  und  fügte  gleich 
darauf  hinzu:  „Da  kann  ich  dir  gleich  einmal 
die  Leviten  lesen."  Sie  geleitete  ihren  Mann 
zum  Fensterplatz  und  setzte  sich  ihm  gegen- 
über. Ewald  mimte  den  Unschuldigen  und 
spielte  aufreizend  mit  dem  Ledergurt  des 
Fensters,  indem  er  in  gleichmäßigen  Abstän- 
den gegen  die  Tür  klopfte.  Doch  wohl  oder 
übel  mußte  er  die  Worte  seiner  Frau  über 
sich  ergehen  lassen.    Sie  sprach: 

„Weißt  du,  Ewald,  ich  finde  es  einfach  em- 
pörend, mich  ständig  so  in  Verlegenheit  zu 
bringen!  Wie  oft  habe  ich  dir  schon  gesagt, 
daß  ich  jedesmal  puterrot  anlaufe,  wenn  du 
wieder  etwas  Unsinniges  fabriziert  hast.  Ich 
finde  dein  Benehmen  ziemlich  blamabel." 
Ewald  klopfte  einen  Marsch  mit  dem  Leder- 
riemen und  entgegnete  in  aller  Ruhe:  „Ich 
weiß  gar  nicht,  was  du  willst,  Liebling!  Ich 
habe  dir  eben  in  der  Straßenbahn  zu  ver- 
stehen gegeben,  daß  du,  wenn  du  rechtzeitig 
fertig  sein  willst,  um  den  Zug  noch  zu  er- 
reichen, etwas  früher  mit  dem  Kofferpacken 
anfangen  mußt.  Weil  nun  die  Straßenbahn 
so  einen  fürchterlichen  Spektakel  machte  und 
du  mich  nicht  verpfänden  hättest,  so  war  ich 
leider  gezwungen,  etwas  lauter  als  gewöhn- 
lich zu  reden." 

„Etwas  lauter  zu  reden?"  unterbrach  ihn 
seine  Frau.  „Das  nennst  du  etwas  lauter 
reden?  Geschrieen  hast  du!  Die  Leute  in  der 
Bahn  haben  sich  nach  uns  umgedreht.  Du 
siehst  es  ja  nicht,  wie  sie  erstaunt  gucken  und 
ihre  Mundwinkel  verziehen,  aber  ich,  ich 
muß  alles  aushalten.  Und  überhaupt,  mir  ■ 
Vorhaltungen  zu  machen,  daß  ich  nicht  schnell 
genug  fertig  werde!  Du  siehst  doch,  wir 
haben  den  Zug  noch  rechtzeitig  bekommen. 
Außerdem  hast  du  gut  reden,  du  stehst  her- 
um und  kommandierst,  während  ich  die 
ganze  Arbeit  machen  muß.  Du  findest  deine 
Siebensachen  zum  Waschen  und  Rasieren 
immer  zurechtgelegt,  'und  deine  ganze  Ar- 
beit ist  es,  die  Haustür  aufzuschließen  und 
die  Zeitung  hereinzuholen.  Wenn  ich  dich 
bitte,  den  Koffer  abzuschließen,  dann  vergißt 
du  das  sogar  noch.  Alles  lastet  auf  meinen 
zarten  Schultern." 

Ewald  trommelte  unentwegt  weiter,  kehrte 
in  sich  und  antwortete  nach  einer  Weile: 
„Du  hast  j-a  recht,  aber  einer  muß  doch  für 
Ordnung  und  Pünktlichkeit  sorgen,  und  das 
bin   ich.    Schließlich   hast   du   ja   auch   deine 


Fehler.  Wenn  ich  daran  denke,  wie  du  mir 
neulich  in  der  Straßenbahn  heimlich  zuflü- 
stertest, ich  solle  nicht  ein  solch  böses  Ge- 
sicht machen!  Dazu  hattest  du  keinen  Grund. 
Lächle  oder  lache  ich  einmal  herzhaft,  dann 
verbietest  du  es  mir,  wegen  der  Leute,  wie 
du  sagst.  Bin  ich  hingegen  todernst  und  so- 
zusagen normal,  dann  ist  es  auch  nicht  recht. 
Ich  habe  nun  einmal  so  ein  dummes  Ge- 
sicht, daran  läßt  sich  leider  nichts  ändern 
und  du  wirst  dich  daran  gewöhnen  müssen." 

Frau  Gaby  mußte  ihm  zustimmen,  doch  sie 
teilte  einen  weiteren  Tadel  aus:  „Wenn  ich 
dich  anstoße,  um  dich  ein  bißchen  herumzu- 
drehen oder  weiterzuschieben,  dann  hat  das 
seinen  triftigen  Grund.  Du  brauchst  dann 
nicht  gleich  loszureden  in  der  Form:  Na, 
warum  stößt  du  mich  denn  oder  so  ähnlich. 
Der  Herr,  der  direkt  vor  dir  stand,  bekam 
immer  den  Rauch  von  deiner  Zigarre  in  die 
Nase,  und  er  verzog  jedesmal  sein  Gesicht 
dabei.  Du  mußt  doch  auch  einmal  Rücksicht 
nehmen,  Ewald!" 

Ewald  lachte  schallend  über  diese  Eröff- 
nung, was  ihm  einen  wohlgezielten  Schlag 
seiner  Frau  auf  die  Hand  einbrachte,  so  daß 
er  endlich  den  Lederriemen  loslassen  mußte. 
„Es  war  doch  eine  gute  Zigarre,  eine  mit 
Bauchbinde",  meinte  er  entschuldigend, 
.^sicherlich  war  es  ein  Nichtraucher.  Ja,  das 
wird   es  sein." 

Frau  Gaby  führ  in  ihrer  Zurechtweisung 
fort:  „Meine  Handlungsweise  ist  immer  be- 
gründet", sagte  sie  ernst.  „Wenn  wir  spa- 
zieren gehen  und  ich  verlangsame  meine 
Schritte  oder  bleibe  ganz  stehen,  dann  dürfte 
es  dir  nicht  schwerfallen,  zu  denken,  daß  da 
irgend  etwas  im  Wege  ist,  etwa  eine  Bau- 
steile, oder  es  stehen  einige  Leute  herum. 
Du  aber  wirst  dann  ungeduldig  und  brüllst: 
,Nun  geh  doch  endlich  weiter!'  Die  Oma, 
die  einen  Kinderwagen  ins  Haus  fahren 
wollte,  schaute  dich  ganz  entgeistert  an.  Ich 
weiß  ja,  daß  du  es  nicht  böse  meinst,  aber 
was  sollen  bloß  die-  Leute  davon  denken! 
Sie  meinen  am  Ende  noch,  wir  sind  unglück- 
lich verheiratet.  Auch  habe  ich  dir  schon 
so  oft  gesagt,  du  sollst  nicht  ausspucken," 
wenn  du  erkältest  bist.  Wenn  du  auch  nie- 
manden kommen  hörst,  es  kann  doch  jemand 
neben  oder  vor  dir  laufen.  Du  vergißt,  daß 
es  heute  Kreppsohlen  gibt.  Benimm  dich  also 
in  Zukunft  ein  wenig  besser.  Ich  kann  dir 
nicht,  immer  vor  allen  Menschen  lange  Auf- 
klärungen geben.  Wir  werden  schon  sowieso 


12 


oft  genug  angestarrt  und  beobachtet,  daß  es 
keine  Freude  mehr  ist.  Du  willst  doch  auch 
möglichst  unauffällig  erscheinen  und  es  soll 
nicht  jeder  gleich  sehen,  daß  du  blind  bist. 
Du  mußt  daher  einsehen,  daß  ich  immer  nur 
dein  Bestes  will." 

1  „Ich  will  doch  auch  nur  dein  Bestes", 
entgegnete  Ewald,  „aber  ist  es  denn  ein 
Wunder,  daß  ich  ärgerlich  werde,  wenn  du 
in  der  Bahn  zuerst  neben  mir  stehst,  und 
Will  ich  dann  plötzlich  deinen  Arm  nehmen, 
um  mich  festzuhalten,  da  bist  du  nicht  mehr 
da,  und  ich  greife  dummerweise  nach  einem 
jungen  Mädchen.  —  Erlauben  sie  mal  — 
sagte  sie.  Ich  habe  es  natürlich  gleich  am 
Mäntel  gemerkt  und  sofort  wieder  losgelas- 
sen. Und  wie  oft  habe  ich  dich  schon  ge- 
beten, mir  ab  und  an  ein  Wörtchen  zu  gön- 
nen, damit  ich  darüber  orientiert  bin,  ob  du 
überhaupt  noch  da  bist." 

„Ich   laufe   dir   schon   nicht   weg",   bekam 
Ewald  zur  Antwort,  „doch  nun  laß  uns  die- 


ses Thema  beenden.  Wir  wollen  frühstücken, 
denn  ich  habe  schon  tüchtigen  Appetit.  Es 
ist  schön,  daß  wir  dieses  Abteil  so  schnell 
gefunden  haben,  die  anderen  Wagen  waren 
alle  stark  besetzt.  In  etwa  einer  Stunde  sind 
wir  auch  bereits  am  Ziel.  Ich  bin  gespannt, 
was  deine  Verwandten  sagen  werden,  wenn 
wir  so  plötzlich  aus  heiterem  Himmel  an- 
kommen." 

Das  Frühstück  in  Form  von  dickbelegten 
Brötchen  und  weichgekochten  Eiern  war  bald 
beendet,  und  die  Pause  in  der  ehelichen 
Aussprache  wurde  dadurch  verlängert,  daß 
jeder  seinen  eigenen  Gedanken  nachging, 
um  nach  neuen  Argumenten  zu  suchen  oder 
die  alten  zu  vergessen.  Der  Personenzug 
stampfte  von  Station  zu  Station  weiter  und 
brachte  die  beiden  Reisenden  ihrem  Ziele 
näher.  Noch  immer  schwiegen  sie,  und  es 
hatte  auch  keinen  Sinn,  sich  zu  unterhalten, 
weil  Frau  Gaby  das  Fenster  geöffnet  hatte 
und  es  ziemlich  laut  im  Abteil  war.  Ewald 


Neues  Patent  eines  kriegsblinden  Bürstenmachers 


Welcher  Hausvater  hat  sich  nicht  schon 
über  die  lästige  Arbeit,  des  Einstielens  bei 
Schrubbern  und  Besen  geärgert?  Das  braucht 
künftig  nicht  mehr  zu  sein,  denn  unser  Kame- 
rad Mathias  Schumacher  aus  Hei- 
hgenhaus  bei  Düsseldorf  hat  ein  Patent  auf 
den  Markt  gebracht,  das  als  Haltegerät  für 
Schrubber  und  Stiel  eine  überraschende  Neu- 
heit darstellt.  „Neuer  Tip  —  nur  noch  BLIP", 
so  heißt  das  Schlagwort  auf  einem  Prospekt, 
und  es  scheint  sich  um  die  einfachste  Sache 
der  Welt  zu  handeln.  Aber  wirklich  gute 
Erfindungen  erscheinen  immer  einfach,  nur 
muß  man  erstens  „drauf  kommen"  und  zwei- 
tens viel  Geduld  und  Geschick  aufwenden, 
bis  das  fertige  Modell  vorliegt  und  die  Ertei- 
lung eines  Patentes  erfolgen  kann. 

Unser  Kamerad  Schumacher  verfolgte  den 
Gedanken  an  diese  Erfindung  schon  seit  zehn 
Jahren.  Immer  wieder  überlegte  und  pro- 
bierte er,  wie  man  Besen,  Schrubber  usw  in 
dor  Weise  verbessern  könne,  daß  nur  die 
eigentlichen  Borstenhölzer  ausgewechselt 
würden  und  der  Deckel  samt  Stiel  also 
immer  bestehen  bleibt.  „Ich  machte  mich",  so 
erzählt  der  Erfinder,  „an  die  Verfertigung 
eines  kleinen  Pappmodelles,  das  ich  im  Laufe 
der  Zeit  stetig  verbesserte.  Hiernach  ver- 
suchte ich  es  mit  Holz  und  Blech,  und  der 
Gedanke  nahm  immer  mehr  Form  an.  Es  hat 
lange  Zeit  der  Überlegung  gekostet,  um  erst 
einmal  im  Geiste  evtl.  auftretende  Mängel 
auszuschalten  und  alle  Möglichkeiten  in  Be- 
tracht zu  ziehen.  Erst  vor  zwei  Jahren  zog 
ich  Sehende  hinzu,  um  mit  ihnen  die  An- 
fertigung von  Modellen  zu  besprechen.  Es 
gab  eine  Menge  Schrott,  bis  das  nun  vor- 
liegende Modell  in  seiner  tatsächlichen  Voll- 
kommenheit vorlag.  Mit  Hilfe  eines  Patent- 
ingenieurs wurde  die  Erfindung  dem  Patent- 
amt eingereicht,  und  bald  traf  der  erste 
•Erfolg  in  Form  der  Patenterteilung  ein." 


Unser  Kamerad  Mathias 
Schumacher  erfand  dieses 
■Wirklich  patente  Patent:  eine 
teichtmetallplatle  mit  einge- 
bauter Federung  hält  das 
Bürstenholz.  Ein  Grill  mit 
zwei  Fingern,  und  das  Bür- 
sten- oder  Besenholz  fällt 
heraus,  um  dann  —  ohne 
daß  man  Mühe  mit  dem  Ein- 
'stielen  hätte  —  eine  neue 
'oder  eine  andere  Bürste, 
einen  Besen  oder  Schrubber 
aulzunehmen. 


Das  Ergebnis  all  dieser  Bemühungen  (s. 
auch  Abbildung)  ist  ein  Leichtmetalldeckel, 
in  den  der  Schrubber-  oder  Besenstiel  nur 
einmal  befestigt  wird,  um  dann  beliebig 
lange  (und  auswechselbar  für  Besen  oder 
Schrubber  usw.!)  in  dem  Deckel  stecken 
bleiben  zu  können.  Ist  der  Schrubber  abge- 
nutzt oder  braucht  man  den  Stiel  ■  für  ein 
anderes  Gerät,  so  genügt  ein  Griff  mit  zwei 
Fingern,  um  das  Holz  herausfallen  zu  lassen 
und  ein  neues  einzusetzen.  Eine  verborgene 
Federung  drückt  diese  Spezialhölzer  fest 
unter  den  Deckel.  Durch  eine  Kombinations- 
möglichkeit lassen  sich  grobe,  feine  und 
Bohnerbürsten  verwenden. 

„Blip  1"  ist  für  den  Haushalt  und  den 
Kleinverbraucher  bestimmt,  „Blip  2"  für 
Großverbraucher,  also  Behörden,  Anstalten, 
Betriebe  (auswechselbar  als  Straßenbesen 
und  Schrubber,  zugleich  als  Faß-  und  Kannen- 
bürste). So  hilft  das  neue  Gerät  allerlei  Geld 
zu  sparen,  schon  durch  den  bleibenden  Stiel 
und  durch  verschiedene  Benutzungsmöglich- 
keiten. Dazu  kommt  aber  die  durchschnitt- 
liche Holzersparnis  von  60  bis  70  Prozent. 
Die  Hausfrau  braucht  jetzt  nur  noch  die 
Bürstensohle  zu   kaufen. 

Der  Erfinder  hat  die  Hoffnung,  daß  gerade 
auch  kriegsblinden  Handwerkern  oder  unse- 
ren Arbeitsfürsorgeeinrichtungen  mit  diesem 
Gerät  gedient  werden  kann.  Er  hat  deshalb 
bei  seinen  Verträgen  mit  der  Hersteller- 
firma in  kameradschaftlicher  Verantwortlich- 
keit Wege  offengehalten,  um  die  Erfindung 
gerade  auch  kriegsblinden  Handwerkern 
nutzbar  machen  zu  können.  Arbeitsfürsorge- 
einrichtungen oder  selbständig  tätige  Hand- 
werker, die  sich  für  die  Erfindung  inter- 
essieren, können  sich  unmittelbar  mit  dem 
Erfinder  Mathias  Schumacher,  Heiligenhaus 
(Bez.  Düsseldorf),  Sachsenstraße  11,  in  Ver- 
bindung setzen. 


Sl-Iiltan 


Peligom 

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überdachte  noch  einmal  den  Verlauf  der 
letzten  Stunde  und  die  anschließende  Gar- 
dinenpredigt seiner  Frau.  Im  großen  und 
ganzen  war  er  ja  mit  ihr  einer  Meinung, 
aber  durfte  man  es  sogleich  zugeben.  Fehler 
machte  jeder,  und  warum  sollte  er  eine  Aus- 
nahme bilden? 

Trotzdem  beschloß  er,  sich  auf  alle  Fälle 
zu  bessern.  Seine  liebe  Frau  sollte  sich  nicht 
mehr  so  viel  über  ihn  ärgern.  Sie  war  nun 
einmal  in  dieser  Hinsicht  sehr  empfindlich, 
und  wenn  er  ganz  ehrlich  sein  sollte,  mußte 
er  zugeben,  daß  er  selbst  früher  ja  auch 
peinliche  Situationen  haßte  und  ihnen  aus 
dem  Wege  ging.  Da  nun  jedoch  sein  Leben 
einen  anderen  Verlauf  genommen  hatte, 
mußte  er  sich  eben  noch  mehr  umstellen,  um 
diese  Peinlichkeiten  seiner  Ehepartnerin  zu 
ersparen.  Ja,  das  wollte  er  tun,  auch  wenn 
es  schwer  fiele.  Um  nun  diesem  Entschluß 
einen  takräftigen  Beweis  zu  geben  und  seine 
Frau  gänzlich  zu  versöhnen,  stand  er  über- 
raschend auf,  nahm  seine  Frau  zärtlich  in 
die  Arme  und  gab  ihr  einen  innigen,  aus- 
giebigen Kuß  auf  den  Mund.  Befriedigt  setzte 
er  sich  nieder  und  grinste  erleichtert  vor 
sich  hin. 

Doch  bald  wurde  sein  Gesicht  länger  und 
länger,  weil  seine  Frau  gar  nicht  daran 
dachte,  auf  diesen  Gefühlsausbruch  zu  rea- 
gieren. Was  hatte  sie  nur?  Sollte  er  sich 
schon  wieder  vorbeibenommen  haben?  Aber 
das  konnte  nicht  sein,  es  war  doch  niemand 
außer  ihnen  im  Abteil.  Frauen  haben  nun 
manchmal  Launen,  das  gibt  sich  schon  wie- 
der, dachte  er.  Der  Zug  hielt  abermals  auf 
einem  kleinen  Bahnhof. 

„Komm,  Ewald",  sagte  Frau  Gaby  und  zog 
ihn  mit  sich  hinaus  auf  den  Bahnsteig,  um 
gleich  darauf  mit  ihrem  Mann  ein  anderes 
Abteil  aufzusuchen.  Ewald  wußte  nicht,  was 
er  sagen  sollte  und  verzog  den  Mund,  als 
seine  Frau  ihm  eröffnete,  daß  er  stehen 
müsse,  da  es  hier  sehr  voll  sei.  Aber  sie 
hätten  ja  nur  noch  eine  Station  zu  fahren.  In 
Ewald  begann  etwas  wie  so  eine  Ahnung 
aufzukommen,  warum  dies  alles  so  ge- 
schehen mußte  und  er  wagte  nicht,  auch  nur 
ein  Wörtchen  mit  seiner  Frau  zu  reden. 

Endlich  hatten  sie  ihr  Reiseziel  erreicht, 
man  hatte  den  Bahnhof  und  die  Sperre  hin- 
ter sich  gelassen  und  pilgerte  die  Bahnhof- 
straße des  kleinen  Städtchens  entlang.  Nun 
hatte  Frau  Gaby  Gelegenheit,  mit  ihrem 
Mann  zu  sprechen.  Sie  kniff  ihn  halb  lachend, 
halb  weinend  in  den  Arm  und  sagte:  „Oh, 
Ewald,  du  bist  unbezahlbar.  Ich  hatte  ge- 
dacht, ich  könnte  dich  noch  ein  wenig  bes- 
sern, wenn  ich  dir  gut  zurede,  aber  ich  sehe 
es  ein,  es  ist  zwecklos.  Da  haben  wir  nun 
lang  und  breit  über  dieses  heikle  Thema 
gesprochen,  und  was  tust  du?  Du  stehst  ein- 
fach auf  und  küßt  mich.  Es  wäre  nichts  dabei 
gewesen,  wenn  nicht  zufällig  zwei  Herren 
die  grinsenden  Zeugen  gewesen  wären." 
Ewald  war  erschüttert,  das  hatte  er  nicht 
geahnt.  Sicher  waren  die  beiden  Männer  auf 
der  vorigen  Station  eingestiegen,  als  gerade 
der  D-Zug  vorbeibrauste,  und  er  hatte  nichts 
davon  gehört.  „Und  ich  wollte  mich  doch 
wirklich  bessern!"  seufzte  er. 

Heinz  C.  Schwarze 


13 


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14 


Eine  Stenografiermaschine 


Wenn  auch  noch  sehr  fraglich  ist,  ob  die 
Stenografiermaschine,  deren  Beschreibung 
hier  folgt,  für  kriegsblinde  Stenotypisten 
brauchbar  ist,  so  ist  doch  die  Arbeitsmethode 
dieser  Maschine  so  interessant,  daß  Beschrei- 
bung und  Hinweis  sich  lohnen.  Für  jene 
kriegsblinden,  die  mit  größter  Geschwindig- 
keit Protokolle,  Reden  und  Debatten  mitzu- 
schreiben haben,  bietet  sich  vielleicht  hier 
auch  ein  wichtiges  Arbeitsgerät.  Wir  wollen 
es  jedenfalls  einmal  zur  Debatte  stellen. 

Diese  „Grandjean-Stenografiermaschine" 
ähnelt  in  der  Tastatur  und  vor  allem  in  der 
Möglichkeit,  mehrere  Tasten  gleichzeitig 
drücken  zu  können,  durchaus  einer  Maschine 
für  Blindenpunktschrift.  Es  können  also  ganze 
Wörter  mit  dem  gleichen  Anschlag  geschrie- 
ben werden.  Die  Niederschrift  in  Druckbuch- 
staben (nur  große  Buchstaben)  erfolgt  auf 
einem  Papierband,  das  in  Breite  und  Art  den 
Papierbändern  von  Rechenmaschinen  gleicht. 
Auf  den  ersten  Blick  schein  ein  fertig- 
beschriebenes Band  wahllos  mit  Buchstaben 
übersät  zu  sein,  doch  liegt  der  Schreib- 
methode ein  überaus  klug  erdachtes  und 
sinnvolles  System  zugrunde.  Das  Ablesen 
der  Bänder  bedarf  nur  einer  kurzen  Anlei- 
tung, und  nach  wenigen  Tagen  kann  das 
Band,  am  besten  mit  Hilfe  eines  Leseständers, 
Ohne  große  Schulung  leicht  und  fließend  ab- 
gelesen werden. 

i  Den  Kriegsblinden  kann  aber  hier  vor- 
nehmlich nur  das  Schreiben  interessieren, 
und  die  Aussicht,   mit   dieser  Maschine   er- 


wiesenermaßen schneller  zu  schreiben,  als  es 
dem  besten  Stenografen  möglich  ist.  In  der 
Praxis  würde  die  Arbeit  eines  Blinden  mit 
dieser  Maschine  so  verlaufen,  daß  er  nur 
Stenogramme  aufnimmt,  aber  eine  an- 
dere Person  die  Übertragung  vornimmt. 
Denkbar,  ja,  besonders  günstig  wäre  auch 
ein  Verfahren,  wonach  eine  Hilfskraft  dem 
Stenotypisten  nach  der  Aufnahme  den  Band- 
text in  die  Maschine  diktiert. 

Außer  der  Möglichkeit,  Silben  und  ganze 
Wörter  mit  einem  Anschlag  auf  mehreren 
Tasten  niederzuschreiben,  ist  die  rasche 
Schreibweise  dadurch  erleichtert,  daß  für 
verschiedene  der  üblichen  Buchstaben  die 
Taste  fehlt.  So  steht  z.  B.  ein  „K"  auch  für 
den  Laut  „G",  oder  F  auch  für  V,  ein  T  für  D. 
Da  immer  silbenweise  geschrieben  wird, 
steht  also  auf  dem  Schreibband  anstatt  „die 
Tasse"  nur:  TI  —  TA— SE.  Eine  ganze  An- 
zahl solcher  Vereinfachungen  haben  sich 
sehr  bewährt. 

Erst  seit  wenigen  Wochen  ist  diese  im 
Ausland  seit  vielen  Jahren  schon  bekannte 
Maschine  auch  in  Deutschland  in  der  Ein- 
führung begriffen.  Da  das  Stenogramm  eine 
exakte  Druckschrift  mit  einer  denkbar  schnel- 
len Aufzeichnungsfähigkeit  vereinigt,  ist  da- 
mit zu  rechnen,  daß  die  Einführung  auch  in 
Deutschland  Erfolg  hat.  Die  leichte  Bedie- 
nung läßt  keine  Ermüdungserscheinungen 
aufkommmen.  Bei  einem  Wettbewerb  in 
Paris  wurden  Schreibgeschwindigkeiten  er- 
zielt,   die    bei    immer    wiederholten    Sätzen 


STÄHLE  &FRIEDEL 

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Stuttgarts      Tübinger  Strafe  53-57      Telefon  761  36/38 


weit  höher  lagen,  als  irgendein  Mensch  zu 
sprechen  vermag.  In  Deutschland  wurde  die 
Maschine  zuerst  benutzt  beim  Alliierten 
Kontrollrat  in  Berlin.  Sie  ist  beim  Auswär- 
tigen Amt  in  London  im  Gebrauch,  beim 
Internationalen  Arbeitsamt  in  Genf,  bei  den 
Tagungen  der  UNO  und  bei  vielen  inter- 
nationalen Konferenzen  der  westlichen  Welt. 
Es  ist  offensichtlich  so,  daß  sich  die  Maschine 
seit  rund   20  Jahren   durchaus  bewährt   hat. 

Selbstverständlich  ist  es  erforderlich,  daß 
der  Stenotypist  oder,  wie  man  hier  sagt,  dei 
Stenotyper",  dieses  „Stenotypieren"  nach 
einer  bestimmten  Methode  erst  erlernen 
muß.  Erfahrungsgemäß  ist  aber  das  Erlernen 
und  auch  das  Erreichen  einer  verblüffend 
hohen  Schreibgeschwindigkeit  sehr  viel 
rascher  möglich,  als  bei  den  bisherigen 
Methoden  der  Stenografie. 

Es  wäre  interessant  und  wünschenswert, 
wenn  ein  kriegsblinder  Stenotypist  sich  ver- 
suchsweise einmal  mit  dieser  Maschine  be- 
fassen könnte,  und  wir  zweifeln  nicht  daran, 
daß  die  deutsche  Lieferfirma  der  Maschine 
(Gustav  A.  Mücher,  München  25)  ihm  dabei 
zur  Seite  stehen  würde.  Es  sollte  jedenfalls 
nichts  unversucht  bleiben,  um  neue  Berufs 
möglichkeiten  auf  solche  Weise  auszukund' 
Schäften.  Schlimm  steht  es  nur  mit  dem  An- 
schaffungspreis: die  komplette  Maschine 
einschl.  Handkoffer,  Leseständer  und  Lehr- 
anweisung kostet  840  DM.  Aber  vielleicht 
lassen  sich  Hilfen  finden,  und  für  den  Auf- 
bau eines  Berufs  muß  man  schon  einiges 
einsetzen  können. 

Kriegsblinde,  die  sich  für  die  Maschine 
interessieren,  können  sich  gern  an  die 
Schriftleitung  „Der  Kriegsblinde",  Bielefeld, 
Stapenhorststraße  138,  wenden.  Begrüßens- 
wert wäre  es  vor  allem,  wenn  ein  Kamerad 
in  München  in  Verbindung  mit  der  dortigen 
Lieferfirma  einmal  einen  Versuch  wagen 
würde. 


Das  Ablesen  des  Textes  ist  nach  kurzer  Übung 
nicht  schwer  und  wird  durch  ein  Lesegerät  er- 
leichtert. Einem  blinden  Stenotypisten  müßte 
allerdings  der  Text  für  die  Reinschritt  in  die 
Schreibmaschine  diktiert  werden.  Denkbar  wäre 
auch,  daß  der  Stenotypist  nur  damit  beschäitigt 
wird,  Reden  oder  Verhandlungen  mitzuschreiben. 
Die  Übertragung  eriolgt  dann  durch  eine 
Schreibkraft. 

Fabrikant  G.  Bauknecht  60  Jahre  alt 

Der  Stuttgarter  Fabrikant  G.  Bau- 
knecht vollendete  am  30.  April  sein 
60.  Lebensjahr.  Vom  kleinen  Handwerker 
zum  einflußreichen  Industriellen  aufgestie- 
gen, spricht  der  Lebensweg  dieses  hervor- 
ragenden Mannes  für  das,  was  sich  mit 
Tüchtigkeit  und  Energie  erreichen  läßt.  Die 
elektrischen  Küchenmaschinen,  die  das  Bau- 
knechtzeichen tragen,  sind  seit  Jahren  weit 
bekannt.  Unsere  besonderen  Glückwünsche 
gelten  dem  Jubilar  deshalb,  weil  er  und 
seine  Firma  immer  wieder  für  die  Sorgen 
und  Anliegen  der  Kriegsblinden  ein  vorbild- 
liches Verständnis  gezeigt  haben. 


15 


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Hände 


Ein  Mitarbeiter  des  Arbeitsamtes  von 
Einbeck  bei  Göttingen  beobachtete,  wie  ein 
Arbeiter  in  einer  Fahrradfabrik  beim 
Speicheneinziehen  arbeitete,  ohne 
hinzusehen.  Er  schlug  der  Leitung  des  Wer- 
kes vor,  diese  Arbeit  einer  30jährigen  blin- 
den Frau  zu  übertragen.  Die  Werksleitung 
erklärte  sich  sofort  bereit,  und  die  Frau 
erhielt  den  Arbeitsplatz  zur  höchsten  Zu- 
friedenheit aller  Beteiligten.  Ein  ebenso 
lobenswerter  wie  bezeichnender  Vorgang! 
Nur  ganz  persönliche  Initiative  entdeckt  und 
erschließt  Arbeitsplätze  für  Blinde! 
* 

Eine  vorbildliche  Anweisung  ging  an  die 
Wohnungsämter  der  Stadt-  und  Land- 
kreise des  Verwaltungsbezirks  Braunschweig: 
bei  der  Zuteilung  freien  Wohnraums  soll  den 
Blinden  größtes  Verständnis  entgegenge- 
bracht und  ihren  Wünschen  weitgehend  ent- 
sprochen werden. 

* 

Die  jüngste  Autofahrerin  Euro- 
pas ist  die  zwölfjährige  Colette  Grosgeorges 
in  Paris,  die  ihren  kriegsblinden  Vater  zu 
den  verschiedensten  Kirchen  und  zu  ört- 
lichen Trauerfeiern  fährt,  bei  denen  er  als 
Organist  mitwirkt.  Vor  einem  Jahr  bean- 
tragte er  mit  Erfolg,  daß  man  seiner  Tochter 
einen  Führerschein  geben  möchte.  Colette  ist 
seitdem  10  000  km  unfallfrei  gefahren,  aller- 
dings mit  einem  Kleinstwagen  mit  einem 
124-ccm-Motor.  Das  tüchtige  Mädchen  be- 
wältigt außerdem  noch  die  Anforderungen 
der  Schule. 

* 

Die  noch  junge  wissenschaftliche  Lehre, 
daß  man  durch  Farbeneinwirkung 
Einflüsse  auf  den  Körper  gewinnen  und  so- 
gar Krankheiten  heilen  könne,  hat  in  angel- 
sächsischen Ländern  zu  interessanten  Ver- 
suchen mit  Blinden  geführt:  Es  wurde  fest- 
gestellt, daß  auch  völlig  Erblindete  auf  Far- 
ben reagieren.  Wenn  man  sie  mit  rotem 
Licht  anleuchtete,  beschleunigte  sich  sofort 
jder  Puls. 

* 

In  Gegenwart  des  türkischen  Botschafters 
'und     türkischer     Theaterfachleute     fand     in 
Iserlohn    die    deutsche    Erstaufführung   des 
Schauspiels  „DerBlinde"  von  Vedat 
Nedim  Tör  statt.  Das  Stück,  das  1950  auch  in 
Paris    aufgeführt   wurde,    schildert    die    Pro- 
bleme einer  Ehe  zwischen  einem  Blinden  und 
einer   sehenden  Frau,   allerdings  von   einer 
sehr  türkischen  und  uns  fremden  Denkweise 
her.  Als  schönes  Lied  auf  die  eheliche  Liebe 
fand   das   Stück   aber   auch  beim   deutschen 
Publikum  viel  Beifall. 
* 
König  FarukvonAgyptenhat  neben 
|  anderen   Liebhabereien   auch   eine   Vorliebe 
für  den  deutschen  Schäferhund.  Seine  Zucht 
umfaßt  rund  50  Hunde.  Der  König  hat  sich 
mit  seiner  Zucht  jetzt  der  deutschen  Haupt- 
|  Organisation,   nämlich   der   zuchtbuchführen- 
;  den  Instanz  des  Vereins  für  deutsche  Schäfer- 
jhunde  in  Augsburg  angeschlossen. 
* 
Durch  eine  Zeitungsanzeige  bat  ein  79jäh- 
:  riger  blinder  Rentner  in  Kaiserslautern  kürz- 
lich darum,  daß  ihm  ein  Menschenfreund  die 
jTageszeitungvorlesen  möchte.  Von 
|  den   70  000    Einwohnern    der    Stadt   meldete 
I  sich  ein  einziger,  ein  65j  ähriger  Justizober- 
|  Sekretär.    „Ob   er   standhält,   weiß   ich  noch 
i  nicht",  zweifelt  der  Blinde. 
* 
Der  Ehrgeiz  eines  Pfadfinders  ist  es, 
jeden  Tag  eine  gute  Tat  zu  tun.  So  haben 
es  die  St. -Georgs-Pfadfinder  von  Fulda  über- 
nommen, blinde  Mitmenschen,   denen  es  an 
der  notwendigen  Begleitung  fehlt,  wöchent- 
lich ein-  oder  mehrmals  spazieren  zu  führen. 


Der  Verband  der  Kriegsblinden  Öster- 
reichs pachtete  vor  über  fünf  Jahren  ein 
Erholungsheim  in  Waxenberg 
(Mühlviertel).  Die  diesjährige  Kursaison 
sieht  vom  17.  Mai  bis  4.  Oktober  fünfmal 
einen  Turnus  von  je  vier  Wochen  Aufent- 
halt vor. 

* 

Blinde    Telefonisten   in    englischen   Regie- 
rungsstellen erreichten  eine  Erhöhung  ihres 
Wochenlohnes    von    120    auf    134    Schil- 
ling (ca.  78,—  DM). 
* 

In  Tokio  erschien  erstmalig  ein  englisch- 
japanisches Wörterbuch  in  Blinden- 
schrift. 


Zum  Thema  Sportmeisterschaft 

Zu  dem  Aufruf  unseres  Kameraden  Schmit- 
gen,  die  besten  kriegsblinden  Sportler  zu 
ermitteln,  scheinen  sich  hier  und  da  Miß- 
verständnisse ergeben  zu  haben.  Es  sei  daher 
betont,  daß  jeder  von  uns  mitmachen  sollte, 
auch  wenn  er  nur  gelegentlich  Sport  betreibt 
oder  keine  Spitzenleistungen  aufweisen 
kann.  Es  soll  auf  diese  Weise  ja  nur  be- 
kundet werden,  daß  wir  keine  lebensfremden 
Stubenhocker  sind.  Auch  genügt  es  völlig, 
wenn  ein  Kamerad  nur  eine  einzige  Sport- 
art, also  300-m-Schwimmen  oder  Kugelstoßen 
vorzieht.  Sicherlich  findet  sich  in  jedem  Ort 
ein  Sportverein,  der  die  Leistung  gern  be- 
scheinigt. 

Also  Mut!  Meldet  eure  Teilnahme  an  die 
Schriftleitung  „Der  Kriegsblinde",  Bielefeld, 
Stapenhorststraße  138.  Wer  mitmacht,  be- 
lohnt sich  selber! 


Ein  Einbrecher  schweißte  in  London 
einen  Safe  auf  und  raubte  1000  Pfund  Ster- 
ling. Um  sein  Gewissen  zu  beruhigen,  gab 
er  eine  Schachtel  voll  Münzen  als  kleinen 
Anteil  den  Blinden,  die  sich  für  Spenden 
dieser  Art  hoffentlich  —  bedanken. 
* 

Aus  einer  Resolution  der  Nationalen  Liga 
der  Blinden  in  Irland  geht  hervor,  daß 
dort  noch  manche  Rückständigkeit 
herrscht.  Mangelhaft  ist  vor  allem  das 
System  der  Erziehung  blinder  Kinder,  die 
nicht  dem  Schulzwang  unterliegen.  Auch 
wird  wenig  getan,  um  blinde  Frauen  beruf- 
lich zu  beschäftigen. 

In  der  schottischen  Stadt  Glasgow  beklag- 
ten sich  die  Blinden  über  eine  Anordnung 
der  Gesundheitsbehörde,  wonach  das  Mit- 
nehmen von  Hunden  in  Lebens- 
mittelgeschäfte und  Restaurants  ver- 
boten worden  ist.  Die  Vereinigung  der  Blin- 
denführhundhalter  erreichte  für  Führhunde 
die  Aufhebung  des  Verbotes.  Dazu  meint 
der  „Horizont",  die  offizielle  Zeitschrift  der 
Nationalen  Liga  der  Blinden  von  Groß- 
britannien und  Irland  abweisend:  „Wir  be- 
dauern diese  Ausnahmebestimmung.  Blinde 
haben  die  gleiche  Verantwortung  als  Staats- 
bürger wie  das  allgemeine  Publikum,  und 
sie  sollten  nicht  versuchen,  ihre  Erblindung 
dazu  zu  gebrauchen,  um  dieser  Verantwort- 
lichkeit zu  entgehen." 
* 

Als  Wegweiser  für  Betriebsräte,  Arbeits- 
richter und  andere  mit  Fragen  des  Berufs- 
lebens sich  befassende  Personen  ist  in  der 
DAG-Schriftenreihe  (Nord  Verlag,  Ham- 
burg 36,  Holstenwall)  eine  sachkundige 
Schrift  „Kündigungsschutz  und  Kün- 
digungsrecht der  Angestellten"  erschienen 
(Preis  1  DM).  Eine  weitere  Schrift  erläutert 
das  Mutterschutzgesetz. 


Hände,  die  den  Schlägel  führten, 
Hände,  die  nach  Kohle  schürten, 
Die  den  Spaten  in  das  Erdreich  stießen, 
Bauernhände,  hart  und  schwer, 
Die  nie  von  der  Arbeit  ließen, 
Heute  schaffen  sie  nicht  mehr. 
Hände,  nimmermüde  Hände, 
Eure  Arbeit  ist  zu  Ende. 

Hände,  die  am  Amboß  schafften, 
Hände,  die  die  Segel  rafften 
Die  voll  Fleiß  am  Schraubstock  feilten, 
Hände,  welche  Netze  zurrten, 
Steine  klopften,  Taue  speilten, 
Hände,  die  nicht  müde  wurden, 
Heute  schaffen  sie  nicht  mehr. 
Hände,  nimmermüde  Hände, 
Eure  Arbeit  ist  zu  Ende. 

Hände,  die  die  Feder  führten, 
Hände,  welche  musizierten, 
Künstlerhände  zart  und  eben 
Hände,  die  den  Taktstock  heben, 
Hände,  die  den  Stein  behauten, 
Hände,  die  uns  Dome  bauten, 
Heute  schaffen  sie  nicht  mehr. 
Hände,  nimmermüde  Hände, 
Eure  Arbeit  ist  zu  Ende. 

Hände,  ihr  könnt  nicht  mehr  bauen, 
Nicht  mehr  graben,  nicht  mehr  spielen, 
Nicht  mehr  schaffen,  ihr  müßt  schauen, 
Ihr  müßt  tasten,  ihr  müßt  fühlen. 
Dinge,  die  uns  wert  gewesen, 
Die  wir  nicht  mehr  sehen  können, 
Bücher,  die  wir  gern  gelesen, 
Worte,  die  im  Herzen  brennen. 
Dichterworte,  tausend  Punkte, 
Hände  gleiten  drüber  hin 
Und  enträtseln  ihren  Sinn. 
Hände,  nimmermüde  Hände, 
Eure  Arbeit  ist  noch  lange 
nicht  zu  Ende. 

Kriegsblinder  Christoph  Burmester 


Die  erst  vor  kurzer  Zeit  mit  kleinstem 
Kapital  gegründete  Colonia-Versand- 
buchhandlung  in  Köln-Lindenthal, 
Kronenburger  Straße  10,  stiftete  der  Bun- 
desleitung einige  zum  Vorlesen  für  Kriegs- 
blinde besonders  geeignete  Bücher  —  ein 
nachahmenswertes  und  vorbildliches  Vor- 
gehen. Bei  dieser  Gelegenheit  wiederholen 
wir  den  Wunsch  unserer  Erholungsfürsorge, 
daß  die  Kameraden,  die  unsere  Heime  be- 
suchen, doch  Spiele  oder  Bücher  mit- 
bringen und  dem  Heim  schenkungsweise 
überlassen  möchten. 


/hrruhtigm 
üto-3eder 


17 


Für  unsere  Schachfreunde 

Schachmeisterschaften  1952  für  Blinde  der  Bundesrepublik 


CONTINENTAL  RUNDFUNK  G-M-B-H 


Das  Blindenerholungsheim  Meschede 
(Sauerland)  stand  in  der  Zeit  vom  5.  bis 
14.  4.  1952  im  Zeichen  des  Schachsports.  27 
blinde  Schachfreunde  aus  West,  Nord  und  Süd 
nahmen  an  der  diesjährigen  Meisterschaft 
teil.  Zählt  man  den  Turnierleiter,  seine  Hilfs- 
kraft und  einen  Beobachter,  den  die  Blinden- 
schule Warstein  schickte,  hinzu,  so  ergibt 
sich  die  stattliche  Anzahl  von  30  schachfreu- 
digen Menschen  gegenüber  17  beim  vorjäh- 
rigen Turnier  in  Stukenbrock.  Diese  Tat- 
sache allein  schon  läßt  den  Aufschwung 
ahnen,  den  das  Schach  unter  den  Blinden  in 
der  Zeit  des  einjährigen  Bestehens  des  Deut- 
schen Blinden-Schachbundes  genommen  hat. 
Die  Teilnehmer  befaßten  sich  am  Vorabend 
des  Turniers  in  mehreren  Zusammenkünften 
eingehend  mit  den  Problemen  des  Blinden- 
schachs,  umrissen  die  künftigen  Aufgaben, 
legten  eine  Turnierordnung  fest,  klärten  die 
Auf-  und  Abstiegsfrage  und  wählten  den 
Vorstand  des  Blinden-Schachbundes  neu.  Der 
bisherige  Vorstand,  bestehend  aus  H.  Ueker- 
mann,  Herford  (1.  Vorsitzender),  W.  Böhnke, 
Stukenbrock  (Kassierer),  G.  Mertens,  Köln 
(Pressewart),  wurde  wiedergewählt  und  durch 
die  Wahl  von  F.  Rauer,  Freiburg  i.  Breisgau 
(2.  Vorsitzender),  und  F.  Uekermann,  Lieme 
(Schriftführer),  erweitert. 

Gespielt  wurde  in  2  Klassen,  und  zwar 
in  der  Meisterklasse  mit  1 1  Mann  und 
im  Hauptturnier  mit  16  Mann,  d.  h.  im 
letzteren  gingen  sogar  3  weibliche  Teilneh- 
mer an  den  Start.  Der  Kampf  in  der  Meister- 
klasse verlief  äußerst  spannungsreich.  Fast 
jede  Runde  brachte  Überraschungen.  Es  wurde 
mit  großem  Ernst  und  Eifer  gespielt,  und 
jeder  gab  sein  Bestes.  W.  W  ü  r  t  z,  Köln, 
holte  sich  wiederum  den  Titel  eines  B 1  i  n  - 
den-Schachmeisters  der  Bundes- 
republik. In  ihm  siegte  der  erfahrungsreichste 
und  beständigste  der  Spieler. 

Turnierergebnis  der  Meisterklasse: 

1.  W.  Würtz,  Köln  8V2 Punkte 

2.  G.  Mertens,  Köln  7 

3.  F.  Diehl,  Köln  6V2       „ 

4.  H.  Uekermann,  Herford  6  „ 

5.  W.  Stelk,  Kiel  5V2       „ 

6.  F.  Eckert,  Bocholt  4V2 

7.  F.  Rauer,  Freiburg  (Breisgau)  4  „ 

8.  F.  Steidele,  Gelsenkirchen  4  „ 

9.  F.  Uekermann,  Lieme  4  „ 

10.  F.  Redeker,  Bockhorst  4 

11.  H.  Grürmann,  Plettenberg  1  „ 

Die  ersten  fünf  Plätze  im  Hauptturnier  be- 
legten: W.  Böhnke,  Stukenbrock,  9Va  Punkte; 
R.  Steinbach,  Koblenz,  9»/ä  Punkte;  W.  Rose, 


Kiel,  7V2  Punkte;  H.  Lichy,  Köln,  7  Punkte, 
und  H.  Bonet,  Schwäbisch-Alm,  6V2  Punkte. 

Mit  dem  Abschneiden  der  (nur)  3  kriegs- 
blinden Teilnehmer  Mertens,  Eckert 
und  Steidele  kann  man  sehr  zufrieden  sein^ 
Eckert  sicherte  sich  durch  einen  Sieg  über 
Diehl  in  der  letzten  Runde  noch  einen  be- 
achtlichen 6.  Platz.  Steidele  hatte  einen  aus- 
gezeichneten Start,  ließ  sich  aber  dann  durch 
eine  unerwartete  Niederlage  etwas  aus  der 
Bahn  werfen.  Die  künftig  in  dieser  Schach- 
spalte veröffentlichten  Partien  werden  Zeug- 
nis ablegen  von  dem  Können  unserer  kriegs- 
blinden Schachfreunde. 

Der  Deutsche  Schachbund  bekundete  sein 
Interesse  am  Blindenschach  damit,  daß  er 
seinen  Generalsekretär,  Schachmei- 
ster Alfred  Brinckmann  (Kiel),  als  Tur- 
nierleiter zur  Verfügung  stellte,  was  gar 
nicht  hoch  genug  eingeschätzt  werden  kann. 
Mit  Herrn  Brinckmann  waren  wir"  in  jeder 
Weise  zufrieden.  Er  erfreute  sich  unter  den 
Teilnehmern  einer  großen  Beliebtheit,  kühlte 
durch  seinen  unnachahmlichen  Humor  die 
heißen  Köpfe  des  öfteren  merklich  ab  und 
weilte  auch  nach  dem  Spiel  immer  unter  uns. 
Er  äußerte  nach  dem  Turnier,  die  Blinden- 
schachmeisterschaft  in  Meschede  sei  eines 
der  schönsten  Schacherlebnisse  in  seiner  lan- 
gen Laufbahn  gewesen.  Besonders  lobend 
sprach  er  sich  aus  über  das  beachtliche 
Spielniveau,  das  die  blinden  „Meister"  ent- 
wickelt hätten. 

Die  Klärung  der  Kostenfrage  des  Turniers 
war  auch  in  diesem  Jahre  mit  erheblichen 
Schwierigkeiten  verbunden.  Dank  der  Unter- 
stützung durch  die  Blindenorganisationen, 
insbesondere  durch  den  Landes-Blindenaus- 
schuß  Nordrhein-Westfalen,  fand  die  Finanz- 
frage schließlich  doch  eine  erträgliche  Lösung. 
6  Teilnehmer  mußten  jedoch  ihre  Unkosten 
voll,  andere  teilweise  aus  eigener  Tasche 
bestreiten.  Der  Bund  der  Kriegsblinden  be- 
wies sein  Verständnis  durch  Übernahme  der 
Kosten  seiner  3  Mitglieder  und  durch  Stif- 
tung eines  Betrages  zur  Beschaffung  von 
Preisen.  Lob  verdienen  auch  die  Blinden- 
schulen Ilvesheim,  Hannover  und  Warstein, 
die  auf  ihre  Kosten  Teilnehmer  entsandten, 
erstere  zusätzlich  noch  den  Herrn  Blinden- 
lehrer Joh,  der  dem  Turnierleiter  bei  der 
Erledigung  seiner  nicht  leichten  Aufgabe  zur 
Seite  stand. 

Die  Heimleitung  und  das  Heimpersonal 
taten  ihr  möglichstes,  um  den  Schachfreun- 
den den  Aufenthalt  so  angenehm  wie  mög- 
lich zu  machen.  Allen,  die  materiell  oder 
ideell  zum   Zustandekommen  dieser  Schach- 


8/9  KREIS-  SERIE 


(  höchke  k.txwqfcUpnh,eLi: 
^rößt/lrettnßiarß,  brillanter UKWlnififana 
SEIT  25  JAHREN  SPITZENKLASSE 


meisterschaft  für  Blinde  1952  beitrugen,  sei 
im  Namen  der  Turnierteilnehmer, .  die  um 
ein  schönes  Erlebnis  reicher  wurden,  auch 
an  dieser  Stelle  herzlich  Dank  gesagt. 

Möge  es  gelingen,  die  gesamtdeut- 
sche Schachmeisterschaft  für 
Blinde  im  Herbst  1952  auf  westdeutschem 
Boden  auszutragen. 

Daß  nur  3  Kriegsblinde  an  dem  gut  ge- 
lungenen Turnier  teilnahmen,  ist  eigentlich 
recht  bedauerlich.  Es  wäre  schön,  wenn  sich 
diese  Zahl  bis  zum  nächsten  Turnier  wenig- 
stens verdoppelte.  Der  Unterzeichnete  richtet 
an  die  kriegsblinden  Schachfreunde  nochmals 
die  dringende  Bitte,  sich  mit  ihm  in  Verbin- 
dung zu  setzen! 

Gabriel  Mertens,  Köln-Nippes,  Escher  Straße  63 

Kriegsblinde  Schwimmer 

Bei  einem  Versehrten-Schwi  mm  - 
fest  in  Augsburg  gingen  unter  großem 
Beifall  der  Zuschauer  auch  zwei  Kriegsblinde 
an  den  Start,  und  zwar  die  Kameraden 
B  ü  h  1  e  r  (Augsburg)  und  Bertholdt 
(Nürnberg),  letzterer  als  55jähriger.  Da 
keine  Bahnseile  angebracht  waren,  ergab 
sich  für  beide  ein  „Verschwimmen".  Das 
Dirigieren  durch  Lautsprecher  bewährte  sich 
nicht.  Trotzdem  schwamm  Kam.  Bertholdt, 
wenn  ihn  auch  der  37jährige  Kam.  Bühler 
schlug,  um  3,1  Sek.  besser  als  letzthin  bei 
einem  Schwimmfest  in  Nürnberg. 


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Man  dachte  an  den  Kalendermann  . . . 

»Die  Geschichte  des  Askid  Thorgilsson"   (NWDR) 

Zuweilen  kann  man  sich  des  Eindrucks 
nicht  erwehren,  das  zweite  Programm  werde 
—  in  bezug  auf  das  Hörspiel  —  als  eine  Art 
Mülleimer  der  Mittelwelle  betrachtet.  Das 
mag  hart  klingen,  ungerecht  ist  es  nicht,  vor 
allem,  wenn  man  an  eine  Reihe  von  Krimi- 
nal- und  Kurzhörspielen  denkt,  die  weit  un- 
ter dem  Mindestanspruch  blieben,  die  man 
auch  an  „leichte"  Sendungen  stellen  muß. 
Die  Dialoge  z.  B.  in  dem  als  „Funkkomödie" 
bezeichneten  Hörspiel  von  Rudolf  Oswald 
Diehl  „Und  wehe  dem,  der  nichts  geleistet 
hat"  wirkten  über  weite  Strecken  so,  als 
seien  sie  einem  Groschenroman  entnommen. 
Sicher  ist  es  nicht  leicht,  gerade  die  immer 


wieder  von  den  Hörern  geäußerten  Wünsche 
nach  heiteren  Hörspielen  zu  erfüllen,  aber 
wer  es  unternimmt,  das  Schicksal  zweier 
Rußlandheimkehrer  zu  schildern,  von  denen 
der  eine  im  Zivilleben  sehr  gut,  der  andere 
sehr  schlecht  zurechtkommt,  der  muß  mehr 
mitbringen  als  ein  bißchen  auf  aktuell  fri- 
sierten Rudolf-Herzog-  oder  Courths-Mahler- 
„Humor".  Am  besten  ist  es  immer  noch,  sich 
an  eine  einfache  und  handfeste  Fabel  zu 
halten.  Ernst  Rottluff  tut  das  in  seinem  (vor 
einiger  Zeit  schon  vom  Sender  Saarbrücken 
gesendeten)  Hörspiel  „Die  Geschichte  des 
Askid  Thorgilsson".  Die  Vorgänge  —  der 
Mord  an  einem  Viehhändler  und  die  Verur- 
teilung des  unschuldigen  Zimmermannes 
Thorgilsson  —  dienen  dem  Autor,  der  sein 


Handwerk  beherrscht,  nur  dazu,  die  Frage 
von  Schuld  und  Sühne,  von  Rache  und  Über- 
windung der  Rachegefühle  so  darzulegen, 
daß  der  Hörer  sich  zu  einer  Selbstprüfung 
aufgerufen  fühlen  soll.  Zuweilen  dachte  man 
an  den  Kalendermann  Johann  Peter  Hebel, 
doch  da  sein  „Merke!"  als  ein  moralischer 
Hinweis  an  keiner  Stelle  des  Hörspiels  auf-^ 
dringlich  ausgesprochen  wurde,  so  konnte 
-man,  auch  wenn  der  Schluß  nicht  voll  be- 
friedigte, zufrieden  sein,  zumal-  da  auch  die 
Regie  von  Eduard  Hermann  —  trotz  der  sich; 
allzu  selbständig  gebärdenden  Musik  von 
B.  A.  Zimmermann  —  das  Hauptgewicht  auf 
das  entscheidende  Schlußgespräch  zwischen 
dem  zu  Unrecht  Verurteilten  und  dem  wirk-: 
liehen  Mörder  legte. 


18 


Reiz  und  Gefahr  der  Realistik 

„Der  Fuchs"  (Hessischer  Rundfunk) 
Typisch  für  Inszenierungen  in  Frankfurt 
ist  der  Realismus,  der  ■'—  mit  Sorgfalt  und 
Eifer  gepflegt  -—- nicht  selten  zum  Deutlich- 
machen des  dramatischen  Gegenstandes  bei- 
trägt. Aber  birgt  er  nicht  zugleich  die  Ge- 
fahr in  sich,  daß  das  Interesse  des  Hörers 
auf  das  äußere  anstatt  auf  das  innere  Ge- 
schehen hingelenkt  wird?  Und  könnte  sich 
diese  Vermutung  nicht  gerade  bei  einem 
Gegenstand  bewahrheiten,  der  sich  so  sehr 
und  fast  ausschließlich,  wie  dies  bei  D.  H. 
Lawrences  Novelle  vom  Fuchs  der  Fall  ist, 
auf  dem  Gebiet  des  Seelischen  bewegt?  Ge- 
wiß birgt  die  Geschichte  von  dem  jungen 
Mann,  der  (wie  der  Fuchs  in  den  Hühnerstall) 
in  das  komplizierte  Zusammenleben  der  zwei 
vom  Stadtleben  enttäuschten  Einsiedlerinnen 
einbricht,  auch  ein  gutes  Stück  handfesten 
äußeren  Geschehens.  Aber  -es  ist  nichts  als 
die  Spiegelung  eines  großen  inneren  Rin- 
gens, das  klar  und  glaubhaft  zu  machen 
Hauptanliegen  der  Sendung  sein  mußte.  Von 
hier  aus  gesehen,  hätte  die  vonFränze  Roloff 
mit  spürbarer  Liebe  (teils  auf  einem  Bauern- 
hof im  Taunus)  geleitete  Inszenierung  von 
Erich  Kubys  Bearbeitung  nur  gewinnen  kön- 
nen, wenn  man  das.  Rankenwerk,  nicht  so 
üppig  hätte,  wuchern  lassen  und  die  fast 
anderthalb  Stunden  der  Sendung  um  ein 
Drittel  gekürzt  hätte.  Man  hätte  der  ohnehin 
quälenden  Thematik,  die  so  merkwürdig  an 
den  späten  Billinger  erinnert,  etwas  von 
ihrer  Zähflüssigkeit  genommen,  wenn  auch 
die  seltsame,  ausgerechnet  von  dem  Orts- 
pfarrer ausgesprochene  Schlußmoral,  wonach 
man  sich  „auf  die  Seite  des  Lebens  schlagen" 
müsse,  dadurch  kaum  einleuchtender  gewor- 
den wäre.  Wer  Lawrence  kennt,  weiß,  daß 
sie  die  Quintessenz  seiner  Lebensanschauung 
ausmacht.  Aber  geht  sie  uns,  so  wie  der 
englische  Dichter  sie  meinte,  heute  so  stark 
an,  daß  von  ihr  aus  die  Wiederbelebung  des 
wenig  erfreulichen  Gegenstandes  überhaupt 
gerechtfertigt  erscheinen  müßte? 

„  . . .  wird  sich  in  Schweden  nicht  halten 
können." 

„Gösfa  Berling"  als  Hörspiel  (Beromünster-) 
Als  „Gösta  Berling"  vor  mehr  als  fünfzig 
Jahren  erschien,  schrieb  ein  Stockholmer 
Kritiker:  Das  Buch,  in  dem  sich  Faune  und 
andere  phantastische  Ausgeburten  kranker 
Gehirne  breitmachen,  „wird  sich  in  Schwe- 
den nicht  halten  können".  —  Nun  —  „Gösta 
Berling"  hat  sich  gehalten.  Mit  der  Dramati- 
sierung und  Verfilmung  war  die  1940  ver- 
storbene Dichterin  nicht  einverstanden.  Die 
Hörspielbearbeitung  der  „Kollegin"  Oda 
Schaefer  würde  sie  vielleicht  gebilligt  ha- 
ben. Genau  genommen  war  es  gar  keine 
Bearbeitung.  „Als  Hörspiel  zusammenge- 
gestellt"  . .  .  hieß  es  in  der  Ansage.  Was  die 
Vorlage  auszeichnet,  die  Mischung  von  Le- 
benskraft und  einer  trotz  aller  Anfälligkeit 
im  Grunde  unzerstörbaren  Ritterlichkeit,  wie 
sie  in  der  Haltung  der  „Kavaliere  vonEkeby" 
zutage  tritt,  entspricht  auf  eine  merkwür- 
dige Art  der  Schweizer  Ethik  und  Erzähler- 
tradition. Vielleicht  ist  es  darum  dem  Re- 
gisseur Arthur  Welti  und  seinen  sehr  reich 
differenzierenden  Sprechern  so  gut  gelungen, 
das  zugleich  Harte,  Dramatisch-Erregende 
und  das  Zarte,  ja  verschämt  Christliche  der 
Wärmland-Geschichte  von  Selma  Lagerlöf 
dem  Hörer  nahezubringen.  Wenn  auch  sonst 
die  Möglichkeit,  Personen  zu  charakterisie- 
ren, auf  Kosten  der  Handlung  geht  —  hier 
war  die  Gefahr  gemildert,  weil  der  Haupt- 
vorgang, wie  ein  Holzschnitt  herausgehoben, 
mehr  vom  Wesen  der  Saga  enthält  als  von 
der  Psychologie  des  modernen  Romans.  Na- 
türlich wird  bei  jeder  Bearbeitung  Wesent- 
liches wegfallen.  Hier  mußte  das  Ranken- 
werk der  Nebenfiguren  und  Nebenhandlun- 
gen zurechtgestutzt  werden  —  von  den  wild 
wuchernden  Zweigen  einer  begnadeten  Er- 
zählerphantasie blieben  nur  ein  paar  „Knub- 


ben" —  aus  ihnen  noch  konnte  man  er- 
messen, welch  ein  gewaltiger  Baum  das 
schwedische  Epos  „Gösta  Berling"  in  seiner 
Urfassung  ist! 

Schuld  —  sehr  klein  geschrieben 

„Mr.    Gillie",    Hörspiel   von   James  Bridie   (RIAS) 

Verdient  es  der  Dorfschullehrer  Gillie 
wirklich,  als  Unsterblicher  zwischen  Lincoln 
und  Pestalozzi  Platz  nehmen  zu  dürfen?  Der 
Autor  James  Bridie,  der  uns  das  Wesensbild 
seines  seltsamen  Helden  zeichnet,  ohne  die 
Schattenseiten  zu  unterschlagen,  rechtfertigt 
diese  Ehrung  damit,  daß  Mr.  Gillie  ein  guter 
Mensch  gewesen  sei,  ein  „Altruist",  einer, 
der  „Käfige  öffnete,  um  Vögel  freizulassen". 
Daß  die  Vögel  —  seine  begabteren  Schüler 
—  zu  kurze  Flügel  haben  und  von  der  Katze 
gefressen  werden  —  „war  es  seine  Schuld?" 
Gut,  so  möchten  wir  beipflichten,  es  kommt 
mehr  auf  die  Gesinnung  an  als  auf  den  Er- 
folg, und  es  verdient  großen  Dank,  daß  hier 


einmal  die  Redlichkeit  im  Mittelpunkt  steht 
und  nicht  die  Bosheit  oder  die  Krankheit  — 
aber  unsterblich?  Langt  auch  nur  für  dieses 
recht  humanitäre  Idol  eine  Redlichkeit,  die 
guten  Glaubens  andere  Menschen  auf  ge- 
fährliche Bahnen  bringt?  Es  ist  doch  keine 
Frage,  daß  Mr.  Gillie  große  Schuld  auf  sich 
lädt  —  und  er  erfährt  es  sogar  mit  Schrecken 
— ,  aber  daß  er  keine  Konsequenzen  daraus 
zieht,  nicht  einmal  die,  sich  als  Stümper  oder 
gar  als  Irrenden  zu  erkennen.  Es  fehlt  ihm 
also  jede  Demut,  und  allein  das  —  nicht 
seine  Illusionen  und  nicht  seine  Schuld  — 
müßte  ihm  den  Weg  in  die  Ewigkeit  — 
selbst  die  der  „guten"  Menschen  —  ver- 
sperren. Davon  hätte  in  diesem  Stück  mit 
seinen  geschickten,  aber  nicht  immer  rund- 
lunkgemäßen  Bühnenauftritten  die  Rede  sein 
sollen.  So  war  schon  Schluß,  als  nicht  viel 
mehr  als  die  Exposition  vorbei  war.  Trotz- 
dem: vieles  bleibt  in  sehr  sympathischer  Er- 
innerung, auch  die  Aufführung  unter  Her- 
mann Schindler. 


JDrogrammvorscliau  für  j^törspiele 

NWDR:  „Die  Liebe  der  vier  Obersten"  von  Peter  Ustinow 

Frankfurt:  „Leuchtturm  7"  von  Hansulrich  Röhl 

Saarbrücken:  „Der  Fall  Mauricius"  nach  Wassermann  v.  K.  H.  Rabe 

Beromünster:  „Tulpenkomödie"  von  Paul  Schurek 

NWDR/UKW-Nord:  Hörszene:   „Mord  oder  Selbstmord?"  von  Bero 

Frankfurt:   „Das  Floß  der  Medusa"  nach  Georg  Kaiser 

NWDR/UKW-West:  „Salvatore  Giuliano"  (Sizilien)  von  Werner  Helwig 

Südwestfunk/UKW:  „Barbara  geteilt  durch  elf"  von  Egon  Jameson 

Stuttgart:  „Erpressung"  von  Patrick  Hamilton 

Beromünster:  „Marignano"  von  C.  Friedr.  Wiegand 

München:  „Die  Smaragden-Geschichte"  nach  E.  Ph.  Oppenheim 

Bremen:  „Bar  Geld  int  Huus"  von  G.  v.  d.  Vring  und  E.  Schiff 

Stuttgart:  „Die  Defraudanten"  nach  Alfred  Polgar  von  R.  A.  Stemmle 

Frankfurt:  „Darfst  du  die  Stunde  rufen?"  von  Erwin  Wickert 

Frankfurt/UKW:  „Das  verschlossene  Haus"  nach  M.  Harward  v.  G.  Goebel 

NWDR/UKW-West:  „Kampf  gegen  den  Tod"  (I)  von  P.  Lotar 

NWDR/UKW-Nord:   „Der  Prozeß  in  Rouen"  (Johanna  v.  Are) 

Südwestfunk  u.  Bremen:  „Unkraut  unter  dem  Weizen"  v.  E.  Bonett  u.  E.  Wickert 

München:  „Sintelmann  kommt"  von  Georg  Schwarz 

NWDR:   „Fahr  wohl,  Benjowsky"  von  Hans  Hömberg 

Stuttgart:  „Der  neue  Mantel"  nach  Gogol  von  Max  Gundermann 

RIAS:   „Umzug  ins  Altersheim"  von  Erna  Weißenborn 

Saarbrücken:  „Verdammt  in  alle  Ewigkeit"  nach  James  Jones 

Beromünster:  „Die  Gestrandeten"  von  Francis  Borghi 

München/UKW:  „Das  Geheimnis"  von  Vinicio  Salati 

NWDR/UKW-Nord:  „Armer  Vater  Philipp"  von  Dieter  Rohkohl 

NWDR/UKW-West:  „Das  Wasser  steigt"  von  Alexander  Spoerl 

Südwestfunk/UKW:  „Eine  alltägliche  Geschichte"  von  Jochen  Huth 

München/UKW:  „Der  Windhund"  von  Klaus  Brill 

Stuttgart:  „Konferenz  in  Kristobal"  von  Walter  Erich  Schäfer 

Frankfurt:  „Radium"  von  Günter  Eich 

Südwestfunk:  „Blick  auf  Venedig"  von  Günter  Eich 

Frankfurt/UKW:  „Das  war  Mama"  nach  J.  van  Druten,  von  Carl  Zuckmayer 

München:  „Die  Erau  von  der  Insel  Andros"  von  Thornton  Wilder 

RIAS:   „Asternplatz"   von  Heinz  Oscar  Wuttig 

NWDR/UKW-West:   „Liselotte  von  der  Pfalz"  von  Emil  Strodthoff 

Stuttgart:  „Fis  mit  Obertönen"  von  Günter  Eich 

Bremen:  „Zeichen  des  Kreuzes"  von  Gabriel  Marcel 

NWDR:  „Ich  habe  ein  schönes  Schloß"  von  Georges  Neveux 

Bremen/UKW:  „Kleider  ohne  Leute"  von  Romain  Gary 

NWDR/UKW-Nord:  „10  kleine  Negerlein"  von  Dorothy  L.  Sayers 

Südwestfunkt/UKW:   „Herr  Lamberthier"  von  Louis  Verneuil 

München:  „Das  kleine  Hofkonzert"  von  Verhoeven  und  Impekoven     • 

Frankfurt:  „Der  Stoß  nach  Ssogrebitsche"  von  Rolf  Honold 

NWDR/UKW-West:  „Wir  kennen  uns  nicht  mehr"  von  Bruno  Wellenkamp 

Südwestfunk:  „Die  Geschichte  des  Askid  Thorgilsson"  von  E,  Rottluff 

NWDR/UKW-Nord:  „Die  verschlossene. Tür"  von  F.  v.  Hoerschelmann 

Bremen:    „Das    große   Messer"    von    Clifford  Odets 

NWDR:  „Dunkle  Wünsche"  von  Dr.  Walther  v.  Hollander 

NWDR/UKW-Nord:    „Tumult   beim   Fußball"    (Rechtsfragen)  von  Bero 

Frankfurt:  „Die  Brücke  von  Berzcaba"  von  Heinrich  Böll 

Frankfurt:  „Das  Lied  in  der  Steppe"  von  Barbara  Zaehle 

Südwestfunk  und  Bremen;   „Der  ideale  Gatte"  von  Oscar  Wilde 

NWDR/UKW-West:  „Der  Menschenfreund"  von  Arkady  Avertschenko 

München:  „Der  Delphin"  von  Ernst  und  Günter  Penzold 

Frankfurt/UKW:  „Darfst  du  die  Stunde  rufen?"  von  Erwin  Wickert 

NWDR:  „Des  Menschen  Unterhaltsprozeß  gegen  Gott".  Ein  Weihespiel. 

NWDR:  „Vom  Sinn  des  Lebens".  Aus  Werk  und  Leben  A.  Schweitzers 

Südwestfunk/UKW:  „Sieben  Tage"  von  Paul  Hühnerfeld 

Frankfurt:  „Viel  Lärm  um  nichts"  von  Shakespeare  (ßearbtg.:  H.  Kettler) 

Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
.  *  Denke  an  den  „Hörspiel-Preis  der  Kriegsblinden"! 


15.5. 

20.00 

20.10 

20.20 

20.30 

16.5. 

20.25 

17.5. 

14.15 

20.15 

21.00 

18.5. 

1-7.00 

20.55 

21.30 

19.5. 

20.00 

20.05 

21.10 

20.5. 

19.45 

20.15 

20.30 

20.30 

21.15 

21.5. 

19.30 

20.30 

20.45 

21.10 

22.5. 

20.30 

21.10 

23.5. 

21.00 

21.45 

24.5. 

21.00 

21.45 

25.  5. 

26.5. 

27.5. 

20.30 

20.40 

28.5. 

20.45 

21.30 

29.5. 

20.45 

30.5. 

31.5. 

20.10 

21.00 

2.6. 

20.05 

3.6. 

20.15 

20.30 

4.6. 

20.10 

5.6. 

20.00 

7.6. 

20.10 

8.6. 

9.6. 

10.6. 

20.30 

21.45 

21.15 

12.'6. 

13.6. 

20.00 

23.00 

14.6. 

20.45 

16.6. 

19 


Ein  sehr  armseliger  Blinder 

Bemerkungen   zu   dem  Buch    „Der  Blinde"    von    Walter   Jens 


Nachdem  wir  im  Dezemberheft  des  „Kriegs- 
blinden" (Seite  24)  eine  kurze,  kritische  Notiz 
über  die  im  Rowohltverlag  erschienene  No- 
velle „Der  Blinde"  von  Walter  Jens  ver- 
öffentlicht haben,  sind  uns  immer  wieder 
ablehnende  oder  doch  skeptische  Äußerun- 
gen zu  diesem  Buch  zugegangen,  nicht  nur 
von  Kriegsblinden,  sondern  auch  von  Sehen- 
den. Das  Buch  hat  in  der  literarischen  Öffent- 
lichkeit ein  erstaunliches  Aufsehen  erregt, 
obwohl  es  erst  das  zweite  Werk  eines  noch 
nicht  dreißigjährigen  Autors  ist,  und  höch- 
stes Lob  steht  scharfer  Kritik  gegenüber.  Es 
ist  daher  gerechtfertigt,  wenn  wir  auch 
unsererseits  dem  Buch  eine  Betrachtung  wid- 
men, denn  das  innere  Schicksal  eines 
Späterblindeten  steht  hier  im  Vor- 
dergrund. 

Dazu  muß  allerdings  erklärend  gesagt 
werden,  daß  der  Verfasser  Walter  Jens  — 
von  dem  neuerdings  auch  Hörspiele  im 
Funkprogramm  zu  finden  sind  —  mit  seiner 
Novelle  eben  nur  im  Vordergrund  einen 
Blinden  zeichnet,  nicht  um  das  Wesen  und 
Schicksal  eines  Blinden  zu  schildern,  sondern 
um  für  tiefere  Bezüge,  die  er  meint,  ein 
Gleichnis  zu  zeigen.  Es  wäre  also  ungerecht, 
das  Buch  nur  deshalb  abzulehnen,  weil  es 
das  Wesen  und  die  inneren  Hilfskräfte  eines 
Blinden  verzerrt.  Andererseits  aber  müssen 
wir  es  bedauern,  daß  Walter  Jens  die  see- 
lische Not  eines  Späterblindeten  hier  für 
seine  Zwecke  mit  einer  Einseitigkeit  und 
einer  geradezu  niederdrückenden  Zielrich- 
tung darstellt,  die  bei  allen  Lesern  ein  Miß- 
trauen gegen  jeden  Erblindeten 
zurücklassen  muß,  auch  wenn  die  Leser  ver- 
stehen, daß  Walter  Jens  etwas  anderes 
meint,  eine  Seinsdeutung  im  existentialisti- 
schen,  ja,  eigentlich  nihilistischen  Sinn. 
Walter  Jens  meint  nicht  einen  Blinden,  son- 
dern die  gefährdete,  „geblendete"  Mensch- 
heit, der  er  so  etwas  wie  einen  moralischen 
Halt  mit  dem  Hinweis  auf  die  Gemeinschaft 
von  Ich  und  Du  geben  will. 

Hören  wir  zunächst  einmal,  was  unser  Ka- 
merad Hans  Schmalfuß  (Hof)  zu  diesem 
Buch  sagt: 

„über  den  Verfasser  weiß  die  Zeitschrift 
„Der  Monat"  viel  Erfreuliches  zu  sagen: 
Walter  Jens  sei  eine  Hoffnung,  auf  die  man 
setzen  dürfe,  eine  profilierte  Erscheinung, 
an  der  niemand  vorübergehen  könne,  der 
von  der  deutschen  Literatur  der  Gegenwart 
spreche.  Das  Erstlingswerk  des  jungen  Dich- 
ters sei  bereits  auch  in  französischer,  hol- 
ländischer, spanischer  und  japanischer  Aus- 
gabe erschienen.  „Der  Blinde"  sei  das  zweite 
Werk.  Schon  mit  diesen  beiden  Büchern 
müsse  Jens  mit  in  die  erste  Reihe  der  deut- 
schen Schriftsteller  gerechnet  werden  und 
die  Hoffnung  solle  nicht  trügen,  daß  hier 
einer  zu  denken  und  zu  schreiben  verstehe, 
der  weiterhin  die  Beobachtung  der  Welt  ver- 
dienen werde. 

Dem  Autor  wird  also  schon  ein  überaus 
reicher  Lorbeerkranz  gewunden,  bei  dem 
sich  aber  erst  noch  herauszustellen  haben 
wird,  ob  er  für  das  zu  schmückende  Haupt 


nicht    doch    zu    reichlich    und    groß    ausge- 
fallen ist. 

„Der  Blinde"  schildert  die  ersten  schweren 
Tage  des  durch  Scharlach  erblindeten,  ver- 
heirateten Hamburger  Volksschullehrers  und 
Vaters  zweier  Kinder,  Heinrich  Mittenhaufen. 
Er  beginnt  sofort,  mit  einem  24steinigen  Bau- 
kasten zu  spielen,  den  ihm  ein  befreundeter 
jüdischer  Schauspieler  geschenkt  hat;  der 
Freund  hat  den  Kasten  aus  dem  Lager 
Auschwitz  mitgebracht,  dem  er  glücklich 
wieder  entrann.  Hier  wurde  das  Spiel  von 
einem  alten,  geburtsblinden  Juden  ange- 
fertigt und  betrieben,  um  der  Verzweiflung 
zu  entgehen,  und  dieser  Jude  schenkt  dem 
Erblindeten  zum  Schluß  einen  zweiten  Bau- 
kasten: erst  im  Zusammenspiel  mit  einem 
anderen  Menschen  —  hier  mit  der  innerlich 
nicht  weniger  bedrängten  Frau  des  Blinden 
—  sei  die  sittliche  Forderung  des  Spiels 
erfüllt. 

Dieser  Schluß  hat  aber  nur  ein  geringes, 
nur  ein  angedeutetes  Gewicht.  Im  Mittel- 
punkt des  Buches  steht  die  Spielweise  des 
Erblindeten,  der  sich  mit  den  Bausteinen 
eine  erdachte  Welt  aufbaut  und  mit 
Hilfe  seiner  Phantasie  —  also  der  Wirklich- 
keit immer  mehr  entfremdet  —  Straßen, 
Häuser  und  Menschen  vor  sich  aufbaut  und 
erdachte  Vorgänge  und  Gespräche  sich  ab- 
spielen läßt.  So  glaubt  der  Blinde,  das  Leben 
zu  beherrschen  und  eine  Brücke  vom  alten 
in  das  neue  Leben  zu  gewinnen.  Ein  quä- 
lender und  nutzloser  Vorgang. 

Wir  Kriegsblinden  befanden  uns  alle  ein- 
mal in  der  Lage  des  Heinrich  Mittenhaufen, 
dem  eine  Dimension  verlorenging  und  der 
nach  einem  Ersatz  tastet.  An  die  Stelle  der 
verlorenen  optischen  Welt  schiebt  sich  die 
akustische  Welt  mit  wachsender  Genauigkeit 
ins  Bewußtsein,  und  wie  der  Erblindete 
dieses  Buches  reagieren  wir  dabei  alle  wie 
Seismographen.  Auch  wir  sammelten  neue 
Erfahrungen,  eine  Umschichtung  der  Empfin- 
dungen setzte  auch  bei  uns  ein,  und  auch 
unsere  Gedanken  mußten  ein  anderes  Bett 
finden,  ehe  sie  wieder  mit  in  der  Welt  wirk- 
sam werden  konnten. 

Diesen  Weg  und  die  Gefühle,  mit  denen 
er  von  den  Betroffenen  gegangen  werden 
muß,  beschreibt  Jens  —  das  müssen  wir  ihm 
zubilligen  —  an  manchen  Stellen  mit  feiner 
Einfühlungskraft  in  harter,  objektiver  Prosa, 
mit  der  kalten  Magie  des  Realisten  und 
kristallener  Klarheit,  wenn  auch  bei  einer 
so  kargen  und  wortarmen,  nicht  einmal  ein- 
heitlichen Sprache  nicht  gleich  von  Meister- 
schaft geredet  werden  sollte.  Ob  aber  die 
Mehrzahl  oder  auch  nur  ein  einziger  unserer 
Kameraden  nach  der  Katastrophe  mit  einem 
24steinigen  Baukasten  mehr  anzufangen  ge- 
wußt hätte  als  eine  ablenkende,  vielleicht 
das  Tastgefühl  übende  Spielerei?  Hätte  auch 
nur  einer  von  uns  mit  dem  schweren  Los  der 
Kriegserblindung  leichter  fertig  werden  kön- 
nen? Es  muß  sehr  bezweifelt  werden.  Hier 
mußten  schon  andere  sittliche  und  geistige 
Kräfte    wirksam   werden,    als    sie   ein   Bau- 


kästen    vermitteln   kann,    und    sie    taten   es 
auch. 

Die  Mehrzahl  der  Kriegsblinden  kann  also 
mit  dem  Buch  von  Walter  Jens  herzlich 
wenig  anfangen.  Das  wird  der  Autor  auch 
nicht  erreicht  haben  wollen,  aber  trotzdem 
spricht  das  gegen  den  Wert  des  Buches.  Im 
übrigen  bedeutet  der  verhältnismäßig  hohe 
Preis  von  7,80  DM  für  das  131  Seiten  um- 
fassende Bändchen  auch  keine  besonders 
herzliche  Einladung,  es  auf  einen  Versuch 
ankommen  zu  lassen." 

Soweit  die  Meinung  des  Kameraden 
Schmalfuß.  Ergänzend  dazu  wäre  vor  allem 
zu  sagen,  daß  allein  schon  der  Widerspruch 
zwischen  den  tatsächlichen  Möglichkeiten 
einer  Schicksalsmeisterung  und  dieser  er- 
dachten Darstellung  beweist,  daß  es  dem 
Buch  an  der  wichtigsten  Voraussetzung  aller 


Greve  &  Uhl 


OSTERODE 


*i    ^llkij- LEBENS-  UND  GENUSSMITTEL 


echten  Dichtung  mangelt:  der  Wahrheit. 
Was  hier  geschildert  wird,  ist  nicht  die 
Welt  eines  Blinden  und  ist  nicht  sein-  Er- 
lebenskreis, es  sei  denn,  es  handelt  sich  um 
einen  innerlich  so  armseligen  Menschen,  daß 
er  unsere  Beachtung  nur  in  Gestalt  von  Mit- 
leid verdient.  Das  aber  ist,  wie  wir  alle 
wissen,  so  ungefähr  das  Schlimmste,  was 
uns  widerfahren  kann. 

Was  ist  denn  dieser  Mittenhaufen  für  ein 
Mensch?  Lst  er  überhaupt  ein 
Mensch,  dieser  blutlose,  humorlose,  liebe- 
lose, glaubenslose  Verneiner,  der  nur  sich 
noch  und  seine  Verzweiflung  kennt?  Und 
will  uns  Walter  Jens  glauben  machen,  daß 
aus  diesem  von  Natur  aus  (nicht  durch  seine 
Blindheit)  kläglichen  Gerippe  von  Mensch 
ein  neues,  dem  Leben  wieder  verbundenes 
Wesen  wird,  wenn  der  Blinde  einzig  und 
allein  seine  entsetzliche,  isolierende  Selbst- 
bezogenheit  damit  durchbricht,  daß  er  nun 
das  Baukastenspiel  mit  seiner  Frau  gemein- 
sam betreiben  wird?  Beide  Menschen  wer- 
den nun  eben  gemeinsam  in  weltentrückten 
Illusionen  leben,  nur  mit  einer  erdachten 
Bezogenheit  auf  die  Gemeinschaft. 

Nein,  diese  Lösung  kann  niemals  genügen. 
Dann  wären  alle  Blinden,  wie  dieser  Mitten- 
haufen, um  es  mit  der  Verlagsankündigung 
zu  sagen,  „der  Leere  und  der  Monotonie 
ausgeliefert".  Solange  ein  Mensch  nicht  eine 
neue  Aufgabe  vor  sich  sieht  (und  davon 
spricht  Jens  bezeichnenderweise  überhaupt 
nicht),  sei  es  auch  nur  die  Aufgabe,  sein 
Leid  für  sich  oder  gar  für  andere  fruchtbar 
zu  machen,  kann  er  nicht  überwinden.  So- 
lange er  nicht  sein  Leid  und  die  Einsamkeit, 
die  ihn  bedroht,  als  Anruf  und  Auftrag  emp- 
findet, kann  er  nicht  weiterkommen.  Das 
bezieht  sich  nicht  allein  auf  die  Blindheit, 
sondern  auf  alles  Leid  und  auf  alle  Dunkel- 
heit in  der  Welt.  Menschen  von  der  Art 
dieses  Mittenhaufen,  die  nur  noch  Nerven 
haben,  aber  kein  Herz  mehr,  keine  sich  öff- 
nende Erlebensfähigkeit,  können  allerdings 
der  Gefahr  und  der  düsteren  Zukunft  dieser 
Welt  nicht  gewachsen  sein. 

Wir  erwarten  nicht  ein  Bild  glanzvoll 
heroischer  Bewährung  —  es  würde  nicht 
weniger  unwahr  sein  als  dieses  Bild  des 
Verzweifelnden  — ,  aber  wir  erwarten  als 
Leser  die  Begegnung  mit  einem  Menschen, 
der  sich  überhaupt  um  Bewährung  müht 
oder  wenigstens  die  Begegnung  mit  einer 
dichterischen  Deutung,  die  einen  Weg 
zur  Bewährung  oder  zum  Bestehen  zeigt. 
Beides  finden  wir  bei  Walter  Jens  nicht, 
und  darin  liegt  das  Deprimierende  und  Ent- 
täuschende dieses  Buches.  F.  W.  H. 


20 


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Schwefelkies 
Kraft-  und  Lichtstrom 


'  -  624  -  817  -  825  -  827  -  830  -  833  -  834  -  835  -  831 


Foto:  Kurt  Hege 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS   UND   VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN  DES  BUNDES  DER  KRIEGSBLINDEN  DEUTSCHLANDS  E.  V. 

NR.  10  .   3.  JAHRGANG  JUNI    1952  VERLAGSORT   BIELEFELD 


Wieviel  Tugend  ein  jeder  hat, 

wird  am  besten  durch  ein  Mißgeschick  kund. 

* 

Je  reiner  das  Auge  der  Gesinnung  ist, 

um  so  standhafter  wandelt  man  durch  alle  Stürme. 

THOMAS  VON  KEMPEN 


Aus  scheinbar  schweren  Lasten 
schafft  Gott  neue  Möglichkeiten. 

BODELSCHWINGH 


AUS    DEM 

Seite 
Die  Kunst,  sich  helfen  zu  lassen.  Von  F.  W.  H.  .  .  .  1 
Sorgen  des  Blindenhandwerks. 

(Bedeutsame  Tagungen  in  Kassel) 1 

Krankenscheine  für  Kriegsblinde 2 

Sensationen 2 

Ein  Schlesiertreffen 2 

Die    Kriegsblinden    der    USA    und    ihre    Ziele.    Von    Peter 
J.     McKenna,     Präsident     des     amerikanischen     Kriegs- 

blindenbundes 3 

Gegen   die  Unsicherheit   im  Großstadtverkehr! 

Tödlicher    Unfall    eines    Kameraden    —    Große    Kund- 
gebung in  Hamburg 3 

Aus  den  Landesverbänden 6 

Handwerkerausstellung  und  Hauptfürsorgestelle  Münster 
Albert  Gerwann  gestorben 
Einkehrtage  für  Blinde 
In  den  Deutschen  Schachbund  aufgenommen         ....         7 
Er  baut  Maschinen  —  für  sich  und  für  andere.  —  Dr.  Meyer- 

Auhausen  gibt  ein  Beispiel.  Von  Erich  Büchner  ...         8 


INHALT 

Seite 

Für  unsere  Schachfreunde 8 

Kleine  Neuigkeiten 9 

Lesermeinung 11 

Raus  durchs  Zugfenster 

„Hast  du  keine  Aufgabe  mehr?" 

Beim  Postscheckamt  Nürnberg 

Kriegsblinden-Sportmeisterschaft? 

An  meine  Frau.  Gedicht  von  Kam.  Bodo  Schütz  .       .       .       .       11 

Das  Bundesversehrtensportfest 12 

Ist  Selbständigkeit  selbstverständlich?  Von  Hans  Lshmann       14 

Ein  Kriegsblindenroman. 

Buchbesprechung  von  Hans  Schmalfuß 14 

Der  Kritiker  am  Lautsprecher 15 

Rundfunkanstalten  finanzieren  Hörspielpreis 
Eine   Südwestfunk-Reportage 
Ist  Blindsein  ein  Glück? 

Programmvorschau  für  Hörspiele 16 


Unser   T  i  t  e  1  I  o  t  o  ,   das   einen   Kriegsblinden  beim   Spiel  mit  seinen  Kindern   zeigt,  stammt  von   Walter  Eh  mann  (Köln).   Das 
Foto  auf  der   Umschlagrückseite  —   „Kriegsblinder   im   Schalterdienst   der  Bundespost"  —  ist   von   W.   Hagemann   (Essen). 


801  -  883  -  885  -  884  -  887  - 


627  -  638  -  570  -  897 


890  -  900  -  905  -  904  -  903 


„Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgeriditsrat  Dr.  Peter  Plein, 
Mürlenbach-Eifel.)  Verantwortlicher  Schriftleiter:  Friedr.  Wilh.  Hymmen,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138.  „Der  Kriegsblinde"  erscheint  monatlich.  Anzeigenverwaltung: 
Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.,  Selbstverlag,  Wiesbaden,  Rheinstraße  73.   Die   Zeitschrift  ist  der   IVW   angeschlossen.  —  Druck:    Presse-Druck  GmbH.,   Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BUNDES    DSU    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  V. 


Nr.  10    .   3.  Jahrgang    .    Juni  1952    .    Verlagsort  Bielefeld 


Die  Kunst,  sich  helfen  zu  lassen 


Es  gibt  Menschen,  die  sich  auf  den  eigenen 
Beinen  nicht  recht  wohl  fühlen  und  die 
ständig  nach  Abhängigkeit  oder  Geborgen- 
heit streben,  um  eigener  Selbstverantwor- 
tung zu  entgehen.  Sie  warten  ständig  auf 
irgendeine  Hilfe  von  außen  und  sind  so 
lange  unsicher,  bis  ihnen  eine  Hilfe  zuteil 
wird.  Von  solchen  Menschen  sei  hier  weni- 
ger die  Rede,  sondern  von  jenen,  die  sich 
ungern  helfen  lassen,  ja,  die  es  ihrer  Würde 
schuldig  zu  sein  glauben,  eine  Hilfe  abzu- 
lehnen. Diese  Auffassung  findet  man  gerade 
unter  Kriegsblinden  sehr  häufig:  mit  Recht 
sind  sie  stolz  darauf,  was  sie  „trotzdem" 
zu  leisten  vermögen,  aber  überschätzen  dann 
leicht  ihre  Möglichkeiten  und  mißachten  die 
unabweislichen  Grenzen,  die  ihnen  nun  ein- 
mal gesetzt  sind.  Hier  gilt  es  also,  eine  ver- 
nünftige Mitte  zu  finden.  Und  das  ist  nicht 
leicht.  Es  ist  eine  Kunst,  sich  helfen  zu 
lassen. 

Schön  ist  es  nicht,  wenn  man  Hilfe  braucht. 
Darüber  sind  wir  uns  alle  einig.  Aber  man 
kann  nun  einmal  im  Leben  nicht  immer  da- 
nach fragen,  ob  etwas  schön  oder  angenehm 
ist.  Man  muß  nach  Einsichten  und  Not- 
wendigkeiten handeln.  Und  ist  es  denn  gar 
so  schlimm  oder  geht  es  etwa  gegen  deine 
Würde,  dann  um  Hilfe  zu  bitten,  wenn  es 
Einsicht  und  Notwendigkeit  verlangen?  Wir 
denken  da  vor  allem  an  den  Straßenverkehr. 
Im  Innern  dieser  Ausgabe  berichten  wir  über 
einen  Unfall,  der  einem  Kriegsblinden  das 
Leben  kostete.  Es  ist  nicht  der  erste  traurige 
Fall  dieser  Art,  und  das  sollte  uns  nach- 
denklich machen.  Es  gilt  eben,  ganz  nüchtern 
einzusehen  und  hinzunehmen,  daß  man  als 
Kriegsblinder  im  Straßenverkehr  gefährdet 
ist  und  daß  man  deshalb  Hilfe  benötigt.  Es 
braucht  dich  also  keinerlei  Überwindung  zu 
kosten,  Hilfe  in  Anspruch  zu  nehmen  —  es 
ist  das  Selbstverständlichste  von  der  Welt. 

In  Anspruch  nehmen?  Das  Wort  ist  miß- 
verständlich. Es  gilt  ja  nicht,  etwas  zu  for- 
dern —  mag  es  in  einem  höheren  Sinne  auch 
berechtigt  sein  — ,  sondern  etwas  zu  er- 
bitten. Wer  als  Mitmensch  behandelt  wer- 
den will,  wer  also  selbst  Brücken  zum  an- 
deren sucht,  der  sehe  auch  im  anderen  den 
Mitmenschen  und  distanziere  sich  nicht  durch 
Forderungen,  sondern  verbinde  sich  durch 
eine  Bitte.  Man  wird  dadurch  nicht  zum 
Bettler,  solange  es  mit  Nüchternheit  und 
Würde  geschieht.  Zur  Kunst,  sich  helfen  zu 
lassen,  gehört  es  eben,  diesen  Bezirk  des 
Helfens  und  Geholfenwerdens  innerlich  nicht 
•schwer  zu  nehmen,  nicht  wichtiger  als  nötig, 
sondern  als  etwas  Nebensächliches,  Selbst- 
verständliches. 

Diese  leichte  Selbstverständlichkeit  ist 
allerdings  für  den  Helfenden  sehr  viel 
schwerer.  Er  steht  =—  im  Gegensatz  zu  dem 
Kriegsblinden  —  vor  einer  ungewohnten 
Situation,  jedenfalls  dann,  wenn  es  sich  um 
einen  Fremden  handelt.  Oft  will  er  gern 


helfen,  weiß  aber  nicht,  wie  er  es  am  ge- 
schicktesten und  taktvollsten  anfangen  soll. 
Deine  Bitte  bringt  ihn  vielleicht  in  Verlegen- 
heit. Also:  mach  es  dem  anderen  leicht,  am 
besten  auf  eine  heitere  und  natürliche  Weise. 
Werde  also  selbst  zum  Helfenden,  ,der 
eine  vielleicht  fatale  Situation  überbrückt. 
So  bleibst  du  auch  in  einem  guten  Sinne 
obenauf  und  brauchst  nicht  zu  befürchten,  in 
Hilflosigkeit  erniedrigt  zu  sein. 

Jeder  innerlich  gesunde  Kriegsblinde  strebt 
nach  einem  möglichst  hohen  Maß  an  Selb- 
ständigkeit. Er  soll  auch  danach  streben.  Das 
steht  keineswegs  im  Widerspruch  dazu,  daß 
er  in  bestimmten  Situationen  eine  Hilfe  er- 
bittet, über  diese  echte  und  falsche  Selb- 
ständigkeit ist  an  anderer  Stelle  dieses  Hef- 
tes ein  beherzigenswerter  Aufsatz  enthalten. 
Also  nichts  gegen  den  Drang  nach  Selb- 
ständigkeit!  Aber  es  gehört  dazu,  daß  man 


mit  nüchterner  Selbstkontrolle  die  Grenzen 
anerkennt,  die  einem  nichtsehenden  Men- 
schen —  und  übrigens  auch  seinem  Hund  — 
nun  einmal  gesteckt  sind.  Mag  es  auch 
schmerzen,  wenn  man  schon  allzu  bald  auf 
diese  Grenzen  stößt  —  das  ist  immer  noch 
besser  als  der  leichtfertige  Versuch,  sich  über 
diese  Grenzen  hinwegmogeln  zu  wollen,  um 
dann  eines  guten  Tages  unter  einem  Auto- 
bus  zu   liegen. 

Gewiß,  es  ist  schwer,  sich  ständig  helfen 
zu  lassen,  ohne  dabei  an  Selbstbewußtsein 
einzubüßen.  Hier  innerlich  unangefochten  zu 
bleiben,  sich  selbst  und  die  eigene  Mitte  ge- 
lassen zu  bewahren,  mag  man  auch  von  noch 
soviel  mehr  oder  minder  mitleidigen  Händen 
geführt,  gestoßen  oder  getragen  werden  — 
hier  ein  freier,  innerlich  unabhängiger 
Mensch  zu  bleiben,  das  ist  die  eigentliche 
Kunst  des  Sichhelfenlassens.  F.  W.  H. 


Sorgen  des  Blindenhandiverks 


In  Kassel,  dem  Sitz  der  Kriegsblinden- 
Arbeitsgemeinschaft  Hessen,  traten  am 
26.  Mai  die  Geschäftsführer  der  Arbeitsfür- 
sorgeeinrichtungen aller  Landesverbände 
unseres  Bundes  zu  einer  Sitzung  zusammen, 
wie  sie  in  den  vergangenen  Jahren  schon  oft 
stattgefunden  hat.  An  der  Sitzung  nahmen 
auch  die  meisten  Landesverbandsleiter  sowie 
der  Bundesvorstand  teil,  ein  Zeichen  dafür, 
wie  gerade  die  Probleme  der  Handwerker 
von  den  verantwortlichen  Männern  unserer 
Schicksalsgemeinschaft  ernstgenommen  wer- 
den. Aktueller  Anlaß  für  die  Zusammenkunft 
war  die  für  den  folgenden  Tag  ebenfalls  nach 
Kassel  anberaumte  Vorstandssitzung  der 
Deutschen  Blindenarbeit  e.V.  (DBA). 

Schon  am  Abend  des  25.  Mai,  sobald  alle 
teilnehmenden  Kameraden  eingetroffen  wa- 
ren, begannen  unter  Leitung  des  Bundesvor- 
sitzenden Dr.  Plein  bis  gegen  Mitternacht 
Besprechungen  über  aktuelle  Bundesfragen, 
die  neue  Aufgaben  und  schwierige  Entschei- 
dungen mit  sich  bringen,  ob  es  sich  um  die 
geplante  Schaffung  einer  Hörbibliothek  han- 
delt oder  um  eine  Aktivierung  unserer  Be- 
ziehungen zu  ausländischen  Bruderverbän- 
den. Leider  hatte  die  erwartete  Abordnung 
unserer  österreichischen  Kameraden  plötz- 
lich absagen  müssen,  da  der  Bundesobmann 
des  Verbandes  der  Kriegsblinden  Österreichs, 
Kam.  Hirsch  (Wien),  wegen  einer  ernsten 
Erkrankung  die  Reise  nicht  antreten  konnte. 
Mit  einem  umfangreichen,  sehr  herzlich  ge- 
haltenen Telegramm  übermittelte  Kamerad 
Hirsch  seine  Grüße  und  Wünsche. 

Wenn  auch  die  Tagesordnung  für  die  Sit- 
zung am  folgenden  Tage  nur  wenige  Punkte 
enthielt,  so  hatten  es  diese  Punkte  doch  „in 
sich"  und  führten  zu  vielstündigen  Diskus- 
sionen  und  zu   einem   höchst   ertragreichen 


Erfahrungsaustausch  unter  den  Geschäfts- 
führern der  Arbeitsfürsorgeeinrichtungen, 
überzeugend  war  dabei  vor  allem  der  Ein- 
druck, daß  es  allen  in  der  Handwerker- 
betreuung tätigen  Kameraden  einzig  und 
allein  darum  geht,  dem  einzelnen  Bürsten- 
macher zu  helfen,  also  den  Absatz  zu  stei- 
gern, die  Unkosten  zu  senken  und  das 
äußerst  mögliche  an  Lohn  zu  zahlen.  Gerade 
bei  der  Erörterung  der  Lohnfrage  erwies 
sich  aber,  unter  welchen  Konflikten  die  ver- 
antwortlichen Beauftragten  stehen.  Denn  in 
allen  Arbeitsgemeinschaften  liegen  der  ge- 
samten Geschäftsführung  genaueste  und 
schärfste  Kalkulationen  zugrunde,  um  den 
Absatz  nicht  durch  hohe  Preise  mehr  zu  ge- 
fährden, als  er  bereits  durch  die  scharfe 
Konkurrenz  gefährdet  ist.  Es  erwies  sich  bei 
den  Diskussionen,  daß  die  Möglichkeiten  und 
Verhältnisse  in  den  einzelnen  Landesver- 
bänden sehr  verschieden  sind  und  daß  man 
nicht  von  heute  auf  morgen  zu  einer  genau 
übereinstimmenden  Einheit  in  den  Methoden 
aller  Arbeitsgemeinschaften  gelangen  kann, 
obwohl  Kam.  Dr.  Plein  seitens  der  Bundes- 
leitung sehr  entschieden  eine  größere  Ein- 
heitlichkeit forderte.  Immerhin  ergab  die 
Sitzung  insofern  einen  wesentlichen  Fort- 
schritt, als  künftig  hinsichtlich  der  Lohn-  und 
Preisgestaltung  unter  den  einzelnen  Arbeits- 
gemeinschaften eine  engere  Zusammenarbeit 
stattfinden  wird.  Vor  allem  soll  von  Nord 
bis  Süd  eine  einheitliche  Staffelung  der 
Löhne  erstrebt  werden,  soweit  nicht  bereits 
jetzt  diese  Einheitlichkeit  vorliegt  oder  auf 
Grund  der  Empfehlung  dieser  Sitzung  in  den 
meisten  Landesverbänden  eingeführt  werden 
kann.  Die  Anregung,  ein  günstigeres  Wirt- 
schaften durch  einen  gemeinsamen  Einkauf 
von  Rohstoffen,   also  durch  einen  selbstän- 


digen  Import,  herbeizuführen,  erwies  sich 
zwar  als  undurchführbar,  zeigte  aber  doch 
das  ständige  Bemühen,  keine  Möglichkeit 
unversucht  zu  lassen,  um  die  Lage  der  kriegs- 
blinden Bürstenmacher  zu  verbessern. 

Ein  sehr  ernstes  Kapitel  ist  bei  diesen 
.Bemühungen  nach  wie  vor  die  Konkurrenz 
der  Schwindelfirmen.  Was  man  an 
neuen  Beispielen  dazu  in  Kassel  hören 
konnnte,  war  höchst  beunruhigend,  zumal 
einzelne  Firmen  einen  Schein  des  Rechtes 
für  sich  in  Anspruch  nehmen  möchten.  Mit 
geradezu  leidenschaftlicher  Entschiedenheit 
wurde  von  den  Beauftragten  unserer  Hand- 
werker verlangt,  daß  das  in  Aussicht  ge- 
stellte Gesetz  zum  Schutze  des 
Handels  mit  Blindenwaren  schnell- 
stens und  ohne  jede  Konzession  erlassen 
wird.  Jeder  Paragraph  des  im  Bundeswirt- 
schaftsministerium entwickelten  Gesetzent- 
wurfes wurde  von  den  verantwortlichen 
Kameraden  genauestens  besprochen,  um  dem 
Vorstand  der  Deutschen  Blindenarbeit  Hand- 
haben für  seine  Beratungen  mit  der  Bundes- 
regierung zu  geben.  Mit  Enttäuschung  wurde 
vernommen,  daß  nicht  alle  zur  Beratung  des 
Gesetzes  hinzugezogenen  Behördenvertreter 
das  nötige  Verständnis  für  die  lebenswich- 
tige Dringlichkeit  dieser  Schutzmaßnahme 
gezeigt  haben,  und  daß  noch  sehr  viel  auf- 
klärende Arbeit  nötig  sein  wird,  ehe  wir 
endgültig  am  Ziel  sind.  Es  war  bei  den  Be- 
ratungen deutlich  zu  spüren,  daß  es  kein 
kriegsblinder  Handwerker  verstehen  wird, 
wenn  unter  dem  Leitwort  „Gewerbefreiheit" 
den  Schwindelfirmen  eine  Fortsetzung  ihres 


s 


n 


ensattoneH 

Man  kann  mit  dem  Inhalt  der  Tageszeitun- 
gen manchmal  wirklich  Kummer  haben.  Wir 
meinen  hier  keine  Druckfehler  wie  etwa 
jenen,  den  sich  in  diesen  Tagen  eine  der 
größten  deutschen  Zeitungen  leistete:  In 
einem  Bericht  über  unsere  Tagung  in  Kassel 
schlich  sich  gleich  beim  ersten  Satz  statt  des 
Wortes  „Kriegsblindenbund"  das  Wort 
„Kreisblindenbund"  ein,  so  daß  der  Leser 
hier  eine  unwichtige  Angelegenheit  von 
lokaler  Bedeutung  vermuten  mußte.  Nein, 
wir  meinen  nicht  solche  Druckfehler,  sondern, 
um  es  deutlich  zu  sagen:  Gesinnungs- 
fehler. Streiten  kann  man  vielleicht  noch 
über  jenen  Vorgang,  der  jetzt  bei  fast  allen 
großen  Zeitungen  von  Nord  bis  Süd  zu  be- 
obachten war:  überall  erschien  ein  etwas 
sentimentaler,  um  nicht  zu  sagen  schwülstiger 
Bericht  mit  Bildern  über  einen  taubblinden 
Kameraden  und  seine  helfende  Verlobte,  die 
ihm  Worte  und  Sätze  durch  ein  System  von 
Fingerberührungen  mitteilte.  Überschrift  in 
einer  Illustrierten:  „So  nimm  denn  meine 
Hände".  Immerhin  aber  mögen  diese  Ver- 
öffentlichungen redlich  gemeint  sein. 

Noch  bezeichnender  für  die  Sensationslust, 
mit  der  in  der  Presse  das  Kriegsblinden- 
schicksal  gern  angegangen  wird,  waren  die 
Berichte  von  dem  tödlichen  Unfall  eines 
Hamburger  Kameraden,  der  von  der  Hoch- 
bahn überfahren  worden  ist.  Sein  Führhund 
sei,  so  hieß  es,  vom  Unglücksort  weg  zu 
seinem  früheren  Herrn  gerannt,  der  den 
Hund  vor  IV2  Jahren  dem  Kriegsblinden- 
bund geschenkt  hätte.  Instinktsicher  habe  der 
Hund  den  Weg  gefunden  und  durch  sein  Be- 
nehmen den  früheren  Herrn  alarmiert,  der 
nun  mit  dem  Hund  zur  Polizeiwache  ging 
und  dadurch  die  Identifizierung  des  Toten 
ermöglicht  hätte.  Andere  Zeitungen  außer- 
halb Hamburgs  berichten  einen  Tag  später 
bereits,  daß  der  Hund  seinen  früheren  Herrn 
zielsicher  zu  der  Unfallstella  gezerrt  hätte, 
Natürlich  mit  Fotos:  der  Hund  vor  der  Tür 
seines  früheren  Herrn.  Tatsache  aber  ist,  daß 
der  Hund  völlig  verstört  in  irgendein  Haus 
gelaufen  ist.  Alles  andere  ist  Erfindung.  Aber 
—  damit  hätten  sich  die  Berichte  ja  kaum 
gelohnt,  nicht  wahr? 


gemeinen  Treibens  erlaubt  wird.  Wir  möch- 
ten daher  auch  an  dieser  Stelle  der  dringen- 
den Hoffnung  von  7Q00  blinden  Handwer- 
kern, deren  Ware  kaum  verkauft  werden 
kann,  Ausdruck  geben,  daß  man  im  Bundes- 
wirtschaftsministerium Wege  findet,  um  das 
Schutzgesetz  raschestens  und  kom- 
promißlos durchzusetzen.  In  den  Kreisen 
der  um  die  Entwicklung  besorgten  blinden 
Handwerker  wird  seit  langem  und  mit  stei- 
gender Erbitterung  gefragt,  ob  es  in  einem 
demokratischen  Rechtsstaat  keine  Wege 
gebe,  um  solche  Firmen  unschädlich  zu 
machen,  die  ohne  echte  Begründung  ihre 
Waren  als  „Blindenarbeit"  bezeichnen,  also 
aus  dem  schweren  Geschick  blinder  Mitmen- 
schen für  private  geschäftliche  Zwecke  auf 
schmählichste  Weise  Profit  schlagen.  Kein 
kriegsblinder  Handwerker  jedoch  und  keine 
unserer  Arbeitsfürsorgeeinrichtungen  ver- 
neint den  Konkurrenzkampf  an  sich.  Nur 
muß  dieser  Konkurrenzkampf  mit  fairen  Mit- 
teln und  bei  aller  Schärfe  in  anständiger 
Form  ausgetragen  werden. 

Die  Sorgen  unserer  Handwerker  sind  groß. 
Die  Absatzschwierigkeiten  halten  an  und 
nehmen  in  einigen  Gebieten  sogar  weiterhin 
noch  zu.  Es  ist  deshalb  von  großer  Wichtig- 
keit, daß  die  Aktion  „Ab  vom  Blindenhand- 
werk",  über  die  wir  im  vorigen  Heft  unserer 
Zeitschrift  berichteten,  Erfolg  hat,  um  die 
Zahl  der  Handwerker  zu  verringern  und 
damit  die  Zahl  der  Aufträge  für  die  verblei- 
benden Handwerker  zu  erhöhen.  Auch  zu 
diesem  Punkt  tauschten  die  Geschäftsführer 
ihre  Erfahrungen  aus. 

Als  Gastgeber  und  als  kriegsblindes  Vor- 
standsmitglied der  Deutschen  Blindenarbeit 
sprach  Kamerad  R  o  s  n  e  r  (Kassel)  in  seinem 
Schlußwort  den  festen  Willen  aller  in  der 
Arbeitsfürsorge  tätigen  Kameraden  aus,  zur 
Zufriedenheit  der  kriegsblinden  Handwerker 
und  allein  zu  deren  Wohl  weiterhin  tätig  zu 
sein. 

Amtsgerichtsrat  Dr.  Plein  dankte  als  Bun- 
desvorsitzender für  die  mustergültige  Durch- 
führung der  Tagung  und  berief  für  die  späten 
Abendstunden  des  26.  Mai  eine  Bundesvor- 
standssitzung ein,  an  der  auch  mehrere  Lan- 
desverbandsleiter als  Gäste  teilnahmen. 

Eine  wichtige  DBA- Vorstandssitzung 

Am  28.  Mai,  also  am  Tage  nach  der  Sitzung 
der  Geschäftsführer  der  Kriegsblindenarbeits- 
fürsorge,  trat  —  ebenfalls  in  Kassel  —  der 
Vorstand  der  Deutschen  Blindenarbeit  e.  V. 
(DBA)  unter  Vorsitz  von  Direktor  Meurer 
(Witten)  zu  einer  Sitzung  zusammen,  an  der 
seitens  des  Bundes  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  der  Bundesvorsitzende,  Amts- 
gerichtsrat Dr.  Plein,  und  (als  Vorstandsmit- 
glied der  DBA)  Kamerad  Rosner,  Kassel, 
teilnahmen. 

Von  dem  Verlauf  der  Tagung  erfahren  wir, 
daß  zunächst  der  Geschäftsführer,  Herr  Rieve, 
über  die  Kassenführung  und  Finanzlage 
einen  Bericht  erstattete,  der  gebilligt  wurde. 
Punkt  2  der  Tagesordnung  betraf  die  Mit- 
gliederversammlungen in  den  Ländern  — 
hier  ist  die  DBA  bereit,  die  Durchführung  im 
Benehmen  mit  den  Landesvorständen  in  die 
Hand  zu  nehmen  — ,  sowie  die  diesjährige  Län- 
dervertreterversammlung,  die  Ende  Oktober 
in  Wiesbaden  stattfinden  soll.  Für  dieKriegs- 
blindenarbeitsfürsorge  besonders  wichtig  war 
die  Erörterung  der  Frage  des  Blindenwaren- 
absatzes  außerhalb  der  eigenen  jeweiligen 
Ländergrenzen.  Hier  lagen  gerade  sei- 
tens unserer  Schicksalsgemeinschaft  dring- 
liche Beschwerden  vor.  Nun  soll  künftig 
seitens  der  DBA  mit  Nachdruck  auf  die 
Einhaltung  der  Ländergrenzen 
hingewiesen  werden,  um  den  entsprechenden 
Beschluß  der  Länderversammlung  der  DBA 
vom  Oktober  1951  zu  Königswinter  zu  ver- 
wirklichen. 

Bei  der  Erörterung  des  geplanten  Gesetzes 
zum  Schutz  des  Blindenwarenhandels  wurde 
mitgeteilt,  daß  die  bisherigen  Verhandlungen 


noch  nicht  zu  dem  gewünschten  Ergebnis  ge- 
führt haben.  Es ,  sind  nicht  nur  weitere  Ver- 
handlungen mit  verschiedenen  Stellen  der 
Bundesregierung  notwendig,  sondern  vor 
allem  auch  mit  den  zuständigen  Länder- 
ministerien,  um  auch  hier  mehr  Ver- 
ständnis für  die  Nöte  und  Notwendigkeiten 
der  blinden  Handwerker  zu  wecken. 

Wichtig  waren  auch  —  neben  dem  Be- 
schluß, bei  Aufnahme  neuer  Mitglieder 
strenge  Maßstäbe  anzulegen  —  die  Erörte- 
rungen zu  der  Aktion  „Ab  vom  Blinden- 
handwerk",  die  eine  Verringerung  der  An- 
zahl der  Handwerker  zum  Ziel  hat.  Die  DBA 
will  demnächst  einen  Werbeprospekt  her- 
ausgeben, der  die  Möglichkeiten  anderer 
Blindenberufe  zeigt.  Mit  einer  ähnlichen 
Maßnahme  hat  man  in  England  gute  Erfolge 
gehabt.  Die  DBA  ist  im  Rahmen  dieser  Aktion 
„Ab  vom  Blindenhandwerk"  nicht  für  die 
Umschulung  und  neue  Berufsunterbringung 
zuständig. 

Krankenscheine  für  Kriegsblinde 

Immer  noch  sind  verschiedentlich  Zweifel 
über  die  Ausstellung  von  Bundesbehand- 
lungsscheinen für  Kriegsblinde  bei  den  Kran- 
kenkassen vorhanden.  Es^  sei  deshalb  auf 
folgendes  hingewiesen: 

Solche  Kriegsblinde,  die  in  einer  Ver- 
sicherung sind  oder  eine  Angestellten-  bzw. 
Invalidenrente  beziehen  und  daher  als  Sozial- 
rentenempfänger versichert  sind,  erhalten 
den  weißen  Behandlungsschein.  Für  Ver- 
sorgungsleiden, also  für  solche  Leiden,  die  in 
direktem  Zusammenhang  mit  der  Kriegs- 
beschädigung stehen,  wird  der  rote  Bundes- 
behandlungsschein erteilt.  Kriegsblinde,  die 
nicht  durch  ihre  Zugehörigkeit  zur  Ange- 
stellten- oder  Invalidenversicherung  ver- 
sichert sind,  haben  für  die  Behandlung  sol- 
cher Leiden,  die  nicht  Versorgungsleiden 
sind,  Anspruch  auf  den  grünen  Bundes- 
behandlungsschein. Wenn  die  Krankenkassen 
auf  Grund  der  allgemeinen  Bestimmungen 
zur  Erteilung  des  Bundesbehandlungsscheines 
die  Ausgabe  des  grünen  Scheines  verweigern, 
so  ist  darauf  hinzuweisen,  daß  bei  Emp- 
fängern einer  Pflegezulage  Ausnahme- 
bestimmungen bestehen.  Es  wird  daher 
auf  den  Erlaß  im  Bundesverordnungsblatt 
Nr.  8/51,  Seite  354,  vom  24.  Juli  1951  hin- 
gewiesen, worin  es  ausdrücklich  heißt:  „Es 
entspricht  nicht  dem  Sinne  dieser  Vorschrift, 
Empfänger  einer  Pflegezulage  . . .  von  dem 
Anspruch  auf  Heilbehandlung  und  Kranken- 
behandlung auszuschließen,  zumal  diese  Be- 
schädigten wegen  der  Schwere  ihrer  Beschä- 
digung die  Heilbehandlung  im  Wege  der 
freiwilligen  Versicherung  in  der  Regel  nicht 
sicherstellen  können."  Es  geht  aus  diesem 
Erlaß  einwandfrei  hervor,  daß  bei  Empfän- 
gern einer  Pflegezulage,  wenn  sie  nicht  als 
Versicherte  den  Anspruch  auf  den  weißen 
Behandlungsschein  haben  (s.  o.),  stets  der 
grüne  Behandlungsschein  bei 
Nichtversorgungsleiden  zu  erteilen  ist. 

Ein  Schlesiertreffen 

Anläßlich  des  Bundestreffens  der  Schlesrer 
in  Hannover  vom  19.  bis  22.  Juni  ist  auch 
eine  Zusammenkunft  unserer  schlesischen 
kriegsblinden  Kameraden  vorgesehen.  Dieses 
gemeinsame  Treffen  unserer  Kame- 
raden findet  am  Sonntag,  dem  2  2.  Juni, 
um  15  Uhr  in  der  Messehalle  zu  Hanno- 
ver statt.  Die  schlesischen  Heimatkreise 
und  Heimatzeitungen  sind  bereits  unterrich- 
tet, so  daß  jeder  interessierte  Kamerad  bei 
seinem  Heimatverband  Näheres  erfahren 
kann.  In  der  Messehalle  selbst  werden  ent- 
sprechende Hinweise  vorhanden  sein,  so  daß, 
jeder  Kamerad  den  Weg  zu  der  Veranstal- 
tung finden  kann.  Ob  der  Bundesvorsitzende, 
Kam.  Dr.  Plein,  an  der  Veranstaltung  teil- 
nehmen kann,  ist  wegen  seiner  geplanten 
Reise  zu  den  Braille-Feiern  nach  Paris  noch 
ungewiß.      '  : :  < 


Die  Kriegsblinden  der  USA  und  ihre  Ziele 

Von  Peter  J.  McKenna,  Jr.,  Präsident  des  amerikanischen  Kriegsblindenbundes 

Wir  heuen  uns,  zum  ersten  Mal  einen  umfassenden  Bericht  über  den  amerikanischen 
Krieg sblindenbund  veröffentlichen  zu  können.  Der  Verfasser  ist  Präsident  des  ameri- 
kanischen Kriegsblindenbundes,- der  die  1800  Kriegsblinden  der  Nation  betreut.  Nach 
Beendigung  der  Schulzeit  in  Washington  wurde  er  im  letzten  Kriege  Soldat.  Bei  den 
Kämpfen  in  Europa  schwer  verwandet  und  erblindet,  kehrte  er  nach  den  USA  zurück, 
wo  er  mit  großer  Energie  seine  Studien  wieder  aufnahm.  Er  bereitet  sich  jetzt  auf  die 
Laufbahn  eines  Berufsberaters  vor. 


Die  Stadt  Avon  in  Connecticut,  USA,  war 
im  März  1945  Tagungsort  für  eine  Kon- 
ferenz besonderer  Art.  Amerikanische  Kriegs- 
blinde aus  allen  Bundesstaaten  waren  hier 
zusammengekommen,  um  eine  Organi- 
sation zu  gründen,  die  sich  ihrer  Probleme 
und  Nöte  annehmen  sollte. 

Oberstes  Ziel:  der  Friede 
Worauf  es  diesen  Kriegsopfern  vor  allem 
ankam,  war  weniger  finanzielle  Hilfe  als 
eine  Betreuung  in  medizinischer,  seelischer 
und  sozialer  Hinsicht.  Sie  waren  fest  ent- 
schlossen, eine  Organisation  zu  schaffen, 
deren  Arbeit  die  Unterstützungsmaßnahmen 
des  Staates  wesentlich  ergänzen  sollte. 
Alle  Anwesenden  kannten  ja  aus  eigener 
Erfahrung  die  besonderen  Schwierigkeiten 
von  Menschen,  die  das  Augenlicht  verloren 
haben,  und  wußten  daher  am  besten,  wie 
diesen  Nöten  zu  begegnen  sei.  Sie  wollten 
„dem  Kriegsblinden  helfen,  den  richtig-en 
PlatzinderGemeinschaftseiner 
Kameraden  zu  finden,  und  in  gemein- 
samer Arbeit  mit  diesen  dem  Welt- 
frieden zu  dienen".  Dieser  Satz  ist  zum 
Leitmotiv  der  damals  gegründeten  „Blinded 
Veterans  Association  —  BVA",  des  ameri- 
kanischen    Kriegsblindenbundes     geworden. 

Die  Organisation 
Der  Vorstand  des  BVA  besteht  aus 
neun  gewählten  Mitgliedern.  Ein  geschäfts- 
führender Direktor  und  ein  Verbands- 
sekretär, beides  Kriegsblinde,  sind  für  die 
Wahrnehmung  der  Aufgaben  dieser  Orga- 
nisation   verantwortlich.    Das   Arbeitsgebiet 


reicht  von  der  psychologischen  Hilfestellung 
für  den  einzelnen  Leidensgenossen  bis  zur 
Pflege  internationaler  Beziehungen;  etwa  ein 
Viertel  aller  aktiven  Mitglieder  wird  z.  Z. 
ständig  betreut. 

Die  Organisation  sieht  ihre  unmittelbare 
Aufgabe  darin,  ihren  Mitgliedern  die  Er- 
fahrungen jener  Kameraden  zugute  kom- 
men zu  lassen,  die  ihren  Weg  bereits  wieder 
in  die  Gemeinschaft  zurückgefunden 
haben.  Der  BVA  will  diese  Menschen,  die 
durch  ihre  Verletzung  plötzlich  vor  unüber- 
windlich scheinende  Schwierigkeiten  gestellt 
wurden,  in  die  Lage  versetzen,  mit  ihren 
Problemen  selbst  fertig  zu  werden  und 
sich  nicht  als  Almosenempfänger  der  Ge- 
sellschaft fühlen  zu  müssen.  Jeder  wird 
über  die  beruflichen  Erfolge  von  Leidens- 
genossen ständig  auf  dem  Laufenden  ge- 
halten und  durch  fachmännische  Beratung 
und  Anleitung  dazu  ermutigt,  einem  B  e  - 
ruf  nach  eigener  Wahl  nachzugehen. 

In  Fühlung  mit  Sehenden 

Der  BVA  wird  von  der  US-Veterans  Ad- 
ministration, der  Amerikanischen  Bundes- 
behörde für  Kriegsteilnehmerversorgimg, 
als  die  offizielle  Vertretung  der  amerikani- 
schen Kriegsblinden  anerkannt.  Er  gibt 
ein  Mitteilungsblatt  heraus,  das  an  alle 
Kriegsblinden  verteilt  wird,  gleichgültig  ob 
sie  Mitglieder  sind  oder  nicht;  es  wird  von 
Blinden  selbst  geschrieben  und  redigiert. 
Die  Organisation  gliedert  sich  in  23  regionale 
Gruppen,  die  regelmäßige  Zusam- 
menkünfte   mit    B  ü  r  g  e  r  v  er  e  in  e  n 


veranstalten,  um  durch  solche  persönliche 
Fühlungnahmen  die  Bande  zwischen  der 
BVA  und  der  Oeffentlichkeit  zu  festigen. 
Es  wird  damit  erstrebt,  die  Vorurteile  der 
Allgemeinheit  hinsichtlich  des  Leistungs- 
vermögens der  Blinden  zu  korrigieren. 

Forschungshilfe 
Im  Rahmen  seiner  Tätigkeit  unterstützt 
der  BVA  im  Interesse  der  Blinden  weit- 
gehend die  wissenschaftliche  For- 
schung. Man  hofft,  daß  durch  die  Bereit- 
stellung ausreichender  Mittel  die  Kon- 
struktion verbesserter  Hilfsgeräte  wie  radar- 
ähnlicher Führungsapparate,  Lese- 
und  Tastgeräte  sowie  Spezialaufnahme- 
apparate  unter  besonderer  Berücksichtigung 
fotoelektrischer  Effekte  ermöglicht  wird. 
Einer  psychiatrischen  Behandlung 
nach  modernsten  Gesichtspunkten,  Eig- 
nungsprüfungen und  Gedächt- 
nisübungen wird  größte  Aufmerksam- 
keit zugewandt. 

Wenn  auch  der  amerikanische  Kriegs- 
blindenbund  in  erster  Linie  den  Charakter 
einer  nationalen  Organisation  trägt,  so  sind 
seine  Mitglieder  doch  überzeugt,  daß  die 
Verbundenheit  mit  den  Kriegsblinden 

anderer  Nationen 
durch  das  gemeinsame  Leid  stärker  ist  als 
nationale  Gegensätze.  In  der  Pflege  freund- 
schaftlicher Beziehungen  erblicken  sie.  ihren 
Beitrag  zur  internationalen  Verständigung 
und  zum   Weltfrieden. 

Zur  Realisierung  dieses  Gedankens  steht 
der  BVA  in  engster  Zusammenarbeit  mit  den 
Verbänden  der  Kriegsblinden  in  Kanada, 
Großbritannien,  Neuseeland  und  Australien, 
ferner  mit  dem  Landesinvalidenamt  für 
Oesterreich,  auch  sind  erste  Verbindungen 
zu  einzelnen  Stellen  und  Instituten  in 
Deutschland  hergestellt,  ebenso  nach  Italien 
und   Frankreich   hin. 

In  dem  aufrichtigen  und  unermüdlichen 
Bestreben,  sein  Programm  zu  verwirklichen, 
hofft  der  BVA.  anderen  Mitmenschen  ein 
ähnliches  Schicksal  ersparen  zu  können. 


Gegen  die  Unsicherheit  im  Großstadtverkehr! 

Tödlicher  Unfall  eines  Hamburger  Kameraden  —  Haben  die  sehenden  Mitmenschen  versagt? 


Die  zunehmende  Unsicherheit  im  Groß- 
stadtverkehr gefährdet  nichtsehende  Men- 
schen ganz  besonders.  Eine  traurige  Nach- 
richt aus  Hamburg  bestätigt  das  aufs  neue. 
Nachdem  dort  schon  vor  einigen  Jahren  ein 
Kamerad  bei  einem  Autounfall  den  Tod  fand 
und  erst  kürzlich  die  Gattin  eines  Kameraden 
einen  schweren  Unfall  erlitt,  geschah  am 
12.  Mai  ein  Unglück,  dessen  Hergang  für  die 
besonderen  Schwierigkeiten,  unter  denen  ein 
Kriegsblinder  in  der  Großstadt  zu  leben  hat, 
besonders   bezeichnend  ist: 

Unser  Kamerad  Alfred  Bardischewski  war 
bei  der  Hamburger  Hochbahn- AG  als  Bürsten- 
macher beschäftigt  —  als  einer  der  ersten 
fand  er  schon  vor  Jahren  dort  Arbeit  —  und 
verließ  nach  Feierabend  seine  Werkstatt,  um 
in  gewohnter  Weise  nach  Hause  zu  fahren. 
Er  benutzte  dazu  in  Begleitung  seines  Führ- 
hundes einen  Hochbahnzug,  stieg  jedoch 
irrtümlich  eine  Station  zu  früh 
aus.  In  der  Annahme,  daß  er  am  Ziel  sei, 
begab  sich  Kam.  Bardischewski  zum  Ende  des 
Bahnsteigs,  dorthin,  wo  er  den  Ausgang  wie 
immer  zu  erreichen  vermutete.  Er  wußte 
nicht,  daß  er  an  der  falschen  Haltestelle  aus- 
gestiegen war  und  daß  hier  der  Ausgang  in 
entgegengesetzter  Richtung  liegt.  So  näherte 
er  sich  dem  spitz  zulaufenden  Ende  des  Bahn- 
steigs im  Glauben,  daß  es  der  Weg  sei,  den 
er   seit   Jahren   täglich   machte.   Im  letzten 


Augenblick  muß  er  zwar  festgestellt  haben, 
daß  er  falsch  gegangen  ist,  denn  eben  hatte 
er  kehrtgemacht,  als  ein  neuer  Hochbahn- 
zug einlief.  Der  Unglückliche  ging  jedoch 
zu  nahe  an  der  Bahnsteigkante  entlang  und 
wurde  vom  Zuge  erfaßt.  Obwohl  der 
Fahrer  des  Zuges  sofort  Rückwärtsstrom  gab 
und  nach  wenigen  Metern  stand,  war  es  zu 
spät:  unser  Kamerad  wurde  zwischen  Bahn- 
steigkante und  Wagen  eingeklemmt  und  so 
schwer  verletzt,  daß  er  kurz  darauf  starb. 
Der  Tote  konnte  erst  geborgen  werden,  nach- 
dem die  Feuerwehr  ein  Stück  aus  der  Bahn- 
steigkante herausgestemmt  und  den  Hoch- 
bahnwagen angehoben  hatte. 

Der  Führhund,  an  sich  ein  zuverlässiges 
Tier,  war  mit  den  unbekannten  Verhältnissen 
auf  diesem  Bahnhof  naturgemäß  nicht  ver- 
traut. So  wäre  es  ungerecht,  Vorwürfe  gegen 
den  Hund  zu  erheben.  Er  riß  sich  im  übrigen 
los,  stürzte  heulend  davon  und  über  einen 
hohen  Drahtzaun  in  die  Stadt  hinein,  jedoch 
nicht  zu  seinem  früheren  Herrn,  wie  manche 
Zeitungen  berichtet  haben,  sondern  in  irgend- 
ein Haus,  vermutlich,  weil  ihn  eine  Straßen- 
bahn oder  sonst  ein  schweres  Fahrzeug  er- 
schreckte. Der  Hund  ist  völlig  verstört,  be- 
sonders wenn  er  solche  Fahrzeuggeräusche 
hört,  und  ist  für  den  Dienst  als  Führhund 
nicht  mehr  zu  verwenden  —  im  Grunde  ein 
Beweis  für  seine  Treue  und  sein  Pflichtgefühl. 


Er  befindet  sich  jetzt  in  der  Hamburger  Führ- 
hundschule. 

Die  genauen  Ursachen  für  das  Unglück 
kann  niemand  ergründen.  Es  kann  kein 
Zweifel  daran  bestehen,  daß  bei  unserem 
Kameraden  Bardischewski  ein  Konzentra- 
tionsfehler vorlag,  der  allen  anderen  Kriegs- 
blinden zur  Warnung  dienen  sollte.  Ein  sol- 
cher Konzentrationsfehler  ist  leider  allzu 
natürlich,  denn  die  Nervenbeanspruchung 
im  Großstadtverkehr  übersteigt  oft  die  Lei- 
stungsfähigkeit eines  Kriegsblinden.  Viel 
bedenklicher  aber  ist,  daß  nach  vielerlei  Be- 
richten hier  die  sehenden  Mitmenschen  ver- 
sagt haben.  Sehr  plastisch  kommt  das  in 
Leserzuschriften  an  verschiedene  Hamburger 
Tageszeitungen  zum  Ausdruck.  So  schreibt 
z.  B.  die  Leiterin  der  Abteilung  Blindenführ- 
hunde  im  Tierschutzverein,  Frau  Juliane 
Fischer:  „In  dem  Bericht  Ihrer  Zeitung  heißt  es: 
,. . .  und  irrte  auf  dem  Bahnsteig  umher  . . .', 
an  einer  anderen  Stelle:  ,Als  andere  Fahr-  . 
gaste  endlich  dem  Fahrdienstleiter  Be- 
scheid sagten  und  dieser  dem  Mann  nach- 
eilen wollte',  usw.  —  Ist  das  nicht  eine 
furchtbare  Anklage?!  Warum  griff  keiner  der 
Fahrgäste  tatkräftig  selbst  ein,  warum  mußte 
erst  dem  Fahrdienstleiter  eine  Mitteilung 
gemacht  werden?!  Die  Mitmenschen  beob- 
achten sehr  oft  interessiert  das  Verhalten 
des  Führhundes,  statt  aktiv  dem  Erblindeten 


beizuspringen.    Die    Führhunde    sind    keine 
Wundertiere!" 

Und  die  Mutter  eines  Kriegsblin- 
den schreibt:  „Ich  kann  nicht  verstehen, 
weshalb  die  Fahrgäste  dem  Blinden  nicht 
sofort  zu  Hilfe  geeilt  sind.  Es  war  doch 
offensichtlich,  daß  er  den  Weg  verloren 
hatte!  Die  Menschen  sind  im  allgemeinen 
eben  doch  nicht  hilfsbereit  genug!  Mein  Sohn 
hat  diese  Erfahrung  schon  oft  machen  müs- 
sen. Als  er  einmal  beim  Aussteigen  aus  der 
Straßenbahn  neben  sich  Stimmen  hörte,  fragte 
er,  ob  die  Straße  frei  sei  —  er  bekam  keine 
Antwort!  Auch  als  er  hilflos  mit  seinem 
Hund  mitten  auf  der  Fahrbahn  der  Möncke- 
bergstraße  stehenbleiben  mußte,  weil  ein 
Auto  nach  dem  anderen  an  ihm  vorbeifuhr, 
konnte    es    geschehen,    daß    er    von    einer 


Straßenbahn    angefahren    wurde,    weil    sich 
niemand  um  ihn  kümmerte." 

Mancherlei  Zuschriften  an  Hamburger 
Tageszeitungen  berichten  von  ähnlichen 
Fällen,  in  denen  die  sehenden  Mitmenschen 
einen  Kriegsblinden  in  Gefahr  ohne  Hilfe 
lassen,  obwohl  gewiß  auch  gerade  in  Ham- 
burg viele  hilfsbereite  Menschen  den  Kriegs- 
blinden beistehen. 

Um  die  Aufmerksamkeit  aller  Passanten 
auf  diese  Gefährdung  durch  den  Großstadt- 
verkehr hinzuweisen  und  um  weitere  so 
tragische  Unglücksfälle  zu  verhüten,  berief 
der  Vorstand  des  Landesverbandes  Hamburg 
für  den  Abend  des  29.  Mai  im  Winterhuder 
Fährhaus  eine  außerordentliche  Versamm- 
lung ein,  über  die  wir  im  folgenden  berichten. 


. . .  und  die  Hamburger  Kundgebung 

Polizeipräsident    Georges    und  Dr.  Heinz  Brüll  sprachen 


Bei  der  Nachricht  von  dem  tragischen  Tod 
unseres  Kameraden  Bardischewski  mögen 
sich  viele  Kriegsblinde  ihre  eigenen  Ge- 
danken gemacht  haben,  und  mancher  von 
uns  wird  sich  dessen  bewußt  gewesen  sein, 
daß  auch  er  es  hätte  sein  können.  Wenn  der 
Unfall  auch  durch  Verkettung  mehrerer  un- 
glücklicher Umstände  eintraf,  so  sah  sich  der 
Vorstand  des  Landesverbandes  Hamburg 
dennoch  veranlaßt,  auf  die  Gefahren  hinzu- 
weisen, mit  denen  der  Kriegsblinde  im  Groß- 
stadtverkehr fertig  zu  werden  hat.  Außer 
den    Kameraden    waren    auch    viele    Gäste 


sowie  Rundfunk  und  Presse  geladen,  um 
unserer  Bitte  um  Rücksicht  und  Hilfe  im 
Großstadtverkehr  in  der  Öffentlichkeit  das 
nötige  Echo  zu  geben. 

Kamerad  Arthur  Hoffmann,  der  zweite 
Vorsitzende  des  Landesverbandes,  begrüßte 
die  zahlreichen  Gäste:  Vertreter  des  Senats, 
der  Behörden,  der  Bundesbahn  und  der  übri- 
gen Verkehrsunternehmen,  ebenso  Vertreter 
vom  Roten  Kreuz,  vom  Tierschutzverein, 
Verkehrswacht  und  anderen  Organisationen. 

Dann  ergriff  der  Vorsitzende  des  Landes- 
verbandes Hamburg,  Kam.  E  w  a  1  d  M  e  y  e  r, 


das  Wort  zu  einem  einführenden  Referat.  Er 
richtete  einen  ernsten  Appell  an  alle  Ver- 
kehrsteilnehmer, bei  dem  steigenden  Groß- 
stadtverkehr an  diejenigen  Mitbürger  zu 
denken,  die  der  Rücksichtnahme  und  Mit- 
hilfe bedürfen.  Er  gab  dabei  einen  bewegen- 
den Einblick  in  die  Anforderungen  und  Be- 
lastungen, denen  der  Kriegsblinde  mit  sei- 
nem Hund  im  Großstadtverkehr  täglich  un- 
terworfen ist,  besonders  auf  seinem  Wege 
zum  Arbeitsplatz  und  zurück.  Mit  drastischen 
Beispielen  des  grauen  Alltags,  die  jeder  von 
uns  schon  einmal  erlebt  hat,  machte  Kam. 
Meyer  seine  Dafstellung  so  lebendig  und 
deutlich,  daß  jedermann,  zumal  die  Vertreter 
von  Presse  und  Rundfunk,  die  Dringlichkeit 
einer  Abhilfe  bestätigen  mußte. 

„Laßt  euch  helfen!" 

Da  der  Kriegsblinde  wie  jeder  andere 
Mensch  berufstätig  ist,  muß  er  zu  den 
Hauptverkehrszeiten  die  Verkehrs- 
mittel benutzen.  Gerade  zu  diesen  Zeitpunk- 
ten werden  also  an  den  Kriegsblinden  und 
vor  allem  an  den  Führhund  ungewöhnliche 
Anforderungen  gestellt.  Dementsprechend 
könne  nur,  so  betonte  Kam.  Meyer,  der  beste 
Hund  geeignet  sein,  als  Führhund  ausge- 
bildet zu  werden.  Neben  der  Auswahl  des 
Hundes  müsse  aber  auch  seiner  Ausbildung 
und  se'iner  Unterbringung  ein  besonderes 
Augenmerk  geschenkt  werden.  Das  Halten 
eines  Hundes  in  der  Wohnung  wird  dem 
Hund  nicht  die  Erholung  bringen,  wie  er  sie 
in  einem  Zwinger  findet.  Wenn  irgend  mög- 
lich, sollte  also  der  Kriegsblinde  seinen 
Hund  im  Freien,  in  Zwinger  und  Hunde- 
hütte, unterbringen.  Der  Hund  sei  dann  aus- 


WIR  BAUEN 

Gaswerke,  Kokereien  und  Anlagen  zur  Gewinnung  aller 
Produkte  der  Steinkohlen-  und  Braunkohlenveredelung 

DIDIER  KOGAG-HINSELMANN 

KOKSOFENBAU  UND  GASVERWERTUNG  A.  G.,  ESSEN 


Was  er  als  Opfer  " 
zu  bringen  hat, 
ist  das  Geheimnis 
jedes  einzelnen. 

ALB.  SCHWEITZER 
N/H.  01478 


Neue  Rheinbrücke  Duisburg 


|||m1|Ijj  ^j^^^^^^^^^^^ 


Nichts  ist  für  den 

Mensdien  etwas  wert, 

was  er  nidit  mit 

Leidensahalt  tun  kann. 

MAX   WEBER 

V/Sch.  01505 

Klöckner  &  Co.,  Duisburg 


»11 


geruhter  und  auch  widerstandsfähiger  gegen 
Krankheiten. 

Einen  praktischen  Verbesserungsvorschlag 
richtete  Kam.  Meyer  zum  Schluß  an  die  Ham- 
burger Hochbahn  mit  der  Bitte,  auf  den 
Bahnhöfen  oder  in  den  Zügen  Laut- 
sprecheranlagen anzubringen.  Alle 
Fahrgäste  würden  dankbar  sein,  und  Ham- 
burg würde  damit  nur  dem  Beispiel  anderer 
Städte  folgen.  Und  an  seine  Kameraden  rich- 
tete er  die  Bitte,  sich  von  den  sehenden 
Mitbürgern  bei  der  Bewältigung  des  Groß- 
stadtverkehrs helfen  zu  lassen  und  sich  ein 
aufmerksames  Gefühl  dafür  zu  bewahren, 
wo  die  Grenzen  der  Leistungsfähigkeit  eines 
|  Hundes  überschritten  werden  und  mensch- 
liche Hilfe  in  Anspruch  genommen  werden 
;  muß.  Mit  starkem  Beifall  und  lebhaftem  In- 
teresse wurden  diese  sachkundigen  Ausfüh- 
rungen aufgenommen. 

„Jeder  für  sich  und  Gott  nur  für  den 
Starken" 

Polizeipräsident  Georges  er- 
griff nun  das  Wort  und  gab  einen  er- 
schreckenden Überblick  über  die  Entwick- 
lung des  Verkehrs  und  der  Unfallstatistik. 
Die  Gefahren  haben  sich  verdoppelt,  ja,  in 
gewisser  Hinsicht  verdreifacht.  Ebenso  auf- 
schlußreich wie  bedrückend  waren  die  Ur- 
sachen, die  der  Polizeipräsident  dafür  kenn- 
zeichnete: das  „Sichdurchsetzen"  des 
einzelnen  Menschen  in  der  Kriegszeit  und 
in  den  furchtbaren  Nachkriegsjahren  hat  eine 
gewisse  Verrohung  mit  sich  gebracht,  ein 
Abstumpfen  des  Verantwortungsgefühls  für 
den  Mitmenschen  und  das  Fehlen  der  Fähig- 
keit der  Güterabwägung  bei  jungen  Men- 
schen, die  allzu  Furchtbares  erlebt  haben.  So 
Sri  also  für  die  Bekämpfung  der  Verkehrs- 
unsicherheit in  erster  Linie  die  Umerzie- 
hung der  Menschen  notwendig.  Es  müsse 
aufs  neue  die  Achtung  vor  dem  Leben  und 
der  Gesundheit  des  Mitmenschen  geweckt 
werden,  das  Gefühl  für  notwendige  Rück- 
sichtnahme und  Verantwortung,  so  wie  man 
das  in  anderen  Ländern  beobachten  könne, 
z.  B.  in  Schweden,  vor  allem  in  England. 

Polizeipräsident    Georges    schilderte    gute 

Beispiele   der  Verkehrsdisziplin,   wie  er  sie 

.  in  London  erlebt  hat.  Eine  solche  Erziehung 

sei  eine  vornehme  Aufgabe  des  Rundfunks 

und   der   Presse,    aber   auch   jeder   einzelne 


Ein  Schnappschuß 

Unser  Reporter  beobachtete  zufällig, 
wie  an  einem  Samstagnachmittag 
ein  Kriegsblinder,  nur  unter  Zuhilfe- 
nahme seines  Stockes,  durch  die 
verkehrsreichen  Straßen  einer  Groß- 
stadt ging  und  wie  sich  immer  wie- 
der beim  überqueren  von  Straßen 
helfende  Passanten  landen,  die  un- 
seren Kameraden  geleiteten.  Der 
Reporter  ging  dem  Kriegsblinden, 
dem  sein  Weg  an  sich  vertraut 
zu  sein  schien,  eine  Zeitlang  nach. 
Der  Kriegsblinde  überquerte  vier 
Straßen,  und  es  fanden  sich  vier 
hilfsbereite  Menschen.  So  sollte  es 
immer  sein:  daß  sich  mit  unauf- 
dringlicher Selbstverständlichkeit 
hellende  Hände  bemühen,  und  daß 
der  Kriegsblinde  sich  mit  gleicher 
Selbstverständlichkeit  helfen  läßt. 
Foto:    Hans-Georg   Stoike 


könne  durch  sein  Beispiel  und  sein  eigenes 
Verhalten  zu  einer  Wandlung  beitragen.  Ein 
besonders  krasses  Zeichen  unverantwort- 
lichen geistigen  Verhaltens  seien  die  sich 
mehrenden  Fälle  von  Fahrerflucht.  Gegen 
alle  notorischen  Verkehrssünder  müsse  mit 
Strenge  vorgegangen  werden.  Neben  den 
üblichen  Maßnahmen  der  Polizei  (Verkehrs- 
regelung, Fahrzeugkontrollen  usw.)  sei  die 
Polizei  immer  bemüht,  den  Schwächeren  im 
Verkehr  zu  helfen.  Daher  könne  der  Herauf- 
setzung der  Höchstgeschwindig- 
keit von  40  auf  60  km  im  Stadtgebiet  unter 
gar  keinen  Umständen  zugestimmt  werden, 
denn  der  Gefahrenfaktor  würde  sich  damit 
verfünffachen.  Hauptursache  aller 
Verkehrsunfälle  sei  die  Unzulänglichkeit  des 
Menschen  und  die  traurige  Einstellung: 
„Jeder  für  sich  und  Gott  nur  für  den  Star- 
ken." Solche  Auffassungen  müßten  ver- 
schwinden. 

Die  Überschätzung  des  Hundes 

Zum  Thema  „Der  Führhund  im 
Großstadtverkehr"  sprach  sodann 
Dr.  Heinz  Brüll  vom  Institut  für  Um- 
weltforschung der  Universität  Hamburg.  Er 
wies  darauf  hin,  daß  die  meisten  Menschen 
die  Fähigkeiten  eines  Hundes  überschätzen, 
und  zwar  gerade  tierliebende  Menschen,  die 
dem  Vierbeiner  Fähigkeiten  zuschreiben, 
wie  sie  oft  bei  Menschen  vermißt  werden. 
Man  denke  nur  an  die  zahlenlesenden 
Dackel!  Der  Hund  sei  aber  ein  Meutetier, 
das  dürfe  nicht  übersehen  werden,  und  ein 
Hetzreißer,  der  seine  Beute  hetzt  und  reißt. 
Bei  der  Ausbildung  eines  Hundes  zum  Führ- 
hund sei  die  Ausnutzung  dieser  Urtriebe 
oder  deren  Abgewöhnung  und  Einschrän- 
kung von  größter  Wichtigkeit.  Aus  diesen 
Urtrieben  und  Gewohnheiten  erklären  sich 
auch  besondere.  Fähigkeiten  des  Hundes,  die 
ihn  gerade  als  Blindenbegleiter  geeignet 
'  machen.  Die  gleichen  Veranlagungen  er- 
geben aber  auch  Schwierigkeiten  —  man 
denke  nur  an  das  „Schnüffeln",  das  den 
Hund  beim  Führen  ablenkt.  Auch  bedeutet 
für  einen  wesensstarken  Hund  das  Anlegen 
des  Geschirrs  ein  Behindern  seiner  Bewe- 
gungsfreiheit, das  seine  Sicherheit  beein- 
trächtige und  das  richtige  Reagieren  er- 
schwere. 


Der  Hund  müsse  also  umlernen,  und  das 
sei  für  ihn  außerordentlich  schwer.  Nur  die 
besten  Hunde  könnten  also,  und  damit 
unterstrich  Dr.  Brüll  die  Forderungen  von 
Kam.  Meyer,  den  an  sie  zu  richtenden  An- 
forderungen gewachsen  sein.  Die  Sicherheit 
des  Blinden  hänge  ja  von  der  immer  gleich- 
mäßig guten  Leistung  des  Hundes  ab,  der 
mehr  können  müsse,  als  nur  Bordkanten  an- 
zuzeigen. Dr.  Brüll  ging  zum  Schluß  auf  das 
Verhältnis  von  Herr  und  Hund  ein  und  un- 
terstrich die  Ausführungen  des  Kam.  Meyer. 
Jeder  Kriegsblinde  müsse  sich  aber  darüber 
klar  sein,  daß  der  Hund  nicht  einen  sehen- 
den Begleiter  voll,  ersetzen  könne  und  daß 
man  zur  Zeit  der  Verkehrsspitzen  der  Unter- 
stützung durch  sehende  Personen  bedarf.  — 
Die  mit  starkem  Beifall  aufgenommenen  Aus- 
führungen von  Dr.  Brüll  fanden  die  beson- 
dere Aufmerksamkeit  der  Polizei  und  der 
Behördenvertreter. 

Aktivere  Jugenderziehung! 

Der  Vertreter  der  „Verkehrswach t", 
Staatsanwalt  Dr.  H  e  1 1  g  e  ,  der  erkennen 
ließ,  daß  ihm  die  hier  aufgezeigten  Probleme 
noch  nicht  voll  bekannt  waren,  meinte  zu 
der  Frage  einer  geistigen  Umerziehung,  daß 
sich  bei  den  verhärteten  Menschen  der 
Kriegsgeneration  kaum  viel  ändern  lassen 
werde.  Um  so  wichtiger  sei  die  Erziehung 
der  Jugend  in  einem  anderen  Geiste.  Die 
Verkehrswacht  werde  sich  für  eine  ent- 
sprechende Schulung  der  jugendlichen  Helfer 
einsetzen,  doch  müßten  die  verantwortlichen 
Stellen  schon  den  Schulkindern  die  Ver- 
kehrsprobleme näherbringen.  Dr.  Hellge 
unterstrich  ein  Wort,  das  kurz  vorher  ge- 
fallen war:  man  könne  die  Kulturstufe  eines 
Volkes  daran  erkennen,  wie  dieses  Volk  sich 
seinen  schwerbeschädigten  Mitmenschen  ge- 
genüber verhalte. 

Dr.  Hellge  forderte  die  Kriegsblinden  auf, 
durch  ihre  Vorschläge  der  Verkehrswacht  zu 
helfen,  die  richtigen  Maßnahmen  zu  finden. 

Kamerad  Ewald  Meyer  richtete  in  dem 
Schlußwort  der  Versammlung,  die  durch  die 
Anwesenheit  so  vieler  Vertreter  der  Öffent- 
lichkeit den  Charakter  einer  großen  Kund- 
gebung erhalten  hatte,  an  den  Rundfunk  und 
an  die  Presse  die  Bitte,  das  Anliegen  und 
die  Gedanken  dieses  Abends  in  alle 
Kreise  der  Bevölkerung  zu  tragen. 
Er  faßte  dafür  als  Ergebnis  der  Versammlung 
die  folgenden  vier  Bitten  zusammen: 

1.  An  sämtliche  Hundezüchter  richtete  er 
die  Aufforderung,  dafür  zu  sorgen,  daß 
nur  die  besten  Hunde  zu  Führhunden  aus- 
gebildet werden.  Der  beste  Hund  ist  ge- 
rade gut  genug,  Begleiter  und  Kamerad 
eines  Kriegsblinden  zu  sein. 

2.  An  alle  Fahrzeughalter  richtete  er  die 
Bitte,  auf  den  Erblindeten  und  seinen 
Hund  im  Verkehr  scharf  zu  achten  und 
ihn  durch  zu  spätes  oder  unnötig  schrilles 
Hupen  nicht  zu  erschrecken  und  zu  ver- 
wirren und  auch  einmal  notfalls  die  Fahrt 
zu  stoppen,  um  einem  Erblindeten  das 
überqueren  des  Fahrdammes  zu  ermög- 
lichen. 

3.  An  die  Fußgänger  richtete  er  die  Bitte, 
dem  Erblindeten  und  seinem  Führhund 
den  geraden  Weg  freizugeben  und  nicht 
durch  stures  Verhalten  den  Hund  zu  Um- 
wegen zu  zwingen.  Helft  dem  Erblindeten 
durch  Rücksichtnahme  und  Hilfsbereit- 
schaft, nicht  durch  billiges,  oft  taktloses 
Mitleid. 

4.  An  das  Fahrpersonal  der  Verkehrsmittel 
wurde  die  Bitte  gerichtet,  sorgsam  darauf 
zu  achten,  daß  die  Weiterfahrt  erst  dann 
freigegeben  wird,  wenn  Schwerbeschä- 
digte, insbesondere  Blinde,  die  Verkehrs- 
mittel ordnungsmäßig  verlassen  bzw.  be- 
stiegen haben.  Alle  Kameraden  aber  wur- 
den aufgefordert,  im  Großstadtverkehr 
stets  die  gelbe  Warnbinde  sichtbar  zu 
tragen,  da  dies  bei  einem  eventuellen  Un- 
fall außerordentlich  bedeutend  sein  kann. 

Konrad  Halm 


C^9u*  ^^-S^/^^^ß^^/^^^ 


Handwerker  -  Ausstellung 

Hauptfürsorgestelle  Münster  aktiv 

In  der  Halle  Münsterland  läuft  zur  Zeit 
eine  große  Ausstellung  und  Verkaufsmesse 
„Handwerk  hilft  allen".  Die  Hauptfürsorge- 
stelle Westfalen  beteiligt  sich  an  dieser  Aus- 
stellung in  vorbildlicher  Weise  mit  einer 
Sonderschau  „Der  Schwerbeschädigte 
im  Handwerk".  Auch  Kriegsblinde  sind  .be- 
teiligt. So  ist  unser  Kam.  Kannenberg  aus 
Menden,  ein  ostvertriebener  früherer  Guts- 
besitzer, bei  der  Arbeit  am  Webstuhl  zu 
sehen.  Ferner  der  als  Stenotypist  bei  der 
Hauptfürsorgestelle  beschäftigte  Kam.  Neuer, 
der  in  der  Blindenschreibstube  die  Korre- 
spondenz der  Ausstellungsbesucher  erledigt 
und  außer  mit  einer  Stenomaschine  auch  mit 
dem  Dimafon  arbeitet.  Ein  anderer  Kriegs- 
blinder, Kam.  Dickel  aus  Girkhausen  (Kreis 
Berleburg),  der  außer  dem  Augenlicht  auch 
den  linken  Unterarm  verloren  hat,  zeigt  in 
seinem  Verkaufsstand  die  Produktion  seines 
Holzverarbeitungsbetriebes,  bei  dessen  Aus- 
gestaltung ihm  die  Hauptfürsorgestelle  be- 
hilflich war.  Kam.  Dickel  beschäftigt  zur  Zeit 
30  Belegschaftsmitglieder. 

Da  die  Hauptfürsorgestelle  Münster,  inten- 
siver als  es  in  anderen  deutschen  Ländern 
geschah,  schon  1940  mit  beruflichen  Umschu- 
lungen auf  dem  Wege  einer  Lazarettbetreu- 
ung begann,  war  gegen  Ende  des  Krieges  für 
die  Schwerbeschädigten  des  Landes  schon 
viel  geschehen.  Von  1940  bis  1950  wurden  im 
Rahmen  dieser  Schulungsarbeit  allein  600 
Meisterprüfungen  abgelegt!  Auch  die  west- 
fälischen Kriegsblinden  wissen,  daß  es  keine 
schönen  Worte  sind,  wenn  die  Hauptfürsorge- 
stelle Münster  als  ihre  vornehmste  Aufgabe 
die  Arbeits-  und  Berufsfürsorge  bezeichnet. 
Interessant  sind  dazu  Ausführungen,  die 
kürzlich  Landesinspektor  D  ö  1 1  i  n  g  vor  den 
Bezirksleitern  des  Landesverbandes  West- 
falen unserer  Schicksalsgemeinschaft  machte. 
In  einem  Überblick  über  die  Berufsfürsorge 
für  Kriegsblinde  in  den  letzten  Jahren  schil- 
derte er,  wie  schon  bald  nach  Kriegsende  die 
Ausbildung  Kriegsblinder  zunächst  in  den 
Sammellazaretten  und  Schulungsheimen  fort- 
gesetzt werden  konnte. 

„Trotzdem  wuchs",  so  berichtete  Inspektor 
Dölling,  „die  Zahl  der  noch  nicht  ausgebil- 
deten Kriegsblinden  bereits  Ende  1945  auf 
100  an.  Ein  geringer  Prozentsatz  konnte  im 
Spätherbst  1945  der  nach  Nordborchen  ver- 
lagerten Provinzialblindenschule  Paderborn 
und  den  im  Betrieb  befindlichen  Werkstätten 
mit  Heim  der  Westfälischen  Blindenarbeit  in 
Detmold  zugeführt  werden.  Aber  die  Schaf- 
fung einer  eigenen  Ausbildungsstätte  in 
Westfalen  war  ein  unaufschiebbares  Bedürf- 
nis geworden.  Nachdem  sich  die  Absicht,  eine 
Ausbildungsstätte  im  ehem.  Reservelazarett 
Hellersen  bei  Lüdenscheid  einzurichten,  zer- 
schlagen hatte,  wurde  die  Schaffung  einer 
besonderen  Abteilung  für  Kriegsblinde  in 
der  Prov. -Blindenschule  Soest  in  Warstein 
erreicht.  Seit  April  1946  sind  in  Warstein 
sowohl  blindentechnische  Grundausbildungs- 
lehrgänge als  auch  Umschulungen  zum  Tele- 
fonisten, Stenotypisten,  Bürstenmacher,  Korb- 
macher usw.  durchgeführt  worden.  Bis  zum 
Abschluß  im  September  1949  haben  158 
Kriegsblinde  diese  Schule  besucht.  Weitere 
Lehrgänge  liefen  in  Volmarstein,  Walsrode 
usw.,  in  denen  die  Kameraden  die  Ausbil- 
dung zum  Masseur  oder  sonst  eine  Spezial- 
ausbildung erhielten.  Außerdem  wurde  vie- 
len Kriegsblinden  durch  Gewährung  von 
.Studienbeihilfen  die  Durchführung  eines  Stu- 
diums oder  der  Abschluß  des  Abiturs  ermög- 
licht. Leider  ist  zu  jener  Zeit  aUzu  große  Be- 
deutung auf  die  Ausbildung  zum  Bürsten- 
macher gelegt  worden." 


Wenn  man  heute  sagen  könne,  daß  in 
Westfalen  95  v.  H.  aller  arbeitswilligen  und 
arbeitsfähigen  Kameraden  beruflich  tätig 
sind,  so  sei  angesichts  des  oft  mangelnden 
Verständnisses  bei  den  Arbeitgebern  dieser 
Erfolg  nur  der  einzigartigen  Zusammenarbeit 
zwischen  dem  Bund  der  Kriegsblinden  und 
der  Hauptfürsorgestelle  zuzuschreiben.  Es 
bleibe  jedoch  noch  viel  zu  tun  übrig,  näm- 
lich für  besonders  schwerverletzte  Kriegs- 
blinde einen  Arbeitsplatz  zu  finden,  und  vor 
allem  Bürstenmacher  in  andere  Berufe  zu 
überführen. 

Albert  Gerwann  gestorben 

In  Berlin  verstarb,  wenige  Tage  vor  Voll- 
endung des  71.  Lebensjahres,  nach  fünf- 
monatigem Krankenlager  am  21.  Mai  1952 
unser  Kamerad  Albert  Gerwann,  ein  treuer 
Mitarbeiter  unseres  Bundes,  der  auf  allen 
Tagungen  als  Delegierter  anwesend  war  und 
unter  dessen  besonderer  Betreuung  die 
Kriegsblinden  der  Provinz  Brandenburg 
standen. 

Im  Namen  des  gesamten  Bundes  der 
Kriegsblinden  Deutschlands  hat  der  Bundes- 
vorsitzende an  die  Witwe,  Frau  Klara  Ger- 
wann, Berlin-Tempelhof,  Manfred-von-Richt- 
hofen-Straße  131,  ein  Schreiben  gerichtet,  in 
dem  es  u.  a.  heißt.  „Der  Verstorbene  war  ein 
rastloser,  treuer  Mitarbeiter  in  unserer 
Kriegsblindenschicksalsgemeinschaft  fast  von 
seiner  Erblindung  an.  Auf  vielen  Tagungen 
hat  er  sein  reiches  Können  und  seine  großen 
Erfahrungen  gezeigt  und  in  den  Dienst  der 
Kriegsblindensache  stellen  können.  In  seiner 
stillen,  bescheidenen  Weise  drängte  er  sich 
niemals  in  den  Vordergrund,  war  aber  stets 
einer  der  Vordersten,  wenn  es  galt,  sach- 
liche Arbeit  zu  leisten.  Innerhalb  des  Bezirks 
bzw.  Landesverbandes  Groß-Berlin  galt  seine 
besondere  Sorge  den  Kriegsblinden  aus  der 
Provinz  Brandenburg,  für  die  der  Name 
Albert  Gerwann  ein  Begriff  geworden  war. 
V  Worte  vermögen  nicht  die  Trauer  auszu- 
drücken,   in    die    uns    deutsche   Kriegsblinde 


ES   STARBEN: 

LANDESVERBAND    BERLIN 
Bartkowiak,    Martin,    Berlin    NW    87, 
Waldstraße  55,  gest.   am   17.  5.  52. 

LANDESVERBAND  HESSEN 
Möller,  Romanus,  Flieden,  Kr.  Fulda,  geb. 

am  14.  3.  1882,  gest.  am  28.  4.  1952. 
Gauterin,  Robert,  Friedrichsdorf  i.  Tau- 
nus, Landgraf-Friedrich-Straße  16,  gest.  am 
25.  5.  1952. 
Neider,  Maria,  Ehefrau  unseres  Kamera- 
den Johannes  Neider,  Büdingen,  Erbsen- 
gasse 26,  gest.  am  11.  5.  1952. 

LANDESVERBAND  NIEDERSACHSEN 
R  u  m  o  h  r  ,    August,    Hann.-Linden,    Witte- 
kindstraße 39,  gest.  am  20.  4.  1952. 
J  a  n  e  t  z  k  i ,   Richard,   Vechta,   Oldenburger 

Straße  72,  gest.  am  28.  3.  1952. 
K  r  a  m  e  r  ,    Berend,    Kirchborgum   üb.   Leer, 
gest.  am  4.  4.  1952. 

LANDESVERBAND  NORDRHEIN 
Lengersdorf,     Karl,     Köln-Rath,     Rös- 

rather  Straße  254,  gest.  am  3.  5.   1952. 
Pfeil,  Werner,  Stolberg,  Amaliastraße  25, 

geb.  am  2.  4.  1910,  gest.  am  18.  5.  1952. 

SCHLESWIG-HOLSTEIN 
Hummel,  Wilhelm,  Lübeck,  Sedanstr.  24, 
geb.  am  21.  5.  1877,  gest.  am  14.  5.  1952. 

MÖGEN  SIE  IN  FRIEDEN  RUHEN! 


DasBeste 

/////Readers  Digest 


bringt      im     neuen     Juni-Heft: 

Chirurgen  greifen  mitten 
ins  Herz  hinein 

Mit  einer  kühnen  Operation  begegnen  die 
Ärzte  heute  den  lebensgefährlichen  Folgen 
des  akuten  Gelenkrheumatismus. 

Bekenntnisse  eines  Optimisten 

Der  weltberühmte  französische  Schriftstel- 
ler Andre  Maurois  zeigt  einen  Weg .  zur 
absoluten,     aber    weisen    Lebensbejahung. 

Wenn  es  um  Leben  und  Tod  geht 

Unter  den  verschiedenen  Methoden  der 
künstlichen  Atmung  ist  nach  ausführlichen 
Untersuchungen  jetzt  die  wirkungsvollste 
herausgefunden  worden.  Jeder  gesunde 
Mensch  kann  sie  ausführen  und  jeder  sollte 
sie  erlernen  —  schon  morgen  kann  ein 
Menschenleben  davon  abhängen. 

Diese  und  weitere  25  hochinteressante  Ar- 
tikel lesen  Sie  im  neuen  Juni-Heft  der  be- 
kannten Monatsschrift 

Das  Beste  aus  Reader's  Digest 

überall    im    Buch-   und   Zeitschriftenhandel 
für  1  Mark. 


und  besonders  auch  mich  persönlich  der  Tod 
dieses  wackeren  Mitkämpfers  in  unserer 
Schicksalsgemeinschaft  versetzt  hat." 

Einkehrtage  für  Blinde 

Ein  kriegsblinder  Pfarrer  im  Lande  Rhein- 
land-Pfalz bemüht  sich  um  ein  regeres  reli- 
giöses Leben  unter  den  katholischen  Blinden. 
So  fand  am  Himmelfahrtstag  im  Franzis- 
kanerinnenkloster zu  Koblenz  ein  Einkehr- 
tag für  die  Blinden  statt,  zu  der  sich  eine 
dankbare  Gemeinschaft  zusammenfand.  Der 
Tag  begann  mit  einer  Festmesse,  als  Bef- 
und Singmesse  von  allen  persönlich  mitge- 
feiert. Es  folgten  die  Vorträge  des  Tages, 
mit  Themen:  Von  der'  Würde  des  Menschen 
—  Hat  das  Leben  einen  Sinn?  —  Die  Gott- 
geborgenheit. Der  kriegsblinde  Pfarrer  sprach 
zu  den  Blinden  aus  gleicher  Not,  um  den 
guten  Weg-  aus  der  harten  Lage  zu  zeigen. 
Den  Schluß  bildete  eine  Maiandacht,  Die 
Aussprache  unter  den  Blinden  war  sehr  leb: 
haft  und  aufschlußreich  und  zeigte  die  Dank- 
barkeit für  eine  religiöse  Wegweisung.  Mit 
Ernst  wurde  aber  auch  von  der  religiösen 
Not  vieler  einsamer  und  verbitterter  Blinder 
gesprochen. 

So  soll  diese  Arbeit  mit  erhöhtem  Eifer 
fortgesetzt  werden.  Die  nächste  Tagung 
wurde  als  Exerzitientagung  im  St.- 
Josefstift  in  Trier,  Franz-Ludwig-Straße, 
für  die  Zeit  vom  25.  bis  29.  August  angesetzt. 
Außerdem  soll  im  Juli  eine  Wallfahrt  der 
Blinden  des  Bezirks  Koblenz  nach  Bornhofen 
stattfinden  und  im  September  eine  Wallfahrt 
der  Blinden  des  Bezirks  Trier  nach  Klausen. 

Auf  der  Rauhen  Alb 

über  den  interessanten  Ausflug  einer 
Schwarzwaldgruppe  unseres  Bundes  berichtet 
uns  Kamerad  Adolf  Luz  aus  Altensteig 
(Württ.)  u.  a.  das  folgende: 

Unser  Obmann,  Kam.  Everaers,  hatte  sich 
einen  wirklich  guten  Ausflugsplan  aus- 
gedacht. Mit  einem  beguemen  Omnibus  ging 
es  in  Richtung  zur  Rauhen  Alb,  unter  viel 
Lachen  und  Singen.  Hier  konnte  man  nicht 
sagen,    daß   die   Schwaben   nur   den    ersten 


Vers  eines  Liedes  kennen.  Vor  allem  glänzte 
damit  der  vor  mir  sitzende  Kam.  Seeger  aus 
Haiterbach,  der  nicht  nur  alle  Lieder,  son- 
dern auch  alle  Verse  dazu  kannte.  So  war 
Tübingen  rasch  erreicht  und  bald  darauf  die 
der  Alb  vorgelagerte  Stadt  Reutlingen,  und 
dann  unser  erstes  Reiseziel,  die  Bären- 
höhle. Beim  Aussteigen  war  es  uns,  als 
ob  wir  vom  warmen  Zimmer  in  eine  Winter- 
landschaft kämen.  Man  war  eben  auf  der 
Rauhen  Alb.  In  der  271  Meter  langen  Höhle 
umgab  uns  eine  lange  unberührt  gebliebene 
Vergangenheit.  Interessant  für  uns  waren 
vor  allem  die  Tropfsteingebilde,  darunter 
Säulen  mit  dem  stattlichen  Alter  von  500  000 
Jahren.  Von  den  Bären,  die  hier  früher  ihren 
Schlupfwinkel  hatten,  sind  allerdings  natur- 
gemäß nur  noch  Knochen  übriggeblieben. 

Weiter  gings  zur  nächsten  Sehenswürdig- 
keit, nach  dem  berühmten  Schloß  Lich- 
te n  s  t  e  i  n  ,  das  auf  einem  steil  abfallenden 
Felsen  gebaut  ist.  Im  Innern  wird  wieder  ein 
Stück  Heimatgeschichte  lebendig.  Wir  durf- 
ten ausnahmsweise  die  hier  aufgestellten 
Rüstungen  und  Kriegswerkzeuge  früherer 
Jahrhunderte  betasten  und  empfingen  da- 
durch unvergeßliche  Eindrücke.  -  Zum  Schluß 
noch  ein  paar  gemütliche  Stunden  im  Reb- 
stöckl  zu  Reutlingen,  und  dann  gings  heim 
nach  Nagold.  Alle  Kameraden  waren  für 
diesen  schönen  Tag  sehr  dankbar. 

PERSÖNLICHES 

Ehrentage 

Seinen  80.  Geburtstag  beging  am  22.  Mai 
1952  in  geistiger  Frische  unser  langjähriges 
Mitglied  Kam.  Ferdinand  Sauermilch, 
Berlin-Spandau,  Aspenweg  17. 

Kamerad  Paul  Koschwitz  und  Frau 
Anna,  geb.  Kluge,  Boffzen  (Kr.  Holzminden/ 
Weser),  Farbe  1,  feierten  am  18.  Mai  1952 
ihr  40jähriges  Ehejubiläum. 

Am  1.  Juni  beging  unser  Kamerad  Otto 
Holz  in  Lübeck,  Helen-Keller-Weg,  mit 
seiner  Gattin  die  Silberhochzeit. 


Vermählungen 

„Ein  Hoch  dem  Brautpaar",  so  schallt  es 
unserem  Kassierer,  Kam.  Heinrich  Well- 
m  a  n  n  j  r.  aus  Sonsbeck,  und  seiner  jungen 
Frau  von  den  dankbaren  Kameraden  des 
Bezirks  Geldern  am  Hochzeitstage,  dem 
18.  Juni  1952,  entgegen. 

Kamerad  Adam  Achtzehnder,  Düdels- 
heim,  Kirchgasse  16,  hat  sich  am  20.  März 
1952  mit  Frau  Anna  Marta  Dorothea,  geb. 
Knoth,  verheiratet. 

Geburten 

Kam.  Karl  Jäger  (Bezirksleiter  Gießen) 
und  Ehefrau,  Oberwetz  über  Wetzlar,  am 
6.   Mai    1952    ein    Töchterchen    „Anneliese". 

Kam.  Paul  K 1  o  p  s  c  h  und  Frau  Cäcilia, 
Stuttgart-N,  Knollstraße  15,  am  20.  Mai  1952 
eine  Tochter   „Maria  Elisabeth". 

Kam.  Wilhelm  H  i  1  s  e  und  Frau,  Warpke 
Nr.   15   (Kreis  Dannenberg/Elbe),  ein  Junge. 

Kam.  Werner  Krebs  und  Frau,  Berlin- 
Marienfelde,  Kirchstraße  12,  eine  zweite 
Tochter,   „Cornelia". 

Wir  alle  gratulieren! 

Erfolgreiche  Stenotypisten 

Wiederum  sind  schöne  Wettbewerbserfolge 
kriegsblinder  Stenotypisten  zu 
melden.  So  berichtete  der  Präsident  der 
Eisenbahndirektion  Trier  an  die  Bundeslei- 
tung, daß  der  24jährige  Eisenbahngehilfe, 
Kamerad  Adolf  Kohn  (Trier)  anläßlich  des 
26.  Verbandstages  der  Eisenbahn- 
Stenografenschaft  einen  ersten  Preis 
in  der  200-Silben-Klasse  erhalten  hat.  In  der 
gleichen  Klasse  erhielt  auch  Kam.  Gabriel 
Mertens  (Köln)  einen  ersten  Preis.  Was  noch 
erfreulicher  ist:  Bei  dem  Wettschreiben,  an 
dem  außer  diesen  beiden  Kriegsblinden  über 
100  sehende  Stenografen  aus  dem  ganzen 
Bundesgebiet  teilnahmen,  lagen  die  beiden 
Kriegsblinden  in  der  Gesamtwertung  an  7. 
und  8.  Stelle.  „Diese  beiden  Stenografen",  so 
schreibt  die  Zeitung  Trierischer  Volksfreund, 
„wurden  durch  den  Vorsitzenden  und  durch 
Vizepräsident  Dullien  besonders  geehrt;  da- 


bei wurde  zum  Ausdruck  gebracht,  daß  die 
Leistungen  dieser  beiden  noch  höher  als  die 
Bestleistung  zu  bewerten  seien."  Beide  Kame- 
raden schrieben  übrigens  mit  einer  6-Punkte- 
Maschine,  Kam.  Kohn  mit  Deppelhub. 

Auch  beim  hessischen  Stenografentag 
schnitten  unter  600  Wettbewerbsteilnehmern 
zwei  Kriegsblinde  gut  ab.  Einer  von  ihnen 
erreichte  mit  der  neuen  Marburger  8  - 
Punkt-  Stenomaschine  eine  Geschwindig- 
keit von  240  Silben. 

Im  Deutschen  Schachbund 

Der  Deutsche  Blindenschachbund  aufgenommen 
Der  Schachkongreß  des  Deutschen  Schach- 
bundes hat  am  11.  Mai  in  Hagen  den  Antrag 
des  Deutschen  Blindenschachbundes  auf  Auf- 
nahme einstimmig  angenommen.  Der  Blinden- 


Aug.Baisch 

&S0HN 

MANNHEIM 

2u/uckt&i£i 


schachbund  wird  sich  dementsprechend  künf- 
tig wahrscheinlich  bezeichnen  als:  Deutscher 
Schachbund,  Blindenschachverband,  Sitz  Her- 
ford, Johannisstraße  27.  Die  Pflichten  und 
Rechte  der  Mitgliedschaft  werden  mit  dem 
Präsidium  des  Deutschen  Schachbundes  in 
Kürze  festgelegt  werden.  Am  Hagener  Kon- 
greß nahm  als  Gast  auch  unser  Kamerad 
Mertens  (Köln)  teil. 

Kriegsblindenjahrbuch  1953 

Nach  dem  überaus  erfolgreichen  Erscheinen 
der  Kriegsblindenjahrbücher  für  1951  und 
1952  wird  auch  für  das  Jahr  1953  ein  Jahr- 
buch herausgebracht  werden.  Die  Vorberei- 
tungen  sind   nahezu  abgeschlossen. 


Mädel 

25  Jahre,  wünscht  einen  entsch. 
christl.  ev.  Kriegsblinden  kennen- 
zulernen. Zuschriften  (Diskretion 
Ehrensache)  erbeten  unter  B.  G. 
an  die  Schriftleitung,  Bielefeld, 
Stapenhorststraße  138. 


Alleinstehende  Frau 

Kriegerwitwe,  Anfang  50  (jünger 
aussehend),  rüstig,  möchte  geist. 
regem  Kriegsblinden  Kameradin 
und  Gefährtin  sein.  Zuschriften 
erbeten  unt.  E.  B.  an  die  Schrift- 
leitung, Bielefeld,  Stapenhorst- 
straße 138. 


V_/Ius  Anlaß  meines  65.  Geburtstages  sind  mir  aus  allen  Teilen 
Deutschlands  so  zahlreiche  Glückwünsche  zugegangen,  daß  es  mir 
leider  unmöglich  ist,  allen  Gratulanten  persönlich  zu  danken.  Ich 
bitte  daher,  meinen  herzlichsten  Dank  auf  diesem  Wege  abstatten 
zu  dürfen.  Ich  werde  auch  in  Zukunit  bemüht  sein,  meine  ganze  Kraft 
in  den  Dienst  der  Organisation  zu  stellen  und  hoffe,  genau  wie 
früher,  noch  manchem  Kameraden  ein  treuer  Berater  und  Helfer 
2u  sein.  Axel  Bischoff 


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Uhrenindustrie 

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38  J.,  kath.,  gut  aussehend  und 
tüchtig,  m.  6jähr.  Tochter,  möchte 
mit  berufst.  Kriegsblinden  in 
harmon.  Ehe  eine  Heimat  auf- 
bauen. Jetzt  wohnhaft  Oberpfalz. 
Zuschriften  erbeten  unter  D.  A. 
an  die  Schriftleitung,  Bielefeld, 
Stapenhorststraße  138. 


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Meister,  Kriegsblinder  Wei- 
her bei  Bruchsal  (Baden),  Brun- 
nenstraße 27  Liefere  auch  an 
Wiederverkäuier. 


Er  baut  Maschinen  —  für  sich  und  für  andere 

Der  kriegsblinde  Holzwarenfabrikant  Dr.  Otto  Meyer-Auhausen  gibt  ein  Beispiel 


Wer  das  behäbig  zwischen  der  Bahnstrecke 
Gunzenhausen — Nördlingen  und  der  munter 
dahinfließenden  Wörnitz  ausgebreitete  Au- 
hausen  verläßt  und  an  der  massigen 
Mühle  vorübergeht,  stößt  auf  ein  ihr  gegen- 
überligendes  Gebäude,  das  sich  als  Stätte 
einer  rastlosen  Arbeit  auf  den  ersten  Blick 
nicht  erkennen  läßt.  Erst  dem  Näherkom- 
menden wird  offenbar,  daß  sich  hier  „etwas 
tut".  Ein  tiefes  Brummen,  mitunter  übertönt 
vom  Kreischen  der  Sägen  und  vom  rasenden 
Lärm  schwerer  Hobelmaschinen,  dringt  dem 
Besucher  entgegen.  Wenn  man  das  Haus  be- 
tritt, umfängt  einen  dann  die  Atmosphäre 
exaktester  Arbeit  an  zahlreichen  Maschinen. 
Nichts  deutet  darauf  hin,  daß  mit  ihnen  ein 
persönliches  Schicksal  eigener  Art  verbunden 
ist:  ein  kriegsblinder  Philologe,  der  zum 
Konstrukteur  vielseitiger  Holzbearbeitungs- 
maschinen wurde-,  ist  hier  seit  nunmehr 
30  Jahren  mit  Zähigkeit  und  Erfindungsgabe 
am  Werk. 

Als  1915  dem  damaligen  Fußartilleristen 
Otto  Meyer  das  Augenlicht  geraubt 
wurde,  schienen  alle  Zukunftspläne  zusam- 
menzubrechen. Die  Laufbahn  des  Technikers 
und  Ingenieurs,  die  er  einmal  ergreifen 
wollte,  hatte  —  noch  nicht  einmal  begonnen 
—  anscheinend  schon  ihr  Ende  erreicht.  Aber 
er  nahm  sich  vor,  mit  dem  schweren  Schick- 
sal trotzdem  fertig  zu  werden.  Er  ging  daran, 
die  Blindenschrift  und  das  Maschineschreiben 
zu  erlernen,  und  1919  finden  wir  Otto  Meyer 
auf  der  Universität  Erlangen,  wo  er  schließ- 
lich 1922  die  Doktorwürde  erwarb.  Seine 
Braut  und  jetzige  Frau  hatte  ihm  als  Mit- 
studentin das  Studium  mit  großer  Aufopfe- 
rung erleichtert,  über  „die  beiden  Hum- 
boldts" schrieben  sie  ihre  Doktorarbeiten. 

Abermals  ohne  Zukunft 
Als  dieses  Ziel  erreicht  war,  mußten  beide 
erkennen,  daß  die  Studienratslaufbahh  kaum 
noch  Aussichten  eröffnete.  Sie  war  inzwi- 
schen überfüllt.  Abermals  brachen  alle  Pläne 
zusammen,  abermals  mußte  ein  neuer  Weg 
gesucht  werden.  In  diesen  schweren  Stunden 
erinnerte  sich  Dr.  Meyer  daran,  daß  in  sei- 
nem Heimatort  Auhausen  die  kleine  alte 
Mühle  stillstand.  Würde  sie  geeignet  sein, 
das  Sprungbrett  für  eine  das  Leben  ausfül- 
lende Tätigkeit  zu  werden?  Sehr  klein  waren 
die  ersten  Anfänge  im  Jahr  1923,  mit  denen 
Dr.  Meyer  begann.  Die  ersten  zunächst  nur 
behelfsmäßigen  Maschinen  wurden  beschafft. 
1924  holte  man  sich  einen  tüchtigen  Schrei- 
nermeister aus  München  und  begann  mit 
ihm,  die  damals  zusammensteckbaren  Bau- 
kästen zu  bauen.  Hauptsächlich  in  der 
bayerischen  Landeshauptstadt  fanden  sie 
gute  Verbreitung.  Aber  eines  Tages  war  der 
Markt  gesättigt.  Wieder  verlangte  das  Leben 
eine  Umstellung. 


OTTO  SCHMIDT 

Gegründet  1925 

Altenkirchen  (Westerw.) 
und  Remscheid -Lennep 

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Feinmechanik    —  Elektrotechnik 


JBBUJKDS    HELIOS- 

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WETZEL  &  SCHLOSSHAUER 

HEIDELBERG 

Vom  Spielzeug  zum  Gebrauchsgegenstand 
war  kein  großer  Schritt.  (K  leiderb  ü  gel, 
Wäscheklammern  und  Bügel- 
eisengriffe wurden  in  das  Produktions- 
programm aufgenommen.  Heute  noch  bilden 
sie  den  Hauptbestandteil  der  Erzeugung.  Ehe 
sie  den  jetzigen  Umfang  erreichte,  mußten 
viele  Klippen  umschifft  werden.  Nicht  die 
kleinste  war  die  Tatsache,  daß  Auhausen 
ein  rein  landwirtschaftlich  bestimmtes  Gebiet 
ist.  Das  zeigte  sich,  als  Dr.  Meyer  Feder- 
Wäscheklammern  erzeugen  wollte.  Sie  wären 
für  Heimarbeiter  gie  geschaffen  gewesen. 
Aber  es  fand  sich  niemand,  diese  Arbeit  zu 
übernehmen. 

Die    erste    Konstruktion 

Da  brach  der  Techniker,  der  Ingenieur,  in 
Dr.  Meyer  wieder  durch.  Wenn  der  Mensch 
die  Arbeit  nicht  zu  leisten  bereit  war,  dann 
mußte  eben  die  Maschine  das  Zusammen- 
stecken der  Klammern  in  der  Feder  besor- 
gen. So  entstand  die  erste  Montiermaschine. 
Sie  wurde  in  allen  Einzelheiten  von  dem 
Erblindeten  selbst  konstruiert.  Sie  ist  so  ein- 
fach und  sinnreich  gebaut,  daß  selbst  ein 
einhändiger  und  einbeinig  amputierter  Blin- 
der an  ihr  arbeiten  kann.  Mit  Virtuosität 
führt  Dr.  Meyer  dem  Besucher  diese  Ma- 
schine vor  und  man  muß  bei  jeder  fertigen 
Klammer  staunen,  wie  schnell  und  sicher 
man  mit  ihr  arbeiten  kann.  18  solcher  Ma- 
schinen hat  er  für  Kriegsblinde  gebaut.  Die 
Währungsreform  machte  zwar  vorerst  einen 
dicken  Strich  unter  diese  Arbeit,  aber  auch 
dieser  Schock  ist  überwunden  und  Dr.  Meyer 
baut  neue  Montiermaschinen,  die  im  Grund- 
prinzip zwar  unverändert,  in  einigen  Fein- 
heiten jedoch  noch  erheblich  verbessert  wor- 
den sind. 

Maschine   für  Ohnhänder 

Nicht  minder  erstaunlich  ist  die  Maschine, 
die  Dr. Meyer  zur  Anfertigung  von  Knopf- 
rohlingen baute.  Vor  der  Währungs- 
reform waren  Holzknöpfe  sehr  begehrt.  Man 
trug  sie  an  Anzügen,  Mänteln,  Trachtenklei- 
dern. Nach  der  Währungsreform  aber  wollte 
niemand  diese  Knöpfe  mehr  haben.  So  sind 
nur  zwei  Maschinen  für  ihre  Herstellung  ge- 
baut worden,  die  dritte  Maschine  blieb  un- 
vollendet. Auch  sie  sind  so  sinnreich  kon- 
struiert, daß  selbst  handlose  Blinde  mit  ihnen 
arbeiten  können.  Der  Armstumpf  und  die 
Füße  genügen,  um  das  Gerät  zu  betreiben. 
Manchem  Schicksalsgefährten  sollten  diese 
Maschinen  Arbeit  und  Brot  geben.  Die  Zeit- 
verhältnisse ließen  es  nicht  zu. 

Die  Grundproduktion  aber  blieb.  Sie  wurde 
den  jeweiligen  Erfordernissen  der  Wirt- 
schaftslage angepaßt,  zumal  die  engere  und 
weitere  Umgebung  gute  Absatzmöglichkeiten 
boten.  Wäschetrockner,  Seilhaspeln  und 
andere  Gebrauchsgegenstände  für  Küche  und 
Haus  wurden  in  die  Erzeugung  aufgenom- 
men. Das  Prinzip  der  Massenherstellung  zur 
möglichst  niedrigen  Preisgestaltung  steht 
dabei  unverrückbar  im  Vordergrund.  Der 
Neigung  zum  Entwerfen  neuer  Maschinen 
und  zur  Konstruktion  der  technischen  Hilfs- 
mittel eröffnete  sich  ein  breiter  Raum.  So 
kommt  es,  daß  Dr.  Meyer  in  seinem  Betrieb 
bis  auf  Sägen  und  Hobelmaschinen  nur 
Maschinen  eigener  Konstruk- 
tion verwendet,  die  außerdem  fast  aus- 
nahmslos im  eigenen  Betrieb  gebaut  worden 
sind. 

Rollstäbchen    i  ür    „Kaltwelle" 

Wenn  man  durch  den  immer  mehr  erwei- 
terten Bau  geht,  dann  kommt  man  aus  dem 
ehrlichen  Staunen  nicht  heraus.  Rund  20  Be- 
legschaftsmitglieder umfaßt  jetzt  der  Betrieb. 
Auf  fast  400  Quadratmetern  Arbeitsfläche 
stehen  30  Maschinen.  Eine  erstaunliche  Lei- 
stung! Aber  jeder  Erfolg  hat  Enttäuschung 
und  Arbeit  gekostet.  Nur  ein  kleines  Beispiel 


dafür:  Als  die  Weltfirma  Schwarzkopf  vor 
drei  Jahren  „Rollstäbchen"  für  die  Kaltwelle 
benötigte,  wandte  sie  sich  an  Dr.  Meyer  und 
trug  ihm  ihre  Gedanken  vor.  In  kurzer  Zeit 
war  ein  brauchbares  Muster  entwickelt,  vor 
allem  aber  ein  neues  Herstellungsverfahren. 
In  Tag-  und  Nachtschichten  wurden  in  kurzer 
Zeit  Hunderttausende  von  „Rollstäbchen" 
an  in  aller  Schnelligkeit  selbstgebauten  Ma- 
schinen hergestellt.  Die  Idee  der  Weltfirma: 
„Wir  müssen  das  Rennen  gewinnen"  wurde 
von  Dr.  Meyer  wahlgemacht.  Das  Rennen 
wurde  gewonnen!  Da  kam  die  „Konkurrenz 
aus  Plexiglas".  Aber  der  Holzwickler  setzte 
sich  bei  den  Figaros  trotzdem  durch,  weil  das 
Holz  handlicher  ist.  Die  Aufträge  kamen 
wieder  in  Fluß  und  eine  Maschine  rattert  den 
ganzen  Tag  nur  für  die  „Rollstäbchen". 

Natürlich  sind  viele  Dinge  der  Mode 
unterworfen.  Da  heißt  es,  immer  wieder  auf 
der  Hut  zu  sein,  dem  Geschmack  der  Käufer 
entgegenzukommen  und  trotzdem  Wertarbeit 
zu  leisten  und  konkurrenzfähig  zu  bleiben. 
Das  aber  heißt,  sorgfältig  zu  kalkulieren, 
billig  einzukaufen,  jedes  Stückchen  Holz  aus- 
zunutzen, keine  unproduktive  Arbeit  zu  lei- 
sten.   Günstig    dafür    ist    einmal,    daß    das 


%(Vi  untete  Sjckackpieunde 

Zwei   Partien    aus    dem   Mescheder    Schach- 
turnier für  Blinde  1952 

Englisch 

Weiß:  F.  Steidele,  Gelsenkirchen  — 
Schwarz:  F.  Diehl  Köln. 

1.  c4  c5  2.  Sc3'Sf6  3.  g3  e6  4.  Lg2  d5 
5.  c:d5  e:d5  6.  e3  Sc6  7.  Sge2  Lf5  (Le6  oder 
Le7  war  zu  empfehlen)  8.  0—0  Dd7  9.  d4  Sb4 
(statt  mit  dem  Springer  eine  undurchsich- 
tige und  zeitraubende  Attacke  zu  reiten, 
hätte  Schwarz  den  Vorstoß  c4  wagen  sollen) 
10.  a3  Sc2  11.  Ta2  c:d4  12.-  S:d4  S:d4 
13.  D:d4  Le6  14.  Tal  b6  15.  Tel  (auch  b4  war 

nicht  von  der  Hand  zu  weisen)  15. Le7 

(Lc5  nebst  0-0  dürfte  wohl  die  stärkere  Fort- 
setzung gewesen  sein)  16.  b4  Tc8  17.  Lb2 
Tc4  18.  Dd2  d4  19.  Se4  S:e4  20.  L:e4  d:e3 
(jetzt  hat  Schwarz  aus  Freude  darüber,  den 
vereinzelten  Bauern  loszuwerden,  die  Ge- 
legenheit, den  schlechten  Le7  auf  f6  besser 
zu  postieren,  versäumt,  wodurch  das  po- 
sitionelle  Übergewicht  des  Weißen  noch  er- 
kennbarer wird)  21.  D:e3  0—0  2±  Ld3  Tc7 
23.  Le5  Tc8  24.  Tadl  Da4  (der  Partieverlauf 
zeigt,  daß  die  Dame  diesen  verlassenen  Win- 
kel besser  nicht  aufgesucht  hätte)  25.  Tel 
h6  26.  T:c8  T:c8  27.  Lb2  KE8  28.  De4  gS 
(Schwarz  scheint  seinen  Le7  ganz  vergessen 
zu  haben.  28. Lf6  versprach  noch  Wider- 
stand)   29.   De5   Ke8  30.   Lb5+    aufgegeben. 


Weiß:  F.  Diehl,  Köln  —  Schwarz: 
G.  Mertens,  Köln 

1.  c4  e5  2.  g3  Sf6  3.  Lg2  d5  4.  c:d5  S:d5 
5.  Sc3  c6?  (Sf6  nebst  c6  hätte  Bauernverlust 
verhütet.  Der  Verlust  des  Bauern  ist  zwar 
ärgerlich,  besagt  aber  in  diesem  Stadium  der 
Partie  nicht  viel)  6.  S:d5  c:d5  7.  Db3!  Sc6 
8.  L:d5  Dc7  9.  Ff3  Ld6  10.  e3  0—0  11.  0—0 
Lh3!  (ein  wichtiger  Tempogewinn)  12.  Tel 
(Tdl  wäre  dem  Vorstoß  d4  zugute  gekom- 
men) 12. Tae8  13.  d3  Sb4!  14.  Te2  S:d5 

15.  D:d5  Le6  16.  De4  f5  17.  Da4  Ld7  18.  Ddl 
(die  Stellung  von  Weiß  kann  nicht  befrie- 
digen, während  alle  schwarzen  Figuren  ein- 
satzbereit stehen)    18. e4  19.  Tc2  Db3 

20.  d:e4  f:e4  21.  Sg5?  (in  der  trügerischen 
Hoffnung,   nach  22.   Dd5+    die   Qualität  zu  • 

gewinnen)    21. Te5!   22.   S:e4  T:e4  23., 

Dd5+  Te6  24.  f4  Kh8  25.  e4  Tef6  26.  e5  Lc6! 
27.  Dd4  L:e5!   28.  Db4   (28.  D:e5??  D:e5!   29. 

f:e5  Tfl)   28. Lc7  29.  Le3  Dd8  30.  Td2 

La5  31.  aufgegeben.  La5  erzwingt  den  Damen- 
abtausch; Weiß  versprach  sich  daher  vom 
Endspiel  nichts  mehr.  Gabriel  Mertens ; 


Buchenholz,  das  fast  ausnahmslos  verwendet 
wird,  aus  dem  nahen  Wald  kommt  .(rund 
100  Kubikmeter  beträgt  der  Jahresverbrauch), 
und  günstig  ist  ferner,  daß  die  jeweils  be- 
nötigten Maschinen  von  Dr.  Meyer  selbst 
für  ihren  ganz  bestimmten  speziellen  Zweck 
gebaut  werden.  Auch  die  Verwendung  von 
Wasserkraftturbinen,  denen  die  am  Haus 
vorbeifließende  Wörnitz  Antrieb  gibt,  senkt 
die  Kosten.  Nach  1945  war  der  Betrieb  oft 
ganz  allein  auf  Wasserkraft  angewiesen.  Jetzt 
aber  wird  auch  elektrische  Kraft  hinzu- 
genommen, wenn  alles  „auf  vollen  Touren" 
laufen  muß.  Das  ist  nicht  selten.  Wenn  z.  B. 


ein  großes  Konfektionshaus  für  seine  Jahres- 
produktion in  kürzester  Frist  20  000  Klei- 
derbügel, lackiert  mit  Firmenaufdruck,  haben 
will,  dann  muß  das  in  der  angegebenen  Frist 
auch  geschafft  sein.  Das  ist  ein  Stück  der 
eigenen  Werbung! 

-   Ein  vielseitiger  Mann 

Das  Bild  wäre  jedoch  keineswegs  abgerun- 
det, wenn  man  nicht  erwähnen  würde,  daß 
Dr.  Meyer  sich  immer  wieder  seinen  Kame- 
raden und  Schicksalsgefährten  widmet,  sei  es, 
daß  er  ihnen  Arbeitsmöglichkeiten  zu  schaffen 
sucht,  sei  es,'  daß  er  Blindenschriftgriffel, 
Walzen  und  Tasten  für  Blindenschriftmaschi- 
nen, Blindenverkehrsstöcke  mit  Leuchtring, 
Rechenkästen  für  Blindenschulen  und  andere 
Geräte  herstellte.  Und  für  seine  Kameraden 
schrieb  Dr.  Otto  Meyer  vor  Jahren  auch  ein 
Buch,  das  damals  in  dem  angesehenen' Ver- 
lag von  Köhler  &  Amelang  (Leipzig)  erschien: 
„Wenn  auch  das  Licht  erlosch", 
ein  Buch  der  Ermutigung  und  Lebenshilfe 
für  andere. 

So  hat  ein  Kriegsblinder  auf  eine  sehr 
ungewöhnliche  Art  sein  Leben  angepackt, 
und  immer  stand  ihm  bei  seinen  beruflichen 
Sorgen  und  Unternehmungen  seine  Frau  zur 
Seite,  mit  nicht  geringerer  Aktivität  und 
Zähigkeit.  Ein-  Besuch  in  Auhausen  lohnt 
sich,  weil  man  zwei  Menschen  begegnet,  die 
auf  der  einen  Seite  Mut  und  Tüchtigkeit  be- 
wiesen, auf  der  anderen  aber  auch  Liebe  und 
Kameradschaft.  Erich  Büchner 


Unser  Kamerad  Dr.  Meyer 
(Auhausen)  hat  lür  seine 
Holzwareniabrik  eigene  Ma- 
schinen entwickelt.  Aul  dem 
oberen  Bild  ist  er  an  der 
selbstkonstruierten  Grili- 
Fräsmaschine  zu  sehen,  rechts 
an  der  von  ihm  gebauten 
Maschine  zum  Montieren  von 
Federwäscheklammern,  übri- 
gens ist  Kamerad  Dr.  Meyer 
nicht  der  einzige  Holzwaren- 
iabrikant,  geschweige  denn 
der  einzige  kriegsblinde  Un- 
ternehmer. So  hat  z.  B.  Kam. 
Dickel  aus  Girkhausen  i.  W. 
eine  Holzwareniabrik  mit  30 
Beschältigten  aufgebaut. 


^^icttzcJxcusuffcecicfi, 


50  belgische  Kriegsblinde  nahmen  in  zwei 
großen  Omnibussen  und  mehreren  Privat- 
kraffwagen  an  einer  viertägigen  Rundfahrt 
durch  Westdeutschland  teil.  Bei  ihrem  Emp- 
fang in  Aachen  fand  zu  Ehren  der  Kriegs- 
blinden eine  Parade  der  dortigen  bel- 
gischen Truppenformationen  statt.  Ein  Re- 
dakteur einer  Aachener  Tageszeitung  über- 
gab dem  Vizepräsidenten  des  belgischen 
Kriegsblindenwerks,  Major  Delvaux,  „eine 
wertvolle  Ehrengabe  als  kameradschaftliche 
Geste  der  Ehrerbietung".  Aachens  Ober- 
bürgermeister wird  bei  einem  für  Juli  erwar- 
teten zweiten  Besuch  belgischer  Kriegsver- 
sehrter einen  Führhund  übergeben.  —  Wir 
begrüßen  mit  großer  Freude  diese  Kenn- 
zeichen einer  wachsenden  Gemeinschaft  zwi- 
schen ehemaligen  Gegnern,  zumal  der  bel- 
gische Kommandant  von  Aachen  ein  gemein- 
sames Treffen  von  belgischen  und  deutschen 


Kriegsversehrten  in  Aussicht  gestellt  hat. 
Auch  sind  wir  damit  einverstanden,  daß 
manche  deutsche  Stelle  den  ausländischen 
Kriegsblinden  mehr  Aufmerksamkeit  zu  wid- 
men scheint,  als  je  den  deutschen  Kriegs- 
blinden. 

Nach  Informationen  der  Polizei  ist  mit  dem 
Frühjahr  das  Heer  der  berufsmäßigen 
Bettler  auf  15000  angestiegen.  Immer 
wieder  versuchen  diese  Gesellen,  sich  als 
„Blinde"  zu  tarnen,  um  das  Mitleid  der  Men- 
schen auszunutzen.  So  wurde  letzt  in  Han- 
nover ein  solcher  blinder  Bettler  aufgegrif- 
fen, der  täglich  mitdemMotorrad  nach 
Hannover  kam,  um  dort  seiner  „Arbeit"  — 
natürlich  mit  Hilfe  einer  gelben  Armbinde  — 
nachzugehen.  Die  Kriegsopferverbände,  nicht 
zuletzt  auch  der  Kriegsblindenbund,  haben 
in    diesen    Tagen    das    schändliche    Bettel- 


unwesen erneut  verurteilt  und  haben  sich 
von  jedem  Bettler  in  ihren  Reihen  auf  das 
schärfste  distanziert.  Wünschenswert  wäre 
es  nur,  wenn  auch  die  Öffentlichkeit  sich 
gegen  das  Bettelunwesen  wenden  würde, 
statt  die  Polizei  zu  hindern,  zu  notwendigen 
Festnahmen  zu  schreiten. 

* 
Der  „Bund  hirnverletzter  Kriegs- 
und Arbeitsopfer  e.  V."  hielt  am  17. 
und  18.  Mai  seine  diesjährige  Bundestagung 
in  Frankfurt  ab,  verbunden  mit  einem  Fest- 
akt in  der  Paulskirche.  Der  Bundesvorstand, 
an  der  Spitze  der  einstimmig  bestätigte  F. 
H.  Götsch  (Hannover),  wurde  wiedergewählt. 
Die  Zeitschrift  des  Hirnverletztenbundes 
„Kameradengruß"  berichtet,  daß  am  Tage 
vor  dem  Delegiertentreffen  im  Anschluß  an 
die  Kundgebung  in  der  Paulskirche  vor  dem 
Gotteshaus  durch  den  VdKFlugblätter 
verteilt  wurden  „Ein  Kameradengruß  an 
alle  Hirnverletzten",  die  in  ihrer  Auf- 
machung den  Druckerzeugnissen  des  Hirn- 
verletztenbundes glichen.  Die  empörten  Dele- 
gierten hätten  die  Flugblätter  in  einem 
Feuer  vor  der  Paulskirche  verbrannt. 

* 
In  der  Ostzone  wird  die  Ausbildung 
von  blinden  Masseuren  nicht  mehr  in  der 
bisherigen  Weise  fortgesetzt.  Der  Masseur- 
beruf soll  durch  eine  Ausbildung  zum  Heil- 
gymnasten erweitert  werden,  obwohl 
behördlicherseits  teils  Bedenken  dagegen  be- 
stehen. Die  Ausbildung  sieht  vor:  je  ein  Jahr 
Grundausbildung  und  Praktikum  mit  einer 
Prüfung  zum  Orthopädischen  Gymnasten. 
Weitere  zwei  Jahre  Ausbildung  mit  dem 
Berufsziel   des  Krankengymnasten. 

* 
Die  Magdeburger  „Volksstimme"  berichtet, 
daß  eine  Anzahl  von  Blinden  auf  Grund  be- 
sonderer beruflicher  Leistungen  als  „Akti- 
visten" ausgezeichnet  wurden  und  wendet 
sich  gleichzeitig  gegen  das  Auftreten  blin- 
der Bettler  in  den  Straßen  der  Stadt. 
Diesen  Bettlern  ein  Almosen  zu  geben,  sei 
„ein  ungeheures  Unrecht  denen  gegenüber, 
die  vielleicht  noch  weniger  Unterstützung 
erhalten". 

* 

Die  älteste  Blindenanstalt  Deutschlands, 
die  vom  preußischen  König  in  Berlin  1806 
gegründet  wurde,  feierte  im  Mai  das  75- 
jährige  Bestehen  des  Hauses  in  Steglitz, 
dessen  Bau  1877  eingeweiht  wurde.  Eine 
Reihe  von  Festveranstaltungen  machten  das 
trotz  aller  Kriegszerstörungen  hohe  Ansehen 
und  die  erneuerte  große  Leistungsfähigkeit 
der  Schule  deutlich.  Der  verdienstvolle 
Direktor  der  Anstalt  ist  unser  kriegsblinder 
Kamerad  Dr.  Jurczek. 
* 

Ein  unglaublicher  Roheitsakt  wird  aus 
Ottobeuren  bekannt:  Unbekannte  Täter  trie- 
ben einem  Blindenführhund  einen  eigens 
präparierten  Nagel  mit  entfernter  Kuppe 
viereinhalb  Zentimeter  tief  neben  der  Wir- 
belsäule in  der  Gegend  des  Kreuzbeines  in 
die  Muskulatur.  Der  Hund  kam  nach  Hause 
und  machte  seinen  Herrn  durch  ständiges 
Schmeicheln  und  Winseln  auf  den  Fremd- 
körper aufmerksam.  Es  gelang  dem  Tierarzt, 
den  Nagel  mit  einer  Zange  herauszulösen 
und  das  wertvolle  Tier  zu  retten. 
* 

Im  Saargebiet  gibt  es  heute  etwa  550  Zivil- 
blinde (bei  einer  Bevölkerungszahl  von 
950  000),  von  denen  die  Mehrzahl  das  Augen- 
licht durch  Betriebsunfall  in  Gruben  und 
Hütten  verloren  hat  und  daher  rentenmäßig 
gesichert  ist.  Für  die  nicht  versorgten  Zivil- 
blinden wurde  das  „Gesetz  über  die  Gewäh- 
rung einer  Blindheitshilfe"  vom  Juni 
1950  jetzt  ergänzt.  Danach  erhält  jeder  Zivil- 
blinde monatlich  (umgerechnet)  fast  90, — 
DM,  und  zwar  ohne  Anrechnung  seines  son- 
stigen   Einkommens.     Demnach    erhält    ein 


gänzlich  mittelloser  Zivilblinder  außer  dieser 
Blindheitshilfe  auch  Wohlfahrtsunterstützung, 
also  insgesamt  155, —  DM, 

* 

Die  Weltvereinigung  ehemali- 
gerKriegsteilnehmer  hielt  ihr  zwei- 
tes Treffen  unter  Anwesenheit  von  Dele- 
gierten des  amerikanischen  Kriegsblinden- 
bundes  in  Belgrad  ab.  87  Organisationen 
aus  19  Ländern  waren  vertreten.  Albert  Morel 
(Frankreich)  wurde  zum  Präsidenten  und 
E.  H.  Newcomb  (USA)  zum  Generalsekretär 
gewählt.  Die  Bezeichnung  dieser  Vereinigung 
lautet  jetzt:  World  Veterans  Federation 
(WVF).  In  Zusammenarbeit  jnit  diesem  Ver- 
band geht  von  Amerika  eine  internationale 
Hilfe  für  Kriegsbeschädigte  in  11  Ländern 
aus.  Kriegsblinde  sollen  u.  a.  eine  Blinden- 
uhr  und  einen  elektrischen  Rasierapparat 
erhalten  können. 

Der  Generalsekretär  der  Weltvereinigung 
der  Veteranen  hat  nunmehr  das  internatio- 
nale Hilfsprogramm  der  Vereinigung 
bekanntgegeben.  Danach  soll  ein  Informa- 
tionszentrum entstehen,  u.  a.  zur  Vorberei- 
tung von  Filmen  und  Wanderausstellungen, 
ferner  ein  technischer  Beratungs- 


dienst über  die  letzten  Entwicklungen  auf 
dem  Gebiet  der  Prothesen  und  der  Hilfs- 
mittel. Auch  soll  eine  Ausbildung  oder  ein 
Austausch  von  Fachleuten  erfolgen  (z.  B. 
benötigt  Jugoslawien  Spezialisten  für  die 
Anfertigung  orthopädischer  Schuhe).  Wichtige 
Institute,  z.  B.  das  Krankenhaus  für  Kriegs- 
beschädigte in  Athen,  sollen  Ausrüstungs- 
gegenstände usw.  erhalten.  Die  Entwicklung 
von  Prothesen  und  Hilfsmitteln  —  auch  Blin- 
denhilfsmitteln!  —  soll  in  internationaler 
Zusammenarbeit  erfolgen. 


Von  einer  interessanten  neuen  Augen- 
operation berichtete  Dr.  Key  Sharp  vor 
britischen  Blindenfachleuten.  Es  handelt  sich 
um  die  Wiederherstellung  des  Augenlichtes 
in  gesondert  gelagerten  Fällen  durch  Ent- 
fernung der  beschädigten  Linse  und  Ersatz 
durch  eine  künstliche  Linse.  Die  Er- 
fahrungen mit  dieser  Operation  sind  aber 
noch  gering.  In  England  hat  man  übrigens 
nach  wie  vor  Schwierigkeiten  bei  der 
Operation  der  Hornhautübertragung,  da  die 
Zahl  der  Hornhautspender  viel  zu  gering 
ist.  Hochinteressant  ist  auf  diesem  Gebiet 
eine  Schilderung  aus  der  Pariser  Presse, 
wonach  es  in  der  Universitätsklinik  in 
Nantes  mehrfach  mit  Erfolg  gelungen  sei, 
erblindeten  Menschen  durch  Übertragung 
eines  neuen  Glaskörpers  zu  helfen. 
Fachkreise  stehen  allerdings  diesen  Nach- 
richten noch  sehr  skeptisch  gegenüber. 


Seit  einigen  Wochen  läuft  der  amerika- 
nische Kriegsblindenfilm  „Sieg  über  das 
Dunkel"  auch  in  Osterreich.  Die  erfolg- 
reiche Premiere  fand  im  Künstlerhaus-Kino 
in  Wien  statt. 

* 

Der  französische  Blindenfilm  „Die  Nacht 
ist  mein  Reich"  („La  nuit  est  mon  royaume") 
läuft  in  französischer  Originalfassung  z.  Z. 
in  der  Schweiz.  Einer  der  besten  französi- 
schen Schauspieler,  Jeanne  Gabin,  spielt  die 
Hauptrolle,  einen  Lokomotivführer,  der  im 
Dienst  sein  Augenlicht  verliert.  Gabin  erhielt 
für    diese    Leistung    den    ersten    Preis    als 


bester  Schauspieler  des  Jahres 
1951.  Das  Filmgeschehen  wickelt  sich  größ- 
tenteils in  einem  französischen  Blinden- 
institut  ab.  Er  soll  sehr  viel  besser  sein  als 
der  in  Deutschland  gezeigte  französische 
Blindenfilm  „Die  Nacht  geht  zu  Ende",  der  in 
minutenlangen  Großaufnahmen  eine  Horn- 
hautoperation zeigt.  „Im  Gegensatz  zu  dem 
amerikanischen  Kriegsblindenfilm,  der  wahr- 
haftig und  unsentimental  ist,  strotzt  dieser 
französische  Streifen  von  Verlogenheiten 
und  Knalleffekten",  so  schrieb  kürzlich  eine 
Frankfurter  Zeitung. 

* 

Die  1928  gegründete  und  nach  dem  erblin- 
deten englischen  Dichter  Milton  benannte 
John -Mil  ton -Blindenge  Seilschaft 
in  den  USA  hat  in  66  Ländern  und  in  neun 
Sprachen  christliche  Literatur  in  Blinden- 
schrift für  Kinder  und  Erwachsene  kostenlos, 
verteilt.  Zu  den  neuesten  Veröffentlichungen 
gehört  eine  Kinderzeitschrift  in  japanischer 
Blindenschrift.  Die  Gesellschaft  betreut  vor 
allem  viele  Millionen  von  Blinden  auf  den 
überseeischen  Missionsfeldern.  Als  Präsiden- 
tin der  Gesellschaft  wurde  für  das  neue 
Geschäftsjahr  Dr.  Helen  Keller  gewählt. 


Auch  die  deutsche  Uhrenindustrie  bringt 
jetzt  eine  Blindenarmbanduhr  auf 
den  Markt,  die  ein  neues,  rein  deutsches 
Erzeugnis  ist.  Es  handelt  sich  um  ein  Fabri- 
kat der  Uhrenfabrik  „Bergisch  Haus"  (Pforz- 
heim und  Solingen)  mit  einem  stoßgesicher- 
ten Vollankerwerk  und  15  Steinen,  Chrom;- 
klappdeckel  und  aufgeschraubtem  Rückenteil 
zu  einem  Preise  von  66, —  DM.  Näheres  ist 
aus  einer  Anzeige  an  anderer  Stelle  dieses 
Heftes  zu  ersehen. 

* 

In  einer  bayerischen  Stadt  kam  ein  alter, 
halbgelähmter  blinder  Korbmacher  auf 
schreckliche  Weise  ums  Leben,  weil  er  beim 
Anzünden  der  Pfeife  erst  zu  spät  be- 
merkt hatte,  daß  seine  Kleidung  in  Brand 
geraten  war.  Seine  Frau  befand  sich  in  der 
Nachbarwohnung.  Der  Blinde  erlag  wenige 
Stunden  später  den  Brandverletzungen. 


Wenn  wir  hellen  können,  müssen  wir  es  auch  tun, 

sonst  sind  wir  nicht  wert,  daß  ein  Sonnenstrahl  auf  uns  fällt. 


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10 


Raus  durchs  Zugfenster 

Im  Maiheil  erschien  auf  Seite  12  ein  Bericht 
„Et  wollte  sich  doch  bessern!",  den  die  Schrift- 
leitung  für  lehrreich  und  reizvoll  genug  hielt, 
um  ihn  abzudrucken.  Dazu  schreibt  ein  Kamerad 
aus  München  u.  a.: 

„Ich  persönlich  kann  Dir  zu  diesem  Artikel 
nur  sagen:  wenn  ich  eine  solche  Frau  hätte, 
dann  hätte  ich  sie  bei  ihren  ersten  Ansätzen 
zum  Zugfenster  hinausgeworfen.  Ich  glaube 
kaum,  daß  bei  derartigen  Veröffentlichungen 
das  Ansehen  der  Kriegsblinden  steigt." 

Und  gleichzeitig  schreibt  unser  Kam.  Erich 
Giesler  aus  Feilinghausen: 

„Kam.  Heinz  C.  Schwarze  hält  uns  hier 
einen  Spiegel  vor,  und  wenn  wir  recht 
hineinschauen,  erkennen  wir  uns  wieder. 
Warum  sollen  wir  nicht  hineinsehen?!  Man 
kann  doch  ruhig  darüber  sprechen.  Ja,  wenn 
wir  alle  Engel  wären!  Weil  wir  das  aber  nun 
einmal  nicht  sind,  wollen  wir,  jeder  für  sich 
selbst,  beschließen,  gegen  unsere  kleinen 
Fehler  und  Mängel  anzugehen  und  sie  abzu- 
stellen. Auf  Anhieb  wird  uns  das  nicht  ge- 
lingen, und  wir  werden  daher  sehr  oft  den 
Entschluß  immer  wieder  neu  fassen  müssen. 
Aber  wir  wollen  auch  keine  Musterknaben 
werden.  Warum  auch  gar?  Wir  wollen  uns 
doch  möglichst  wenig  von  unseren  lieben 
Mitmenschen  unterscheiden,  und  gerade  un- 
serer Umwelt  haftet  manches  an,  was  ganz 
gewiß  nicht  als  Tugend  bezeichnet  werden 
kann.  Was  schadet  es,  wenn  wir  unserer 
lieben  Lebenskameradin  in  der  besten  Absicht 
einmal  ein  herzhaftes  Bussi  geben,  wenn*  — 
von  uns  unbemerkt  —  Zuschauer  dabei  sind! 
Die  kennen  uns  doch  nicht  und  werden  uns 
nie  wieder  sehen. 

Selbsterkenntnis  ist  der  erste  Weg  zur 
Besserung,  und  ich  finde  es  sehr  sympathisch, 
wenn  unsere  Zeitschrift  zu  dieser  Selbst- 
erkenntnis unter  uns  beiträgt.  Das  braucht 
ja  nicht  gleich  zu  einem  östlichen  Selbst- 
bezichtigungsdrang zu  führen." 

-  „Hast  du  keine  Aufgabe  mehr?" 
Der  Mut  zur  kritischen  Selbstkontrolle 

•  Wir  sind  dem  Kameraden  Eberth  für  seinen 
Artikel  in  der  Mai-Ausgabe  des  „Kriegsblin- 
den" zum  Dank  verpflichtet.  Endlich  einmal 
hat  ein  Kamerad  einen  Artikel  verfaBt,  der 
nicht  einen  triumphalen  Sieg  über  das  Dun- 
kel, nicht  einen  genialen,  einen  übermensch- 
lichen  Erfolg   zum   Gegenstand   hat. 

Dieser  Artikel  ist  deshalb  wertvoll,  weil  er 
von  den  „kleinen  Dingen  des  Alltags" 
spricht,  die,  seien  sie  auch  noch  so  klein, 
letztlich  die  einzige  unverfälschte  Aus- 
sage über  die  Werterfülltheit  eines 
Lebens  zu  geben  vermögen.  Wir  alle  wer- 
den darin  übereinstimmen,  daß  eine  kleine 
Geste,  ein  kleines  Wort  oft  mehr  über 
menschliche  Qualitäten  aussagen,  als  ein 
noch  so  glänzender  Schnellschreiberekord. 
So  sollten  wir  denn  diese  kleinen  Dinge 
nicht  zu  gering  achten!  Dies  gilt  zumindest 
für  uns  Menschen  —  mag  sein,  daß 
lübermenschen"  nach  anderen  Gesetzen  leben, 
die  wir  uns  aber  grundsätzlich  nicht  unge- 
straft zu  eigen  machen  dürfen,  wie  das 
Schicksal  Nietzsches  beweist,  der  das  Evan- 
gelium vom  Übermenschen  predigte  und  als 
Paralytiker  starb. 

:  Ergänzend  sei  erwähnt,  daß  der  Kreis  der 
Kameraden  viel  zu  eng  gezogen  ist,  an  die 
sich  Kamerad  Eberth  mit  seinem  Artikel 
wendet.  Aus  diesem  Artikel  können  nämlich 
nicht  nur  diejenigen  Kameraden  eine  wert- 
volle Lehre  ziehen,  die  keinerlei  berufliche 
Tätigkeit  mehr  ausüben  können,  sondern 
auch  jene,  die  über  den  Vermerk  „arbeits- 
unfähig" hinwegzukommen  versuchen.  Ich 
möchte  zwar  nicht  in  die  vom  Kameraden 


SCHLÜSSEL    ZUR  SICHERHEIT:    BOSCH-ERZEUGNISSE 


Eberth  propagierte  Forde- 
rung einstimmen:  „Jeder 
Kriegsblinde  ein  Freuden- 
missionar!", wohl  aber 
kann  dieser  Artikel  uns 
alle  daran  erinnern,  daß 
sich  das  Leben  nicht  im 
Stenografieren,  Schreib- 
maschinenschreiben, Bür- 
stenmachen, Aktenwälzen 
usw.  erschöpft.  Es  ist  zwar 
eine  psychologische  Bin- 
senwahrheit, daß  jeder 
von  uns  dies  für  seine 
Person  nicht  gelten  lassen 
wird;  fragen  wir  vorsichts- 
halber aber  doch  mal 
unsere  Frauen,  ob 
sie  so  ganz  uneinge- 
schränkt unserer  Meinung 
sind.  Dies  dürfte  ein  inter- 
essantes Experiment  sein! 

Da  wir  uns  schon  auf 
den  Pfaden  der  Psycho- 
logie bewegen,  sei  noch 
auf  eine  andere  Binsen- 
wahrheit hingewiesen,  die 
verständlich  macht,  daß 
ich  den  besprochenen  Ar- 
tikel gerade  für  die  im 
Arbeitsprozeß  stehenden 
Kameraden  so  wertvoll 
halte.  Diese  Binsenweis- 
heit lautet:  Der  von  einem 
schweren  Schicksalsschlag 
getroffene,  in  seiner  Kon-  ^ 

stitution  aber  gesund  ge- 
bliebene Mensch  ist  in  der  Lage,  Lebens- 
energien  zu  mobilisieren,  die  ihn 
schier  unlösbar  scheinende  Aufgaben  bewäl- 
tigen lassen.  Diese  an  sich  gesunde  Reaktion 
ist  aber  auch  sehr  gefährlich;  deshalb 
nämlich,  weil  der  solchermaßen  energie- 
geladene und  erfolgsstrebige  Mensch  sich 
leicht,  allzu  leicht  in  ehrgeizigen  Zielen  ver- 
liert, die  ihn  völlig  gefangen  nehmen  können. 

Wenn  der  besprochene  Artikel  dazu  Anlaß 
gibt,  daß  wir  alle  einmal  die  Sonde  der 
Selbstkritik  ansetzen,  dann  hat  Kamerad 
Eberth  uns  allen  einen  wahrhaft  kamerad- 
schaftlichen Dienst  erwiesen. 

Franz  Sonntag  (Tübingen) 

Beim  Postscheckamt  Nürnberg 

Der  Amtsvorsteher  des  Postscheckamts 
Nürnberg  schreibt  uns  am  20.  Mai  1952  fol- 
gende sehr  dankenswerte  und  bezeichnende 
Zeilen: 

Die  Erfahrungen,  die  in  dem  Heft  9/1952 
in  dem  Aufsatz  „Ein  Kriegsblinder  in  der 
Telefonzentrale"  zum  Ausdruck  kom- 
men, sind  auch  für  uns  sehr  wertvoll.  Auch 
das  Postscheckamt  Nürnberg  beschäftigt 
seit  über  10  Jahren  einen  Kriegsblin- 
den in  der  Telefonvermittlung.  Der  Fern- 
sprechbetrieb in  unserem  Amt,  als  Vermitt- 
ler des  unbaren  Geldverkehrs  in  einem  um- 
fangreichen Wirtschaftsgebiet,  ist  naturge- 
mäß sehr  stark  und  wir  legen  größten  Wert 
darauf,    unsere    Kunden    auch    in    der    Ge- 


AN    MEINE    FRAU 

Wie  schön  die  Erde  wird  in  diesen  Tagen, 

das   darf   ich   dich,    darf   deine   Augen   fragen   — 

so  gibst  du  mir  des  Sehens  hohes  Glück, 

gibst  die.  verlorne  schöng  Welt  zurück. 

Kann  ich  auch  Welt  und  Menschen  nicht  mehr  sehen, 
ward  mein  Sein  auf  engen  Kreis  beschränkt, 
ich  hab  ja  dich!  Was  kann  mir  da  geschehen! 
In  dir  ist  schöner  mir  die  Welt  geschenkt. 

BODO    SCHÜTZ 


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sprächsvermittlung  rasch  und  zuvorkommend 
zu  bedienen  und  ihnen  zutreffende  Aus- 
künfte zu   erteilen. 

Unser  kriegsblinder  Mitarbeiter  versieht 
seinen  verantwortungsvollen  Dienst  tagein 
tagaus  gewissenhaft,  freundlich  und  immer 
guten  Mutes.  Zuvorkommend  und  verbind- 
lich vermittelt  er  die  Gespräche  innerhalb 
und  außerhalb  des  Amtes  und  schon  mancher 
Postscheckkunde  hat  anerkennend  die 
Höflichkeit  des  Vermittlungsbeamten 
hervorgehoben.  Der  Kriegsblinde  hat  auf 
diesem  Arbeitsplatz  unbedingt  das  Bewußt- 
sein, ein  vollwertiger  Angehöriger  einer 
großen  Belegschaft  zu  sein.  Welcher 
Arbeitgeber  wird  es  nicht  als 
Glück  empfinden,  beitragen  zu  kön- 
nen, daß  einem  vom  Schicksal  besonders 
schwer  geprüften  Menschen  wieder  der  Weg 
zur  Lebensfreude  und  Zufriedenheit  eröffnet 
werden  kann. 

KriegsbJinden-Sportmeisterschaft? 

Die   Frage   der   Disziplinen 

Freudig  und  mit  größtem  Interesse  nahm 
ich  den  Artikel  „Wer  wird  Sportmeister  der 
Kriegsblinden?"  auf.  Die  von  unserem  Kame- 
raden Franz  Schmitgen  (Aprilheft)  gemachten 
Vorschläge  begrüße  ich  auf  das  herzlichste. 
Schneidet  er  doch  damit  ein  Kapitel  an,  das 
schon  manchen  unter  uns  bewegt  hat,  jedoch 
nie  öffentlich  zur  Sprache  kam.  Zu  den  vor- 
geschlagenen Disziplinen  unseres  Kameraden 
Schmitgen  möchte  ich  jedoch  folgendes  er- 
wähnen: Es  geht  mir  da  um  die  1.  und 
5.  Disziplin.  Zur  Übung  Nr.  1  möchte  ich  be- 
tonen, daß  es  auch  heute  noch  Sportler  gibt, 
die  nicht  schwimmen  können  (ich  gehöre 
übrigens  auch  dazu)  und  nun  aus  diesem 
Grunde  an  dem  vorgeschlagenen  Fünfkampf 
nicht  teilnehmen  können.  Ich  schlage  vor, 
einen  Fünfkampf  auf  leichtathleti- 
scher Basis  festzusetzen,  der  sich  vielleicht 
wie  folgt  zusammensetzt: 

1.  Laufen:  100  m  oder  400  m.  2.  Kugel- 
stoßen oder  Steinstoßen  (Kugelstoßen  wäre 


11 


Wim  S^ 

■  ■ 


Auch  der  Lauf  ist  dem  kriegsblinden  Sportler  kei- 
neswegs verschlossen,  am  wenigsten  auf  den 
Mittel-  oder  Langstrecken.  Allerdings  setzen  Lauf- 
Übungen  eine  große  Konzentration  und  aui  jeden 
Fall  einen  sehenden  Begleiter  voraus,  wenn  auch 
manche  Langstreckentreunde,  dicht  an  der  Innen- 
kante der  Bar\n  laufend,  ohne  Begleitung  ihre 
Runden  zu  ziehen  vermögen.  Der  freie  Lauf  auf 
Rasen  oder  Bahn  bedeutet  für  den  Kriegsblinden, 
der  am  Arm  anderer  Menschen  zu  gehen  gewohnt 
ist,  eine  große  innere  Erquickung.  Unser  Bild  zeigt 
links  den  kriegsblinden  Studenten  W.  Giehr, 
rechts  einen  sehenden  Sportkameraden. 

Foto:  Eifert 


aber  vorzuziehen).  3.  Standweitsprung  oder 
Hochsprung.  4.  1000-m-,  3000-m-  oder  5000-m- 
Lauf.  5.  Ballweitwurf. 

Von  diesen  fünf  Disziplinen  wäre  je  eine 
Übung  für  einen  stattfindenden  Wettkampf 
festzusetzen,  um  jedem  teilnehmenden  Kame- 
raden gleiche  Chancen  zu  bieten. 

Ich  glaube  mit  meinen  vorgeschlagenen 
Disziplinen  eine  Auswahl  getroffen  zu  haben, 
die  jedem  Kameraden,  auch  den  sogenannten 
Gelegenheitssportlern,  wenn  ich 
mich  so  ausdrücken  darf,  gerecht  zu  werden. 
Denn  wir  müssen  ja,  um  eine  möglichst  zahl- 
reiche Beteiligung  zu  erreichen,  die  Übungen 
so  festsetzen,  daß  jeder  Kamerad  den  Mut 
aufbringt,  sich  an  unserem  Wettkampf  zu  be- 
teiligen. Es  darf  keiner  von  vornherein 
sagen:  „Ich  kann  nicht  schwimmen;  also  hat 
es  auch  keinen  Wert,  daß  ich  mich  daran  be- 
teilige." Wir  wollen  dabei  auch  nicht  die 
vielen  Ein-  oder  gar  Ohnhändern  vergessen, 
für  die  besondere  Disziplien  festzusetzen 
sind. 

Zur  Disziplin  Nr.  5,  Tandemfahren, 
möchte  ich  erwähnen,  daß  man  diese  wohl 
nicht  recht  mit  dem  Rennbootfahren  ver- 
gleichen kann,  da  ja  dieses  eine  Mannschafts- 
leistung ist,  bei  der  die  Mannschaft  aufein- 
ander eintrainiert  ist.  Beim  Tandemfahren 
liegt  es  jedoch  in  der  Hand  und  Geschicklich- 
keit unseres  Partners,  eine  gute  Leistung  zu 
erzielen.  Und  ein  großer  Teil  unserer  Kame- 
raden hat  noch  nie  auf  einem  Tandem  ge- 
sessen. 


Benedict  &  Dannheisser  6.  m.  b.  H. 

Leonische  Spinnerei  und  Weberei 
Telefonschnüre    und    Schwachstromleilungen 

Nürnberg  «N. 

Äufjere  Bayreuther  Strafe  48 


Zur  Austragung  der  Wettkämpfe  würde 
ich  den  Monat  September  vorschlagen. 
Denn  Juli  und  August  sind  die  Urlaubs- 
monate, in  denen  ja  viele  unserer  Kamera- 
den auf  Reisen  sind.  Es  ist  sicherlich  zu 
hoffen,  daß  sich  überall  Sportvereine  finden, 
die  sich  unserer  annehmen. 

Ich  denke,  daß  ich  mit  meinen  Vorschlägen 
die  Auffassung  vieler  Kameraden  vertrete 
und  wünsche,  daß  allen  Interessenten  der 
Wunsch  auf  sportliche  Betätigung  recht  bald 
in  Erfüllung  geht. 

Alfred  Poye  (Würzburg) 

Und  eine  Antwort 

Dazu  antwortet  Franz  Schmitgen 
u.  a.: 

1.  Keineswegs  war  von  mir  ein  an  fünf 
Disziplinen  gebundener  Wettkampf  vor- 
geschlagen, bei  dem  unbedingt  Schwimmen 
als  Konkurrenz  vorgesehen  sein  müßte.  Ich 
war  und  bin  nicht  minder  ein  Befürworter 
von  sportlichen  Wettkämpfen,  die  sich  auf 
einzelne  Fachgruppen  wie  Laufen,  Wurf- 
konkurrenzen und  dgl.  beschränken. 

2.  Allerdings  bin  ich  aus  gesundheitlichen 
Gründen  wie  auch  als  Kriegsblinder  ein 
begeisterter  Anhänger  des  Sehwimmens. 
Neben  Rudern  stählt  diese  (schon  wegen  der 
infolge  des  Wassers  besonders  guten  Luft) 
am  meisten  Herz  und  Lunge,  ohne  zu  Schä- 
den von  Überanstrengungen  zu  führen.  Hin- 
zu kommt,  daß  wir  Blinde  infolge  der  durch 
das  Hindernis  des  Wassers  bedingten  nied- 
rigen Geschwindigkeit  vor  Stürzen  und 
Hemmungen  in  dieser  Richtung  restlos  ver- 
schont sein  können  und  bei  kurzen  Bassins 
uns  jederzeit  schnell  zurechtfinden.  Ich 
halte  gerade  diese  Sportart  für  uns  Blinde 
wie  keine  zweite  geeignet  und  würde  es 
daher  begrüßen,  wenn  unser  Bund 
Möglichkeiten  finden  könnte,  einem  un- 
serer    Erholungsheime     ein     kleines 


Schwimmbecke n"anzufügen,  was  auch 
bei  Nichtschwimmern  sicherlich  Freude  und 
Anklang  finden  würde.  Ein  guter  Schwimm- 
lehrer würde  sicherlich  auch  Sie  in  kurzer 
Zeit  zu  einem  begeisterten  Anhänger  meiner 
Auffassung  machen. 

3.  Was  Ihre  Bedenken  bezüglich  des 
Tandems  betrifft,  gebe  ich  Ihnen  darin 
recht,  daß  hier  die  Leistung  des  Zweiten 
eine  erhebliche  Rolle  spielt.  Während 
jedoch  bei  einem  solchen  Kampf  die 
Hälfte  der  erzielten  Höchstleistung  Ihrem 
Können  zuzuschreiben  ist,  beträgt  sie  bei 
einem  Ruderboot.  „Vierer  m.  St."  nur  ein 
Viertel!  Der  große  Vorzug  liegt  jedoch 
darin,  daß  man  seine  Energie  nicht  auf  die 
Orientierung  einspannen  muß,  was  bei  jeder 
Laufkonkurrenz  stets  unsagbar  viel  Nerven- 
kraft beansprucht. 

Franz  Schmitgen  (Speyer) 

Macht  alle  mit! 

Es  wäre  zu  wünschen,  daß  recht  viele 
Kameraden  an  diesem  Wettbewerb  sich  be- 
teiligen möchten  und  vor  allen  Dingen  auch 
bei  den  Versehrtenmeisterschaften  dabei 
sein  könnten. 

Ich  darf  gewiß  im  Namen  aller  sport- 
begeisterten Blinden  sprechen,  wenn  ich 
die  Kriegsblindenbundesleitung  bitte,  sich 
für  den  von  Kamerad  Schmitgen  angeregten 
Plan  voll  einzusetzen.  Ich  denke,  daß  es 
sogar  möalich  sein  könnte,  die  fünf  Besten 
der  einzelnen  Disziplinen  auf  einer  deut- 
schen Blindenmeisterschaft  an  den  Start 
zu  bringen. 

Josef  Eimermacher,  Küdinghoven 

Nochmals:  Wer  sich  an  einer  Sportmeister- 
schait  der  Kriegsblinden  beteiligen  will  — 
und  er  kann  dies  daheim  tun  unter  Bescheini- 
gung der  Leistungen  — ,  der  schreibe  an  die 
Schriftleitung  „Der  Kriegsblinde",  Bielefeld, 
Stapenhorststraße  138. 


Das  Bundesversehrtensportfest 


Die  „Arbeitsgemeinschaft  Deutscher  Ver- 
sehrtensport" hat  nach  einer  am  10./11.  Mai 
in  Frankfurt  abgehaltenen  Tagung  Einzel- 
heiten über  die  Durchführung  des  2.  Bundes- 
Versehrtensporttreff ens  bekanntgegeben,  das 
am  7.  und  8.  September  in  List  auf 
Sylt  stattfinden  soll.  500  Teilnehmer  sind 
vorgesehen,  darunter  auch,  wie  wir  hören, 
eine  Anzahl  von  Blinden,  die  in  den  ver- 
schiedenen Versehrtensportgruppen  in  der 
gesamten  Bundesrepublik  Sport  treiben.  Die 
Zahl  der  Teilnehmer  kann  aus  Unterbrin- 
gungsgründen nicht  erhöht  werden,  so  daß 
es  fraglich  ist,  ob  trotz  des  späten  Melde- 
schlusses (1.  7.  1952)  noch  weitere  Kriegs- 
blinde teilnehmen  können.  (Interessenten 
mögen   sich   bei   der   Schriftleitung  melden.) 

Die  Ausschreibungen  sehen  Kämpfe  in  elf 
Versehrtenklassen  sowie  mehreren  Alters- 
und Leistungsklassen  vor.  Interessant  sind 
hier  für  uns  vor  allem  die  Mehrkämpfe 
für  Blinde.  Wir  könnten  uns  denken,  daß 
die  angesetzten  Übungen  manche  Kritik  aus 
unseren  Reihen  finden.  Es  sind  vorgesehen: 

a)  Bodenübung,  Pflicht  (Rasen  oder  Matte): 
Aus  dem  Angehen  Rolle  vorwärts  zum 
federnden  Strecksprung,  halbe  Drehung  über 
den  Sitz,  Rolle  rückwärts  durch  den  flüch- 
tigen   Handstand    zum    Stand. 

b)  Medizinballweitstoß  (2  kg)  beliebig. 

c)  Weitsprung  aus  dem  Stand  vom  Sprung- 
brett (Sprung  nach  Anruf  durch  Kampf- 
richter). 

d)  20  Meter  beliebig  Schwimmen  aus  dem 
Stand  (im  Flachen  nach  Leinenziel  5  Meter 
vor  Beckenrand). 

Wir  stellen  hiermit  diesen  Mehrkampf  für 
Blinde  zur  Diskussion  und  bemerken  dazu, 
daß  bessere  Vorschläge  schon  jetzt  für  eine 


Berücksichtigung  im  nächsten  Jahr  gemacht 
werden  können. 

Hochinteressant  sind  verschiedene  Übun- 
gen aus  anderen  Versehrtenklassen.  So  gibt 
es  z.  B.  für  sehende  Ohnehänder  die  Übung 
„Fußball-Weitschießen  aus  dem  schnellen 
Lauf"  oder  für  Doppelschenkelamputierte  den 
Kugelstoß  aus  dem  Sitzen  vom  flachen  Tisch 
beidarmig  und  das  Klettern  am  Tau,  und  für 
einseitig  Oberschenkelamputierte  ein  „50-m- 
Hüpfen".  Bei  der  gleichen  Klasse  gibt  es  im 
Frauenmehrkampf  ein  50-m-Schulgehen  mit 
Prothese. 

Außer  den  genannten  Mehrkämpfen  ist 
noch  eine  große  Anzahl  von  Einzelkämpfen 
(Leichtathletik  und  Schwimmen)  vorgesehen, 
doch  durchweg  für  alle  anderen  Versehrten- 
klassen, nicht  für  Blinde,  obwohl 
Übungen  wie  1000-m-Lauf,  Speerwurf,  100-m- 
Brustschwimmen  usw.  auch  für  Blinde  gut 
in  Frage  kommen. 


In  Balingen  findet  am  26. /27.  Juli  das 
diesjährige  Württembergische  V  e  r< 
sehrtensportfest  statt.  Wenn  auch 
die  Ausschreibungen  (Schwimmen,  Leicht- 
athletik, Geräteturnen  und  Fünfkampf)  be- 
dauerlicherweise keine  Übungen  für  Blinde 
vorsehen,  so  wäre  doch  vielleicht  durch  tat- 
kräftige württembergische  Kameraden  zu 
erreichen,  daß  noch  nachträglich  solche  Übun- 
gen eingefügt  werden.  Meldeschluß  ist  der 
1.  Juli.  Interessierte  Kameraden  wenden  sich 
am  besten  an  den  verantwortlichen  Leiter, 
Herrn  Reinhold  Schlather,  Balingen,  Ebert- 
straße  10.  Wenn  sich  wenigstens  drei  Kriegs- 
blinde aus  den  umliegenden  Bezirken  mel- 
den, so  müßte  eine  Beteiligung  Kriegsblinder 
zu  erreichen  sein. 


12 


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13 


Ist  Selbständigkeit  selbstverständlich? 


Es  ist  wohl  so,  daß  für  uns  Nichtsenende 
Selbständigkeit  selbstverständlich  sein  muß. 
Ich  meine  nicht  die  Selbständigkeit,  die  in 
eitler  Überheblichkeit  und  rücksichtslos  alle 
fremde  Hilfe  ablehnt  und  sich  somit  gerade 
auf  der  Straße  in  eine  Gefahr  bringt,  die  oft 
nicht  abzusehen  ist.  Nein,  diese  bestimmt 
nicht,  'sondern  eine  klare,  nicht  verkrampfte 
Selbständigkeit,  die  für  jede  Hilfe  dankbar 
ist,  aber  doch  immer  bestrebt,  sich  von 
fremder  Hilfe  so  weit  als  möglich  loszulösen, 

Einem  Junggesellen  wird  das  Hinein- 
wachsen in  eine  größere  Selbständigkeit 
vielleicht  dadurch  erleichtert,  daß  er  einfach 
gezwungen  ist,  all  die  kleinen  Arbeiten 
im  Hause  und  auch  Besorgungen  meist  allein 
zu  verrichten.  Schon  frühmorgens  beginnt 
es  mit  Kaffeekochen,  Brote  bestreichen, 
Ofen  anheizen,  Betten  bauen  und  anderen 
Arbeiten,  die  der  verheiratete  oder  im  Schoß 
der  Familie  lebende  Schicksalsgefährte  oft 
mehr  aus  Bequemlichkeit  oder  wenigstens 
aus  mangelndem  Selbstvertrauen  von  sich 
abschiebt  als  aus  echtem  Unvermögen. 

In  einer  Ehe  —  das  sei  zugegeben  —  küm- 
mert sich  auch  der  Hausherr  in  den  wenig- 
sten Fällen  um  diese  Dinge,  da  sie  der  Haus- 
frau obliegen;  es  sei  denn,  es  besteht  solch 
ein  Verhältnis,  daß  jeder  jedem  gern  hilft. 
Es  ist  aber  jedenfalls  so,  daß  in  der  Ene  die 
Erreichung  der  Selbständigkeit  bedeutend 
erschwert  wird.  Hier  gibt  es  unter  uns  Ehe- 
männer, die  zwar  nach  außen  hin  den  Herrn 
und  Gebieter  spielen  und  die  Größe  ihrer 
Frau  durch  Daumen  und  Zeigefinger  an- 
deuten, aber  zu  Hause  nicht  ganz  diese  stolze 
Haltung  haben.  Dort  sind  sie  nämlich  hilf- 
loser als  hilflos.  Ja,  und  sollte  dann  noch 
die  Ehehälfte  bei  schlechter  Laune  sein,  so 
irrt  er  in  der  Wohnung  umher  und  findet 
kein  Stück  am  richtigen  Platz,  steht  überall 
im  Wege  und  ist  ratlos  wie  ein  kleines  Kind. 

Hier  ist  guter  Rat  zwar  teuer,  aber  nicht 
unbezahlbar.  Vielleicht  wäre  es  ihm  doch 
möglich,  einmal  mit  ernster  Selbstkontrolle 
und  ohne  Wichtigtuerei  seine  Männlichkeit 
wachzurufen,  damit  er  wenigstens  eine  ge- 
wisse Gleichberechtigung  erlangt.  Versucht  er 
es  hier,  sich  von  aUer  überflüssigen  Abhän- 
gigkeit loszulösen,  so  wird  sein  Selbst- 
bewußtsein bestimmt  gestärkt  werden.  Wenn 
man  nun  langsam  seine  Frau  dahinbringt, 
daß  sie  die  Schuhe,  die  unter  dem  Bett 
stehen  sollen,  nicht  unter  das  Sofa  stellt  und 
die  Tabakdose  vom  Radiotisch  nicht  auf  den 
Schreibtisch  wirft,  sondern  dort  stehen  läßt 
—  vorausgesetzt,  daß  dort  der  ständige  Platz 
dieser  Gegenstände  ist  — ,  so  ist  der  erste 
Schritt  getan. 

Ganz  anders  verhält  es  sich  bei  jenen 
Ehemännern,  die  ihre  oft  gespreizte  Männ- 
lichkeit damit  zu  beweisen  suchen,  daß  sie 
zu  Hause  den  Ton  angeben.  Einige  davon 
glauben,  die  Welt  drehe  sich  nur  um  sie. 
Um  ihre  Selbständigkeit  sieht  es  böse  aus, 
denn  sie  brauchen  immer  jemanden,  dem  sie 
irgendeinen    Befehl    erteilen    können.    Viel- 


leicht umkleiden  sie  alles  mit .  einem  höf- 
lichen Mantel,  z.  B.  „Bitte,  bring  mir  doch 
etwas  warmes  Wasser!"  —  „Warum  ist  denn 
mein  Rasierapparat  schon  wieder  nicht  sau- 
ber?" —  „Schnüre  mir  doch  bitte  die  Schuhe 
zu!"  —  „Lies  mir  doch  bitte  etwas  aus  der 
Zeitung  vor!"  usw.  —  „Sie"  ist  fron,  wenn 
sie  ihn  endlich  an  der  Straßenbahn  oder  im 
Büro  abgeliefert  hat.  Ich  sage  absichtlich 
abgeliefert,  denn  er  ist  so  unselbständig, 
daß  er  es  kaum  wagt,  sich  allein  zu  bewegen. 
Es  gibt  aber  —  das  sei  anerkannt  —  auch 
eine  andere  Art  von  Ehemännern.  Sie  sind 
sehr  selbständig,  ordnungsliebend  und  immer 
darauf  bedacht,  daß  jedes  Ding  seinen  be- 
stimmten Platz  hat.  Wehe  der  Ehefrau,  wenn 
sie  es  wagt,  beim  Aufräumen  die  Hausschuhe 
nicht  an  den  gewohnten  Platz  zurückzu- 
stellen oder  die  Tabakschachtel  achtlos  auf 
den  Tisch  zu  legen!  Da  sie  aber  die  Gefahren 
eines  solchen  Platzwechsels  kennt,  ist  sie 
sehr  darauf  bedacht,  daß-  alles  seinen  ge- 
wohnten Platz  behält. 

Und  der  Mann  dankt  es  ihr  damit,  daß  er 
sich  die  Schuhe  selber  zuschnürt  und  den 
Rasierapparat  selber  säubert.  Solch  eine  ver- 


mehrte Selbständigkeif  im  Alltag  erfordert 
außer  dem  freudigen  Entschluß  vielleicht 
etwas  Training  und  das  überwinden  anfängt 
lieber  Ärgerlichkeiten.  Aber  es  macht  Spaß, 
sich  täglich  ein  wenig  mehr  eigenen  Raum 
zu  erobern,  man  wird  innerlich  freier,  und 
vielleicht  verliert  man  gar  das,  was  man 
einen  Minderwertigkeitskomplex  nennt,  — 
falls  man  überhaupt  damit  belastet  ist. 

Wie  schön  ist  es,  wenn  sich  zwei  Menschen 
so  recht  von  Herzen  verstehen!  Sie  wird 
versuchen,  seine  Wünsche,  auch  unausge- 
sprochene, zu  erfüllen,  und  e  r  wird  ihr 
dafür  nach  Kräften  ein  Helfer  sein,  indem 
er,  ohne  viel  Worte  zu  verlieren,  ihr  die 
schweren  Arbeiten,  wie  Kohlen-  und  Holz- 
holen, Teppiche  klopfen  usw.  abnimmt.  Was 
schadet  es  in  diesem  Falle,  wenn  sie  ihm 
morgens  das  warme  Rasierwasser  bringt 
oder  andere  Handreichungen  macht!  Er  dankt 
es  ihr  bestimmt  auf  andere  Weise. 

Sie  wird  ihn  froh  zur  Arbeit  begleiten, 
und  hat  sie  einmal  keine  Zeit,  so  macht  es 
ihm  auch  nichts  aus,  allein  zu  gehen,  falls 
der  Weg  für  ihn  nicht  zu  gefahrvoll  ist.  Mit 
frohem  Herzen  wird  sie  ihn  von  der  Arbeits- 
stätte abholen  oder  an  der  Haustüre  be- 
grüßen. Hans  Lehmann  (Maiburg) 


Ein  Kriegsblindenroman 


Blindenfilme  und  -romane  kennzeichnen 
sich  in  der  Regel  bereits  in  ihrem  Titel.  Ent- 
weder enthält  er  das  Wort  „blind"  selbst 
oder  er  spricht  von  der  „Nacht"  oder  dem 
„Dunkel"  oder  dem  „Licht".  Der  gegenwärtig 
unter  dem  Protektorat  unseres  Bundes  lau- 
fende amerikanische  Kriegsblindenfilm  ist 
deshalb  auch  betitelt:  „Sieg  über  das  Dun- 
kel". Um  es  gleich  vorweg  zu  sagen:  Der 
neue  österreichische  Kriegsblindenroman 
„W  e  g  ins  Licht"  von  Maximilian  N  a  r  - 
beshuber  im  Verlage  der  Stiftsbuchhand- 
lung St.  Florian,  gebunden  414  Seiten,  ist 
mehr  als  das,  was  sein  Titel  besagt,  wenn 
dieser  nur  auf  die  kriegsblinde  Hauptperson 
abzielen  sollte. 

Zwar  ist  das  Schicksal  des  ältesten  Buch- 
händlersohnes und  Lehrers  Vali  Travenburg 
eingehend  dargestellt.  Er  verliert  als  Soldat 
das  Augenlicht  und  jahrelang  auch  das  Ge- 
dächtnis, so  daß  er  als  verschollen  gilt.  Der 
Heimkehrer  studiert  Rechtswissenschaft,  nach- 
dem sich  durch  ihn  auch  wieder  die  ent- 
zweiten Eltern  gefunden  haben,  und  eine  als 
Krankenschwester  tätige  Arzttochter  wählt 
das  gleiche  Studium,  um  bei  dem  Kriegs- 
blinden als  Sekretärin  wirken  zu  können. 
Nach  der  Schilderung  dieses  Lebensschick- 
sals könnte  der  Dichter  des  Romanes  eigent- 
lich selbst  einKriegsblinder  sein.  Er  kennt  nicht 
nur  dieBerufsmöglichkeiten  der  Kriegsblinden 
und  ihre  technischen  Hilfsmittel  von  der 
Schreibmaschine  bis  zur  glaslosen  Tastuhr, 
vom  Führerhund  bis  zum  Leihbuch-Paket;  er 
weiß  auch  mit  einem  Einfühlungsvermögen 
ohnegleichen  die  Besonderheiten  des  Kriegs- 


u/aö 


Z.B.   ZUR    ERFRISCHENDEN    SCHORLE 
DEN   FEINEN   GEG-WERMUT  CAPRINO 

ERFRISCHUNGSGETRÄNKE    AUS  OEM 


KONSUM 


blindendaseins  zu  beschreiben  und  zu  begrün- 
den und  mit  geradezu  dramatischer  Wucht  die 
Seelenkämpfe  zu  schildern,  durch  die  nun 
einmal  jeder  Kriegsblinde  mehr  oder  minder 
lang,  je  nach  seiner  seelischen  Beschaffen- 
heit, gehen  muß.  Für  Vali  Travenburg  sind 
diese  Seelenkämpfe  besonders  schwer.  Wäh- 
rend seines  sechsjährigen  Vermißtseins  hei- 
ratet seine  Braut  den  jüngeren  Bruder. 

Aber  neben  den  Helden  des  Romans  stellt 
Narbeshuber  eine  derartige  fast  verwirrende 
Fülle  von  anderen  österreichischen  Menschen, 
so  das  Buchhändlerehepaar  selbst,  seine  bei- 
den anderen  Söhne,  ein  Apothekerehepaar 
und  ihre  Tochter  als  der  ungetreuen  Braut, 
ein  vertriebenes  Obersten-Ehepaar,  ein  Arzt- 
ehepaar, eine  Gastwirtswitwe  mit  ihrem 
geschäftstüchtigen  Sohn  und  den  beiden  so 
verschieden  veranlagten  Töchtern,  einen 
professoralen  Priester,  einen  raffgierigen 
Kunsthändler,  einen  lebenshungrigen  Bau- 
meister, einen  Fußballtrainer  —  es  ist  gar 
nicht  möglich,  all  diese  mit  Meisterschaft 
gezeichneten  Figuren  zu  nennen.  Sie  führen 
teilweise  sehr  geistvolle  und  tiefschürfende 
Gespräche  über  die  Not  und  den  Verfall 
unserer  Zeit,  überaus  plastisch  veranschau- 
licht uns  der  Dichter  das  Leben  einer  öster- 
reichischen Kleinstadt,  mit  dem  sich  der 
Kriegsblinde  auseinanderzusetzen  hat.  Mit 
ihm  als  Mittelpunkt  wächst  die  hervor- 
ragende Schilderung  Narbeshubers  zu  einer 
tief  empfundenen  Darstellung  des  allgemei- 
nen Menschentums  unserer  grausamen  Zeit 
mit  all  ihren  Nöten  und  Hoffnungen. 

Bei  aller  Spannung  in  der  Handlung  ver- 
liert sich  diese  doch  nicht  in  das  kitschig- 
sentimentale Getue  eines  seichten  Unterhal- 
tungsromanes,  und  selbst  der  Humor  wurde 
in  der  Fülle  der  angeschnittenen  ernsten 
Schicksalsfragen  nicht  ganz  vergessen.  Ein 
wertvolles  Buch  aus  der  Reihe  derer,  die  zu 
den  wahren  Freunden  der  Menschen  zählen! 
Dem  gelungenen  Werke  Narbeshubers  ist 
nur  zu  wünschen,  daß  es  von  möglichst  vielen 
kriegsblinden  Kameraden  und  ihren  vor- 
lesenden Frauen  als  edle  Literatur  genossen 
wird,  und  daß  es  als  Aufklärung  über  Kriegs- 
blinde und  ihr  Leben  in  die  breitesten  Schich- 
ten unseres  Volkes  getragen  werden. 

Das  Buch  ist  zu  bestellen  über  den 
Verlag  Volk  und  Heimat  in  München. 
Preis  7,50  DM.  Hans  Schmaliuß 


14 


&r 


Hörspielpreis  und  Rundfunk 

Finanzierung  durch  Rundfunkanstalten 

Im  Auftrage  der  Arbeitsgemeinschaft  der 
westdeutschen  Rundfunkanstalten  teilte  uns 
Herr  Intendant  Geerdes  (Radio  Bremen)  mit, 
daß  die  Rundfunkanstalten  auch  weiterhin 
die  Finanzierung  des  Hörspielpreises  der 
Kriegsblinden  in  Anerkennung  dieser  be- 
deutungsvollen Aktion  übernehmen  werden. 
Dieser  Beschluß  der  Rundfunkanstalten 
wurde  vom  Bund  der  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands mit  großer  Dankbarkeit  begrüßt. 

Wir  erfahren  dazu,  daß  bei  der  kürzlich 
in  Baden-Baden  stattgefundenen  Tagung 
aller  Intendanten,  Programmdirektoren  und 
Hörspielleiter  das  Vorhaben,  einen  Hörspiel- 
'  preis  der  Rundfunkanstalten  zu  vergeben, 
fallengelassen  worden  ist  und  daß  dem- 
entsprechend der  , .Hörspielpreis  der  Kriegs- 
blinden" weiterhin  der  einzige  deutsche 
Hörsplelpreis  bleiben  wird. 

Wickerts  Hörspiel  wiederholt 

Bei  der  Wiederholung  des  mit  dem  Hör- 
spielpreis der  Kriegsblinden  ausgezeichneten 
Werkes  „Darfst  du  die  Stunde  rufen?"  im 
Mittelwellenprogramm   des   Hessischen 

".Rundfunks  wurde  zu  Beginn  die  hohe 
Bedeutung  unseres  Hörspielpreises  hervor- 
gehoben. Mit  einer  ausführlichen  Dar- 
stellung bestätigte  damit  der  Hessische 
Rundfunk  erneut  seine  positive  und  dank- 
.  bare    Einstellung    gegenüber    der    Stiftung 

I  dieses  Hörspielpreises.  Besonders  erfreulich 
war  es,  daß  die  Rede  des  von  uns  preis- 
gekrönten Dichters  Erwin  Wickert,  die  er 
beim  Empfang  des  Preises  vor  unserer 
Bundesbeiratssitzung  in  Wiesbaden  gehalten 
hat,  als  Einleitung  noch  einmal  zu  hören  war. 
—  Auch  Stuttgart  wiederholt  das  Werk. 

Literaturfähiges  Hörspiel 

i  Eine  interessante  kleine  Betrachtung  findet 
sich  in  der  gedruckten  Hörspielvorschau  für 
den  Sommer  1952  des  Hessischen  Rundfunks. 
In'  Rundfunkfachkreisen  ist  letzthin  oft  von 
der  Literaturfähigkeit  des  Hörspiels,  die  als 
erstrebenswert  hingestellt  wird,  die  Rede 
gewesen.  Im  Rahmen  dieser  Diskussionen 
.  nimmt  hier  Erwin  Wickert  in  einer  von  uns 
völlig  bejahten  Form  gegen  diese  falschen 
Ziele  Stellung:  ,,Es  hat  auch  sein  Gutes,  daß 
das  Hörspiel  außerhalb  des  Literaturkollegs 
und  abseits  von  den  Zeitschriften  für  ge- 
hobene Literatur  lebt.  Vielleicht  liegt  darin 
sogar  seine  Chance,  daß  ihm  die  Last  der 
Literaturfähigkeit  nicht  aufgebürdet  wird, 
daß  die  Autoren  ihre  Hörer  naiv  ansprechen 
und  daß  ihnen  nicht  der  Ehrgeiz  zu 
„Höherem"  eingeredet  wird:  nämlich  .  zur 
Nachahmung  der  literarischen  Experimente, 
die  nur  in  kleinen  Zirkeln  von  Esoterikern 
(in  Geheimlehre  Eingeweihte.  D.  Red.)  ein 
schwaches  Leben  führen-  Es  wäre  nicht  das 
erste  Mal,  daß  Kunst  außerhalb  des  Blick- 
feldes der  Kunstkenner  entstand." 


ttwi  -£z*itjwr&/ier 


'Jelikun 


Peligom 


Tuben  95  -  65  -  35  Pfg.  L  Paplergeich6fl 


Eine  Südwesifunk-Reportage 

Jeden  Sonnabend  um  16  Uhr  ist  vom  Süd- 
westfunk, dessen  Zeitfunkleistungen  zweifel- 
los an  der  Spitze  im  deutschen  Rundfunk 
stehen,  eine  große  Reportagesendung  unter 
einem  geschlossenen  Thema  zu  hören.  Am 
10.  Mai  stand  diese  Sendung,  auf  die  wir 
unsere  Leser  hingewiesen  haben,  unter  dem 
Thema  „Arbeit  ist  das  Licht  der  Blinden". 
Die  Sendung  entstand  im  Zusammenwirken 
mit  unserer  Bundesleitung  und  mit  dem 
Landesverbandsvorsitzenden  von  Südbaden, 
Kam.  Schramm,  mit  dem  zusammen  der  Re- 
porter Dr.  Toni  Maus  eine  Anzahl 
Kriegsblinder  in  Werkstätten  und  Büros 
besuchte.  Die  Geschlossenheit  und  Plastik 
der  Sendung  und  der  Geist,  der  darin  zum 
Ausdruck  kam,  waren  schlechthin  vorbildlich 
und  stachen  wohltuend  von  manchen  an- 
deren Rundfunksendungen  ab,  die  wir  bis- 
weilen zur  Blindenfrage  hören  müssen:  z.  B. 
denken  wir  da  an  einen  nicht  sonderlich 
interessanten  Vortrag  von  Dr.  Eberhard 
Kraft,  der  kürzlich  im  NWDR  —  obendrein 
geradezu  unglaublich  miserabel  vorgelesen 
—  zu  hören  war. 

Die  Südwestfunksendung  —  dankens- 
werterweise    gleichzeitig     übertragen     vom 


UKW  Nord  des  NWDR  —  ließ  uns  zu  Beginn 
und  zum  Schluß  die  Stimme  unseres  Bundes- 
vorsitzenden hören.  Weder  arme  Teufel 
noch  Helden  wollen  die  Kriegsblinden  sein, 
so  sagte  er,  und  so  war  die  ganze  Sendung 
ein  eindrucksvoller  Kampf  gegen  die  Vor- 
urteile, die  ein  Kriegsblinder  täglich  zu  er- 
fahren hat.  Man  lernte  mancherlei  Kame- 
raden kennen,  ob  im  Finanzamt  —  „Der 
Mann  mit  der  besten  Laune",  sagt  der  Leiter 
des  Finanzamtes  —  ob  an  der  Telefon- 
vermittlung oder  am  Arbeitstisch  des 
Bürstenmachers.  Unser  Kamerad  Ministerial- 
rat Dr.  Rohde  machte  genau  so  mit  wie 
Schneidermeister  Klink  oder  Rektor  Lesse- 
nich,  daneben  aber  auch  die  unbekannten 
Kameraden,  die  nichts  Ungewöhnliches 
leisten,  aber  doch  durch  die  Art,  wie  sie  ihr 
Schicksal  meistern,  den  größten  Respekt 
verdienen.  Vielleicht  waren  diese  Begeg- 
nungen mit  den  unbekannten  Kameraden 
aus  Südbaden  noch  die  eindrucksvollsten. 
Dem  Südwestfunk  sei  für  die  großartige 
Sendung  auch  an  dieser  Stelle  herzlich 
gedankt. 

Andere  Sender  sollten  die  wertvolle 
Sendung  wiederholen! 


Ist  Blindsein  ein  Glück? 


Bemerkungen  zu  Günter  Eichs   Hörspiel  „Blick  auf  Venedig" 


Die  Dichter  lockt  es  oft,  die  Blindheit  als 
Quelle  eigentlichen  Glückes  darzustellen. 
Wenn  das  ein  Blinder  mit  einigem  Unbe- 
hagen vernimmt,  so  ist  das  gewiß  noch  kein 
Gegenbeweis,  wir  geben  das  zu  —  denn  es 
gibt  vieles  und  schreckliches  Unglück  in  der 
Welt  — ,  aber  die  Dichter  sollten  es  sich 
auch  nicht  gar  zu  leicht  machen.  Ähnlich  wie 
es  einst  der  französische  Dichter  Claudel 
dargestellt  hat,  der  einen  Blinden,  nachdem 
er  vorübergehend  wieder  sehen  gelernt  hat, 
erst  in  erneuter  Blindheit  das  Glück  und  die 
innere  Freiheit  wiederfinden  läßt,  hat  nun 
auch  Günter  Eich  in  seinem  neuen  Hörspiel 
„Blick  auf  Venedig"  (aufgeführt  vom  Süd- 
westfunk) das  Schicksal  eines  Blinden  auf- 
gegriffen, der  nach  einer  kurzen  Zeit  wieder- 
gewonnener Sehkraft  erst  in  erneuter  Blind- 
heit wieder  zu  heiterer  Harmonie  zurück- 
findet. Während  es  sich  bei  Claudel  aber 
immerhin  um  einen  Herrscher  und  Weisen 
handelt,  ist  die  Figur  Günter  Eichs  ein  Bett- 
ler vom  Lido  Venedigs,  ein  Mensch  also,  der 
dem  Leben  im  Grunde  nicht  gewachsen  ist, 
ob  er  nun  sehend  ist  oder  blind.  Es  ist  auf- 
schlußreich, das  im  einzelnen  zu  verfolgen, 
weil  hier  manche  schiefe  Auffassung  unter 
den  Sehenden  deutlich  wird  und  vielleicht 
auch  eine  Erfahrung,  die  mancher  Kriegs- 
blinde für  tröstlich  halten  mag:  Sehenkönnen 
bedeutet  noch  nicht,  glücklich  zu  sein. 

Es  sei  zunächst  betont,  daß  wir  auch  vor 
diesem  Hörspiel  Günter  Eichs  mit  dem  größ- 
ten Respekt  stehen.  Er  ist  einer  der  wenigen 
Autoren,  die  den  eigenen  Gesetzen  des 
Mikrophons  nachspüren,  also  ohne  Anleh- 
nung an  andere,  rundfunkfremde  literarische 
Gattungen  arbeitet,  aber  auch  ohne  bloße 
Routine,  sondern  aus  echtem  gestalterischem 
Vermögen.  Es  war  kein  Zufall,  daß  bei  der 
ersten  Verleihung  des  „Hörspielpreises  der 
Kriegsblinden"  auch  Günter  Eichs  „Träume" 
ausgezeichnet  wurden.  Um  so  enttäuschter 
sind  wir  aber,  gerade  bei  diesem  Hörspiel 
„Blick  auf  Venedig"  auch  Schwächen  in  der 
dichterischen  Konzeption  feststellen  zu  müs- 


sen, vor  allem  bei  dem  grob  angeleimten, 
konventionellen  Schluß.  Wenn  wir  hier  also 
kritisch  Stellung  nehmen,  so  geschieht  das 
nicht  von  einem  engherzigen,  blindenfach- 
lichen  Standpunkt  aus,  so,  als  ob  wir  hier 
etwa  „berechtigte  Interessen"  eifernd  wahr- 
nehmen möchten,  sondern  nur,  weil  eine 
Unwahrhaftigkeit  tieferer  Art  in  diesem  Hör- 
spiel  zutage   tritt. 

Ein  blinder  Bettler  also  erblickt  zum 
ersten  Male  die  Welt,  nachdem  ein  men- 
schenfreundlicher Professor  eine  Staropera- 
tion veranlaßt  hat.  Bis  hierher  wäre  nichts 
einzuwenden,  wenn  auch  von  der  Not  des 
Blindseins  sehr  wenig  zu  spüren  ist.  Einzu- 
wenden wäre  auch  nichts  gegen  die  Reak- 
tion des  Sehendgewordenen,  wenn  auch  ein 
gewisser  Widerspruch  darin  besteht,  daß  der 
Genesene  bereits  Lesen  und  Schreiben,  ja, 
Schreibmaschineschreiben  gelernt  hat,  aber 
auf  der  anderen  Seite  kaum  einen  Kontakt 
mit  der  Welt  der  Sehenden  gewonnen  hat. 
Es  stellt  sich  nun  heraus  —  und  das  ist  durch- 
aus überzeugend  — ,  daß  er  in  dieser  Welt 
keinen  Platz,  d.  h.  keine  Arbeit  findet.  Er  ist 
mit  40  Jahren  auf  der  einen  Seite  „zu  alt", 
auf  der  anderen  ein  „Anfänger".  Er  scheitert 


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NATRONAG 


15 


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8/9KREIS-SERJE 


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also,  und  zwar  in  einer  Welt  der  Lieblosig- 
keit und  ihrer  gnadenlosen  Ansprüche.  Aber 
scheitert  er  nicht  eigentlich  deshalb,  weil  er 
dem  Leben  nicht  gewachsen  ist?  Er  ist 
Bettler  gewesen,  und  nun  will  er,  so  scheint 
uns,  gleich  hoch  hinaus.  Warum  macht  er 
keinen  Anfang  als  Straßenfeger,  als  Land- 
arbeiter? 

So  verdienter  nicht  unser  Mit- 
leid, mag  er  auch  in  seiner  Lebensunfähig- 
keit ein  unglückseliger  Mensch  sein.  Aber 
dem  Hörer  soll  es  so  erscheinen,  als  ob  der 
weitere  Weg  unabdingbar  und  unausweich- 
lich sei:  der  Verzagte  tut  so,  als  ob  er  wieder 
blind  sei  und  beginnt  sein  altes  Betteldasein, 
hockt  an  der  Straßenecke  und  kratzt  auf 
seiner  Geige.  Er  scheitert  auch  hier,  denn 
der  menschenfreundliche  und  jetzt  bitter  ent- 
täuschte Professor  entdeckt  ihn.  Und  schlim- 
mer noch:  der  Bettler  findet  die  Freundin 
aus  der  Zeit  seiner  Blindheit  wieder.  Sie  hat 
sich  vor  ihm  verborgen,  seit  er  sehen  kann, 
denn  sie  ist  von  fast  widerwärtiger  Häßlich- 
keit. Jetzt  weiß  er  sich  keinen  anderen  Rat 
mehr,  als  sich  eine  Kugel  durch  den  Kopf  zu 
schießen.  Er  schießt  sich  blind,  und  nun  ist 
ja  alles  wieder  gut.  Niemand  hindert  ihm  am 
vertrauten  Betteln,  und  jetzt  flößt  ihm  auch 
die  Häßlichkeit  seiner  Freundin  keinen  Ab- 
scheu mehr  ein,  zumal  sie  ihn  —  und  da  tut 
der  Autor  des  Guten  nun  wahrhaftig  zuviel 
—  mit  einem  drei  Monate  alten,  kräftigen 
Stammhalter  überrascht.  Ein  wehmütiges, 
aber  immerhin  ein  Happy-End. 

Diese  Flucht  in  ein  merkwürdiges  Glück 
der  Blindheit  mag  in  einem  fast  krankhaften 
Einzelfall  vielleicht  schon  einmal  zutreffend 
gewesen  sein,  aber  liegt  deshalb  Wahrheit 
darin?  Wir  wollen  hier  nicht  einmal  darauf 
hinweisen,  daß  es  wohl  kaum  einen  Blinden 
geben  wird  —  es  sei  denn,  er  ist  stumpf- 
sinnig oder  verschroben  — ,  der  nicht  sozu- 
sagen täglich  unter  seiner  Blindheit  leiden 
wird  und  der  im  übrigen  ja  außerdem  die 
gleichen  Ängste  und  Nöte  zu  tragen  hat,  wie 
der  Sehende.  Nein,  wir  wollen  nur  fragen: 
was  war  die  Absicht  des  Autors?  Günter 
Eichs  Hörspiele  zeichnen  sich  sonst  durch 
eine  Problemstellung  aus,  die  den  Hörer  un- 
mittelbar trifft  und  angeht.  Hier  aber  ist  es 
schwer,  solche  Bezüge  herzustellen.  Man  hat 
vielmehr  den  Verdacht,  daß  Eich  nichts  wei- 
ter als  einen  „interessanten  Fall"  darstellen 
wollte,  denn  „ergreifend"  kann  man  das  Mo- 
tiv trotz  gewisser  sentimentaler  Noten  nicht 


nennen,  weil  der  Held  alles  andere  als  ein 
Held  oder  auch  nur  ein  Mensch  von  innerem 
Rang  ist. 

Die  Blindheit  erspart  ihm  den 
KampfumsDasein,  das  ist  das  „Glück", 
das  er  findet,  und  hier  allein  schon  liegt  eine 
Unwahrhaftigkeit  des  Hörspiels.  Denn  mag 
auch  der  Kampf  ums  Dasein  unter  sehenden 
Menschen  hart  sein,  unter  Blinden  ist  er  noch 
härter.  Einzig  ein  Bettler  mag  davon  ausge- 
nommen sein,  also  ein  Mensch,  der  den 
Kampf  um  ein  würdiges  Dasein  aufgegeben 
hat.  Jeder  unter  unseren  Lesern  könnte  es 
verstehen,  wenn  sich  jemand  eine  Kugel 
durch  den  Kopf  schießt,  weil  er  Bettler  sein 
muß  — ,  daß  sich  aber  jemand  umbringen 
will,  weil  er  nicht  Bettler  sein  darf,  das  tut 
diesem  niedrigsten  und  erniedrigendsten 
menschlichen  Stand  doch  wohl  zuviel  Ehre 
an. 

Ist  Blindsein  ein  Glück?  Doch  wohl  nur  für 
einen  Verzweifelten,  der  aus  den  Nöten  die- 


ser Welt  keinen  anderen  Ausweg  mehr 
kennt  als  die  Flucht.  Und  vielleicht  —  wenn 
auch  wohl  nur  in  der  Theorie  —  noch  für 
den  abgeklärten  Geist  eines  greisen  Welt- 
verächters. Für  jeden  dem  Leben  zugewand- 
ten Menschen  ist  Blindsein  jedoch  ein  großes 
Unglück,  das  muß  hier  ganz  nüchtern  gesagt 
werden,  und  dazu  steht  nicht  im  Wider- 
spruch, daß  der  Mensch  mit  diesem  Unglück 
fertigwerden  und  trotz  allem  zufrieden  wer- 
den kann. 

Wir  wollen  nicht  ungerecht  sein:  Günter 
Eich  findet  auch  viele  echte  Töne  in  seinem 
Hörspiel.  Er  wäre  sonst  nicht  Günter  Eich, 
und  wir  würden  kaum  ein  Wort  zu  diesem 
Hörspiel  verschwenden.  Aber  wir  fürchten, 
daß  dieses  neue  Werk  nicht  gerade  dazu  bei- 
trägt, in  der  Öffentlichkeit  mehr  Verständnis 
für  die  innere  Not  der  Blinden  zu  wecken. 

übrigens  und  ganz  nebenbei:  erblindete 
Menschen  legen  durchaus  Wert  darauf,  daß 
ihre  Lebensgefährtin  hübsch  ist  .  .  . 

F.  W.  H. 


■programtnvorscltau  für  f4örspiele 

Stuttgart:  „Der  Tod  erlebt  einen  Spaß"  von  Gerhard  Niezoldi 

Beromünster:  „Spiel  im  Schloß"  von  Franz  Molnar 

NWDR/UKW-Nord:  „Sabeth"  von  Günter  Eich 

München:  „Der  ungefaßte  Edelstein"  nach  Karl  Lerbs  von  P.  v.  d.  Hurk 

Stuttgart/UKW:  „Der  Tramp"  von  Otto  Heinrich  Kühner 

Frankfurt:  „Viel  Lärm  um  Nichts"  nach  Shakespeare  von  Hans  Kettler 

RIAS:  „Der  Mann,  der  durch  die  Wand  gehen  konnte"  von  Ayme 

München/UKW:  „Der  Delphin"  von  Ernst  und  Günter  Penzoldt 

Südwestfunk:  „Der  Fall  Axel  Petersen"  von  Carl  Dietrich  Carls 

München:  „Friederike  und  die  Freunde"  von  Johannes  Tralow 

NWDR:  „Das  Ende  kommt  nie"  von  Wolfgang  Hildesheimer 

Stuttgart:  „Der  Haifisch  soll  leben"  von  Hans  Hömberg 

Bremen:   „Der  Hirschkäfer"   von  Fred  von  Hoerschelmann 

Frankfurt/UKW:  „Radium"  von  Günter  Eich 

Saarbrücken:  „Das  Eis  brennt"  von  F.  C.  Siebeck 

NWDR-  „La  Boiteuse"  von  El  Zati 

NWDR/UKW-Nord:  „Denn  sie  sollen  getröstet  werden"  nach  A.  Paton 

Bremen/UKW;  „Katharina  Knie"  von  Carl  Zuckmayer 

Bremen:  „Lilofee",  plattdeutsche  Funkfassung  nach  M.  Hausmann 

Südwestfunk/UKW:  „Sieben  Tage"  v.  Hühnerfeld  („Der  Reporter  des  Satans") 

NWDR:    „Robinson  soll  nicht  sterben"   nach  Friedr.  Forster 

NWDR/UKW-Nord:  „Karussell  zu  verkaufen"  von  Herbert  Dührkop 

Stuttgart/UKW.   „Um  eine  Viertelmillion"  nach  Hemingway  von  Karl  Ebert 

Frankfurt;  „Unter  den  Brücken"  von  Walter  Ulbrich  und  Herbert  Timm 

Bremen  u.  München:  „Ein  idealer  Gatte"  nach  Oscar  Wilde  von  Gerda  Corbett 

Südwfstfunk:  „Vater  braucht  eine  Frau"  von  Herbert  Dührkop 

Frankfurt/UKW:  „Mademoiselle  Mama"  nach  Verneuil  von  H.  Reinhardt 

Stuttgart:  „Shakespeares  Tod"  von  Hermann  Roßmann 

RIA-S:  „Herr  Blink  geht  über  alle  Grenzen"  von  L.  L.  Laestadius 

Frankfurt/UKW:    „Der  Stoß  nach  Ssogrebitsche"  vo  Rolf  Honold 

Saarbrücken:  „Das  Spiel  von  Liebe  und  vom  Zufall"  von  P.  Mariveaux 

Beromünster:  „Mittsommernachtstraum  im  Armenhaus"  nach  Pär  Lagerkvist 

NWDR:  „Nebeneinander"  nach  Georg  Kaiser  von  Hans  Rothe 

München/UKW:   „Friederike  und  die  Freunde"  von  Johannes  Tralow 

NWDR/UKW-West:  „Bube  ist  Trumpf"  von  Peter  Cheyney 

Südwestfunk/UKW:  „Katharina  Knie"  von  Carl  Zuckmayer 

NWDR/UKW-Nord:  „Der  Delphin"  von  Ernst  Penzoldt 

Stuttgart:  „Der  Apoll  von  Belac"  von  Jean  Giraudoux 

Frankfurt:  „Die  Bürger  von  Calais"  nach  Georg  Kaiser  von  Ulrich  Lauterbach 

NWDR/UKW-West:   „Einer  trägt  des  anderen  Last"  von  Jos.  Martin  Bauer 

Südwc-stfunk:  „Es  war  ein  ungewöhnlich  langer  Tag"  von  Piontek 

München:  „Sintelmann  kommt"  von  Georg  Schwarz 

Stuttgart:   „Ein  Phönix  zuviel"  von  Chr.  Fry 

Bremen:  „Die  Quelle"  nach  R.  Jeffers 

NWDR:  „Dio  große  Masche"  von  Otto-Heinz  Jahn 

München/UKW:   „Ein  idealer  Gatte"   nach  Oscar  Wilde  von  Gerda  Corbett 

Südwestfunk/UKW:  „Blick  auf  Venedig"  von  Günter  Eich 

Stuttgart:  „Oktoberfrühling"  von  Kurt  Heynicke 

NWDR/UKW-Nord:  „John  Every"  von  Felix  M.  Gasbara 

Frankfurt:  „Charlotte  Löwensköld"  nach  Selma  Lagerlöf 

Südwestfunk:  „Unkraut  unter  dem  Weizen"  v.  E.  Bonett  und  Erwin  Wickert 

Müpchen:  „Niki  und  das  Paradies  in  Gelb"  von  Leopold  Ahlsen 

Stuttgart:   „Vater  braucht  eine  Frau"  von  H.  Dührkop 

München/UKW:   „Die  Geschichte  vom  Zaren  Joann"  nach  H.  v.  Heiseler 

NWDR:  „Jeden  Morgen  wird  es  Morgen"  von  Alfred  Erich  Sistig 

Südwestfunk:  „Die  Geschichte  des  Askid  Thorgilsson"  von  Ernst  Rottluff 

Stuttgart:   „Die  Leute  von  Oberwasser"  von  J.  M.  Bauer 

Frankfurt;  „Idyll  zu  Ludwigslust"  von  Alfred  Happ 

Südwestfunk:  „Die  Puppen  von  Poshansk"  von  Robert  Neumann 

Hat  dir  ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel-Preis  der  Kriegsblinden"! 


15.6. 

17.00 

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20.05 

21.00 

21.00 

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20.30 

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20.30 

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19.6. 

19.50 

20.00 

20.00 

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20.25 

21.15 

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20.00 

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14.00 

20.10 

23.6. 

20.05 

21.00 

24.6. 

20.00 

20.30 

25.6. 

19.30 

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19.45 

20.00 

20.05 

20.15 

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27.6. 

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28.6. 

20.30 

22.00 

29.6. 

30.6. 

21.00 

1.7. 

20.15 

20.30 

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2.7. 

20.30 

3.7. 

20.00 

21.15 

5.7. 

20.45 

6.7. 

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7.7. 

20.10 

21.00 

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20.30 

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20.30 

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10.7. 

20.00 

12.7. 

20.45 

13.7. 

17.00 

14.7. 

21.00 

15.7. 

20.30 

16 


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für  die  Auto-u.  Maschinenindustrie 
und  Eisenbahnwerkstätten  von  8 
bis  70  mm  Durchmesser  in  Eisen- 
und  allen  Stahlqualitäten 


Auch  die  Bundespost  bemüht  sich,  Kriegsblinden  neue  Berufsmöglichkeiten  zu  erschließen.  Neben  dem  Einsatz  bei 

der  Telegrammauinahme  macht  man  neuerdings  auch  erfolgreiche    Versuche    im    Schalterdienst.    Unser    Kamerad 

Josef  Moll  aus  Mülheim  (Ruhr)  hat  sich  für  den  Verkauf  von  Wertzeichen  ein  eigenes  System  mit  Punktschrift- 

markierungen  ausgedacht,  um  das  Publikum  rasch  und  sorgfältig  bedienen  zu  können. 


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ZEITSCHRIFT    FÜR    VERSTAND 

ORGAN    DES   BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS   E.V. 


NR.   11    .    3.   JAHRGANG 


)  U  LI    1952 


VERLAGSORT  BIELEFELD 


Leben  heißt  leiden, 

aber  der  aufrichtige  Mensch  kämpft  darum 

doch  stets  Herr  über  sich  zu  bleiben. 


* 


Zwei  Mächte  gehen  durch  die  Welt, 

Geist  und  Degen, 

aber  der  Geist  ist  der  mächtigere  von  ihnen. 


NAPOLEON 


Mit  dem  Herzen  sieht  man  gut. 


ANTOINE  DE  EXUPERY 


AUS    DEM    INHALT 


Seite 
Außergewöhnliche   Ehrung   für  einen  Blinden    (Die   Braille- 
Feiern  in  Paris) 1 

Wichtige   Konferenzen   in   Bonn 2 

Der  Bundeskanzler  empfing  die  Kriegsopferorganisationen 
Thema:  Schwerbeschädigtengesetz  (26er  Ausschuß) 
Thema:  Sozialgerichtsbarkeit  und  Bauwesen 

Telefonistentagung  in  Kempten 2 

Betteln  —  leicht  gemacht 2 

Der    Weg    zum    Eigenheim    (Die    ersten    Voraussetzungen) 

Von    Christian    Wilhelm 3 

Der  verräterische  Händedruck.  Eine  ausdruckspsychologische 
Studie  von  Dr.  Ernst  Dorner 3 

Ein  Ohnhänder-Telefon.    Von  Günter  Schirmer  ....         .5 

Interessantes  aus  dem  Bundesgesetzblatt  (Errichtung  einer 
Bundesanstalt  für  Arbeitsvermittlung  —  Die  Sparguthaben 
Vertriebener  —  Was  sind  Vertreibungs-  und  was  sind 
Kriegssachschäden?) 6 


Seite 
Lesermeinung G 

Und  das   Strafgesetzbuch? 

Nochmals:  Raus  aus  dem  Zugfenster 
Aus  den  Landesverbänden 8 

Westfälische   Blindenbücherei 

Bezirksleitertagung  in  Frankfurt 

Sommerfreuden    in    Nord    und    Süd    (Berichte    aus    den 

Bezirken) 
Kantate  —  im  Dunkel  zu  singen 

Gedicht  von  Gerhard  Prager 11 

Kleine  Neuigkeiten 12 

Für  unsere  Schachfreunde.  Von  Gabriel  Mertens  ...  13 
Vom  „Sehen"  der  Kriegsblinden.  Von  Bodo  Schütz  .  .  13 
Der   kriegsblinde    Stenotypist   und   das   Dimafon      ...       14 

Der   Kritiker   am   Lautsprecher 15 

Programmvorschau    für    Hörspiele 15 

„Haben  Sie  sich  vorher  schon  gekannt?" 

Von    Harry    Barthel 16 

Uhren  für  die  Ostzone! 16 


Unser  T  i  t  e  1  1  o  I  o  „Birken  vor  Gewitterhimmel"    lotografierte    Hans    S  a  e  b  e  n  s    (Worpswede) 


,  907  —  908  —  910  —  912  —  913  —  915  —  916—9:7  —  919  —  920  —  921  —  923  —  924  —  932  — 

„Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 
Mürlenbach-Eifel.)  Verantwortlicher  Schriftleiter:  Friedr.  Wilh.  Hymmen,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138.  „Der  Kriegsblinde"  erscheint  monatlich.  Anzeigenverwaltung: 
Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.,  Selbstverlag,  Wiesbaden,  Rheinstraße  73.  Die   Zeitschrift   ist   der  IVW   angeschlossen.   —  Druck:    Presse-Druck   GmbH.,   Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DBS    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    £.  V. 


Nr.  11    .    3.  Jahrgang    .    Juli  1952    .    Verlagsort  Bielefeld 


Außergewöhnliche  Ehrung  für  einen  Blinden 

Die  Gebeine  des  Erfinders  der  Blindenschrift  in  das  Pantheon  überführt.  —  Deutsche  Delegation  in  Paris 


Den  100.  Todestag  Louis  Brailles  nahm 
Frankreich  zum  Anlaß,  in  großen  Feierlich- 
keiten und  Ehrungen,  die  in  der  Überfüh- 
rung und  Beisetzung  der  Gebeine  des  großen 
Toten  ins  Pantheon  ihren  Höhepunkt  fan- 
den, des  Schöpfers  der  Blindenschrift  zu 
gedenken.  Neben  dem  Präsidenten  der  Re- 
publik, den  Vertretern  hoher  und  höchster 
Behörden,  der  Kirche  und  der  französischen 
Kriegs-  und  Friedensblinden  nahmen  auf 
Einladung  der  französischen  Regierung  über 
170  ausländische  Delegierte  aus  fast  allen 
Ländern  der  Welt,  darunter  auch  sieben 
Delegierte  aus  Deutschland,  an  den  Festlich- 
keiten teil. 

Auch  unser  Kriegsblindenbund  war  zu 
diesen  Feierlichkeiten  eingeladen  und  hatte 
direkte  Einladungen  für  den  1.  Bundesvor- 
sitzenden Dr.  P 1  e  i  n  und  für  den  Kam. 
Schramm  erhalten.  Wir  konnten  an  den 
Feierlichkeiten  vom  14.  bis  18.  Juni  wegen 
anderweitiger  Inanspruchnahme  noch  nicht 
teilnehmen,  fuhren  aber  in  der  Nacht  vom 
17.  zum  18.  mit  der  Eisenbahn  nach  Paris 
und  nahmen  am  19.  an  der  großen  Feierlich- 
keit in  der  Notre-Dame-Kirche  teil,  wo  vom 
Erzbischof  von  Paris,  Kardinal  Veitin,  in 
Gegenwart  de  Präsidenten  der  französischen 
Republik  ein  Pontifikalamt  zelebriert  wurde. 

Am  Nachmittag  fand  um  14.30  Uhr  ein 
Empfang  im  vierstöckigen  französischen 
Kriegsblindenhaus  in  der  Rue  Blanche 
49  und  eine  Besichtigung  der  dortigen 
Räume  und  Einrichtungen  statt.  Das  Haus 
enthält  außer  den  Geschäftsräumen  und  Aus- 
bildungsmöglichkeiten auch  Hotelzimmer  mit 
voller  Verpflegung  sowie  eine  Kriegsblin- 
denbücherei  in  Blindenschrift  und  in  Schall- 
platten. Französische  Kriegsblinde  bewirte- 
ten ihre  Gäste  mit  Sekt  und  Sandwiches. 

Um  17  Uhr  war  ein  Empfang  durch  die 
Stadt  Paris  im  festlich  geschmückten 
Rathaus  (Hotel  de  Ville).  Die  Begrüßungs- 
ansprache hielt  der  Oberbürgermeister  von 
Paris,  de  Gaulle,  ein  Bruder  des  Generals. 
Im  Vorsaal  zum  eigentlichen  Festsaal,  dem 
größten  und  schönsten  von  Paris  —  eine 
Längswand  ist  ganz  mit  Spiegeln  bedeckt  — 
konzertierte  ein  großes  Orchester.  Am 
Freitagnachmittag  fand  ein  Empfang  der 
Gäste  durch  den  Präsidenten  der 
französischen  Republik  statt  und 
abends  ein  Konzert  durch  die  Vereinigung 
der  französischen  Zivilblinden. 

Am  Samstag  wurden  die  Delegierten 
durch  die  American  Foundation  for  Overseas 
Blind,  die  die  Betreuung  der  ausländischen 


Delegierten  durchführte,  mit  vier  Autobus- 
sen nach  dem  Geburtsort  von  Louis  Braille, 
C  o  u  p  v  r  a  i ,  gebracht,  um  dort  an  den 
Feierlichkeiten  der  Überführung  der  sterb- 
lichen Überreste  teilzunehmen.  Die  Hände 
von  Louis  Braille  verblieben  auf  seinem 
Heimatfriedhof,   60  km  von  Paris   entfernt. 


170  blinde  Delegierte  aus  aller  Welt,  darunter 
auch  Vertreter  des  Bundes  der  Kriegsblinden 
Deutschlands,  nahmen  an  den  Pariser  Feierlich- 
keiten zu  Ehren  Brailles  teil.  Unser  Bild  zeigt 
einige  der  ausländischen  Delegierten,  die  einen 
weißen  Stock  an  Stelle  der  in  Deutschland  üblichen 
Armbinde  tragen,  beim  Verlassen  des  Pantheon, 
der   ehrenvollen  neuen   Ruhestätte   Brailles 

Foto:    Keystone 

In  der  Dorfkirche  las  der  Ortsgeistliche  im 
Beisein  des  Bischofs  die  feierliche  Toten- 
messe und  hielt  eine  temperamentvolle  An- 
sprache. Auf  dem  Kirchplatz  spielte  Militär- 
musik. Der  Präfekt,  der  Bürgermeister  und 
ein  blinder  Arzt  gedachten  in  Ansprachen 
des  großen  Sohnes  von  Couporai,  der  dort  in 
der  Sattlerwerkstatt  seins  Vaters  einst  die 
ersten  noch  ergebnislosen  Versuche  zur  Ent- 
wicklung einer  Blindenschrift  machte. 

Am  Samstagnachmittag  fand  eine  feier- 
liche Sitzung  zu  Ehren  Louis  Brailles  in  der 
Sorbonne    statt,    bei    der   vom   französi- 


schen Arbeitsminister  aus  Anlaß  der  Feier- 
lichkeiten mehrere  Blinde  und  solche,  die 
sich  um  das  Blindenwesen  verdient  gemacht 
hatten,  darunter  auch  Helen  Keller,  hohe 
französische  Auszeichnungen  erhielten.  Fünf 
wurden  zu  Offizieren  der  Ehrenlegion 
und  mehr  als  zehn  zu  Chevaliers  der  fran- 
zösischen Ehrenlegion  ernannt.  Unter  an- 
derem hielt  auch  die  taubblinde  Helen  Keller 
eine  Ansprache  in  französischer  Sprache. 

Am  Sonntagfrüh  fand  dann  die  feier- 
liche Überführung  der  Gebeine 
Louis  Brailles  von  dem  Institut  der  jungen 
Blinden  in  Paris,  Boulevard  des  Invalides, 
durch  die  abgesperrten  Straßen  von  Paris, 
die  von  ungeheuren  Menschenmassen  um- 
säumt waren,  nach  dem  Pantheon  statt,  wo 
Frankreich  seine  ruhmreichsten  Männer 
durch  die  Beisetzung  ehrt.  Ganz  wenigen 
wird  diese  Ehre  zuteil.  Auf  dem  Weg  zum 
Pantheon  standen  Soldaten  in  der  Uniform 
der  napoleonischen  Kürassiere  mit  blankem 
Messinghelm,  rotem  Federbusch,  Pferde- 
schweif und  gezogenem  Säbel  Spalier.  Im 
Pantheon  selbst  fand  die  Feier  im  Beisein 
des  Präsidenten  der  Republik  statt,  und  es 
war  für  uns  alle  erhebend,  wie  durch  diese 
Ehrung  eines  berühmten  Blinden  —  Louis 
Braille  verlor  als  Kind  durch  einen  Unfall 
das  Augenlicht  —  die  Blindenschaft  der  gan- 
zen Welt  Anerkennung  und  Ach- 
tung fand.  So  erfüllte  uns  alle  froher  Stolz, 
und  jeder  einzelne  unserer  Kameraden  und 
Schicksalsgefährten  in  aller  Welt  hat  daran 
teil:  Not  und  Kampf  und  Leistung  des  blin- 
den •  Menschen  fanden  hier  eine  großartige 
und  eindrucksvolle  Ehrung. 

Am  Sonntagabend  oder  auch  Montag  früh 
fand  dann  die  Abreise  statt,  da  der  Auf- 
enthalt in  Paris  zwar  schön  aber  auch  sehr 
teuer  für  uns  alle  war,  denn  sämtliche  Preise 
in  Paris  liegen  mehr  als  doppelt  so  hoch 
wie  bei  uns  in  Deutschland, 

Wir  hatten  Gelegenheit,  mit  den  Vertre- 
tern der  verschiedensten  Länder,  insbeson- 
dere der  Kriegsblinden  aus  dem  Saargebiet, 
aus  England,  Jugoslawien,  Italien  usw.,  zu- 
sammenzukommen. Lebhaft  bedauerten  wir, 
daß  unsere  österreichischen  kriegsblinden 
Kameraden  infolge  Visa-  und  Devisen- 
schwierigkeiten nicht  an  den  Feierlichkeiten 
teilnehmen  konnten  und  daß  auch  die  Ver- 
treter der  australischen  und  kanadischen 
Kriegsblinden  an  der  Teilnahme  verhindert 
waren.  Trotzdem  konnte  mancher  wertvolle 
Gedankenaustausch  stattfinden  und  Verbin- 
dungen geknüpft  werden,  die  sich  erst  in 
der  Zukunft  auswirken  werden. 


Wichtige  Konferenzen  in  Bonn 


Der  Bundeskanzler 
empfing  die  Kriegsopierorganisationen 

Am  Donnerstag,  26.  Juni,  17  Uhr,  kam  es 
endlich  zu  dem  schon  seit  Monaten  vorge- 
sehenen und  mehrfach  verschobenen  Emp- 
fang der  Vertreter  der  im  Beratenden  Beirat 
für  das  Versorgungswesen  beim  Bundes- 
arbeitsministerium vertretenen  Spitzenorga- 
nisationen der  Kriegsopfer.  Von  unserem 
Kriegsblindenbund  nahm  als  Vertreter  der 
1,   Bundesvorsitzende,    Kam.   Dr.   Plein,    teil. 

Die  Vertreter  der  Kriegsopfer  nahmen 
Gelegenheit,  dem  Herrn  Bundeskanzler  die 
grundsätzlichen  Fragen  bezügl.  der  Kriegs- 
opferversorgung und  der  Kriegsopferfür- 
sorge  vorzutragen  und  ihn  sowie  die  an- 
wesenden Bundesminister  für  Arbeit,  Storch, 
und  Bundesminister  des  Innern,  Lehr,  sowie 
den  Vertreter  des  Bundesfinanzministers 
Schäffer  mit  den  schwierigen  Fragen,  wie 
sie  durch  die  Preisentwicklung  und 
die  Handhabung  der  Gesetze  ent- 
standen sind,  vertraut  zu  machen. 

Im  Anschluß  an  diese  Besprechung  wurde 
für  den  17.  Juli  eine  Fachbesprechung  mit 
den  Sachbearbeitern  der  verschiedenen  Mini- 
sterien in  Gegenwart  des  Herrn  Bundes- 
ministers für  Arbeit,  Storch,  und  des  Herrn 
Bundesministers  des  Innern,  Lehr,  verein- 
bart. 

Thema:  Schwerbeschädigtengesetz 

Inlormationssitzung 
des  26er  Bundestagsausschusses 

Für  Freitag,  27.  Juni,  hatte  der  26er  Aus- 
schuß des  Bundestages  für  Kriegsopfer-  und 
Kriegsgefangenenfragen  zu  einer  großen 
öffentlichen  Informationssitzung  eingeladen, 
um  allen  beteiligten  großen  Spitzenverbän- 
den innerhalb  des  Bundesgebietes  Gelegen- 


Jjetteln    —    leicht  gemacht 

Es  gibt  für  einen  Kriegsblinden  keine  pei- 
nigendere  und  beschämendere  Vorstellung 
als  die,  von  der  Umwelt  auch  nur  im  ent- 
ferntesten mit  Bettlern  in  einen  Zusammen- 
hang gebracht  zu  werden.  Es  ist  selbstver- 
ständlich, daß  ein  bettelnder  Kriegsblinder, 
wenn  sich  überhaupt  einmal  einer  von  uns 
derart  erniedrigen  sollte,  in  unseren  Reihen 
keinen  Platz  mehr  hat.  Auch  alle  anderen 
Kriegsopferverbände  distanzieren  sich  im- 
mer wieder  von  diesen  würdelosen  Men- 
schen, die  an  den  Straßen  hocken  und  oft 
erstaunlich  gute  Einnahmen  dabei  erzielen. 
Merkwürdigerweise  ist  es  aber  oft  so,  daß 
die  Passanten  empört  sind,  wenn  die  Polizei 
einschreitet  und  dem  Treiben  eines  solchen 
Bettlers  ein  Ende  macht. 

Das  kann  niemanden  verwundern,  wenn  er 
in  großen  Zeitungen  lesen  muß,  wie  für 
solche  Gestalten  noch  Reklame  gemacht  wird. 
Schon  im  letzten  Heft  glossierten  wir  an" 
dieser  Stelle  manches  instinktlose  Verhalten 
der  Tagespresse.  Eine  typische  Ergänzung 
dazu  liefert  uns  eine  rührselige  Betrachtung, 
die  kürzlich  in  einer  großen  Zeitung  des 
Ruhrgebietes,  der  „Westdeutschen  Allge- 
meinen Zeitung",  zu  finden  war.  Unter  der 
Ueberschrift  „Leere  Augen"  wird  ein  —  an- 
geblich kriegsblinder  —  Bettler  geschildert, 
der  an  der  Straßenecke  Postkarten  verkauft. 
„In  einer  Woche  ist  Pfingsten  —  bitte,  kau- 
fen Sie  mir  eine  Karte  ab,  jede  kostet  zehn 
Pfennig",  so  spricht  der  Blinde  unentwegt 
in  den  Strom  der  Passanten.  „Viele  tun,  was 
das  Herz  gebietet",  meint  der  treuherzige 
Schreiber. 

Ach,  das  Herz  gebietet  etwas  ganz  an- 
deres. Wir  wissen  es  alle  .  .  . 


heit  zu  geben,  zu  den  Fragen  des  Gesetzes 
über  die  Beschäftigung  Schwerbeschädigter 
in  einem  kurzen  Referat  von  zehn  Minuten 
grundsätzlich  Stellung  zu  nehmen.  Neben 
den  vier  Spitzenverbänden  der  Kriegsopfer 
(VdK,  Reichsbund,  Bund  der  Hirnverletzten 
und  Bund  der  Kriegsblinden)  waren  auch 
noch  die  Arbeitsgemeinschaft  der  Deutschen 
Hauptfürsorgestellen,  der  Städtetag,  der 
Landkreistag,  der  Deutsche  Blindenver- 
band, Gehörlosenverband,  DGB,  Reichsbund 
der  Arbeitgeber,  Deutsche  Angestelltenge- 
werkschaft und  die  Vereinigung  der  Berufs- 
genossenschaften eingeladen. 

Dem  Vertreter  unseres  Kriegsblinden- 
bundes  wurde  als  erstem  Gelegenheit  ge- 
geben, grundsätzliche  Ausführungen  zu 
machen  und  insbesondere  unseren  Wunsch 
vorzubringen  und  zu  begründen,  wonach 
alle  für  Blinde  geeigneten  Plätze  auch  mit 
Blinden  besetzt  werden  müßten  und  in  Be- 
trieben mit  200  Arbeitnehmern  und  mehr 
auf  je  200  Arbeitnehmer  ein  Blinden- 
platz  eingerichtet  werden  muß.  Kam.  Dr. 
Plein  wies  an  Hand  von  Zahlen  nach,  daß 
allein  im  Bundesgebiet  nach  oberflächlicher 
Feststellung  über  8000  geeignete 
Telefonistenstellen  für  Blinde  vor- 
handen sind  und  daß,  während  z.  B.  in  der 
bayerischen  Stadt  Kempten  mit  rund  40  000 
Einwohnern  13  blinde  Telefonisten  beschäf- 
tigt sind,  in  der  Stadt  Frankfurt  a.  M.  auf 
560  000  Einwohner  nur  ein  blinder  Telefonist 
beschäftigt  wird.  Auch  bei  den  Behörden, 
insbesondere  auch  bei  den  Bundesbehörden 
in  Bonn,  seien  noch  viel  zu  wenig  Blinde 
beschäftigt,  obwohl  doch  erwartet  werden 
müsse,  daß  die  Behörden  mit  gutem  Beispiel 
vorangehen  sollten. 

Auch  die  Vertreter  der  anderen  Verbände 
brachten  ihre  Wünsche  zum  Gesetz  zum 
Ausdruck.  Der  Reichsbund,  der  Deutsche  Ge- 
werkschaftsbund und  die  Deutsche  Ange- 
stelltengewerkschaft sprachen  sich  für  eine 
Erweiterung  des  Peisonenkrei- 
s  e  s  aus,  während  die  Mehrzahl  aller  ande- 
ren Verbände  sich  zum  Teil  sehr  scharf 
gegen  jede  Erweiterung  aussprach  und 
auf  das  besondere  im  Bundesversorgungs- 
gesetz verankerte  Recht  der  schwerbeschä- 
digten Kriegsopfer  auf  Arbeits-  und 
Berufsfürsorge  hinwies. 

Die  meisten  sprachen  sich  auch  für  eine 
Erhöhung  der  Ausgleichsabgabe 
aus. 

Allen  Verbänden  wurde  anheimgegeben, 
weitere  Forderungen  zum  Schwerbeschädig- 
tengesetz noch  schriftlich  einzureichen. 

Thema:  Sozialgerichtstaarkeit  und  Bauwesen 

Sitzung  des 
Beratenden    Beirates   iür   Versorgungsrecht 

Nach  über  halbjähriger  Pause  fand  end- 
lich wiederum  eine  Sitzung  des  Beratenden 
Beirates  für  Versorgungsrecht  beim  Bun- 
desarbeitsministerium statt,  und 
zwar  am  25.  6.  1952.  Auf  der  Tagesordnung 
standen  die  von  den  Kriegsopfern  schon 
längst  geforderten  und  sehnlichst  erwarteten 
Entwürfe  einer  Sozialgerichtsbar- 
keit und  des  Verfahrensgesetzes  in  Versor- 
gungssachen, ferner  auf  unsere  Veranlas- 
sung hin  die  Fragen  der  Finanzierung  von 
Bauvorhaben  für  Blinde  und  Hirn- 
verletzte in  Verbindung  mit  Kapitalabfin- 
dungen. 

Der  Entwurf  des  Bundessozialgerichtsbar- 
keitsgesetzes  wurde  eingehend  erörtert  und 
eine  Reihe  von  Änderungsvorschlägen  dem 
Ministerium  unterbreitet  Das  Verfahrens- 
gesetz, zu  dessen  Erörterung  der  Beirat  nicht 
mehr    kam,    soll   in    einer    baldigst   wieder 


einzuberufenden  Sitzung  des  Beratenden  Bei- 
rates eingehend  erörtert  werden.  Mit  den 
Fragen  der  Finanzierung  von  Bauvorhaben 
für  Blinde  und  Hirnverletzte  beschäftigte 
sich  ein  vom  Beratenden  Beirat  gebildeter 
Unterausschuß,  dessen  Vorschläge  vom  Be- 
ratenden Beirat  gebilligt  wurden. 

Wir  hoffen,  daß  die  bei  Kriegsblinden 
noch  vorhandenen  menschenunwürdigen 
Wohnungsverhältnisse,  wie  sie  teilweise  in 
krassen  Beispielen  von  uns  vorgelegt 
wurden,   baldigst  beseitigt   werden   können. 

Telefonistentagung  in  Kempten 

Zu  fruchtbaren  Aussprachen  über  die  Be- 
rufsfragen blinder  Telefonisten  zwischen 
Vertretern  der  Behörden  und  des  Blinden- 
wesens  führte  eine  Tagung,  die  am  13.  und 
14.  Juni  in  Kempten  unter  Leitung  von 
Herrn  Paul  (Bayerischer  Blindenhund)  statt- 
fand. Seitens  des  Kriegsblindenbundes  nah- 
men an  der  Tagung  die  Kam.  Birngruber 
und  Wendel  (München)  sowie  Wilhelm 
(Augsburg)  teil,  letzterer  als  Vertreter  des 
Bundesvorsitzenden  Dr.  Plein.  Vom  Bundes- 
arbeitsministerium war  Herr  Oberregie- 
rungsrat Dr.  Scharmann  entsandt  worden, 
unter  dessen  Leitung  eine  Kommission 
gebildet  wurde,  um  ein  „Berufsbild" 
des  blinden  Telefonisten  zu  erarbeiten.  Das 
Ergebnis  und  die  Bemühungen  der  Tagung 
sind  gerade  in  dieser  Hinsicht  vielverspre- 
chend, weil  allein  auf  solche  Weise  eine 
geordnete  Ausbildung  von  Telefonisten  und 
ihr  Arbeitseinsatz  überzeugend  geregelt 
werden  können.  Es  ist  zu  erwarten,  daß 
nach  Klarstellung  aller  Probleme  dieses 
Berufsbild  offiziell  im  Bundesarbeitsblatt 
veröffentlicht  wird. 

Sehr  erfreulich  war  es,  daß  seitens  der 
Bundespost  durch  Herrn  Oberpostrat  Scherer 
(München)  und  seitens  der  Industrie  durch 
Herrn  Oberingenieur  Gust  (Siemenswerke, 
Speyer)  alle  Bedenken  gegen  die  Zukunft 
des  Telefonistenberufes  als  unberechtigt  zu- 
rückgewiesen wurden,  und  zwar  auch  jene 
Befürchtungen,  die  Rekordanlage  könne  die 
Existenz  der  blinden  Telefonisten  in  wenigen 
Jahren  ernstlich  bedrohen. 

Die  Siemenswerke  in  Speyer  machten  aus 
Anlaß  der  Tagung  der  Stadtverwaltung 
Kempten,  die  sich  vorbildlich  für  blinde 
Telefonisten  einsetzt,  dem  Bayrischen  Blin- 
denhund und  dem  Bund  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  je  eine  komplette  Fernsprech- 
anlage zum  Geschenk.  Es  sei  auch  an  dieser 
Stelle  den  Siemenswerken  für  ihre  groß- 
zügige Hilfsbereitschaft  unser  aller  Dank 
gesagt. 

In  diesem  Zusammenhang  ein  Hinweis:  es 
wird  allen  Kameraden,  die  den  Telefonisten- 
beruf ergreifen  wollen,  dringend  empfohlen, 
sich  baldigst  zu  melden  und  ihre  Ausbildung 
ohne  unnötige  Verzögerung  rasch  und  ener- 
gisch in  die  Hand  zu  nehmen. 

Neue  Zeitschriften 

Vom  Verlag  Walter  Stutz,  München  2, 
Weinstraße  4,  ist  soeben  eine  Fachzeitschrift 
für  Versorgungsrecht  und  Versorgungs- 
praxis unter  dem  Titel  „Die  Kriegs- 
opferversorgung"  gegründet  worden, 
die  künftig  zu  einem  Bezugspreis  von  vier- 
teljährlich 1,80  DM  allmonatlich  erscheinen 
wird.  Der  Verlag  beabsichtigt,  mit  diesem 
unabhängigen  und  nach  rein  fachlichen  Ge- 
sichtspunkten geleiteten  Organ  allen  im 
Versorgungswesen  Tätigen  eine  zuverläs- 
sige Hilfe  für  die  Praxis  zu  schaffen. 

Der  Deutsche  Gewerkschaftsbund  gibt  seit 
Jahresbeginn  eine  Monatszeitschrift  „So- 
ziale Sicherheit"  (Zeitschrift  für  So- 
zialpolitik) heraus,  die  zu  einem  Bezugspreis 
von  vierteljährlich  2,25  DM  im  Bund- Verlag 
GmbH.,  Köln,  Pressehaus,  erscheint. 


Der  Weg  zum  Eigenheim 

Was  an  wichtigsten  Voraussetzungen  zu  bedenken  ist 


Viele  unserer  Kameraden  haben  den  drin- 
genden Wunsch,  in  den  Besitz  eines  Eigen- 
heimes zu  kommen.  Diese  Bestrebungen  sind 
fast  ausschließlich  durch  ungenügende  oder 
ungünstige  Wohnverhältnisse  bedingt.  In 
manchen  Fällen  steckt  hinter  diesem  Plan 
ein  weiterer  ebenso  lebenswichtiger  Ge- 
danke, nämlich  der,  durch  die  Wohnsitzver- 
legung an  einen  anderen  Ort  den  unerträg- 
lichen Zustand  der  Untätigkeit  gegen  eine 
geeignete  Beschäftigung  rascher  und  sicherer 
vertauschen  zu  können.  Darüber  hinaus  gibt 
es  noch  viele  nicht  weniger  beachtliche 
Gründe,  die  das  Begehren  nach  einem  Eigen- 
heim vollauf  rechtfertigen.  Besonders  der 
Kriegsblinde  braucht  ja  nach  der  Nervenlast 
des  Tages  und  Berufes  die  Entspannung  und 
Bewegungsfreiheit,  die  ihm  gerade  das  eigene 
Heim  bieten  kann. 

Um  den  Kameraden,  die  sich  mit  dem  Plan 
zur  Erstellung  eines  Wohnhauses  befassen, 
den  Weg  für  die  umfangreichen  vorbereiten- 
den Arbeiten  zu  zeigen,  sollen  nachstehende 
Aufklärungen  gebracht  werden: 

1.    Das    Grundstück 

Die  erste  Voraussetzung  für  den  Bau  eines 
Siedlungshauses  ist,  sich  nach  einem  als  bau- 
reif erklärten  Baugrundstück  umzusehen.  Das 
Baugrundstück  kann  von  privater  oder  be- 
hördlicher Seite,  ferner  von  Stiftungen  oder 
sonstigen  Grundstückseigentümern  käuflich 
erworben  werden.  Ist  der  Erwerb  eines  Bau- 
grundstückes aus  irgendwelchen  Gründen 
nicht  möglich,  muß  versucht  werden,  den 
Baugrund  von  der  Gemeinde,  einer  Stadtver- 
waltung oder  einer  Stiftung  im  Wege  des 
Erbbaurechtsvertrages  zu  erlangen.  Ein  sol- 
cher Erbbaurechtsvertrag  wird  in  der  Regel 
auf  99  Jahre  abgeschlossen,  vielfach  mit  der 
zusätzlichen  Abmachung,  daß  der  Siedler  das 
Grundstück  zu  einem  späteren  Zeitpunkt 
käuflich  erwerben  kann.  Der  zu  entrichtende 
Erbbauzins  beziffert  sich  je  nach  Größe  des 
Grundstücks  durchschnittlich  auf  25,—  bis 
50, —  DM  jährlich.  Die  Größe  des  Grund- 
stücks richtet  sich  nach  den  besonderen  Wün- 
schen und  der  geldlichen  Leistungsfähigkeit 
des  Interessenten.  Als  Mindestgröße  kom- 
men 400  gm  in  Betracht.  Bevor  ein  Kauf- 
oder Erbbaurechtsvertrag  abgeschlossen  wird, 
ist  die  Ortsbehörde  oder  der  Kreisbaumei- 
ster, in  deren  Bereich  sich  das  Grundstück 
befindet,  zu  hören,  ob  das  in  Aussicht  ge- 
nommene Grundstück  als  Baugelände  in  den 
örtlichen  Bebauungsplan  bereits  aufgenom- 
men wurde  und,  wenn  ja,  welcher  Bautyp 
auf  diesem  Platz  zugelassen  wird,  ferner, 
ob  Wasser-,  Licht-  und  die  sonstigen  An- 
schlüsse vorhanden  oder  in  Bälde  zu  erwar- 
ten sind,  sowie  welche  Planungen  für  den 
öffentlichen  Straßenbau  vorliegen.  Befindet 
sich  das  Grundstück  innerhalb  eines  Stadt- 
gebietes, so  ist  beim  Stadtbauamt  außerdem 
festzustellen,  in  welcher  Höhe  Entwässe- 
rungs-  und  Straßenherstellungskosten,  ferner 
Beträge  für  Licht-,  Wasser-,  Gas-  und  Kanal- 
anschlußkosten gefordert  werden. 

2.  Der  Bauplan 

Nach  erfolgreicher  Lösung  dieser  Grund- 
stücksfragen kommt  als  zweite  Voraussetzung 
die  Erstellung  des  Bauplans  zur  Erörterung. 
Hierfür  nimmt  der  Siedlungslustige  einen 
ihm  als  zuverlässig  empfohlenen  Architekten 
in  Anspruch  oder  einen  bekannten  Baumei- 
ster, der  die  Befähigung  zur  Erstellung  von 
Bauplänen  besitzt.  Ihm  legt  er  eine  einfache 
Skizze  über  den  Lageplan  des  Grundstückes 
vor  und  äußert  ihm  gegenüber  seine  Wünsche 
über  die  Größe  des  geplanten  Siedlungs- 
hauses, die  Zahl  und  das  Ausmaß  der  be- 
nötigten Räume  samt  Nebenräumen,  die  vor- 


gesehene Aufteilung  des  einzelnen  Raumes 
nach  seiner  genauen  Zweckbestimmung. 

Dabei  ist  auf  eine  möglichst  nützliche  und 
für  die  Bedürfnisse  des  Kameraden  und  sei- 
ner Angeliöiigen  zweckdienliche  Auswertung 
der  Raumverhältnisse  allergrößtes  Gewicht 
zu  legen.  Die  vielen,  hier  aufs  genaueste  zu 
beachtenden  Gesichtspunkte  können  restlos 
erfaßt  werden,  wenn  der  Kamerad  die  Gele- 
genheit hat,  für  seine  Planung  ein  bereits 
bestehendes  Wohnhaus  als  Ausgangspunkt 
zu  nehmen.  Auf  diese  Weise  wird  es  ihm 
möglich  sein,  die  einzelnen  Räume  nach 
Größe  und  Lage  leichter  und  anschaulicher 
aufzuteilen. 

3.  Der  Kostenvoranschlag 
Der  in  Anspruch  genommene  Architekt 
oder  Baumeister  kann  sodann  nach  Fertig- 
stellung des  Bauplanes  den  erforderlichen 
Kostenvoranschlag  einschließlich  etwa  in  Be- 
tracht kommender  Grunderwerbskosten  er- 
stellen. Hierbei  wird  er  die  ortsüblichen 
Arbeitslöhne  und  zur  Zeit  geltenden  Preise 
für  die  benötigten  Baumaterialien  zugrunde 
legen.  An  Hand  der  gesamten  Baukosten  muß 
sich  dann  der  Siedlungsinteressent  schlüssig 
werden,  ob  das  Bauvorhaben  nach  den  plan- 
lich formulierten  Wünschen  verwirklicht 
werden  kann  oder  ob  da  und  dort  Abände- 
rungen oder  sogar  Abstriche  zu  machen 
sind. 

4.  Die  Finanzierung 
Erst  nach  Klärung  dieser  vorbezeichneten 
drei  Voraussetzungen  kann  die  wichtige 
Frage  der  Aufbringung  der  Baukosten  maß- 
gebend behandelt  werden.  Da  die  Geldguel- 
Ien  in  den  einzelnen  Bundesländern  ganz 
unterschiedlich  fließen,  kann  im  Rahmen  die- 
ser knappen  Besprechung  hierauf  nicht  ein- 
gegangen werden.  Bundeseinheitlich  steht 
dem  kriegsblinden  Siedler  die  Kapitalabfin- 
dung von  7200,—  DM  (Näheres  im  Aprilheft 
1952  unserer  Zeitschrift)  und  eine  angemes- 
sene, nicht  rückzahlbare  Siedlungsbeihilfe 
der  zuständigen  Hauptfürsorgestelle  zur  Ver- 
fügung. Die  Gewährung  eines  staatlichen 
Baudarlehens  im  Rahmen  landesrechtlicher 
Vorschriften  dürfte  wohl  in  jedem  Falle  als 
sicher  anzunehmen  sein.  Für  die  weitere 
Finanzierung   der   Baukosten   muß   versucht 


werden,  ein  Hypothekdarlehen  von  einem 
Geldinstitut  oder  einer  öffentlich-rechtlichen 
Körperschaft  (beispielsweise  der  Landesver- 
sicherungsanstalt usw.)  zu  erhalten  oder  das 
Darlehen  aus  einem  etwa  abgeschlossenen 
Bausparvertrag  zu  bekommen.  Stehen  eigene 
Ersparnisse  oder  Leistungen  von  Verwand- 
ten in  Geld,  Materiallieferungen  oder  Ar- 
beitsleistungen zur  Verfügung,  so  bedeutet 
dies  eine  wesentliche  Erleichterung  zur  Bei- 
bringung des  Finanzierungsnachweises,  ja, 
es  muß  auf  Grund  vielfacher  Erfahrungen 
gesagt  werden,  daß  eigene  Leistungen  oder 
ein  eigenes  kleines  Kapital  höchst  wün- 
schenswert erscheinen,  nicht  zuletzt,  um  die 
Zinsbelastung  in  tragbaren  Grenzen  zu  halten. 

Ein  Beispiel  aus  Bayern 
In  Bayern  ist  bezüglich  des  Verfahrens 
folgende  Regelung  getroffen:  Bauplan  und 
Kostenvoranschlag  sind  in  vierfacher  Ausfer- 
tigung beim  zuständigen  Kreisbaumeister 
und  in  kreisunmittelbaren  Städten  beim 
Stadtbauamt  einzureichen.  Wird  ein  staat- 
liches Baudarlehen  erbeten,  so  ist  dieser  An- 
trag ebenfalls  nach  dem  vorgeschriebenen 
Formblatt  vierfach  mit  einzureichen.  Der 
Antrag  auf  Kapitalabfindung  ist  formlos  beim 
zuständigen  Versorgungsamt  und  der  Antrag 
auf  eine  Siedlungsbeihilfe  bei  der  zuständi- 
gen Hauptfürsorgestelle  einzureichen.  Wer- 
den darüber  hinaus  eine  erste  Hypothek  und 
weitere  Darlehen  benötigt,  so  hat  der  Kame- 
rad die  Nachweise  hierüber  selbst  beizubrin- 
gen. In  letzteren  Fällen  nimmt  er  zweck- 
mäßigerweise den  Rat  des  beauftragten  Ar- 
chitekten oder  des  Kriegsblindenbundes 
rechtzeitig  in  Anspruch.  Die  Einholung  der 
baupolizeilichen  Genehmigung  der  Bauzulas- 
sung und  die  vertragliche  Vergebung  der 
Arbeiten  an  einen  Bauunternehmer  oder  an 
einzelne  Bauhandwerker  ist  dann  ausschließ- 
lich Angelegenheit  des  Siedlers,  sobald  die 
beantragten  Gelder  genehmigt  sind  und  dar- 
über verfügt  werden  kann. 

Wer  den  ernsten  Willen  hat,  in  den  Be- 
sitz eines  Eigenheimes  zu  kommen  und  wer 
willens  und  in  der  Lage  ist,  die  mit  dem 
Anwesensbesitz  verbundenen  Zahlungsver- 
pflichtungen zu  erfüllen,  wird  die  mit  der 
Planung  und  Durchführung  eines  Neubaues 
unausbleiblichen  Schwierigkeiten  rasch  wie- 
der vergessen  und  mit  um  so  größerer  Dank- 
barkeit die  unbeschreiblich  vielen  Segnun- 
gen eines  Eigenheimes  für  einen  Kriegsblin- 
den hinnehmen.  Christian  Wilhelm 


Der  verräterische  Händedruck 

Eine    ausdruckspsychologische    Studie  von  Dr.  Ernst  Dorn  er 


Wollen  Sehende  einen  Menschen  näher 
kennenlernen,  so  studieren  sie  in  deT  Regel 
sein  Gesicht,  weil  sie  in  seinen  Zügen  be- 
stimmte Eigenschaften  zu  erkennen  glauben. 
Es  wird  also  versucht,  die  Physiognomie, 
das  ist  die  durch  den  Knochenbau,  Umwelt- 
einflüsse und  das  bisherige  seelische  Er- 
leben geprägte  Form  des  Gesichts,  charak- 
terologisch  zu  deuten;  auch  schließt  man  aus 
dem  momentanen  Mienenspiel  auf  seelische 
Vorgänge.  Der  Ausdruck  des  bewegten  Ge- 
sichts, seine  Mimik,  scheint  oft  mehr  zu 
verraten  als  die  ruhenden  Züge. 

Bei  einer  ausdruckspsychologischen  Be- 
trachtung der  menschlichen  Hand  können 
wir  ähnlich  vorgehen.  Auch  hier  können 
wir  Bau  und  Form  von  der  Ausdrucksbewe- 
gung unterscheiden.  Genau  so  wie  wir  die 
in  der  Handschrift  fixierte  Ausdrucksbe- 
wegung als  Spiegel  des  Charakters  aner- 
kennen, gibt  es  noch  viele  andere  psycho- 
logisch deutbare  Bewegungen  der  Hand.  Ich 
erinnere  nur  an  die  Geste  zur  Unterstützung 
der  Rede,    an  charakteristische  Bewegungen 


bei  handwerklichen  oder  künstlerischen 
Tätigkeiten. 

Eine  dieser  Ausdrucksbewegungen  der 
Hand,  täglich  von  uns  beobachtet,  ist  der 
Händedruck,  wie  er  sich  bei  der  Begrüßung 
vollzieht.  Die  meisten  Menschen  lassen  ihn 
unbeachtet  und  schenken  ihm  nur  dann  ihre 
Aufmerksamkeit,  wenn  ihre  Hand  in  be- 
sonders auffallender  Weise  berührt  wird. 
Viele  Leute  sind  der  Meinung,  eine  kon- 
ventionelle Gebärde  besage  nichts.  Jede 
menschliche  Gebärde  aber,  erfolgt  sie  auch 
noch  so  gewohnheitsmäßig,  ist  ausdrucks- 
geladen und  deshalb  psychologisch  deutbar. 
Auch  an  dem  normalen  Händedruck  läßt 
sich  manch  wertvolle  Einsicht  gewinnen.  Es 
ist  durchaus  möglich,  einzelne  Vorgänge  so 
aus  dem  Bewegungsablauf  herauszulösen, 
daß  wir  sie  als  Merkmale  bestimmter 
psychischer  Eigenschaften  ansprechen  dürfen. 

In  einem  Händedruck  fließen  zunächst 
die  Wahrnehmungen  vom  Bau  der  Hand 
und  ihrer  Oberflächenbeschaffenheit  mit  dem 
Eindruck     von     gewissen    Bewegungen    zu- 


sammen.  Wir  spüren  etwa,  ob  die  Hand 
klein  oder  groß,  fleischig  oder  mager,  hart 
oder  schlaff  ist,  und  wir  sind  versucht,  solche 
Beobachtungen  ai  szuwerten.  Wir  ver- 
knüpfen etwa  eine  weiche,  schlaffe  Hand 
mit  einer  beeinflußbaren,  vielleicht  willens- 
schwachen Persönlichkeit.  Derartige  Wahr- 
nehmungen sind  immer  von  Bedeutung;  be- 
wußt oder  gefühlsmäßig  wird  unser  Urteil 
durch  sie  mitbestimmt.  Es  sei  jedoch  hier 
■auf  die  Deutung  der  anatomischen 
Gegebenheiten  verzichtet.  (Die  von  Gustav 
Carus  aufgestellten  Handtypen  der  „elemen- 
taren, motorischen,  sensiblen  und  seelischen 
Hand"  sind  für  eine  praktische  Menschen- 
kenntnis m.  E,  nicht  aufschlußreich  genug. 
Die  mit  den  Handformen  in  Beziehung  ge- 
setzten Charaktereigenschaften  scheinen  mir 
zu  allgemein  gefaßt.)  Für  uns  bleibe  jetzt 
der  anatomische  Bau  der  Hand  nur  der 
Schauplatz  für  charakteristische  Muskel- 
bewegungen, denei  allein  unsere  Aufmerk- 
samkeit gilt. 

Die  Berührungsdauer 
Wenden  wir  uns  also  den  einzelnen  Symp- 
tomen des  Händedrucks  zu  und  schenken 
wir  unsere  Aufmerksamkeit  der  Berührungs- 
dauer! Je  länger  unsere  Hand  gedrückt 
wird,  desto  mehr  Wohlwollen  und  Herzlich- 
keit soll  ausgedrückt  werden;  je  flüchtiger 
die  Berührung,  desto  geringer  die  Sympathie. 
Nun  wird  ein  geselliger  Mensch,  der  sich 
gerne  dem  anderen  zuwendet,  eine  längere 
Berührung  mit  dem  Du  suchen  als  ein  in 
sich  gekehrter,  ungeselliger,  der  sich  in 
starkem  Gegensatz  zur  Umwelt  erlebt.  Diese 

Süddeutsche  Wollmanufaklur 

Julius  Kerger  &  Co.,  Bissingen  a.  Enz  (Württ.) 

vom  Charakter  bestimmte  persönliche  Note 
des  Händedrucks  ist  aber  auch  Stimmungs- 
schwankungen unterworfen  und  wird  außer- 
dem von  den  Gefühlen  für  den  Partner  be- 
einflußt. Darum  dürfen  wir  nicht  in  den 
Fehler  verfallen,  alles,  was  sich  im  Hände- 
druck verrät,  auf  unsere  Person  zu  beziehen. 
Hat  z.  B.  unser  Partner  kurz  vor  der  Be- 
gegnung einen  heftigen  Aerger  gehabt  oder 
ist  er  etwa  in  großer  Eile,  so  wird  er  auch 
im  Händedruck  „kurz  angebunden"  sein, 
und  es  wäre  irrig,  daraus  einen  Mangel  an 
Sympathie  für  uns  ableiten  zu  wollen. 
Anders  werten  wir  den  langwährenden 
Händedruck  eines  Partners,  wenn  er  seine 
Hand  um  eine  Nuance  zu  rasch,  zu  plötzlich 
von  der  unseren  löst.  Er  will  uns  zwar  Wohl- 
wollen demonstrieren,  der  zu  rasche  Ab- 
bruch der  Umfassung  aber  verrät  etwas  von 
Ablehnung  oder  doch  von  Reserve.  Es  kann 
auch  geschehen,  daß  unsere  Hand  zunächst 
fest  gedrückt  wird,  daß  sich  der  Griff  jedoch 
plötzlich  lockert;  dann  wiederholt  sich  oft  der 
Druck  und  wird  wieder  aufgehoben.  Diese 
Druckschwankungen  folgen  sehr  rasch  auf- 
einander und  die  Begrüßung  endigt  in  der 
Regel  mit  einem  plötzlichen  Entzug  der  Hand. 
Innere  Unsicherheit  und  Mangel  an  Selbst- 
vertrauen können  sich  so  äußern.  Eine  zu 
flüchtig  gereichte  Hand  kann  nicht  mehr  als 
Zeichen  des  Wohlwollens,  ja  kaum  noch  der 
Höflichkeit  angesehen  werden;  eine  solche 
Geste  wirkt  eher  verletzend. 

Die  Stärke  des  Händedrucks 
Suche  ich  engen  und  innigen  Kontakt  mit 
meinem  Gegenüber,  so  werde  ich  ihm  die 
Hand  nicht  nur  lange,  sondern  auch  k  r  ä  f  - 
t  i  g  pressen.  Die  Stärke  eines  Händedrucks 
kann  also  ebenfalls  als  Gradmesser  des 
Wohlwollens  dienen;  mehr  noch:  Aus- 
druck einer  Gesinnung  sein.  Wenn  ich 
jemandem  fest  die  Hand  reiche,  so  will  ich 
ihm  eine  Versicherung  meines  ehrlichen 
Willens  geben,  ihm  bestätigen,  daß  ich  das, 
was  ich  sage,  auch  meine,  das,  was  ich  ver- 
spreche, auch  zu  halten  gedenke.  Man  ver- 
gleiche hierzu  die  alte  Sitte,  einen  Kauf- 
vertrag   mit   Handschlag  zu   besiegeln.    Ein 


lauer  Händedruck  hingegen,  auch  wenn  er 
lange  währt,  hinterläßt  ein  Gefühl  der  Un- 
sicherheit, der  Unbestimmtheit,  man  ver- 
mutet Unentschlossenheit,  Wankelmut,  ja, 
auch  Unaufrichtigkeit.  „Tippt"  mir  jemand 
nur  leicht  die  Hand,  so  brauche  ich  nicht 
unbedingt  anzunehmen,  Abneigung  hervor- 
gerufen zu  haben;  wahrscheinlicher  ist  es, 
daß  mein  Partner  sich  zu  nichts  verpflichtet 
fühlt,  daß  er  sich  nicht  festzulegen  wünscht. 
Hier  verliert  das  Reichen  der  Hand  seinen 
Sinn,  man  kommt  nur  noch  oberflächlich  der 
Konvention  nach. 

Im  extremen  Fall  unterbleibt  jede  Greif- 
bewegung. Die  Passivität  geht  so  weit,  daß 
die  Hand  schlaff  vom  Handgelenk  herab- 
hängt und  der  Daumen  sich  eng  an  die 
übrigen  Finger  hält:  So  entsteht  in  uns  der 
Eindruck,  eine  ungestaltete,  leblose  Fleisch- 
masse in  Händen  zu  halten.  Diese  Geste 
verrät  äußerste  Passivität,  gepaart  mit  Miß- 
trauen, Scheu  und  innerer  Unsicherheit.  Die 
energisch  zugreifende  Hand  dagegen  scheint 
starke  Vitalität,  u.  U.  starken  Willen 
und  Unternehmungsgeist  zu  verraten.  Kraft- 
meier pflegen  unsere  Hand  wie  in  einem 
Schraubstock  zu  quetschen.  Auch  angriffs- 
lustige, streitbare  Charaktere  pressen  die 
Hand  über  Gebühr  stark.  Daß  sich  darin 
wohl  auch  eine  gewisse  Rücksichtslosigkeit 
bekundet,  hat  jeder  von  uns  schmerzlich 
erfahren.  Hier  bedarf  der  Händedruck  keiner 
psychologischen  Deutung,  er  ist  nur  noch 
Ausdruck  körperlicher  Kräfte,  die  ihre 
eigene    unmißverständliche    Sprache    reden. 

Wollen  wir  einen  Partner  für  uns  ge- 
winnen, suchen  wir  Zustimmung  oder  gar 
Halt  und  Hilfe  bei  ihm,  so  klammert  sich 
unsere  Hand  gleichsam  an  die  seine.  Was 
wir  hier  meinen,  können  wir  deutlich  bei 
Ausbrüchen  großen  Schmerzes,  etwa  bei  Be- 
erdigungen, beobachten.  Löst  nun  der  andere 
rasch  seine  Hand  aus  solcher  Umschließung, 
so  kann  er  damit  beweisen,  daß  er  nicht 
geneigt  ist,  unserer  stillen  Bitte  nachzu- 
geben. Meist  aber  beschränkt  sich  die  Ab- 
wehrbewegung auf  ein  schwaches  Sichwinden 
der  umfaßten  Hand,  da  man  einen  offen- 
sichtlichen „Rückzug"  doch  nicht  für  schick- 
lich hält. 

Wir  ersehen  daraus,  wie  aufschlußreich 
das  Verhalten  der  ergriffenen  Hand  sein 
kann.  Steif  und  eng  aneinandergelegte  Finger, 
oft  auch  vom  Handschweiß  angefeuchtet, 
weisen  auf  innere  Verkrampfungen  und 
Hemmungen  hin.  Die  ganze  Hand  wirkt  wie 
ein  Brett;  bei  der  Berührung  übt  häufig  nur 
der  Daumen  einen  Druck  aus.  Solche  Hände 
gehören  meist  zu  Menschen,  deren  Auf- 
treten meist  kühl,  zurückhaltend  und  ver- 
schlossen wirkt:  sie  bekommen  wenig  Kon- 
takt mit  ihrer  Umwelt.  Das  Schütteln  der 
Hand  ist  gleichsam  der  wiederholte  Hände- 
druck, eine  immer  erneute  Versicherung  des 
Wohlwollens  und  der  freundlichen  Ge- 
sinnung. In  der  Ueberbetonung  dieser  Be- 
wegung klopft  die  linke  Hand  dem  Partner 
gleichzeitig  auf  die   Schulter. 

Die   Berührungsfläche 

Neben  der  Dauer  und  Intensität  des 
Händedrucks  können  wir  auch  noch  die 
Größe  der  Berührungsfläche  beachten.  Zwei 
Seelen,  die  zueinander  streben,  schmiegen 
ihre  Hände  ineinander.  Die  von  Daumen  und 
Zeigefingern  gebildeten  Gabeln  schieben 
sich  bis  zum  Anstoß  ineinander,  während 
die  Fingerspitzen  den  Handballen  des  Part- 
ners umklammern.  Die  beiden  Handteller 
pressen  sich  dabei  eng  zusammen.  Dieses 
Ineinanderschmiegen  der  Innenhände  hat 
oft  erotischen  Charakter  und  steht  dem  Kuß 
nahe.  Bei  Liebenden  wird  eine  so  innige 
und  lange  Berührung  meist  nicht  plötzlich 
gelöst.  Beim  Trennen  streifen  die  Finger- 
spitzen zögernd  und  langsam  über  die  Innen- 
hand. Eine  solche  Handtellerberührung  ist 
sicherstes  Kennzeichen  der  Zuneigung,  vor 
allem  zwischen   den  Geschlechtern.    Fehlt 


diese  Art  des  Kontakts,  so  können  sowohl 
Dauer  wie  Intensität  des  Händedrucks  nicht 
über  Einschränkungen  der  Sympathie  hin- 
wegtäuschen, etwa  dann,  wenn  die  dar- 
gereichte Rechte  zwar  voll  umschlossen  wird, 
der  Partner  aber  seine  Hand  etwas  nach 
oben  wölbt,  um  eine  Berührung  der  Innen- 
hand zu  vermeiden.  Man  spürt  deutlich  die 
leichte  Verkrampfung  im  Griff.  Diese  Hand- 
stellung deutet  unter  Umständen  auf  erotische 
Hemmungen,  auf  eine  Scheu  vor  zu  lebhafter 
körperlicher  Berührung. 

Tatkräftige,  zupackende  Naturen  greifen 
zunächst  fest  zu,  die  Daumengabeln  ver- 
zinken sich  ineinander,  doch  üben  nur  die 
Fingerspitzen  einen  kräftigen  Druck 
aus.  Im  Grunde  wird  also  die  Hand  des 
Gegenübers  nur  von  den  Fingerspitzen  ge- 
halten. Hier  wird  keine  zu  persönliche  An- 
näherung gewünscht.  Vorsicht,  ja  Mißtrauen 
können  sich  so  äußern.  Je  weniger  ich 
schließlich  mit  jemandem  zu  tun  haben  will, 
desto  weniger  von  seiner  Hand  werde  ich 
ergreifen.  Wird  die  Hand  nur  bis  zu  den 
Fingerwurzeln  umschlossen,  so  liegt  darin 
bereits  eine  betonte  Einschränkung  der 
„Verbindlichkeit".  Je  weiter  der  Griff  nach 
vorne  rutscht,  um  so  eindeutiger  wird  das 
Mißfallen  offenbar.  So  erklärt  sich  im  Gegen- 
satz zu  einem  solchen  „kalten  der  „warme" 
Händedruck:  Langdauernder  Druck  bei 
großer  Berührungsfläche  läßt  die  Körper- 
wärme deutlich  empfinden.  So  streifen  wir 
auch  bei  der  Begrüßung  den  Handschuh  ab, 
um  einen  kühlen  und  unpersönlichen  Hand- 
schlag zu  vermeiden. 

Die  B  e  we  gun  g  s  r  i  c  ht  ung 
Nun  kann  sich  unsere  Aufmerksamkeit 
auch  noch  auf  die  Bewegungsrichtung  er- 
strecken. Beim  Darreichen  der  Hand  ist  ja 
auch  der  Arm,  manchmal  der  ganze  Körper 
beteiligt  (Verbeugung  und  Knicks).  Wird 
unsere  Hand  bei  kräftigem  Druck  merklich 
nach  unten  gezogen,  so  besagt  das:  „Her- 
unter mit  dir!"  Hier  möchte  uns  jemand 
überlegen  sein.  Man  ist  überrascht,  diese 
Geste  oft  bei  Menschen  zu  finden,  die  sich 
sonst  durch  äußerste  Feinfühligkeit,  Um- 
gänglichkeit und  betonte  Rücksichtnahme 
auszeichnen.  Der  so  klug  verborgene  „Wille 
zur  Macht!"  entschlüpft  hier  unbemerkt  der 
Hand.  Die  Bewegung  der  Hand  nach  oben, 
auch  wenn  sie  kaum  merklich  stattfindet,  ist 
im  Grunde  eine  Fluchtbewegung.  Denkt  man 
sich  nämlich  die  meist  kleine  Aufwärtsbe- 
wegung fortgesetzt,  so  endet  sie  notwendig 
mit  einer  Trennung  der  Hände.  Manche 
lassen  die  Hand  in  angemessener  Höhe,  und 
nur  der  Ellbogen  steigt  unnatürlich 
hoch,  ein  verkapptes  „Sichentziehen",  das 
vor  allem  etwas  ängstlichen  und  scheuen 
Menschen  eigen  ist. 

Werden  wir  mit  einem  kleinen  Ruck 
zurückgeschoben,  so  besagt  das:  „Weg  von 
mir!  Ich  will  mit  dir  nichts  zu  tun  habenl" 
Freilich  müssen  wir  sehr  feinfühlig  sein,  um 
diese  kleine  „Zurückweisung"  zu  bemerken. 
Ich  habe  es  aber  auch  erlebt,  daß  mich 
Menschen  in  freundlichster  Stimmung,  mit 
denen    ich    in  bestem  Einvernehmen  lebte, 


von  sich  wegschoben.  In  solchen  Fällen 
scheint  mir  ein  Widerstreit  der  Gefühle 
vorzuliegen  oder  überhaupt  Störungen  im 
zwischenmenschlichen  Erleben.  Es  kann  uns 
auch  widerfahren,  daß  unsere  H-Vnd  seitwärts 
nach  links  weggedrückt  wird.  Auch  diese 
Gebärde  bedarf  keiner  tieferen  Erklärung; 
man  wünscbt  sich  unserer  zu  „entledigen", 
auch  wenn  man  sich  dabei  der  wohlwollend- 
sten Stimme  und  der  freundlichsten  Worte 
bedient.  Diese  Seitwärtsbewegung  kann  sich 
so  verstärken,  daß  die  ergriffene  Hand 
gleichsam  weggeschleudert  wird. 

Die  passive  Natur  drückt  ihr  Gegenüber 
nicht  von  sich  weg,  sondern  versucht,  die 
Hand  in  Richtung  auf  den  eigenen  Körper 
zu  entziehen.  Die  ergriffene  Hand  windet 
sich  gleichsam  aus  der  Umklammerung  oder 
sie  zieht  sich  betont  rasch  zurück,  als  ob 
sie  sich  an  einer  Nadel  gestochen  hätte. 
Wieder  eine  andere  spreizt  die  Finger,  um 
den  Griff  zu  lockern,  und  versucht  dann, 
nach  rechts  unten  zu  entschlüpfen.  Der  Sinn 
dieser  Gebärde  ist  nicht  schwer  zu  erraten: 
„Laß  mich  los,  ich  will  mich  nicht  binden, 
ich  traue  dir  nicht,  du  mißfällst  mir!"  Es  ist 
auffallend,  daß  auch  diese  Ausdrucks- 
bewegung oft  im  Widerspruch  zum  übrigen 
Verhalten  steht. 
Doch  Vorsicht  vor  Verstellung! 

Wir  können  also  am  Händedruck  fogende 
Merkmale  unterscheiden:  Berührungsdauer, 
Intensität  des  Drucks,  Größe  der  Berührungs- 
fläche, Art  der  Umschließung,  Bewegungs- 
richtung des  Armes  sowie  Beschaffenheit 
und  Verhalten  der  ergriffenen  Hand.  Diese 
Eigenschaften  können  wir  als  Zeichen  von 
freilich  nicht  immer  eindeutigen  seelischen 
Zuständen  begreifen.  Jedes  psychische  Symp- 
tom weist  einmal  nach  innen,  auf  eine 
Wesensart  hin,  zum  anderen  nach  außen, 
auf  eine  situationsbedingte  Haltung  gegen- 
über einem  Du.  Aber  beide  Bezüge  ent- 
sprechen sich  und  kennzeichnen  eine  Einheit. 

Es  gehört  zur  rechten  Deutung  neben 
Wissen  und  Erfahrung  natürlich  ein  gut 
Teil  Intuition,  um  die  rechte  Akzentsetzung 
zu  finden.  Nur  zu  leicht  laufen  wir  Gefahr, 
ausschließlich  die  Bedeutung  einer  Aus- 
drucksbewegung zu  sehen,  die  sich  auf  unser 
„Ich"  bezieht.  Ferner:  Wir  vermeiden  Irr- 
tümer in  der  Diagnose,  indem  wir  berück- 
sichtigen, daß  jeder  Ausdruck  beherrscht 
werden  kann  und  daß  die  gebräuchlichste 
Art  der  Beherrschung,  die  Verstellung,  am 
meisten  geübt  wird.  Um  zu  einem  sicheren 
Urteil  zu  gelangen,  sammeln  wir  möglichst 
viele  Merkmale  aus  verschieden- 
artigen Ausdrucksgebieten  (z.  B.  Stimme 
und  Sprechweise,  gesprochenes  Wort  usw.). 
Nur  in  Verbindung  mit  ,den  Erfahrungen 
aus  allen  Gebieten  können  wir  unsere  Men- 
schenkenntnis  zuverlässiger   weiden   lassen. 

Es  ist  anzunehmen,  daß  viele  Schicksals- 
gefährten eigene  Erfahrungen  über  den 
Ausdrucks  wert  der  menschlichen  Hand  be- 
sitzen. Es  würde  mich  freuen,  wenn  sie  mir 
ihre  Beobachtungen  zur  Verfügung  stellen 
würden. 

(Zuschriften    zur    Weiterleitung    an 
den  Verfasser  erb'ttet  die  Schriftltg.) 


Internationale  Erzieherkonferenz 

Unter  dem  Schutz  des  Weltrates  für  die 
Wohlfahrt  der  Blinden  wird  in  B  u  s  s  u  m 
(Holland)  vom  25.  7.  bis  2.  8.  1952  eine 
internationale  Konferenz  der  Erzieher  der 
blinden  Jugend  stattfinden.  Die  Vorberei- 
tungen traf  der  Erzieher-Ausschuß  des  Welt- 
rates. Es  wird  erwartet,  daß  Delegierte  aus 
mehr  als  25  Ländern  zugegen  sein  werden, 
so  daß  die  Konferenz  ein  bedeutsames  Er- 
eignis zu  werden  verspricht. 

Aus  diesem  Anlaß  findet  ebenfalls  in 
Bussum  ein  Treffen  des  Exekutiv-Komitees 
des  Weltrates  statt. 


ein 

Qknkänbet- 
<rZ,eUfoon 


Unser  Kamerad  Günter  Schirmer,  der  als 
Ohnhänder  —  und  dazu  in  Berlin  —  nur 
sehr  schwer  in  einen  beruilichen  Einsatz  zu 
bringen  war,  ist  seit  einiger  Zeit  als  Aus- 
kunftsangestellter tätig.  Er  kann  seine  Ar- 
beit zur  vollen  Zufriedenheit  seiner  Dienst- 
stelle nur  deshalb  bewältigen,  weil  ihm  ein 
Fernsprechgerät  zur  Verfügung  steht,  das 
in  neuartiger  Weise  für  Ohnhänder  einge- 
richtet ist.  Selbst  Fachleute  waren  ver- 
blüfft, als  sie  kürzlich  unseren  Kameraden 
bei  der  Arbeit  beobachten  konnten.  Günter 
Schirmer  schrieb  dazu  für  uns  den  folgen- 
den Bericht,  übrigens  fehlerlos  und  sauber 
auf  einer  Schreibmaschine  selber  getippt: 

Der  Versuch,  mich  als  blinden  Ohnhänder 
in  der  Kb.-  und  Kh. -Fürsorgestelle  als  Aus- 
kunftsangestellten zu  beschäftigen,  hat  sich 
in  der  Praxis  als  sehr  gut  erwiesen.  Bevor 
ich  eine  solche  Stelle  antrat,  war  ich  mir 
von  vornherein  darüber  im  klaren,  daß  bei 
den  mündlichen  Verhandlungen  mit  dem 
Publikum-  Fragen  zu  beantworten  seien,  zu 
denen  ich  erst  nach  telefonischer  Rückfrage 
bei  den  zuständigen  Stellen  Stellung  neh- 
men könnte.  Dazu  würde  es  aber  eines 
eigens  für  blinde  Ohnhänder  konstruierten 
Telefonapparates  bedürfen.  Ende  Februar 
1952  bemühte  ich  mich  um  einen  solchen 
Apparat  beim  Fernsprechamt  Berlin.  Dort 
kannte  man  von  keiner  Seite  ein  Gerät, 
welches  die  erforderlichen  Möglichkeiten 
bot.  Man  hielt  es  überhaupt  nicht  für  mög- 
lich, ein  solches  Gerät  anzufertigen.  Als 
letzten  Versuch  in  dieser  Angelegenheit 
wandte  ich  mich  an  die  Firma  Siemens 
&  Halske,  die  in  der  Spezialkonstruktion 
auf  dem  Gebiete  des  Telefongerätebaues 
führend  ist.  Auch  hier  war  ein  Gerät  meiner 
Vorstellung  nicht  bekannt.  Trotzdem  er- 
klärte    sich    nach     einer    längeren    Unter- 


redung Herr  Obering.  H  ö  f  e  r  t  dazu  bereit, 
einen  solchen  Telefonapparat  zu  entwickeln, 
um  mir  in  meiner  Berufsausübung  zu  helfen. 
In  wenigen  Worten  erläuterte  ich  dann  den 
anwesenden  Herren,  wie  ich  mir  die  Ge- 
staltung eines  Ohnhändertelefons  vorstellte. 
Man  versprach  mir,  eine  Versuchsstation  für 
mich  herzustellen.  Meine  inzwischen  auf- 
genommene Tätigkeit  als  Auskunftsange- 
stellter bestätigt  mir  täglich,  daß  ein  Tele- 
fon zur  restlosen  Erfüllung  meiner  Aufgaben 
unerläßlich  ist. 

Am  13.  Mai  besichtigte  ich  dann  den  Ver- 
suchsapparat, der  wider  alles  Erwarten  von 
mir  sofort  und  leicht  bedient  werden  konnte. 
Es  handelt  sich  dabei  um  ein  einfaches 
Zugtelefon,  das  mit  nur  wenigen  Zu- 
satzteilen  ergänzt  wurde.  Die  Funktion  der 
Hörerauflage  wird  durch  einen  Kontakt- 
hebel ersetzt.  Dieser  hat  die  Länge  und 
Stärke  eines  Messerstieles  und  kann  mit 
dem  Stumpf  bequem  bedient  werden.  Wird 
er  nach  hinten  geworfen,  ist  die  Verbindung 
hergestellt,  während  er  in  seiner  Ausgangs- 
stellung den  aufgelegten  Hörer  ersetzt. 
Etwas  unterhalb  dieser  Vorrichtung  befin- 
den sich  zwei  nebeneinander  liegende  He- 
bel gleichen  Ausmaßes.  Der  rechte  dient 
zum  Wählen  der  geraden,  der  linke  zum 
Wählen  der  ungeraden  Zahlen.  Wird  der 
rechte  Hebel  mit  dem  Stumpf  nach  vorn 
unten  gezogen,  so  ist  der  erste  Widerstand 
die  2,  zieht  man  darüber  hinaus,  so  höre 
und  spüre  ich  das  Einrasten  bei  4,  6  usw. 
Beim  Loslassen  des  Hebels  rollt  dieser  in 
seine  Ausgangsstellung  zurück.  Der  linke 
Hebel  arbeitet  nach  dem  gleichen  System 
für  die  ungeraden  Zahlen. 

Der  Hörer  ist  an  einem  Stativ  befestigt. 
Dessen  Höhe  ermöglicht  es,  in  sitzender 
Stellung  bequem  das  Ohr  an  den  Hörer  zu 
legen.  Bei  Nichtbenutzung  des  Telefons 
kann  auf  Grund  eines  Kugelgelenks  am 
Fuß  des  Stativs  der  Hörer  so  weit  vom  Kör- 
per zurückgeschoben  werden,  daß  er  nicht 
stört. 

Es  verdient  besondere  Würdigung,  daß 
sich  Herr  Höfert  und  mit  ihm  die  Firma 
Siemens  von  vornherein  bemühten,  mir  in 
jeder  Art  behilflich  zu  sein.  Ich  glaube,  daß 
dieses  Telefon  nicht  nur  für  uns  blinde 
Ohnhänder  von  Bedeutung  ist,  sondern  auch 
den  Ohnhändern  im  allgemeinen  zugute 
kommen  wird.  Günter  Schirmer 


Interessantes  aus  dem  Bundesgesetzblatt 


Errichtung  einer  Bundesanstalt 
für  Arbeitsvermittlung 

Im"  Bundesgesetzblatt  Nr.  9  wurde  das 
„Gesetz  über  die  Errichtung  einer  Bundes- 
anstalt für  Arbeitsvermittlung  und  Arbeits- 
losenversicherung" veröffentlicht.  Es  heißt 
dort  im  §  1:  „Träger  der  Arbeitsvermittlung, 
der  Berufsberatung  und  der  Arbeitslosen- 
versicherung ist  die  Bundesanstalt  für  Ar- 
beitsvermittlung und  Arbeitslosenversiche- 
rung. Sie  führt  auch  die  Arbeitslosenfürsorge 
durch."  Im  §  2  heißt  es:  „Die  Bundesanstalt 
ist  eine  Körperschaft  des  öffentlichen  Rechtes. 
Sie  gliedert  sich  in  die  Hauptstelle,  die  Lan- 
desarbeitsämter und  die  Arbeitsämter." 

über  die  „Organe"  heißt  es  im  §  3:  „Or- 
gane der  Bundesanstalt  sind:  1.  die  Verwal- 
tungsausschüsse der  Arbeitsämter,  2.  die 
Verwaltungsausschüsse  der  Landesarbeits- 
ämter, 3.  der  Vorstand  der  Bundesanstalt, 
4.  der  Verwaltungsrat  der  Bundesanstalt." 
Aus  den  weiteren  Paragraphen  geht  hervor, 
daß  di^se  Organe  der  Bundesanstalt  sich  aus 
ehrenamtlichen  Vertretern  der  Arbeitnehmer, 
der  Arbeitgeber  und  der  öffentlichen  Körper- 
schaften zusammensetzen.  Der  Präsident  der 
Bundesanstalt  bzw.  der  Landesarbeitsämter 
sowie  ihre  ständigen  Stellvertreter  werden 
auf  Vorschlag  der  Bundesregierung  vom 
Bundespräsidenten  ernannt,  die  Direktoren 
der  Arbeitsämter  vom  Vorstand  der  Bundes- 
anstalt. 

Nach  §  29  beschließt  -der  Verwaltungsrat 
die  Satzung  der  Bundesanstalt.  Sie  bedarf 
der  Genehmigung  des  Bundesministers  für 
Arbeit.  Nach  §  34  führt  der  Bundesminister 
für  Arbeit  die  Aufsicht  über  die  Bundes- 
anstalt. 

Die  Arbeitskräfte  der  Bundesanstalt  sind 
vornehmlich  durch  privatrechtlichen  Dienst- 
vertrag angestellt.  Beamte  der  Bundesanstalt 
sind  mittelbare  Bundesbeamte. 

In  den  Übergangsbestimmungen  des  Ge- 
setzes heißt  es,  daß  (§  35)  das  Gesetz  über 
Arbeitsvermittlung  und  Arbeitslosenversiche- 
rung weiterhin  Anwendung  findet,  wobei 
an  Stelle  der  früheren  „Reichsanstalt"  jetzt 
die  entsprechenden  Organe  der  Bundesanstalt 
treten.  Die  bei  Inkrafttreten  des  Gesetzes 
Lei  den  Arbeitsämtern  beschäftigten  Beamten 
sind  jetzt  Beamte  der  Bundesanstalt. 


Nach  §  41  geht  das  Vermögen  des  „Reichs- 
stocks für  Arbeitseinsatz"  usw.  auf  die  Bun- 
desanstalt über. 

Nach  §  48  bleiben  die  bestehenden  Spruch- 
behörden in  Tätigkeit.  Bei  jedem  Arbeitsamt 
besteht  ein  Spruchausschuß,  ebenso  bei  den 
Oberversicherungsämtern  eine  Spruchkam- 
mer für  Arbeitslosenversicherung. 

Die  Sparguthaben  Vertriebener 

Wir  machen  die  Ostvertriebenen  unter 
unseren  Kameraden  auch  an  dieser  Stelle 
darauf  aufmerksam,  daß  im  Bundesgesetz- 
blatt Nr.  15  ein  „Gesetz  über  einen  Wäh- 
rungsausgleich für  Sparguthaben  Vertriebe- 
ner" vom  27.  März  1952  veröffentlicht  wurde. 
Danach  wird  für  den  Verlust  von  Spargut- 
haben (Reichsmark-Spareinlagen)  infolge  Ver- 
treibungsmaßnahmen eine  Entschädigung  ge- 
währt. Die  Spareinlagen  müssen  im  Zeit- 
punkt der  Vertreibung  bei  einer  in  den 
deutschen  Gebieten  östlich  der  Oder-Neiße- 
Linie  oder  in  Gebieten  außerhalb  der  Gren- 
zen des  Deutschen  Reichs  nach  dem  Gebiets- 
stand vom  31.  12.  1937  bestehenden  Nieder- 
lassung des  Geldinstituts  unterhalten  worden 
sein.  Sudetendeutsche  können  auch  Spar- 
einlagen, die  auf  tschechische  Kronen  lauten, 
anmelden. 

Die  Entschädigung  beträgt  6,5  v.  H.  des 
Reichsmarknennbetrags  des  Sparguthabens. 
Maßgebend  für  die  Feststellung  des  Anspruchs 
ist  nicht  nur  das  Sparbuch,  das  ja  verloren- 
gegangen sein  kann.  Vielfach  existiert  ver- 
lagertes Kontenmaterial,  oder  es  können 
auch  Bescheinigungen  des  Geldinstituts  bei- 
gebracht werden. 

Wir  empfehlen  allen  ostvertriebenen  Ka- 
meraden dringend,  sich  baldigst  mit  der 
Kreissparkasse  oder  Stadtsparkasse  ihres 
Wohnsitzes  in  Verbindung  zu  setzen.  Jede 
Sparkasse  kann  nähere  Auskünfte  geben 
und  nimmt  auch  Anmeldungen  entgegen. 

Berliner  Bankkonten 

In  diesem  Zusammenhang  ist  es  für  ehe- 
malige Berliner  wichtig,  zu  erfahren,  daß 
ehemalige  Reichsmark-Bankkonten  bei  den 
Filialen  der  Großbanken  (Dresdener  Bank, 
Commerzbank,    Deutsche    Bank),    und    zwar 


Sparkonten  ebenso,  wie  Girokonten,  jetzt 
nachträglich  der  Währungsreform  angeschlos- 
sen und  also  mit  10  v.  H.  aufgewertet  wer- 
den. Es  ist  dabei  gleichgültig,  ob  die  betr. 
Bankfiliale  in  Ost-  oder  Westberlin  lag.  Je- 
doch ist  Potsdam  ausgeschlossen.  Der  Konto- 
inhaber muß  zum  Zeitpunkt  der  Währungs- 
reform bereits  im  Bundesgebiet  oder  West- 
berlin gewohnt  haben.  Nähere  Auskünfte 
erteilen  die  Nachfolgebanken  und  deren 
Filialen  in  Westberlin  und  der  Bundesrepu- 
blik. Die  Umstellung  dieser  Berliner  Bank- 
konten hat  nichts  mit  dem  obengenannten 
Gesetz  für  die  Sparguthaben  Ostvertriebener 
zu  tun. 

Was  sind  Vertreibungs-  und  was  sind 
Kriegssachschäden? 

Im  Bundesgesetzblatt  Nr.  17  ist  das  „Fest- 
stellungsgesetz" vom  21.  4.  1952  veröffent- 
licht: „Gesetz  über  die  Feststellung  von  Ver- 
treibungsschäden und  Kriegssachschäden". 
Nach  den  Vorschriften  dieses  Gesetzes  wer- 
den auf  Antrag  Schäden  festgestellt,  doch  ist 
mit  dieser  Feststellung  noch  kein  Anspruch 
auf  Berücksichtigung  im  Lastenausgleich  be- 
gründet. Danach  gilt  als  „Vertreibungs- 
schaden" (§  3)  ein  Schaden,  der  einem 
Vertriebenen  entstanden  ist  1.  an  Wirt- 
schaftsgütern (Land-  und  Forstwirtschaft, 
Grundvermögen,  Betriebsvermögen),  2.  an 
Gegenständen  für  die  Berufsausübung,  an 
Hausrat,  an  privatrechtlichen  Ansprüchen 
und  an  Anteilen  an  Kapitalgesellschaften 
sowie  Genossenschaften.  Das  Wirtschaftsgut 
muß  im  Zeitpunkt  der  Vertreibung  in  jenem 
Gebiet  gelegen  sein,  aus  dem  der  Vertrie- 
bene vertrieben  worden  ist  (Vertreibungs- 
gebiet). Als  Vertreibungsschaden  gilt  auch 
ein  Kriegssachschaden,  der  dort  vor  der  Ver- 
treibung entstanden  ist. 

Als  Vertriebener  gilt  nicht,  wer,  um  Kriegs- 
einwirkungen auszuweichen,  einen  Wohnsitz 
im  Veitreibungsgebiet  begründete. 

Als  „Kriegssachschäden'"  gelten 
nach  §  4  solche  Schäden,  die  in  der  Zeit 
vom  26.  8.  1939  bis  zum  31.  7.  1945  unmittel- 
bar durch  Kriegshandlungen  entstanden  sind, 
also  durch  Einwirkung  von  Waffen,  aber 
auch  durch  Wegnahme  oder  Plünderung  im 
unmittelbar  angegriffenen  Gebiet. 

Ein  „Ostschaden"  ist  nach  §  5  ein 
Schaden,  der  einer  Person,  die  nicht  Ver- 
triebener   ist,    durch    Vermögensentziehung 


das  führende  deutsche 


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Und  das  Strafgesetzbuch? 

Nachtrag  zu  dem  tödlichen  Unglücksfall 
in   Hamburg 

Mit  tiefer  Bestürzung  haben  wir  von  dem 
tragischen  Tode  unseres  Kameraden  Bardi- 
schewski  Kenntnis  genommen.  Viele  —  nicht 
nur  unter  unseren  Freunden  —  fragen  sich, 
ob  es  nicht  irgendeine  Möglichkeit  gibt, 
unserem  in  vielen  Dingen  wurzellos  gewor- 
denen Volke  auch  in  der  heutigen  Zeit  ein 
höheres,  sittliches  Empfinden  für  ihr  Ver- 
halten gegenüber  dem  Mitmenschen  zu  ver- 
mitteln. Schöne  Worte  werden  da  nicht  viel 
helfen.  Aber:  Fühlen  und  Denken  finden  in 
jedem  Staate  ihren  Niederschlag  in  den 
Gesetzen,  die  eindeutig  und  klar  das 
Mindestmaß  von  sittlichem  Anstand  festlegen. 
Im  Strafgesetzbuch  des  deutschen  Volkes 
lautet  wörtlich  der  §  330c: 

„Wer  bei  Unglücksfällen  oder  gemeiner 
Gefahr  oder  Not  nicht  Hilfe  leistet, 
obwohl  dies  nach  gesundem  Volksempfinden 
seine  Pflicht  ist,  wird  mit  Gefängnis  bis  zu 
2  Jahren  oder  mit  Geldstrafe  bestraft." 

Wissenschaft  und  Rechtsprechung  stehen 
einstimmig  auf  dem  Standpunkt,  daß  unter 
„N  ot"  jede  hilflose  Lage  zu  verstehen  ist, 
aus  der  ein  Mensch  sich  nicht  ohne  fremde 
Hilfe  befreien  kann.  Es  ist  bitter  und  be- 
schämend, daß  wir  Kriegsblinden  auf  diese 
straf  gesetzliche  Bestimmung  hinwei- 
sen müssen,  um  im  Interesse  unserer  Fa- 
milie uns  den  Schutz  unseres  Lebens  und 
unserer  Arbeitskraft  zu  sichern,  auf  den  wir 
einen  berechtigten  Anspruch  zu  haben  glau- 
ben. Die  hilflose  Lage,  in  der  sich  ein  jeder 
unserer_  Kameraden  selbst  bei  der  Betreuung 
durch  einen  Führ-Hund  befindet,  ist  durch 
unseren  Einsatz  im  Kriege  bedingt,  bei  dem 
wir    unsere    Gesundheit    in    bestem    Wollen 


oder  als  Kriegssachschaden  in  den  Ostgebie- 
ten entstanden  ist,  also  ostwärts  der  Oder- 
Neiße-Linie. 

Nicht  feststellbare  Vermögens- 
verluste sind  nach  §  7  insbesondere  Verluste 
an  barem  Geld,  Edelmetallen,  Schmuck,  Samm- 
lungen und  Kunstgegenständen.  Von  der 
Feststellung  ausgenommen  sind  u.  a. 
Vermögensverluste  an  Hausrat,  wenn  nicht 
mehr  als  50  v.  H.  des  Haushalts  verloren- 
gegangen sind. 

Bei  Verlusten  an  Hausrat  ist  zur  Berech- 
nung des  Schadens  von  dem  Einkommen 
auszugehen,  das  der  Geschädigte  in  den 
letzten  Jahren  vor  Kriegsausbruch  bezogen 
hat  (§  16).  (Man  rechnet  bei  einem  Jahres- 
einkommen von  3000  bis  5000  RM  als  Pau- 
schalwert für  den  verlorenen  Hausrat  mit 
einer  Summe  von  4500  RM).  Hat  der  Ge- 
schädigte vor  der  Schädigung  eine  Ver- 
mögenserklärung abgegeben,  so  sind  deren 
Feststellungen  zugrunde  zu  legen. 

Die  Feststellung  der  Schäden  wird  von  den 
Ländern  durchgeführt  (§  23).  Bis  zur  Errich- 
tung der  nach  dem  Lastenausgleichsgesetz 
zuständigen  Behörden  und  Ausschüsse  sind 
die  Soforthilfebehörden  für  die  Feststellung 
nach  diesem  Gesetz  zuständig. 

Es  ist  also  interessierten  Ostvertriebenen 
zu  empfehlen,  sich  mit  der  zuständigen  Sofort- 
hilfestelle oder  der  Gemeindebehörde  in  Ver- 
bindung zu  setzen,  wenn  eine  Schadensfest- 
stellung erstrebt  wird.  Auf  Grund  der  Kriegs- 
sachschäden-Verordnung vom  30.  11.  1940 
oder  sonstiger  früherer  Rechtsvorschriften 
bereits  getroffene  Feststellungen  sind  für 
dieses  Feststellungsverfahren  nicht  ver- 
bindlich (§  42). 


SCHLÜSSEL   ZUR  SICHERHEIT:   BOSCH -ERZEUGNISSE 


für  das  Glück  und  die  Zu: 
kunft  unserer  Heimat  hin- 
gegeben haben. 

Allerdings,  es  ist  we- 
der unsere  Aufgabe  noch 
entspricht  es  unserer  Art, 
unsere  Mitmenschen  un- 
ter der  Androhung  von 
Strafen  zu  einer  ver- 
ständnisvollen Einstel- 
lung zu  bringen.  Erstaun- 
lich ist  es  nur,  daß  in 
jener  Versammlung  in 
Hamburg,  die  durch  den 
Tod  unseres  Kameraden 
veranlaßt  wurde,  der  Ver- 
treter der  Staatsanwalt- 
schaft auf  das  Vorhanden- 
sein einer  solchen  straf- 
gesetzlichen Bestimmung 
nicht  hingewiesen  hat. 
Ich  bin  dessen  sicher, 
daß  bei  einem  besonders 
schweren  Verstoß  gegen 
die  genannte  Bestimmung 
zum  Schaden  eines  Kriegs- 
blinden und  bei  einer  ent- 
sprechenden Bestrafung 
(und  deren  Bekanntgabe 
in  Presse  und  Rundfunk) 
dieses  verantwortungs-^ 
lose  Unterlassen  vieler 
Zeitgenossen  sich  viel- 
leicht doch  ändern 
würde.  Traurig  ist  nur, 
daß     erst     einer    unserer  V. 

Kameraden      das      Leben 
lassen  mußte,   ehe   die  Öffentlichkeit   gegen 
diese  Mißstände  vorgeht.  Gehört  dazu  nicht 
auch  das  Strafgesetzbuch? 

Franz  Schmitgen  (Speyer) 

Nochmals:  Raus  durchs  Zugfenster! 

Die  Schriitleilung  erhielt  mehrere  Zuschriften, 
die  den  im  Juniheil  (S.  11)  angegriffenen  Aufsatz 
„Er  wollte  sich  doch  bessern!"  in  Schutz  nehmen. 
So  schreibt  eine  Kameradenfrau: 

Lieber  Herr  Heinz  C.  Schwarze!  Wir  hatten 
uns  so  über  Ihren  im  Maiheft  veröffentlich- 
ten Bericht  gefreut  und  sind  nun  ganz  be- 
stürzt darüber,  was  für  eine  böse  Kritik  Sie 
finden!  Was  im  übrigen  den  „öffentlichen" 
Kuß  betrifft:  Ich  wäre  daraufhin  auch  mit 
meinem  Mann  in  ein  anderes  Abteil  ge- 
flüchtet. .  Erika  Thorweihe 
* 

Die  Zeitschrift  „Der  Kriegsblinde"  ist  ja 
jetzt  sehr  reichhaltig  und  löst  bei  ihrem  Er- 
scheinen bei  uns  große  Freude  aus.  Nament- 
lich die  Hörspielkritiken  werden  mit  Eifer 
gelesen.  Ebenso  die  Buchbesprechungen  un- 
seres altbekannten  H.  Schmalfuß.  Aber  auch 
die  sachlichen  Ausführungen  über  Versor- 
gung und  Blindenhandwerk  sind  sehr  wich- 
tig. Ab  und  an  ein  humoristischer  Beitrag, 
das  ist  sehr  zu  loben. 

Leider  sind  manche  Kameraden  von  einem 
tierischen  Ernst,  und  ich  fand  bei  ihnen  nicht 
immer  Beifall,  wenn  ich  meine  Freude  über 
die  witzigen  Artikel  ausdrückte.  Trotzdem 
lasse  ich  mich  nicht  davon  abbringen,  daß 
die  letzten  Sachen  von  Schwarze  einen  echten 
Humor  zeigten!  Dr.  H.  Hartwig  (Altena) 

Wer  wird  denn  gleich! 

Und  das  meint  der  Autor: 

Wer  wird  denn  gleich  —  mit  dem  Kopf 
durch  die  Wand,  oder  wie  der  Bavaria- 
Kamerad  schreibt:  raus  aus  dem  Abteil- 
fenster? Mit  solcher  Vernichtungswut  ist  es 
nicht  getan.  Warum  eigentlich  diese  Auf- 
regung? Meint  er,  wenn  es  nun  seine  Ehe- 
frau gewesen  wäre,  die  ihn  ein  wenig  zur 
Ordnung  bringen  wollte,  daß  sie  Unrecht 
hätte?  Wie  viele  Kriegsblinde  sind  der  Mei- 
nung, daß  alle  anderen  Menschen  auf  sie,  die 


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Blinden,  volle  Rücksicht  nehmen  müßten, 
weil  sie  ja  blind  sind.  Selbst  aber  denken 
sie  gar  nicht  daran,  Rücksichtnahme  zu  üben. 
Wenn  man  ein  vollwertiges  Mitglied  der 
menschlichen  Gesellschaft  bleiben  will,  um 
nicht  immer  nur  als  „der  Blinde"  angesehen 
zu  werden,  ist  es  zuerst  einmal  angebracht, 
Selbstkritik  und  Selbsterziehung  zu  üben 
und  vor  allem:  Rücksicht  auch  gegenüber 
den  gesunden  Mitmenschen  zu  nehmen.  Lei- 
der gibt  es  Kameraden,  die  sagen:  hier  bin 
ich,  der  König  Blinde,  es  hat  mir  alles  zu 
Füßen  zu  liegen  und  mich  zu  bemitleiden 
oder  zu  bemuttern  und  zu  dienen,  —  und 
darum:  wer  nicht  will,  raus  mit  ihm  aus  dem 
Fenster!  Aus  dieser  Lethargie  der  Selbstver- 
herrlichung müssen  noch  viele  von  uns  her- 
auskommen, wollen  sie  nicht  von  den  Mit- 
menschen gemieden  werden  wie  ein  bissiges 
Tier.  H-  C.  S. 

„Weh  ums  Herz" 
Immer  und  immer  wieder  erhält  unsere 
Bundesleitung  in  Bonn  Briefe  von  Kriegs- 
blinden aus  der  Ostzone,  und  zwar 
nicht,  wie  in  der  Ostzone  gern  behauptet 
wird,  um  durch  solchen  Briefwechsel  an 
Pakete  zu  gelangen,  sondern  nur  aus  einer 
auch  über  den  Eisernen  Vorhang  hinweg 
lebendigen  Schicksalsverbundenheit.  In  all 
diesen  Briefen  steht  im  Grunde  dasselbe. 
Ein  1942  erblindeter  Kamerad  aus  der  Ost- 
zone drückt  es  folgendermaßen  aus: 

„Wenn  man  etwas  von  der  Tätigkeit  des 
Kriegsblindenbundes  im  Westen  hört,  so 
kann  einem  weh  ums  Herz  werden,  weil 
Menschen  gleichen  Schicksals,  gleicher  Nöte 
und  Sorgen  auf  unbestimmte  Zeit  nicht  die 
große  Kameradschaft  gemeinsam  erleben 
können.  Jede  Zeile  und  jeder  Gruß  ist  uns 
willkommen  und  soll  eine  Brücke  schlagen, 
über  die  wir  dann  gemeinsam  gehen  können, 
um  uns  für  immer  die  Hände  zu  reichen. 
Was  uns  hier  am  meisten  belastet,  ist  die 
Trennung  und  sind  die  seelischen  Sorgen, 
dis  sich  aus  dem  täglichen  Alltag  ergeben. 
Wollen  wir  nur  hoffen,  daß  diesem  Zustand 
recht  bald  ein  Ende  bereitet  wird!" 


C^fu*  d&n  Sa*zd^Tsc/'pa*ui&n/ 


Westfälische  Blindenbücherei 

Hauptbestand: 
6000  Bände  der  Kriegsblindenbücherei 

Am  27.  Juni  wurde  im  ehrwürdigen  Kramer- 
amtshaus  zu  Münster  die  Westfälische  Blin- 
denbücherei feierlich  eröffnet.  Besonderen 
Dank  für  die  Errichtung  der  Bücherei,  die  der 
Stadtbibliothek  angegliedert  ist,  verdient  die 
Initiative  des  Direktors  der  Stadtbücherei, 
Bibliotheksrat  Dr.  Thiekötter,  dessen  An- 
regung von  der  Stadtverwaltung  freudig  auf- 
gegriffen und  vom  Kulturausschuß  der  Stadt 
einstimmig  bejaht  worden  war.  Auch  die 
Provinz  hatte  ihre  Unterstützung  zugesagt. 
So  fand  Dr.  Thiekötter  auch  bei  den  Blinden- 
verbänden die  dankbarste  Zustimmung  für 
sein  Vorhaben.  In  besonders  glücklicher 
Weise  wurde  der  Plan  dadurch  gefördert, 
daß  bei  der  letzten  Beiratssitzung  unseres 
Bundes  in  Wiesbaden  der  Vorsitzende  des 
Landesverbandes  Westfalen,  Kamerad  Hein- 
rich Schütz,  die  Ermächtigung  erhielt,  die  in 
Braunlage  lagernden  Buchbestände  der  frü- 
heren Kriegsblindenbücherei  diesem  neuen 
Unternehmen  als  Geschenk  anzubieten. 

Zur  Eröffnungsfeier,  die  im  Lesesaal  des 
Krameramtshauses  stattfand,  waren  viele 
Gäste  von  Rang  und  Namen  erschienen, 
darunter  Landeshauptmann  Dr.  h.  c.  Salz- 
mann, Ministerialrat  Dr.  Thonke  vom  Bun- 
desinnenministerium, Oberstadtdirektor  Dr. 
Zuhorn  und  der  Leiter  des  Landesversor- 
gungsamtes, Oberreg. -Rat  Dr.  Winter,  sowie 
für  die  Blindenverbände  Direktor  Meurer 
und  Kamerad  Heinrich  Schütz.  Das  münste- 
rische Streichquartett  bot  eine  würdige  Um- 
rahmung der  Feier.  Nach  einer  herzlichen 
Begrüßung  durch  Ratsherrn  Dr.  Wagner 
sprach  Landeshauptmann  Dr.  S  a  1  z  m  a  n  n, 
der  das  Unternehmen  in  jeder  Hinsicht  zu 
unterstützen  und  zu  fördern  versprach  und 
der  gleichzeitig  die  Bücherei  und  die  dies- 
jährige Blindensammlung  eröffnete.  Nach- 
dem Min. -Rat  Dr.  Thonke  die  Glückwün- 


sche des  Bundesinnenministeriums  ausge- 
sprochen hatte  und  Blindenoberlehrer  Ger- 
ling  den  Dank  und  das  besondere  Anliegen 
der  Blinden  zum  Ausdruck  gebracht  hatte, 
gab  Kamerad  Schütz  offiziell  die  Über- 
gabe der  Bücherbestände  der  früheren  Ber- 
liner Kriegsblindenbücherei  bekannt.  '5000 
Bände,  die  übrigens,  wie  Dr.  Thiekötter  be- 
stätigte, sich  überwiegend  noch  in  einem 
tadellosen  Zustand  befinden,  lagern  bereits 
in  Münster.  Weitere  1200  Bände  sollen  in 
Kürze  nachfolgen.  Damit  wird  nach  Hamburg 
und  Marburg  die  münsterische  Bibliothek 
die  größte  in  Westdeutschland  sein. 

Vorerst  sind  500  Bände  aufgestellt  und 
katalogisiert,  die  Bibliotheksrat  Dr.  Thie- 
kötter mit  Unterstützung  der  zuständigen 
Stellen  bereits  als  ersten  Grundstock  erwer- 
ben konnte.  Für.  die  Aufstellung  der  frühe- 
ren Kriegsblindenbücherei,  die  wegen  des 
Umfangs  der  Bände  ja  sehr  viel  Platz 
braucht,  muß  noch  ein  weiterer  Raum  ge- 
schaffen werden.  —  Im  Anschluß  an  die 
Feier  fand  ein  gemeinsames  Mittagessen  im 
Blindenheim  Münster  statt.  Der  NWDR  be- 
richtete übrigens  noch  am  gleichen  Tage  in 
einer  Zeitfunksendung  über  die  Feierlich- 
keiten. 

Bemerkenswert  ist  das  Vorhaben,  der 
Bücherei  späterhin  eine  Hörbibliothek 
anzugliedern.  Man  hofft,  u.  a.  vielleicht  mit 
Mitteln  aus  den  Erträgen  der  jetzt  laufenden 
Blindensammlung,  eine  Aktion  anlaufen  las- 
sen zu  können,  die  Blinden  Westfalens  mit 
verbilligten  Wiedergabegeräten  zu  versor- 
gen, an  erster  Stelle  alle  Ohnhänder. 


Bezirksleitertagung  in  Frankfurt 

Am  Samstag,  dem  7.  6.  52,  hielt  der  LV 
Hessen  im  Hotel  „Deutsches  Haus"  in 
Frankfurt  seine  erste  diesjährige  Bezirks- 
leitertagung ab.  Mit  großer  Freude  wurde 
die    Teilnahme    des    1.    Bundesvorsitzenden 


Kam.  Dr.  Plein  begrüßt,  der  trotz  vorheriger 
Absage  doch  noch  erschienen  war; 

Nach  kurzer  Begrüßung  des  LV-Vorsitzen- 
den  Ludwig  Eckert,  der  die  aus  allen  Teilen 
Hessens  kommenden  Funktionäre  in  der 
Mainmetropole -willkommen  hieß,  wurde  die 
arbeitsreiche  Tagung  eröffnet.  Zu  Beginn  der 
Tagesordnung  stand  das  immer  noch  nicht 
verabschiedete  Schwerbeschädigtengesetz  im 
Mittelpunkt  der  Beratungen.  Dabei  wurden 
die  seitens  des  Bundesbeirates  in  der  be- 
kannten Resolution  des  Bundes  erhobenen 
Abänderungsanträge  nochmals  erörtert  und 
von  den  anwesenden  Bezirksleitern  gut- 
geheißen. Lebhaftes  Interesse  fanden  die 
ausführlichen  Erklärungen  des  Kameraden 
Dr.  Plein,  der  erschöpfende  Auskünfte  über 


,.  Foto:  J.  Neven  -  du  Mont 

Ollensichtlich    fühlte   man   sich   beim   Münchenei  Sommerfest  sehr  wohl.   Was   unseren   Kameraden 
hier  so  vergnügt   schmunzeln   läßt,  ist   aber  nicht  allein  das,  was  er  im  Glase  hat. 


Einst  waren  es  Kaiser  und  Könige,  die 
aus  dem  großen  Ehrenpokal  tranken.  Hier 
macht  er,  gelullt  mit  bestem  Frankenwein, 
die  Runde  zum  Willkommenstrunk  unter 
den  Kriegsblinden.  Berühmt  wurde  der  Po- 
kal durch  den  Feldherrn  Tilly,  der  dem  Rat 
und  der  Stadt  Gnade  versprach,  wenn  einer 
den  Pokal  aui  einen  Zug  austrinke.  Der  Alt- 
bürgermeister schallte  es.  Alljährlich  ge- 
denkt Rothenburg  seiner  mit  dem  Festspiel 
„Der  Meister trunk" .  Von  unseren  Kamera- 
den tat  keiner  einen  Meistertrunk.  Immer- 
hin laßt  der  Pokal  ja  auch  3,25  Liter. 

das  Zustandekommen  des  Gesetzentwurfes 
und  die  Besprechungen  im  Beratenden  Bei- 
rat gab.  Von  den  Bezirksleitern  wurde 
berechtigte  Klage  darüber  geführt,  daß  sei- 
tens der  amtlichen  Hauptfürsorgestellen  die 
berufliche  Fürsorge  für  Kriegsblinde  nicht 
immer  mit  dem  von  uns  erwarteten  Elan 
betrieben  wurde.  Man  gab  der  Hoffnung 
Ausdruck,  daß  nach  Verabschiedung  des 
Schwerbeschädigtengesetzes  diese  unerfreu- 
liche Tatsache  durch  die  Mitwirkung  der  bei 
den  Hauptfürsorgestellen  zu  bildenden  Bei- 
räte und  durch  eigene  Initiative  der  Funk- 
tionäre unserer  Schicksalsgemeinschaft  ge- 
ändert wird. 

Nach  Erörterung  und  Klärung  verschie- 
dener Angelegenheiten  auf  dem  Gebiete  des 
Versorgungsrechtes,  des  Blindenhilfswerkes 
in  Hessen  usw.  fand  ein  Referat  des  Sach- 
bearbeiters für  Berufsfürsorge,  Kamerad 
Dr.  Ludwig,  Marburg  (Lahn),  das  Interesse 
aller  Anwesenden.  Kamerad  Dr.  Ludwig  wies 
in  seinen  Ausführungen  darauf  hin,  daß 
berufliche  Tätigkeit  dem  Kriegsblinden  erst 
den  rechten  Lebensinhalt  gebe.  Es  sei  selbst- 
verständlich, wie  wenig  Interesse  im  all- 
gemeinen der  Arbeit  eines  Kriegsblinden 
entgegengebracht  würde  und  daß  jeder  Ka- 
merad, der  auf  einen  Arbeitsplatz  vermit- 
telt wird,  sich  diesen  erst  erkämpfen 
müsse.  Dabei  wurde  klar  zum  Ausdruck 
gebracht,  daß  der  weitaus  größte  Teil  der 
berufstätigen  Kriegsblinden  sich  gegenüber 
den    Sehenden    durchgesetzt    hat    und    ihre 


8 


Arbeit  zur  vollsten  Zufriedenheit  ihrer  Ar- 
beitgeber tun.  Nach  der  von  Dr.  Ludwig 
erstellten  Berufsstatistik  sind  71  von  den 
rund  600  Kameraden  des .  LV  Hessen  noch 
ohne  eine  zufriedenstellende  Tätigkeit. 
Kamerad  Eckert  forderte  die  Bezirksleiter 
auf,  geeignete  Arbeitsmöglichkeiten  für  die 
noch  nicht  eingesetzten  Kameraden  in  den 
Bezirken  zu  suchen,  damit  seitens  des  Lan- 
desverbandes geeignete  Maßnahmen  für  die 
Unterbringung  getroffen  werden  könnten. 

Nachdem  verschiedene  Organisations- 
fragen behandelt  worden  waren,  gab  der 
Geschäftsführer  der  hessischen  Handwer- 
kerfürsorgeeinrichtung einen  all- 
gemein gehaltenen  Überblick  über  die  Auf- 
wärtsentwicklung der  Arbeitsgemeinschaft 
im  Jahre  1951.  Die  Ausführungen  des  Ge- 
schäftsführers, Kamerad  Rosner,  wurden 
durch  den  Vorsitzenden  des  Aufsichtsrates, 
Kam.  Hch.  Rapp,  bestätigt.  Zur  weiteren 
Steigerung  der  Arbeitsaüfträge  an  die 
kriegsblinden  Handwerker  wurde  der  Kriegs- 
blinden-Arbeitsgemeinschaft  ein  größeres 
Darlehen  aus  zweckgebundenen  Mitteln 
des  Landesverbandes  zugesprochen. 

Es  wäre  müßig,  alle  auf  dieser  Tagung 
besprochenen  Fragen  an  dieser  Stelle  ver- 
öffentlichen zu  wollen.  Dazu  würden  mehrere 
Spalten  in  dieser,  allen  Kameraden  des  Bun- 
desgebietes dienenden  Zeitschrift  notwendig. 
Dessen  können  die  Kameraden  des  LV  Hes- 
sen jedoch  gewiß  sein,  daß  abends  gegen 
22  Uhr  jeder  Teilnehmer  das  Gefühl  in  sich 
trug,  eine  umfangreiche  Arbeitstagung  zum 
Wohle  der  kriegsblinden  Kameraden  hinter 
sich  zu  haben  und  neue  Anregungen  und 
Erkenntnisse   zur   Führung    einer   Unterglie- 


derung   der    großen    Schicksalsgemeinschaft 
gefunden  zu  haben. 

Um  den  Bezirksleitern  und  vor  allem  den 
stets  in  der  Arbeit  für  die  Bezirke  stehenden 
Frauen  eine  kleine  Entspannung  und  Er- 
holung zu  gönnen,  wurde  am  Sonntag,  dem 
8.  6.,  ein  gemeinsamer  Ausflug  mit  einem 
Omnibus  unternommen.  Bei  strahlendem 
Sonnenschein  ging  es  aus  den  Straßen 
Frankfurts  hinaus  nach  den  blauen  Bergen 
des  Taunus,  über  Bad  Homburg  v.  d.  H. 
führte  der  Weg  zuerst  zum  Römerkastell 
Saalburg,  wo  die  alten  Anlagen  am  Limes 
besichtigt  wurden.  Ein  Rundgang 
durch  das  Innere  des  Kastells 
und  das  Museum  gab  den  Ka- 
meraden einen  Einblick  in  das 
Zeitalter  römisch-germanischer 
Grenznachbarschaft.  Weiter  ging 
die  Fahrt  in  den  hinteren  Tau- 
nus, über  kurvenreiche  Gebirgs- 
straßen, über  Städchen  und  Dör- 
fer, grüne  Wiesen  und  Wälder 
in  das  obere  Weiltal,  das  einen 
besonderen  landschaftlichen  Reiz 
besitzt.  Dann  gab  es  eine  zwei- 
stündige Mittagspause  im  klei- 
nen Höhenluftkurörtchen  Schmit- 
ten. Die  Fahrt  führte  sodann 
nach  Hessens  höchstem  Berge, 
dem  Feldberg  (881  m). 

Von  dort  ging  es  gegen  16  Uhr 
weiter  nach  dem  sonnigen  Vor- 
dertaunus über  Oberursel,  Kron- 
berg, Königstein,  vorbei  an 
trotzigen  und  ruhmreichen  Bur- 
gen ehemaliger  Rittergeschlech- 
ter wieder  nach  Frankfurt. 


Und   die   Rothenburger   hatten   es   ver- 
standen! 

Der  Vormittag  galt  dem  Empfang  der  Teil- 
nehmer durch  die  Stadtverwaltung  im  histo- 
rischen Kaisersaal  des  Rathauses. 
Nach  einer  überaus  herzlichen  Begrüßung 
durch  Herrn  Oberbürgermeister  Dr.  Lauter- 
bach kredenzte  der  Kellermeister  den  großen 
Ehrenpokal  zum  Willkommtrunk!  Sein  Trink- 
spruch und  die  Erwiderung  des  Kameraden 
Schott  lösten  viel  Heiterkeit  aus.  Dann  wie- 
der gespannte  Stille  im  Saal:  Frau  Friedel 
Winter  —  im  Rundfunk  keine  Unbekannte  — 


Beim  Tauziehen  siegten  in  München  die  Frauen,  mochte  sich, 

wie   unser   Bild  zeigt,    der  Bezirksvorsitzende  Karl   Wendel 

auch  noch  so  sehr  ins   Zeug   legen.   Allerdings:   die  Frauen 

schauten  es  mit  der  Masse  (ihrer  Überzahl  natürlich). 


Die  Kinder   übten   sich   im   Sackhüplen,   auch   die    größeren.    Vielerlei    Spaß    hat    es    in    München 
gegeben.  (Zu  unserem  Bericht  aul  der  folgenden  Seite.)  Foto   (2):   J.  Neven  -  du  Mont 


Sommerfreuden  in  Nord  und  Süd 


'    „Rothenburgs  dankbarste  Gäste" 

Als  die  Bezirksgruppe  Mittelfranken  am 
8.  Juni  in  der  alten  Tauberstadt  Rothen- 
burg ein  Kameradschaftstreffen  durchzu- 
führen beschloß,  sollte  das  Gute  mit  dem 
Nützlichen  verbunden  werden.  Sinn  der  Ver- 
anstaltung war,  die  Schönheit  der  Landschaft 
und  die  Kulturwerte  unserer  Heimat  dem 
einzelnen  näherzubringen,  die  Kamerad- 
schaft zu  pflegen  und  Erfahrungen  auszu- 
tauschen, nicht  zuletzt  aber:  den  Mitmen- 
schen zu  sagen,  daß  auch  das  schwerste 
Schicksal  die  Lebensinteressen  nicht  auszu- 
löschen vermag!   Wichtig   ist  nur,   wie   sich 


die  Umwelt  dazu  verhält!  Blindsein  heißt  ja 
nicht,  geistig  tot  und  gesellschaftlich  aus- 
geschlossen zu  sein!  —  Darum  richteten  wir 
mit  unserem  Gruß  auch  die  Bitte  an  unsere 
Mitmenschen:  Nicht  mitleidiges  Bedauern 
bringt  uns  entgegen,  sondern  habt  Verständ- 
nis für  unsere  Berufe  und  unsere  Arbeit! 
Laßt  die  Bedenken  und  schenkt  uns  Ver- 
trauen im  Alltag  und  wo  immer  es  sei! 
Denkt  daran:  Uns  traf  das  Schicksal  für 
euch! 

So  und  ähnlich  waren  die  Hinweise  in 
Presse  und  Rundfunk,  um  auch  die  Bevölke- 
rung   für    unser   Treffen    zu    interessieren. 


sang  für  uns.  Den  Abschluß  bildete  sodann 
ein  kurzer  Vortrag  über  die  Geschichte  und 
Entwicklung  der  Stadt. 

Die  Stunden  nach  dem  gemeinsamen  Mit- 
tagessen waren  einer  Stadtführung  gewid- 
met. Die  alten  Häuser,  Gassen  und  Winkel 
haben  ja  auch  uns  etwas  zu  sagen!  Die 
Türme,  Mauern  und  Basteien,  als  Sinnbild 
einer  wehrhaften  Stadt,  sie  erzählen  von 
dem  Wehrwillen  der  einstigen  Bewohner. 
Jene  hohen  Patrizierhäuser  aber  mit  ihren 
Giebelfassaden  und  viele  andere  Bauwerks 
zeugen  von  der  Zeit  des  Minnegesanges,  de' 
Zeit  der  Gotik  und  der  Renaissance,  siä 
lenken  unsere  Gedanken  in  das  Jahrhundert 
Barbarossas  oder  in  die  Zeit  eines  Albrechl 
Dürer,  dann  wieder  in  die  Zeit  des  Bauern- 
krieges oder  der  Drangsale  eines  Dreißig- 
jährigen Krieges.  Und  die  Bauwerke  wissen 
darum,  wie  ohnmächtig  ein  zerrissenes  Vater- 
land ist! 

Ein  gemeinsamer  Nachmittagskaffee  ver- 
einigte dann  die  Teilnehmer  und  Gäste  in 
dem  großen  Festsaal  des  Wildbades  im  Tau- 
bertal. Der  große  Kurpark  mit  seinen  Ter- 
rassen und  Pavillons,  die  Ausstattung  des 
Saales  und  der  mit  Liebe  gedeckte  Kaffee- 
tisch, das  alles  trug  zu  einer  glücklichen 
Atmosphäre  .bei.  Vom  Direktor  der  Polizei- 
schule war  uns  der  Saal  in  freundlicher 
Weise  kostenlos  überlassen  worden.  Ebenso 
freudig  und  uneigennützig  hatte  sich  der  ge- 
samte Musikzug  der  Bereitschaftspolizei  zur 
Verfügung  gestellt,  kurz,  für  die  Stunden 
des  Beisammenseins  waren  die  besten  Vor- 
aussetzungen gegeben.  Heitere  Lieder,  Ge- 
dichte und  Prosa  in  Rothenburger  Mundart 
sorgten  für  eine  Abwechslung  im  Programm. 
Die  Pausen  boten  dann  Gelegenheit,  alte 
Bekanntschaften  neu  zu  beleben  und  Erfah- 
rungen auszutauschen,  mit  den  Gästen  und 
Zeitungsreportern  über  die  Alltagssorgen 
und  Berufsnöte  zu  plaudern,  Wünsche  vor- 
zutragen und  neue  Anregungen  zu  erhalten. 

So  verstrichen  Stunden  wie  Minuten,  und 
als  am  Abend  der  Sonderzug  die  Teilnehmer 
in  ihre  Wohnorte  zurückbrachte,  da  sagte 
ein  Reporter:  „Es  waren  Rothenburgs  dank- 
barste Gäste." 


9 


Es  tut  sich  was  in  Oberbayern 


Ja,  was  denn  wohl?  werden  alle  fragen, 
die  diese  Überschrift  lesen.  Das  wollen  wir 
Ihnen  nun  in  den  nachfolgenden  Zeilen  ein 
bissei  beschreiben. 

Schon  lange  war,  vor  allem  bei  unseren 
jungen  Kameraden,  der  Wunsch  laut  gewor- 
den, man  möge  doch  Zusammenkünfte  und 
Treffen  so  gestalten,  daß  es  den  Kameraden 
auch  möglich  sei,  durch  persönliches  Sich- 
näher-Kennenlernen  einen  engeren  Kontakt 
zu  bekommen.  Bei  den  bisherigen  Versamm- 
lungen waren  immer  so  viele  beieinander, 
daß  die  Masse  oft  verwirrend  wirkte.  Außer- 
dem war  die  meiste  Zeit  damit  ausgefüllt, 
Berichte  entgegenzunehmen,  sich  in  Form 
von  Diskussionen  Nöte  und  Sorgen  einzelner 
anzuhören,  und  zum  Entwickeln  eines  Kon- 
taktes von  Mensch  zu  Mensch  blieb  dann 
kaum  noch  —  oder  oft  auch  gar  keine  — 
Zeit  mehr. 

Unser  Bezirksobmann,  Kamerad  Wendel, 
hat  nun  einen  Versuch  unternommen,  die- 
sem Wunsch  nach  einem  geselligen  Beisam- 
mensein gerecht  zu  werden.  Er  rief  die 
Kameraden  von  München  und  Umgegend 
zu  einem  Sommerfest  zusammen,  und  dieses 
wirklich  fröhliche  Beisammensein  war  ein 
voller  Erfolg. 

Sonntag,  8.  Juni,  13  Uhr,  waren  die  Kame- 
raden zu  einem  fröhlichen  Beisammensein  in 
der  Laimer  Turnhalle  eingeladen  worden. 
Ab  13  Uhr  kamen  sie,  erst  etwas  vereinzel- 
ter, denn  die  meisten  ließen  sich  das  wohl- 
verdiente Sonntagsmittagsschläfchen  doch 
nicht  kürzen.  Aber  gegen  15  Uhr  waren 
alle  da.  Mit  ihren  Kindern,  denn  auch  die 
kleine  Gesellschaft  war  ausdrücklich  einge- 
laden worden. 

Die  Turnhalle  bot  ein  festlich  geschmück- 
tes Bild.  Auf  dem  Podium  saß  eine  sechs- 
köpfige, schmissig  spielende  Tanzkapelle  und 
empfing  die  Kommenden  mit  leichtem,  be- 
schwingtem Rhythmus.  Die  Tische  prangten 
in  lustigem  Blumenschmuck,  und  eine  große 
Tanzfläche,  inmitten  des  Saales,  gab  die  Ge- 
währ dafür,  daß  man  sich  nach  Herzenslust 
im  Walzertakt  drehen  konnte,  ohne  dem 
Kameraden  auf  die  Füße  zu  steigen. 


Von  drei  jungen  Kindergärtnerinnen,  die 
das  Münchener  Fröbelseminar  zu  diesem 
Zweck  abgeordnet  hatte,  wurden  die  Kleinen 
zu  lustigem  Spiel  auf  die  große  Turnwiese 
geholt  und  mit  Eierlaufen,  Sackhüpfen  und 
sonstigen  Spielen  beschäftigt.  Selbstverständ- 
lich waren  auch  Preise  da,  und  gute  Lei- 
stungen der  Kleinen  wurden  auch  gebührend 
belohnt.  Aber  auch  mit  einem  Schwimmtier- 
chen als  Trostpreis  liefen  sie  selig  zu  Mutti 
und  Vati,  um  ihnen  die  gewonnene  Trophäe 
zu  präsentieren,  und  glücklich  zogen  sie 
dann  immer  wieder  hinaus  zu  den  anderen. 

Und  die  Eltern?  Sie  waren  im  Saal  und 
konnten  sich  ungestört  unterhalten,  sie  wuß- 
ten ja  ihre  kleine  Aufzucht  gut  versorgt. 
Man  ging  von  Tisch  zu  Tisch,  in  ernsten  und 
heiteren  Gesprächen  konnte  man  die  Grüpp- 
chen  beobachten,  es  wurde  getanzt,  und  die 
Zuschauenden  und  Zuhörenden  hatten  an 
dem  froh  bewegten  Treiben  genau  so  ihren 
Spaß  wie  die,  welche  ungehemmt  das  Tanz- 
bein  schwingen   konnten. 

Und  dann  waren  die  Vatis  mal  eine  Zeit 
draußen  bei  ihren  Kindern,  sie  wollten 
eigentlich  nur  in  würdiger  Autorität  das 
Spiel  der  Kinder  belächeln.  Aber  plötzlich 
wurden  sie  jung,  so  herzerfrischend  jung, 
daß  sie  sich  selber  in  Säcke  stecken  ließen 
und  ein  Sackhüpfen  veranstalteten,  das  bei 
Frauen  und  Kindern  den  hellsten  Jubel  aus- 
löste. 

So  mußte  schließlich  auch  noch  Tau  ge- 
zogen werden,  Männer  gegen  Frauen!  Erst 
zogen  die  Männer  fest  an,  und  gegen  die 
gleiche  Zahl  Frauen  waren  sie  natürlich 
kräftemäßig  überlegen,  aber  da  blieben  die 
zuschauenden  Frauen  nicht  untätig!  Was  war 
es  für  ein  Jubel,  als  mit  vereinten  Kräften 
die  holde  Männlichkeit  über  den  Platz  ge- 
zogen wurde! 

Die  Kleinen  wurden  nach  dem  Spiel  mit 
Apfelsaft  und  Keks  gefüttert.  Sie  hatten  da- 
für einen  eigenen  Raum  zur  Verfügung  be- 
kommen. Nachdem  ihnen  dann  noch  durch 
Märchenerzählen  und  Gesellschaftsspiele  die 
Zeit  verkürzt  wurde,  durften  sie  ein  Som- 
merliedchen  lernen.  Für  Eltern  und  Kinder 
war  es  ein  wunderschöner  Abschluß  dieses 
frohen    Tages,    als    sich   die    Kinder   in    den 


Saal  begaben,  sich  auf  der  Tanzfläche  zu- 
sammenstellten und  aus  voller  Kehle  ihren 
Eltern  vorsangen:  Geh  aus,  mein  Herz,  und 
suche  Freud! 

Ja,  viele  waren  an  dem  Nachmittag  ge- 
kommen, uni  ein  bissei  Freude  zu  suchen, 
und  als  sie  am  Abend  nach  Hause  gingen, 
die  Großen  und  die  Kleinen,  da  hatte  man 
den  Eindruck,  daß  auch  viele  Freude  ge- 
funden hatten. 

Nächste  Woche  veranstaltet  nun  unser 
Kamerad  Wendel  so  ein  fröhliches  Treffen 
in  Rosenheim,  in  Ingolstadt  soll  es  auch  bald 
sein,  denn:  Sich-Kennenlernen  und  den  per- 
sönlichen Kontakt  von  Mensch  zu  Mensch  zu 
finden,  das  ist  ja  der  schönste  Sinn  und 
Zweck  unserer  Schicksalsgemeinschaft. 

Und  fröhlich  wollen  wir  die  Stunden  mit- 
einander verbringen,  denn  wir  glauben,  Froh- 
sinn ist  noch  keinem  Menschen  schlecht  be- 
kommen. A.  H. 

Im  Nebel  beim  „Hermann" 

Für  die  Kriegsblinden  des  Bezirks  West- 
hannover startete  der  ADAC  Hameln  zum 
erstenmal  eine  Ausfahrt.  Bei  Kaffee,  Kuchen 
und  fröhlichen  Akkordeon-Klängen  ver- 
liefen die  Stunden  viel  zu  schnell.  Begrii- 
ßungs-  und  Dankesworte  wechselten  zwi- 
schen dem  Vertreter  des  ADAC  und  dem 
Bezirksleiter,  Kam.  Buchholz.  In  angeregter 
Stimmung  fuhren  wir  zu  unserem  Ver- 
sammlungslokal zurück,  wo  dann  noch  die 
angesetzte  Mitgliederversammlung  stattfin- 
den konnte.  Im  Vordergrund  der  Tagung 
stand  der  bevorstehende  Sommeraus- 
flug zum  Hermannsdenkmal,  der  am  15.  6. 
stattfand. 

Der  Wettergott  war  uns  nicht  gerade  gün- 
stig gesonnen,  doch  verlief  die  Fahrt  recht 
gemütlich.  Das  erste  Reiseziel  war  Detmold, 
wo  uns  Kam.  Karl  Schleheck  erwartete  und 
eine  kleine  Führung  veranstaltete.  Nach 
einem  gemeinsamen  Mittagessen  in  Hidde- 
sen  ging  die  Fahrt  weiter  zum  Hermanns- 
denkmal. Hier  war  uns  Petrus  sehr  un- 
gnädig gesonnen.  Dichter  Regennebel  ver- 
hinderte jede  Sicht,  so  daß  die  Begleitungen 
nur     ein     unvollständiges     Bild     vermitteln 


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10 


konnten.  Auch  hier  half  Kam.  Schleheck  mit 
seinen  Kenntnissen  über  die  Instandsetzung 
des  Denkmals  aus.  Nach  einem  kurzen  Auf- 
enthalt auf  dem  Denkmalsberg  ging  es  dann 
durch  die  Lippische  Schweiz  zu  den  Extern- 
steinen und  von  dort  zur  Kaffeetafel  nach 
Bad  Meinberg. 

Solch  kameradschaftliches,  frohes  Erleben 
in  der  Gemeinschaft  gibt  dem  einzelnen, 
der  vielleicht  allein  und  isoliert  in  seinem 
Dorfe  sitzt,  wieder  Mut  zum  Schaffen. 

Frohsinn  bei  den  Frankfurtern 

überaus  gut  besucht  war  das  Kameraden- 
Treffen,  zu  dem  der  Bezirk  Frankfurt  a.  M. 
seine  Mitglieder  am  Sonnabend,  14.  Juni, 
nach  dem  nahegelegenen  Neu-Isenburg  ein- 
geladen hatte.  Rund  100  Kameraden  mit 
ihren  Frauen  und  Begleitern  fanden  sich  zu 
einem  fröhlichen  Umtrunk  ein.  Kamerad 
Cyrus  begrüßte  die  Anwesenden  und  be- 
tonte, daß  die  Kameradschaft  nicht  nur  in 
den  Mitgliederversammlungen,  sondern  auch 
bei  zwanglosen  Zusammenkünften  dieser 
Art  gepflegt  werden  müsse.  Freudig  zur 
Kenntnis  genommen  wurde  die  Mitteilung, 
daß  die  Brauerei  Binding  ein  Faß  Bier  ge- 
stiftet habe.  DeT  Bezirk  trug  die  Kosten  für 
■-  ein  Abendessen  und  weitere  Getränke. 

In  anerkennenswerter  Weise  hatten  sich 
für  die  Ausgestaltung  des  Unterhaltungs- 
Programmes  zur  Verfügung  gestellt:  Herr 
Carl  Luley  von  den  Stadt.  Bühnen  Frank- 
furt a.  M.,  Herr  Wolf  Schmidt  vom  Hessi- 
schen Rundfunk,  der  Männergesangverein 
1867  Neu-Isenburg,  die  Unterhaltungskapelle 
Hans  Delie,  die  Melodien-Boys  und  der 
Mandolinenklub  Spessartfreunde  Neu-Isen- 
burg. 

Orkanartiger  Beifall  der  Zuhörer  dankte 
den  Künstlern  und  Vortragenden  für  die 
heryorragenden  Darbietungen,  die  sich  in 
rascher  Folge  aneinanderreihten.  Heiterkeit 
und  Frohsinn  ließen  nicht  nach,  bis  am  spä- 
ten Abend  die  letzten  Kameraden  den  Heim, 
weg  antraten.  Fr.  C. 

Mit  dem  ADAC  nach  Nideggen 

Schon  immer  war  der  ADAC  von  M. -Glad- 
bach den  Kriegsblinden  unserer  Heimat  gut 
gesinnt,  und  so  wurden  auch  in  diesem  Jahr, 
und  zwar  am  28.  Juni,  unsere  Kriegsblinden 
mit  Begleitung  durch  eine  schöne  Fahrt  er- 
freut. Ein  Autobus  und  eine  Kolonne  von 
Personenkraftwagen  setzte  sich  in  Richtung 
Rheydt  in  Bewegung,  von  Verkehrspolizei 
auf  Motorrädern  begleitet.  Die  Fahrt  ging 
über  Jülich,  Düren  bis  zum  Fuße  der  Eifel 
nach  Nideggen,  wo  im  Hotel  Ratskeller 
Kaffee  und  Kuchen  die  frohe  Gesellschalt 
erwarteten.  Nach  dem  Kaffee  sprach  der  Vor- 
sitzende der  Kriegsblinden,  Kamerad  Lam- 
bert H  ü  1 1  e  n  ,  und  wies  auf  den  eigent- 
lichen Sinn  dieser  Fahrt  hin:  die  Kamerad- 
schaft innerhalb  des  Bezirks  zu  pflegen. 
. |  Ferner  dankte  er  den  Herren  vom  ADAC 
für  die  schöne  Fahrt.  Danach  ergriff  der 
Geschäftsführer  des  ADAC,  Dr.  W  i  e  d  ,  das 
Wort:  es  sei  eine  angenehme  Aufgabe,  in 
jedem  Jahr  eine  solche  Fahrt  für  die  Kriegs- 
blinden zu  organisieren.  Wenig  später 
spielte  die  Musik  zum  Tanz  auf,  und  es  ging 
lustig  zu.  Jedoch  das  herrliche  Sommer- 
wetter lockte  die  ganze  Gesellschaft  immer 
mehr  nach  draußen,  um  die  alte  Burg  zu 
besichtigen.  Nach  dem  Abendessen  wurde 
das  Tanzbein  um  so  lebhafter  geschwungen. 
Gegen  21  Uhr  setzte  sich  die  Kolonne  wieder 
in  Bewegung,  um  jeden  einzelnen  wieder 
nach  Hause  zu  bringen. 

Neuer  Bezirksleiter  in  Düsseldorf 

In  der  Mitgliederversammlung  des  Bezirks 
1  Düsseldorf  vom  28.  3.  1952  wurde  an  Stelle 
des    bisherigen   Vorsitzenden    Kam.    Heine- 
mann zum  neuen  Vorsitzenden  der  Kamerad 
Jakob    L  o  h  m  a  n  n  ,    Düsseldorf,    Heinrich- 
'  Straße  32,  gewählt. 


Andreas  Klapdor  70  Jahre  alt 

Unser  Kamerad  Andreas  Klapdor,  Duis- 
burg, Felsenstr.  79,  vollendet  am  11.  August 
sein  70.  Lebensjahr.  Beinahe  dreißig  Jahre 
ist  er  als  Mitarbeiter  in  unserer  Schicksals- 
gemeinschaft tätig  und  führt  auch  heute  noch 
sein  Amt  als  Bezirksleiter  mit  besonderer 
Energie  und  Tatkraft.  Die  Kameraden  des 
Bezirks  Duisburg  verehren  ihn  sehr;  im 
Landesverband  wird  er  als  ehrlicher  und 
aufrichtiger  Kamerad  sehr  geschätzt.  Die 
Landesverbandsleitung  und  mit  ihr  der  ge- 
samte Landesverband  Nordrhein  bringt  dem 
Kameraden  Klapdor  an  seinem  Ehrentage 
herzliche  Glück-  und  Segenswünsche  für  den 
Lebensabend  zum  Ausdruck. 

PERSÖNLICHES 

Ehrentage 
Unser  Kamerad  StudienratDr.  Lud- 
wig, Marburg,  feierte  am  1.  7.  seinen 
60.  Geburtstag.  Dr.  Ludwig  hat  sich  in  vieler 
Hinsicht  um  die  Sache  der  Kriegsblinden 
sehr  verdient  gemacht.  Der  Bezirksvorstand 
ehrte  ihn  u.  a.  dadurch,  daß  er  ihm  am 
Geburtstagsmorgen  durch  eine  kleine  Ka- 
pelle ein  Ständchen  darbringen  ließ.  Viele 
Glückwünsche  aus  nah  und  fern  gelten  dem 
verdienten  und  beliebten  Kameraden. 

Vermählungen 
Unser     Kamerad     Gottfried     Schabert 
und  Frau  Sophie,  geb.  Tenzer,  Woltersdorf, 
Kr.  Dannenberg   (Elbe),  Nr.   128,  geben  ihre 
Vermählung  bekannt. 

Unser  Kamerad  Walter  C  z  o  c  k  und  Frl. 
Irmgard  Jänig,  Bad  Homburg  v.  d.  H., 
haben  Pfingsten  1952  geheiratet. 

Unser  Kamerad  Paul  W  o  1  g  a  s  t  und  Frl. 
Hildegard  Lange,  Kiel,  Bielenbergstraße  1, 
haben  am  3.  Mai  1952  die  Ehe  geschlossen. 

Geburten 
Kam.    Harry    B  a  r  t  h  e  1    und    Frau   Paula, 
Bremerhaven-G.,     Weißenburger     Straße     1, 
ein  Mädchen,  Brigitte  Maria,  am  29.  4.  1952. 


ES   STARBEN: 

LANDESVERBAND    HAMBURG 
Bardischewski,  Alfred,  gest.  am*  12.  5. 
1952  durch  Unglücksfall. 

LANDESVERBAND  NIEDERSACHSEN 
Röbe-Oltmanns,  Fritz,  Ekern  bei  Bad 
Zwischenahn    i.  O.,    gest.  am   22.  6.    infolge 
Unglücksfalls. 

LANDESVERBAND    NORDRHEIN 
O  1 1  n  a  d  ,     Karl,     Bonn,     Mechenstraße    29, 
geb.  27.  7.  1875,  gest.  am  18.  6.  1952. 

LANDESVERBAND    RHEINLAND-PFALZ 
Armbrust,  Wilhelm,  Alsenz/Pfalz,  Bahn- 
hofstraße 29,  gest.  am  31.  5.  1952  im  Alter 
von  64  Jahren. 

LANDESVERBAND  SCHLESWIG-HOLSTEIN 
Chrestin,  Paul,  Flensburg,  Glücksburger 
Straße  82,  gest.  am  5.  6.  1952. 

LANDESVERBAND    WESTFALEN 
Blankenburg,   Willy,   Lengerich,    Berg- 
straße  13,  geb.  am   18.  5.   1890,  gest.  am 
13.  5.  1952. 

WÜRTTEMBERG-NORDBADEN 
Beck,   Wilhelm,   Bietigheim/Württ.,   Kirch- 
platz 9,  geb.  4.  9.  1886,  gest.  1.  6.  1952. 
Kameraden- Witwe      Frau     Maria      N  e  u  t  - 
h  a  r  d ,    Hemsbach   a.   d.   B.,   Baden,   gest. 
am  28.  5.  1952. 
Keck,  Arthur,  Pforzheim,  Oranierstraße  22, 
geb.  21.  6.  1891,  gest.  am  26.  6.  1952. 

R  u  e  s  s  ,  Athanasius,  Erbach,  Kr.  Ulm,  geb. 
18.  6.  1878,   gest.  am   3.  7.  1952. 

MÖGEN   SIE   IN  FRIEDEN   RUHEN1 


KANTATE 

Im  Dünkel  zu  singen 

Herrgott,  wir  sind  wie  Spreu  im  Wind 
Vor  Deinem  großen  Angesicht, 
Bedenke,  daß  wir  Bettler  sind 
Und  also,  Mann  und  Weib  und  Kind, 
Ein  Jammer,  der  die  Nacht  durchbricht. 

Herrgott,  die  Nächte  machen  blind, 
Durch  die  wir  nackten  Fußes  gehn, 
Erkenne,  daß  wir  Pilger  sind 
Und  also,  Mann  und  Weib  und  Kind, 
In  Deinem  Schatten  stehn. 

Herrgott,  Dein  Schatten  ist  so  lind  — 
Doch  unsre  Angst  ist  riesengroß! 
Vergib  uns,  wenn  wir  schuldig  sind, 
Und  nimm  uns, Mann  undWeib  und  Kind, 
Am  Ende  aut  in  Deinen  Schoß. 
GERHARD  PRAGER 


Ein  Töchterchen,  das  Ursel  heißen 
soll,  wurde  unserem  Kameraden  Georg 
Schlömer  in  Oldenburg  am  22.  Mai 
geboren. 

Unser  Kamerad  Otto  Hoppe  und  Frau 
Mia,  geb.  Terhorst,  Krefeld,  zeigen  die 
Geburt  ihres  ersten  Kindes  an  , .Monika". 

Aus  dem  Landesverband  Hamburg  sind 
die  folgenden  Geburtsanzeigen  nachzuholen: 

Dem  Kameraden  Erich  E  i  s  n  e  r  wurde  am 
26.  4.  eine  Tochter  Irmgard  geboren, 

dem  Kam.  Erich  Fischereith  gleich 
deren  zwei,  nämlich  Angelika  und  Rose- 
marie, geb.  am  3.  3., 

dem  Kam.  Rolf  Peters  am  2.  2.  ein 
Sohn  namens  Rolf-Dieter, 

dem  Kam.  Karlheinz  Sandberg  am 
14.  4.  der  Sohn  Klaus, 

und  dem  Kameraden  Bernh.  Schröder 
am  12.  6.  eine  Tochter  namens  Monika. 

Wir  gratulieren! 
Der  Stand  der  Umanerkennung 

Nach  Mitteilung  der  zuständigen  Abteilung 
im  Bundsarbeitsministerium  soll  die  Uman- 
erkennung nach  dem  BVG  nach  den  Mit- 
teilungen der  Länder  im  gesamten  Bundes- 
gebiet zur  Zeit  mit  durchschnittlich  83,8  Pro- 
zent durchgeführt  sein.  Rückständig  sollen  in 
der  Hauptsache  nur  noch  Elternrenten  sein. 
Einzelne  Länder  haben  schon  eine  fast  rest- 
lose Durchführung  der  Umanerkennung  ge- 
meldet, so  z.  B.  Rheinland-Pfalz  mit  über 
99  Prozent  und  andere  Länder  mit  über 
97  Prozent. 

Die  im  Haushaltsplan  des  Bundes  im 
vorigen  Jahr  vorgesehenen  Mittel  für  Ver- 
sorgungszwecke in  Höhe  von  rund  3,1  Milli- 
arden ohne  die  Ausgaben  für  Berlin  wurden 
auch  fast  restlos  aufgebraucht.  Im  Etatjahr 
1952/53  sollen  im  Haushalt  für  Kriegsopfer- 
versorgung mit  den  Ausgaben  für  Berlin 
rund    3,4    Milliarden    DM    vorgesehen 


Angebot  für  Einhänder 

Unser  Kamerad  Hans  Tilly  bietet  als  Ge- 
schenk eine  Umschaltvorrichtung  für  eine 
Büro-Schreibmaschine  für  Kniebedienung  an. 
Es  handelt  sich  um  einen  Metallhebel,  den 
durch  eine  Seitwärtsbewegung  auf  den  Um- 
schalter drückt,  —  eine  große  Erleichterung 
für  einhändige  Maschinenschreiber.  Die  Vor- 
richtung paßt  auf  jede  Maschine  und  ist 
leicht  anzubringen.  Anfragen  erbittet  die 
Schriftleitung. 


II 


<^\ici^tc JxcwufKcctcfi, 


Im  Maiheft  berichteten  wir  an  dieser  Stelle, 
wie  ein  Mitarbeiter  des  Arbeitsamtes  von 
Einbeck  durch  seine  aufmerksame  Initiative 
einer  blinden  Frau  einen  Arbeitsplatz  als 
Speicheneinzieherin  vermittelte. 
Wir  erfahren  nun,  daß  im  Landesverband 
Nordrhein,  und  zwar  bei  den  Bismarck- Wer- 
ken in  Radevormwald,  seit  etwa  drei  Jahren 
zwei  Kriegsblinde  ebenfalls  als  Speichenein- 
zieher  tätig  sind.  Die  Leitung  der  Firma  ist 
mit    den   Arbeitsleistungen    der    Kameraden 

sehr  zufrieden. 

* 

Nach  dem  Beispiel  von  Bayern,  Hessen 
und  Nordrhein-Westfalen  werden  jetzt  auch 
in  Rheinland-Pfalz  Vorbereitungen 
getroffen,  um  den  Zivilblinden  ein  monat- 
liches Pflegegeld  von  100  Mark  zu  ge- 
währen. 

* 

Beim  Arbeitsamt  Kassel  wurde  ein  27jäh- 
riger  Kriegsblinder  als  Telefonist  eingestellt, 
der  als  Panzerfahrer  im  Osten  sein  Augen- 
licht verloren  hat  und  dessen  beide  Hände 
schwer  verstümmelt  sind.  Es  ist  der 
Kamerad  Josef  Gredecki.  Bis  auf  die  Glieder 
über  dem  Grundgelenk  verlor  er  sämtliche 
Finger,  bis  auf  den  Daumen,  der  allein  noch 
genügend  Tastgefühl  hat,  um  Blindenschrift 
wahrzunehmen.  Trotz  dieser  überaus  schwe- 
ren Verletzungen  bedient  der  ehemalige 
Elektriker  nach  neunmonatiger  Ausbildung 
eine  Rekordzentrale  mit  8  Amts-  und  85 
Hausanschlüssen  zur  vollsten  Zufriedenheit 
seiner  Dienststelle.  Schon  nach  Ablauf  von 
vier  Wochen  seiner  dreimonatigen  Probezeit 
wurde  er  fest  angestellt. 


In  einer  Halle  der  Mainfranken-Messe  in 
Würz  bürg  zeigten  Kriegsblinde  in  ein- 
drucksvoller Weise,  zu  welchen  handwerk- 
lichen und  beruflichen  Leistungen  sie  fähig 

sind. 

* 

Auf  einer  Londoner  Industrie-Ausstellung 
wurde  zum  erstenmal  ein  Elektro-Koch- 
h  e  r  d  mit  besonderen  Einrichtungen  für 
Blinde  gezeigt.  Durch  ein  eingebautes  Kon- 
trollgerät werden  die  jeweiligen  Tempera- 
turen des  Herdes  durch  Klingelzeichen  an- 
gezeigt. Weitere  Klingelzeichen  ertönen  beim 
Ein-  und  Ausschalten  sowie  nach  Ablauf  der 

Kochzeit. 

* 

In  Hagen  wurde  ein  junger,  blinder  Bür- 
stenmacher von  zwei  Unbekannten,  mit 
denen  er  zuvor  in  einem  Lokal  gesessen 
hatte,  niedergeschlagen  und  beraubt.  Der 
Blinde  konnte  allein  auf  Grund  seiner  Hör- 
und  Tasteindrücke  die  Täter  so  geschickt 
beschreiben,  daß  sie  bald  darauf  gefaßt  wer- 
den konnteri, 

* 

18  britische  Parlamentsabgeordnete  haben 
einen  Antrag  zur  Unterstützung  des  Feld- 
zuges gegen  die  Blindheit  in  Afrika 
eingebracht,  den  der  erblindete  Dr.  King 
jetzt  im  großen  Stil  begonnen  hat.  Im  Zuge 
dieser  Hilfsaktion  für  die  blinden  Ein- 
geborenen Afrikas  werden  im  November 
Arbeitsgruppen  britischer  Augenärzte,  Che- 
miker und  anderer  Wissenschaftler  zur  Gold- 
küste, nach  Kamerun  und  Nigeria  ausreisen. 
Hauptursache  der  zahlreichen  Erblindungen 
in  diesen  Gebieten  —  man  rechnet  mit 
500  000    Blinden    dort   —   ist   ein   von 


Insekten  übertragener  Krankheitskeim,   der 
den    Sehnerv   zerstört.    Die    Wissenschaftler 
rechnen    zunächst     mit     einer     dreijährigen 
Dauer  ihrer  Forschungs-  und  Hilfsarbeit. 
* 

Nach  der  neuesten  Statistik  leben  in 
England  und  Wales  insgesamt  83  464 
Blinde.  Davon  sind  9858  berufstätig,  und 
zwar  4573  in  oder  für  Blindenwerkstätten. 
Hier  werden  die  Blinden  meistens  als  Korb- 
macher beschäftigt  (1350)  —  der  verbrei- 
tetste  Blindenberuf  —  und  als  Bürstenmacher 
(660).  Kriegsblinde  sind  als  Bürstenmacher 
nicht  tätig.  An  Fabrikarbeitern  wurden  952 
gezählt,  an  Geistlichen  46,  Maschinenstricker 
742,  Angestellte  und  Stenotypisten  305,  Leh- 
rer 39,  Beamte  nur  34. 
* 

Einem  Blinden  in  der  Nähe  von  Koblenz 
war  der  Wandergewerbeschein  versagt  wor- 
den, nicht  zuletzt,  weil  in  diesem  Fall  bei 
der  Ausübung  des  Gewerbes  eine  ver- 
steckte Bettelei  an  den  Tag  trete.  Der 
Blinde  erhob  Einspruch,  und  zwar  mit  Er- 
folg, doch  darf  er  künftig  nicht  mehr  wie 
bisher  das  Schild  verwenden  „Bin  blind, 
beziehe  keine  Rente",  und  er  darf  auch  nicht 
mehr  Druckerzeugnisse  anbieten,  die  das  Los 
eines  Erblindeten  schildern. 
* 

Auch  so  etwas  gibt  es:  Ein  achtmal  vor- 
bestrafter 25jähriger  Häftling  in  Lübeck  zer- 
störte sich  mit  Kopierstiftsplittern 
die  Augen,  um  nicht  wieder  ins  Gefängnis, 
sondern  in  ein  Blindenheim  zu  kommen. 
* 

In  dritter  Auflage  erschien  nunmehr  der 
Gedichtband  unseres  Kameraden  Heinz 
B  e  r  n  e  r,  „Lied  der  Gefangenen".  Wir  haben 
schon  mehrfach  auf  die  tiefen  und  schönen 
Verse  und  die  besondere  Eigenart  dieses 
Buches    hingewiesen.     (Preis:    2,40   DM,    bei 


r 


^ 


Konstruktive  Sozialordnung  des  Bergbaus 


Auf  einer  der  großen  technischen  Tagungen  des  westdeut- 
schen Steinkohlenbergbaus  hat  der  Generaldirektor  der 
Deutschen  Kohlenbergbau-Leitung  eine  klare  Antwort  auf 
die  Frage  gefordert,  wie  die  Menschen  in  den  modernen 
Großbetrieben  unserer  Zeit  zusammen  arbeiten  und  zu- 
sammen leben  sollen.  Er  sprach  von  dem  Ringen  um  die 
notwendige  Reform  un  s  e  res  wirtschaftlichen 
undsozialenLebens,  das  in  vollem  Gange  sei,  und 
betonte  „die  Notwendigkeit,  die  Prinzipien  der  Wirtschaft 
im  Scheinwerferlicht  der  menschlichen  Sehnsucht  nach 
gegenseitiger  Achtung,  gegenseitigem  Verständnis  und 
gegenseitiger  Hilfe  zu  betrachten.  Dazu  ist  aber  vor  allem 
notwendig,  die  geistigen  Grundlagen  der  Wirtschaft  neu 
zu  durchdenken,  denn  Gegenwart  und  Zukunft  legen  uns 
allen  eine  schwere  Verantwortung  auf.  Kein  Mensch  lebt 
in  dieser  Welt  allein,  und  niemand  kann  von  sich  sagen, 
daß  er  ohne  Rücksicht  auf  seine  Umwelt  und  seine  Mit- 
menschen sein  Dasein  gestalten  kann." 
Im  Steinkohlenbergbau  ist  zu  allen  Zeiten  das  Wort 
„Kameradschaft"  groß  geschrieben  worden.  Die  besondere 
persönliche  Verantwortung,  die  jeder  Berg- 
mann auf  Grund  der  Eigenart  seines  Berufes  in  seinem 
Arbeitsbereich  trägt,  unterstreicht  den  Wert  der  Persön- 
lichkeit und  der  menschlichen  Würde.  Es  ist  das  Bestreben 
des  Bergbaus,  diese  Werte  nachdrücklich  zu  fördern  und 
auf  ihrer  Grundlage  das  Problem  des  Menschen 
im  Großbetrieb  zu  lösen.  Bereits  vor  den  Verhand- 
lungen über  die  Mitbestimmung  ist  vom  Bergbau  eine  grund- 
legende Sozialordnung  entwickelt  worden.  Ihr  Kern- 


gedanke liegt  darin,  daß  eine  echte  Neuordnung  der  sozial- 
politischen Verhältnisse  nicht  über  das  Organisatorische  er- 
reicht werden  kann,  sondern  nur  über  die  geistige  Haltung. 
Der  Menschenwürde  und  dem  Menschenrecht  soll  in  den 
Großbetrieben  des  Bergbaus  wieder  Geltung  verschafft 
werden,  alle  darin  tätigen  Menschen  sollen  einen  echten 
Lebensraum  erhalten,  jeder  Arbeiter  soll  seine  Fähig- 
keiten frei  entfalten  können  und  sich  seelisch  mit  seiner 
Arbeitsstätte  verbunden  fühlen.  Es  genügt  nicht,  daß  Ver- 
treter der  Gewerkschaften  oder  der  Belegschaften  be- 
stimmte Posten  innerhalb  der  betrieblichen  Organisation 
einnehmen,  vielmehr  sollen  alle  Arbeitnehmer  eine  neue 
Stellung  im  Betriebsleben  erhalten.  Jeder  Arbeiter  soll 
sich  als  Mitarbeiter  und  nicht  als  bloße  Nummer  fühlen. 
Ganz  besonderer  Nachdruck  wird  auf  die  Pflege  der 
menschlichen  Beziehungen  gelegt.  Vorgesetzte 
und  Untergebene  sollen  sich  gegenseitig  mit  Achtung  be- 
gegnen. 

In  seiner  Broschüre  „Der  Mensch  in  der  Wirtschaft"  be- 
spricht Superintendent  Erich  H  e  s  sin  g  die  Sozialordnung 
für  den  Kohlenbergbau.  Er  stellt  fest,  daß  die  Grundsätze 
einer  Sozialordnung  im  Kohlenbergbau  für  die  Schaffung 
einer  echten  verantwortungsbewußten  sozialen  Partner- 
schaft eine  wichtige  Grundlage  darstellen  und  daß  sie  die 
unerläßliche  Ergänzung  zu  der  gesetzlichen  Regelung  des 
Mitbestimmungsrechts  bilden.  Diese  Sozialordnung,  so  be- 
tont der  Verfasser,  gründet  sich  auf  eine  christliche 
Haltung,  an  der  es  in  der  Wirtschaft  seit  dem  Auf- 
kommen des  Kapitalismus  weitgehend  gefehlt  hat. 


12 


Mengenbezug   Rabatt.   Verlag:    Arbeitskreis 
Kirche  der  Heimat,  Husum). 
* 

Ein  sehr  amerikanisches  Anekdötchen  sei 
unseren  Lesern  nicht  vorenthalten:  Der  36- 
jährige  blinde  Kaufmann  Bob  Triplett  in 
Tulsa  (Oklahoma)  habe,  so  wird  berichtet, 
bei  einer  Bank  ein  Konto  für  seinen  Führ- 
hund angelegt.  Der  Hund  bekommt  monat- 
lich ein  Gehalt,  damit  sein  Besitzer  das  Geld 
von  der  Steuer  abziehen  kann.  Der  Hund 
„unterschreibt"  Schecks  durch  Pfoten- 
abdruck. „Ich  kenne  kein  Bankgesetz, 
das  so   etwas  verbietet",  meinte   der  Bank- 

-direktor. 

* 

Die  „Königin  der  Straßen"  und  erste  Heer- 
straße des  römischen  Weltreiches,  die  Via 
Appia,  ist  um  das  Jahr  312  v.  Chr.  von 
dem  Blinden  Appius  Claudius  angelegt  wor- 
den. Sie  führte  zuerst  von  Rom  bis  Capua 
und  dann  später  über  Benevent  bis  Brindisi. 
Dieses  interessante  Beispiel  einer  zur  Welt- 
geschichte gehörenden  Leistung  eines 
Blinden  fanden  wir  in  dem  Buch  „Rom, 
Geschichte    und    Geschichten"    von    Philipp 

Hiltebrandt. 

* 

In  Ergänzung  zu  unserer  kurzrn  Notiz  im 
vorigen  Heft  über  internationale  Liebhaber 
für  Deutsche  Schäferhunde  erfah- 
ren wir,  daß  zur  Zeit  die  Hauptabnehmer  für 
den  Export  von  Rassetieren  neben  Amerika- 
nern, Engländern  und  Franzosen  nicht  zuletzt 
die  Japaner  sind.  Kaiser  Hirohito  ist 
nämlich  ein  großer  Liebhaber  des  Schäfer- 
hundes, und  manche  Japaner  machen  es  ihm 
nach.  Auch  Marschall  Tito  von  Jugoslawien 
ist  fast  nie  ohne  seinen  Schäferhund  zu  sehen. 
* 

Der  kanadische  Kriegsblinde  David  Fer- 
guson und  seine  28jährige  Frau  wollen  in 
diesem  Sommer  auf  dem  Tandem  eine 
Radtour  durch  ganz  Europa  unternehmen. 
Das  unternehmungslustige  Ehepaar  traf  be- 
reits an  Bord  der  „He  de  France"  in  Europa 
ein. 

1&M  juntete  SjekackpLeuncLe 

Die  drei  Mescheder  Sieger  aus  Köln 
(Würtz,  Mertens  und  Diehl)  tragen  zur  Zeit 
einen  Wettkampf  (jeder  gegen  jeden,  6  Par- 
tien, 36  Züge  in  IV2  Stunden)  aus.  Die  erste 
Partie  stammt  aus  diesem  Wettkampf,  die 
nachfolgende  aus  dem  Mescheder  Turnier. 
Unregelmäßig 

W  e  iß  :  W.  Würtz 

Schwarz:  G.  Mertens 

1.  f4  f5  2.  Sf3  Sf6  3.  b3  g6  4.  Lb2  Lg7 
(Gegenfianchetto  ist  meist  eine  dankbare 
Sache)  5.  c4  d6  6.  e3  c5  7.  Ld3  b6  8.  Lc2  Lb7 

9.  Sg5  (das  bringt  nichts  ein  und  fördert  nur 
die  Entwicklung  von  Schwarz)  9. Dd7 

10.  De2  Sc6  11.  a3  h6  12.  Sf3  e5  (Schwarz 
opfert  nun  einen  Bauern  und  erhält  dadurch 
Stellungs-  und  Raumvorteil)  13.  f:e5  d:e5  14. 
S:e5  S:e5  15.  L:e5  Sg4  16.  L:g7  (erzwungen) 
16.  —  —  D:g7  17.  Sc3  0—0—0  18.  0—0—0 
The8  19.  h3  Se5  20.  Thfl  Dd7  21.  d4  (Weiß 
wollte  21. Sd3+  unterbinden,  hätte  je- 
doch besser  den  Bauern  nur  einen  Schritt 
vorgebracht)  21.  —  —  c:d4  22.  e:d4  Sf3 
(nach  Sg4  nebst  Se3  hätte  SchwaTZ  die 
Qualität  gewonnen)  23.  Df2  S:d4  24.  Sb5 
Se2+  25.  KM   De6  26.  T:d8  T:d8  27.  S:a7+ 

(besser  war  Tel)  27. Kb8  28.  Sb5  Td2 

29.  Del  De3  30.  Ldl  (das  ist  das  Ende)  30. 
Le4+  31.  Kai  Sc3—  und  Weiß  gab  auf. 

französisch 
Weiß:  A.  Grürmann 

Schwarz:  F.  Eckert 
1.  e4  e6  2.  d4  dS  3.  Sc3  Lb4  4.  Ld3  (4.  e5  c5 
5.  Ld2  c:d4  6.  Sb5  oder  4.  e:d5  e:d5  5.  Ld3 
sind  bessere.  Fortsetzungen)  4.  —  —  d:e4 
5.  L:e4  Sf6  6.  Lg5  h6  7.  L:f6  D:f6  8.  a3  L:c3+ 
9.   b:c3  0—0   10.   Sf3   Sd7   11.   0—0  c6   (c5) 


Vor  dem  „Nationalinstitut  iür  junge  Blinde"  in  Paris  stand  der  Katalalk  mit  den  Gebeinen  von 
Louis  Braillle,  bevor  die  leierliche  Bestattung  im  Pantheon,  dem  Ruhmestempel  Frankreichs,  er- 
folgte. Im  Hintergrund:  das  Denkmal  von  Valentin  Haüy,  dem  ersten  schöplerischen  und  echten 
Blindenei zieher  der  Welt.  Auch  die  deutschen  Farben  Schwarz-Rot-Gold  waren  unter  dem 
Flaggenschmuck  vertreten.  (Zu  unserem    Bericht    au!   Seite    1.)       Foto:  Keystone 


12.  Tfel  Dd8  13.  Ld3  Sf6  14.  Se5  Da5  15.  Te3 
Tfd8  16.  h4  (die  bessere  Stellung  verleiht 
Weiß  das  Recht,  einen  Angriff  einzuleiten) 

16. c5  17.  g4  c:d4  18.  c:d4  Dd5  19.  c3 

b6  20.  Tg3  (nach  Le2  nebst  Lf3  mußte  kom- 
men) 20.  —  —  Lb7  21.  Hh2  Se4  22.  L:e4 
D:e4  23.  Kh3  (Dd3  war  zu  empfehlen.  Falls 
Schwarz  dann  dem  Damenabtausch  aus  dem 
Wege  ging,  könnte  der  Angriff  mit  f4  fort- 


gesetzt werden)  23.  —  —  f6  24.  Sd3  Tac8 
25.  Dd2  e'5  26.  Tel  Dd5  27.  g5  f:g5  28.  h:g5 
e:d4  29.  g:h6  (ein  grober  Fehler,  wie  er 
Grürmann,  dem  Senior  des  Mescheder  Tur- 
niers, des  öfteren  unterlief,  wenn  seine 
Partien  dieses  Stadium  erreichten.  Nach 
29.  Sf4  hätte  Schwarz  sich  noch  schwer  vor- 
sehen müssen)  29. Dh5+  +  . 

Gabriel  Mertens. 


Vom  „Sehen"  der  Kriegsblinden 

Wir  drucken  hier  eine  interessante  Ergänzung  ab  zu  dem  vielbeachteten  Aulsatz  im  Aprilhelt 
„Wir  dürfen  nicht  blind  sein"  von  Franz  Feistner.  Weitere  Zuschriften  zu  diesen  oder  ähnlichen 
Themen  sind  uns  sehr  willkommen.  Die  Schriftleitung. 


Vom  Sehen  wird  die  Rede  sein,  und  zwar 
vom  Sehen  derer,  die  ihre  gesunden  Augen 
haben,  und  vom  „Sehen"  der  Kriegsblinden. 
Der  freundliche  Vorleser  wird  gebeten,  der 
Klarheit  wegen  die  „Gänsefüßchen"  mitzu- 
lesen. 

Daß  wir  Kriegsblinden  einmal  haben  sehen 
können,  ist  unser  Schmerz  und  zugleich 
unser  Glück,  auf  das  wir  nicht  um  alles  ver- 
zichten möchten.  Schmerz  deshalb,  weil  wir 
wissen,  was  wir  verloren  haben,  Glück,  weil 
uns  das  Gegenständliche  der  Welt,  wenn  wir 
es  nennen  hören,  zum  Bilde  wird,  weil  wir 
es  „sehen".  Freilich  ist  der  Vorgang  unseres 
„Sehens"  anders  als  bei  den  Sehenden.  Wäh- 
rend diesen  das  Bild  unmittelbar  durch  das 
Auge  bewußt  wird,  müssen  wir  es  aus  dem 
Schatz  unserer  Erinnerungen  in  uns  erst  her- 
vorsuchen und  „sehen"  es  innerlich.  Daß 
dieses  Bild  von  Wald,  Wiese,  Berg,  Straße, 
Haus  und  Heim  nicht  der  Wirklichkeit  ent- 
spricht, selbst  wenn  man  es  uns  noch  so 
genau  beschreibt,  versteht  sich  von  selbst. 
Doch  kommt  es  darauf  auch  nicht  so  sehr  an 
wie  darauf,  daß  uns  die  Welt  außer  uns 
nicht  überhaupt  verödet  und  daß  wir  fort- 
fahren, sie  zu  „sehen". 

Zu  diesen  Gedanken  regt  mich  eine  Beob- 
achtung an,  die  ich  an  mir  selbst  gemacht 


habe.  In  den  ersten  Monaten  nach  meiner 
Verwundung  „sah"  ich,  wenn  ich  draußen 
war  und  durch  die  Straßen  ging,  so  lebendig, 
daß  ich  die  Straßen,  durch  die  ich  ging  und 
die  ich  nicht  kannte,  mit  buntem  Leben 
füllte.  Ich  „sah"  Straßen,  Verkehrsmittel; 
Bäume,  Menschen,  „sah"  z.  B.  eine  Straßen- 
baustelle mit  Warnungsschild,  aufgerissenem 
Straßenpflaster,  freiliegenden  Straßenbahn- 
schienen, den  dampfenden  Teerwagen,  die 
hantierenden  Männer  —  alles  Dinge,  die 
wohl  zu  irgendwelchen  Straßenbildern  ge- 
hören mochten,  aber  hier  und  in  dieser  Art 
gar  nicht  vorhanden  waren.  Das  ging  so 
weit,  daß  ich  plötzlich  den  Schritt  verhielt, 
weil  ich  spielende  Kinder  nicht  umlaufen 
wollte,  die  ich  vor  mir  auf  dem  Weg  mit 
Puppenwagen  und  einem  Holzpferd  am  Bind- 
faden stehen  „sah";  oder:  daß  ich  auf  einmal 
den  Kopf  einzog,  weil  ich  mich  auf  einen 
Mauervorsprung  zugehen  „sah".  Auch  diese 
Hindernisse  waren  in  Wirklichkeit  gar  nicht 
da.  Sie  gehörten  aber  zu  dem  Bild  in  mir, 
daß  ich  mir  von  der  Umwelt  machte.  Nach 
und  nach  verlor  sich  dieses  „Sehen",  die 
Umwelt,  die  ich  durchging,  wurde  mehr  und 
mehr  zum  wesenlosen,  gestaltlosen  Raum. 
Ich  denke  mir  nun,  daß  es  so  oder  ähnlich 
auch  anderen  kriegsblinden  Kameraden  ge- 


13 


gangen  sein  mag.  Und  hierin  liegt  die  Ge- 
fahr, daß  wir  die  gegenständliche  Verbin- 
dung zu  unserer  Umwelt  verlieren,  daß  wir 
zu  „sehen"  verlernen.  Freilich  soll  an  Stelle 
des  von  mir  eben  geschilderten  „Phantasie- 
Sehens"  ein  der  Wirklichkeit  möglichst 
angenähertes  „Sehen"  treten.  Das  aber 
will  geübt  und  ständig  gepflegt  sein.  Hier 
liegt  eine  wichtige  Aufgabe  unserer  Beglei- 
tung, vor  allem  unserer  Frauen.  Sie  sollen 
uns  helfen,  unsere  Umwelt  zu  „sehen".  Sie 
sollen,  ohne  daß  wir  fragen,  uns 
unsere  Umgebung  so  genau  wie  möglich 
beschreiben,  sollen  viel  Farbe  ins  Bild  tun 
—  wissen  wir  doch,  was  Farbe,  was  Licht 
ist  — ,  sollen  uns  von  Gebäuden  die  Größe, 
Form  und  Bauart  beschreiben,  sollen,  wenn 
wir  in  freier  Natur  sind,  uns  die  Landschaft 
„sehen"  lassen,  und  zwar  systematisch,  wie 
wir  es  als  Soldaten  bei  der  Geländebeschrei- 
bung taten,  Vordergrund,  Mittelgrund,  Hin- 
tergrund, immer  von  links  nach  rechts,  sollen 
uns  auf  Besonderheiten,  einen  schönen  Baum 
.etwa,  „aufmerksam  machen",  kurz,  uns  alles 
mit  „sehen"  lassen,  was  sie  selbst 
sehen. 

Das  ist  nicht  immer  leicht  und  will  gelernt 
sein;  aber  es  lohnt  sich,  daß  sich  unsere 
Begleiter  ernsthaft  darum  bemühen;  denn 
sie  machen  uns  die  graue,  leere  Welt  bunt 
und  gegenständlich  lebendig.  Daneben  fällt 
für  sie  selbst  noch  ein  Gewinn  dabei  ab:  sie 
selbst  lernen  bewußt  sehen,  genau  sehen. 
Aus  diesem  Grund  empfiehlt  man  selbst  sol- 
chen, die  nicht  zeichnen  können,  sich  auf 
Wanderungen  etwa  einen  Skizzenblock  mit- 
zunehmen und  eifrig  zu  zeichnen,  was  sie 
sehen  —  ganz  gleich,  was  zeichnerisch  dabei 
herauskommt  — ,  weil  sie  so  überhaupt  erst 
richtig  sehen  lernen.  Ein  solches  Zeichnen, 
nur  mit  Worten  und  aus  Worten  geformten 
Bildern,    ist    die    Beschreibung    der    Umwelt 


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durch  unsere  Begleitung.  Uns  aber  ist  es  eine 
große  Hilfe  und  Bereicherung. 

Ein  weiterer  Weg,  unser  Inneres  mit  Bil- 
dern zu  füllen,  ist  das  Lesen  guter 
Naturbeschreibungen  oder  für  den, 
der  Freude  daran  hat,  von  Reisebeschrei- 
bungen. Wir  haben  wohl  früher,  wenn  wir 
ein  Buch  lasen,  solche  Beschreibungen  von 
Orten  oder  Naturbildern  gern  als  langweilig 
überschlagen.  Heute  sollten  wir  sie  recht 
aufmerksam  lesen  und  das,  was  uns  da 
erzählt  wird,  recht  eindringlich  in  uns  auf- 
bauen. 

Daß  wir  uns  die  Räume,  in  denen  wir 
leben  und  arbeiten,  die  nähere  Umgebung 
unserer  Wohnung,  den  Weg  zur  Arbeits- 
stelle und  auch  die  Menschen,  mit  denen 
wir  umgehen,  ganz  genau  beschreiben  lassen, 
ist  eigentlich  selbstverständlich  und  Vor- 
bedingung dafür,  daß  wir  in  unserer  näheten 
Umwelt  heimisch  werden.  Es  wird  hier  auch 
nur  mehr  der  Vollständigkeit  halber  ange- 
führt. 

Ich  kann  mir  denken,  daß  manche  Kame- 
raden eigene  Erfahrungen  und  Anregungen 
zum  „Sehen"  der  Kriegsblinden  beibringen 
können.  Sie  mögen  es  tun;  denn  solche 
Erfahrungen  können  uns  allen  nützen,  immer 
mehr  von  der  Welt  zu  „sehen". 

Bodo  Schütz  (Hamburg) 

Der  kriegsblinde  Stenotypist 
und  das  Dimafon 

Die  neuen  Tonbandgeräte  (Klein-Magneto- 
phone),  die  in  steigendem  Maße  bei  Kriegs- 
blinden Eingang  finden  und  vor  allem  als 
Wiedergabegerät  für  die  Tonbänder  der 
künftigen  Hörbücherei  dienen  werden,  haben 
zu  vielerlei  Mißverständnissen  und  Fragen 
Anlaß  gegeben.  Es  sei  an  dieser  Stelle  be- 
tont, daß  der  Bund  der  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands es  nicht  als  seine  Aufgabe  ansehen 
kann,  ein  einzelnes  Fabrikat  besonders  zu 
empfehlen  oder  gar  als  allein  brauchbar  zu 
bezeichnen. 

Mißverständnisse  hat  es  vor  allem  unter 
kriegsblinden  Stenotypisten  gegeben,  denen 
als  Diktiergerät  bisher  im  wesentlichen  nur 
das  Dimafon  bekannt  war.  Es  sei  hier  be- 
tont, daß  man  auch  weiterhin  nicht  davon 
wird  sprechen  können,  daß  das  Dimafon  für 
den  blinden  Stenotypisten  „überholt"  sei, 
wenn  auch  nach  den  ersten  Erfahrungen  die 
Bandgeräte  von  Grundig  oder  AEG  sich  für 
den  beruflichen  Einsatz  durchaus  zu  eignen 
scheinen.  Wir  möchten  unsere  Leser  bitten, 
einen  möglichst  lebhaften  Erfah- 
rungsaustausch über  die  verschieden- 
sten Tongeräte  in  unserer  Zeitschrift  vor- 
zunehmen und  bitten  dringend  um 
Zuschriften,  nicht  nur  von  Stenoty- 
pisten, sondern  auch  von  anderen  Kame- 
raden, die  mit  solchen  Geräten  umgehen. 

Das  Dimafon,  über  das  wir  ausführlich  im 
Novemberheft  1950  unserer  Zeitschrift  be- 
richtet haben,  ist  ein  Diktiergerät,  das  nicht 
mit  Band,   sondern  mit  Platten  arbeitet,   je- 


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doch  ebenfalls  mit  dem  Magnetophonprinzip, 
so  daß  die  Platten,  die  übrigens  in  Sekun- 
denschnelle wechselbar  sind,  gelöscht  und 
sogleich  wieder  neu  besprochen  werden  kön- 
nen. Für  die  Berufsarbeit  der  Stenotypisten 
besonders  glücklich  ist  die  Möglichkeit  eines 
raschen  Stoppens  der  Platte  und  eines  sofor- 
tigen Wiederanlaufens  mit  voller  Geschwin- 
digkeit, und  nicht  zuletzt,  daß  durch  Bedie- 
nung eines  Fußschalters  der  Tonarm  auto- 
matisch um  1  oder  2  Rillen  auf  der  Platte 
zurückgesetzt  wird,  so  daß  der  gesprochene 
Text  beliebig  oft  und  mühelos  wiederholt 
werden  kann.  Wenn  auch  das  Dimafon  nicht 
für  die  Tonbänder  einer  Hörbücherei  einzu- 
richten ist,  so  hat  es  sich  im  beruflichen 
Einsatz  gerade  für  blinde  Stenotypisten  in 
den  letzten  Jahren  in  Hunderten  von  Fällen 
doch  sehr  bewährt. 

Ein  eifriger  Verfechter  des  Dimafons  ist 
unser  Kamerad  Wenzel  Weiser,  der  als 
Stenotypist  beim  Landratsamt  in  Sonthofen 
tätig    ist.    Er    schreibt    uns    u.    a.    folgendes: 

„Es  kommt  bei  dem  kriegsblinden  Steno- 
typisten darauf  an,  daß  er  zum  Diktat  schnell 
einsatzbereit  und  zur  Übertragung  mit  der 
Schreibmaschine  die  einzelnen  Diktate  schnell 
zur  Hand  hat  und  sie  in  beliebiger  Reihen- 
folge, d.  h.  je  nach  Dringlichkeit,  ohne  Schwie- 
rigkeit schnell  übertragen  kann.  Die  unzer- 
brechliche Dimafonplatte  (die  Astromag- 
Platte  hat  sich  bestens  bewährt)  hat  eine 
Laufzeit  von  insgesamt  20  Minuten.  Ihre 
Handhabung  ist  —  wie  beim  Plattenspieler 
—  denkbar  einfach.  Durch  Druck  auf  einen 
Knopf  kann  von  Aufnahme  auf  Wiedergabe 
rasch  umgeschaltet  werden,  ein  Vorgang,  der 
beim  Bandgerät  viel  längere  Zeit  bean- 
sprucht. Auch  ist  das  Wechseln  der  Platte 
sehr  leicht .  und  ohne  Zeitverlust  möglich, 
während  das  Auswechseln  eines  Bandes  um- 
ständlicher ist.  Beim  Stoppen  entfällt  die 
Aus-  und  Anlaufzeit,  weil  nur  die  Platte 
und  nicht  der  Plattenteller  gestoppt  wird. 
Das  halte  ich  für  besonders  wichtig,  da  der 
Diktierende  und  auch  der  Stenotypist  da- 
durch weniger  Geduld  brauchen.  So  kann  man 
bei  der  Wiedergabe  auch  mitten  im  Wort 
stoppen  und  hört  beim  Loslassen  die  zweite 
Hälfte  des  Wortes  sogleich  in  klarer  Deut- 
lichkeit. 

Zum  Schluß  noch  ein  Hinweis  für  stel- 
lungslose Stenotypisten,  den  ich  zur  Nach- 
ahmung empfehle:  Mir  verhalf  die  Telefon- 
aufnahmevorrichtung des  Dimafons  zu  meiner 
Stelle.  Ich  rief  den  Herrn  Landrat  vom  Post- 
amt einer  8  km  entfernten  Ortschaft  aus  an 
und  bat  um  ein  rasches  Diktat,  nachdem  ich 
mich  vorgestellt  hatte.  Während  des  Diktats 
bat  ich  um  schnelleres  Tempo.  Das  schien 
dem  Landrat  unbegreiflich,  aber  am  darauf- 
folgenden Tage  stellte  ich  mich  persönlich 
vor  und  zeigte  dem  Herrn  Landrat  ein 
Schreiben,  auf  dem  nicht  nur  das  Diktat, 
sondern  das  ganze  Gespräch  niedergeschrie- 
ben war.  Dazu  führte  ich  ihm  das  Dimafon 
vor,  damit  er  das  Schreiben  auf  die  Richtig- 
keit hin  vergleichen  könne.  Das  Ergebnis: 
Anstellung  ab  nächsten  Monatsersten." 


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14 


er 


tuvi 


rec/t^r 


,  Vergnügliche  Träumerei 
„Der.  Tod  erlebt  einen  Spaß"  (Stuttgart) 
Endlich  einmal  hat  ein  Preisausschreiben 
ein  Ergebnis  gehabt,  das  nicht  enttäuscht: 
die  Stuttgarter  entdeckten  bei  ihrer  Suche 
nach  heiteren  Hörspielen  einen  begabten 
Autor  —  Gerhard  Niezoldi  —  und  ein 
originelles  Werk  mit  einem  bezaubernden 
Einfall.  Der  Tod  erlaubt  dem  Spitzbuben 
Lange  Rübe  eine  kurze  Rückkehr  ins  Leben, 
und  das  wird  ein  prächtiger  Spaß,  weil  die 
Menschen,  die  den  Gauner  doch  gestorben 
wissen,  zu  träumen  meinen  und  im  Traum 
sich  aller  moralischen  Grundsätze  einmal 
entledigen.  Das  wird  höchst  vergnüglich 
durchexerziert,  wenn  auch  im  Grunde  — 
trotz  feiner  sprachlichen  Kultur  —  sehr  viel 
näher  dem  Sketch  als  der  Komödie.  Mag  es 
auch  fragwürdig  sein,  den  Tod  zu  bagatelli- 
sieren (in  diesem  Punkt  stand  Paul  Ernst, 
dem  Figuren  und  Atmosphäre  entliehen 
wurden,  nicht  Pate),  und  mag  mit  der  Rolle 
des  Todes  auch  das  ganze  Geschehen  so  weit 
ins  Märchenhafte  entrückt  sein,  daß  keine 
unmittelbare  Brücke  mehr  hineinführt,  so 
kommt  man  doch  aus  dem  Schmunzeln  nicht 
heraus.  Auch  die  Inszenierung  (Paul  Land) 
war  diesmal  voll  geglückt:  locker,  glitzernd, 
dabei  doch  mit  ruhigem  Grundton,  ohne 
Affekte  oder  Pointen  dick  aufzutragen.  — 
Sehr  bezeichnend  ist  es  übrigens,  daß  man 
als  bestes  Werk  des  Preisausschreibens  ein 
Hörspiel  bezeichnen  mußte,  das  ins  Märchen 
flüchtet.  Bietet  unsere  Gegenwart  tatsächlich 
keine  heiteren  Stoffe? 

Schock  und  Schicksal 

„Die  Chaconne"  von  H.  v.  Heister  (NWDR  Berlin) 
Was  in  den  letzten  Monaten  des  Krieges 
im  deutschen  Osten  geschehen  ist,  konnte 
von  vielen  Menschen,  die  es  miterlebt  haben, 
bis  heute  seelisch  nicht  überwunden  werden. 
Der  Zusammenbruch  kam  vielfach  so  schnell 
und  in  so  furchtbarer  Form,  daß  ein  Schock 
einige  der  Betroffenen  lähmte  und  durch 
diese  Lähmung  vor  dem  physischen  Tode 
bewahrte.  In  diese  tiefenpsychologischen 
Zusammenhänge  führt  uns  das  Hörspiel  von 
Hans  von  Heister  „Die  Chaconne".  Es 
gehört  zu  den  bedeutsamen  Rundfunk- 
schöpfungen der  letzten  Zeit,  wenngleich  es 
.  trotz  oder  vielleicht  wegen  der  virtuosen 
Beherrschung  aller  Möglichkeiten  des  Mikro- 
phons nicht  ganz  frei  ist  von  einer  gelegent- 
lich das  Rührstück  streifenden  Sentimenta- 
lität. Dieser  Eindruck  stellt  sich  kaum  schon 
im  Augenblick  des  Hörens  ein.  Er  ergibt 
sich  erst,  wenn  man  darüber  nachdenkt,  ob 
denn  in  den  an  sich  erschütternden  Erleb- 
nissen der  jungen  Königsbergerin,  die  nach 
dem  Angriff  der  Russen  unter  Verwundeten 
und  auf  der  Flucht  Schlimmstes  erleben 
mußte,  ob  denn  in  dem,  was  sich  als  Schock 
oder  Trauma  lähmend  und  schützend  zu- 
gleich über  ihr  Bewußtsein  legt,  wirklich 
ein  Konfliktstoff  enthalten  ist,  der  eine 
Lösung  von  innen  her  erfordert.  Was  hier 
geschieht,  kommt  von  außen,  es  trifft  den 
Menschen  wie  ein  Keulenschlag,  und  wenn 
auch  durch  die  menschlich  sympathische 
Bemühung  des  Arztes  die  seelische  Ver- 
krampfung des  Mädchens  schließlich  qelöst 
wird,  so  geschieht  doch  auch  das  letztlich  so. 
daß  zwischen  Schock  und  Schicksal  kein 
tieferer  Zusammenhang  aufgedeckt  wird. 
Durch  das  schuldlos  Zufällige,  das  den  sehr 
spannungsstark  entwickelten  Vorgang  als 
Einzelfall  charakterisiert,  wird  dem  Ganzen 
jene  Verbindlichkeit  genommen,  auf  die  es 
doch  ankommt,  wenn  ein  Hörspiel  mehr  als 
eine  Nervenerregung  vermitteln  soll.    Trotz 


dieses  grundsätzlichen  Einwandes  muß  be- 
tont werden:  es  ist  dem  Autor  und  dem  Re- 
gisseur Rolf  von  Goth  gelungen,  durch  die 
ungewöhnlich  rundfunkgerechte  Ausschöp- 
fung der  psychologischen  und  musikdrama- 
turgischen Möglichkeiten  —  Bachs  Chaconne 
treibt  und  trägt  die  Handlung  —  ein  un- 
gemein wirksames  Hörspiel  zu  schaffen. 

Ein  konsequenter  Mann 

„Friederike  und  die  Freunde" 
von   J.   Tralow   (Bayer.   Rundfunk) 

„Mein  Fehler  begann  damit,  daß  ich  jeden 
zum  Schurken  erklärte,  der  nicht  meine 
Meinung  hatte",  —  das  ist  die  bei  aller 
politischen  Fragwürdigkeit  doch  sympathische 
Gesinnung  von  Johannes  Tralow,  wie  sie 
auch  in  seinem  Hörspiel  „Friederike  und 
die  Freunde"  zum  Ausdruck  kommt.  Und  die 
gleiche  Konsequenz,  mit  der  er  diese  Ge- 
sinnung  trotz   der   Gefahr   einer   politischen 


Verfemung  wahrmacht,  stellt  er  auch  in  den 
Mittelpunkt  seines  Hörspiels,  das  der  Ver- 
söhnung zwischen  Menschen  und  Völkern- 
dienen  will:  ein  „Mann  des  Gesetzes"  —  ein 
Staatsanwalt  im  Frankreich  von  1793  —  be- 
wahrt seine  edle  Unerbittlichkeit  gegen  sich 
und  andere,  auch  wenn  ihn  der  Weg  in  den 
Untergang  führt.  Er  hat  den  Freund  zu  ver- 
urteilen, verschafft  ihm  aber  dann,  um  sich 
zu  einigen,  die  Freiheit,  —  eine  Gesetzes- 
verletzung, für  die  er  nur  den  Tod  als  Sühne 
kennt.  Diese  klassische,  strenge  Konsequenz 
weist  den  Autor  als  Mann  von  bedeutenden 
Maßstäben  aus.  Auch  kennzeichnen  Plastik 
und  Klarheit  der  Darstellung  —  trotz  der 
Vielschichtigkeit  des  figurenreichen  Stoffs  — 
einen  Könner  von  Format.  Aber  trotz  allem 
kann  man  zu  dem  Werk  schwerlich  Ja  sagen. 
Denn  ist  die  tragische  Formel  —  Wiederher- 
stellung des  verletzten  Gesetzes  durch 
Selbstrichten  —  für  uns  noch  verbindlich? 
Zumal  dann,  wenn  das  Gesetz  Robespierre 


JDrogratmnvorscltau  für  -prörspiele 


15.  7.- 

20.05 

20.15 

20.30 

16.7. 

20.30 

21.00 

17.7. 

19.45 

20.00 

20.15 

20.35 

18.7. 

21.15 

19.7. 

20.45 

22.20 

21.7. 

20.05 

21.00 

22.7. 

20.10 

20.30 

20.30 

23.7. 

20.30 

24.7. 

20.00 

20.00 

21.15 

25.7. 

21.10 

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.23.30 

26.7. 

20.45 

27.7. 

17.00 

28.7. 

20.55 

21.15 


29.7. 

20.15 

20.30 

20.30 

30.7. 

20.45 

31.7. 

20.00 

1.8. 

21.45 

2.8. 

21.00 

22.20 

3.8. 

17.00 

4.8. 

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5.8. 

20.30 

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6.8. 

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9.8. 

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10.8. 

17.00 

11.8. 

12.8. 

20.30 

15.8. 

20.35 

17.8. 

17.00 

Hat  dir 


München:  „Die  Kurve"  von  Leonhard  Frank 

N WDR/UKW- West:  „Das  kleine  Lied"  von  Fritz  Schneider 

Südwestfunk:  „Die  Puppen  von  Poshansk"  von  Robert  Neumann 

Stuttgart:  „Erpressung"  von  Patrick  Hamilton 

Bremen:  „Der  Teufel  fährt  in  der  3.  Klasse"  von  Dührkop 

Frankfurt/UKW:  „Unter  den  Brücken"  von  Walter  Ulbrich 

NWDR:  „Alle  Menschen  leben  in  Kirchborn"  von  W.  J.  Lüddecke 

Saarbrücken:  „Der  Liebesschwur"  von  Anton  Betzner 

Beromünster:  „Mittsommernachtstraum  im  Armenhaus"   von  Pär  Lagerkvist 

München/UKW:  „Niki  und  das  Paradies  in  Gelb"  von  Leopold  Ahlsen 

Südwestfunk/UKW:  „Der  Träumer  und  die  Puppen"  von  Jonquille 

N WDR/UKW-Nord:  „Das  Gericht  zieht  sich  zur  Beratung  zurück"  (V) 

Stuttgart/UKW:  „Der  Tod  erlebt  einen  Spaß"  von  Gerhard  Niezoldi 

Frankfurt:  „St.  Louis  Blues"  von  H.  O.  Wuttig 

N WDR/UKW-Nord:  „Blick  auf  Venedig"  von     Günter  Eich 

Südwestfunk:  „Amtmann  Enders"  von  Fred  von  Hoerschelmann 

München:  „Der  Teufel"  nach  Alfred  Neumann  (I.Teil) 

Bremen:  „Seine  Majestät  Gustav  Krause"  von  E.  Foerster 

Stuttgart:  „Intermezzo"  von  Jean  Giraudoux 

Frankfurt/UKW:  „Die  Bürger  von  Calais"  von  Georg  Kaiser 

München/UKW:  „Die  Kurve"  von  Leonhard  Frank    v 

München:  „Der  Teufel"  nach  Alfred  Neumann  (II.  Teil) 

NWDR/UKW-West:    „Spiel   im   Spiele"    von   W.  Franke-Ruta    (1.  Folge) 

RIAS:  „Der  Blinde"  von  Walter  Jens  (s.  Maiheft  S.  20) 

Südwestfunk/ÜKW:   „Der  Fall  Axel   Petersen"   von  Carl  Dietrich  Carls 

Stuttgart:  „Der  Teufel  hole  die  Philosophie"  von  Gundlach 

NWDR/UKW-Nord:    „Der    König    von    Albanien",    eine    Köpenickiade    von 

J.  M.  Bauer 
München/UKW:  „Nächtliches  Gespräch"  von  Friedrich  Dürenmatt 
Frankfurt:  „Stern  der  Unsterblichen"  von  Rudolf  Krämer-Badoni 
NWDR/UKW-West:  „Ljuba  Marcovic"  von  Per  Schwenzen 
München:  „Colombe"  von  Jean  Anouilh 
Südwestfunk:  „Die  kühne  Operation"   von  Erwin  Wickert 
Stuttgart:  „Konferenz  in  Cristobal"    von  W.  E.  Schäfer 
RIAS:  „Besondere  Kennzeichen"  von  H.  W.  Unna 
NWDR:  „Die  verschlossene  Tür"  von  Fred  von  Hoerschelmann 
NWDR/UKW-West:     .Spiel   im   Spiele"    von   W.  Franke-Ruta    (2.  Folge) 
Südwestfunk/UKW:  „Der  neue  Mantel"  von  Max  Gundermann 
NWDR/UKW-Nord:  „Das  Gericht  zieht  sich  zur  Beratung  zurück"   (VI) 
Stuttgart:  „Achtung,  Selbstschuß!"  von  Lutz  Neuhaus 
München/UKW:  „Der  Teufel"  nach  Alfred  Neumann  (l.Teil) 
Frankfurt:  „Stella"  nach  J.  W.  von  Goethe 

Südwestfunk:  „Der  arme  Mann  von  Gorgonzola"  von  W.  Kolbenhoff 
München:  „Nächtliches  Gespräch"   von  Friedrich  Dürrenmatt 
München/UKW:  „Der  Teufel"  nach  Alfred  Neumann  (2.  Teil) 
Stuttgart:  „Karussells  sind  im  Himmel  gemacht"  von  Herbert  Dührkop 
NWDR:  „Das  Spiel  geht  weiter"  von  H.  Nowak  und  G.  Zivier 
Südwestfunk/UKW:    ,Es  war   ein  ungewöhnlich   langer  Tag"    von   Piontek 
Stuttgart:  „Alle  Menschen  leben  in  Kirchborn"  von  W.-.J.  Lüddecke 
Frankfurt:  „Die  kleinen  Sünden"  von  Kurt    Heynicke 
Südwestfunk:  „Das  sonderbare  Telefon"  von  Christian  Bock 
NWDR:  „Der  Tiger  Jussuff "  von  Günter  Eich. 
Stuttgart:  „Der  Tiger  Jussuff"  von  Günter  Eich 

ein  Hörspiel  besonders  gut  gefallen,  so  schreibe  es  der  Schriftleitung! 
Denke  an  den  „Hörspiel-Preis  der  Kriegsblinden"! 


15 


Noris-Tachometer-Werk 

G.  M.  B.  H. 

NÜRNBERG -W. 

Muggenhofer  Straße  95 


Fritz  Schmitt 

Eisen     .     Metalle 
Rohprodukten-Großhandlung 

Gießen  und  Wetzlar 


Herstellung  von   Hand- 
schuhen  u.  Lederhosen 

(14b)  Neuhausen  b.  Urach 

Friedrichstraße  5 


gegi.i8b    iTlyQl 

Kautabak  aus  Hann.  Münden 


heißt  und  nur  eine  Formel,  also  Unrecht  ist? 
Gewiß  ist  es  gerade  für  den  so  maßstab- 
losen Menschen  der  Gegenwart  heilsam, 
dieser  unvernünftig  erscheinenden  Kon- 
sequenz des  Staatsanwalts  gegenübergestellt 
zu  werden,  aber  der  Hörer  vermag  sie  nicht 
nachzuerleben.  Hemmend  war  dafür  auch 
der  historische  Rahmen.  Es  erwies  sich  aufs 
neu-  —  mochte  sich  Walter  Ohms  Regie 
auch  noch  so  sorgsam  um  lebendige  Durch- 
blutung bemühen  — ,  daß  Kostümstücke  und 
geschichtliche  Kulissen  eine  schwer  über- 
windbare Kluft  im  Lautsprecher  mit  sich 
bringen. 

„Haben  Sie  sich  vorher  schon 
gekannt?" 

Wer  von  den  verheirateten  Kriegsblinden 
wäre  dieser  nicht  nur  taktlosen,  sondern  auch 
auf  Grund  des  Motives,  das  den  Fragesteller 
bewegt,  reichlich  naiven  Frage  nicht  schon 
einmal  begegnet!  Heißt  diese  Frage  stellen 
nicht  schon  eingestehen,  daß  man  sich  von 
der  Beantwortung  —  bezeichnenderweise 
fragen  fast  immer  Frauen  —  die  Befriedigung 
bloßer  Neugier  und  gar  neuen  Stoff  für  den 
Hausflurklatsch  erhofft?  Ja,  man  kann  meist 
sogar  noch  weitergehen  und  behaupten, 
daß  die  Fragenden  von  vornherein  eine 
Verneinung  erwarten:  „Wir  haben  uns  vor- 
her nicht  gekannt."  Aber  wie  die  Antwort 
auch  ausfällt,  immer  kann  sie  vom  Fragenden 
mit  wichtigtuerischer  Überlegenheit  kommen- 
tiert werden.  Viele  von  uns  wissen,  daß  der 
in  einer  solchen  Frage  verborgene  Giftpfeil 
nur  oder  doch  in  erster  Linie  auf  die  Frauen 
der  Kriegsblinden  abgeschossen  werden  soll. 
Unter  dem  Mikroskop  betrachtet,  heißt  doch: 
„Haben  Sie  sich  vorher  schon  gekannt?" 
nichts  anderes  als:  „Ja,  meine  Liebe,  wenn 
Sie  schon  vor  der  Erblindung  mit  ihm  ver- 
heiratet waren!  Eine  Ehe  ist  schließlich  eine 
Ehe,  und  jetzt  müssen  Sie  sich  aufopfern. 
Das  hätten  Sie  sich  doch  sicher  nicht  träumen 
lassen!  Nein,  nein,  so  ein  Schicksal,  Sie 
können  mir  leid  tun!" 

Ist  aber  die  Ehe  erst  nach  der  Erblindung 
des  Mannes  geschlossen  worden,  so  klingt 
der  mehr  oder  minder  geheime  Kommentar 
zu  der  Frage:  „Haben  Sie  sich  vorher  schon 
gekannt?"  nicht  anders  als:  „Ich  begreife 
Sie  nicht,  Sie  hätten  doch  einen  ganz  anderen 
kriegen  können,  ein  Mädel  wie  Sie!?" 

In  zweiter  Linie  erst  richtet  sich  der  Pfeil 
gegen  den  Kriegsblinden  selbst.  Auf  ihn 
abgewandelt,  könnte  man  die  Frage  etwa  so 
auslegen:  „Ein  Leben  lang  neben  einem 
Menschen,  den  man  nie  zuvor  gesehen  hat? 
Ein  Leben  lang  mit  einem  gestaltlosen 
Schemen,    mit    einer    bloßen    Stimme    ver- 


heiratet   sein,    wie    kann 
man    das    nur    ertragen?" 

Ohne  daß  ich  hier  Dar- 
legungen wiederholen 
will,  die  in  der  Zeitschrift 
und  im  Kameradenkreis 
schon  eingehender  erör- 
tert worden  sind,  kann 
ich  denen,  die  es  angeht, 
ein  paar  grundsätzliche 
Worte  nicht  ersparen.  Ich 
meine,  daß  es  keines  be- 
sonderen Scharfsinnes  be- 
darf, das  folgende,  kurz 
und  bündig  Gesagte,  ein- 
deutig zu  verstehen:  Wo 
es  vorgekommen  sein  sollte,  daß  eine  Frau 
sich  nach  der  Erblindung  ihres  Mannes  von 
ihm  gelöst  hat,  da  können  wir,  ohne  zu 
übertreiben,  diesem  Manne  dazu  nur  gratu- 
lieren! Er  entging  einem  Leben  voll  seelischer 
Qualen  und  Depressionen.  Seine  Frau  hätte 
ihn  nur  als  unbequeme,  überdrüssige  Last 
empfunden  und  dementsprechend  behandelt. 
Er  wird  eine  andere  finden,  die  ihn  nicht 
mehr  als  lästiges  Anhängsel  betrachtet. 

Was  aber  diese  tapferen  Frauen  betrifft, 
denen  das  Schicksal  nicht  einen  erblindeten 
Mann  aus  dem  Kriege  zurückbrachte,  sondern 
die  sich  den  Kriegsblinden  und  ihr  Los  als 
seine  Ehefrau  freiwillig  erwählten,  so  sollten 
sie  für  derartig  törichte  urid  unbedachte 
Fragen  unempfänglich  sein.  Die  Überlegen- 
heit ihrer  geistigen  Einstellung  läßt"  ver- 
letzende Neugier  an  ihnen  abgleiten  wie 
Wasser  von  einer  Ölhaut.  Wir  Kriegsblinden 
selbst  aber  können  nur  lächeln  über  den 
Unsinn  und  den  Wust  an  falschen  Vorstel- 
lungen, die  sich  uns  immer  wieder  hinter 
den  Stirnen  neugieriger  Frager  eröffnen. 
Lächeln  auf  jene  Weise,  wie  es  nur  uns  und 
der  uns  allein  eigenen  Welt  entspringen 
kann. 

Als  kürzlich  jemand  die  Rede  auf  das  bei 
uns  Blinden  besonders  ausgeprägte  Tast- 
gefühl brachte  und  ich  im  Begriffe  war,  ihm 
zu  erklären,  daß  der  Blinde,  um  auf  seine 
Weise  sehen  zu  können,  in  erster  Linie  auf 
seine  Hände  angewiesen  sei,  tauchte  auch 
hier  (wie  hätte  es  wohl  anders  sein  können?) 
die  Frage  auf,  welche  Vorstellung  ich  denn 
von  meiner  Frau  hätte,  die  ich  doch  noch  nie 
gesehen  habe.  Ich  lächelte  und  antwortete: 
„Wenn  Sie  ein  Hexenmeister  wären,  würde 
ich  Sie  jetzt  ersuchen,  mir  für  fünf  Minuten 
mein  Augenlicht  wiederzugeben.  Sodann 
würde  ich  Sie  um  ein  Blatt  Papier  bitten  und 
darauf  mit  dem  Stift  in  aller  Eile  zwei  kleine 
Porträts  anfertigen  und,  nehmen  Sie's  mir 
nicht  übel,  nicht  ich,  sondern  Sie  wären  der 
mit  Blindheit  Geschlagene,  wenn  es  Ihnen 
nicht  gelänge,  in  diesen  Zeichnungen  meine 


Hoher  Blutdruck 
Arterienverkalkung 

mit  ihren  quälenden  Begleiterscheinungen  wie  Herzunruhe 
Schwindelgefühl,  Nervosität,  Reizbarkeit,  Ohrensausen, 
Zirkulationsstörungen,  allgemeiner  geistiger  und  körper- 
licher Leistungsrückgang  werden  seit  vielen  Jahren  durch 
Antisklerosin-Dragees  bekämpft.  Antisklerosin 
enthält  heilkräftige,  blutdrucksenkende,  herzregulierende 
Kräuterdrogen  und  -extrakte,  eine  seit  vierzig  Jahren  be- 
währte Blutsalz -Komposition  sowie  Medorutin,  das  die 
Adernwände  elastischer  macht.  Antisklerosin  greift  die  Be- 
schwerden gleichzeitig  von  mehreren  Seiten  her  wirkungs- 
voll an.  Hunderttausende  gebrauchen  es.  6o  Dragees  M  2.4  5, 
Kurpackung  360  Dragees  DM  11.80.  In  allen  Apotheken. 


ABER  AUCH  G EG-SCHOKOLADE  UND 
GEG-DROPS  ERHALTEN  DIE  LIEBE- 
WEIL   SIE    SO    KOSTLICH    SIND! 


AUS  DEM 


KONSUM 


Frau  und  meinen  Sohn  zu  erkennen!  Im 
übrigen:  das  Wesensbild  eines  Menschen  ist 
nicht  das  Bild  der  Oberfläche,  wie  es  das 
Auge  sieht.  Wollen  Sie  behaupten,  daß  Sie 
jemanden  kennen,  nur  wenn  Sie  ihn 
ansehen?  Vielleicht  gar  hindert  Sie  das 
Sehen  daran,  einen  Menschen  wirklich' 
kennenzulernen  —  wer  weiß!  Ich  jedenfalls 
bin  sicher,  daß  ich  die  Meinen  kenne,  besser 
als  vielleicht  mancher  Sehende  die  Seinen 
kennt." 

De*  Mann  brauchte  lange,  bis  er  das  Ge- 
hörte verarbeitet  hatte.  Dann  aber  legte  er 
mir  die  Hand  auf  den  Arm  und  sagte:  „Ihr 
Blinden  lebt  doch  in  einer  erstaunlichen 
Welt,  einer  Welt,  in  der  man  im  Dunkel 
sehen  kann!"  Und  in  seiner  Stimme  war 
nichts  mehr  von  jenem  leisen  Grauen,  das 
uns  sooft  bei  der  Begegnung  mit  Sehenden 
anspringt  und  das  aus  den  Vergleichen  ent- 
steht, die  der  Sehende  zwischen  seinem  und 
unserem  Schicksal  zieht.  Deutlich  verspürte, 
ich  den  Einbruch,  der  mir  hier  in  die  Vor- 
stellungswelt eines  Sehenden  über  das  Innen- 
leben der  Blinden  gelungen  war.  Möge  den 
hier  gemachten  Aufzeichnungen  gleichfalls 
gelingen,  solche  Wirkung  hier  oder  da  zu 
erzielen.  Harry  Barthel 

Uhren  für  die  Ostzone! 

Immer  wieder  erreichen  uns  Bittenvon 
kriegsblinden  Kameraden  aus 
der  Ostzone,  denen  eine  Blindenuhr 
fehlt.  Jeder  von  uns  weiß,  wie  notwendig 
und  wie  hilfreich  der  Besitz  einer  Blinden- 
uhr ist.  Wir  möchten  deshalb  noch  einmal 
auf  das  herzlichste  darum  bitten,  Blinden- 
uhren  zur  Verfügung  zu  stellen.  Es  gibt  in 
der  Ostzone  sogar  eine  ganze  Anzahl  von 
Telefonisten,  die  keine  Uhr  besitzen  und  die 
deshalb  ständig  in  Verlegenheiten  sind. 

Wer  von  unseren  Lesern  eine  Blinden- 
uhr zu  stiften  bereit  ist,  schreibe  kurz  eine 
Postkarte  an  die  Schriftleitung  „Der  Kriegs- 
blinde", Bielefeld,  Stapenhorststraße  138. 
Der  Spender  erhält  dann  Bescheid,  wohin 
die    Uhr    zu    senden   ist. 


Eigentumsverhältnisse   „Der  Kriegsblinde" 

Gemäß  einem  Gesetz  des  Landes  Nordrhein- 
Weslfalen,  in  dessen  Bereich  unsere  Zeitschritt 
erscheint,  hat  jede  Zeitung  oder  Zeitschrift  die 
„Offenlegungspflicht"  ihrer  Eigentumsverhältnisse, 
die  wir  ordnungsgemäß  hier  bekanntgeben: 

Die  Zeitschriil  „Der  Kriegsblinde"  ist  allei- 
niges Eigentum  des  „Bundes  der  Kriegs- 
blinden Deutschlands  e.  V."  (Sitz  Bonn).  Die 
Gründung  erfolgte  allein  mit  Mitteln  der  ge- 
nannten Organisation.  Keinerlei  fremdes  Kapital 
wurde  investiert.  Eventuelle  Gewinne  der  Zeit- 
schrift Hießen  allein  dem  Bund  der  Kriegsblinden 
und  seiner  Betreuungsarbeit  zu. 


16 


■ 


Es  bauen 
in  Stadt  und  Land: 


DIE  ÄBiT RÄ\ÄNNE  R 

Die  Abermänner 


Stätte 


1   ÖHSIH£|B|gj 


4äi  den 

täqltchen 

ÖZedLoßil 


Kaufhaus  KARL  KERBER,  Gießen 


Kreuzplatz  —  Fernruf  3909 


ü 

Künstliche  Augen 

nach  Natur  sowie  Muster 

Gustav  Pehl 

(13a)  Nürnbeig,  Roonstiaße  5 

Niederrheinische 

Bergwerks- 
Aktien-Gesellschaft 

Neukirchen 

(Kreis  Moers) 


Metall«  u.  Schrotthandel  Adolf  Frankfurter 

Mannheim  F  7,  1 

Fernsprecher  31435 


Teppiche 
Vortagen 
Bettumrandungen 
Läuferstoffe 
Auslegeware 

Otto  Kuhlmann  &  Co. 

T  E  P  P  I  C  H  W  E  R  K    G.  m.  b.  H. 

Hameln  /Weser 

Erhältlich  nur  beim  einschlägigen  Fachhandel 


Scholz  &  Jung 

Gießen 

Aulweg  1, Fernruf  3429 

Zentralheizungen 
und  sanitäre  Anlagen 

Arbeitsgebiete: 

Zentralheizungs-  u.  Warm- 
wasser bereitungsanlagen 
Sanitäre  Einrichtungen  und 
Bäder  jeder  Alt 
Wasserversorgungen  und 
Pumpenanlagen 
Lüftungsanlagen 


ELSKAMP&  CO. 

Holzhandlung  .  Bretten  Baden 


Karlsruher 
Eisen-  u.  Stahlhandel 

G.m.b.H. 
Karlsruhe,  Fautenbruchstr.49 


RHEIN-MAIN  BANK 

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DRESDNER  BANK 

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Bad  Nauheim,  Offenbadi  (Main),  Wiesbaden 


KRi 

II  Simml  aus  dem  Bayerischen 

la,  die  Körner  sind  lest  und 

Foto:    Fruhstorfer 


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ZEITSCHRIFT    FÜR    VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN   DES   BUNDES   DER   KRIEGSBLINDEN   DEUTSCHLANDS   E.V. 


NR.  12    .   3.  JAHRGANG 


AUGUST    1952 


VERLAGSORT  BIELEFELD 


Es  ist  auf  Erden  nichts  zu  geben, 

was  des  Nehmens  wert  ist, 

als  das  innerste  Vertrauen. 

BRENTANO 


Die  Menschen  werden  durch  Gesinnungen  geeinigt, 
durch  Meinungen  getrennt. 


GOETHE 


AUS    DEM    INHALT 


Wir  gehören  zusammen.  Von  F.  W.  H. 
Die  saarländisch-deutsche  Kameradschaft 
Seltsame  Visite 


Seite 
1 
2 
2 


Vor  einer  Umwälzung  des  Blindendruckverfahrens? 
Von   Otto   H.   Allen 


Menschenbeurteilung    durch   Nichtsehende.     Von    Dr.    Otto 
Meyer-Auhausen 

überlege  einmal  ....    Von  Hans  Lehmann     .... 

Für  unsere  Schachfreunde.    Von  Gabriel  Mertens     . 

Als  selbständiger  Kaufmann.    Von  Fritz  Benske     . 

Neue  Lehrgänge  in  Tegernsee 

Lesermeinung 

Unsere  Heime  brauchen  Bücher! 

Ein  frohes  Herze 

Privater  Austausch  von  Tonbändern? 


Aus  den  Landesverbänden 
Aus  Schleswig-Holstein 


Seite 


Paul  Tramm  gestorben 
Kriegsblindensiedlung  in  Nürnberg 
Kriegsblindentreffen  mit  Dichterlesung 
Franz  Buchholz  gestorben 

Unsere  Sportmeisterschaft  (Ausschreibung  u.  Bedingungen)  11 

Versehrtensport  als  Heilmaßnahme 11 

Akten  früherer  Versorgungsämter 12 

Wichtig  für  Vertriebene  (Heimatortskarteien)     .       ,.   _.       .  12 

Kleine  Neuigkeiten 12 

Ein  Gruß  aus  Osterreich  (Die  Kriegsblinden  Vorarlbergs)   .  13 

Der   Kritiker  am  Lautsprecher 14 

Programmvorschau    für    Hörspiele 14 

Neuer  Industrieberuf  (Demontage  von  Stromzählern). 

Von  Heyko   Martens 15 

Mit  Tandem  und  Zelt  an  die  Ostsee.  Von  Berthold  Schulze  15 
Interessantes    aus    Kanada     (Brief    eines    Kameraden    aus 

Winnipeg) 16 


Unser   Titeltoto   verdanken   wir   dem  Fotografen    J.   Neven-du  Moni 


„Der  Kriegsblinde",  Zeitschrift  für  Verständnis  und  Verständigung.  Organ  des  Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.V.  (1.  Vorsitzender:  Amtsgerichtsrat  Dr.  Peter  Plein, 
Mürlenbach-Eifel.)  Verantwortlicher  Schriftleiter:  Friedr.  Wilh.  Hymmen,  Bielefeld,  Stapenhorststraße  138.  „Der  Kriegsblinde"  erscheint  monatlich.  Anzeigenverwaltung: 
Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V.,  Selbstverlag,  Wiesbaden,  Rheinstraße  73.   Die   Zeitschrift  ist   der  IVW   angeschlossen.   —  Druck:    Presse-Druck   GmbH.,   Bielefeld. 


ZEITSCHRIFT   FÜR   VERSTÄNDNIS    UND    VERSTÄNDIGUNG 

ORGAN    DES    BUNDES    DER    KRIEGSBLINDEN    DEUTSCHLANDS    E.  V. 


Nr.  12..   3.  Jahrgang    .    August  1952    .    Verlagsort  Bielefeld 


Wir  gehören  zusammen 


Auf  der  Titelseite  dieses  Heftes  ist  ein 
Foto  zu  sehen,  das  zwei  Kriegsblinde  zeigt, 
einen  älteren  und  einen  jüngeren,  die  in 
fröhlicher  Gemeinsamkeit  zusammensitzen. 
Es  sind  zwei  Münchener.  Es  könnten  genau 
so  gut  zwei  Bremer  oder  zwei  Ber- 
liner sein,  oder  zutreffender  gesagt: 
ein  Bremer  und  ein  Münchener, 
oder  einer  aus  der  Eifel  und  einer 
vom  Bodensee.  Denn  alle  Kriegs- 
blinden sind  so  etwas  wie  Ver- 
wandte, durch  ihr  gleiches  Schicksal 
verwandt  Gewordene.  Ein  Außen- 
stehender, der  dieses  Bild  betrach- 
tet, wird  vielleicht  zunächst  ver- 
blüfft darüber  sein,  daß  Kriegs- 
blinde überhaupt  vergnügt  und 
heiter  seih  können,  und  er  wird 
dann  sehr  bald  spüren,  daß  dieses 
„Auftauen",  dieses  befreiende,  frohe 
Sichaufschließen  vor  allem  dem 
Beieinandersein,  der  Gemeinsam- 
keit mit  dem  Kameraden  entspringt. 

Es  ist  eine  alte  Erfahrung,  daß 
der  Kriegsblinde  in  jedem  seiner 
Schicksalsgefährten  mehr  findet  als 
einen  Menschen,  zu  dem  man  aus 
Konvention  oder  Gewohnheit  „Ka- 
merad" sagt,  wenn  er  ihm  begegnet, 
und  den  er  dann  bald  wieder 
vergißt.  Nein,  jeder  Kriegsblinde 
—  und  man  kann  das  wörtlich 
nehmen,  es  ist  zweifellos  jeder  — 
hat  immer  wieder  innerlich  davon 
gezehrt,  daß  er  Kameraden  hat,  ob 
nun  im  Lazarett  ans  Bett  des  seit 
kurzem  Erblindeten  ein  erfahrener 
älterer  Kamerad  trat,  der  ihn  dazu 
ermutigte,  ein  neues  Leben  anzu- 
fangen, oder  ob  Stunden  des  Ver- 
zagens  auch  in.  späteren  Jahren 
dadurch  überwunden  wurden,  daß 
man  sich  des  Beispiels  anderer  er- 
innerte oder  nur  der  Gemeinsam- 
keit mit  Hunderten  und  Tausenden, 
etwa  mit  dem  Gedanken:  „Sie  alle 
müssen  einmal  durch  ein  solches 
Tief  hindurch,  sie  alle  würden  mich 
verstehen,  wenn  mich  niemand 
sonst  mehr  verstehen  würde,  und 
sie  alle  wissen  und  handeln  danach: 
Wir  gehören  zusammen." 

Daß  sich  alle  deutschen  Kriegs- 
bHnden  zu  einer  Gemeinschaft  zu- 
sammengeschlossen haben,  hat  also 
nichts  mit  einer  üblichen  Ver- 
einsgründunq  zu  tun  oder  doch  nur  in  einem 
ganz  nebensächlichen,  äußeren  Sinne.  Dieser 
Zusammenschluß,  so  wichtiq  er  für  die  ge- 
meinsame Verfechtung  sachlicher  Anliegen 
bei  Behörden  oder  in  der  Wirtschaft  auch  ist, 
findet  ja  seinen  tiefsten  Sinn  eben  in  einer 
inneren  Gemeinsamkeit,  die  den  Kame- 
raden aus  München  und  Bremen,  aus  Berlin 


und  Frankfurt  mit  einer  Selbstverständlich- 
keit ohnegleichen  zueinanderführt. 

Darin  liegt  die  eigentümliche  Kraft  des 
Kriegsblindenbundes,  die  zu  seiner  Geschlos- 
senheit und  damit,   ganz  von  innen  her,  zu 


Zum  Gedenken  an  Frau  Erna  Plein 

Vor  einem  Jahr,  am  18.  August  1951,  starb  unsere  verehrte  und 
geliebte  „Bundesmutter" ,  Frau  Erna  Plein,  geb.  von  Rosen.  Was  die 
deutschen  Kriegsblinden  an  ihr  verloren  haben,  ist  immer  wieder 
auis  neue  zu  spüren.  Der  Kralt  ihrer  Persönlichkeit  und  ihrer  Hin- 
gabelähigkeil  ist  es  mit  zu  verdanken,  daß  sich  alle  deutschen 
Kriegsblinden  zu  einer  Schicksalsgemeinschalt  zusammenschlössen, 
in  der  alle  Einzelinteressen  dem  Wohle  des  Ganzen  untergeordnet 
wurden.  In  Geist  und  Gesinnung  dieser  hervorragenden  Frau  wer- 
den auch  weiterhin  die  Kriegsblinden  aus  Nord  und  Süd  in  Kamerad- 
schaft  zusammenstehen  und  gemeinsam  ihre   Ziele   verfechten. 


Foto    nach    einem    Gemälde    von    Heinz    Hamm,    das    einen    Ehrenplatz    in 
unserem   Bonner   Bundesgeschäftshaus    fand. 


bar  kann  daher  jeder  Kriegsblinde  sein,  daß 
er  sich  in  einer  Gemeinschaft  geborgen  wis- 
sen darf,  die  —  wenigstens  bisher  —  von 
allen  eigensüchtigen,  allen  sprengenden  Ten- 
denzen freigehalten  werden  konnte.  Wer  ein- 
mal an  einer  Sitzung  der  zwölf 
Landesverbandsleiter  unseres  Bun- 
des teilgenommen  hat,  der  ist  im- 
mer wieder  beeindruckt  gewesen 
von  der  kameradschaftlichen  Ein- 
mütigkeit, die  alle  auch  dann  ver- 
band, wenn  man  über  diese  oder 
jene  Einzelfrage  verschiedener  Mei- 
nung war.  Bei  den  Beratungen  die- 
ser Einzelfragen  —  es  handelt  sich 
dabei  ja  meist  um  schwierige  und 
für  jeden  Kriegsblinden  bedeut- 
same Fragen  —  ging  es  aber  im- 
mer um  die  Sache,  und  der  Ver- 
treter Westfalens  oder  Württem- 
bergs oder  welchen  Landes  auch 
immer,  er  gab  sein  Urteil  ab  im 
Interesse  aller  7000  Kriegsblinden. 

Diese  Geschlossenheit  hat  natür- 
lich Opfer  gekostet.  Alle  Ein- 
heit kostet  Opfer,  alle  Kamerad- 
schaft setzt  irgendwann  einmal 
einen  Akt  der  Selbstüberwindung 
voraus,  ein  Geben,  eine  Mitver- 
antwortung für  den  anderen  und 
die  Gemeinschaft.  Das  beginnt, 
wenn  der  Soldat,  der  irgendwo  in 
einem  Dreckloch  am  MG  hockt,  mit 
seinem  Kameraden  die  letzte  Ziga- 
rette teilt;  das  setzt  sich  fort,  wenn 
der  Kriegsblinde  an  einen  unbe- 
kannten Kameraden  in  der  Ostzone 
eine  Biindenuhr  schickt,  auch  wenn 
sie  ihm  als  Erinnerungs-  oder  alä 
Reservestück  wertvoll  war;  und  das 
veranlaßt  uns  —  um  ein  beliebiges 
anderes  Beispiel  zu  nennen  — beim 
Besuch  eines  Erholungsheimes,  uns 
der  Ordnung  des  Heimes  zu 
fügen,  auch  wenn  wir  gern  ganz 
etwas  anderes  möchten.  Wir  wis- 
sen, daß  solche  Ordnungen  uns 
zwar  etwas  von  unserer  Freiheit 
und  von  unserer  Selbständigkeit 
wegnehmen,  daß  aber  andererseits 
das  Ganze  an  Freiheit  und  Sicher- 
heit gewinnt,  und  an  diesem  Ge- 
winn haben  wir  teil,  da  wir  Teile 
dieses  Ganzen  sind. 


Seiner  Stoßkraft  geführt  bat,  wenn  es  galt, 
unsere  Wünsche  und  Sorgen  bei  höchsten 
Regierungsstellen  zu  vertreten.  Keine  einzige 
Kriegsopferorganisation  hat  auch  nur  an- 
nähernd ein  Gleiches  aufzuweisen,  im  Gegen- 
teil, wir  finden  eine  unselige  Zerissenheit, 
.eine  Vielzahl  sich  oft  geradezu  haßerfüllt  be^ 
f  endender  Gruppen  und  Interessen.  Wie  dank- 


Opfer  und  Selbstüberwindung 
kostet  die  Kameradschaft  auch  im 
Verbandsleben.  Man  erinnere  sich  einmal 
daran,  daß  die  Gründung  des  Bundes  der 
Kriegsblinden  Deutschlands  im  September 
des  Jahres  1949  keineswegs  eine  so 
selbstverständliche  Sache  war,  denn  die 
Gründung  widersprach  den  „Interessen"  der 
einzelnen  Krieqsblindenverbände,  die  sich  in 
den    ersten    Nachkriegsjahren    für    die    ver- 


schiedenen  deutschen  Länder  hatten  gründen 
können.  Diese  Einzelverbärde  mußten  ihre 
Selbständigkeit  opfern,  wie  es  sechs  Wochen 
später  "z.  B.  der  größte  von  ihnen,  der  Bund 
„St.  Georg"  tat,  der  die  Kriegsblinden  der 
damaligen  britischen  Besatzungszone  ver- 
einigte. Die  anderen  Einzel  verbände  taten 
ein  gleiches,  sie  lösten  sich  auf,  und  als 
selbst  die  Delegierten  Bayerns  auf  dem  ersten 
Bundestag  des  Bundes  der  Kriegsblinden 
Deutschlands  die  Auflösung  ihrer  Organisa- 
tion zusagten  und  ankündigten,  obwohl  die 
Bayern  sehr  zäh  an  Eigenständigkeiten  und 
Sonderrechten  zu  hängen  pflegen,  da  war 
jene  Einheit  und  Geschlossenheit  entstanden, 
die  in  den  letzten  Jahren  jedem  einzelnen 
Kriegsblinden  zugute  gekommen  ist. 

Diese  Opfer  zugunsten  der  Geschlossenheit 
und  Stoßkraft  unserer  Schicksalsgemeinschaft 
waren  also  nicht  zuletzt  auch  Handlungen 
der  Klugheit.  Denn  was  in  diesen  Jahren 
bei  höchsten  Regierungsstellen  und  in  der 
Öffentlichkeit  erreicht  werden  konnte,  war 
ja  nur  möglich,  weil  der  einzelne  Kriegs- 
blinde, ob  er  im  Allgäu  oder  in  der  Lüne- 
burger Heide  wohnt,  Sprecher  hat,  die  von 
allen  Kriegsblinden  Deutschlands  ohne  jede 
Einschränkung  bevollmächtiat  sind.  Wie  hätte 
sonst  erreicht  werden  können,  was  erreicht 
worden  ist!  Wie  könnten  wir  auch  weiterhin 
unsere  Stimme  erheben,  ob  bei  wichtigen 
Gesetzesvorlagen  oder  ob  bei  der  Schaffung 
der  Hörbücherei  oder  bei  hundert  anderen 
wichtigen  Aktionen,  wenn  die  Kriegsblinden 
nicht  in  dieser  Geschlossenheit  zusammen- 
stünden! 

Als  am -27.  September  1949,  dem  Grün- 
dungstage unseres  Bundes,  unser  Kamerad 
ISirngruber  (München)  die  Aktion  dadurch 
vorantrieb,    daß    er    umständlich    arbeitende 


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satne 


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Im  Kriegsblindenlazarett  war  es  üblich, 
daß  jeder  Sehende  beim  Betreten  eines  Zim- 
mers seinen  Namen  und  Rang  sagte,  damit 
die  Blinden  orientiert  waren.  Das  geschah 
natürlich  auch,  wenn  ein  Arzt  das  Zimmer 
betrat.  Das  machten  wir  uns  für  einen  Spaß 
zunutze,  der  —  ich  gebe  es  zu  —  recht  derb 
war: 

Eines  Tages  trifft  ein  neuer  Kamerad  ein. 
Er  wird  auf  sein  Zimmer  geführt  und  erhält 
sein  Bett  angewiesen.  Einige  Zeit  später 
öffnet  sich  seine  Zimmertür,  und  eine  Stimme 
meldet  sich:  „Ich  bin  der  Stabsarzt.  Für  das 
Krankenjournal  muß  ich  noch  einige  Fragen 
an  Sie  richten."  Eine  markante  Stimme.  Der 
Kriegsblinde  nimmt  einigermaßen  Haltung 
an  und  gibt  gehorsam  alle  gewünschten  Aus- 
künfte. 

Er  ahnt  nicht,  daß  sich  nur  ein  paar  „alte" 
Kameraden  einen  Jux  mit  dem  „Neuen" 
machen.  Hinter  dem  Fragenden  stehen  die 
anderen  Bösewichter  und  verbeißen  sich  das 
Lachen.  Zunächst  ganz  harmlose  und  über- 
zeugende Fragen:  Name?  Geburtstag?  Rang? 
Wo  verwundet?  Verheiratet? 

Dann  aber  werden  die  Fragen  fataler: 
Dienststrafen?  Freundin?  Uneheliche  Kinder? 
Krankheiten?  Der  letztere  Punkt  wird  höchst 
genau  vorgenommen.  Schulleistungen?  Be- 
sondere Wünsche?  Kurz,  der  Kamerad  wird 
buchstäblich  bis  unters  Hemd  ausgefragt.  Der 
Fragende,  der  ja  selber  nichts  sehen  kann, 
tut  so,  als  ob  er  alles  in  eine  dicke  Akte 
einträgt.  Als  man  aber  draußen  den  richtigen 
Stabsarzt  herannahen  hört,  wird  die  selt- 
same Visite  rasch  abgebrochen. 

Am  anderen  Morgen  ließ  dann  der  Stabs- 
arzt, der  diesen  Streich  bald  herausgekriegt 
hatte,  doch  einige  warnende  Worte  von  sich, 
in  die  eine  Richtung  strenger,  in  die  andere 
Richtung  versöhnlicher.  Es  ist  dann  auch  nicht 
wieder  vorgekommen.  Lux 


vorbereitende  Ausschüsse  ablehnte  und  die 
entschlossene  Gründung  einer  einheitlichen 
Schicksalsgemeinschaft  empfahl,  da  handelte 
er  im  Sinne  aller  Kameraden,  die  über  jedes 
gewiß  berechtigte  Sonderinteresse  hinweg 
vor  allem  dieses  eine  wissen:  Wir  gehören- 
zusammen!  An  der  Festigkeit  dieser  Gesin- 
nung, die  alle  Kameraden  von  Nordbis  Süd 
verbindet  und  die  ein  beglückendes,  tragen- 
des Element  im  Lebenskampf  jedes  einzelnen 
von  uns  ist,  mußten  alle  Bestrebungen,  einen 
Einbruch  in  diese  Gemeinschaft  zu  erzielen, 
scheitern.  Wie  die  beiden  Kameraden, 
die  man  auf  unserem  Titelbild  sieht,  nicht 
nach  irgendwelchen  „Rechten"  fragen,  die  sie 


gegenseitig  für  sich  reservieren  möchten,  und 
wie  diese  beiden  Kameraden  nicht  durch 
irgendwelche  Lockungen  oder  Versprechun- 
gen zu  bewegen- wären,  ihre  Kameradschaft 
zu  verraten  und  den  anderen  im  Stich  zu 
lassen,  so  stehen  auch  all  die  Tausenden  von 
Kriegsblinden  und  ihre  größeren  Gemein- 
schaften, ob  es  Bezirke  oder  Landesverbände 
sind,  aufrichtigen  Sinnes  zueinander.  Das 
macht  die  Stärke  unseres  Bundes  und  die 
Stärke  jedes  einzelnen  Kameraden  aus.  Diese 
Gemeinschaft  mitzutragen,  auch  wenn  es 
einmal  Überwindung  kostet,  wird  für  den 
einzelnen  und  für  alle  zum  Gewinn. 

F.  W.  H. 


Die  saarländisch-deutsche  Kameradschaft 


Am  Sonntag,  dem  20.  Juli  1952,  fand  in 
Saarbrücken  im  Johannishof  eine  Ta- 
gung der  rund  120  saarländischen  Kriegs- 
blinden statt,  an  der  auch  auf  Einladung  des 
„Kriegsblindenbundes  Saarland"  der  1.  Bun- 
desvorsitzende, Kam.  Dr.  Plein,  teilnahm. 
Zur  Tagung  waren  zahlreiche  Vertreter  der 
saarländischen  Behörden,  an  ihrer  Spitze  der 
ebenfalls  erblindete  Schicksalsgefährte  Re- 
gierungsdirektor Dr.  Blum  erschienen. 

Mit  Stolz  konnte  Kam.  Eisbusch,  nachdem 
er  die  Gäste  begrüßt  hatte,  darauf  hinweisen, 
daß  der  saarländische  Kriegsblindenbund 
schon  in  der  kurzen  Zeit  des  Bestehens  alle 
kriegsblinden  Kameraden  des  Saarlandes  zu 
seinen  Mitgliedern  gewonnen  hat,  daß  er 
eine  einheitliche  Schicksalsgemeinschaft  bil- 
det und  beachtliche  Erfolge  in  organisatori- 
scher und  versorgungs-  und  fürsorgerecht- 
licher Hinsicht  erwirken  konnte.  Dies  sei  um 
so  erfreulicher,  als  durch  die  vorangegangene 
Mißwirtschaft  und  'Untergrabung  des  Ver- 
trauens der  Kriegsblinden  infolge  des  nach 
vielen  Schwierigkeiten  klar  nachgewiesenen 
Vertrauensmißbrauchs  des  damaligen  Leiters 
der  Abt.  für  Kriegsblinde  im  Verband  der 
Kriegsopfer  des  Saarlandes,  eines  gewissen 
Franz,  der  sich  jahrelang  fälschlich  als  Kriegs- 
blinder ausgegeben  habe,  große  Beunruhi- 
gung in  die  Reihen  der.  saarländischen 
Kriegsblinden  getragen  worden  sei.  Es 
sei  aber  noch  eine  ganze  Reihe  von  drin- 
genden versorgungsrechtlichen  Forderungen, 
insbesondere  solche  aus  der  Eingabe  des 
saarländischen  Kriegsblindenbundes  vom 
Mai  1951,  unerfüllt  geblieben,  obwohl  deren 
Erfüllung  von  den  zuständigen  Stellen  zu- 
gesagt war. 

Kam.  Eisbusch  wies  auf  das  gute  Verhält- 
nis der  saarländischen  Kriegsblinden  zu  dem 
Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  hin, 
mit  dem  er  in  bester  Zusammenarbeit  stehe. 
Viele  kameradschaftlichen  Bande  verknüpf- 
ten die  saarländischen  Kriegsblinden  mit  den 
deutschen  Kriegsblinden  und  obgleich  das 
Saarland  wirtschaftlich  angegliedert  sei, 
richte  sich  die  saarländische  Kriegsblinden- 
versorgung  und  -Fürsorge  ganz  nach  den 
deutschen  Verhältnissen.  Die  saarländischen 
kriegsblinden  Kameraden  begrüßen  daher 
jeden  Erfolg,  den  die  deutschen  Kriegsblin- 
den erreichen. 

Kam.  Dr.  Plein  überbrachte  die  Grüße  der 
gesamten  deutschen  Kriegsblinden  und  gab 
der  Freude  Ausdruck,  daß  endlich  die  Bande 
kameradschaftlicher  Schicksalsverbundenheit 
mit  den  saarländischen  Kriegsblinden  wieder 
hergestellt  und  der  persönliche  Kontakt  ge- 
funden sei.  Er  gab  einen  umfassenden  Über- 
blick über  die  organisatorische  Gestaltung 
unserer  Kriegsblinden-Schicksalsgemeinschaft 
in  Deutschland  und  über  deren  Versorgung 
und  Fürsorge.  Hierbei  konnte  er  auf  manches 
hinweisen,  was  nach  den  deutschen  Gesetzen 
günstiger  geregelt  sei,  mußte  aber  auch 
manches  feststellen,  was  auf  Grund  der 
saarländischen  Verhältnisse  gegen- 
über    Deutschland     zweckmäßiger     geregelt 


war.  Dr.  Plein  wies  darauf  hin,  daß  allen 
saarländischen  kriegsblinden  Kameraden  die 
Kriegsblindenkur-  und  Erholungsheime  des 
Bundes  der  Kriegsblinden  Deutschlands  e.  V. 
mit  ihren  mannigfaltigen  Kur-  und  Erholungs- 
möglichkeiten weitgehendst  zur  Verfügung 
stehen  und  daß  wir  uns  freuen,  wenn  viele 
saarländische  Kameraden  davon  Gebrauch 
machen. 

Besonders  für  die  Arbeitsfürsorge,  die  Woh- 
nungs-  und  Siedlungsfürsorge  der  deutschen 
Kriegsblinden  zeigten  die  saarländischen 
kriegsblinden  Kameraden  allergrößtes  Inter- 
esse. Regierungsdirektor  Dr.  Blum  gab 
einen  Überblick  über  die  neueren  Maß- 
nahmen, die  die  saarländische  Regierung  auf 
dem  Gebiete  der  Kriegsblindenversorgung 
und  -Fürsorge  schon  in  den  letzten  lVa  Jahren 
durchgeführt  hat  und  die  noch  für  die  nächste 
Zeit  gesetzgeberisch  und  auch  noch  durch 
Verwaltungsmaßnahmeh  vorgesehen  sind.  Er 
wies  darauf  hin,  daß  die  saarländische  Ver- 
waltung bemüht  sei,  den  saarländischen 
Kriegsblinden  alle  die  Vorteile  zugute  kom- 
men zu  lassen,  die  in  Deutschland  auch  von 
den    Kriegsblinden    erreicht    worden    seien. 

Sodann  wurden  noch  Fragen  des  Führhund- 
wesens besprochen  und  in  der  sehr  lebhaften 
Aussprache  nahmen  die  Kameraden  zu  sehr 
vielen  Einzelfragen  Stellung  und  brachten 
insbesondere  auch  ihre  Sorgen  auf  dem  Ge- 
biete der  Wohnungsbeschaffung  zum  Aus-  ' 
druck.  Allzu  schnell  waren  die  Stunden,  für 
die  der  Johannishof  seinen  schönen  Ver- 
sammlungsraum zur  Verfügung  gestellt  hatte, 
vorbei,  und  die  kriegsblinden  Kameraden 
mußten  ihren  Heimweg  wieder  antreten,  j 
Kam.  Dr.  Plein  wurden  von  allen  Seiten 
Grüße  für  die  deutschen  Kriegsblinden  mit- 
gegeben und  der  Wunsch  zum  Ausdruck  ge- 
bracht,  daß  bald  wieder  eine  Zusammenkunft 
mit  den  deutschen  Kriegsblinden  durch- 
geführt werde. 

Am  Abend  hatte  Kam.  Dr.  Plein  noch 
Gelegenheit,  bis  in  die  späten  Nachtstunden 
mit  den  kriegsblinden  Kameraden  des  saar- 
ländischen Bundesvorstandes  Einzelfragen  zu 
besprechen  und  in  einem  regen  Gedanken- 
austausch die  weitere  kameradschaftliche 
Zusammenarbeit  zu  regeln.  Er  schied  von 
den  saarländischen  Kameraden  mit  dem 
Wunsche,  den  Vorsitzenden  des  saarländi- 
schen Kriegsblindenbundes,  Kam.  Eisbusch, 
der  im  August  eine  Versorgungskur  im 
Erna  -  Plein  -  Kriegsblindenkurheim  in  Bad 
Münster  durchführt,  bei  der  nächsten  Tagung 
unseres    Kriegsblindenbundes    zu   begrüßen. 


OTTO  SCHMIDT 

Gegründet  1925 

Alienkirchen  (Wesferw.) 

und  Remscheid  -  Lennep 

Werkzeuge  für  Fernmeldewesen 

Feinmechanik    —  Elektrotechnik 


Vor  einer  Umwälzung  des  Blinden  druck  Verfahrens? 

Blindenschrift  auf  gewöhnlichem  Papier  mit  Kunststofftinte.  —  Eine  englische  Erfindung: 

der  „Festpunktdrucker" 


Als  erste  deutsche  Redaktion  veröffent- 
lichen wir  im  folgenden  einen  Bericht  über 
eine  sensationelle  neue  Erfindung: 

Die  Erfindung  des  Blindenschrift-Duplika- 
tors,  der  vom  Britischen  Blindeninstitut  ent- 
wickelt wurde,  ist  eine  würdige  Ehrung  für 
Louis  Braille,  dessen  100.  Todestags  in  diesem 
Jahre  in  allen  Kulturnationen  gedacht  wird. 

Die  erhabenen  Punkte  der  Braille-Schrift 
haben  vielen  Tausenden  von  Blinden  wieder 
neue  Zuversicht  gegeben  und  sie  am  gei- 
stigen und  sozialen  Leben  ihrer  Zeit  teil- 
nehmen lassen.  Aber  so  groß  auch  die 
Vorteile  der  Braille-Schrift  sind  —  sie  hat 
auch  Nachteile.  Da  die  Wörter  in  Form  von 
erhabenen  Punkten  erscheinen  sollen,  muß 
starkes  Papier  benutzt  werden.  Das 
aber  ist  sehr  teuer.  Obwohl  es  jetzt  möglich 
ist,  das  Papier  beidseitig  zu  pressen,  ist  die 
Herstellung  der  Blindenschriften  immer  noch 
sehr  kostspielig,  vor  allem  schon  deswegen, 
weil,  abgesehen  von  der  komplizierten 
Anfertigung,  viele  Blindenschrift-Bände  — • 
schon  wegen  des  dicken  Papiers  —  nötig 
sind,  um  einen  größeren  Roman  darbieten 
zu  können.  Daher  ist  die  Zalil  der  verfüg- 
baren Elindenschriftbücher  trotz  erstaun- 
licher Leistungen  sehr  beschränkt.  Glück- 
licherweise ist  das  geistige  Erbe  Guten- 
bergs  unter  uns  immer  noch  lebendig,  so 
daß  wir  hoffen  dürfen,  daß  diese  Schwierig- 
keiten mit  Hilfe  des  neuen  Verviel- 
fältigungsapparates für  Blinden- 
schriften bald  der  Vergangenheit  angehören 
werden; 

Dieser  Apparat  wurde  nach  langen  Jahren 
angestrengter  Forschungsarbeit  gemeinsam 
von  einem  führenden  Angestellten  des  Bri- 
tischen Blindeninstitutes  und  einem  politi- 
schen Flüchtling  aus  der  Tschechoslowakei 
entwickelt,  der  vor  dem  zweiten  Weltkrieg 
in  England  eine  neue  Heimat  fand.  Ver- 
schiedene britische  Firmen  arbeiteten  bei  der 
Herstellung  des  Apparates  zusammen,  der 
kürzlich  in  London  der  Öffentlichkeit  vor- 
geführt wurde.  Jede  gute  Erfindung  ist  ein- 
fach: Der  Braille-„Festpunktdrucker"  stellt  im 


wesentlichen  eine  Weiterentwicklung  des 
handelsüblichen  Vervielfältigungsapparates 
dar,  wie  wir  ihn  in  Büros  benutzen. 

Theoretisch  arbeitet  der  Braille-Festpunkt- 
drucker  auf  die  gleiche  Weise,  obwohl  er 
eine  ganze  Reihe  besonderer  Merkmale  hat. 
Zuerst  muß  der  Blindenschrifttext  in  üblicher 
Weise  geschrieben  werden.  Ein  besonders 
konstruiertes  Elektronengerät  tastet  dann 
mit.  drei  metallenen  „Fingern"  das  Punkt- 
muster auf  dem  Original  ab  und  schickt 
entsprechende  Stromstöße  an  eine  Stanze, 
die  eine  Spezialmatrize  in  genau  dem  glei- 
chen Muster  perforiert  (durchlocht),  wie 
es  dem  Original  entspricht.  Die  Dicke  der 
Matrize  bestimmt  übrigens  die'  Höhe  der 
Punkte,  die  der  Vervielfältigungsapparat 
später  auf  dem   Papier  hinterläßt. 

Nach  Fertigstellung  wird  die  Matrize  auf 
dem  Vervielfältiger  befestigt  und  das  Ab- 
ziehen kann  beginnen.  Statt  Druckerschwärze 
benutzt  der  Apparat  jedoch  eine  neu- 
artige Kunststofftinte,  die  durch 
die  kleinen  Löcher  der  Matrize  gepreßt  wird. 
Wie  bei  den  üblichen  Apparaten  kann  auch 
hier  gewöhnliches  Papier  beidseitig 
beschrieben  werden.  Die  Kunststofftinte  er- 
härtet schnell  zu  kleinen  erhabenen  Punk- 
ten, die  fest  auf  dem  Papier  haften  und  yiel 
leichter  abzutasten  sind  als  die  erhöhten 
Punkte  des  jetzt  gebräuchlichen  Braille- 
Systems.  Durch  einfaches  Drehen  der  Hand- 
kurbel können  beliebig  viele  Exemplare  des 
Textes  hergestellt  werden.  Da  die  Matrize 
stets  mit  Hilfe  eines  Elektronentasters  her- 
gestellt wird,  kann  man  bereits  existierende 
Blindenschriftbücher  ohne  große  Mühe  ver- 
vielfältigen. 

Von  dieser  Erfindung  ist  es  nicht  mehr 
weit  bis  zur  Konstruktion  von  neuen  Blin- 
denschriftrotationspressen. Es  .ist  eigent- 
lich nur  eine  Frage  der  Organisation.  Wenn 
sich  die  Nationen  gleicher  Sprache  zusam- 
mentun, wäre  es  sogar  möglich,  in  einem 
Arbeitsgang  jede  gewünschte  Anzahl  eines 
bestimmten  Buches  in  Blindenschrift  zu 
drucken,    ohne    daß    jeder    Staat    die   Druck- 


kosten einzeln  zu  tragen  hat.  Auf  jeden 
Fall  ist  nicht  zu  leugnen,  daß  die  neue 
Erfindung  des  Blindeninstituts  in  London  zu 
den  segensreichsten  unserer  Zeit  gehört. 

So  offenkundig  der  unmittelbare  Wert  der 
neuen  Maschine  für  die  Blinden  in  aller 
Welt  ist,  dürfen  wir  doch  nicht  unsere 
Augen  vor  der  Tatsache  verschließen,  daß 
der  „Festpunktdrucker"  wahrscheinlich  auf 
einem  ganz  anderen  Gebiet  eine  noch  grö- 
ßere Zukunft  hat.  Man  kann  sich  nämlich 
sehr  wohl  vorstellen,  daß  der  Apparat  sich 
besonders  vorteilhaft  mit  den  sogenannten 
„Elektronengehirnen",  den  Elektronenrechen- 
maschinen, kombinieren  läßt  und  eines  Tages 
zu  einer  Revolution  der  industriellen  Her- 
stellungsprozesse führt.  Das  Elektronenge- 
hirn kann  nämlich  nicht  nur  komplizierte 
mathematische  Probleme  lösen,  sondern  auch 
als  „Zentralgehirn"  die  verschiedensten 
Produktionsvorgänge  in  der  vollautomati- 
schen Fabrik  der  Zukunft  kontrollieren.  Ge- 
rade hierfür  könnte  der  „Festpunktdrucker" 
von  größtem   Wert  sein. 

Wenn  wir  heute  dem  Elektronengehirn 
eine  komplizierte  Aufgabe  stellen,  geschieht 
das  in  Form  von  Instruktionen,  die  aus  klei- 
nen Löchern  bestehen,  die  in  bestimmter 
Anordnung  in  eine  Karte  gestanzt  werden. 
Wenn  die  perforierte  Karte  in  den  Taster 
des  Apparates  eingeführt  wird,  stellen  Draht- 
bürsten, die  die  Karte  abtasten,  elektrische 
Kontakte  her,  sobald  sie  über  die  Löcher 
hinwegstreichen.  Die  Art  der  Kontakte  wird 
also  von  der  Anordnung  der  Kartenlöcher 
bestimmt.  Künftig  könnten  wir  bei  Verwen- 
dung des  leicht  modifizierten  „Festpunkt- 
druckers" fünfzig  oder  mehr  naturgetreue 
Reproduktionen  eines  Fabrikationsprogramms 
in  kürzester  Frist  liefern.  Und  auch  die  Zu- 
sammenarbeit der  Wissenschaftler  aller  Län- 
der könnte  dadurch  gewaltig  gefördert  wer- 
den. Man  braucht  nämlich  die  Lösung  eines 
wissenschaftlichen  Problems  nur  noch  in  ihrer 
ausgearbeiteten  endgültigen  Form  zu  ver- 
vielfältigen und  den  Wissenschaftlern  der 
ganzen  Welt  zuzuschicken.  Diese  brauchten 
den  „Text"  nur  in  ihr  standardisiertes  Elek- 
tronenrechengerät zu  stecken,  um  die  ge- 
wünschte Lösung  sofort  zu  erhalten,  ohne  sie 
erst   mühselig   selbst   erarbeiten  zu  müssen. 

Otto  H.  Allen 

Copyright  by  BF/OW 


Menschenbeurteilung  durch  Nichtsehende 


Beim  Lesen  der  Aufsätze  über  die  mensch- 
liche Stimme  und  Sprechweise  in  den  Heften 
des  Winterhalbjahres  hatte  ich  oft  das  Emp- 
finden, daß  die  Ausführungen  etwas  zu  theo- 
retisch seien,  um  von  Laien  richtig  ange- 
wandt werden  zu  können.  Mit  ihrer  Hilfe 
wird  kaum  ein  Nichtsehender  zu  einem  be- 
friedigenden Ergebnis  gelangen;  d.  h.  es 
wird  schwerlich  einen  geben,  der  sich  bei 
der  Bildung  seines  Urteils  über  einen  frem- 
den, ihm  vor  allen  Dingen  auf  lautlicher 
Grundlage  begegnenden  Menschen  aus- 
schließlich oder  doch  überwiegend  auf  sie 
verließe.  Wenn  hier  auch  Merkmale  genannt 
wurden,  die  am  raschesten  und  unmittelbar- 
sten in  Erscheinung  treten,  so  wird  man  doch 
bewußt  oder  unbewußt  auch  all  die  an- 
deren mit  zu  Rate  ziehen,' die  sich  im  Zu- 
sammenhange damit  darbieten. 


Die  Sprache 


Nicht  nur  „wie",  sondern  was  sagt  der 
andere? 

Da  wäre  als  erstes  zu  nennen  die  Sprache, 
die  zwar  nicht  ganz  so  individuell  ist  wie 
die  Stimme,  da  sie  Bindeglied  und  Ausdruck 
des  Gemeinsamen  ist,  das  zwischen  den 
Menschen  schwebt.  Sprache  ist  ja  nach  den 


Von    Dr.    Otto    Meyer-Au  hausen 

Ausführungen  J.  Burckhardts  in  den  Welt- 
geschichtlichen Betrachtungen"  nur  dadurch 
denkbar  Und  möglich,  daß  in  dem  Gegen- 
über, welches  angesprochen  werden  «soll, 
eine  Gleichheit  oder  doch  eine  Verwandt- 
schaft mit  dem  Redenden  angenommen  wer- 
den kann.  Andererseits  aber  sagt  derselbe 
Wissenschaftler  in  dem  gleichen  Werke,  daß 
die  Sprache  die  Dinge  verschleiere.  Und 
warum?  Nur  deshalb,  weil  die  Worte  ledig- 
lich Gleichnisse  für  die  Dinge  darstellen,  die 
mit  ihnen  gemeint  sind,  und  weil  diese 
Gleichnisse  zu  einer  Art  von  Scheidemünzen 
geworden  sind,  um  ein  Bild  W.  v.  Hum- 
boldts zu  gebrauchen,  die  etwas  Konventio- 
nelles und  Unechtes  haben  und  die  anderer- 
seits durch  den  sehr  häufigen  Gebrauch  ab- 
gegriffen sind. 

Aber  trotz  aller  dieser  Ver-  und  Entstel- 
lungsmöglichkeiten, die  jede  Sprache  in  sich 
birgt,  ist  und  bleibt  sie  doch  der  lebendige 
Ausdruck  dessen,  was  im  menschlichen  Ge- 
müt und  Geist  vor  sich  geht  und  nach 
Mitteilung  verlangt.  Das  wird  aber  immer 
ein  Stück  Wesen  des  Sprechenden  sein. 

Ich  möchte  sagen:  Sprache  verhält  sich  zur 
Stimme  wie  der  Inhalt,  also  die  Sinndeu- 
tung eines  geschriebenen  Textes  zur  Hand- 


schrift, also  zu  seiner  graphologischen  Er- 
schließung. Wer  würde  sich  z.  B.,  wenn  ihm 
ein  Schriftstück  von  einem  Menschen  vor- 
liegt, dessen  Wesen  es  zu  ergründen  gilt, 
darauf  beschränken,  nur  die  Handschrift  be- 
urteilen zu  lassen,  und  würde  nicht  die  Fin- 
gerzeige benutzen,  die  ihm  der  Inhalt  des 
Geschriebenen,  der  Sinn,  der  aus  den  Wor- 
ten spricht,  bietet?  Und  es  ist  nicht  nur  der 
Inhalt,  es  sind  nicht  bloß  die  Gedanken, 
denen  der  Schreiber  Ausdruck  verleiht,  was 
ihn  verrät,  sondern  oft  weit  mehr  die  Art, 
wie  er  es  sagt,  wie  er  sich  ausdrückt, 
welche  Redewendungen,  welche  Satzstellun- 
gen, welche  Worte  er  mit  Vorliebe  ge- 
braucht, kurz  sein   „Stil". 

Der  Stil  ist  vom  Menschen  selber 

Das  bekannte  Wort  des  Franzosen  Buffon: 
„le  style  c'est  l'homme",  der  Stil  ist  gleich- 
bedeutend mit  dem  Menschen,  mag  im  ersten 
Augenblick  verblüffen  und  dennoch  hat  er 
seine  Berechtigung.  Er  hat  zwar  eine  Vari- 
ierung in  der  Weise  erfahren,  daß  er  lautet: 
„Der  Stil  ist  vom  Menschen  selber",  d.  h.  er 
kommt  unmittelbar  von  ihm,  ist  unverstell- 
ter Ausdruck  seines  Wesens,  Wenn  wir  ihn 
so   nehmen   und   verstehen,   dann   wird   uns 


klar,  was  für  ein  untrügliches  Mittel  die 
Sprache  darstellt,  wenn  es  sich  um  die  Cha- 
raktererschließung  eines  Menschen  handelt. 

Das  mag  nun  an  einigen  Beispielen 
erläutert  werden.  Wir  könnten  zu  diesem 
Zweck  am  einfachsten  die  seit  langem  ge- 
bräuchliche und  bereits  von  Hippokrates 
stammenden  Einteilung  in  die  vier  Tempe- 
ramente hernehmen.  Doch  vielleicht  ist  es 
noch  richtiger,  die  Typen  zu  verwenden,  die 
in  dieser  Zeitschrift  bei  den  Versuchen  einer 
Stimmendeutung  von  Dr.  Simoneit  und  Kam. 
Feistner  angewandt  wurden. 

Da  wäre  der  „Gemütsmensch".  Zu 
seinem  Wesen  gehört  es,  daß  er  in  einem 
ausgeglichenen,  reibungslosen  Verhältnis  zu 
seinen  Mitmenschen  stehen  möchte.  Und  wie 
drückt  sich  das  im  Stil  seiner  Sprache  aus? 
Er  wird  alle  Schärfen  vermeiden,  wird  keine 
schroffen  Behauptungen  aufstellen  und  wo 
er  gewollt  oder  ungewollt  doch  dazu  kommt, 
es  zu  tun,  da  wird  er  in  einem  mildernden 
Begleitwort,  in  einem  einschränkenden  Nach- 
satz, in  einer  abgeschwächten  Wiederholung 
des  Gesagten  eine  versöhnliche  Note  zu  ge- 
winnen suchen.  Seine  Sätze  zeichnen  sich 
durch  eine  gewisse  Fülle  der  Begriffe,  durch 
ein  enges  Verschlungensein  positiver  und 
negativer  Werte,  durch  ein  ständiges  Ein- 
beziehen der  mutmaßlichen  Meinung  des 
Gegenübers  in  das  eigene  Urteil  aus.  Es  ist, 
als  ob  er  mit  jedem  Satz  seine  Verbunden- 
heit bekunden  wollte.  Harmonie  ist  das 
immer  wieder  angestrebte  Ziel,  das  im  ein- 
zelnen Wort,  im  einzelnen  Satz  und  schließ- 
lich im  ganzen  Satzgefüge  deutlich  zu  er- 
kennen ist. 

Der  Schüchterne 

In  erhöhtem  Maße  ist  das  angedeutete 
Bestreben  beim  ängstlichen,  schüchternen 
Menschen  mit  labilem  Charakter  vorhanden. 
Er  wird  vor  jeder  Äußerung  zögern,  er  wird 
Angst  zeigen,  seine  Gefühle  und  Gedanken 
in  Worte  zu  fassen,  und  wenn  er  es  tut, 
wird  er  am  liebsten  gleich  mit  einer  Ein- 
schränkung beginnen,  mit  einem  „ich  meine", 
„ich  denke",  „ist  es  nicht  so?",  „könnte  man 
nicht  sagen?"  oder  er  wird  mit  einem  bloßen 
„Hm"  die  innere  Hemmung  erkennen  lassen." 
Er  wird  Worte  bevorzugen,  die  mehrdeutig 
sind,  die  Auslegungen  nach  der  einen  oder 
anderen  Seite  zulassen,  die  den  Sinn  eher 
verschleiern  als  enthüllen.  Sein  grammati- 
kalischer Sprachgebrauch  wird  der  gleichen 
Art  sein:  es  werden  die  vageren  unbe- 
stimmten Formen  des  „hätte",  „würde"  oder 
„könnte"  eine  übergroße  Rolle  spielen.  Ein 
solcher  Mensch  nimmt  häufig  im  Nachsatz 
zurück,  was  er  im  Hauptsatz  geäußert  hat, 
und  bevorzugt  unpersönliche  Redewendun- 
gen, sagt  „man"  und  „es",  wo  ein  bestimm- 
tes Personalpronomen  zu  stehen  hätte. 

Der  Sachliche 

Ganz  anders  ist  die  Sprechweise  des  sach- 
lichen Menschen.  Klarheit,  Schlichtheit, 
Durchsichtigkeit  zeichnen  sie  aus.  Er  ver- 
meidet lange,  umständliche  Sätze,  schillernde, 
vieldeutige  Worte  und  Begriffe.  Wie  wohl- 
behauene  Bausteine  werden  die  einzelnen 
Wörter  zu  Sätzen  und  diese  wieder  wie  grö- 
ßere Bauelemente  zu  einem  ganzen  Bau 
zusammengefügt.  Seine  Grammatik  bevor- 
zugt den  Indikativ  und  die  Gegenwarts- 
formen, denn  ihm  ist  das,  was  jetzt  und 
hier  ist,  wichtiger  als  das,  was  irgendwo 
und  in  der  Zukunft  sein  kann,  mag  auch 
manches  sehr  kühl  klingen. 

Eine  Steigerung  der  für  den  sachlichen 
Menschen  angegebenen  Eigenschaften  finden 
wir  beim  selbstsicheren,  selbstbe- 
wußten Menschen,  der  immer  im  Mittelpunkt 
seiner  Welt  steht  und  gewohnt  ist,  daß  man 
auf  ihn  sieht,  ihn  und  seine  Weisungen 
ernst  nimmt.  Seine  Art  zu  reden  gleicht  der 
eines  Rundfunksenders,  der  nur  aussendet, 
ohne  etwas  vom  Hörer  entgegenzunehmen 
oder  auch  nur  zu  erwarten.  Bestimmt,  allzu 
bestimmt  kommen  seine  Äußerungen,  gehen 


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gerade  aufs  Ziel  los,  machen  keine  Um- 
schweife und  lassen  nicht  die  geringste  Scheu 
oder  Befangenheit  erkennen.  Die  Befürch- 
tung, andere  Menschen  zu  übergehen,  zu 
verletzen  und  zu  mißachten,  ist  solchen  Na- 
turen fremd,  ebenso  wie  das  Bewußtsein 
einet  eigenen  Unzulänglichkeit.  In  ihrer 
Grammatik  herrscht  der  Imperativ  vor  und 
allenfalls  noch  der  Infinitiv,  der  schon  eine 
sehr  starke  Verwandtschaft  mit  Polizeianwei- 
sungen hat,  wie:  „keine  Umstände  machen!, 
ruhig  bleiben!,  vernünftig  reden!"  oder  noch 
kürzer:  „weg  damit!,  Schluß  mit  der  Re- 
derei!" und  ähnlich.  Selbstverständlich  kann 
gerade  hier  Verstellung  und  „Angabe",  also 
der  Wunsch,  mehr  zu  scheinen  als  zu  sein, 
einiges  vortäuschen.  Aber  man  hört  das  bald 
heraus. 

Diese  wenigen  Beispiele  schon  werden  ge- 
nügen, um  erkennen  zu  lassen,  was  mit  dem 
Satze  „der  Stil  bedeutet  den  Menschen"  ge- 
meint ist.  Es  ist  gewiß  sehr  aufschlußreich, 
seine  Mitmenschen  nach  diesen  Gesichts- 
punkten etwas  näher  zu  prüfen  und  die 
Möglichkeit  dazu  ist  jedem  Nichtsehenden 
gegeben,  ja,  ihm  in  besonderem  Maße,  weil 
er  weit  mehr  als  der  Sehende  gewohnt  ist, 
Beobachtungen  dieser  Art  anzustellen.  Er 
bringt  auch  das  feinere  Organ  mit,  das  alle 
Nebentöne  registriert,  und  auf  diese 
kommt  es  oft  weit  mehr  an  als  auf  die  ver- 
standesmäßig  erfaßbaren  Gegebenheiten. 


Was  die  Umwelt  prägt 

Das,  was  sich  in  Regeln  fassen,  in  Formeln 
ausdrücken,  mit  Begriffen  bestimmen,  kurz, 
was  sich  logisch  ergreifen  läßt,  das  ist  aller- 
dings noch  nicht  das  „Wesen"  des  Men- 
schen, nicht  seine  Persönlichkeit,  sondern 
höchstens  die  Kategorie,  in  der  man  ihn 
allenfalls  unterbringen  kann,  so  wie  man 
Pflanzen  und  Tiere  in  gewisse  Klassen  und 
Familien  einteilt,  um  mit  der  Vielfalt  der 
Natur  nur  einigermaßen  fertig  zu  werden. 
Wir  können  kein  Schema  aufstellen,  dem 
sich  die  Eigenart  der  Menschen  fügen  würde. 
Systeme,  Schemata,  Kategorien  sind  Hilfs- 
mittel, aber  nicht  mehr,  und  wir  tun  gut, 
uns  des  Goethewortes  zu  erinnern:  „Gefühl 
ist  alles,  Name  Schall  und  Rauch",  wenn  wir 
daran  gehen,  unsere  Mitmenschen  nach 
Typen  zu  ordnen.  Es  ist  auch  nicht  meine 
Absicht,  hier  ein  solches  Schema  oder  System 
aufzustellen,  mir  genügt  es,  Anregungen  zu 
geben,  die  erst  in  der  Praxis  durch  andere 
eine  Vervielfältigung  erfahren  und  etwas 
Lebensnahes  erhalten  sollen. 

Wenn  wir  hier  aber  lebensnah  bleiben 
wollen,  dann  müssen  wir  bedenken,  daß  die 
Gemeinschaft  der  Menschen  doch  wieder 
Schichtungen,  Gruppierungen,  Gliederungen 
aufweist,  die  von  entscheidendem  Einfluß 
auf  die  Bildung  ihres  Charakters  sind.  So 
ist  die  Sprache  des  Einzelmenschen  nicht 
lediglich  etwas  Ureigenes,  ihm  mit  all  seinen 
sonstigen    Qualitäten    von    Natur    M  i  t  g  e  - 


Überlege  einmal  . 


Kleine  Tips,  die  leider  keine 

Selbstverständlichkeiten 

betreffen 

Die  folgenden  Bemerkungen,  die  ich  aus 
eigener  Erfahrung  niedergeschrieben  habe, 
sollen  keineswegs  als  etwas  Feststehendes 
(ingesehen  werden.  Nein,  ich  möchte  nur 
damit  anregen,  daß  sich  der  eine  oder  der 
andere  einmal  über  dieses  oder  jenes  seine 
Gedanken  macht: 

Bist  du  allein  im  Stadtverkehr  —  also 
ohne  Begleitperson  oder  nur  mit  Hund  —  so 
trage  stets  die  Armbinde!  Du  findest 
leichter  Hilfe  und  vermeidest  Unfälle. 

Gehst  du  über  die  Straße,  so  gehe  1  ang  - 
s  am  hinüber!  Durch  zu  schnelles  Ueber- 
schreiten  machst  du  den  Kraftfahrer  nur 
unsicher.   - 

Will  man  dir  im  Stadtverkehr  helfen,  so 
bleibe  stets  höflich,  auch  wenn  du  die 
Hilfe  ablehnst.  Es  ist  ja  der  gute  Wille,  der 
dir  helfen  will. 

Steige  niemals  ein  oder  aus,  bevor  du  nicht 
genau  weißt,  daß  die  Straßenbahn,  der  Omni- 
bus, der  Zug  stillsteht. 

Kommst  du  in  eine  fremde  Gegend, 
so  versuche  möglichst  bald,  dich  mit  ihr  ver- 
traut zu  machen.  Es  macht  dich  freier  und 
selbständiger. 

Zur  Erholung  meide  möglichst  den 
Lärm  der  Stadt,  sondern  suche  neue  Kraft 
in  der  Stille  des  Waldes  oder  in  der  Weite 
der  Felder. 

Schwirren  dir  viele  Gedanken  durch  den 
Kopf  und  kommst  du  zu  keinem  Entschluß, 
so  gehe  einmal  in  den  späten  Abendstunden 
oder  frühen  Morgenstunden  ganz  allein 
einen  gewohnten  Weg,  atme  tief  die  Irische 
Luft  ein,  und  versuche  jetzt,  deinen  Entschluß 
zu  lassen. 

Beobachte  deine  Umgebung  gut!  Es 
schult  deinen  Geist  und  schützt  dich  vor 
Ueberraschungen. 

Vergiß  auch  nie,  dich  selbst  stets  zu 
beobachten,  denn  gar  zu  leicht  läßt  man  sich 
gehen,  ohne  daß  es  einem  zum  Bewußtsein 
kommt! 


Habe  Geduld,  bemühe  dich  um  Ge- 
lassenheit und  schicke  dich  ins  Unvermeid- 
liche! Deine  doppelt  beanspruchten  Nerven 
danken  es  dir. 

Trauere  nicht  ständig  dem  nach,  was  du 
als  Sehender  getan  oder  noch  hättest  tun 
können.  Denke  daran,  daß  es  auch  noch 
jetzt  tausenderlei  Dinge  gibt,  die  dir 
Freude  und  Zufriedenheit  bringen,  wenn  du 
sie  dir  zu  eigen  machst. 

Erhalte  dir  auch  als  Nichtsehender  deine 
frühere  Elastizität  durch  Frühsport,  Rad- 
und  Wassersport,  Wanderungen  usw.  Viel- 
leicht kannst  du  sie  dir  dadurch  noch  ver- 
stärken. 

Unsere  größten  Feinde  sind  Untätig- 
keit und  Langeweile.  Sie  zermürben 
uns  und  schaffen  Unzufriedenheit  und  Ner- 
vosität. Sie  zu  bekämpfen  sollte  unser  erstes 
Gebot  sein. 

Wirst  du  durch  deine  Arbeit  stark  ange- 
spannt, so  schaffe  dir  unbedingt  einen  Aus- 
gleich, ein  Steckenpferd.  Es  entspannt 
und  gibt  dir  neue  Kraft  und  neue  Lebens- 
freude. 

Kurbele  an  deinem  Rundfunkempfänger 
nicht  unaufhörlich  herum,  und  sei  nicht 
darauf  erpicht,  unbedingt  alles  hören  zu 
wollen.  Ist  es  nicht  besser,  du  pickst  dir  aus 
dem  Programm  die  besten  Rosinen  heraus 
und  durchdenkst  alles  noch  einmal?  Später 
hat  man  dann  in  der  Unterhaltung  alles  noch 
viel  besser  in  der  Erinnerung,  und  es  er- 
geben sich  dabei  oft  Diskussionen,  die  dein 
Wissen  bereichern. 

Halte  stets  auf  Ordnung  in  allen  Dingen 
bis  in  den  Geldbeutel  hinein.  Du  vermeidest  ; 
Aerger  und  Zeitverlust. 

Achte  nicht  auf  diejenigen,  die  in  deiner  :| 
Gegenwarf    mit    „Armer    Mensch ..."    oder  ; 
„Wie  furchtbar..."  beginnen,  oder  nimm  es  I 
mit  Humor.  Diese  armen  Tröpfe  sind  es  f 
nicht  wert,  daß  man  sie  ernst  nimmt.  Ginge 
es   darum,  ihre   Barmherzigkeit  nicht   durch 
die   Zunge,   sondern   gurch   die   Tat   zu   be- 
weisen, sie  würden  sich  bescheiden  zurück- 
ziehen. Hans  Lehmann 


g  e  b  e  n  e  s,  sondern  sie  ist  auch  mit  das 
.Produkt  der  Umwelt,  des  Standes  und  des 
Berufes.  Wir  haben  daher  bei  unserer  Un- 
tersuchung darauf  zu  achten,  was  ursprüng- 
lich und  was  umweltbedingt  ist. 

Ich  sagte  oben  schon,  daß  die  Sprache 
etwas  Konventionelles  an  sich  hat,  etwas, 
das  dem  „Gebrauch"  seine  Entstehung  ver- 
dankt. Wir  werden  bei  näherem  Zusehen 
finden,  daß  die  Art  zu  sprechen  bedingt  ist 
durch  die  Art,  mit  Menschen  und  Dingen 
umzugehen  und  da  ergibt  sich  als  be- 
sonders markante  Gruppierung  die  der  Be- 
ruf szusammenschlüsse. 

Der  Beruf  verrät  sich 

Jeden  Beruf  kennzeichnen  bestimmte 
Tätigkeiten,  die  entweder  mehr  körperlicher 
oder  mehr  geistiger  Art  sind.  Dadurch  bilden 
sich  gewisse  beruflich  bedingte  Bewegungen 
heraus  und  die  ihnen  zu  Grunde  liegende 
Dynamik  und  Rhythmik  tritt  auch  bei  Be- 
tätigungen in  Erscheinung,  die  nicht  mehr 
streng  beruflich  bedingt  sind.  Eine  derselben 
ist  das  Sprechen,  und  zwar  wiederum  nicht 
nur  die  Art  zu  sprechen,  sondern  auch  der 
Gebrauch  der  Worte. 

Einige  Beispiele  werden  das  Gesagte  an- 
schaulich machen:  Denken  wir  uns  einen 
schwer  arbeitenden  Mann,  der  seine  ganze 
Kraft  zur  Ausübung  gewisser,  gleichmäßig 
wiederkehrender  Verrichtungen  nötig  hat, 
etwa  einen  Erdarbeiter,  der  mit  einer  Schau- 
fel mühsam  Erdballen  um  Erdballen  ab- 
sticht, langsam  vom  Boden  frei  macht,  be- 
dächtig hochhebt  und  dann  mit  einem  ge- 
wissen Schwung  auf  dem  Bestimmungsplatz 
landen  läßt.  Die  Art  und  Weise,  in  der  er 
diese  Arbeit  ausführt,  wird  seinem  Wesen 
den  Stempel  aufdrücken  und  in  der  gleichen 
Weise,  in  der  er  schaufelt,  wird  er  auch 
sprechen,  langsam,  bedächtig,  mit  dem  nöti- 
gen Kraftaufwand,  der  aber  genau  bemessen 
ist  und  jede  Kraftvergeudung  ausschließt, 
bis  es  zum  Schlußeffekt  kommt,  bei  dem 
dann  ein  gewisses  Sichgehenlassen  statthaft 
ist.  Die  Motorik,  welche  die  Arbeit  erfordert, 
wird  bei  vielerlei  zu  erkennen  sein,  was  ein 
solcher  Mensch  tut.  Aber  nicht  die  Motorik 
allein  ist  es,  was  ihn  charakterisiert,  oder 
richtiger  gesagt,  nicht  bloß  die  lebendige 
Bewegung,  nicht  nur  die  Sprache  als  Aus- 
drucksbewegung, sondern  die  zu  Worten  und 
Begriffen  erstarrte  Sprache,  die  stereotypen 
Ausdrücke  und  Redewendungen,  in  denen 
sich  ebenso  wie  in  der  Sprechweise  das  Ver- 
halten des  Menschen  seiner  Um-  und  Mit- 
welt gegenüber  spiegelt.  Die  Wahl  der 
Worte,  also  seine  „Terminologie",  wird  der 
Erde,  mit  der  er  umgeht,  verwandt  sein. 
Zäh  und  klobig  werden  die  Ausdrücke  sein, 
aber  nicht  gemein  und  anstößig,  denn  die 
Güte  der  Erde  bleibt  nicht  ohne  Einfluß 
auf  sie. 

Oder  denken  wir  an  einen  Handwer- 
ker, einen  von  der  subtilen  Art,  einen 
Feinmechaniker  oder  Uhrmacher.  Wie  ganz 
anders  sind  seine  Verrichtungen  und  der 
Kraftaufwand,  den  sie  erfordern!  Auch  bei 
ihm  ist  ein  beachtlicher  Energieeinsatz  nötig, 
wenngleich  er  nicht  sichtbar  wird,  weil  er 
innerlicher  Natur  ist  und  in  erster  Linie 
Konzentration  bedeutet.  Wie  bedächtig  und 
vorsichtig  geht  er  zu  Werke,  wie  knapp  be- 
messen und  bis  ins  kleinste,  berechnet  sind 
seine  Bewegungen!  Dieser  Art  zu  arbeiten 
wird  zweifellos  seine  Art  zu  sprechen  ange- 
messen sein.  Eine  gewisse  Vorsicht,  ja  ein 
überbedachtes  und  mitunter  geradezu  ängst- 
lich wirkendes  Wesen  wird  sich  darin  be- 
kunden. Vergleichen  wir  damit  einen  An- 
gehörigen eines  geistigen  Berufes,  einen. 
Lehrer.  .  , 

Der  Lehrer 

Auch  bei  ihm  wird  eine  mit  Bedacht  auf 

ein    bestimmtes,    genau    abgegrenztes    Ziel 

ausgerichtete  Energie  zu  erkennen  sein,  die 

stetige  Konzentration  erfordert.  Es  kann  aber 


%ÜA  untete  Sdiaokpieande 

2    Partien    aus    dem    Mescheder 
Schachturnier    für     Blinde     1952 

Damenbauer nspiel 
Weiß:  F.   Rauer,   Freiburg  i.  Brs. 
Schwarz:     G.      Mertens,     Köln 
1.   d4  Sf6  2.   c4   e6  3.   Sc3  Lb4   4.    Dc2  c6 
5.  e3  d5  6.  Sf3  Sbd7  7.  a3  L:c3+  8.  b:c3  0—0 
9.  Ld3  Te8  10.  0—0  e5  11.  d:e5  S:e5  12.  S:e5 
T:e5    13.   Tdl    Dc7    14.   Lb2   Th5    15.    g3   Lg4 
16.   Td2   Lf3    17.    c:d5   Sg4    18.    d6   T:h2   auf- 
gegeben. 

Damenindisch 
Weiß:   F.   Uekermann,   Lieme 
Schwarz:  F.  Steidele,  Gelsenkirchen 
1.  d4  Sf6  2.   Sf3  e6  3.   e3   b6   4.   Sbd2   (zu 
empfehlen   wäre   hier   g3   nebst   Lg2)    4.   — 
Lb7   5.   Ld3   g6   6.   0—0   Lg7    (Steidele   wählt 
diese  Läuferaufstellung  mit  Vorliebe;  sie  ist 
von  Nutzen,  wenn  es   gelingt,   den  Läufern 
die  Diagonalen  zu  öffnen  bzw.  offenzuhalten) 
7.   c4  0—0  8.  Dc2  d6  9.   Se4   (b3  nebst  Lb2 
verdiente  den  Vorzug)   9.  —  Sbd7   10.   Sfg5 
S:e4  11.  S:e4  d5   12.  c:d5  L:d5  13.  b3  (unbe- 
dingt notwendig  war  Sc3,  um  den  Ld5  abzu- 
tauschen, was  nach  dessen  Abzug  auch  mit 
14.     Le4     —     erzwungen     werden     konnte) 

13.  —  c5   14.  La3  (Lb2  war  der  Mühe  wert) 

14.  —  Tc8  15.  Sd6  Tc6  16.  Sc4  Te8  17.  Lb2 
c:d4  18.  De2  Sc5  (d:e3)  19.  Se5  S:d3  (Schwarz 
hätte  ruhig  L:e5  spielen  und  dadurch  leich- 
ter gewinnen  können,  anstatt  noch  die  Quali- 
tät zu  opfern,  die  er  allerdings  zwangsläufig 
zurückgewinnt)  20.  S:c6  L:c6  21.  D:d3  Dg5 
22.  f3  Lb5  23.  De4  L:fl  24.  K:fl  d:e3  25.  L:g7 
K:g7  26.  Tel  Td8  27.  T:e3  Td2  28.  Te2  Tdl  + 
29.  Kf2  Dc5+  30.  De3  D:e3-t-  31.  K:e3  Td5 
32.    g3   Te5+    33.    Kf2   T:e2+    34.    K:e2   Kf6 


Bei  einem  Schachturnier  unter  Blinden  hat  jeder 
Spieler  ein  Brett  für  sich,  daß  er  abiasten  kann, 
ohne  den  Partner  zu  stören.  Schachuhr  und  Schreib- 
taiel  sind  selbstverständlich.  Unser  Bild  zeigt  einen 
Wiener  Kriegsblinden  beim  Schachturnier  der 
besten  blinden  Schachspieler  Österreichs. 

Foto:  Keys  tone 

35.  Kd2  Ke"5  36.  Ke3  g5  37.  a3  f5  38.  h3  Kd5 
39.Kd3  h5  40.  Ke3  e5  41.  Kd3  b5  42.  a4  a6 
43.  a:b5  a:b5  44.  Ke3  f4+  45.  g:f4  g:f4+ 
46.  Kd3  b4  47.  h4  e4+  48.  Ke2  e:f3  + 
49.  K:f3  Ke5  50.  Ke2  Ke4  51.  Kf2  f3  52.  Kfl 
Kd3  53.   aufgegeben.  G.  Mertens,  Köln 


dabei  festgestellt  werden,  daß  der  Gegen- 
stand, dem  dieser  Kraftaufwand  gilt,  kein 
toter  ist  und  daß  von  ihm  eine  ganz  be- 
stimmte Reaktion,  ein  lebendiges  Echo  er- 
wartet wird.  So  liegt  in  der  Art  des  Leh- 
rers, zu  sprechen,  immer  etwas  Abwarten- 
des, gewissermaßen  ein  Horchen  auf  den 
Widerhall,  den  seine  Worte  beim  Schüler 
auslösen  sollen.  Demgemäß  ist  der  Rhyth- 
mus seines  Sprechens  ein  anderer  als  beim 
Feinmechaniker  und  Uhrmacher.  Letzterer 
bringt  etwas  in  Gang,  in  Fluß,  das  dann 
ohne  sein  Zutun  in  ausgewogenem  Rhyth- 
mus weiterläuft.  Beim  Lehrer  hingegen  und 
seinem  Objekt,  dem  Schüler,  gleicht  das  Ver- 
hältnis zwischen  beiden  einem  Mechanismus, 
der  im  Staccato  läuft  und  der  immer  neue 
Impulse  von  Seiten  des  Unterrichtenden 
nötig  hat.  Und  im  Gemüt  des  Lehrers  wird 
sich  die  Vorstellung  des  Lehrers  entwickeln, 
daß  er  es  immer  mit  Objekten  zu  tun  hat. 
Dieser  Stellung  und  Haltung  wird  ganz  seine 
Art  zu  reden  entsprechen.  Und  daß  seine 
Terminologie  den  Stempel  seines  Berufes 
trägt,  brauche  ich  kaum  zu  sagen,  ist  sie 
doch  fast  sprichwörtlich. 

Zum  Schluß  dieser  Beispiele  noch  den 
Vertreter  eines  Berufes,  der  mit  dem  letzt- 
genannten etwas  gemein  hat,  den  Offizier. 
Auch  er  hat  Menschen  als  Objekte  seiner 
Tätigkeit  vor  sich  und  erwartet  von  ihnen 
ein  ähnliches  Reagieren  wie  der  Lehrer  von 
seinen  Schülern.  Aber  das  Verhältnis  ist  das 
der  Autorität,  des  unbedingten  Gehorchens. 
Er  ist  nicht  gewohnt  abzuwarten,  ob  seinen 
Anweisungen  Gehör  geschenkt  wird.  Das  ist 
eine  Selbstverständlichkeit  und  fast  ebenso 
selbstverständlich  ist  es,  daß  er  verstanden 
wird.  Daher  hat  seine  Art,  zu  sprechen,  den 
Charakter  des  Absoluten  und  Apodiktischen, 
das  jeden  Widerspruch  ausschließt.  Scharf, 
kurz,  prägnant  kommen  die  Worte  von  sei- 
nen Lippen  und  ihr  Rhythmus  ist  der  des 


Marschschrittes.  Die  Ausdrucksweise  wird  in 
ihren  Bildern  und  Begriffen  dem  Gegen- 
stand, dem  Militär,  angepaßt  sein.  Ihre  An- 
lehnung an  das  Exerzierreglement  ist  oft  un- 
verkennbar. 

Der  Geruch 

So  hätten  wir  schon  eine  ganze  Reihe  von 
Merkmalen  festgestellt,  die  auch  einem 
Nichtsehenden  verraten  können,  mit  wem 
er  es  in  seinem  Gegenüber  zu  tun  hat.  Und 
da  ich  gerade  von  Charakteristiken  spreche, 
die  berufsbedingt  sind,  so  möchte  ich  noch 
auf  gleichfalls  berufsbedingte  Kennzeichen 
aus  einem  anderen  Sinnesgebiet  hinweisen, 
auf  solche  geruchlicher  Art.  Sie  werden  im 
allgemeinen  viel  zu  wenig  beachtet  und 
sind  doch  so  aufschlußreich.  Die  Ergebnisse 
aus  ihrer  richtigen  Anwendung  aber  haben 
oft  etwas  geradezu  Verblüffendes,  und  zwar 
deshalb,  weil  die  meisten  Menschen  nicht 
gewohnt  sind,  in  diesen  Erscheinungen  Ver- 
räter ihres  Standes  zu  erblicken.  Ich  persön- 
lich mache  sie  mir  ausgiebig  zunutze  und 
erziele  dabei  oft  erstaunliche  Resultate. 
Einen  Bauern,  einen  Müller,  einen  Maler, 
einen  Gastwirt,  einen  Melker,  einen  Lak- 
kierer,  einen  Arzt,  einen  Friseur  usw.  nach 
dem  ihrer  Kleidung,  ja,  ihrer  Haut  anhaf- 
tenden Geruch  treffsicher  in  die  entsprechen- 
den Berufe  einzugliedern,  ist  kein  Kunst- 
stück. Man  könnte  vielleicht  auch  sagen, 
diese  Beurteilung  habe  nichts  mit  dem  zu 
tun,  was  im  vorliegenden  Falle  zur  Debatte 
steht.  Und  doch  ist  dem  nicht  ganz  so.  Wenn 
ich  einen  Menschen  auf  Grund  der  oben 
ausgeführten  Bestimmungsmittel  eingeglie- 
dert zu  haben  glaube  und  erhalte  nun  noch 
Merkmale  der  letztgenannten  Art  dazu,  dann 
können  sie  mir  behilflich  sein,  mein  Urteil 
zu   unterstreichen   oder  anzufechten. 

Der  Schritt 

Ein  weiteres  Erkennungsmerkmal  akusti- 
scher Art  darf  hier  nicht  übergangen  wer- 


5 


den,  der  Schritt  des  Menschen.  Er  drückt 
mehr  aus,  als  man  für  gewöhnlich  glaubt; 
dafür  spricht  schon  die  Tatsache,  daß  es  eine 
sehr  große  Zahl  von  Wortprägungen  für  das 
„Sichvomplatzbewegen"  des  Menschen  gibt: 
schreiten,  trippeln,  wandeln,  laufen,  tänzeln 
sind  nur  einige  wenige  davon.  Das  Stamp- 
fen und  Poltern  der  Kraftnatur  steht  im 
starken  Gegensatz  zum  behutsamen,  vorsich- 
tigen Schritt  des  Leisetreters.  Das  Trippeln 
von  Kinderfüßen,  das  Huschen  und  Schlei- 
chen eines  Ängstlichen  oder  Schuldbelade- 
nen, das  Dahinstürmen  und  -brausen  einer 
Horde,  das  Schreiten  einer  gewichtigen  Per- 
sönlichkeit, das  Tänzeln  eines  Gecken  und 
das  müde,  kraftlose  Schlürfen  eines  Greises 
—  was  für  lebendige  Bilder  lassen  diese 
knappen  Bewegungsausdrücke  vor  unserem 
Geiste  entstehen! 

An  dieser  Stelle  seien  noch  die  Schlüsse 
erwähnt,  die  man  aus  der  Art  des  An- 
klopfens  ziehen  kann.  Es  offenbart  sich 
selbst  in  diesem  so  unscheinbaren  Vorgang 
das  Temperament  und  noch  mancher  andere 
Wesenszug,  ja  sogar  das  Geschlecht  dessen, 
der  Einlaß  begehrt. 

Der  Händedruck 

Ein  von  den  meisten  Menschen  nicht  oder 
doch  kaum  beachtetes  Mittel  für  das  Erken- 
nen unserer  Mitmenschen  bildet  der  Hände- 
druck. Dr.  E.  Dorner  hat  ihm  in  einer  ein- 
gehenden Untersuchung  im  letzten  Heft  un- 
serer Zeitschrift  besondere  Aufmerksamkeit 
geschenkt.  Er  kommt  dabei  zu  folgenden 
grundlegenden  Gesichtspunkten:  Berührungs- 
dauer, Intensität  des  Drucks,  Größe  der  Be- 
rührungsfläche, Art  der  Umschließung,  Be- 
wegungsrichtung des  Armes  sowie  Beschaf- 
fenheit und  Verhalten  der  dargebotenen 
Hand  erlauben  Schlüsse  auf  Wesen  und  Ge- 
sinnung  des  Gegenübers.  Der  Verfasser  geht 
von  der  Überlegung  aus,  daß  jede  mensch- 
liche Gebärde  —  und  zu  ihr  gehört  ja  auch 
der  Händedruck  —  „ausdrucksgeladen"  und 
daher  psychologisch  deutbar  ist. 

Er  sieht  von  dem  Eindruck,  den  Bau  und 
Oberflächenbeschaffenheit  der  Hand,  also  so- 
zusagen ihre  Physiognomie,  hervorrufen, 
weitgehend  ab  und  hält  sich  vor  allem  an 
den  Bewegungsvorgang,  den  er  in 
die  oben  genannten  Bestandteile  auflöst. 
Ausgehend  von  der  Überlegung,  daß  der 
Händedruck  die  Bekundung  des  Wohlwol- 
lens und  der  Hochachtung  sei,  was  m.  E.  viel 
zu  eng  gegriffen-  sein  dürfte,  folgert  er, "daß 
ein  langdauernder  Händedruck  diese  Ge- 
fühle in  besonderem  Maße  bekunden  soll. 
Das  gleiche  gilt  für  ihn  natürlich  von  der 
Intensität  desselben.  Diese  Merkmale  be- 
ziehen, sich  jedoch  einseitig  auf  die  mehr 
oder  minder  freundschaftliche  Gesinnung 
des  Begrüßenden  und  sagen  noch  nichts 
über  seine  Eigenschaften.  Auf  sie  kommt  es 
uns  aber  besonders  an.  Freilich  ist  es  für 
die  Beurteilung  meines  Gegenüber  auch 
schon  von  Bedeutung,  zu  wissen,  welche  Ge- 
fühle er  mir  entgegenbringt,  um  unter  deren 
Einbeziehung  oder  Ausschaltung  zu  einem 
Schluß  über  sein  Wesen  zu  kommen. 

So  kann  nach  Auffassung  Dr.  Dorners  das 
plötzliche  Lösen  eines  zuerst  kräftigen 
Händedrucks  nicht  nur  als  Ablehnung,  son- 
dern als  Zeichen  innerer  Unsicherheit,  Un- 
schlüssigkeit und  mangelnden  Selbstver- 
trauens gedeutet  werden.  Ebenso  folgert  er 
aus  einem  lauen  Händedruck  nicht  nur  Kühle 
gegenüber  dem  Partner,  sondern  Unent- 
schlossenheit,  Wankelmut,  ja  Unaufrichtig- 
keit.  Viele  der  in  dieser  Weise  von  Dr.  Dor- 
ner mitgeteilten  Beobachtungen  sind  für 
Nichtsehende  schon  aufschlußreich  und  wich- 
tig. Eine  Unterstreichung  verdient  auch  seine 
Schlußbemerkung,  in  der  er  betont,  daß  ein 
einseitiges  Deuten  oder  Werten  einer  Hand- 
geste allzu  leicht  zu  falschen  Urteilen  führt. 
Er  vertritt  —  ebenso  wie  ich  im  Eingang 
meiner  Ausführungen  —  den''  Standpunkt, 
daß  man  nur  mit  Hilfe  möglichst  vieler 


Beobachtungen  aus  den  verschiedensten 
Ausdrucksgebieten  zu  sicheren  Ergebnissen 
gelangen   kann. 

Der  körperliche  Kontakt 

Aus  diesem  Grunde  möchte  ich  an  einigen 
weiteren  Beobachtungsmöglichkeiten  nicht 
ganz  vorübergehen,  da  sie  gerade  uns  Nicht- 
sehenden  in  weit  höherem  Maße  und  weit 
unauffälliger  zur  Verfügung  stehen  als  den 
Sehenden.  Ich  meine  die  Art  wie  andere 
Menschen  uns  ergreifen  oder  mit  uns  in 
engeren  oder  lockeren  Kontakt  körperlicher 
Art  kommen,  wenn  sie  uns  behilflich  sein, 
uns  etwas  verständlich  machen,  uns  füh- 
ren oder  dirigieren  wollen.  Die  Lage 
des  Nichtsehenden  erlaubt  es  ja  mehr  oder 
weniger  jedem  Hilfsbereiten,  ihn  anzufas- 
sen oder  auch  nur  durch  einen  leichten 
Druck  mit  der  Hand,  dem  Ellbogen  usw.  in 
die  erforderliche  Richtung  zu  bringen.  Hier- 
bei wird  sich  leicht  feststellen  lassen,  ob 
der  bzw.  die  betreffende  Helferin  —  mei- 
stens wird  es  sich  ja  um  eine  Frau  handeln 
—  mit  Takt,  Feingefühl,  Rücksicht  oder  mit 
plumper  Vertraulichkeit,  überlegen  wirken- 
dem Besserkönnen  oder  sogar  mit  lästiger 
Aufdringlichkeit  zu   Werke  geht. 

Hantierungsgeräusche 

Ja,  es  bedarf  nicht  einmal  dieser  körper- 
lichen Fühlungnahme,  um  das  Wesen  eines 
Menschen  in  Erscheinung  treten  zu  lassen. 
Wieviel  enthüllen  die  Geräusche,  die 
von  einem  in  unserer  Nähe  befindlichen 
Menschen  hervorgerufen  werden,  sei  es  bei 
Verrichtungen,  die  mit  einem  gewissen 
Kraftaufwand  vorgenommen  werden,  sei  es 
bei  scheinbar  belanglosen  Hantierungen.  Im 
ersten  Fall  wird  Heftigkeit,  Unbeherrscht- 
heit, Rücksichtslosigkeit  aus  dem  über- 
betonen der  Leistung  sprechen,  während  die 
gleiche  Arbeit,  mit  weniger  Getue  und 
Wichtigkeit  verrichtet,  für  Selbstbeherr- 
schung und  Rücksicht  spricht.  Man  denke  nur 
an  das  Rütteln  eines  Ofenrostes,  das  Ab- 
streifen der  Schuhe,  ja,  das  bloße  Türschlie- 
ßen. Oft  wird  es  feineren  Gehörs  und  Emp- 


findens bedürfen,  um  doch  noch  zu  erkennen, 
in  welcher  Weise  etwas  geschieht;  aber  ge- 
rade dieses  Wenige,  das  dem  blinden  Be- 
obachter noch  zugänglich  ist,  spricht  doppelt 
deutlich  bzw.  ist  doppelt  wichtig,  weil  es 
sich  der  Kontrolle  des  Verursachenden  für 
gewöhnlich  entzieht,  d.  h.  ihm  als  Verräter 
seines  Tuns  nicht  mehr  zum  Bewußtsein 
kommt.  Ich  denke  daran,  wie  jemand  uns 
etwa  ein  Glas,  einen  Teller  hinstellt,  den 
Stuhl  heranrückt  oder  auch  nur  einen  Ge- 
genstand zureicht.  Gerade  in  dieser  letzteren 
Bewegung  wird  sich  viel  offenbaren.  Es  kann 
mit  Herzenstakt  oder  auch  mit  geringschät- 
ziger Herablassung  geschehen,  wie  es  auch 
einen  Schluß  auf  Vorstellungs-  und  Einfüh- 
lungsvermögen des  Gegenüber  zuläßt. 

Freilich  dürfen  wir  bei  allen  diesen  Be- 
obachtungen eines  nicht  vergessen,  wenn 
wir  nicht  zu  einer  Fehlbewertung  gelangen 
wollen.  Vieles,  was  nach  Nachlässigkeit, 
Taktlosigkeit  oder  Rücksichtslosigkeit  aus- 
sieht, kann  der  Ausfluß  und  die  Folge  einer 
gewissen  Ungeschicklichkeit  und  einer  hem- 
menden Befangenheit  und  Hilflosigkeit  ge- 
genüber der  Lage  des  Nichtsehenden  sein. 
Daher  ist  es  wichtig,  den  mehrfach  be- 
tonten Faktor,  die  Notwendigkeit  einer  dau^ 
ernden  und  raschen  Kombination  von  Fest- 
stellungen aus  den  verschiedensten  Aus- 
drucksgebieten nicht  aus  dem  Auge  zu 
lassen. 

Alles  in  allem  gilt  es, -die  unendlich  vielen 
stärkeren  oder  schwächeren  Äußerungen,  die 
den  sich  zerstreuenden  Ausstrahlungen  eines 
Lichtspenders  gleichen,  durch  ein  rasches 
Kombinationsvermögen  wie  in  einem  Brenn- 
spiegel zusammenzufassen  und  zu  einem 
klaren  Bild  werden  zu  lassen.  Reizvoll  wäre 
es  vielleicht  auch  noch,  auszuführen,  welche 
„Vorstellung"  sich  der  Nichtsehende  auf 
Grund  der  geschilderten  Erkennungsmerkr 
male  von  der  rein  äußeren  Erschei- 
nung seines  Gegenüber  macht.  Doch  das 
würde  hier  zu  weit  führen  und  könnte  Ge- 
genstand einer  eigenen  Untersuchung  wer- 
den. 


Als  selbständiger  Kaufmann 

Dem   .früheren    Beruf    treu    geblieben 


Man  bemüht  sich  immer  mehr,  neben  den 
bisher  bekannten  Berufen,  die  der  Kriegs- 
blinde ausüben  kann,  neue  Berufe  zu  er- 
schließen. Da  mag  es  für  den  einen  oder  an- 
deren Kameraden  vielleicht  interessant  sein, 
kurz  über  meine  eigene  Entwicklung  zu  hö- 
ren. Ich  habe  dabei  den  Wunsch,  daß  man- 
cher einen  Fingerzeig  findet,  wie  er  sich  auch 
in  meiner  Branche  betätigen  kanri.  Das  kann 
man,  und  das  sei  vorweq  gesagt,  sowohl  als 
Feinmechaniker  wie  auch  als  Kaufmann, 
wenn  man  in  der  Branche  Füllhalter 
und  Schreibwaren  tätig  war  oder  tätig 
sein  will. 

Nachdem  ich  1926  in  den  Pelikan-Werken 
meine  Ausbildung  als  Vertreter  erhalten 
hatte,  war  ich  von  1930  bis  zur  Beendigung 
des  Krieges  Generalvertreter  der  Montblanc- 
Füllhalterfabrik  Hamburg  im  In-  und  Aus- 
land. Ich  bereiste  bereits  vor  dem  Kriege  die 
europäischen  Länder  im  Osten  und  im 
Westen.  Einige  Jahre  hatte  ich  meinen 
Wohnsitz  in  Brüssel  und  Den  Haag.  Diese 
selbständige  Tätiqkeit  als  Generalvertreter 
brachte  es  mit  sich,  daß  ich  auch  als  Kauf- 
mann schon  im  Jahre  1932  im  Hamburqer 
Stammhaus  in  die  Geheimnisse  der  Füll- 
halterreparatur von  fachkundigen  Meistern 
eingeweiht  wurde;  sie  sollten  mir  später  ein- 
mal zugute  kommen. 

1943  traf  mich  dann  der  harte  Schicksal- 
schlag, mit  dem  ich  nie  gerechnet  hatte,  ich 
wurde   durch   Kriegseinwirkung   blind.   Nach 


den  vielen  Monaten  Krankenlagern  und  La- 
zaretten, die  ich  genau  so  durchgemacht 
habe,  wie  die  meisten  meiner  Kameraden, 
war  ich  Ende  1945  soweit,  daß  ich  mir  in  den 
langen  Nächten  im  Krankenzimmer  immer 
wieder  die  Frage  stellte:  „Kann  ich  auch  als 
Kriegsblinder  meinen  bisherigen  Beruf  aus- 
üben?" Ich  habe  mich  zu  dem  „Ja"  durchge- 
rungen und  startete  zunächst  mit  der  An- 
nahme von  Füll  halt  e  rrepar  atu- 
ren  ,  denn  zu  der  Zeit  stellten  die  Fabriken 
so  gut  wie  gar  nicht  Füllhalter  her  oder 
hauptsächlich  für  die  Besatzungsmächte.  Die-- 
seil  Füllhalterreparatur-Vertrieb  nahm  ich 
zur  Basis,  aus  dem  dann  später  die  eigene 
Füllhalterreparatur-Werkstatt  entstand,  in 
der  Füllhalter,  Kugelschreiber  und  Drehstifte 
aller  Marken  und  Svsteme  heute  in  wenigen 
Stunden  repariert  werden.  Die  Reparaturen 
erhalte  ich  nicht  nur  aus  Hamburg,  sondern 
aus  allen  Ländern  der  Bundesrepublik.  Ich 
bin  genügend  Füllhalterfachmann,  um  mir  die 
Kräfte  so  einzuarbeiten,  daß  sie  den  Anfor- 
derungen der  Kunden  qerecht  werden. 

Darauf  baute  ich  weiter  auf,  indem  ich  die 
Vertretung  einer  führenden  süddeutschen 
Füllhalterfabrik  hinzunahm.  Bei  der  außer- 
ordentlich schwierigen  Wirtschaftslage  reichte 
das  aber  nicht  aus,  so  daß  ich  mich  um  wei- 
tere Vertretungen  bemühte.  Ich  habe  u.  a. 
die  Vertretung  einer  Nürnberqer  Farbkästen- 
fabrik und  die  Vertretung  eines  Stuttgarter 
Verlages,  der  Kinderbilderbücher,  Romane 
und  Fachbücher  liefert,  hinzugenommen. 


Meine  Erblindunq  bei  meiner  selbständigen 
Position  zwingt  mich  natürlich,  mit  v  e  r  - 
tiauenswüidigenHilfskräftenzu 
arbeiten,  die  alle  ihren  Lohn  und  ihr  Gehalt 
haben  wollen.  Ich  werde  jetzt  deshalb  einen 
Buchversand  unter  meinem  Namen  und  eine 
unter  dem  Namen  „Versandhaus  Eichler" 
laufende  neue  Versandabteilung  aufziehen, 
bei  der  Artikel  wie  Füllhalter  und  Tusch- 
kästen usw.  vertrieben  werden.  Nebenbei: 
es  ist  selbstverständlich,  daß  -ich  meinen 
krieqsblinden  Kameraden  dabei  Sonderpreise 
einräume,  wenn  sie  mich  durch  Bestellungen 
unterstützen. 

So  habe  ich  in  zielbewußter,  zäher  und 
sehr   mühevoller   Arbeit   es   dahin   gebracht, 


daß  ich  auch  als  Kriegsblinder  meinem  frühe- 
ren Beruf  wieder  voll  nachgehen  kann.  Ich 
besuche  in  Norddeutschland  meine  Kunden 
mit  einer  Begleitperson  alle  persönlich,  habe 
eine  Menge  Schreibtischarbeit  zu  erledigen, 
wenn  ich  ins,  Büro  komme  und  überwache 
außerdem  meine  Füllhalterreparatur-Werk- 
statt. 

Es  maq  unter  den  kriegsblinden  Kameraden 
den  einen  oder  anderen  aeben,  der  Fein- 
mechaniker oder  Kaufmann  in  der  Schreib- 
warenbranche War,  und  dieser  hat  die  glei- 
chen Möglichkeiten,  wie  ich  sie  qehabt  habe. 
Ich  stehe  solchen  Kameraden  qern  auf  An- 
fragen mit  meinem  Rat  zur  Verfügung. 

Kurt  Benske  (Hamburg) 


Unsere  Heime  brauchen  Bücher! 

Der  folgende  Brief  eines  kriegsblinden 
Kameraden  scheint  uns  größter  Beachtung 
wert  zu  sein.  Alle  Kameraden,  die  mit  Dank- 
barkeit an  einen  Heimaufenthalt  zurück- 
denken, sollten  den  folgenden  Vorschlag  be- 
herzigen, und  nicht  weniger  jene  Kameraden, 
die  einen  Kuraufenthalt  antreten. 

Wenn  in  einem  Heim,  welches  das  ganze 
Jahr  hindurch  geöffnet  ist,  an  langen  Winter- 
abenden sich  die  Dunkelheit  auf  die  Land- 
schaft herabsenkt,  oder  wenn  schlechtes  Wet- 
ter den  Kameraden  im  Heiin  festhält,  dann 
möchte  der  eine  oder  andere  nach  einem 
schönen  Buch  qreifen  und  es  sich  von  seiner 
Frau  vorlesen  lassen,  oder  die  Kameraden- 
frau selber  möchte  sich  durch  gute  Lektüre 
entspannen,  während  ihr  Mann  mit  anderen 
Kameraden  seine  Gedanken  austauscht.  Wohl 
sind  in  den  Heimen  geringe  Bestände  an  Bü- 
chern vorhanden.  Auch  waren  die  Heim- 
leiterinnen freundlicherweise  bereit,  aus  ihren 
persönlichen  Beständen   ein   Buch  leihweise 


Neue  Lehrgänge  in  Tegernsee 

Neue  Lehrgänge  zur  Berufsausbildung 
beginnen  im  Oktober  d.  J.  im  staatlichen 
Versehrten-Umschulungsheim  Tegernsee,  und 
zwar  für: 

1.'  Blindentechnische  Grundausbildung, 
Dauer  6  Monate. 

2.  Telefonisten,  Dauer  6  Monate. 

3.  Stenotypisten/Telefonisten, 
Dauer  12  Monate, 

4.  ^Bürstenmacher,  Dauer  6  Monate. 
Anmeldungen   sind   über  die  zustän- 
dige  Hauptfürsorgestelle   an"  die   Bayerische 
Hauptfürsorgestelle  in  München  2,  Brienner 
Straße  55,  zu  richten. 


zur  Verfügung  zu  stellen.  Aber  es  dürfte  zu 
empfehlen  sein,  eine  richtige  Bücherei  in  den 
Heimen  einzurichten.  Den  Anfang  dazu  könn- 
ten Kameraden  selbst  machen,  soweit  sie  aus 
der  Kriegszeit  einen  Bücherschatz  gerettet 
haben.  Jeder  möge  seine  Bestände  einer 
Musterunq  unterziehen.  Manches  Buch  ist 
vor  Jahren  oder  gar  Jahrzehnten  gelesen 
worden  und  könnte  dem  genannten  Zweck 
zugeführt  werden.  Darüber  hinaus  könnten 
sich  Bezirke  und  Landesverbände  an  diesem 
Werk  durch  einen  Appell  an  örtliche  Buch- 
handlungen bzw.  Verlage  beteiligen  und  um 
freiwilliqe  Spenden  bitten.  Eine  solche  Bitte 
würde  wohl  kaum  ungehört  verhallen. 

Wenn  diese  Anregunq  auf  fruchtbaren  Bo- 
den fiele,  würde  das  von  manchem  Kamerad 
dankbar  begrüßt  werden. 

Kuno  Hötken,  Wuppertal-Elberfeld. 

Die  Schriltleitung  und  die  Bandesleitung, 
vor  allem  der  Leiter  der  Erholungsfürsorge, 
Kamerad   Bierwerth,    schließen   sich    diesem 


Vorschlag  des  Kameraden  Höfken  gern  an. 
Jeder  Kamerad,  der  an  eine  schöne  Er- 
holungszeit zurückdenkt,  sende  als  kleine 
Dankesgabe  an  das  Heim  ein  Buch.  Das 
ist  nicht  nur  ein  Akt  der  Dankbarkeit, 
sondern  auch  ein  Akt  der  Kameradschalt 
gegenüber  den  vielen  Lesern,  die  noch  jahre- 
lang an  dem  Buch  Freude  finden  können.  Und 
wer  einen  Erholungsurlaub  antritt,  der  sollte 
es  sich  zum  Grundsatz  machen,  ein  schönes 
Buch  mit  in  den  Kolter  zu  packen  und  der 
Heimleiterin  zu  übergeben.  Also  gleich  ans 


Werk!  Manches  Buch  in  deinem  Regal  steht 
da  unnütz,  weil  es  kaum  noch  einmal  ge- 
lesen wird!  Pack  es  kurzentschlossen  ein  und 
schick  es  ab!  Gleichzeitig  schreibe  eine  Post- 
karte an  unseren  Kameraden  Bierwerth, 
Göttingen,  Hainholzweg  17,  damit  der  Leiter 
der  Erholungsfürsorge  Bescheid  weiß  und 
damit  er  in  Einzelfällen,  wenn  etwa  das 
gleiche  Buch  einem  Heim  doppelt  zugedacht 
sein  sollte,  einen  Ausgleich  vornehmen  kann. 

Ein  fröhliches  Herze 

Hiermit  übersende  ich  Ihnen  einen  Zei- 
tungsausschnitt vom  kriegsblinden  Tenor, 
Herrn  Andreas  Espey  aus  Herten,  mit 
der  Bitte,  diesen  doch  einmal  in  Ihrer  Zeit- 
schrift für  Kriegsblinde  zu  veröffentlichen. 
Ich  selbst  war  unter  den  Zuhörern  und  habe 
alles  mit  großer  Freude  aufgenommen.  Ich 
finde  es  darum  auch  sehr  angebracht,  durch 
Ihre  Zeitschrift  alle  davon  wissen  zu  lassen, 
wie  selbst  Kriegsblinde  so  vorbildlich  ver- 
stehen, anderen  ein  fröhliches  Herze  zu 
machen.  Aloys   Poch,   Gelsenkirchen 

In  dem  beigelügten  Zeitungsausschnitt  werden  unter 
der  großen  Überschrift  ,, Andreas  Espey  sang  sich  in 
das  Herz  der  Kranken"  Liederabende  besprochen,  die 
unser  Kamerad  Espey  in  lippischen  Erholungsheimen 
und  Sanatorien  des  Landkreises  Recklinghausen 
gegeben  hat.  Neben  Stimme  und  Gestaltung  wird 
,.vor  allem  die  Herzenswärme  der  Darstellung" 
hervorgehoben,  und  „wahre  Begeisterungsstürme" 
habe  Espey  geweckt.  Der  Landrat  und  der  Oberkreis- 
direktor von  Recklinghausen  nahmen  an  einigen  dieser 
Veranstaltungen  teil. 


Privater  Austausch  von  Tonbändern? 

Interessanter    Vorschlag   einer  Kameradenfrau 


Mindestens  130  Kriegsblinde  verfügen  be- 
reits über  ein  Kleinmagnetophon-Tonband- 
gerät, sei  es  von  Grundig  oder  AEG.  Viel- 
fach wird  es  zur  Erleichterung  geistiger  Ar- 
beit von  Studenten,  Schriftstellern  oder  Mu- 
sikern benutzt  oder  in  anderen  Berufen,  die 
viel  auf  das  Vorlesen  angewiesen  sind.  Aber 
über  die  berufliche  Anwendung  1  inaus  stre- 
ben die  Kameraden  mehr  und  mehr  danach, 
das  Tonbandgerät  auch  zur  Gestaltung  des 
Feierabends  einzusetzen.  Oft  ist  es  so,  daß 
die  Frau  des  Kameraden  tagsüber  zum  Vor- 
lesen eher  dann  Zeit  findet,  wenn  der  Mann 
an  seiner  Arbeitsstätte  ist,  und  sie  liest  dann 
das  Interessanteste  aus  der  Zeitung  oder 
auch  anderes,  was  der  Kriegsblinde  Stunden 
später   am  Lautsprecher  abhört. 

Aber  damit  sind  die  ergiebigsten  Möglich- 
keiten des  Bandgerätes  noch  lange  nicht  er- 
faßt, Möglichkeiten,  die  erst  durch  eine  Hör- 
bücherei und  durch  einen  offiziellen,  reich- 
haltigen Leihverkehr  erfüllt  werden  können 
Bedauerlicherweise  sind  die  vielfältigen  Pro- 
bleme um  die  Errichtung  einer  solchen  Hör- 
bücherei über  ein  Diskussionsstadium  noch 
nicht  weit  hinausgekommen,  obwohl  der 
Bund  der  Kriegsblinden  Deutschlands  prä- 
zise Vorschläge  und  Angebote  gemacht  hat. 
Die  Entscheidung  des  Ausschusses  für  Fra- 
gen der  Blindenhilfsmittel,  dem  auch  Ver- 
treter des  Bundesinnenministeriums,  der 
Zivilbiinden  und  der  Blindenlehranstalten 
angehören,  steht  zur  Stunde  noch  aus,  und 
auch  wenn  diese  Entscheidung  gefallen  ist, 
wird  es  noch  Monate  dauern  müssen,  bis 
die  erste  Liste  versandfertiger  Bände  vor- 
gelegt werden  kann.' 

Bis  dahin  wollen  aber  die  Besitzer  von 
Tonbandgeräten,  deren  Zahl  täglich  steigt, 
nicht  warten,  und  so  scheint  uns  ein  Vor- 
schlag einer  Kameradenfrau  aus  Duisburg, 
Frau  Ursula  Sesink,  sehr  bemerkenswert. 
Sie  schreibt  u.  a.: 

„Wir  sind  glückliche  Besitzer  eines  Grun- 
dig-Magnetophons  (mein  Mann  findet  die 
Bedienung  durch  Tastatur  sehr  praktisch) 
und  suchen  ein  paar  ebenso  .wohlhabende' 
Leute,  die  an  einem  Bandaustausch  interes- 


siert sind.  Es  kann  sich  dabei  um  Hörspiele 
handeln,  die  wir  hier  nicht  hören  können 
(also  von  den  Sendern  München,  Frankfurt, 
Stuttgart  usw.),  ganz  besonders  aber  um 
Bücher.  Wenn  eine  Kameradenfrau  ihrem 
Mann  etwas  vorliest,  so  kann  sie  das  doch 
ohne  viel  Aufhebens  oder  Schwierigkeiten 
gleich  vor  dem  Mikrofon  tun,  um  dem  Mann 
auf  diese  Weise  eine  eigene  kleine  Hör- 
bibliothek zu  schaffen.  Wir  lesen  u.  a.  Ste- 
fan Zweig,  Romain  Rolland,  Andre  Gide, 
John  Galsworthy,  Hermann  Hesse  —  jeden- 
falls diese  Ebene  — ,  außerdem  ebenso  gern 
Irmgard  Keun,  Sigrid  Boo,  Spoerl  und  Lud- 
wig Thoma.  Vielleicht  haben  andere  Kame- 
raden ähnliche  Interessen,  und  wir  könnten 
Bände  miteinander  austauschen.  Warum  sol- 
len die  Bücher  nur  für  einen  einzigen  ge- 
lesen werden,  wenn  auch  andere  daran 
Freude  hätten?" 

Ein  solcher  privater  Austausch  von  Bän- 
dern scheint  uns  als  Notlösung,  bevor  die 
Hörbücherei  eingerichtet  ist,  recht  günstig  zu 
sein,  und  die  Schriftleitung  ist  gern  bereit, 
in  der  Zeitschrift  Anschriften  von 
Kameraden  anzugeben,  die  einen  pri- 
vaten Bandaustausch  wünschen.  Auch  ist  ein 

gesprochener   Briefwechsel 
äußerst    reizvoll,    da    ja    ein    Kamerad    zum 
andern  fast  so  persönlich   und  nahe  spricht, 


als  ob  er  ihm  gegenüber  am  Tisch  säße. 
Da  lassen  sich  menschliche  und  berufliche 
Erfahrungen  austauschen,  und  es  läßt  sich 
ein  Band  der  Kameradschaft  auch  zwischen 
entlegensten  Städten  oder  Landschaften 
innig  schließen.  Vielleicht  macht  es  manchem 
Kameraden  Freude,  mit  einem  anderen  glei- 
chen Alters  und  gleicher  Interessen  in  Ver- 
bindung zu  kommen.  Die  Schriftleitung  ist 
bereit,  jeweils  in  einer  bestimmten  Rubrik 
kurz  die  Namen  und  Anschriften  solcher 
Kameraden  bekanntzugeben,  die  einen  Aus- 
tausch von  Bändern,  seien  es  Briefe  oder 
seien  es  gesprochene  Bücher,  wünschen.  Das 


Interessengebiet  oder  Beruf  und  Alter  könn- 
ten dabei   angegeben  werden. 

Wer  mitmachen  will,  schreibe  kurz  eine 
Postkarte  an  die  Schriftleitung  „Der  Kriegs- 
blinde", Bielefeld,  Stapenhorststraße  138. 

Um  es  Frau  Ursula  Sesink  zu  ersparen, 
daß  sie  50  Zuschriften  von  Kameraden  zu 
beantworten  hat,  geben  wir  diese  einzige 
Anschrift  heute  noch  nicht  bekannt,  sondern 
empfehlen,  an  die  Schriftleitung  zu  schreiben, 
damit  der  Austauschwunsch  von  hoffentlich 
sehr  zahlreichen  Kameraden  im  September- 
heft bekanntgegeben  werden  kann.  Zu- 
schriften an  Frau  Sesink  können  aber  an  die 
Schriftleitung  eingesandt  werden. 


C^tuJ  d&n  -2Uz*z*^^rW'6u/4j£&n/ 


Aus  Schleswig-Holstein 

Landesverbandstag  1952 

Es  ist  nun  schon  eine  Selbstverständlich- 
keit geworden,  daß  sich  die  Kameraden  des 
Landesverbandes  Schleswig-Holstein  in  den 
ersten  Julitagen  eines  jeden  Jahres  zu  einer 
Jahreshauptversammlung  zusammenfinden. 
Es  ist  für  die  Kameraden  immer  ein  großes 
Erlebnis,  wenn  sie  von  der  geleisteten  Ar- 
beit hören  und  dann  im  gegenseitigen  Ge- 
dankenaustausch die  Sorgen  des  grauen  All- 
tags einmal  abwerfen  können. 

Am  Sonnabend,  dem  5.  Juli,  hatten  sich 
wieder  viele  Kameraden  mit  ihren  Frauen 
in  den  Eichhof-Betrieben  in  Kiel  eingefun- 
den. Kurz  nach  14  Uhr  eröffnete  der  Landes- 
verbandsleiter, Kamerad  E  g  g  e  r  s  ,  die 
Versammlung.  Sein  besonderer  Gruß  galt 
unserem  Bundesvorsitzenden,  dem  Kame- 
raden Dr.  P  1  e  i  n.  In  seiner  Begrüßungs- 
ansprache wies  Kamerad  Eggers  besonders 
auf  den  inneren  Wert  unserer  Landesver- 
bandstage hin  und  bat  die  Kameraden,  nach 
den  Geschäfts-  und  Kassenberichten  ihre 
Wünsche  und  Anregungen  vorzutragen.  So- 
dann erteilte  er  dem  Kameraden  Koebcke 
zur  Erstattung  des  Geschäftsberichtes  das 
Wort. 

Zunächst  gedachte  Kamerad  Koebcke  un- 
serer hochverehrten  Bundesmutter,  die  nach 
einem  segensreichen  Leben  am  18.  August 
1951  für  immer  von  uns  gehen  mußte.  Wei- 
ter wurde  der  verstorbenen  Kameraden 
Wegner,  Hummel,  Chrestin,  Froh  und  Tramm 
sowie  der  heimgerufenen  Kameradenfrauen 
und  Kameradenwitwen  gedacht. 

Der  Landesverband  Schleswig-Holstein 
hat  309  ordentliche  Mitglieder,  darunter  8 
Kameradinnen.  Ferner  gehören  ihm  11  Wit- 
wen und  2  Vollwaisen  an. 

Zwei  Hauptmomente,  die  die  Verbands- 
arbeit im  vergangenen  Berichtsjahre  be- 
herrscht haben,  waren  die  Neugliederung 
des  Landesverbandes  und  die  Entflechtung 
der  Firma  „St.  Georg",  Gemeinnützige 
Kriegsblinden-Arbeitsgemeinschaft  für  die 
Länder  Schleswig-Holstein  und  Hansestadt 
Hamburg.  Wie  bereits  in  einem  Artikel  in 
der  Mai-Nummer  unserer  Bundeszeitschrift 
näher  dargelegt  wurde,  gliedert  sich  der 
Landesverband  nunmehr  in  die  Bezirke  Nord 
(mit  dem  Sitz  in  Schleswig),  Mitte  (mit  dem 
Sitz  in  Kiel)  und  Süd  (mit  dem  Sitz  in 
Lübeck).  Die  bisherigen  Kreisgruppen  sind 
als  Unterbezirke  bestehen  geblieben. 

Nach  der  Entflechtung  der  St.-Georg- 
Kriegsblinden-Arbeitsgemeinschaft  ist  nun- 
mehr der  Bund  der  Kriegsblinden  Deutsch- 
lands e.  V.  der  alleinige  Gesellschafter.  Ge- 
tragen wird  die  Gesellschaft  von  den  Lan- 
desverbänden Schleswig-Holstein  zu  vier 
Fünfteln  und  Hamburg  zu  einem  Fünftel. 
Als  Bevollmächtigte  der  Landesverbände 
fungieren  die  Kameraden  .Woscheck  in 
Krempe  (Holstein),  Klamann  in  Bad  Oldes- 
loe   (Holstein)    und    Collasius    in    Hamburg. 


8 


Der  Aufsichtsrat  der  Gesellschaft,  der  am 
3.  Juli  1952  in  Hamburg  seine  konstituierende 
Versammlung  abgehalten  hat,  besteht  aus 
sieben  Mitgliedern.  Es  sind  dies  drei  sehende 
Wirtschaftler,  ein  Vertreter  des  Landesver- 
bandes Schleswig-Holstein  und  drei  der  Ge- 
sellschaft angeschlossene  kriegsblinde  Hand- 
werker. Den  Vorsitz  hat  Herr  Dr.  Hempfing 
aus  Kiel  übernommen.  Sein  Vertreter  ist 
Herr  Regierungsrat  Dipl.-Ing.  Bartel  vom 
Landesministerium  für  Wirtschaft  und  Ver- 
kehr, Abt.  Handwerk,  in  Kiel.  Ferner  wird 
Herr  von  Dietlein,  der  Besitzer  und  Direktor 
einer  größeren  Werft  in  Hamburg,  die  In- 
teressen der  Gesellschaft  in  den  Hamburger 
Wirtschaftskreisen  vertreten.  Vertreter  des 
Landesverbandes  Schleswig-Holstein  und 
Sprecher  der  kriegsblinden  Mitglieder  des 
Aufsichtsrates  ist  der  Kamerad  Koebcke. 
Schließlich  gehören  die  Kameraden  Hans 
Christiansen  aus  Timmendorfer  Strand  und 
Fritz  Schüler  aus  Lübeck  dem  Aufsichtsrat 
an.  Ein  dritter  Kamerad  aus  dem  Kreise  der 
Handwerker  wird  noch  nominiert  werden. 
Kamerad  Voigt  bleibt  auch  weiterhin  Ge- 
schäftsführer der  Gesellschaft.  Durch  geeig- 
nete Maßnahmen  soll  und  muß  erreicht  wer- 
den, die  beteiligten  Kameraden  voll  be- 
schäftigen zu  können. 

Im  abgelaufenen  Berichtsjahr  war  es  wie- 
derum möglich,  mehreren  Kameraden  einen 
geeigneten  Arbeitsplatz  zu  verschaffen.  Der 
Kreis  der  Kameraden,  die  arbeiten  wollen, 
aber  nicht  können,  hat  sich  dadurch  erheb- 
lich verkleinert.  Auch  in  der  Siedlungs-  und 
Wohnungsfürsorge  konnte  vielen  Kame- 
raden geholfen  werden.  35  Kameraden  heben 
im  vergangenen  Jahre  ihr  Eigenheim 
beziehen  können.  Dennoch  müssen  sich  im- 
mer noch  etwa  30  Kameraden  mit  Notunter- 
künften begnügen. 

In  unermüdlicher  Kleinarbeit  und  im  eng- 
sten Einvernehmen  mit  der  Hauptfürsorge- 
stelle, den  Dienststellen  und  der  Industrie 
konnte  viel  erreicht  werden.  Aber  allen 
Kameraden,  die  der  Betreuung  bedürfen,  zu 
helfen,  ist  und  bleibt  stets  die  vornehmste 
Aufgabe  der  führenden  Kameraden  unseres 
Bundes,  die  sich  mit  Lust  und  Liebe  und 
ihrem  ganzen  Sein  in  den  Dienst  der  Kame- 
radschaft gestellt  haben. 

In  Abwesenheit  des  Schatzmeisters  wurde 
der  Kassenbericht  und  anschließend  ein  Be- 
richt über  Verwaltung  und  Stand  des  Sozial- 
fonds der  Sammlungen  für  das  Blindenwesen 
verlesen.  Die  Berichte  wurden  angenommen, 
und  es  wurde  dem  Vorstand  Entlastung  er- 
teilt. 

Nachdem  aus  dem  Kreise  der  Kameraden 
verschiedene  Fragen  gestellt  und  Anregun- 
gen vorgetragen  worden  waren,  ergriff  der 
Bundesvorsitzende,  Kamerad  Dr.  Plein, 
das  Wort.  Er  nahm  zu  vielen  interessieren- 
den Problemen  Stellung  und  erörterte  Fra- 
gen der  Versorgung,  des  Ausweiswesens 
und  der  Arbeitsbeschaffung.  Sodann  umriß 
er  in  sehr  eindringlicher  Weise  den  Begriff 


der  Kameradschaft  und'  forderte  die  Kame- 
raden auf,  nicht  durch  unsachliche  Kritik, 
sondern  durch  Aktivität  ihre  Verbundenheit 
zu  beweisen. 

Um  18  Uhr  konnte  Kamerad  Eggers  als 
Gäste  den  Vorsitzenden  des  26.  Ausschusses, 
Minister  a.  D.  Pohle  (MdB),  den  Lei- 
ter des  Landesversorgungsamtes,  den  Präsi- 
denten Dr.  Hoevermann  sowie  Vertre- 
ter der  Landesregierung,  des  Landesarbeits- 
amtes, der  Hauptfürsorgestelle  usw.  begrü- 
ßen. Kamerad  Plein  dankte  den  Gästen  für 
ihr  Erscheinen  und  umriß  mit  eindrucksvol- 
len Worten  die  Belange  der  Kriegsblinden. 
Sodann  überbrachten  die  Gäste  ihre  Grüße 
und  guten  Wünsche  und  legten  in  kurzen 
Referaten,  die  starken  Beifall  fanden,  die 
Verbundenheit  der  Dienststellen  mit  den 
Kriegsopfern   dar. 

Nach  dem  gemeinsamen  Essen  trat  der 
gesellige  Teil  in  seine  Rechte  und  hielt  die 
Kameraden  bei  Musik,  Tanz  und  Plaudereien 
bis  zu  den  frühen  Morgenstunden  beisammen. 

H.  K. 

Paul  Tramm  gestorben 

Kamerad  Paul  Tramm  aus  Friedrichsstadt 
(Eider),  Gründer  des  jetzigen  Landesver- 
bandes Schleswig-Holstein  und 
Ehrenmitglied  unseres  Bundes,  ist  am  1.  Juli 
1952  in  seinem  Heim  einem  Herzschlage  er- 
legen. Wir  bedauern  den  Verlust  eines  Ka- 
meraden, der  sich  einmal  die  Aufgabe  ge- 
stellt hatte,  zum  Wohle  seiner  kriegsblinden 
Kameraden  zu  schaffen  und  zu  wirken. 

Als  auf  einer  Kriegsblindentagung  in  Gü- 
strow (Mecklenburg)  im  August  1919  der 
Bezirk  Mecklenburg-Holstein  im  „Bund  er- 
blindeter Krieger"  ins  Leben  gerufen  wor- 
den war,  wurde  unser  Kamerad  Paul  Tramm 
zum  Vertrauensmann  für  die  Provinz  Schles- 
wig-Holstein bestellt.  Seiner  unermüdlichen 
Werbetätigkeit  war  es  zu  verdanken,  daß 
die  Zahl  der  in  Schleswig-Holstein  wohnen- 
den Mitglieder  in  wenigen  Monaten  von  2 
auf  58  gestiegen  war.  Bereits  am  2.  März  1920 
konnte  im  Hause  der  Inneren  Mission  in 
Neumünster  die  Gründung  eines  selbstän- 
digen Bezirkes  Schleswig-Holstein  erfolgen. 
Kamerad  Tramm  wurde  zum  ersten  Bezirks- 
leiter gewählt.  Aber  damit  war  seine  Auf- 
gabe nicht  erfüllt;  jetzt  galt  es,  eine  inten- 
sive Betreuung  der  Kameraden  zu  organisie- 
ren und  zu  gewährleisten.  Im  Jahre  1926 
zwang  ihn  sein  angegriffener  Gesundheits- 
zustand, sich  von  jeder  weiteren  Tätigkeit 
zurückzuziehen.  Dennoch  hatte  er  sich  noch 
mehrere  Jahre  als  Schriftführer  der  Bezirks- 
gruppe zur  Verfügung  gestellt. 

In  Würdigung  seiner  großen  Verdienste 
zum  Wohle  unserer  Kameraden  wurde  der 
nunmehr  Verstorbene  auf  dem  Landesver- 
bandstag in  Kiel  am  1.  Juli  1950  zum  Ehren- 
mitglied unseres  Bundes  ernannt. 

Sein  Wunsch,  den  Lebensabend  in  einem 
eigenen  Häuschen  verbringen  zu'können,  ist 
zwar  in  Erfüllung  gegangen,  doch  war  ihm 
diese  Freude  nur  wenige  Tage  vergönnt. 

In  unseren  Reihen  wird  er  unvergessen 
bleiben! 


Die  ungewöhnlich  große  Beteiligung  bei 
den  Bestattungsfeierlichkeiten  hat  auf  alle 
Teilnehmer  einen  tiefen,  unvergeßlichen  Ein- 
druck gemacht.  Es  war  ein  Zeichen  dafür, 
wieviel  Achtung,  Verehrung,  Dankbarkeit 
und  Liebe  sich  der  Verstorbene  in  den  weni- 
gen Jahren  seines  Aufenthalts  in  Friedrich- 
stadt nach  seinem  Fortzug  von  Kiel  erwor- 
ben hat.  In  dem  von  Kränzen  überreich  ge- 
schmückten Gotteshause  hatten  Fahnenabord- 
nungen neben  dem  Sarge  Aufstellung  ge- 
nommen. In  mehreren  Verbänden  hatte  Paul 
Tramm  zum  Vorstand  gehört.  So  sagte  der 


, 


Geistliche  mit  Recht:  „Es  trauert  eine  ganze 
Stadt." 

Auf  dem  Friedhof  wurden  dann  von  den 
Organisationen,  denen  der  Verstorbene  an- 
gehört hatte  und  in  denen  er  so  segensreich 
gewirkt  hatte,  Kränze  niedergelegt  mit  Wor- 
ten des  Dankes  und  der  Verehrung  für  den 
Toten.  Der  Landesverband  Schleswig-Hol- 
stein hatte  unseren  Kameraden  Jungjohann 
beauftragt,  in  seinem  Namen  den  toten 
Kameraden  zu  ehren.  Er  sagte  u.  a.: 

„Du  hast  nicht  kapituliert,  nicht  resigniert. 
Du  hast  alle  Beschwerden  und  Vorurteile 
überwunden  und  dein  Ziel  erreicht.  Du  wur- 
dest Lehrer,  zuletzt  auch  mein  Mitarbeiter 
an  der  Landesblindenschule  in  Kiel.  Hier 
hast  du  mit  großer  Treue  den  Blinden  ge- 
dient. Du  hast  die  kriegsblinden  Kameraden 
zusammengerufen,  Du  hast  eine  Familie  ge- 
gründet und  dir  ein  Eigenheim  gebaut.  Du 
hast  mitgeholfen  an  der  Verbesserung  der 
Blindenstenografie.  Dem  Turnverein  deines 
Ortsteils  hast  du  als  Schriftwart  gedient  und 
während  des  Krieges  den  etwa  250  Turnern, 
die  im  Felde  standen,  die  Feldpostbriefe  be- 
antwortet und  die  Päckchen  an  die  Front  ge- 
sandt. Und  wir  sind  Zeugen,  wie  du  auch 
hier  in  der  neuen  Heimat,  wo  du  ein  neues 
Heim  soeben  vollendet,  da  das  in  Kiel  von 
Bomben  zerstört  worden  war,  wieder  im 
Dienst  für  andere  gelebt  bis  dein  krankes 
Herz  stillstand. 

So  sollst  du  vor  uns  und  vor  allen  stehen 
als  leuchtendes  Vorbild,  namentlich  für  die 
Kleinmütigen  und  Verzagenden.  Du  hast  be- 
wiesen, daß  du  ein  schweres  Schicksal  ge- 
meistert hast." 

Kriegsblinden-Siedlung  in  Nürnberg 

In  Nürnberg  finden  14  Kriegsblinde  eine 
schöne  Wohnung  und  mehr  als  das,  ein 
wirkliches  Heim  mit  einem  Gartenland  von 
jeweils  etwa  500  Quadratmetern.  Fünf  zwei- 
geschossige Häuser  sind  entstanden,  die 
außer  den  14  Familien  der  Kriegsblinden 
weitere  14  Familien,  meist  Flüchtlinge  und 
Ausgebombte,  in  Einliegerwohnungen  auf- 
nehmen werden.  Eigentümer  werden  die  14 
kriegsblinden  Siedler. 

Der  Bezirk  Mittelfranken  im  Bund  der 
Kriegsblinden  Deutschlands  hat  mit  dem 
Aufbau  dieser  Siedlung  eine  bemerkenswerte 
und  außerordentliche  Leistung  vollbracht.  Er 
ging  gemeinsam  mit  der  Landeswohnungs- 
fürsorge Bayern  GmbH,  vor,  die  während 
des  Aufbaues  der  Bauträger  ist.  In  diesen 
Wochen,  nach  Fertigstellung  der  Häuser  und 
nach  erfolgter  Abrechnung,  gehen  die  Häuser 
in  das  Eigentum  der  Kriegsblinden  über.  Die 
Kriegsblinden  selbst  haben  durchweg  von 
der  Möglichkeit  einer  Kapitalisierung  ihrer 
Rente  Gebrauch  gemacht. 

Die  Wohnungen  enthalten  zwei  geräumige 
Zimmer  zu  rund  16  qm  sowie  Küche,  Bad, 
Speisekammer  und  kleine  Garderobe.  Dazu 
kommen  noch  Kellerräume  und  Bodenraum, 


der  jedoch  nicht  zum  Ausbau  vorgesehen 
ist.  Es  besteht  die  berechtigte  Aussicht,  daß 
es  dem  Bezirk  Mittelfranken  gelingt,  dieses 
Siedlungsunternehmen  mit  dem  Erwerb  wei- 
terer Bauplätze  noch  zu  erweitern.  Die  Sied- 
lung entstand  übrigens  auf  dem  Gelände  der 
ehemaligen  „KdF"  -  Stadt  der  Nürnberger 
Reichsparteitage. 

Kriegsblindentreffen  mit 

Dichterlesung 

Vorbildliche  Tagungen  in  Rheinland-Pfalz 

In  den  letzten  Wochen  fanden  in  den  Be- 
zirken des  Landesverbandes  Rheinland-Pfalz 
verschiedene  bemerkenswerte  Tagungen  statt, 
so  in  Mainz  (hier  konnte  neben  dem  Lan- 
desverbandsleiter durch  Zufall  auch  der 
Schriftleiter  unserer  Zeitschrift  teilnehmen), 
in  Neustadt  an  der  Weinstraße,  wo  sich  die 
Kameraden  des  Bezirks  Pfalz  trafen,  zu 
denen  auch  der  Bundesvorsitzende  Dr.  Plein 
sprach,  und  im  Bezirk  Trier,  wo  die 
Kameraden  zu  einem  besonders  festlichen 
Tag  im  Dorfe  Mehring  zusammenkamen. 
Freundliche  Winzermädchen  empfingen  die 
Kriegsblinden  bereits  am  Bahnhof  und  ge- 
leiteten sie  zur  Kaffeetafel.  Auch  hier  war 
Dr.  Plein  zugegen,  ebenso  der  Landesver- 
bandsvorsitzende Kam.  Neil.  Kam.  Rzegotta 
konnte  bei  der  offiziellen  Abendveranstal- 
tung viele  hervorragende  Gäste  als  Vertre- 
ter der  Behörden  begrüßen.  Außer  vielerlei 
ernsten  Ansprachen  beeindruckte  auch  das 
künstlerische  Programm  mit  Vorträgen, 
Volkstänzen,  Musik  und  Gesang  die  Teil- 
nehmer ungewöhnlich.  Der  wirklich  festliche 
Abend  wurde  durch  einen  Tanz  beschlossen. 

Besonders  vorbildlich  war  die  Gestaltung 
einer  Tagung  in  Koblenz.  Der  Bezirks- 
leiter, Kam.  Pung,  konnte  als  Gäste  die  Ver- 
treter der  Hauptfürsorgestelle,  des  Landes- 
versorgungsamtes, des  Regierungspräsiden- 
ten, der  orth.  Versorgungsstelle,  des  Ober- 
bürgermeisters und  der  Oberpostdirektion 
begrüßen.  Der  Bundesvorsitzende,  Kam.  Dr. 
Plein,  widmete  sich  in  seiner  Ansprache  ins- 
besondere den  Fragen  des  Arbeitseinsatzes 
und  des  Schwerbeschädigtengesetzes.  Am 
Nachmittag  sprach  der  kriegsblinde  Pfarrer 
Kreutz    aus    Mayen    zu    seinen    Kameraden. 

Was  dieser  schönen  Veranstaltung  aber 
die  ganz  besondere  Note  gab  und  was  sie 
so  vorbildlich  macht  für  ähnliche  Veranstal- 
tungen in  Nord  und  Süd,  das  war  eine 
Dichterlesung.  Jakob  Kneip,  einer  der 
angesehensten  und  bedeutendsten  deutschen 
Dichter,  ein  Heimatdichter,  der  weit  über 
seine  Heimat  hinaus  verehrt  und  angesehen 
ist,  las  aus  seinen  Werken  vor.  Trotz  glü- 
hendster Hitze  war  der  Festsaal  bis  auf  den 
letzten  Platz  gefüllt,  und  selten  wird  ein 
Dichter  eine  aufmerksamere  und  dankbarere 
Hörerschaft  gefunden  haben.  Der  kleine, 
kernige  Mann  am  Rednerpult  mit  dem  güti- 
gen Lächeln  hatte  aber  auch  den  rechten  Ton, 
der    gerade    Kriegsblinden    gegenüber    not- 


Die  Nürnberger  Kriegsblinden-Siedlung 


Dank  an  die  Deutsche  Hilfsgemeinschaft 

Dieses  Foto  schickien  uns  Hamburger  Kame- 
raden, die  zur  Zeit  in  unserem  Kur-  und  Er- 
holungsheim Braunlage  weilen.  Es  zeigt  ihre 
Kinder  bei  begeistertem  Spiel  auf  der  neuen 
Wippe,  die  seit  kurzem  zu  den  neuesten  Errungen- 
schalten des  Heimes  gehört.  Unsere  Kameraden 
aber  ruhen  sich  aul  neuen  Liegestühlen  aus  und 
genießen  die  reine  Harzluit.  Diese  Wippe  und 
drei  Liegestühle  sowie  viele  schöne  Bücher  und 
Spiele  wurden  von  der  Deutschen  Hilisgemein- 
schait  Hamburg  unserem  Heim  gestiitet.  Dafür  sei 
dem  Geschäftsführer,  Herrn  Dove,  an  dieser  Stelle 
besonders  gedankt.  Landesverband  Hamburg 


wendig  ist:  eine  unpathetische  Einfachheit, 
'die  tiefe  Weisheit  mit  einem  ursprünglichen 
Humor  verbindet.  So  war  die  Hitze  bald 
vergessen  und  dankbares  Beifallslachen 
unterbrach  oft  den  Dichter,  besonders  bei  der 
Lesung  aus  seinem  berühmten  Hunsrück- 
Roman  „Hampit,  der  Jäger".  Aber  auch  die 
besinnlichen  Gedichte  und  die  ernste,  in 
Sprache  und  Gestaltung  visionäre  Skizze 
aus  seinem  Roman  „Licht  in  der  Finsternis" 
wurden  von  den  Kriegsblinden  verstanden 
und  zutiefst  nacherlebt.  Dr.  Plein  dankte  dem 
Dichter  in  bewegten  Worten. 

Ob  nicht  manche  Bezirke  diesem  Beispiel 
des  Bezirks  Koblenz/Montabaur  folgen  kön- 
nen? Die  Kameraden  würden  für  solche  Be- 
reicherungen eines  Tagungsprogramms  be- 
stimmt sehr  dankbar  sein. 

Warum  immer  mit  Omnibus? 

In  Ulm  macht  man's  besser 

Mehrere  wohlgelungene  Veranstaltungen 
vereinigten  unsere  Ulmer  Kameraden.  So 
ging  es  am  10.  Mai  mit  Frauen  und  Kindern 
nach  dem  herrlich  im  Walde  gelegenen 
Obertalfingen,  und  zwar  zu  Fuß!  Dieser  ge- 
meinsame Nachmittagsspaziergang  durch 
Wiesen  und  Wald  —  eine  Stunde  Weges 
war  zurückzulegen  —  war  für  alle  Teil- 
nehmer eine  große  Freude.  Nur  jene  Kame- 
raden, die  nicht  so  gut  zu  Fuß  sind,  erreich- 
ten das  gesteckte  Ziel  mit  dem  Omnibus. 
Diese  kleine  Wanderung  hatte  alle  Teilneh- 
mer rasch  in  die  früheste  Stimmung  gebracht, 
und  als  der  Wirt,  Herr  Strobel,  noch  mit 
einer  Weinspende  aufwartete,  da  wurde  es 
so  gemütlich,  daß  man  sich  erst  in  später 
Stunde  zum  Aufbruch  entschloß  —  und  dies- 
mal allgemein  im  Omnibus.  Es  waren  heitere, 
unbeschwerte  Stunden. 

Etwas  Besonderes  kennzeichnete  auch  eine 
Veranstaltung  am  12.  Juli.  Hier  trafen  sich 
die  Ulmer  Kameraden  mit  denen  aus  Hei- 
denheim, und  zwar  in  Heidenheim.  Vom 
Landesverbandsvorstand  hatte  sich  auch  Kam. 
Kurt  Krauß  aus  Stuttgart  mit  Frau  und  Kind 
eingefunden.  Solche  kameradschaftlichen  Zu- 
sammenkünfte haben  den  Vorzug,  daß  man 
sich  über  Dinge  unterhalten  kann,  zu  denen 


9 


die  offiziellen  Versammlungen  keine  Zeit 
lassen.  Hier  lernen  sich  die  Kameraden  und 
ihre  Angehörigen  wirklich  kennen  und  ver- 
stehen, und  alles,  was  den  einzelnen  bewegt, 
kann  zur  Sprache  kommen.  Deshalb  ist  es 
überaus  bedauerlich,  daß  an  diesen  weniger 
offiziellen  Zusammenkünften  mitunter  die 
Teilnehmerzahl  enttäuscht.  Kameraden  und 
Kameradenfrauen,  die  nicht  teilnehmen,  las- 
sen sich  wirklich  etwas  entgehen.  K.  N. 

Viel  Spaß  trotz  großer  Hitze 
Sommerfest  des  Bezirks  Düsseldorf 

Die  sommerliche  Temperatur  war  auf  un- 
geahnte Grade  geklettert,  als  sich  am  2.  Juli 
in  dem  schönen  Gartenlokal  Kolvenbach  am 
Stoffeler  Kapellenweg  schon  recht  früh  eine 
Schar  frohgestimmter  Menschen  mit  vielen 
Kindern  zusammenfand,  um  das  traditionelle 
Sommerfest  zu  begehen.  Der  Vorsitzende, 
Kam.  Jakob  Lohmann,  konnte  bei  seinen 
Begrüßungsworten  mit  Befriedigung  fest- 
stellen, daß  weitaus  der  größte  Teil  der 
Mitglieder  der  Einladung  gefolgt  war.  Nach 
dem  gemeinschaftlichen  Kaffeetrinken  ent- 
führten vier  Helferinnen  des  Kindergartens 
Gerresheim  unter  Leitung  von  Frau  Wald- 
schmidt, die  sich  unentgeltlich  zur  Verfügung 
gestellt  hatten,  die  anwesenden  Kinder  in 
den  Garten,  wo  fröhliche  Spiele  mit  Preis- 
verteilungen sie  bis  in  die  späten  Abend- 
stunden festhielten.  Für  die  Frauen  war. ein 
Berliner-Ballen-Essen  vorgesehen,  an  dem 
sich  alle  gerne  beteiligten,  denn  es  hatte  sich 
rundgesprochen,  daß  man  eine  Bohnen- 
k  ö  n  i  g  i  n  ermitteln  wollte.  Die  Ehrung,  die 
Kam.  Lohmann  mit  launigen  Worten  vor- 
nahm, wurde  einer  Witwe  zuteil,  der  man 
den  Preis  —  einen  großen  Karton  Pralinen  — 
gerne  gönnte.  Für  die  weitere  Unterhaltung 
sorgte  ein  Preiskegeln  der  Männer  sowie  ein 
Preisschießen  der  Frauen.  Die  Hauskapelle 
sorgte  unermüdlich  für  stimmungsvolle  Mu- 
sik. Als  der  Abend  nahte,  kündigte  ein  Tusch 
eine  Überraschung  an.  Herr  Kurt  Großkurth, 
allen  Düsseldorfern  bestens  bekannt,  hatte 
sich  eingefunden,  um  mit  seinem  Witz  und 
seiner  sprühenden  Vortragskunst  die  An- 
wesenden für  eine  halbe  Stunde  ins  Reich 
des  Lachens  zu  entführen.  Nach  nicht  enden- 
wollendem Beifall  dankte  der  Vorsitzende 
Herrn  Großkurth  für  seine  uneigennützige 
Mitwirkung  auf  das  herzlichste.  Er  wünschte 
dem  von  Düsseldorf  Scheidenden  für  seine 
weitere  Künstlerlaufbahn  in  München  besten 


Erfolg.  Der  Abend,  der  endlich  ein  wenig 
Kühlung  brachte,  sah  noch  für  einige  Stun- 
den frohe  Paare  sich  im  Tanze  drehen.  Es 
war  schön  an  diesem  Nachmittag  und  Abend, 
wenn  auch  der  Himmel  zuviel  seines  som- 
merlichen  Segens   gespendet  hatte. 

Franz  Buchholz  gestorben 

Kameraden  der  alten  und  der  neuen  Heimat 
trauern 

Am  26.  Juli  1952  erhielten  die  Kameraden 
des  Bezirks  West-Hannover  die  erschütternde 
Nachricht  vom  plötzlichen  Tode  unseres  lie- 
ben Kameraden,  des  Bezirksleiters 
Franz  Buchholz  (Hameln).  Wir  alle 
wissen,    was    wir    an    ihm    verloren    haben. 


PERSÖNLICHES 

Ehrentage 

Unser  Kamerad  Martin  Gerber,  Frank- 
furt-Griesheim,  Bayerstraße  9,  wurde  am 
8.  6.   1952  80  Jahre  alt. 

Unser  Kamerad  Dr.  Hubert  Knapp  und 
seine  Frau  Maria,  geb.  Weyland,  Wuppertal- 
Elberfeld,  Katernberger  Straße  235,  begingen 
am  8.  Juli  1952  das  Fest  der  Silberhochzeit. 

Vermählungen 

Kam.  Franz  Wittkowski,  Dissen  (TW), 
Stievenstraße  11,  hat  am  3.  Juli  Frl.  There- 
sia Garthoff  geheiratet. 

Kam.  Oskar  Teichert,  Wuppertal-Lan- 
gerfeld, Dieckerhofstr.  13,  und  Frl.  Johanna 
Charlotte  Biskupek,  haben  am  13.  6.  die  Ehe 
geschlossen. 

Unser  Kamerad  Erwin  Schulmeister 
und  Frau  Edith,  geb.  Abraham,  geben  ihre 
Vermählung  bekannt  (5.  7.  1952). 

Geburten 

Unserem  Kameraden  Karl  Nagy,  Dies- 
sen/A.,  Neudiessen,  Siedlungsbau,  wurde  am 
12.  4.  1952  eine  Tochter  Angelika  Viktoria 
geboren. 

Unserem  Kameraden  Heinrich  M  e  n  t  z  e  l 
und  seiner  Ehefrau,  Köln-Weidenpesch, 
Oldenburger  Straße  19,  wurde  am  6.  7.  1952 
das  zweite  Kind,  Monika  Birgit,  geboren. 

Unserem  Kameraden  Willy  S  t  ä  n  g  1  e  und 
seiner  Frau  Irene,  Mähringen  bei  Ulm,  wurde 
am  13.  6.  1952  als  erstes  Kind  ein  Töchterchen 
„Korneli"   geschenkt. 


Seine  umfangreiche  Erfahrung  in  der  Betreu- 
ungsarbeit der  kriegsblinden  Kameraden  des 
ersten  und  zweiten  Weltkrieges  ist  uns  allen 
zugute  gekommen. 

Mit  19  Jahren  verlor  Kamerad  Buchholz 
im  Jahre  1916  sein  Augenlicht.  Seit  der 
Gründung  des  Bundes  erblindeter  Krieger 
war  er  dessen  Mitglied.  Als  Schriftführer 
stellte  er  bereits  1919  seine  ganze  Kraft  den 
ostpreußischen  Kameraden  zur 
Verfügung.  Schon  damals  stand  ihm  seine 
treue  Lebenskameradin,  die  er  1920  heiratete, 
hilfreich  zur  Seite.  Trotz  seines  Antritts  als 
Beamtenanwärter  beim  Oberlandesgericht 
Königsberg  und  der  späteren  Beförderung 
zum  Justizsekretär  führte  er  als  Leiter  des 
Bezirks  Ostpreußen  die  Betreuung  aller  dort 
ansässigen  Kameraden  durch.  Er  und  seine 
treue  Frau  Helene  gewannen  bald  die  Her- 
zen aller. 

Bei  Ausbruch  des  zweiten  Weltkrieges'' 
führte  er  neben  seinen  beruflichen  Ver- 
pflichtungen und  der  bisherigen  Betreuungs-' 
arbeit  noch  zusätzlich  die  Lazarettbetreuung 
durch.  Franz  Buchholz  hat  seinen  jungen 
Kameraden  in  den  Wochen  und  Monaten  der 
Verzweiflung  zur  Seite  gestanden  und  ihnen 
eine  innere  Stütze  gegeben. 

Der  Zusammenbruch  im  Jahre  1945  führte 
auch  ihn  an  der  Seite  seiner  treuen  Frau  auf 
die  Straße  des  Schreckens.  Sein  Fluchtweg 
führte  ihn  von  Königsberg  über  Stettin, 
Rathenow,  Neue  Schleuse  zunächst  nach 
Halle  an  der  Saale.  In  Neue  Schleuse  ver- 
lebte das  zusammengeschmiedete  Ehepaar 
seine  Silberhochzeit.  In  Halle  nahm  er  an 
einem  Stenografenlehrgang  teil.  Bei  25  Grad 
Kälte  im  Zimmer  war  ein  Lernen  unmöglich. 
So  packten  die  Eheleute  Buchholz  ihre  Hab- 
seligkeiten zusammen  und  kamen  im  Sep- 
tember 1948  nach  Hameln,  wo  sie  im  Ge- 


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gesund  an  Leib  und  Seele,  ma- 
teriellunabhängig, warmherzges 
und  gütiges  Wesen,  möchte  sehr 
gern  mit  geb.  ev.  kriegsbl.  Herrn 
bis  etwa  50  J.  in  Verbindung 
treten.  Zuschriften  erbeten  unter 
K.  H.  an  die  Schriftleitung,  ■ 
Bielefeld,  Stapenhorststraße  138. 


10 


melnsdiaftslager  Aufnahme  fanden.  Hier 
nahm  er  sofort  Verbindung  mit  dem  da- 
maligen „St.  Georg"  auf  und  stellte  bei 
Gründung  des  Bezirks  West-Hannover  seine 
Kraft  und  Erfahrungen,  als  zweiter  Vor- 
sitzender zur  Verfügung.  Kurze  Zeit  später 
übernahm  er  die  Leitung  des  Bezirks,  nach- 
dem der  damalige  Vorsitzende  versagt  hatte. 
Sein  Können  und  sein  tatkräftiger  Einsatz 
verhalfen  dem  Bezirk  nach  ganz  kurzer  Zeit 
wieder  auf  die  Beine.  Aus  einem  Nichts  ent- 
stand wirklich  ein  blühendes  Etwas.  Seine 
Pläne  waren  auch  für  die  nächsten  Jahre 
geschmiedet,  aber  Franz  Buchholz  kann  sie 
selbst  nicht  mehr  ausführen. 

Noch  einmal  scharten  sich  um  ihn  die 
Kameraden  seines  Bezirks  am  30.  Juli,  um 
ihm  das  letzte  Geleit  zu  geben.  Neben  dem 
Leiter  des  Landesverbandes  Niedersachsen, 
Kamerad  Bierwerth,  erschienen  zahlreiche 
Kameraden  aus  anderen  Bezirken,  die  ihn 
von  früher  her  kannten.  Nach  der  Trauer- 
feier wurde  Franz  Buchholz  unter  dem  Geleit 
seiner  tief  trauernden  Gattin  und  seiner 
Kameraden  zur  letzten  Ruhestätte  überführt. 
Die  außergewöhnlich  große  Zahl  von  Krän- 
zen und  Blumen  ließ  erkennen,  wie  beliebt 
unser  Franz  bei  allen  war.  Neben  anderen 
Kameraden  würdigte  Kamerad  Bierwerth  an 
seinem  Grabe  noch  einmal  die  Verdienste, 
die  er  sich  bei  seiner  fürsorgerischen  Tätig- 
keit erwarb.  Er  sprach  der  Gattin  des  Ent- 
schlafenen Trost  und  versicherte  ihr,  daß  sie 
nicht  verlassen  sei.  Vertreter  des  Deutschen 
Beamtenbundes  und  des  Reichsbundes  nah- 
men ebenfalls  Abschied.  Mit  dem  Liede  vom 
guten  Kameraden  verabschiedeten  sich  alle 
Kameraden  zum  letzten  Male  von  Franz 
Buchholz.  H.  A. 


ES   STARBEN: 

LANDESVERBAND  BAYERN 

Bonnetsmüller,  Johann,  Egmating  bei 
Ebersberg  vor  München,  geb.  am  17.  2. 
1880,  gest.  am  8.  4.  1952. 
Tremmel,  Matthias,  Rosenheim/Obb., 
!  Schöhfeldstr.  10,  geb.  am  20.  12.  1883,  gest. 
j  am  5.  6.  1952. 

Lang,  Philipp,  München  42,  Flotowsfr.  30/2, 
j  geb.  am  23.  12.  1891,  gest.  am  23.  7.  1952. 

LANDESVERBAND   HESSEN 
Gauterin,       Robert,       Friedrichsdorf/Ts., 
Landgraf-Friedrich-Straße      16,     gest.     am 

25.  5.  1952. 

Schmerbach,  Christoph,  Eschwege,  Beet- 
.  hovenstraße  19,  gest.  am  25.  5.  1952. 

Die  Ehefrau  unseres  Kameraden  Karl  M  o  s  - 
ser,  Oifenbach-Bieber,  Frankfurter  Grund 
\  Nr.  18,  gest.  am  14.  3.  1952. 

LANDESVERBAND  NIEDERSACHSEN 

Buchholz,  Franz,  Hameln/ Weser,  Goethe- 
straße 14,  geb.  am  19.  12.  1897,  gest.  am 

26.  7.  1952. 

LANDESVERBAND  SCHLESWIG-HOLSTEIN 
Froh,  Ludwig,  Delingsdorf,  gest.  am  29.  6. 
1952. 

T  r  a  m  m ,  Pauli  Friedrichstadt,  gest.  am 
1.  7.   1952. 

LANDESVERBAND  WESTFALEN 

Gerlach,  Josef,  Dortmund-Hörde,  Am 
Marksbach  12,  gest.  am  8.  7.  1952  im  Alter 
von   66   Jahren. 

WÜRTTEMBERG-NORDBADEN 

P  e  t  r  e  c  k  ,  Hermann,  Calw/Württ,  Frauen- 
waldstraße  24,  geb.  am  7.  1.  1888,  gest. 
am  23.  7.  1952. 

MÖGEN  SIE  IN  FRIEDEN  RUHEN! 


Unsere  Sportmeisterschaft 

Die  besten  kriegsblinden  Sportler  gesucht!    Wer  macht  mit? 


Im  Einvernehmen  mit  unserer  Bundes- 
leitung will  die  Zeitschrift  „Der  Kriegs- 
blinde" die  besten  kriegsblinden  Sportler 
ermitteln.  Für  jeden  der  unten  genannten 
Einzelkämpfe  werden  die  drei  besten 
Leistungen  ermittelt  und  in  der  Zeitschrift 
bekanntgegeben.  Wir  Kriegsblinden  wollen 
damit  der  Öffentlichkeit  zeigen,  daß  wir 
nicht  Trübsal  blasend  hinterm  Ofen  hocken, 
und  wir  wollen  möglichst  viele  Kameraden 
dazu  ermutigen,  Sport  zu  treiben.  Es  geht 
dabei  keineswegs  um  Höchstleistungen,  so 
daß  auch  ungeübtere  Sportler  getrost  mit- 
machen können.  Da  sich  leider  bisher  nicht 
viel  Kameraden  gemeldet  haben,  dürften 
auch  die  ungeübteren   eine   Chance  haben. 

Folgende  Wettkämpfe  werden 
ausgeschrieben: 

1.  Schwimmen:  a)  50  m  beliebig; 
b)  300  m  Brust. 

2.  Laufen:  a)  100  m;  b)  400m,-  c)  3000  m; 
d)  5000  m. 

3.  Springen:  a)  Weitsprung  aus  dem 
Stand;  b)  Hochsprung  aus  dem  Stand  (seit- 
lich gilt  nur  ein  Absprungschritt). 

4.  W  e  r  f  e  n  :  a)  Kugelstoßen  bestarmig; 
b)  Steinstoßen  beidarmig. 

Die  Wertung  erfolgt  in  drei  Klassen: 
Klasse  1:  bis  32  Jahren;  Klasse  2:  bis 
40  Jahren;   Klasse  3:  über  40  Jahre. 

Die  Leistungen  sind  am  Heimatort  (oder 
am  Ferienort)  eines  jeden  Teilnehmers  vor 
prüfungsberechtigten  Abnehmern  für  das 
Bundessportabzeicheh  (zwei  Unterschriften) 
abzulegen.  Die  Bescheinigung  über  die 
Leistung  ist  so  abzusenden,  daß  sie 
spätestens  am  30.  September  1952  in  den 
Händen  der  Schriftleitung  ist.  Die  Einsen- 
dung hat  zu  erfolgen  an:  Schriftleitung  „Der 
Kriegsblinde",  Bielefeld,  Stapenhorststr.  138. 

Die  Bundesleitung  behält  sich  vor,  auf 
Grund  der  üblichen  Punktbewertung  von 
jenen  Kameraden,  die  sich  an  mindestens 
drei  Übungen  beteiligen,  den  besten  kriegs- 
blinden Sportler  überhaupt,  und  zwar  für 
jede  Altersklasse,  festzustellen.  Bei  Kriegs- 
blinden, die  in  Blindenanstalten  oder  Um- 
schulungsheimen zur  Ausbildung  sind, 
genügt  die  Bescheinigung  der  Leistung  durch 
zwei  sehende  Lehrkräfte,  soweit  ihnen  offi- 
ziell die  Befähigung  zur  Erteilung  von  Sport- 
unterricht zugesprochen  worden  ist. 

In  besonders  gelagerten  Fällen  können 
nach  Rückfrage  bei  der  Schriftleitung   Aus- 


nahmen gemacht  werden,  wenn  die  Sicher- 
heit für  eine  fachgerechte  und  zuverlässige 
Bescheinigung  der  Leistung  besteht. 

Es  wird  bei  genügender  Beteiligung  eine 
vierte  Leistungsklasse  für  Jugendliche 
unter  16  Jahren  eingerichtet. 

Bei  Einsendung  der  Leistungsbescheini- 
gungen bitte  das  Geburtsdatum 
angeben! 

Versehrtensport  als  Heilmaßnahme 
Vom  Bundesminister  für  Arbeit  anerkannt 

Im  Bundesarbeitsblatt  (Nr.  6/52)  ist  ein 
Erlaß  von  Bundesarbeitsminister  Anton 
Storch,  gerichtet  an  die  obersten  Arbeits- 
behörden der  Länder,  zu  finden,  mit  dem  der 
Versehrtensport  als  Heilmaßnahme  aner- 
kannt wird.    Es  heißt  dort  u.  a.: 

„Auf  die  Bedeutung,  die  dem  Versehrten- 
sport im  Rahmen  der  Heilbehandlung  nach 
dem  Bundesversorgungsgesetz  zukommt,  habe 
ich  bereits  wiederholt  hingewiesen.  Ver- 
sehrtensport und  Krankengymnastik  sind  als 
funktionelle  Nachbehandlungsmaßnahmen  im 
Sinne  der  §§  11,  14  und  26  des  BVG  anzu- 
sehen. .Der  Versehrtensport  ist  geeignet, 
durch  zweckmäßige,  auf.  Versehrte  abge- 
stimmte Übungen  einen  Ausgleich  für  Glied- 
verlust oder  Körperbehinderung  zu  geben, 
die  Standfestigkeit,  körperliche  Gewandtheit 
und  die  Kreislauftätigkeit  zu  fördern  sowie 
einem  unerwünschten  Übergewicht  entgegen- 
zuwirken. Versehrtensport  ist  demnach  Aus- 
gleichssport; als  Leistungssport  ist  er  abzu- 
lehnen, da  unzweckmäßige  Überlastung  zu 
späteren  Körperschäden  führen  kann.  Ver- 
sehrtensport ist  als  .ergänzende  Heilbehand- 
lungsmaßnahme' dann  anzusehen,  wenn  er 
im  Rahmen  eines  Kur-  oder  sonstigen  Kran- 
kenaufenthaltes nach  Verordnung  des  be- 
handelnden Arztes  unter  ärztlicher  Aufsicht 
ausgeübt  wird  und  zu  anderen  Behandlungs- 
maßnahmen zutritt.  Mit  zunehmendem  Ge- 
schick und  wachsender  Kraft  sollen  die  Be- 
schädigten außerdem  über  Hemmungen  und 
Minderwertigkeitsgefühle  hinwegkommen; 
insofern  ist  die  Auswirkung  des  Versehrten- 
sportes von  besonderem  Wert  für  die  Psyche 
und  damit  für  die  Einstellung  zum  Leben. 
Dieser  Auffassung  stimmte  auch'  der  Beirat 
für  Versorgungsrecht  am  28.  4.   1951  zu." 

Der  Bundesarbeitsminister  weist  sodann 
auf  die  Leitsätze  des  5.   Weltkongresses  für 


Nachruf 

Nach  kurzer  schwerer  Krankheit  entschlief  am  26.  7.  1952  in  Hameln  a.  d.  Weser 
unser  lieber  Kamerad 


Franz  Buchholz 


Leiter  des  Bezirks  West-Hannover,  im  Alter  von  55  Jahren. 

Mit  anderen  Kameraden  baute  er  nach  dem  ersten  Weltkrieg  in  seiner  Heimat 
Ostpreußen  den  Bezirk  Ostpreußen  des  Bundes  erblindeter  Krieger  auf-  Bis  1945 
gehörte  er  als  Schriftführer  dieser  Organisation  an.  Der  Wille,  den  Kameraden  zu 
helfen,  führte  ihn  auch  in  seiner  neuen  Heimat  Niedersachsen  gar  bald'wieder  der 
Schicksalsgemeinschaft  zu.  Das  Vertrauen  seiner  Kameraden  berief  ihn  zum  2.  Vor- 
sitzenden und  vor  2  Jahren  übernahm  er  die  Führung  des  Bezirks  West-Hannover. 

Mit  Franz  Buchholz  wurde  uns  ein  Kamerad  genommen,  der  die  Treue  für  die 
Kameraden  und  zur  Schicksalsgemeinschaft  über  alles  stellte.  Mit  der  Witwe 
trauern  um  ihn  die  Kameraden  der  alten  und  neuen  Heimat.  Mit  der  gleichen  Treue 
standen  auch  die  Mitglieder  seines  Bezirks  zu  ihm.  Der  Landesverband  Nieder- 
sachsen dankt  dem  Entschlafenen  für  die  Treue  und  versichert,  daß  sein  Leben 
und  Wirken  Vorbild  und  Verpflichtung  zugleich  sein  wird. 


Bezirk    W  e  s  t  -  H  a  n  n  o  v  e  r 
Horst   Adomat 
2.  Vorsitzender 


Landesverband    Ni e d e r s ac hs e n 

Albert  Bierwerth 

1.   Vorsitzender 


11 


internationale    Krüppelwohlfahrt    in    Stock- 
holm (September  1951)  hin: 

„1.  Nicht  was  der  Beschädigte  verloren  hat, 
ist  wichtig,  sondern  was  ihm  erhalten 
blieb. 

2.  Nicht  auf  den  Körperschaden,  sondern 
auf  die  verbliebene  Leistungsfähig- 
keit muß  geblickt  werden. 

3.  Es  gibt  mehr  Dinge,  in  denen  sich  der 
Beschädigte  und  der  Nichtbeschädigte 
ähneln,  als  unterscheiden." 

Es  wird  in  dem  Erlaß  als  notwendig  be- 
zeichnet, den  Versehrtensport  mit  allem 
Nachdruck  auch  innerhalb  der  Versorgungs- 
dienststellen, insbesondere  bei  den  ortho- 
pädischen Versorgungsstellen,  in  den  Ver- 
sorgungskrankenhäusern und  Gehschulen  in 
verstärktem   Maße   zu   fördern. 

Akten  früherer  Versorgungsämter 

Dem  Bundesarbeitsblatt  (Nr.  6/1952)  ist  zu 
entnehmen,  daß  vom  Versorgungsamt  I  Ber- 
lin in  einem  besonderen  Versorgungsarchiv 
in  Berlin-Schöneberg,  General-Pape-Straße, 
Haus  15,  u.  a.  folgende  Versorgungsunter- 
lagen aufbewahrt  werden:  Neben  100  000 
Rentenakten  der  ehemaligen  Versorgungs- 
ämter I — IV  Berlin  rund  56  000  Karteikarten 
der  ehemaligen  Versorgungsämter  B  r  e  s  - 
1  a  u  I  und  L  i  e  g  n  i  t  z,  über  10  000  Pensions- 
akten der  ehem.  Offiziere  und  Beamten  sowie 
deren  Hinterbliebenen,  die  ihren  Wohnsitz 
in  Berlin  oder  in  der  Provinz  Branden- 
burg hatten,  über  6000  Akten  ehem.  Führer 
des  Reichsarbeitsdienstes  und  deren  Hinter- 
bliebenen, die  ihre  Bezüge  vom  Versorgungs- 


amt IV  erhielten,  und  2500  Personalakten 
der  Beamten,  Angestellten  und  Arbeiter  im 
Bereich  des  ehemaligen  Hauptversorgungs- 
amtes Brandenburg-Pommern. 

Vielleicht  kann  dieser  Hinweis  einigen 
unserer  Kameraden  von  Nutzen  sein. 

Wichtig  für  Vertriebene 
Heimatortskarteien 

Die  Zentralstelle  der  Heimatortskarteien 
in  München,  in  der  sämtliche  Heimatorts- 
karteien im  Bundesgebiet  zusammengefaßt 
sind,  hat  jetzt  die  neuen  Anschriften  der 
Heimatortskarteien  bekanntgegeben, '  bei 
denen  die  Adressen  der  Heimatvertriebenen 
gesammelt  werden. 

Für  Oberschlesien:  Passau,  Innbrückgasse  9; 

für  Niederschlesien:  Bamberg,  Obere  Kö- 
nigstraße 4; 

für    Groß-Breslau:    Cham,    Steinmarkt    10-, 

für  Sudetendeutsche:  Regensburg,  Von-der- 
Tann-Straße  7; 

für  Südostdeutsche:  Stuttgart,  Neckarstraße 
Nr.  222; 

für  Danzig- Westpreußen:  Lübeck,  Moislin- 
ger  Allee  96; 

für   Pommern:   Lübeck,   Wickedestraße   8a; 

für  Ostpreußen:  Neumünster,  Nachtredder 
Nr.  31; 

für  Deutsche  aus  dem  Wartheland  und 
Polen:  Hannover,  Alte  Celler  Heerstraße  5; 

für  Baltendeutsche:  Hamburg  36,  Terrassen- 
straße 7; 

für  die  Gebiete  westlich  der  Oder-Neiße- 
Linie:  Augsburg,  Volkhartstraße  9. 


<Lsv(ci4^Jxci4sirfKe£ic*z> 


Ein  Kriegsblinder  aus  dem  Bezirk  Olden- 
burg fand  auf  besonders  tragische  Weise  den 
Tod.  Vor  seinem  kleinen  Bauernhaus  hatte 
er  sich  ein  Einfamilienhaus  errichtet.  Beide 
Häuser  waren  durch  einen  Quergang  ver- 
bunden. Schon  öfter  hatte  der  Kamerad, 
durch  das  Fenster  seiner  Werkstatt  auf  das 
Flachdach  steigend,  Arbeiten  und  Repara- 
turen auf  dem  Dach  ausgeführt.  Als  er  nun 
wieder  einmal  auf  das  Dach  stieg,  um  dort 
die  Teerpappe  zu  untersuchen,  stürzte  er 
a  b  ,  zum  Entsetzen  des  in  der  Nähe  befind- 
lichen Sohnes.  Ob  ein  Schwächeanfall  die 
Ursache  war,  oder  ob  unser  Kamerad  .aus- 
gerutscht ist,  weiß  man  nicht.  Er  stürzte 
jedenfalls  so  unglücklich,  daß  er  wenige 
Stunden  später  starb. 

Dieser  Vorgang  möge  allen  Kriegsblinden 
zur  Warnung  dienen,  nämlich  nicht  die 
eigenen  Kräfte  und  Möglichkeiten  zu  über- 
schätzen und  sich  ständig,  so  bitter  es  manch- 
mal auch  sein  mag,  der  Grenzen  bewußt  zu 
bleiben,  die  uns  gesetzt  sind. 


Der  neue  Marschall  von  Frankreich, 
Alphonse  Juin,  hat  den  Mut  gehabt,  eine 
Ehrenerklärung  für  Petain  abzugeben.  Diese 
Tatsache  wird  von  der  Zeitung  „Westdeut- 
sche Rundschau"  (Wuppertal)  in  Zusammen- 
hang gebracht  mit  einer  sich  anbahnenden 
Wandlung  der  politischen  Nachkriegsjustiz 
in  Frankreich  und  vor  allem  mit  dem  „Fall 
Scapini".  Ohne  daß  wir  unsererseits  zu 
diesem  Vorgang  Stellung  nehmen  wollen, 
sei  hier  die  „Westdeutsche  Rundschau" 
zitiert: 

„Ein  Blinder  des  ersten  Weltkrieges, 
Gründer  des  Verbandes  der  französischen 
Kriegsblinden,  vollendet  mit  unerhörter 
Energie  das  Studium  der  Rechte,  wird  An- 
walt, Abgeordneter,  nimmt  an  Theater-  und 
Filmvorführungen  teil  und  schreibt  über 
seine  Erfahrungen  ein  Buch  „Dia"  Lehre  der 
Nacht",    die    eine   Lehre    unerhörter    Selbst- 


disziplin ist.  Dieser  Mensch,  der  seine  Dun- 
kelheit einer  deutschen  Kugel  zu  verdanken 
hat,  tritt  für  eine  Verständigung  der  beiden 
Völker  ein.  Als  nach  der  Niederlage  die 
französische  Regierung  bemüht  ist,  die  Ent- 
lassung der  Kriegsgefangenen  in  die  Heimat 
zu  erreichen,  entsendet  Petain  Georges 
Scapini  als  Botschafter  nach  Berlin.  Seine 
Erfolge  sind  beträchtlich.  Mehr  als  zwei 
Drittel  der  Gefangenen  können  nach  Frank- 
reich zurückkehren." 

„1949  wird  dem  Blinden",  so  heißt  es  in 
der  Zeitung  weiter,  „der  Prozeß  gemacht. 
Die  Anklage  lautet  auf  Einvernehmen  mit 
dem  Feinde,  Demoralisierung  der  Armee  und 
des  Volkes  und  Beeinträchtigung  der  Sicher- 
heit des  Staates.  Vor  der  Eröffnung  der  Ver- 
handlung entweicht  Scapini  in  die  Schweiz. 
Er  schreibt  dem  Präsidenten  des  Gerichts, 
daß  er  sich  nicht  dem  parteipolitischen  Fana- 
tismus ausliefern  wolle.  In  Abwesenheit 
wird  er  zu  fünf  Jahren  Zwangsarbeit,  Ver- 
mögenseinziehung und  nationaler  Degrada- 
tion verurteilt. 

Dieser  Tage  ist  Scapini  nach  Frankreich 
zurückgekehrt  und  hat  sich  den  Behörden 
gestellt." 

Soweit  dieser  Bericht  aus  der  deutschen 
Tagespresse.  Auch  die  französische  Presse 
schenkte  der  Rückkehr  Scapinis  große  Be- 
achtung. So  berichtet  „Aurore",  daß  Scapini 
in  den  Tagen  der  Pariser  Braille-Feiern  nach 
Paris  zurückgekehrt  sei,  begleitet  von  seinen 
zwei  Rechtsanwälten.  Der  Gerichtshof  nabe 
Scapini  wissen  lassen,  daß  er  sich  an  das 
Kriegsgericht  zu  wenden  habe.  Der  Präsident 
des  Kriegsgerichtes  habe  sodann  die  An- 
weisung gegeben,  Scapini  vorläufig  in  Frei- 
heit zu  lassen. 

Wir  deutschen  Kriegsblinden  haben  nicht 
das  Recht,  zu  diesen  Vorgängen  eine  Mei- 
nung zu  äußern,  doch  wollen  wir  die  Leser 
unserer  Zeitschrift  über  diesen  interessanten 
Vorgang  nicht  ununterrichtet  lassen. 


In  der  Ostzone  wurden-  interessante  Ver- 
suche mit  einem  neuen  Industrie- 
be r  u  f  für  Blinde  gemacht,  und  zwar  wurde 
in  einer  Margarinefabrik  ein  Blinder  als 
„Wieger"  eingestellt,  d.  h.,  er  hat  mit  stän- 
digen Stichproben '  das  fabrikmäßige  Pak- 
kungsgewicht  der  Margarine  zu  kontrollie- 
ren. Zu  diesem  Zweck  wurde  eine  Tafel- 
neigungswaage von  der  optischen  Anzeige 
auf  akustische  Signale  umgebaut.  Ein  von 
dem  Physiker  Dr.  Hensel  gebautes  Zusatz- 
gerät, das  mit  der  Waage  durch  ein  Spezial- 
kabel  verbunden  wird,  enthält  einen  Laut- 
sprecher, der  je  nach  der  Waagenstellung 
höhere  oder  tiefere  Töne  abgibt.  Das  Nor- 
malgewicht, also  die  Nullstellung  der  Waage, 
ist  dadurch  erkennbar,  daß  die  Töne  im  Laut- 
sprecher die  gleiche  Tonhöhe  haben.  Ge- 
wichtsabweichungen werden  durch  Tondiffe- 
renzen angezeigt,  die  nach  kurzer  Übung  des 
Ohrs  in  Gramm  anzugeben  sind.  Jetzt  hat 
man  die  Idee,  eine  solche  Waage  mit  einem 
Tonband  auszustatten,  das  im  Lautsprecher 
das  genaue  Gewicht  jeweils  „ansagen" 
würde. 

Die  Physiklehrer  der  Blindenschulen 
im  Bundesgebiet  kamen  in  der  hessischen 
Blindenschule  in  Friedberg  zusammen,  um 
u.  a.  ein  von  Blindenoberlehrer  Mendte  kon- 
struiertes Lehrmodell  eines  Rundfunkgerätes 
kennenzulernen,  das  blinden  Schülern  den 
Vorgang  des  Sendens  und  Empfangens  be- 
greifen läßt. 

Die  schwedische  Malerin  Gerda  Hoeglund 
aus  Stockholm  stiftete  einem  Flüchtlings- 
lager bei  Hamburg  eines  ihrer  besten  Werke, 
ein  zwei  Meter  hohes  Altarbild.  Die 
Künstlerin  ist  nach  Fertigstellung  dieses  Ge- 
mäldes völlig  erblindet, 
* 

In  der  staatlichen  Blindenanstalt  „Niko- 
lauspflege" in  Stuttgart,  vor  fast  hun- 
dert Jahren  aus  einer  Stiftung  der  württem- 
bergischen Königin  Olga  entstanden  und 
nach  ihrem  Vater,  dem  russischen  Zaren 
Nikolaus,  genannt,  leben  zur  Zeit  zehn  Taub- 
stummblinde,  ferner   57   Schüler,  35  Berufs- 


tier Plantagenirank. 

das  gEsundhEitsförderndE 
Getränk,  nicht  stespfand 


schüler,    20    erwachsene    Blinde,    zwei    Lehr- 
linge und  61  Heimarbeiter. 
* 

Drei  hannoversche  Jungen  im  Alter  von 
zehn  bis  zwölf  Jahren  gingen  mit  einer 
selbstgefertigten  Liste  von  Haus 
zu  Haus.  „Bitte,  eine  kleine  Spende  für  das 
Blindenheim",  sagten  sie,  und  ohne  Arg- 
wohn zeichneten  die  Leute  ihre  Spenden  in 
die  Liste  der  Jungen  ein.  Die  teilten  alles, 
gingen  in  den  nächsten  Laden  und  kauften 
sich  für  das  „Blindengeld"  Süßigkeiten. 
* 

In  Mexiko  liegt  „die  unheimlichste  Staclt 
der  Welt".  Es  ist  Tiltepec,  1400  Meter  hoch 
über  dem  Meeresspiegel,  nicht  mehr  als 
44  Häuser  umfassend.  Hier  sind  alle  Be- 
wohner blind.  Nicht  nur  die  Kinder 
und  die  Erwachsenen,  sondern  auch  die 
Hunde  und  die  Ochsen.  Die  indianischen  Be- 
wohner der  fensterlosen  Häuser  tasten  sich 
mit  langen  Stöcken  über  die  Straße.  Vor 
den  Haustoren  liegen  große  Steine  mit  Ein- 
kerbungen, die  ein  Orientieren  ermöglichen. 
Amerikanische  Wissenschaftler  haben  fest- 
gestellt, daß  der  Stich  einer  winzigen  Mücke 
eine   gefährliche   Augenkrankheit   überträgt, 


12 


die  auf  gleiche  Weise  auch  Inri'aTier"t?mrae 
Südamerikas  heimsucht. 
•* 

Das  Hilfswerk  für  kriegsversehrte  Kinder, 
das  der  Däne  Stig  Guldberg  ins  Leben 
gerufen  hat,  wird  in  Europa  immer  mehr  zu 
einem  Begriff.  Guldberg  hat  vor  Jahren 
als  Pionieroffizier  bei  einer  Sprengung  beide 
Hände  verloren  und  hat  es  sich  nun  zur 
Aufgabe  gemacht,  allen  Kindern  in  Europa 
zu  helfen,  die  gleich  ihm  durch  den  Krieg 
schwere  Verletzungen  davongetragen  haben. 
Er  gründete  ein  Lager  in  Dänemark,  in  das 
er  auch  in  diesem  Jahr  wieder  kriegsver- 
sehrte Kinder  aus  Deutschland,  Holland, 
Frankreich,  Italien  und  Dänemark  einlud. 
Das  erste  dieser  Lager  fand  vor  zwei  Jahren 
statt.  Der  Nordwestdeutsche  Rundfunk  hat 
jetzt  den  Guldberg-Plan  unterstützt,  indem 
er  die  Kinder  in  Omnibussen  nach  Däne- 
mark brachte,  vor  allem  aber  durch  Aufrufe, 
ein  solches  „G  u  1  db  e  r  g  -  L  a  g  er"  in 
Deutschland  einzurichten,  als  Ferienlager  für 
kriegsbeschädigte  Kinder.  Generaldirektor 
Grimme  rief  die  Hörer  zur  Mithilfe  auf. 
Inzwischen  sind  kriegsversehrte  Kinder  aus 
Deutschland,  Italien,  Dänemark  und  Holland 
in  das  Lager  „Sunderhof"  bei  Hittfeld  in  der 
Lüneburger  Heide  für  54  glückliche  Ferien- 
tage eingezogen.  Auch  die  in  Hamburg  er- 
scheinenden Rundfunk- Programmzeitschriften 
unterstützen  die  Aktion, 
* 

Der  Braunschweiger  Tierschutzverein  wird 
dem  Führhund  „Hella"  anläßlich  des  „Tags 
der  Tiere"  die  offizielle  Bezeichnung  „H  e  1  - 
denhund"  verleihen.  Vor  acht  Jahren,  im 
Oktober  1944,  hat  Hella  ihren  blinden  Herrn 
aus  dem  brennenden  Haus  gerettet.  Da  der 
Ausgang  bereits  versperrt  war,  führte  der 
Hund  den  Blinden  zu  einem  ihm  unbe- 
kannten Nebenausgang  auf  einen  Hof  und 
an  Mülleimer  heran,  die  ihm  das  überklet- 
tern einer  rettenden  Mauer  ermöglichten. 
* 

Die  1938- gegründete  spanische  Blinden- 
organisation,  die  dem  Innenministerium 
unterstellt  ist,  unterhält  eigene  Fabriken,  in 
denen  nicht  nur  Besen  sondern  vor  allem 
Bonbons  hergestellt  werden. 

*  - 

Vor  anderthalb  Jahren  (Aprilheft  1951) 
berichteten  wir  über  die  erste  Tonband- 
bücherei für  Blinde,  die  von  einem 
Masseur  in  Zürich  ins  Leben  gerufen  worden 
ist.  Heute  umfaßt  diese  Bücherei,  die  nur 
mit  eigenen  Aufnahmen  arbeitet,  bereits 
127  verschiedene  Titel.  Wegen  der  hohen 
Kosten  für  die  Abhörgeräte  haben  sich  viel- 
fach kleine  Hörergruppen  zusammenge- 
schlossen, die  gemeinsam  die  Bänder  ab- 
hören. 

-k 

Da  sich  auch  in  der  Schweiz  die  in  den 
Blindenanstalten  erzogenen  Schüler  nach 
ihrem  Schulabgang  immer  mehr  von  den 
typischen  Blindenberufen  abwenden,  ist 
0ie  in  der  Blindenanstalt  Spiez  bisher  be- 
triebene Korbmacherei  und  Feinflechterei 
aufgegeben  worden. 

* 

Neuerdings  erhalten  in  Belgien  alle 
Blinden  auch  dann  die  allgemeine  Schwer- 
beschädigtenrente, wenn  sie  das  65.  Lebens- 
jahr überschritten  haben.  Bisher  mußten  sie 
dann  in  die  allgemeine  Altersrente  ein- 
treten, die  wesentlich  ungünstiger  ist.  Eine 
besondere  Blindenrente  gibt  es  in  Belgien 
nicht,  doch  wird  die  allgemeine  Schwer- 
beschädigtenrente (jährlich  15  000  Fr.)  auch 
den  Blinden  ausgezahlt. 
* 

In  den  Vereinigten  Staaten  gibt  es  aine 
Landwirtschaftsschule  für  Blinde 
in  Masori  (Ohio),  die  besonders  Kenntnisse 
über  die  Hühner-  und  Milchviehzucht  ver- 
mittelt. In  Omaha  wurde  vor  sechs  Jahren 


ein  „Elektrotechnisches  Institut  für  Blinde" 
gegründet,  das  zunehmende  Bedeutung  er- 
langt hat.  Aufgabengebiete  sind  u.  a.  der 
Bau  von  Rundfunkempfängern,  Elekt.ro- 
installation  in  Neubauten,  die  Reparatur  von 
Motoren  und  das  Ankerwickeln. 


Das  berühmte  neue  Medikament 
„Cortiso  n"  bewirkt  nach  Darlegungen 
des  englischen  Chirurgen  Dr.  Morgan  ein 
unmittelbares  Zurückgehen  von  Schwellun- 
gen und  Entzündungen  in  verletzten  Augen. 
Es  scheint  auch  zu  verhindern,  daß  eine  Ent- 
zündung auf  dem  Wege  der  Nervenbahn 
sich  auf  das  andere  Auge,  ausdehnt.  So  ist 
es  möglich,  ein  Auge,  das  bisher  als  Krank- 
heitserreger entfernt  werden  mußte,  zu 
retten.  In  einigen  Fällen  hat  Cortison  auch 
zur  Verhütung  eines  Glaukoms  geholfen. 
Wenn  auch  Cortison  keine  Augenkrank- 
heiten heilt,  so  stellt  es  doch  ein  neues 
Mittel  im  Kampf  gegen  die  Erblindung  dar. 
* 

Ein  Londoner  Meister,  der  künstliche 
Augen  herstellt,  erzählte  kürzlich,  daß  er 
nicht  nur  einem  Chow-Chow-Hund  ein 
G.l  a  s  a  u  g  e  einsetzte,  da  der  Hund  auf 
einer    Ausstellung     gezeigt    werden     sollte, 


sondern  daß  auch  ein  Zirkuslöwe  zu 
seinen  Kunden  zählte.  Der  Löwe  hatte  ein 
Betäubungsmittel  bekommen,  so  daß  der 
Augenkünstler  zu  ihm  in  den  Käfig  gehen 
konnte.  * 

Die  Vereinigung  kriegsblinder  Soldaten  in 
Sidney  (Australien)  pflegt  als  einen  in 
Deutschland  unbekannten  Blindensport 
das  Kricket.  Die  blinden  Spieler  spielen 
paarweise  mit  sehenden  Partnern.  Die  Ent- 
fernung von  der  Kricket-Kugel,  dem  „Jack", 
wird  durch  einen  Pfeifenton  angegeben.  Mit 
einem  Schläger  wird  diese  apfelgroße  FIolz- 
kugel  auf  einem  Rasen  durch  verschiedene 
kleine  Torbogen  geschlagen  und  muß  am 
Ende  des  Spiels  den  sogenannten  Kricket- 
Pfosten  treffen  Die  Position  der  Kugel  wird 
den  Kriegsblinden  mit  Hilfe  des  Uhrzeiger- 
systems verdeutlicht,  also  etwa  durch  den 
Zuruf:  in  zwei  Fuß  Entfernung  von  3  Uhr. 
Kricket,  auch  Bowling  genannt,  ist  in  Eng- 
land und  Australien  ein  ungemein,  beliebter 
Sport  geworden. 

In  Berlin  wurde  durch  den  Senator  für  das 
Sozialwesen  das  Blindenpflegegeld 
für  hilfsbedürftige  Zivilblinde  von  50  DM 
auf  90  DM  monatlich  erhöht. 

(Fortsetzung  S.  14) 


Ein  Gruß  aus  Österreich 


Die  Kriegsblinden  Vorarlbergs 


Interessant  ist  der  folgende  Einblick  in  Auibau 
und  Gesinnung  der  österreichischen  Kriegsblinden- 
arbeit,  den  uns  die  Kameraden  aus  Vorarlberg 
geben: 

Seit  Jahrzehnten  stellen  die  Kriegsblinden 
Deutschlands  und  Österreichs  eine  innige 
Schicksalsgemeinschaft  dar;  sie  sind  Männer, 
die  einstens  an  der  Front  im  selben  Graben 
lagen,  als  Verwundete  im  gleichen  Lazarett 
gepflegt  und  so  in  Not,  Freud  und  Leid  bis 
auf  den  heutigen  Tag  unzertrennbare  Freunde 
wurden.  Wohl  hatten  mit  dem  Ende  des 
2.  Weltkrieges  durch  die  staatliche 'Trennung 
die  Kriegsblinden  Deutschlands  und  die 
Kriegsblinden  Österreichs  in  der  Organisa- 
tion ihren  eigenen  Weg  zu  beschreiten,  aber 
die  Freundschaft  zwischen  ihnen  ginq  nicht 
verloren.  Es  zeigten  dies  besonders  jene 
Tage  des  21.  und  22.  März  1952,  an  welchen- 
die  Kriegsblinden  Vorarlbergs  die  Ehre  hat- 
ten, Amtsgerichtsrat  Kamerad  Dr.  Plein  mit 
Kamerad  Ing.  Schramm  aus  Freiburg  i.  B.  an- 
läßlich ihrer  Begegnung  mit  dem  Präsidenten 
des  Verbandes  der  Kriegsblinden  Österreichs, 
Kamerad  Hirsch  aus  Wien,  in  Bregenz  am 
Bodensee,  der  Landeshauptstadt  von  Vorarl- 
berg, am  westlichen  Tore  Österreichs,  be- 
grüßen zu  dürfen. 

Die  damaliqen  Besprechungen  dienten  da- 
zu, die  in  der  verschiedenen  Verbandstätig- 
keit von  Deutschland  und  Österreich  gemach- 
ten Erfahrungen  auszutauschen,  einander  zu 
raten,  zu  helfen,  neue  Wege  in  der  Organi- 
sation zu  bahnen  und,  nicht  zuletzt,  die 
Freundschaftsbande  zwischen  den  Kameraden 
in  Deutschland  und  denen  in  Österreich  aufs 
neue  zu  festigen.  Seit  diesem  Tage  steht  auch 
die  Landesgruppe  Vorarlberg  des  Verbandes 
der  Kriegsblinden  Österreichs  mit  der  Lei- 
tung des  deutschen  Krieqsbiindenbundes  in 
engem  Kontakt  und  will  nun  den  Kameraden 
von  Deutschland  durch  diesen  Beitrag 
Näheres  von  sich  mitteilen: 

Der  Verband  der  Kriegsblinden  Österreichs 
gliedert  sich  in  Landesqruppen  auf  die  be- 
stehenden Bundesländer  auf  und  mußte  nach 
dem  2.  Weltkriege  völlig  neu  aufgebaut  wer- 
den. Im  Jahre  1946  wurde  auch  in  den  west- 
lichen Zonen  Österreichs,  in  St.  Florian  bei 
Linz,  eine  Umschulungsstätte  errichtet,  denn 
oberstes  Ziel  des  Verbandes  war  die  Berufs- 
fürsorge. 


In  Vorarlberg,  dem  kleinsten  und  west- 
lichsten Lande  Österreichs,  mit  ca.  190  000 
Einwohnern,  umgrenzt  von  der  Schweiz,  von 
Bayern  und  Tirol,  befinden  sich  19  Kriegs- 
blinde, davon  drei  aus  dem  1.  Weltkriege. 
Drei  Kameraden  sind  doppelamputiert  (ohne 
Hände),  andere  erlitten  auch  sonstige  Schä- 
den, wie  Verminderung  des  Gehörs,  Verlust 
des  Geruchs,  Splitterverletzungen  usw.  Trotz 
all  dieser  Schwierigkeiten  ist  es  in  gutem  Zu- 
sammenwirken mit  dem  Landesinvalidenamt 
Bregenz  gelungen,  die  meisten  Kameraden 
einem  Beruf  zuzuführen. 

Unter  den  genannten  19  Kriegsblinden  be- 
finden sich  7  Trafikanten*),  3  Bürstenmacher, 
2  Packer  in  einer  Fabrik,  1  Telefonist,  1  Land- 
wirt und  1  Tätiger  im  Fremdenverkehr. 
4  Kameraden  sind  ohne  eigentliche  Betäti- 
gung. Einige  erlernten  zusätzlich  einen  zwei- 
ten Beruf,  wie  Stenotypie,  Korbflechten  oder 
Bürstenmachen.  Einnahmen  der  Landesgruppe 
bestehen  aus  Spenden  und  aus  den  Rein- 
erlösen der  Kriegsblinden-Wertlotterie  und 
werden  als  Unterstützungsgelder,  besonders 
bei  Existenzgründung,  Familiengiündung,  Ge- 
burt eines  Kindes,  Todesfall  in  der  Familie 
usw.,  in  großen  Beträgen  als  Darlehen  an 
die  Kameraden  ausgefolgt.  Erfreulich  ist  zu 
sagen,  daß  bereits  16  Kameraden  den  Bund 
der  Ehe  schlössen,  12  davon  nach  ihrer  Er- 
blindung. Aus  diesen  glücklichen  Ehen  ent- 
sprossen bis  heute  insgesamt  34  Kinder. 

Unter  den  Kriegsblinden  Vorarlbergs  und 
deren  Frauen  wird  auch  stets  die  Kamerad- 
schaft gepflegt,  u.  a.  finden  sie  sich  dann  und 
wann  zu  einem  gemütlichen  Beisammensein 
oder  zu  einem  netten  Ausflug  zusammen. 
Wiesen  und  Wälder,  Berge  und  Felsen,  hin- 
auf bis  zu  den  Gletschern  der  Silvrettagruppe, 
sowie  Bregenz  zwischen  hohem  Berge  und 
blauleuchtendem  See,  von  goldroter  Abend- 
sonne in  ein  unvergeßliches  Farbenspiel  ge- 
.  taucht,  bleiben  den  Kriegsblinden  in  diesem 
Lande  in  lebhafter  Erinnerung. 

Diesmal  aber  blicken  sie  in  ihrer  Vor- 
stellung über  das  Schwäbische  Meer  hinüber 
nach  Deutschland,  freuen  sich  der  edlen  und 
aufrichtigen  Kameradschaft  mit  den  Kame- 
raden in  Deutschland  und  grüßen  sie  in  steter 
Gemeinschaftsliebe  von  ganzem  Herzen. 


*)  Tabakwarenhändler,  der  Hauptberuf  für  die 
Kriegsblinden  Österreichs.  Wir  hoffen,  bald  Nähe- 
res darüber  berichten  zu  können.      Die  Schrullig. 


13 


Der  Sommer,  in  den  Zeitungsredaktionen 
als  „Saure-Gurken-Zeit"  bekannt,  bringt 
mancherlei  kuriose  Meldungen  an  den  Tag. 
Da  soll  z.  B.  in  Guatemala  ein  Führhund 
seinen  Herrn  so  lange  auf  ein  weggeworfe- 
nes Los  einer  Straßenlotterie  aufmerksam 
gemacht  haben,  bis  dieser  das  Los  aufhob 
und  damit  rund  5000  Mark  gewann.  Noch 
reizvoller  muß  es  in  Mexiko  zugehen.  Dort 
sollen  sich  zwei  Blinde  auf  offener  Straße 
mit  Pistolen  gegenseitig  beschossen  haben. 
Als    die    Polizei    eintraf,    verbaten    sie    sich 


jegliche  Einmischung,  denn  —  so  erklärten 
sie  gekränkt  —  hier  werde  ein  Duell  aus- 
getragen. Die  Nachbarschaft  hatte  sich  aus 
dem  Feuerbereich  vorsorglich  zurückgezogen, 
da  die  Streuung  aus  verständlichen  Gründen 
sehr  groß  war.    Getroffen  wurde  niemand. 

In  England  erhielt  der  kriegsblinde 
Ohnh  ander  David  Bell  bereits  nach 
zweijährigem  Studium  —  normalerweise 
sind  drei  Jahre  erforderlich  —  den  Grad 
eines  „Masters  of  Art"   der  Universität 


Edinburgh.  Wir  erinnern  uns  an  ähnliche 
Leistungen  in  Deutschland,  z.  B.  an  unseren 
Kameraden  Herbert  Fromann  aus  Hamburg, 
der  als  kriegsblinder  Ohnhänd'er  sein  juristi- 
sches Referendarexamen  ablegte. 
* 
Die  Firma  „Fegumak",  Inhaber  Ing.  Red- 
meier, Gelsenkirchen,  stellt  außer  kleinen 
Handbürsten  auch  Nagelfeilen  für  Einhänder 
her.  Die  Feile  ist  an  einem  länglichen  Holz- 
stück befestigt,  das  mittels  Saugnäpfchen  aus 
Gummi  fest  an  allen  glatten  Flächen  haftet. 


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Nächstenliebe  ohne  Sympathie 

„Die  verschlossene  Tür"  (NWDR  Hamburg) 

Was  Nächstenliebe  bedeutet,  die  das  Letzte 
hergibt,  ohne  nach  „Sympathie"  zu  fragen, 
wurde  dem  Hörer  an  dieser  Neuinszenierung 
des  NWDR  Hamburg  deutlich,  die  im  Be- 
reich des  Hörspiels  als  ein  Ereignis  von  be- 
sonderer Bedeutung  bezeichnet  werden  muß. 
Dreierlei  wirkte  zusammen,  um  eine  lange 
über  die  Sendung  hinaus  nachwirkende  Er- 
schütterung -hervorzurufen.  Da  sind  zuerst 
der  Stoff  und  sein  Autor:  Fred  von  Hoerschel- 
mann,  ein  junger  Balte,  greift  in  die  Begeg- 
nung eines  in  den  Warthegau  umgesiedelten 
baltischen  Barons  mit  einem  jüdischen  Ban- 
kier, der  sich  in  seinem  Gutshaus,  verborgen 
hält,  eines  der  schwierigsten  Probleme  auf, 
die  es  heute  gibt.  Völlig  phrasenfrei  und  in 
jeder  Szene  Zug  für  Zug  glaubhaft,  läßt  der 
Autor  den  baltischen  Baron,  der  zuerst  in- 
mitten der  allgemeinen  Ungerechtigkeit  nur 
seinem  Verlangen  nach  einer  „privaten  Ge- 
rechtigkeit" nachgibt,  in  immer  schwerere 
Konflikte  mit  seiner  Umwelt,  den  Ange- 
hörigen seiner  Familie  kommen.  In  der 
Gewissensentscheidung  wird  von  ihm  und 
seinem  Schützling  das  Letzte  verlangt,  aber 
angesichts  dieses  Letzten  erfahren  beide, 
daß  sie  in  einem  tieferen  Sinne  Brüder  sind, 
als  sie  es  vor  der  Welt  erscheinen  ließen. 
Vor  ajlem  ist  dabei  eindrucksvoll,  wie  tief 
hier  das  Wesen  der  Nächstenliebe  erkannt 
wird:  für  sie  gelten  keinerlei  Abneigungen 
oder  Gefühle  —  sie  wird  von  einem  Abso- 
luten her  bestimmt.  Entsprechen  sich  so  Stoff 
und  Gestaltung  in  einer  hörspielmäßig  fast 
vollkommen  zu  nennenden  Art,  so  wird  die 
Forderung,  das  Letzte  herzugeben,  um  über 
sich  selbst  hinauszugelangen,  von  dem  alten, 
ebenfalls  aus  dem  Baltenland  stammenden 
Schauspieler  Robert  Taube  —  in  der  Rolle 
des  Barons  —  so  überaus  reich  erfüllt,  daß 
man  nur  wünschen  kann:  alle  Rundfunk- 
anstalten mögen  diese  Neuinszenierung  von 
Detlof  Krüger  übernehmen. 

Operette  ohne  Musik 

„Idyll  zu  Ludwigslusl"  (Hessischer  Rundtunk) 
Mit  Recht  schreibt  man  bei  Operetten  den 
Namen  des  Text-„Dichters"  sehr  klein,  denn 
was  er  da  Millionäre  oder  Fürsten  erleben 
und  sagen  läßt,  wird  erst  durch  die  Musik 
erträglich  und  oft  nicht  einmal  durch  sie, 
seien  die  Noten  auch  von  Kälmän  oder 
Zeller.  Daß  man  aber  gar  die  Noten  ganz 
wegläßt  und  uns  nur  die  Texte  zumutet, 
obendrein  ohne  sie  auch  nur  abzustauben, 
dazu  gehört  fast  die  Harmlosigkeit  eben 
jener  Landesväter,  wie  sie  als  Serenissimus, 
zwischen  Operettenkulissen  leben,  —  eine 
entwaffnende  Harmlosigkeit,  zu  der  sich  — 
selten  treuherzig  —  die  Hörspielabteilung 
des  Hessischen  Rundfunks  bekannte.  Wir 
erwarteten  jeden  Augenblick,  daß  zu  Arien 
angesetzt  würde  —  vergeblich.  Nein,  es 
sollte  ein  richtiges  Hörspiel  sein:  der  Landes- 
vater, die  Hofloge,  die  Lakaien  und  die 
vielen  feinen  Leute,  Gräfinnen  und  Minister, 
alles    war    fabelhaft    echt.     Nichts    da    von 


Ironie  oder  gar  Parodie!  So  ein  Landesvater 
will  ernstgenommen  werden  und  nicht 
weniger  die  Illusionslimonade  der  Hörer. 
Hat  man  wirklich  Durst  darauf?  Gar  so  heiß 
war  es  doch  an  diesem  Tage  nicht. 

Man  kann's  auch  übertreiben! 

„Die  Kurve"   (Bayerischer  Rundlunk) 

Sich  als  Moralisten  zu  bekennen,  ist  gut 
und  nützlich,  gerade  im  Hörspiel,  das  sich 
ja  nicht  vornehmlich  an  Ästheten  wendet, 
sondern  an  suchende,  oft  ratlose  Mitmenschen. 
Das  Hörspiel  sollte  also,  der  „Moralischen 
Anstalt"  heute  näherstehen  als  die  Bühne. 
Aber  —  man  kann  es  auch  übertreiben.  In 
Leonhard  Franks  Hörspiel  „Die  Kurve"  wird 
die  Moral  so  dick  aufgetragen,  daß  es  fast 
peinlich  wirkt.  Zunächst  natürlich  die  Unmoral : 
eine  Frau,  die  sich  sehr  fix  und  allzu  gern 
von  fremden  Männern  erpressen  läßt,  und 
die  ihrerseits  ihren  Mann,  den  Inhaber  einer 
Autowerkstatt,  erpreßt,  so  daß  er  Hufnägel 
auf  die  benachbarte  Landstraßenkurve   legt. 


Die  Pannen  bringen  Geld  ins  Haus.  Die  Un- 
moral nimmt  barbarisch  zu,  bis  ein  Kind 
dabei  zu  Tode  kommt.  Nun  ist  es  die  Moral, 
die  zunimmt,  zunächst  als  moralischer  Kater 
bis  hin  zu  endlich  abgerungenen  Schuld- 
bekenntnissen und  einem  Sühneversuch,  wie 
er  im  (Lese-)  Buch  steht:  der  Mann  stürzt 
in  ein  brennendes  Haus,  um  aus  dem  5.  Stock 
ein  Kind  zu  retten.  Ohne  Zweifel  eine  volks- 
tümliche, deutliche  und  einfache  Sache,  höch- 
stens ein  wenig  zu  lang,  und  da  sie  mit 
derben  theatralischen  und  melodramatischen 
Effekten  ausgestattet  wurde  (Regie:  W.Ohm, 
Musik:  M.  Lothar),  wird  sie  ihre  Hörer  ge- 
funden haben,  und  das  ist  —  wohlverstan- 
den —  keineswegs  zu  bedauern;  denn  die 
fraglos  sehr  anständige  Gesinnung  des  Hör- 
spiels kann  nur  Gutes  erwirken.  Aber  ein 
Kunstwerk  war  das  Ganze  trotzdem  nicht, 
mochten  sich  auch  Hermann  Speelmanns  (den 
man  öfter  ans  Mikrophon  holen  sollte)  und 
Elfriede  v.  Kuzmany  in  sympathischer  Weise 
-um  psychologische  Vertiefung  mühen. 


JDrogrartiPHvorscliau  jür  f4örspielt 


15.8. 

20.35 

21.45 

16.8. 

20.45 

17.8. 

18.8. 

20.00 

19.8. 

20.15 

20.30 

20.30 

20.8. 

20.10 

20.30 

20.40 

20.45 

21.8. 

20.00 

20.30 

22.8. 

21.45 

23.8. 

20.30 

21.00 

24.8. 

25.8. 

26.8. 

20.30 

21.00 

27.  8. 

20.45 

28.8. 

20.15 

21.15 

29.8. 

20.25 

21.45 

30.8. 

20.45 

22.30 

1.9. 

21.15 

2.9. 

20.00 

20.15 

4.9. 

20.30 

20.45 

6.9. 

20.45 

8.9. 

9.9. 

20.30 

21.00 

10.9. 

21.40 

11.9. 

20.00 

13.9. 

20.30 

NWDR:  „Der  Tiger  Jussuf"  von  Günter  Eich 

NWDR/UKW-West:  „Spiel  im  Spiele"  von  W.  Franke-Ruta  (4.  Folge) 

Südwestfunk/UKW:  „Unkraut  unter  dem  Weizen"  von  E.  Bonett  u.  E.  Wickert 

Stuttgart:  „Der  Tiger  Jussuf"  von  Güter  Eich 

Frankfurt:  „Der  Teufel  fährt  in  der  3.  Klasse"  von  Herbert  Dührkop 

NWDR/UKW-West:  „Ich  habe  ein  schönes  Schloß"  von  Georges  Neveux 

Südwestfunk:  „Der  neue  Mantel"  von  M.  Gundermann  nach  Gogol 

München:    „Hiroshima"    von    Oskar   Wessel 

N WDR/UKW-Nord:  „Die  Krankheit  des  Herrn  Satory"  von  Waldemar  Maass 

Bremen:  „Retour"  von  Pierre-Maurice  Richard 

München/UKW:   „Villa  zu  verkaufen"  von    Sascha  Guitry 

RIAS:  „Asternplatz"  von  Heinz  Oscar  Wuttig 

Frankfurt/UKW:  „Stern  der  Unsterblichen"  von  Rudolf  Krämer-Badoni   - 

NWDR:  „Der  neue  Mantel"  von  M.  Gundermann  nach  Gogol 

NWDR/UKW-West:  „Man  müsse  nach  Rom  gehen"  von  Johann  D.  Peters 

Südwestfunk/UKW:  „Die  Puppen  von  Poshansk"  von  Robert  Neumann 

NWDR/UKW-Nord:  „Das  Gericht  zieht  sich  zur  Beratung  zurück"   (VII) 

Stuttgart:  „Der  Mörder"  von  Curt  Goetz 

Frankfurt:   „Das  kleinere  Übel"  Lustspiel  von  Ludwig  Berger 

Südwestfunk:  „Das  Lächeln  der  Gioconda"  von  Alfons  Huxley 

München  (von  Bremen):  „Versprich  mir  nichts"  von  Charlotte  Rissmann 

Stuttgart:  „Fis  mit  Obertönen"  von  Günter  Eich 

RIAS:  „Der  Mann  mit  dem  Hämmerchen"  von  Hans  Hömberg 

NWDR:  „Denn  sie  sollen  getröstet  werden"  nach  Alan  Paton 

Münchne/UKW:  „Hiroshima"  von  Oskar  Wessel 

NWDR/UKW-Nord:  „Das  Geld,  das  auf  der  Straße  liegt"  von  Werner-Jörg 

Lüddecke 
NWDR/UKW-West:  „Das  letzte  Gepäck"  nach  Vittorio  Calbino 

„Amtmann  Enders"  von  Fred  von  Hoerschelmann 
„Das  Zebra"  von  Henning  Sengstack 
Frankfurt:  „Die  Flasche"  nach  Ringelnatz  von  Just  Scheu 
München/UKW:  „Versprich  mir  nichts"   von  Charlotte  Rißmann 
München:  „Ein  Blumenbrett  am  Fenster"  von  H.  Schmoll    und  H.   Dreigrade 
NWDR/UKW-West:  „Kampf  gegen  den  Tod"  2.  Folge,  von  Peter  Lotar 
Südwestfunk:  „Der  kleine  Napoleon"  von  Paul  Sarauw 

NWDR:  „Nie  wieder  vernünftig  sein",  Heitere  Ehekomödie  von  C.  S.  Bielen 
Südwestfunk/UKW:  „Die  kühne  Operation"  von  Erwin  Wickert 
Frankfurt:  „Duell"  von  Svend  Rindom 

Südwestfunk:  „Ich  bin  nicht  mehr  dabei"  von  Fred  von  Hoerschelmann 
München:   „Victoria"   nach  Hamsun  (Bearbeitung:  Robert  Stemmle) 
München/UKW.  „Ein  Blumenbrett  am  Fenster"  von  H.  Schmoll  u.  H.  Dreigrade 
NWDR:  „La  boiteuse"  von  El  Zati 
Südwestfunk/UKW:  „Der  arme  Mann  von  Gorgonzola"  von  Walter  Kolbenhoff 


Südwestfunk/UKW 
NWDR/UKW-Nord: 


14 


Neuer  Industrieberuf 

Demontage  von  Stromzählern 

Durch  den  Zuzug  von  neun  Kriegsblinden 
in  die  Kriegsbeschädigten-Siedlung  in  Audorf 
bei  Rendsburg  wurde  auch  die  Frage  der 
Arbeitsbeschaffung  für  diese  Männer  aktuell. 
Während  ein  Kriegsblinder  schon  seit  Jahren 
als  Behördenangestellter  in  Rendsburg  als 
Steno typist  tätig  ist,  betrieben  zwei  andere 
Kriegsblinde  seit  einigen  Jahren  das  Bürsten- 
macherhändwerk. Zwei  weitere  haben  das 
Handwerk  erlernt,  aber  zu  einer  lohnenden 
Auswirkung  ihrer  Umschulung  ist  es  bisher 
nicht  gekommen.  Für  einen  kriegsblinden 
Masseur,  für  einen  Telefonisten  und  für 
einen  früheren  Behördenangestellten  sind 
zwar  Arbeistplätze  in  Aussicht  gestellt,  die 
aber  erst  im  Laufe  der  nächsten  Zeit  spruch- 
reif werden. 

Durch  den  Unterzeichneten  wurden  in  der 
Tuchfabrik  in  Audorf  mit  einem  Kriegs- 
blinden praktische  Versuche  an  einer  Spu- 
len -  Wickelmaschine  durchgeführt, 
die  ein  gutes  Ergebnis  zeigten;  zu  einem 
festen  Arbeitsverhältnis  konnte  es  jedoch 
bislang  nicht  kommen. 

Durch  eine  Verhandlung  mit  der  Schleswig- 
Holsteinischen  Stromversorgungs  -  Aktienge- 
sellschaft (Rendsburg)  wurde  die  Erlaubnis 
erteilt,  in  der  Zählerabteilung  dieses  Be- 
triebes nach  einer  Arbeitsmöglichkeit  für 
einen  Kriegsblinden  Umschau  zu  halten.  Beim 
Begehen  der  Werkstatträume  konnte  in  der 
Zählerreparatur  durch  geringe  Umstel- 
lung ein  Arbeitsplatz  für  einen  Kriegsblinden 
festgestellt  werden.  Es  wurde  einem  gelern- 
ten Bäcker  Gelegenheit  geqeben,  bei  einer 
Probezeit  von  vier  Wochen  sich  mit  der  De- 
montage von  Zählern  und  Zählerelementen 
zu  beschäftigen.  Der  Leiter  der  Abteilung 
und  auch  der  Meister  waren  sich  schon  nach 
acht  Tagen  darüber  klar,  daß  das  Ein- 
fühlungsvermögen dieses  Kriegsblinden  in 
die"  für  ihn  vollkommen  neue  Materie  so 
beachtlich  war,  daß  mit  einem  dauernden 
Arbeitsverhältnis   gerechnet   werden  konnte. 

Bemerkenswert  war  es  avcb,  wie  die  Ein- 
weisungskräfte für  diesen  Kriegsblinden  es 
mit  einem  seltenen  Geschick  verstanden,  auf- 
tretende Schwierigkeiten  und  Hemmun- 
gen zu  überbrücken  und  zum  Ab- 
klingen  zu  bringen.  Nach  einer  verhältnis- 
mäßig kurzen  Anlaufzeit  konnte  dieser 
Kriegsblinde  bei  der  Demontage  der  Zähler 
als  nahezu  vollwertige  Kraft  eingegliedert 
werden.  Hierbei  ist  zu  berücksichtigen,  daß 
es  sich  um  die  Demontage  von  Zählern 
verschiedener  Fabrikate  handelt,  die  in  ihrem 
Aufbau  Abweichungen  aufweisen.  Der  Ab- 
lauf der  Arbeitsvorgänge  bei  der  Demon- 
taqe  vollzieht  sich  so,  daß  der  Kriegsblinde 
jeweils  an  einer  Reihe  von  16  Zählern,  die 
an  einer  Montagewand  hängen,  folgende 
Handgriffe  durchführt:  1.  Entplomben,  2.  Ab- 
nahme der  Zählerkappe,  3.  Ausbau  des  Zähl- 
werkes, 4.  Lösung  des  Ober-  und  Unter- 
lagers, 5    Herausnahme  der  Läuferscheibe. 

Um  keinen  Leerlauf  durch  Abnahme  der 
teildemonfierten  Zähler  aufkommen  zu 
lassen,  befinden  sich  an  drei  weiteren  frei- 
stehenden Arbeitswänden  je  16  Zähler,  so 
daß  sich  der  Kriegsblinde  ohne  Führung  von 
einem  Arbeitsplatz  zum  anderen  begeben 
kann.  Nach  einer  Beschäftiquncrsdauer  von 
vier  Wochen  war  der  Kriegsblinde  in  der 
Lage,  für  drei  Zählermonteure  als  Zu- 
bringer für  die  Reparatur  der  Zähler  zu 
funqieren.  Unmittelbar  an  den  insgesamt  vier 
Arbeitswänden  befindet  sich  der  Arbeits- 
platz des  Kriegsblinden,  an  dem  er  außer- 
dem auch  die  Demontage  von  Zählwer- 
ken vornimmt;  die  zerlegten  Einzelteile 
werden  geordnet  abgelegt. 

Dieses  wirklich  gute  und  erfreuliche  Er- 
gebnis, das  sowohl  die  Geschäftsleitung  als 


auch  den  Blinden  selbst  überraschte, 
ist  einmal  zurückzuführen  auf  die  innere 
Einstellung  zur  Arbeit  mit  ihrem  Pflichten- 
kreis und  ihrer  Gewissenhaftigkeit,  nicht 
zuletzt  wohl  auf  Grund  einer  früher  durch- 
gestandenen Lehr-  und  Gesellenzeit,  und 
andererseits  durch  das  wirklich  hervor- 
ragende psychologische  Einfühlungsvermö- 
gen seiner  Arbeitskameraden.  Das 
wichtigste  an  dieser  Unterbringung  ist  aber 
dieses:    einem   Kriegsblinden   einen  Arbeits- 


platz beschafft  zu  haben,  wo  beide  Vertrags- 
partner vollauf  zufriedengestellt  wurden.  Es 
zeigte  sich  auch  hier,  daß  arbeitsvermittelnde 
Kräfte  in  der  Laqe  sein  müssen,  sich  über  die 
Mentalität  des  zu  Vermittelnden  ein  klares 
Bild  zu  machen;  er  muß  vor  allen  Dingen  auf 
den  verschiedensten  Gebieten  technisch  ver- 
siert sein,  um  selbst  entscheiden  zu  können, 
ob  und  wo  eine  handwerkliche  Betätigung 
durchgeführt  werden  kann. 

Heyko  Martens 


Mit  Tandem  und  Zelt  an  die  Ostsee 


Je  näher  das  Examen  rückte,  je  mehr  ge- 
wann der  Plan .  dieser  Fahrt,  von  der  ich 
jetzt  berichten  will,  Gestalt.  Man  sollte 
gerade  in  unserer  Situation  immer  einen 
Plan  oder  ein  Problem  haben,  mit  dem  man 
sich  beschäftigt,  wenn  der  Alltag  die  über- 
hand zu  gewinnen  droht.  Dadurch  wird  die 
Phantasie  und  mit  ihr  die  Erinnerung  an- 
geregt und  wachgehalten.  Diesmal  also  be- 
schäftigte meine  Gedanken  die  Tandem-Zelt- 
Reise  an  die  Ostsee.  Das  war  ein  vielfältiger 
Stoff!  Bilder  aus  früheren  Tagen  tauchten 
auf .... 

Hundertmal  fuhr  ich  durch  meine  Heimat- 
stadt Kassel,  die  für  mich  gar  nicht  zerstört 
ist,  um  in  das  liebliche  Füldatal  zu  gelangen 
und  von  dort  in  das  alte  Städtchen  Hanno- 
versch-Münden,  das  mir  von  mancher  Ju- 
gendwanderung lebhaft  in  der  Erinnerung 
steht.  Von  dort  weiter  die  Weser  entlang, 
an  deren  Ufern  wir  nach  dem  Bade,  im 
Grase  liegend,  dem  Liebesspiel  zartbunter 
Libellen  zugeschaut  haben,  nach  dem  alten 
Hugenottenstädtchen  Karlshafen,  wo  wir 
einst  als  Sekundaner  heimlich  die  ersten 
Zigaretten  rauchten  .... 

Hat  nicht  ein  großer  Mann  einmal  gesagt, 
die  Erinnerung  sei  das  einzige  Paradies,  aus 
dem  wir  nicht  vertrieben  werden  können? 
Das  gilt  für  uns  Kriegsblinde  wohl  doppelt. 
Gerade  bei  diesen  Urlaubsplänen  kehrte  ich 
gern  in   jenes   Paradies  ein. 

Und  weiter  ging  es  also  über  Herstellen, 
dem  alten  Lager  der  Franken,  über  das 
idyllische  Höxter  zum  Schloß  und  Kloster 
Corvey  mit  seinen  würdigen  Bauten,  die 
einst  sehenden  Auges  bestaunt  wurden.  Weit 
hinten  lockte  dann  die  alte  Rattenfänger- 
stadt Hameln,  deren  alte,  schöne  Häuser  ich 
15jährig  bewunderte,  und  weiter  ging  es 
über  die  Porta  Westfalika  nach  Minden. 
Nienburg  und  Verden  an  der  Aller.  Von 
dort  durch  die  Heide  nach  Hamburg,  durch 
dessen  Straßen  ich  einst  als  frischgebackener 
Rekrut  streifte,  von  dort  nach  Lübeck,  der 
Stadt  meiner  Ahnen  —  und  schon  war  die 
Ostsee  im  Gedankenflug  da  ... . 

So  sah  es  allerdings  nur  im  Schwung  der 
Phantasie  aus.  Die  Wirklichkeit  erwies  sich 
später  als  weitaus  prosaischer,  aber  trotz- 
dem noch  schön  genug,  um  uns  morgigen 
Tages  —  wenn's  ginge  —  wieder  aufs  Rad 
zu  setzen  und  all  die  Erlebnisse  mit  Regen, 
Schweiß  und  geplatzten  Reifen  noch  einmal 
zu  wiederholen. 

Manch  einer  hatte  warnend  den  Finger 
gehoben  und  auf  den  Muskelkater  und  die 
kalten  Nächte  im  Zelt  hingewiesen  —  mit 
der  Eisenbahn  sei  doch  alles  viel  einfacher 
und  weit  weniger  anstrengend!  Selbst  kriegs- 
blinde Kameraden  meinten,  daß  ich  bei 
einem  solchen  Unternehmen  nur  der  Kraft- 
motor sei  und  mangels  sichtbarer  Eindrücke 
doch  reichlich  kurz  kommen  würde.  Aber  hat 
man  denn  nicht  —  außer  den  Erinnerungen 
an  das  Landschaftsbild  —  auch  noch  ver- 
schiedene andere  Möglichkeiten,  die  Ein- 
drücke in  Bilder  umzusetzen?  überdies  sitzt 
einem  ja  der  Reporter  direkt  vor  der  Nase 
und  gibt  laufend  Berichte,  so  daß  man  keine 
Sekunde  nur  als  Motor  durch  die  Gegend 
fährt,  sondern  aufgeschlossen  und  angeregt 


Eindrücke    sammelt,     die    lange    noch    der 
Quell  schönster  Erinnerungen  sein  werden. 

Als  das  Examen  geschafft  war,  wurde  aus 
Phantasie  nun  Wirklichkeit.  Unser  wackeres 
Tandem  war  überholt,  Zelt  und  Gepäck  ver- 
staut. Doch  aller  Anfang  ist  schwer  ....  Noch 
innerhalb  der  Stadt  brach  der  Gepäckträger 
unter  seiner  Last.  Infolge  der  Reparatur 
starteten  wir  erst  mittags  und  radelten  be- 
freit und  glücklich  an  der  Fulda  entlang, 
unserem  ersten  Ziel,  Lippoldsberg  an  der 
Weser,  entgegen.  Doch  bezog  sich  leider 
allzubald  der  Himmel,  und  nach  längerer 
Fahrt  durch  Regen  gerieten  wir  bald  in 
einen  Wolkenbruch,  dessen  Böen  uns  fast 
vom  Rad  warfen.  Bis  auf  die  Haut  durch- 
näßt, fanden  wir  Schutz  in  einem  Forsthaus. 
Aber  auch  das  hatte  Vorteile:  wir  lernten 
hervorragende  Menschen  kennen  und  Schick- 
sale, die  uns  sehr  nachdenklich  stimmten. 

Erst  vom  dritten  Tage  unserer  Reise  an  ' 
begleitete  uns  ein  strahlender  Himmel.  Laßt 
mich  deshalb  schweigen  von  den  Pannen 
der  ersten  Tage  auf  regennassen  Landstraßen, 
wo  der  böige  Wind  uns  den  Regen  ins  Ge- 
sicht schlug,  von  der  gerissenen  Kette  und 
dem  Plattfuß  am  Hinterrad  .    . . 

Kurz  vor  Hameln  zelteten  wir  zum  ersten- 
mal, und  zwar  auf  einer  Weserwiese.  Es 
war  lange  her,  daß  ich  das  letzte  Zelt  gebaut 
hatte,  doch  bald  war  auch  das  wieder  ge- 
konnt, und  als  die  erste  Dämmerung  fiel, 
zogen  wir  uns  für  die  Nacht  —  —  warm  an 
und  wickelten  uns  in  die  Decken.  So  haben 
wir  dann  auch  nie  gefroren;  nur  an  den 
harten  Boden  mußte  man  sich  erst  gewöh- 
nen, und  mit  steigender  Übung  schliefen  wir 
jeden  Abend  besser,  ob  es  hinter  dem 
Schäferhaus  bei  Verden,  im  Steinbecktal 
kurz  vor  Hamburg,  an  der  Trave  oder  am- 
Strand  zwischen  Timmendorf  und  Scharbeutz 
war. 

Unsere  Zeltplätze  lagen  immer  unweit 
eines  Dorfes  am  Wasser,  so  daß  wir  abends 
frische  Milch,  Lebensmittel  und  Waschwasser 
hatten,  überall  waren  wir  Sensation,  ob  in 
den  Dörfern  oder  in  den  Großstädten.  Ste's 
waren  wir  bei  Rastpausen  umringt  von 
Schaulustigen  zwischen  3  und  70  Jahren  und 
hatten  unsere  helle  Freude  an  den  verschie- 
densten Meinungen  —  für  die  meisten 
waren  wir  der  Born  unbeschwerter  Heiter- 
keit, doch  hätte  es  uns  mancher  auch  gen 
gleichgetan.  Verblüffend  waren  die  tech- 
nischen Kenntnisse  mancher  Bürschchen  un'er 
10  Jahren,  die  sich  fachmännisch  über  die 
Schaltung  unseres  Rades  und  die  anderen 
Finesseri  ausließen.  Manche  konnten  nicht 
begreifen,  warum  die  Frau  vorne  saß  statt 
des  Mannes. 

überhaupt  begaben  sich  die  amüsantesten 
Episoden,  die  einem  „normalen"  Urlaubs- 
reisenden nicht  zustoßen  können.  Aber 
auch  Begegnungen  wie  diese:  In  Hameln 
wurde  ein  alter  Mann  ernstlich  böse,  als  ich 
vermeintlich  teilnahmslos  an  den  Schönhei- 
ten seiner  Heimatstadt  vorüberschritt.  Oder: 
ein  kleines  Mädchen  erzählte  mir,  daß  sie 
schon  einmal  ein  solches  Rad  gesehen  habe, 
auf  dessen  Rücksitz  habe  aber  ein  Blinder 
gesesseh  .  .  . 

Für  viele  war  es  auch  schwer,  sich  mit 
der  Tatsache   eines  radwandernden  Blinden 


15 


abzufinden,  der  wie  viele  andere  Rad- 
touristen des  Nachts  im  Zelt  schlief.  Kein 
Wunder  bei  der  verbreiteten  Meinung,  daß 
ein  Erblindeter  hilflos  sein  müsse!  Des  Er- 
staunens und  Bewunderns  war  oft  kein  Ende. 
Wir  freuten  uns  natürlich  darüber,  denn  es 
ist  doch  immer  schön,  wenn  man  der  Mitwelt 
seine  Gleichwertigkeit  unter  Beweis  stellen 
kann.  Sogar  der  Muskelkater  gab  dem  der 
„anderen"   in  nichts  nach. 

Auch  ohne  größere  Panne  ging  es  nicht  ab. 
Wir  hatten  gerade  eine  der  quälenden 
Flachlandsteigungen  überwunden,  sausten  in 
voller  Fahrt  der  nächsten  zu,  als  mit  schar- 
fem Knall  der  Schlauch  des  Vorderrades 
platzte.  Voller  Entsetzen  vergaß  meine  Frau, 
daß  das  Rad  auch  Bremsen  hat  und  hielt  sich 
verzweifelt  am  Lenker  fest,  während  das 
schwer  beladene  Rad  von  einer  Straßenseite 
zu  anderen  schlug  und  ein  paar  entgegen- 
kommende Radler  nur  so  auseinander 
spritzten.  Schließlich  kamen  wir  aber  doch 
noch  heil  zum  Stehen  und  konnten  mit  Ge- 
duld den  Schaden  beheben.  Für  die  nächsten 
Tage  fuhren  wir,  wie  das  so  zu  sein  pflegt, 
übertrieben  vorsichtig. 

Die  70  km  durch  die  sonst  so  wunder- 
schöne Heide  waren  arg;  der  Schweiß  floß 
in  Strömen,  so  daß  wir  am  Abend  glücklich 
und  müde  ins  Zelt  krochen.  Am  nächsten 
Tag  gings  durch  den  Hamburger  Großstadt- 
verkehr. Das  war  die  größte  Anstrengung 
für  meine  Frau,  und  doch  schafften  wir  es 
ohne  Zwischenfall,  sanken  aber  im  letzten 
Vorort  erschöpft  in  einen  Straßengraben  und 
fuhren  erst  spät  weiter.  In  Lübeck  fanden 
wir  einen  netten  Fremdenführer,  einen  ehe- 


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Nürnberg -N. 

Äußere  Bayreuther  Strafe  48 


maligen  Mariner,  der  uns  auch  den  Hafen 
mit  seinen  wenigen  Schiffen  wunderbar  vor- 
führte. 

Und  dann  kamen  wir  an  unser  Ziel,  den 
Strand  zwischen  Timmendorf  und  Scharbeutz, 
wo  wir  eine  große  Zeltkolonie  vorfanden. 
Alles  war  gut  organisiert.  Einkaufsmöglich- 
keiten und  Süßwasser  waren  in  unmittel- 
barer Nähe  des  Strandes  — ,  ja,  die  Ver- 
käufer lieferten  sogar  ins  „Haus".  Und  nun 
begann  ein  herrliches  Leben:  schlafen,  son- 
nen, essen,  lesen,  baden  und  wieder  schla- 
fen. Wer  nicht  mit  dem  Zelt  an  der  See 
gewesen  ist,  weiß  nichts  von  ihren  Schön- 
heiten. Wenn  man  sich  abends  sonnver- 
brannt und  müde  auf  dem  Strohlager  lang- 
machte, war  das  Rauschen  der  See  das 
schönste  Wiegenlied.  Morgens  beim  Er- 
wachen griff  man  über  sich  an  die  Plane,  die 
noch  taunaß  war,  und  stand  nicht  auf,  ehe 
sie  von  der  aufgehenden  Sonne  getrocknet 
war.  Abends  lohten  hier  und  da  Lagerfeuer 
auf  und  alte  Lieder  wurden  gesungen.  Da- 


zwischen, nicht  ganz  stilecht,  ein  paar  Schla- 
ger. Aber  die  Freude  gemeinsamen  Erlebens 
überwog  alles,  und  es  herrschte  ein  Geist 
echter  Kameradschaft. 

Das  Tandem,  das  hinter  dem  Zelt  auf  dem 
Kopf  stand,  bildete  nach  wie  vor  einen 
großen  Anziehungspunkt  und  auch  oft  genug 
Stoff    für    längere    technische    Erörterungen. 

Unser  Badestrand  war  ideal.  Herrlicher 
weißer  Sand,  keine  Steine  und  keine  der 
unangenehmen  Quallen.  Man  kann  weit  in 
die  See  gehen,  ehe  man  den  Grund  verliert, 
und  sie  ist  klar  wie  Leitungswasser.  Freilich 
biß  das  Salzwasser  den  Sonnenbrand  tüchtig 


und  wirkte  deshalb  dopp'elt  kalt,  schmälerte 
die  Freude  jedoch  keineswegs. 

Zurück  wollten  wir  eigentlich  bis  Han- 
nover noch  mit  dem  Rad  fahren,  entschlossen 
uns  jedoch  in  Anbetracht  des  zweifelhaften 
Vorderradschlauches  und  der  angefaulenzten 
Erholung  zur  Rückfahrt  mit  der  Eisenbahn. 
Während  die  letzten  Schleier  der  Nacht  über 
der  kühlen  See  lagen  und  fern  am  Horizont 
der  Morgen  graute,  bauten  wir  unser  Zelt 
ab,  beluden  wieder  unser  gutes  Tandem  und 
fuhren  in  Richtung  Bahnhof  davon,  —  um 
ein  schönes  Erlebnis  reicher. 

Berthold  Schulze 


Interessantes  aus  Kanada 

Der   Brief    eines   Kameraden   aus    Winnipeq 


Unser  Kamerad  J.  J.  Friesen,  der  schon 
von  1924  bis  1939  in  Kanada  wohnte  und 
1950  als  Erblindeter  zu  seinen  Verwandten 
dorthin  zurückgekehrt  ist,  teilt  uns  auf 
unsere  Bitte  folgende  persönliche  Eindrücke 
mit: 

„Wie  Ihnen  bekannt  sein  dürfte,  werden 
hier  alle,  ob  Kriegs-  oder  Zivilblinde,  vom 
National  Institute  for  the  Blind  erfaßt,  deren 
Hauptsitz  in  Toronto  ist.  In  jeder  größeren 
Stadt  befindet  sich  eine  Unterabteilung,  Divi- 
sion genannt.  Die  Stadt  Winnipeq,  in  der  ich 
wohne,  zählt  allein  etwa  350  Blinde,  meist 
überwiegend  Zivilblinde  bejahrteren  Alters. 
Im  Institut  werden  von  Blinden  die  verschie- 
denartigsten Dinqe  hergestellt,  z.  B.  stricken 
die  Frauen  Wollsachen  oder  nähen  Kleider, 
die  Männer  Tertigen  Besen  an  oder  auch 
Blechsiebe  für  Getreidereinigungsmaschinen 
und  anderes. 

Neben'  dem  Institut  befindet  sich  auch  ein 
Internat  für  Blinde,  die  keine  Bleibe  haben. 
Die  Unterkunft  mit  Verpflegung  kostet  pro 
Monat  47,50  Dollar.  An  Rente  erhalten  die 
Blinden  aber  nur  40  Dollar  pro  Monat.  So 
müssen  die  zusätzlichen  Kosten  im  Institut 
erarbeitet  werden. 

An  Vergünstigungen  gibt  es  folgende:  Die 
Rundfunkgebühr  wird  erlassen,  kleine  Re- 
paraturen am  Empfänger  werden  ausgeführt. 
Ferner:  Hundesteuer-Erlaß,  Ausgabe  eines 
weißen  Gehstockes  (an  Stelle  der  in  Deutsch- 
land üblichen  Armbinde),  einmal  im  Jahr 
gibt  es  einen  Tagesausflug  ins  Freie  und 
jährlich  ein  „Danksagunqsessen"  mit  Trut- 
hahnbraten (Turkey),  Kaffee,  Kuchen  und 
Gefrorenem.  Straßenbahn-  und  Omnibus- 
fahrten erhalten  wir  um  mehr  als  die  Hälfte 
verbilligt.  Bei  Bahnfahrten  löst  der  Blinde 
eine  Normalfahrkarte  für  sich  und  die  Be- 
gleitperson. 

Meine  Schäferhündin  „Asta"  ist  der  ein- 
zige Führhund  in  Winnipeq,  ja,  sogar 
in  der  ganzen  Provinz  Maniloba.  Es  scheint 
hier  in  Kanada  etwas  Ungewöhnliches  und 
Neues  zu  sein,  daß  ein  Blinder  von  einem 
Tier  geführt  wird.  So  hatte  ich  anfangs 
oft  Scherereien,  wenn  ich  die  Straßen- 
bahn oder  den  Omnibus  mit  Führhund  be- 
nutzte, obwohl  mir  die  Stadtverwaltung 
eine  Genehmigung  dazu  erteilt  hat,  die  mir 
nach   zwei   Monaten   des   Wartens   bewilligt 


alter  Pudding  -  aufgetischt  ■ 
schmeckt  stets  lecker  und  erfrischt, 


DARUM:  GE  G  ■  P  U  D  D I1V  G  P  ULVER  A  U  S    DEM 


KONSUM 


wurde.  In  den  ersten  sechs  Monaten  hatte 
ich  immer  wieder  Auseinandersetzungen  mit 
den  Schaffnern,  denn  einen  Hund  in  der 
Straßenbahn  mitzunehmen,  ist  fast  bei 
Todesstrafe  verboten.  Inzwischen  aber  hat 
man  sich  daran  gewöhnt,  da  ich  mich  nicht 
beirren  ließ. 

Die  meisten  Blinden  laufer  hier  ohne 
Begleitung  umher,  nur  mit  dem  weißen 
Stock  bewaffnet,  und  lassen  sich  von  den 
Mitmenschen  zurechtweisen,  wenn  sie  sich 
verirren  oder  wenn  sie  gegen  die  recht 
lärmende  Straßenbahn  zu  laufen  drohen. 
Nicht  selten  geraten  sie  unter  die  Räder 
der  vorbeiflitzenden  Autos. 

Ich  selbst  bin  hier  leider  noch  kein  Ren- 
tenempfänger, denn  die  Gesetze  schreiben 
vor,  daß  man  zuvor  zehn  Jahre  im  Lande 
ansässig  gewesen  sein  muß.  Der  Amtsschim- 
mel ist  auch  hierzulande  nicht  unbekannt. 
Meine  Rentenangelegenheit  ist  von  der 
Sozialen  Wohlfahrt  der  Stadt  Winnipeg  zu 
ordnen,  und  das  bringt  einen  umständlichen 
Papierkrieq  mit   sich. 

Was  die  Arbeitsmöqlichkeiten  angeht, 
so  wird  es  interessieren,  daß  ich  auf  mein 
Verlangen  hin  beim  Blindeninstitut  eine 
Beschäftigung  erhielt.  Anfangs  mußte  ich 
Kabel  für  Autobeheizung  installie- 
ren Es  war  eine  saure  Stückarbeit,  ich  saß 
den  ganzen  Tag  und  hantierte  mit  Schrauben- 
zieher und  Zange  und  hatte  in  acht  Stun- 
den sage  und  schreibe  einen  halben  Dollar 
verdient.  Das  war  natürlich  höchst  unbefrie- 
digend, ich  streikte  und  verlanqte  eine 
ertragreichere  Beschäftigung.  Ich  wurde 
daraufhin  von  einer  Instrukteurin  des  Insti- 
tutes in  Lederhandarbeit  unterrich- 
tet, und  zwar  lernte  ich  zuerst,  Schuppen- 
T.ederqürtel  zusammenzusetzen  und  Hosen- 
träger ähnlicher  Art.  Dann  kamen  schwie- 
rigere Aufgaben,  z.  B.  die  Umrandung  bei 
Geldbrieftaschen  oder  Damenhandtaschen. 
Nun,  ich  habe  es  cjeschafft  und  beziehe  jetzt 
die  halbfertiqe  Ware  vom  Institute  for  the 
Blind,  mache  sie  verkaufsfertiq,  und  dann  — 
habe  ich  die  kauflustiqe  Menschheit  mir 
selber  zu  suchen,  um  meine  Ware  abzu- 
setzen. Die  Verdienstmöglichkeiten  wären 
ganz  gut,  wenn  genügend  Käufer  aufzufin- 
den wären,  aber  daran  hapert  es  leider. 

Hier  heißt  es  eben  immer  wieder:  hilf 
dir  selber,  marschier  oder  krepier! 
Dementsprechend  gibt  es  hier  auch  nichts, 
was  den  Hauptfürsorgestellen  in  Deutschland 
oder  den  orthopädischen  Versorgungsämtern 
ähnlich  wäre,  auch  keine  Zugehörigkeit  zur 
Krankenkasse,  geschweige  denn  Erholungs- 
heime, wie  ihr  sie  in  Deutschland  in  Braun- 
lage oder  Borkum  habt. 

Aber  unsere  Kameraden  in  der  Ostzone 
sind  ja  viel  schlechter  dran.  Wenn  ich  auch 
selber  hier  gebrauchte  Schuhe  tragen  muß, 
so  will  ich  mich  doch  weiterhin  bemühen, 
mit  Hilfe  von  Freunden  und  Bekannten 
Kleiderspenden  und  Wäsche  zu  erhalten  und 
an  den  Bund  der  Heimat  weiterzuleiten." 


16 


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